Lerva1

i was made for loving you, baby / L. sericata als Kind (C) Algirdas (Wikipedia)

Wird eine mögliche Myiasis aber nicht berücksichtigt und wäre in einem Fall wie dem hier berichteten das Rettungsteam zu spät eingetroffen, etwa erst einige Stunden nach dem Tod, wäre es zu einem erheblichen Widerspruch der Todeszeitbestimmungen durch die forensische Entomologie und die klassischen thanatochronometrischen Methoden (Temperaturmessung, Leichenstarre, Totenflecke, elektrische Reaktion der Gesichtsmuskeln etc.) gekommen und die entomologische Berechnung des mPMI wäre falsch gewesen. Deshalb ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Rechtsmedizinern und forensischen Entomologen ratsam, die alle möglichen Variablen zur Todeszeitbestimmung in die Betrachtung und die Berechnung des PMI einbezieht. Gerade bei frischen Leichen empfiehlt sich eine histologische Untersuchung von von Maden befallener Gewebe, da so erkannt werden kann, ob die Besiedlung noch im lebenden Zustand erfolgte [6] und die Agoniedauer bestimmt werden kann. Der transdisziplinäre Ansatz ist daher entscheidend für eine korrekte mPMI-Bestimmung.

________

Referenz:

[1] Vanin, S., Bonizzoli, M., Migliaccio, M. L., Buoninsegni, L. T., Bugelli, V., Pinchi, V., & Focardi, M. (2017). A case of insect colonization before the death. Journal of Forensic Sciences.

[2] Amendt J, Campobasso CP, Gaudry E, Reiter C, LeBlanc H, Hall MJR. Best practice in forensic  entomology-standards and guidelines. Int J Legal Med 2007;121(2):90–104

[3] Grassberger M, Reiter C. Effect of temperature onLucilia sericata(Diptera: Calliphoridae) development with special reference to the isomegalen- and isomorphen-diagram. Forensic Sci Int 2001;120(1-2):32–6.

[4] Vanin S, Gherardi M. A review of 200 forensic cases involving insects from central and Northern Italy. In: Proceeding of the 8th Annual Meeting of the European Association for Forensic Entomology (EAFE); 2010 Sept 8-11; Murcia, Spain. Pontoise, France: European Association for Forensic Entomology, 2010.

[5] Demirel-Kaya F, Orkun€ O, Cakmak A, Inkaya AC , € Ocal M, Erguven S. A case of extensive wound myiasis caused by Lucilia sericata(Diptera: Calliphoridae) in a patient with maxillary sinus squamous cell carcinoma, in Turkey. J Arthropod Borne Dis 2016;10(2):267–70

[6] Bonelli A, Bacci S, Vannelli GB, Norelli GA. Immunohistochemical localization of mast cells as a tool for the discrimination of vital and postmortem lesions. Int J Legal Med 2003;117(1):14–8

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Kommentare (12)

  1. #1 Jenni
    04/06/2017

    meine Gedanken hierzu:
    danke fürs schreiben und
    definitiv igitt.
    Ich geh jetzt sehr lange duschen.

  2. #2 gedankenknick
    07/06/2017

    @Jenni
    *kicher* Na das mit der prämortalen Besiedelung kannte ich schon. Hat mir eine Kollegin erzählt, die vor der Wende mit einem Landarzt über die Dörfer jwd (für alle NichtBerliner “janz weit draußen”) Hausbesuche gemacht hat. Da wurde dann schon mal eine Beinwunde gereinigt und neu verbunden, die sich (nach Entfernung des “Altverbands”, so man das so nennen konnte) nicht bloß noir & nekrös, sondern auch zusätzlich schon quicklebendig präsentierte.

    Das Erstaunen, dass der fragliche Patient nicht zwischendurch an einer Sepsis postmortal wurde, war auf Seiten des Landarztes wohl nicht ganz ohne…

  3. #3 tomtoo
    07/06/2017

    @gedackenknick

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Madentherapie

    Bischen makaber sry.

  4. #4 noch'n Flo
    Schoggiland
    07/06/2017

    Eben original Made in Italy.

