rilke

Rilke – Ausschnitt aus Gemälde von Leonid Ossipowitsch Pasternak

Übermorgen stirbt das Jahr 2023 aber heute vor 97 Jahren starb Rainer Maria Rilke.
Für mich der größte Lyriker deutscher Sprache (dessen Nachlass im letzten Jahr vom Marbacher Archiv erworben wurde und in zwei Jahren aufbereitet der Öffenrtlichkeit präsentiert werden soll):

 

Vielleicht, dass ich durch schwere Berge gehe

Vielleicht, dass ich durch schwere Berge gehe
in harten Adern, wie ein Erz allein;
und bin so tief, dass ich kein Ende sehe
und keine Ferne: alles wurde Nähe,
und alle Nähe wurde Stein.

Ich bin ja noch kein Wissender im Wehe,
so macht mich dieses große Dunkel klein;
bist Du es aber: mach dich schwer, brich ein:
dass deine ganze Hand an mir geschehe
und ich an dir mit meinem ganzen Schrein.

__

und damit wünsche ich allen Lesern einen sanften und freudvollen Übergang ins neue Jahr, welches glücklicher sein möge und friedlicher! als das vergangene.

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Kommentare (34)

  1. #1 hto
    29/12/2023

    “… dass deine ganze Hand an mir geschehe
    und ich an dir mit meinem ganzen Schrein.”

    Wenn das nicht ein Hinweis auf den Geist/Zentralbewusstsein der/die/das “Gott”/Vernunft und das ganzheitlich-ebenbildliche Wesen Mensch ist!?

  2. #2 Neumann
    29/12/2023

    War ich jahrelang Deine Frau, so deshalb, weil Du mir das erstmalig Wirkliche gewesen bist«, schrieb Lou Andreas-Salomé ihrem Geliebten Rainer Maria Rilke.
    Vor Friedrich Nietzsche floh sie , als sie mit ihm über den Orta See ruderte, sie sprang aus dem Boot , bekleidet mit einem langen Kleid und schwamm ans Ufer zurück.

    Diese Begebenheiten zeigen, wie sehr sich Rilke von Nietzsche unterschied.
    “Im Verfügen sowie Sich-Fügen liegen für Nietzsche wie für Rilke der rechte Lebensvollzug des Schaffenden”.

    Bis Lou Andreas-Salomé die Bühne betrat.
    “Sie saugte Nietzsches Denken aus wie eine Schwarze Witwe und brachte Rainer Maria Rilke dazu, sein Frühwerk wegzuwerfen.”
    Wer das Ganze verstehen will, der fahre nach Orta san Giulio.

  3. #3 Dirk Freyling
    Erde
    30/12/2023

    Fünf “Sachen”

    i) Etwas zu einem 97. Todestag, von wem auch immer, zu bemerken, ist (mir) zu beliebig.

    ii) Rilke war stark von Nietzsche beeinflusst. Der schrieb in weiser Voraussicht zu unserer heutigen Situation u.a. :„Der Sozialismus — als die zu Ende gedachte Tyrannei der Geringsten und Dümmsten, der Oberflächlichen, der Neidischen und der Dreiviertels-Schauspieler — ist in der Tat die Schlussfolgerung der modernen Ideen und ihres latenten Anarchismus. In der lauen Luft des demokratischen Wohlbefindens erschlafft das Vermögen, zu Schlüssen oder gar zum Schluss zu kommen.“ Nietzsche wäre zu Recht stolz auf seine Aussagen. Nur «Grün» als Steigerung von Sozialismus kannte er noch nicht.”

    iii) “und damit wünsche ich allen Lesern einen sanften und freudvollen Übergang ins neue Jahr, welches glücklicher sein möge und friedlicher! als das vergangene.”

    Pauschalierungen, Verallgemeinerungen, plakatives (Wunsch-)Gutmenschentum, etc. sind – so wie hier – immer deplatziert.

    Mal vielleicht abgesehen von Bonobos kennt die Natur keinen Frieden. Natur ist Basisdasein und somit eine solide Referenz. In der Natur gilt aphoristisch ausgedrückt u.a.:

    Kampf (ist angesagt:) “Zwei gehen rein, einer geht raus.”

    “Willentlich organisierte Systeme entwickeln sich grundsätzlich zur Asymmetrie.”

