In meinem Artikel zur regressiven Linken* schrieb ich schon im April 2016:
„Aber die ReLi hilft der Rechten auch auf eine andere, indirekte Weise: indem sie bestimmte nicht extremistische politische Positionen, wie etwa Kritik am Islam oder Bedenken gegenüber einer unregulierten Zuwanderung, so tabuisiert und stigmatisiert, daß sie nur noch von der ebenso stigmatisierten extremen Rechten vertreten werden können, treibt sie Bürger und Wähler, die diese Position vertreten und politisch repräsentiert sehen wollen, in die Arme solcher Parteien wie der AfD oder noch braunerer Gesellen (Deutschland) bzw. solcher Kanaillen wie Donald Trump (USA).“
, nicht hoffend, aber doch leise befürchtend, daß Trumps Sieg nicht ganz so abwegig ist, wie viele behaupteten.
Heute frage ich mich, wie groß der Abstoßungseffekt einer derart entfesselten regressiven Linken auf diejenigen wirklich war, die am 8.11. Trump gewählt haben, ob also die Abscheu vor deren Denk- und Redeverboten, vor all der kreischenden, grellen Propaganda, den grotesk verfehlten und clusterbombenartig ausgeteilten Bezichtigungen aller Andersdenkenden als Rassisten, Faschisten, Sexisten, Islamophobe usf. ad nauseam, groß genug war, um einige (oder mehr) von ihnen – womöglich sogar gegen sonstige Bedenken – diese Wahl haben treffen lassen. Es gibt inzwischen übrigens sogar wissenschaftliche Evidenz, daß die Bezichtigung von Menschen als Rassisten u.ä. absolut kontraproduktiv bei der Bekämpfung von Rassismus ist (Stichwort „white fragility“).
Natürlich verachte ich Trump, diesen Horror-Clown mit Nukes und halte ihn für einen erschütternd ignoranten, narzisstischen Bajazzo, einen rassistischen (s. Anhang), homophoben, frauenverachtenden Chauvi, pathologischen Lügner und spektakulär, ja obszön ungeeignet für dieses Amt. Dennoch muß man ihm zwei Dinge zugute halten: er hat sich nicht nur nicht am political-correctness-Kadavergehorsam der regressiven Linken und ihren „social justice warriors“ beteiligt, sondern ist ihm aktiv entgegen getreten (leider nicht nur im Interesse freier Meinungsäußerung, offener Konversation und einer Weitung des Overton-Fensters sondern natürlich auch, um seine frauenfeindlichen Sprüche zu legitimieren). Und er hat, im Gegensatz zu Clinton und Obama, das Problem des radikalen Islamismus beim Namen genannt: „radikaler Islamismus“ (natürlich auch hier ohne nennenswerte Kenntnis der politischen Situation im nahen Osten). Die regressive Linke hingegen ignoriert die Grausamkeiten, die von radikalen Moslems begangen werden nicht nur, sie will auch eine Diskussion darüber verhindern. Aus diesem Grund charakterisiert sie Kritik am Islam als intolerant, rassistisch und „islamophob“ und Islamkritiker werden als Eiferer geschmäht, natürlich mit der Auswirkung, daß die Menschen, die durch den radikalen Islam am meisten gefährdet sind – liberale und moderate Moslems – sich selbst über- und im Stich gelassen werden.
Es wurden inzwischen Umfragen durchgeführt, deren Ergebnisse den zunehmenden Widerwillen unter den US-Wählern gegen eine als aufgezwungen empfundene politische Korrektheit dokumentieren, übrigens und bezeichnenderweise auch unter Zugehörigen nicht-weißer Rassen und ethnischer Minderheiten, die durch entsprechende Sprachvorgaben und durch die Unterdrückung „beleidigender Sprache“ ja eigentlich geschützt werden sollten. Das Bestreben, politisch korrekt zu sein, sollte niemals jemanden davon abhalten, auszusprechen, was er/sie für die Wahrheit hält und es sollte niemals eine vernünftige Debatte verhindern. Selbst Obama war mit den ganz krassen Auswüchsen des PC-Wahns nicht einverstanden:
„Ich habe von einigen College-Campi gehört, wo sie keine Gastredner wollen, die zu konservativ sind. Oder wo sie ein Buch nicht lesen wollen, wenn es Passagen enthält, die beleidigend für Afro-Amerikaner sind oder auf irgendeine Weise erniedrigend für Frauen. Und ich muß Ihnen sagen, daß ich damit (auch) nicht einverstanden bin. Ich bin dagegen, daß Sie, wenn Sie sich als StudentIn an einem College einschreiben, verhätschelt und vor der Konfrontation mit abweichenden Standpunkten geschützt werden sollen. Ich meine, daß Sie – und jeder andere – in der Lage sein sollten, mit einem anderen Menschen, dessen Meinung Sie ablehnen und der zu Ihnen kommt, um mit Ihnen zu sprechen, eine Diskussion zu führen. Aber Sie sollten ihn nicht mundtot machen, indem Sie sagen: Sie dürfen nicht kommen, weil ich zu empfindlich dagegen bin, zu hören, was Sie zu sagen haben. Auf diese Weise werden wir (auch) nichts lernen.“ (Übersetzung CC)
Wie groß ist der Widerwille gegen das Joch der politischen Korrektheit zuletzt geworden? Und ist es also möglich, daß jener Widerwille, zusammen mit der außerordentlichen Unbeliebtheit seiner Gegnerin, Trump zum Wahlsieg verholfen hat, daß also die regressive Linke ironischerweise mit dazu beigetragen hat, daß ausgerechnet dieser Mann in eine Position gelangt ist, in der er ihren eigentlichen und hinter all dem Geifer manchmal noch zu erkennenden, durchaus vernünftigen Zielen den größtmöglichen Schaden zufügen kann?
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