  5. #5 zimtspinne
    07/06/2017

    das mit der Osteomyelitis und Maden verstehe ich gerade nicht, das ist doch eine KNochenmarksentzündung und dazu auch noch “abgeschlossen” von außen, auch sehr schwer für Antibiotika erreichbar… wie werden denn dort die lebendigen Viecher eingesetzt?
    Ich frage mich auch eh, was für eine Leidensbereitschaft manche Menschen doch so mitbringen, wenn ich mir die alten Verbände, wahrscheinlich auch nicht gereinigte Wunden und damit auch noch im Stall arbeiten.. so vorstelle. In einem zivilisierten Land vor ein paar Jahrzehnten. Es gibt einfach mehr zwischen Himmel und Hölle als man sich vorstellen kann^^

  6. #6 tomtoo
    07/06/2017

    @Zimtspinne

    Bin kein Wissenschaftler. Aber die Maden bevorzugen wohl Krankes Gewebe. Evtl. nutzen sie wohl “chemische Kampfstoffe” um sich gegenüber anderen Mitessern durchzusetzen. Welch Auswirkungen diese Stoffe wohl noch so alle im Körper haben ? Spannendes Thema.

  7. #7 zimtspinne
    08/06/2017

    ja, dass die Maden nekrotisches Gewebe futtern und vitales am Leben lassen, ist schon klar….
    aber die brauchen doch auch Sauerstoff dazu, und man muss sie ja auch irgendwie auf die Wunde aufbringen.
    Bei der Osteomyelitis findet die Entzündung ja innerlich, im Knochen, statt und da frage ich mich, wie die Maden dann dort erstens hingeschleust werden und zweitens ihr Werk ohne Sauerstoff im Knochengewebe verrichten sollen.
    Vielleicht brechen die Entzündungen ja irgendwann nach außen durch und dann kommen die Maden zum Einsatz.
    Ich würde mich ja lieber einer Hirnoperation unterziehen als Maden, Blutegel oder gar Bandwürmer (Bandwurmdiät!) an meinen göttlichen Körper zu lassen 😀
    Ich würde aber auch eher hungern als Gewürm zu essen. Das geht echt gar nicht, auch nicht gegrillt, frittiert oder in Schnaps eingelegt. Igitt³

  8. #8 Laie
    09/06/2017

    Sollte die Goldfliege nicht ausschliessliche nekrotisches Gewebe fressen? Ansonsten, igitt!

  9. #9 tomtoo
    09/06/2017

    @Laie

    Wie es im Leben halt so ist. Auch ne Goldfliegenlarve bekommt nicht immer nur Leckerlies.

  10. #10 Hummel
    19/06/2017

    @zimtspinne
    Ich kenne das nur vom Mundraum her: dort liegt bei einer ordentlichen Osteomyelitis der Knochen normalerweise offen.

  11. #11 anderer Michael
    20/06/2017

    Osteomyelitis und Madentherapie.
    Verstehe ich auch nicht. Die Stärke der Madentherapie soll sein ,nekrotische Anteile bei Wunden zu essen. Ein Einsatzgebiet ist Ulcus Crucis infolge chronisch vénöser Insuffizienz oder offener Dekubitus. Ein chronische Osteomyelitis kann so ausgedehnt sein, dass Entzündungen und Nekrosen auch sichtbar sind. Vielleicht ist es so gemeint.
    Die Madentherapie wurde inzwischen relativiert.Die Säuberung der Wunden geht schneller und effizienter, der Wundverschluß dauert aber genau so lang wie bei herkömmlicher Behandlung ( nach den bisherigen wenigen Studien).

  12. #12 zimtspinne
    20/06/2017

    Sind das nicht wahnsinnige Schmerzzustände, wenn der Knochen offen liegt? Ist das überhaupt aushaltbar?

    Ach so, im Mundraum generell stelle ich mir die Madentherapie auch schwierig vor, an die Kieferosteomyelitis hatte ich gar nicht so direkt gedacht, eben wegen Mundraumproblematik mit Maden^^