Im Dezember hatte ich von einem Symposium zu den „Möglichkeiten und Grenzen von erweiterten DNA-Analysen – ohne und unter Einschluss der biogeographischen Herkunft (BGA)“ und der Auswirkung, die dieses Symposium auf die Innenministerkonferenz am 4.12.25 hatte, berichtet. Diese hatte nämlich einhellig empfohlen, daß die BGA-Bestimmung, die in Deutschland immer noch verboten ist, auch hierzulande erlaubt werden sollte.

Auf dem langen Weg zur BGA-Zulassung in Deutschland ist nun ein weiterer Schritt gegangen worden (Pressemitteilung):

Bayern und Baden-Württemberg werden einen Antrag bei der 96. Justizministerkonferenz vom 4. bis 6. Juni in Bad Schandau (Sachsen) einbringen, mit dem Ziel, den (2019 angepassten) §81e der StPO zur erweiterten DNA-Analyse, der derzeit das Auslesen von Haar,- Haut-, und Augenfarbe sowie des biologischen Alters aus DNA-Spuren erlaubt, um die Bestimmung der BGA zu erweitern:

Wir fordern die Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz deshalb auf, die rechtlichen Voraussetzungen für den erweiterten Einsatz der DNA-Analyse zu schaffen.”

Man hat auch aus den ideologisch gefärbten Debatten vor der letzten StPO-Anpassung, die die Einführung der BGA-Bestimmung verhindert hatten, gelernt und tritt den erwartbaren ideologischen (nicht wissenschaftlichen) Gegenargumenten bereits entgegen:

“Hier geht es nicht darum jemanden anhand seiner Nationalität, seiner ethnischen Herkunft oder seiner Religion unter Verdacht zu stellen. Es geht darum, den Kreis möglicher Tatverdächtiger bei schwersten Verbrechen anhand möglichst vieler Indizien so weit einzugrenzen, dass zielgerichtete Ermittlungsmaßnahmen möglich sind. Dadurch werden zugleich Unverdächtige schneller ausgeschlossen. Die Nutzung moderner Analysemöglichkeiten ist daher ein klarer rechtsstaatlicher Gewinn”

und

“Wie die Erfahrungen aus dem europäischen Ausland zeigen, sind die vagen Sorgen vor einer möglicherweise missbräuchlichen Nutzung dieser Methode unbegründet.”

Ich hoffe sehr, daß der Antrag Erfolg hat, Deutschland endlich diesen peinlichen Lapsus bei der effizienten Strafermittlung abstellt und sich somit bei den europäischen Nachbarn einreiht. Für die Erklärung* und wissenschaftliche Verteidigung der Methode und für Teilnahmen an entsprechenden Debatten stehen meine Kollegen und ich gerne bereit.

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*in Kürze wird dazu auch ein (deutschsprachiger) Artikel in Rechtsmedizin erscheinen, den ich dann hier noch nachliefern werde [1].

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Nachtrag am 01.07.: Vom 04.-06.06. fand die Justizministerkonferenz statt, leider haben die woke-ideologischen Argumente verfangen, denn es hatte sich ein Patt ergeben, wie die taz berichtete:

Die Justizminister von CDU und CSU waren für die Einführung der biogeografischen DNA-Analyse, die Minister von SPD, Grünen, Linken und FDP waren dagegen. Auch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) äußerte sich sehr zurückhaltend. –  taz (Gendersprache von mir entfernt)

denn, wie die taz gewohnt tendentiös kommentierte:

Im Vorfeld gab es erhebliche Kritik an dem Vorhaben aus der Zivilgesellschaft. So hält der linke Anwaltsverband RAV das Konzept für „rassistisch“, denn hilfreich sei die Herkunftsangabe nur, wenn sie ein seltenes Merkmal wie etwa afrikanische Herkunft betreffe.

