die dort im Dezember letzten Jahres erschienen war [2] und die die ausschließlich mütterliche Vererbung der mtDNA in Frage zu stellen schien, was, wenn wirklich der Fall, nicht weniger als einen Paradigmenwechsel in der mt-Genetik des Menschen bedeuten würde. Ich hatte den Artikel auch gelesen, fand ihn gleich etwas verdächtig (trotz des sehr renommierten Journals, in dem er erschienen war) und hatte mir sogar schon vorgenommen, darüber zu bloggen (,wofür ich mir aber noch etwas mehr mt-Genetik hätte anlesen müssen), so daß ich dankbar W. Parsons „Einschreiten“ zur Kenntnis nahm: zusammen mit unserer Kollegin S. Lutz-Bonengel schrieb er einen Brief an PNAS [3], in dem sie argumentierten, daß die Befunde von Luo et al. [2], die diese als Beleg für väterliche Vererbung mitochondrialer DNA-Sequenzen, welche sie aber lediglich theoretisch abgeleitet hatten, interpretiert hatten, wohl eher auf NUMTS (nukleäre Elemente von mtDNA) zurückzuführen seien. Diese “molekularen Poltergeister” [4] müssen dann, so ihre Vermutung, koamplifiziert und mit der echten mtDNA mitsequenziert worden sein. Außerdem schlugen sie Experimente vor, die durchzuführen seien, um wirklich das von Luo et al. Behauptete zu zeigen.
Natürlich gab es auch wieder einige Vorträge zum forensischen Einsatz von NGS, darunter auch eine schöne Präsentation unserer Freunde aus der Zürcher Forensischen Genetik über NGS-basierte RNA-Sequenzierung mit der Zielsetzung der Identifikation forensisch relevanter Körperflüssigkeiten. Die Ergebnisse, die auch Details zur mikrobiellen Besiedelung diverser Körperflüssigkeiten vermittels bakterienspezifischer RNAs enthielten, waren vielversprechend und empfehlen den Einsatz von NGS auch bei der forensischen RNA-Analyse.
Die molekulare Ballistik war durch zwei Vorträge vertreten, einer von meinem Kollegen und früheren (zu Bonner Zeiten) Kooperationspartner C. Schyma (der jetzt in der Rechtsmedizin Bern arbeitet), der Empfehlungen für die Technik beim Abrieb von Läufen beschossener Waffen gab mit der Zielsetzung der Optimierung von DNA- und RNA-Analyse aus Backspatter. Den anderen Vortrag hielt sehr lebhaft und unterhaltsam mein Doktorand J. Euteneuer und präsentierte darin unsere Ergebnisse von der Erarbeitung eines neuen und anatomisch realistischen ballistischen „triple contrast“-Schädelmodells (dazu werde ich später noch ausführlicher berichten). Dazu zeigte er erste spektakuläre Hochgeschwindigkeitsvideos, die wir bei den Beschüssen im LKA SH (Danke für die Hilfe!) gemacht hatten:
Die letzten beiden Vorträge am Samstagnachmittag, die auf unserer aktuellen Arbeit aus FSI:Genetics beruhten [4], hielten dann schließlich und vor leider bereits deutlich ausgedünntem Publikum meine Masterstudentin A. Gosch
und
Wir sprachen über das wichtige, komplexe und forensisch hochrelevante Phänomen des DNA-Transfers, also die Übertragung von DNA zwischen zwei Objekten und/oder Individuen durch Kontakt. Wir stellten fest, daß trotz der Wichtigkeit dieses Phänomens, mit dem man auch als Sachverständiger bei Gericht immer häufiger konfrontiert wird, dessen Komplexität und Schwierigkeit in der Community nicht ausreichend bewußt ist sowie daß auch ein erheblicher Teil der vorhandenen Forschung dazu unsystematisch und von durchaus variabler Qualität ist. Zudem fehlte bisher ein guter Überblick über die bis dato verfügbaren Untersuchungen. Deshalb schlugen wir Richtlinien vor, die bei der Planung, Dokumentierung aber auch gutachterlichen Bewertung von DNA-Transferstudien angewendet werden könnten (und sollten, ioho) und stellten dazu noch unsere neue „DNA-TrAC“-Datenbank vor, die alle derzeit verfügbaren und unseren Relevanzkriterien genügenden Studien zu DNA-Transfer enthält und nach deren Methoden, Ergebnissen, Teilaspekten, Einschränkungen u.v.a.m. durchsuchbar ist. Diese Datenbank wird von uns (im Moment noch) aktuell gehalten und kann künftig von Forschern aber auch und gerade von Sachverständigen bei Gericht verwendet werden, um sich schnell einen umfassenden Überblick über bereits erforschte Aspekte von DNA-Transfer, die eine gerade verhandelte Frage betreffen, zu verschaffen. Die wirklich zahlreichen Rückmeldungen nach diesen Vorträgen zeigten uns, daß es genau dafür wohl schon länger eine „Marktlücke“ gegeben hatte. Und da wir an einer Universität an einem noch nicht kaputtgesparten Institut für Rechtsmedizin arbeiten, ist diese Datenbank nun kostenlos und frei für alle verfügbar 🙂 #yourewelcome
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