Sie erhielten ein gutes Vorhersagemodell mit einer Gesamtgenauigkeit von 93% (bei Sperma haperte es noch ein wenig, Blut und Menstrualblut wurden hingegen zu 100% korrekt vorhergesagt) und zeigten damit abermals das Potential von miRNA-Analyse für forensische BFI (zum Vergleich: wir haben eine ähnliche gute Diskriminanz der fünf Körperflüssigkeiten (aber ohne Haut) mit 4 miRNAs hinbekommen [2]).
Faszinierend fand ich die Präsentation zum forensischen Einsatz der DEP-Array-Technik, die schon damals in Krakau jemand vorgestellt hatte: die Technik basiert auf der Fähigkeit nicht-uniformer elektrischer Felder, Kraft auf neutrale, polarisierbare Partikel, so wie Zellen, auszuüben, die in einer Flüssigkeit schwimmen. Dieses elektrokinetische Prinzip, das als Dieelektrophorese (DEP) bezeichnet wird, kann man nutzen, um Zellen in sogenannten DEP-Käfigen einzufangen, indem man ein elektrisches Feld über einer Gruppe von Elektroden auf einer Platte (Array) erzeugt, das gegenphasig zum Feld über den benachbarten Elektroden ist. Wenn dann der DEP-Käfig durch eine Veränderung im Feldmuster bewegt wird, bewegen sich darin gefangene Zellen mit. Dieses Prinzip kann man nutzen, um verschiedene Zellarten in Mischspuren, z.B. Epithelzellen und Spermien aus einer typischen Sexualdeliktspur, die durch Antikörper, die an zellspezifische Antigene binden, markiert werden können, sauber voneinander zu trennen und dann getrennt zu analysieren, was die Interpretation der resultierenden DNA-Profile sehr stark erleichtert. Im Vortrag wurden nun die erfolgreiche Anwendungen an realistischem forensischem Spurenmaterial präsentiert und erste Publikationen zum forensischen Einsatz dieser Technik gibt es auch schon [3].
Einige Vorträge, die ich gerne gesehen hätte, z.B. zur Genetik des plötzlichen Herztods und zu molekulargenetischen Untersuchungen bei plötzlichen und unerwarteten Todesfällen, haben wir leider verpasst, weil wir früher losmußten, um unseren Flug zu erwischen 🙁
Ich selbst habe auch wieder einen Vortrag gehalten, hatte aber mit Samstag um 9:11 Uhr (da sind die meisten nach dem freitäglichen Gelage Conference-Dinner noch etwas müde ;-)) einen etwas unglücklichen Platz erwischt. Ich beschrieb unsere Methode zur mRNA-basierten Identifikation von Körperflüssigkeiten und Organgeweben mit Hinweisen zur Labororganisation und allen Zwischenschritten, erläuterte den Validierungsumfang und schilderte die Entwicklung der Methode von den ersten Laborarbeiten bis zur Praxistauglichkeit. Der Anlaß dafür war, daß wir (soweit ich weiß als erstes deutsches Labor) die Akkreditierung nach ISO17025 für den routinemäßigen Einsatz forensischer RNA-Analyse erhalten werden und andere Labore ermutigen wollten, es uns nachzutun.
Zusammenfassend war es eine schöne, anregende Tagung an einem prima Tagungsort (ich habe Ovomaltine und Rivella getrunken!), die wie immer viel Gelegenheit bot, Neues zu lernen, Bekanntes zu vertiefen und neue Ideen zum Ausprobieren zu entwickeln. Außerdem gab es natürlich wieder viele nette Menschen, bekannte und neue :). Nächstes Jahr sind wir dann – nach Halle und Berlin – mal wieder im Osten, nämlich in Jena.
_____
Referenzen:
[1] E. Sauer, A. Extra, P. Cachee, C. Courts, Identification of organ tissue types and skin from forensic samples by microRNA expression analysis, Forensic science international. Genetics 28 (2017) 99–110.
[2] Sauer, E., Reinke, A. K., & Courts, C. (2016). Differentiation of five body fluids from forensic samples by expression analysis of four microRNAs using quantitative PCR. Forensic Science International: Genetics, 22, 89-99.
[3] V. Williamsona, T. Larisa, R. Romanob, M. Marciano, Enhanced DNA Mixture Deconvolution of Sexual Offense Samples Using the DEPArray™ System. Forensic science international. Genetics (2018), doi: 10.1016/j.fsigen.2018.03.001
Kommentare (4)