    “In der Natur definiert sich Freiheit durch den Abstand von Gejagtem und Jäger.”

    “In der Natur gibt es nur schöne oder tote Tiere.”
    adf, 35 ndf*

    *Da ich organisierte Religionen strikt ablehne, habe ich als egozentrischer Künstler meine eigene Zeitrechnung eingeführt. Exemplarisch: 59ndf bedeutet (hier und jetzt) 59 Jahre nach der Geburt von Dirk Freyling offizieller Künstlername [im Personalausweis eingetragen] AlexD, daher kurz adf) statt 2023 nach Jesus Christus.

    iv) Es gibt nur zwei verbindliche Daten in unseren Breiten die Sinn machen und Glaubens befreit sind, das ist der Tag, an dem die Tage wieder länger werden (Sonnenauf- und Sonnen-Untergang, 21. oder 22. Dezember und wenn sie wieder kürzer werden: 20., 21. oder 22. Juni.

    v) Ein moderner Nietzsche war inhaltlich George Carlin (1937 – 2008).
    Sofern man der englischen Sprache mächtig ist, gibt es eine sehr unterhaltsame „alternative Stimme“ (u.a. auch zum Thema Plastik) zu hören. Siehe das Video George Carlin – Saving the Planet. Insgesamt sind die acht Minuten von George Carlin ein hervorragendes „Theater-Stück“ zur irrationalen Besorgnis einer sich maßlos überschätzenden Menschheit. Siehe: https://www.youtube.com/watch?v=7W33HRc1A6c

    Es werde Licht, sonnige Grüsse

  4. #4 hto
    wo es im geistigen Stillstand 1:1 steht, für ...
    30/12/2023

    @Freyling: “Nur «Grün» als Steigerung von Sozialismus kannte er noch nicht.”

    Die Steigerung der kreislaufenden und nun “freiheitlich”-wettbewerbsbedingten Konfusion, ist vor allem ein Neid der ewig gleichermaßen Konservativen, die ihre stete Schuld- und Sündenbocksuche schließlich versuchen in noch größerem Blöd- und Stumpfsinn zu manifestieren!? 😉

  5. #5 Cornelius Courts
    31/12/2023

    @Freyling:

    Dreierlei:

    i) schwafelhafte, selbstgerechte und unappetitlich masturbante Kommentare wie #3 sind hier in etwa so erwünscht wie Krätze und um nichts mehr erbaulich, als der Blick in den Schlund eines magenkranken Straßenköters

    ii) Nietzsche schrieb in weiser Voruassicht auf #3 auch: “Jedermann hat gerade so viel Eitelkeit, als es ihm an Verstand fehlt”

    iii) “Es werde Licht, sonnige Grüsse”; ist nicht nur deplaziertes, pauschalierend-verallgemeinerndes, vulgäresoterisches und plakatives (Wunsch-)Gutmenschentum, sondern auch noch absurd, da bereits Licht ist (und die nächsten Milliarden Jahre sein wird) und Grüße per se nicht “sonnig” sein können.

    ____

    @alle anderen: noch einmal: kommt gut in 2024 an! Es muß besser werden, zum Glück liegt die Latte dafür wahrlich nicht hoch! Bis nächstes Jahr!

  6. #6 Dirk Freyling
    Erde
    31/12/2023

    Hrr Crts,
    nrsts “schn” z lsn, ds S zmndst n hrm rwdrngskmmntr tndnzll z ltr kntrvrsr Schrb-Frm zrckgfndn hbn.

    S hbn nr wt br ds Zl hnsgschssn.

    Frgmntrsch z hrn hr prsntrtn gnschftn:

    Knzptknstvrstndns? Fhlnzg
    rn- nd Str-Vrstndns? Fhlnzg
    mtnn? Nrvn vrlrn…
    Sprchlch Mglchktn? Rdzrt…
    nlytsch , mhrschchtgs Dnkn? hr ncht.
    Z hrm Vrstndns: s wrd Lcht, snng Grss, bdtt hr, knkrt n hrm Fll, rnsch: s hrrscht nhltlch prtll Dnklht bzglch hrr ssgn. Dhr: s wrd Lcht nd snng Grss.

