Ob diese bizarre und irgendwie nicht unvoreingenommen wirkende Haltung der WHO, die schon 2014 ein 10-Jahres-Strategiepapier zur TCM herausgegeben hatte, mit den Nachwirkungen ihrer langjährigen Generaldirektorin Frau Chan aus China, die offenbar entschlossene Anhängerin der TCM ist, zu tun hat, darf dabei durchaus erwogen werden. In Science schrieb sie [3], daß TCM & Co.
von den Leuten oft als leichter zugänglich, bezahlbarer und akzeptabler angesehen werden und daher als Mittel dienen können, eine universelle Gesundheitsversorgung zu erreichen.
Nur leider erzeugen weder Zugänglichkeit, Bezahlbarkeit noch Akzeptanz das, was für eine medizinische Praktik oder Medikamentierung überaus wichtig, wünschenswert und sie überhaupt erst als „medizinisch“ konstituierend wäre: Wirksamkeit. Wie also durch unwirksame Praktiken und Substanzen eine universelle Gesundheitsversorgung zu erreichen sei, wird wohl das Geheimnis von Frau Chang bleiben.
Wahrscheinlich geht es – wie leider fast immer, wenn es um Medizin geht – vor allem um’s Geld. 70% der Ausgaben für Gesundheit richten sich nach Informationen in der ICD. Die preisgünstigere TCM wird nun Teil davon, somit von der WHO als legitimes medizinisches Verfahren geadelt und Versicherungen können sich nun offiziell darauf berufen. Daß sie nicht wirkt, darf da nicht so eine große Rolle spielen…
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* Ich möchte abschließend und an dieser Stelle auch einmal mein Unverständnis und meine Frustration darüber zum Ausdruck bringen, daß immer noch, im Jahr 2018, Beträge in Millionenhöhe dafür zum Fenster hinaus geworfen werden, um solchen Unsinn in aufwendigen, teuren Studien zu untersuchen (das gilt analog natürlich auch für Homöopathie und dgl.). Wenn das ganze Konzept esoterisch, inkonsistent und mit selbst fundamentalen wissenschaftlichen Erkenntnissen unvereinbar ist, so daß große Teile der bekannten Physik, Chemie und Biologie revidiert werden müßten, wenn es zuträfe und wenn schon hunderte Studien und zig Metaanalysen zuvor immer nur und wieder zeigten, daß da „nichts“ ist [2], dann muß es doch irgendwann einmal reichen! Es ist schlicht obszön, angesichts unendlich vieler unendlich besserer Einsatzorte und –möglichkeiten für soviel Geld, es für so einen abartigen Quatsch zu verschwenden. Es wird ja auch nicht seit 200 Jahren wieder und wieder in großen Studien versucht, herauszufinden, ob die Pest nicht vielleicht doch ein Fluch Gottes ist oder ob es nicht doch ein Fehler war, Aderlaß als Therapie für alles abzuschaffen.
Ich will gar nicht wissen, was Historiker eines Tages über uns denken werden (falls überhaupt noch Historiker die Chance bekommen werden, sich über die Zustände im Jahr 2018 Gedanken zu machen) und wie sie sich ratlos an den Kopf fassen: „Sie haben also Kinder verhungern und vermeidbar an Seuchen sterben lassen, haben Millionen von Menschen den Zugang zu sauberem Wasser und Bildung verwehrt, haben viele wichtige Wissenschaftszweige völlig unterfinanziert und mit dem Geld stattdessen was gemacht (außer Kirchendienern Gehälter zu zahlen)!? Immer und immer untersucht, ob auf Aberglaube, Wunschdenken und Ignoranz basierende Zaubermittelchen eine adäquate Therapie für irgendwas sein können? Unfaßbar, daß es uns überhaupt noch gibt!“
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Nachtrag am 02.07.2019: in Nature ist ein Artikel erschienen, der die WHO-Entscheidung kritisiert und die gefährlichen Folgen aufzeigt
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Referenzen
[1] American Association for the Advancement of Science. (2014). The art and science of traditional medicine part 1: TCM today—a case for integration. Science, 346(6216), 1569-1569.
[2] Grollman, A. P., Scarborough, J., & Jelaković, B. (2009). Aristolochic acid nephropathy: an environmental and iatrogenic disease. Advances in molecular toxicology, 3, 211-227.
[3] Manheimer, E., Wieland, S., Kimbrough, E., Cheng, K., & Berman, B. M. (2009). Evidence from the Cochrane Collaboration for traditional Chinese medicine therapies. The Journal of Alternative and Complementary Medicine, 15(9), 1001-1014.
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