Das ist freilich in mehrerer Hinsicht grober Unfug. Es hat sich ein (!) links-woker Anwaltsverein geäußert – also nicht DIE Zivilgesellschaft – der völlig unsachlich und inkorrekt die Methode als “rassistisch” bezeichnet hat (was natürlich nur auf Menschen, nicht aber Methoden zutreffen kann). Und selbstverständlich ist auch die Erkenntnis einer mitteleuropäischen Herkunft sehr hilfreich, z.B. um Menschen anderer Herkunft aus dem Fokus von Ermittlungshandlungen zu nehmen. Aber mit Fakten und Sachargumenten haben es diese täter-statt-opferschützenden Leutchen traditionell ja nicht so.

Sehr enttäuschend jedenfalls, daß so viele Politiker immer noch so anfällig für ideologische, anti-wissenschaftliche Agitation sind. Es besteht noch die Hoffnung, daß der Bundestag die Änderung der StPO auch ohne Empfehlung der Justizminister empfiehlt. Falls nicht, bleiben in Deutschland auch weiterhin strafrechtliche Ermittlungen hinter dem Stand der Wissenschaft und bekommt die AfD ein neues Wahlkampfthema geschenkt.

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Nachtrag am 26.08.2025Auch die FAZ ist verständnislos gegenüber dem Widerstand bestimmter Politiker, eine effiziente und auf neuestem Stand der Wissenschaft operierende Strafverfolgung zu ermöglichen:

In einem Rechtsstaat besteht ein grundsätzlich anzunehmendes Interesse, Straftaten- insbesondere schwere – aufzuklären und so auch zukünftige Straftaten von Wiederholungstätern zu verhindern. Die Aufklärung von Straftaten ist somit der Regelfall, ein Absehen hiervon die Ausnahme. Diejenigen, die den Ermittlungsbehörden bestimmte Ermittlungsmöglichkeiten vorenthalten wollen, trifft daher die Begründungslast. Sie müssen darlegen, weshalb die Nichtaufklärung von Straftaten aus Gründen geboten ist, die gewichtiger sind, als das Aufklärungs- und Schutzinteresse der Allgemeinheit.

Genauso ist es. Ich persönlich frage mich auch immer, ob sich die Haltung besagter Politiker ändern würde, wenn – was hoffentlich nie passieren wird – Sie selbst oder eine ihnen nahestehende Person Opfer einer schweren Straftat würden und Sie dann erleben müssten, wie es ist, wenn wegen ihrer Politik nicht gezielt ermittelt werden kann…

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Kommentare (7)

  1. #1 RPGNo1
    02/06/2025

    Grünenpolitikerin gegen DNA-Tests auf »biogeografische Herkunft«

    Der Justizministerkonferenz liegt ein Antrag aus Bayern und Baden-Württemberg vor: DNA-Analysen sollen auch die »biogeografische Herkunft« ermitteln. Die Grünenabgeordnete Gumnior warnt vor rassistischen Methoden.

    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/dna-tests-antrag-bei-konferenz-der-justizminister-der-laender-gruenen-politikerin-lena-gumnior-gegen-dna-erweitrerung-a-5fb713fc-d00b-4125-91f6-b1dfb3a87759

  2. #2 Cornelius Courts
    01/07/2025

    inzwischen hat die Konferenz getagt und ein Patt produziert. Peinlich und frustrierend; die Politik immer noch unter der Knute der Wokeness. Im Artikel oben gibt es ein Update.

  3. #3 Cornelius Courts
    26/08/2025

    kurzer Nachtrag zu einem Artikel in der FAZ, dessen Autor es so sieht, wie ich

  4. #4 RPGNo1
    27/08/2025

    @CC

    Hier ist der FAZ-Artikel ohne Paywall.

    https://archive.is/pb1kX

  5. #5 Cornelius Courts
    29/08/2025

    top, RPGNo1, danke!

  6. #6 zimtspinne
    30/08/2025

    ich staune nicht schlecht über die FAZ, da hat wohl ein Woke-Wächter oder die ganze Brigade gepennt….

  7. #7 zimtspinne
    30/08/2025

    … aber hoffentlich bringt der eine Satz die entsprechende Aktivisten-Einheit nicht auf dumme Ideen