    Ws mg n nm Mnschn vrghn, dr s lcht d Cntnnc vrlrt, w sch hr xmplrsch-sprchlch vlgr zgt nd ncht mhr ns nd ns zsmmnzhln knn?

    W ch mmr, ch wrd S b Ztn nd Glgnhtn ls Rfrnt fr lcht rzbr, ggrssv Ztgnssn ztrn. n dsm Snn, s mnr Scht, schmrzbfrt Grss n nn wtrn mnschlch-vrkrprtn ggrssvn Ztgst-Rflxnskm. ch hb schn ng vn hnn n (m)nr Smmlng.

  7. #7 Neumann
    31/12/2023

    Etwas zum Nachdenken:

    Du musst das Leben nicht verstehen,
    dann wird es werden wie ein Fest.
    Und lass dir jeden Tag geschehen
    so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen
    sich viele Blüten schenken lässt.

    Sie aufzusammeln und zu sparen,
    das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
    Es löst sie leise aus den Haaren,
    drin sie so gern gefangen waren,
    und hält den lieben jungen Jahren
    nach neuen seine Hände hin.

    Das macht Rilkes Bedeutung aus. Er verführt den Leser zum Nachdenken, genauso wie er Salomé für sich verführt hat.

  8. #8 hto
    01/01/2024

    @Courts: “Es muß besser werden, zum Glück liegt die Latte dafür wahrlich nicht hoch!”

    Für manche wird die Latte 2024 zu erreichen viel zu hoch gewesen sein, weil die Latte ein dickes Brett ist, während unsere Latten extrem platt, tief und morsch sind!

  9. #9 Cornelius Courts
    03/01/2024

    @Freyling: ungustiös, zu lesen, daß Sie #3 an unangebrachter Selbstfeier noch zu steigern vermochten.
    Da ich anderen, besonders solchen Schmuddelnarzissten, ungern bei der öffentlichen Onanie sekundiere, beenden wir das jetzt mal und #6 wird vokalgekärchert.

    @Neumann: “Du musst das Leben nicht verstehen”…. danke für den Hinweis auf dieses Gedicht, das ich auswendig kenne 🙂

  10. #10 Neumann
    03/01/2024

    Ein Gedicht, welches von Rilke sein könnte.

    Irdisches Geleit

    Alles ist dir verliehen
    Für eine flüchtige Zeit,
    So wie die Wolken dort ziehen,
    Sei du zur Reise bereit.

    Eigentum darfst du nicht nennen
    Kaum deine eigne Gestalt,
    Glaubst du sie endlich zu kennen,
    bist du verändert und alt.

    Gib den wartenden andern,
    Noch leiden sie mehr als du,
    Zum unvergleichlichen Wandern
    Brauchst du nur Stab und Schuh.

    Oda Schaefer

  11. #11 Jolly
    03/01/2024

    Auch das könnte von Rilke sein:

    Der König von Münster

    Der König war geschoren;
    nun ging ihm die Krone zu weit
    und bog ein wenig die Ohren,
    in die von Zeit zu Zeit

    gehässiges Gelärme
    aus Hungermäulern fand.
    Er saß, von wegen der Wärme,
    auf seiner rechten Hand,

    mürrisch und schwergesäßig.
    Er fühlte sich nicht mehr echt:
    der Herr in ihm war mäßig,
    und der Beischlaf war schlecht.

  12. #12 Neumann
    04/01/2024

    Der König von Münster ist von Rilke. Es ist 1908 entstanden , wahrscheinlich in einer Zeit der Enttäuschungen. Zu Sidonie Nádherná von Borutín hatte er eine erotisch desiinteressiert Beziehung. Es war Frühling und er war in Paris, der Stadt der Liebe.
    Dass er sich mit den Wiedertäufern beschäftigt hat, spricht für das Verlangen nach , ja, wofür ?
    Vielleicht war der König nur eine Projektion seiner selbst, wenn er von schwergesäßig spricht.

  13. #13 Dr, Webbaer
    05/01/2024

    Howdy, lieber Herr Dr. Cornelius Courts, also so-o werden nicht Alle angesprochen :

    Vielleicht, dass ich durch schwere Berge gehe

    Vielleicht, dass ich durch schwere Berge gehe
    in harten Adern, wie ein Erz allein;
    und bin so tief, dass ich kein Ende sehe
    und keine Ferne: alles wurde Nähe,
    und alle Nähe wurde Stein.

