Um dieses Problem der menschlichen Zeugen zu umgehen, wird ja schon länger der Einsatz von FDP zur “molekularen Augenzeugenschaft” diskutiert (auch hier im Blog) und auch auf der Tagung gab es eine ganze Sitzung zu prädiktiven Markern, die von Manfred Kayser, der führend auf diesem Gebiet ist (und der übrigens dieses Mal den wissenschaftlichen Preis der ISFG erhalten hat), eingeleitet wurde. Kayser brachte uns auf den neuesten Stand der Forschung:
Die Vorhersage von Haar-, Haut- und Augenfarbe funktioniert inzwischen schon recht zuverlässig aber auch im Bereich der Vorhersage der Haarstruktur und Gesichtsform u.a. werden Fortschritte gemacht und immer wieder neue Kandidatengene entdeckt. Es geht also voran, nicht zuletzt angetrieben von einer stattlichen europäischen Forschungsförderung und dieses Thema wird uns sicher noch eine ganze Weile beschäftigen. Aber auch andere interessante Ansätze zur Bestimmung des biologischen Alters einer Person und des Zeitpunkts, zu dem eine Spur gelegt wurde (“molecular alibi”) auf Grundlage von Methylierungs-, RNA- und Proteinanalysen wurden hier vorgestellt, die es allesamt ermöglichen, die Kontextualisierung einer Spur zu verbessern und damit zur Aufklärung von Straftaten beizutragen.
Auch meine Gruppe war wieder mit zwei Präsentationen unserer aktuellen Forschungsergebnissen zur miRNA-basierten Identifikation forensisch relevanter Organgewebe repräsentiert:
Etwas zu Schmunzeln gab es, als – wie immer, muß man fast sagen – nach einem Vortrag des forensischen Mathematikers J. Curran zu einer neuen Methode zur Häufigkeitsberechnung von Y-chromosomalen STR-Haplotypen Charles Brenner, ein anderer forensischer Mathematiker, aufstand, um Curran, von diesem natürlich erwartet, kritische Fragen zu stellen und ein bißchen zu stänkern,
um später in der Sitzung, in einem eigenen Vortrag, selbst die durchaus nicht unkontroverse These zu vertreten, daß man bei einer Mischspur unmöglich die Anzahl der Mitverursacher berechnen könne, wodurch alle Softwares, die dies erfordern (die von ihm selbst programmierte tue das freilich nicht), nutzlos seien und, wenn es nach ihm ginge, nicht mehr verwendet werden sollten. Immer wieder unterhaltsam 🙂
Natürlich haben wir im Rahmen der Tagung auch die übliche Vereinsmeierei erledigt, z.B. mit unserem alten auch unseren neuen Präsidenten, Walther Parson aus Innsbruck, gewählt, eine neue polnischsprachige Arbeitsgruppe und eine, die sich mit Hunde-DNA-befaßt, genehmigt und beschlossen, daß die übernächste ISFG-Tagung in Washington in den USA stattfinden soll (es gab allerdings auch keine anderen Bewerbungen). Ob ich da hinfahre(n will), weiß ich noch nicht und mache das mal davon abhängig, ob sie zu diesem Zeitpunkt, 2021, immer noch diesen orangenen Clown da ‘rummurksen lassen. In zwei Jahren geht es erstmal nach Prag, darauf freue ich mich schon sehr.
Insgesamt war es eine schöne, toll organisierte Tagung in Seoul, die erste überhaupt in Asien, mit vielen sehr interessanten und denkwürdigen Beiträgen und gehaltvollen Workshops. Ich habe eine Menge gelernt, viel Neues gesehen und gehört und ich bin froh, daß ich dabei war.
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