3) Einer der
beiden Fachleute will zudem anhand von Salzablagerungen in den
Kellerräumen des KKW erkannt haben, dass dort schon mehrfach
Wasser gestanden haben muss. Auch dies haben inzwischen sowohl der
TÜV Süd als auch die Betreibergesellschaft RWE indirekt
bestätigt, als sie bekannt gaben, dass in insgesamt drei
tiefliegenden Rohrleitungskanälen Wasseransammlungen
festgestellt werden mussten. Neben jedem dieser Kanäle stehen
aber wichtige Pumpen des Notkühlsystems, die bei einer
Überflutung nicht mehr funktionstüchtig wären. Anonyme
Informanten aus dem Mitarbeiterstab des Kraftwerks haben dem als
Informaten agierendem Fachmann gegenüber ausgesagt, dass der
Rhein bei Hochwasser regelmäßig in die unteren Etagen des
Kraftwerkes eindringen würde – eine Aussage, die RWE bislang
jedoch vehement bestreitet.

4)
Einer der gefährlichsten Vorfälle, die sich in einem
Kernkraftwerk ereignen können, ist der so genannte „Station
Blackout“, ein vollständiger Stromausfall im Kraftwerk. In
einem solchen Fall kann der Reaktor nur noch über den Notstrom
aus den Batterien gesteuert werden. Bereits die Vorstufe eines
“Station Blackout”, der so genannte „Notstromfall“,
soll im Grunde nie eintreten – in Biblis war es jedoch bereits
mindestens einmal soweit: Am 8. Februar 2004 setzte ein schweres
Gewitter die Stromzufuhr zum Kraftwerk außer Gefecht und die
Notgeneratoren sprangen an. Zwei Stunden – so lange kann der
Biblis-Reaktor mit Hilfe des Notstroms „über Wasser gehalten
werden“ bevor es zum gefürchteten „Station Blackout“
kommt. Zum Vergleich: In anderen Kraftwerken liefern die Notsysteme
für bis zu zehn Stunden Strom. Und in Biblis ist selbst das
minimale Notstromsystem offenbar fehlerbehaftet – die IPPNW listet
in ihrem Bericht acht bekanntgewordene Teil- oder Totalausfälle
des Notsystems auf, die sich zwischen 1998 und 2006 ereigneten. Wäre
eines dieser Ausfallereignisse zusammen mit dem Abriss der
Stromversorgung im Februar 2004 eingetreten, hätte das Gewitter
vielleicht schlimmere Konsequenzen nach sich gezogen als die damals
erfolgte Schnellabschaltung.

Dutzende
vergleichbarer Mängel, Gefahrenquellen und Schwachstellen listen
die Experten von IPPNW und EUROSOLAR in ihrem exzellenten Filmbeitrag
Biblis
angeklagt
“ auf. So gilt das Kraftwerk beispielsweise als
unzureichend erdbebensicher – obwohl gerade im Rhein-Main-Gebiet
mit Erdstößen durchaus gerechnet werden muss. Auch soll
der Betreiber gemäß dem Motto „Geiz ist geil“ in den
auf 10 Stunden begrenzten Schichten gering qualifizierte Leiharbeiter
auch für sicherheitskritische Tätigkeiten eingesetzt haben
– eine Praxis, die offenbar in mehreren deutschen Atomkraftwerken
existiert, und die von der Atomaufsicht bereits offiziell kritisiert
wurde.

Wer eine
dreiviertelstunde Zeit erübrigen kann und sich selbst ein Bild
davon machen will, wie es mit der vielzitierten Sicherheit in
deutschen KKWs bestellt ist, dem sei „Biblis angeklagt“ von IPPNW
und EUROSOLAR wärmstens ans Herz gelegt. Die kostenfrei
erhältliche Langfassung des Filmbeitrags – übrigens
musikalisch untermalt von „Altmeister“ Konstantin Wecker –
findet sich auf https://www.ippnw.de/biblis/
und kann dort direkt im Browser angesehen werden.

Nehmen Sie sich
ruhig die Zeit und surfen Sie vorbei – denn dieser Blick hinter die
Kulissen der deutschen Atomwirtschaft rüttelt auf und macht
nachdenklich.

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Kommentare (1)

  1. #1 Monika
    4. Februar 2008

    Danke für die interessanten Hintergründe…. und schon treffen wir uns wieder mit der Frage: Wer trägt und wer übernimmt hier Verantwortung? Wer ist verantwortlich wenn tatsächlich etwas passiert? ;-)) Ist die Politik dafür verantwortlich, wenn Menschen unkalkulierbaren Gefahren ausgesetzt werden? Gewinnstreben kontra Moral ??