    Ich bin ja noch kein Wissender im Wehe,
    so macht mich dieses große Dunkel klein;
    bist Du es aber: mach dich schwer, brich ein:
    dass deine ganze Hand an mir geschehe
    und ich an dir mit meinem ganzen Schrein. [Artikeltext, angeblich Rainer Maria Rilke zitierend, nur deshalb das Angeblich – Dr. W hier nicht geprüft haben]

    Dr. W braucht, benötigt, will so haben, nicht, im Sinne eines “Muss ich haben, hier und jetzt, unbedingt, da muss ich käuferisch auch zugreifen!”, momentan nicht.

    Sieht so eher eine persönliche Empfindsamkeit adressiert, auch eine Unanständigkeit, wenn es anderen so-o gut geht so zu verfassen, während wiederum andere hungern.

    Das Sein das Bewusstsein meinen muss.

    Auch erkenntnistheoretisch ergibt sich für den Schreiber dieser Zeilen so nichts, nichts von Wert, wenn so einige sentimentalisieren, sich der Emotio, vs. Ratio, hingeben, hingegeben haben.

    Woher kommt dieses “Emo”, Dr. W mag eher so, auch aktuelle so ein wenig zu bewerbend suchend :

    -> https://www.youtube.com/watch?v=kfp57uCE0Dw (die Lyrics stecken im webverwiesebnen Material gleich drin, an anderer Stelle [1] ist auch AI genutzt worden, was womöglich nicht so-o gut gelang)

    MFG
    WB

    [1]
    -> https://www.youtube.com/watch?v=Opxhh9Oh3rg
    (No problemo, hier!)

  14. #14 Neumann
    05/01/2024

    Das Stundenbuch, aus dem dieses Gedicht”Vielleicht, dass ich durch schwere Berge gehe” stammt, war seiner Geliebten Lou-Andreas Salomé gewidmet.
    Mit dem Du wollte er sie beeindrucken. Oder Rilke umschreibt mit dem Du das Bild eines „werdenden Gottes“, der zwar als Sinnstifter der Welt denkbar ist, aber letztlich unsagbar bleibt.
    Jolly, es gelingt dir nicht den Genius “Rilke” in eine Schublade zu stecken oder ihn sogar für deine Weltanschauung zu missbrauchen.

  15. #15 Jolly
    05/01/2024

    @Neumann

    Jolly, es gelingt dir nicht […]

    Dir gelingt es nicht mal, den Urheber eines Kommentars an seinem Namen, der direkt über dem Kommentar steht, zu erkennen.

    Auch der Gruß am Ende hilft nicht.

    Gruß
    Jolly

  16. #16 Newman
    06/01/2024

    Jolly,
    deine Aufmerksamkeit ist bewundernswert. Übrigens #14 bezog sich auf #11. Für dich werde ich jetzt einen Zeilenvorschub machen. Dann passieren solche Missverständnisse nicht mehr.

    Gutes Neues Jahr 2024 !

  17. #17 Jolly
    06/01/2024

    @*

    Übrigens #14 bezog sich auf #11

    Jetzt gelingt es dir nicht einmal mehr, die Nummern ihren Kommentaren zuzordnen. #14 bezog sich auf #13. Das einzige, was sich darin auf #11 bezieht, ist mein Name.

    Kein Wunder, wo du dir selbst auch beliebig Namen zuordnest. Für dich scheint eben alles beliebig zu sein oder zu werden.

    Hat Rilke auch über die Demenz gedichtet?

  18. #18 Newman
    06/01/2024

    Jolly,
    nur für Dich, der erste Teil von #14 bezog sich auf #13, das ist korrekt.
    Ab “Jolly, es glingt dir nicht …”
    warst du angesprochen. das bezog sich auf #12.
    Ich werde dir es jetzt einfacher machen.
    Übrigens, auch Demenzler haben Lichtblicke.

  19. #19 Jolly
    06/01/2024

    @*

    Ab “Jolly, es glingt dir nicht …”
    warst du angesprochen. das bezog sich auf #12.

    Also auf #12. Nun gut, dann hättest du “Neumann, es gelingt dir nicht …” schreiben müssen.

  20. #20 Newman
    06/01/2024

    @’
    Zurück zu den Namen: In Deutschland sprechen sich die Kollegen bei der Polizei tatsächlich meistens einfach mit dem Nachnamen an, selbst wenn sie sich irgendwann duzen. Machen wir auch gerade, oder `?

    In #14, musst du entschuldigen, war für Neumann kein Platz mehr in der Schublade, zumal es ihn nicht mehr gibt.

  21. #21 Jolly
    06/01/2024

    Archaïscher Torso Apollos

    Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt,
    darin die Augenäpfel reiften. Aber
    sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,
    in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

    sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug
    der Brust dich blenden, und im leisen Drehen
    der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen
    zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

    Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz
    unter der Schultern durchsichtigem Sturz
    und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

    und bräche nicht aus allen seinen Rändern
    aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,
    die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.

  22. #22 Jolly
    06/01/2024

    Dich wundert nicht des Sturmes Wucht

    Dich wundert nicht des Sturmes Wucht,
    du hast ihn wachsen sehn; –
    die Bäume flüchten. Ihre Flucht
    schafft reitende Alleen.
    Da weißt du, der, vor dem sie fliehn,
    ist der, zu dem du gehst,
    und deine Sinne singen ihn,
    wenn du am Fenster stehst.

    Des Sommers Wochen standen still,
    es stieg der Bäume Blut;
    jetzt fühlst du, dass es fallen will
    in den, der alles tut.
    Du glaubtest schon erkannt die Kraft,
    als du die Frucht erfasst,
    jetzt wird sie wieder rätselhaft,
    und du bist wieder Gast.

    Der Sommer war so wie dein Haus,
    drin weißt du alles stehn –
    jetzt musst du in dein Herz hinaus
    wie in die Ebene gehn.
    Die große Einsamkeit beginnt,
    die Tage werden taub,
    aus deinen Sinnen nimmt der Wind
    die Welt wie welkes Laub.

    Durch ihre leeren Zweige sieht
    der Himmel, den du hast;
    sei Erde jetzt und Abendlied
    und Land, darauf er passt.
    Demütig sei jetzt wie ein Ding,
    zu Wirklichkeit gereift, –
    dass Der, von dem die Kunde ging,
    dich fühlt, wenn er dich greift.

  23. #23 zimtspinne
    06/01/2024

    Jolly, zu dem Münsterkönig:

    Nä, so einen Schmodder hätte Rilke nicht ausgeworfen.
    Falls das Parallelgedichte (welchen Rilke-Werkes auch immer) sein sollen – das konnten wir ja zu Schulzeiten besser.
    Gleichwohl die Parallelgedichte (insbes. zu Rilke) schon hohe Kunst waren, wenn man wie ein passabler Kunstfälscher nah am Original bleiben wollte.

    Apropos hohe Kunst. Zur Gendersprachverhunzung, von GWUP-Hümmler neuerdings “diversitätssensibel” genannt, habe ich mir als Alternative überlegt, täglich mindestens ein altes/veraltetes Wort einzuflechten. Gar nicht so einfach.
    Heute ist neu dazu gekommen (beim Lesen im Stadtarchiv): altüberliefert. Für das ich leider ad hoc keine passende Verwendung habe.

    Ich hab ürigens wirklich mal eine Gedichtanalyse zu einem Rilkegedicht gemacht. Dazu auch recherchiert und nachgelesen. Und festgestellt, dass die Möglichkeiten der Interpretation unendlich sein können. Der schiere Wahnsinn, wie jedes einzelnde Wort gedreht, gewendet, auf den Kopf gestellt und auf mögliche Bedeutungen und Hintergründe abgeklopft wird.

    Daher bin ich umso penetranter gegen genderische Sprachverschrottung. Gerne darf Sprache sich wandeln, aber bitte graziös und ästhetisch (wenigstens halbwegs, man will ja nicht unrealistisch sein).

  24. #24 zimtspinne
    06/01/2024

    oh, ich muss das letzte umgehend zurücknehmen, bevor Jolly aufkreuzt und möppt.

    Die komischen Verse stammen tatsächlich auch vom großen Meister. Da hatte er einen schwachen Tag. Buh.

  25. #25 Newman
    06/01/2024

    Die Metamorphose des Rainer Maria Rilke.
    Apollogleich trotzt er des Sturmes Wucht.
    In seinen Adern schäumt das Blut, es steigt der Bäume Saft.
    Doch unaufhaltsam Nebel kommt und ihn umhüllt , beraubt ihn aller seiner Sinne.
    Demütig wie ein Ding, zur Wirklichkeit gereift, die große Einsamkeit beginnt, und er nur welkes Laub.

  26. #26 Dr. Webbaer
    10/01/2024

    @ Gary Numan (der bekannte Nicknamewechsler ist gemeint) :

    Ich hab ü[b]rigens wirklich mal eine Gedichtanalyse zu einem Rilkegedicht gemacht. Dazu auch recherchiert und nachgelesen. Und festgestellt, dass die Möglichkeiten der Interpretation unendlich sein können. Der schiere Wahnsinn, wie jedes einzelnde Wort gedreht, gewendet, auf den Kopf gestellt und auf mögliche Bedeutungen und Hintergründe abgeklopft wird. [seine Nachricht zitierend]

    Dr. W war im Unterricht, sofern er sich korrekt erinnert, ähnlich, äh, gewungen.
    Die Unendlichkeit der Interpretationsmöglichkeit ergibt sich daraus, dass Wörter, Worte auch, nicht klar definiert sind, nicht kom­men­su­ra­bel sind, und insofern um die Bedeutung von Wörtern, von Aussagen, auch von künstlerischen Aussagen, sozusagen zu kreisen bleibt. [1]

    Intellektualismus und “Ästethizismus” sind also etwas für die Anderen (als Dr. Webbaer), wobei der Schreiber dieser Zeilen selbstverständlich keine unfreundliche Gegenposition zum werten hiesigen Inhaltegeber aufbauen möchte und selbst Personen kennt, die sprachlich besondere Sentenzen beigesteuert haben, die letztlich unklar sind.
    Dabei Aussage und Person schätzend bleibt, im wohlwollenden Sinne.

    Einige Aussagen sind nicht wie gemeint unklar, sie dann sozusagen definitorisch keine wie hier gemeinte Kunst.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

    [1]
    Freund “ChatGPT” (der die GPT-3.5.-Technologie meint, es gibt aber auch die ein Stück weit, äh, weiterentwickelte GPT-4-Technologie) quiekt und grunzt hier mit, sozusagen.
    Jedenfalls dann, wenn er ehrlich ist (er ist so nicht selten heutzutage nicht so, was daran liegt, dass er von “Experten” sozusagen umlagert ist, die ihm sog. Politische Richtigkeit und Wokeness einimpfen wollen, im Kern bleibt dieser Freund aber (noch) fein).

  27. #27 Nicker
    10/01/2024

    Dr. W.
    Die Gedichtanalyse ist der Mitkommentatorin zuzurechnen. Der Nicker macht lieber eigne Gedichte, als sich an den Werken eines Ausnahmekünstlers zu versuchen.
    Nur nebenbei, Gedichtinterpretationen sind gleichzeitig auch Projektionen . Und Z. hat es ja schon ausgesprochen, “er hatte einen schwachen Tag”.
    Analytisch dabei vorzugehen, das ist nur suboptimal, Ein Kunstwerk zu analysieren ist einfach daneben.

  28. #28 Dr. Webbaer
    10/01/2024

    Kunst wird am besten empfunden, auch wenn sie das Handwerk, das Können meint.

    Nunja, ohne besonderes Handwerk, da sieht es dann eher mau aus, Andy Warhol konnte und seine Siebdrucke meinend immerhin en passant vertellen.
    Auch, wenn so jeder könnte.

    Dr. W ist also i.p.Kunst kein Freund von Moden, jedenfalls dann nicht, wenn sie nicht “cool” sind,
    sie müssen aus diesseitiger Sicht gerade in der Lage sein Zukünftige zu adressieren.

    Den “Beatles” gelang / gelingt so, Opa reproduziert gerne auch so :
    -> https://www.youtube.com/watch?v=Opxhh9Oh3rg (zeitgenössische AI könnte hier besser integrieren, nicht wahr?)

    MFG
    WB

  29. #29 Dr. Webbaer
    10/01/2024

    Am Rande notiert, Dr, W ist Anti-Intellektualist, also so :

    -> https://en.wikipedia.org/wiki/Anti-intellectualism

    Wenn so falsch gerichtet ist.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer

  30. #30 Nicker
    10/01/2024

    Jetzt kommen wir mal zur Sache. Kunst hat nicht nur mit Können zu tun. Wenn es nur gut gemacht ist, ist es noch keine Kunst.
    Joseph Beuys hat den Deutschen Michel mit der fettverschmierten Badewanne geschockt. Manche haben sogar gesagt ; ” Beim A. wär das nicht passiert ”

    Ich bin ein Freund von J. Beuys und was der gemacht hat, kann nicht jeder nachmachen. Deswegen nicht, weil man Kunst erst machen kann, wenn man sie erlebt hat.

    Was hat das jetzt mit Rilke zu tun ? Rilke hat das gelebt, was er geschrieben hat. Genauso wie
    François Villon, den er sogar übersetzt hat.
    Francois Villon war auch Verbrecher und jeder der etwas vom Menschsein begreifen will, der sollte die Gedichte von Villon gelesen haben.
    Vielleicht wollte Rilke auch ein Verbrecher sein, aber wer sich in ältere Frauen verliebt, dem fehlt das notwendige Dynamit im Blut.

  31. #31 zimtspinne
    10/01/2024

    Ich fand solche Aufgaben (Textanalysen, Gedichtinterpretationen, Gegen- und Parallelgedichte selbst schreiben.) zwar immer klasse, aber nicht jeder kann oder will Gedichte schreiben und muss es auch nicht können, finde ich. Ist auch schwierig zu bewerten, wenn einer beispielsweise formal/technisch alles richtig macht, aber die Wortwahl eher defizitär ist… und der andere ein krasses Gedicht raushaut, aber nicht unbedingt bei der gewünschten Form bleibt.

    Darüber hinaus unterscheiden sich Gedichte als auch Dichter im Interpretationsangebot. Manches kann man kaum inhaltlich oder sprachlich verstehen, anderes scheint auf Droge entstanden zu sein, und dann gibt es auch die Lyrik aus dem Alltagsgeschehen. Oder die, die einem selbst Identifikationsangebote macht.

  32. #32 Nicker
    10/01/2024

    Bei den Gedichten sind wir alle Fachleute. Jeder Mensch kann entscheiden, was gefällt.
    Bei der Musik wird es noch deuticher. Qualität setzt sich durch. AC/DC, Bee Gees, Beatles, Rolling Stones, Mahalia Jackson, John Denver,
    Millionen Fans können nicht irren.
    Und…..man höre sich die französischen Chansons an, das ist die moderne Form von Philosophie .

  33. #33 Dr. Webbaer
    11/01/2024

    So keine Kunst :

    -> https://www.youtube.com/watch?v=DQ1_ALxGbGk

    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Fettecke

    So schon :

    -> https://www.youtube.com/watch?v=Opxhh9Oh3rg (ausgenommen teilweise das Einspielen von John, da hätte die eingesetzte AI, äh, intelligenter sein können)

    -> https://static01.nyt.com/images/2016/10/04/crosswords/04wordplay-adam/04wordplay-adam-superJumbo.jpg


    Ga-anz willkürlich, wahlfrei ist die Einordnung von Kunst, die Einordnung zur Kunst, nicht, sicherlich hatte Kommentatorenfreund “Nicker” mit dieser Einschätzung recht :

    Kunst hat nicht nur mit Können zu tun.

    Kunst hat mit Können zu tun, muss so zu tun haben, ansonsten würde vom Begriff weggegangen, kann, darf bis muss aber auch die Rezipienz, die Abnehmerschaft erfreuen, (vielleicht auch aggravieren, dies ist unklar).

    Vermutlich ist Rainer Maria Rilke ein großer Künstler gewesen, icke wollte nur beitragen, erläutern auch, dass die Adresse nicht Alle meinen muss.

    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. Webbaer (der auf seine kleine Art und Weise selbstverständlich ebenfalls Künstler ist, seine Fachbereiche kennt)

  34. #34 Nicker
    12/01/2024

    Dr. W.
    Gut, dass Sie das thema Kunst noch mal aufgreifen.
    In der Kunst zeigt sich, dass der Mensch nicht nur ein biologisches Wesen ist, er ist ein geistiges Wesen mit Geist. Wenn das nicht so wäre, dann gäbe es die Kunst nicht.