Heute erlaube ich mir mal einen Hinweis auf den Gastbeitrag eines meiner Kollegen zum Thema “Energieeffizienz” auf energynet.de. Der Artikel beschäftigt sich mit der Frage, wie der weitere Anstieg des Energieverbrauchs für die Innen- und Außenbeleuchtung durch den Einsatz neuartiger LED-Beleuchtungselemente gebremst werden kann, ohne dass “sichtbare Einsparungen” erforderlich sind.


Menschliches Verhalten versetzt mich immer wieder in Erstaunen. Wir wollen gesünder essen – aber dafür weniger Geld ausgeben. Wir wollen die Umwelt schonen – aber keine Minute weniger im Auto verbringen. Meine Studenten wollen stets gute Noten – aber eine möglichst genaue Eingrenzung des Klausurstoffs. Und – wir wollen Energie und CO2 sparen und den Klimawandel aufhalten, ohne dass dies Auswirkungen auf unseren Konsum oder unsere Art zu Leben hat.

Man stelle sich dieses “mindset” vor: Die überwiegende Mehrheit der Menschen in diesem Land ist davon überzeugt, dass wir in Zukunft weniger Energie verbauchen müssen, dass wir die Umwelt weniger belasten und für unsere Enkel erhalten müssen und dass wir es uns nicht länger leisten können, den sich abzeichnenden Klimawandel zu ignorieren. So weit so gut mag man denken, aber leider folgt aus der Erkenntnis nicht immer der Wunsch nach Veränderung. So würden zwar die Allermeisten das Statement unterschreiben, dass “mehr getan werden muss” – aber das eigene Auto verkaufen und künftig immer mit Bahn und Bus unterwegs sein? Mehr Geld für effizientere Glühbirnen oder Waschmaschinen ausgeben? Ein- oder zweimal in der Woche komplett auf Fleisch verzichten (dessen massenhafte Produktion Unmengen von Energie verschlingt)? Im Urlaub mit nicht mit dem Flieger nach Mallorca sondern lieber mit der Bahn in den Harz reisen? Auf “Stromfresser” wie beschauliche Wohnzimmer-Beleuchtung mit “Dimmeffekt” verzichten?

Naja, das dann lieber doch nicht…. Und so haben diejenigen Hochkonjunktur, die sich darüber Gedanken machen, wie sich trotz Energieeinsparungen der “Status Quo” des gefühlten Verbrauchs halten lässt. Sparen, ohne dass auf etwas verzichtet werden muss. In der Marktforschung kennt man dieses “mindset” sehr gut. Wenn man potenzielle Kunden nach der Wichtigkeit bestimmter Produktmerkmale befragt, stellt man bei allen positiven Merkmalen stets eine hohe Zustimmung fest – denn natürlich wünscht sich jeder Kunde erst einmal ohne Rücksichtnahme auf die Realität ausschließlich das beste, schönste, haltbarste und sicherste Produkt zum niedrigsten Preis. Erst wenn man die Probanden im Rahmen einer Conjoint Analysis zu einer Reihe von Entscheidungen zwischen Produktvarianten mit verschiedenen Eigenschaften zwingt, lässt sich ermitteln, auf welche Produktmerkmale der Kunde dann doch verzichten könnte.

Aber zurück zum Thema Energieverbrauch: Eine Möglichkeit, diese “konsumerfreundliche Energieeoptimierung” zu betreiben, ist der Austausch von konventionellen Leuchtkörpern wie Quecksilber-Dampflampen (die zudem aufgrund der hochgiftigen Inhalte zu zusätzlichen Umweltproblemen bei der Entsorgung führen) gegen LED-Arrays, mit denen bei geringerem Stomverbrauch die gleiche Leuchtintensität erreicht werden kann – und zwar zu etwa den gleichen Preisen, eine zusätzliche Hürde, die beim Verbraucher genommen werden muss. Momentan ist die Marktdurchdringung solcher Produkte – bedingt vor allem durch die (noch) recht hohen Preise – zwar noch begrenzt, aber der Anfang ist gemacht und die Forschung schreitet jedes Jahr weiter vorran (unter anderem zu erkennen an der Verleihung des Deutschen Zukunftspreises 2007 an mehrere Hochleistungs-LED-Forscher).

Für den energynet-Blog, eines der aktivsten und – wie ich finde – besten deutschsprachigen Blogs zum Themenbereich “Energieeffizienz und energiesparendes Bauen”, hat mein Kollege und Unternehmens-Mit-Gründer Prof. Fischer-Hirchert einmal den aktuellen Stand der LED-Beleuchtungsforschung zusammengefasst und einen Blick in die Zukunft gewagt. Sein Fazit, dem ich mich uneingeschränkt anschließe: Die LED wird in den nächsten drei bis vier Jahren die Beleuchtungstechnik revolutionieren und Energieeinsparungen in substanziellem Ausmaß möglich machen – sowohl in den privaten Haushalten als auch in der Industrie. Wer sich für die Thematik erwärmen kann, dem sei daher die Lektüre des Artikels und die Teilnahme an der Diskussion auf energynet empfohlen.

Meiner Meinung nach werden wir übrigens um Einschnitte an unserem momentanen Verbrauch – besonders im Individualverkehr – trotz der vielen großartigen Entwicklungen im Forschungsfeld “Energieeffizienz” nicht herumkommen – aber das ist sicher ein gutes Thema für einen anderen Blogpost…

Kommentare (12)

  1. #1 Henry
    5. Februar 2008

    Erst einmal zieht uns die Beleuchtungsindustrie aber noch das Geld mit den ach so sparsamen Energiesparlampen aus der Tasche – aktuell wieder in riesigen Stückzahlen bei Deutschlands Lebensmitteldiscountern zu finden. Schließlich will man ja bis zur (m.E. künstlich herausgezögerten) “Marktreife” der LEDs noch ein paar Euro extra verdienen …

  2. #2 Christian Reinboth
    5. Februar 2008

    @Henry: So schlecht sind die Energiesparlampen nicht – zumindest “leben” sie deutlich länger als die herkömmlichen Glühbirnen. Ich gebe Ihnen aber insofern Recht, als dass ich bis zur “energetischen Total-Optimierung” meiner Wohnung auch noch auf die Markteinführung von LED-Beleuchtungselementen im unteren Preissegment warten würde. Jetzt noch alles mit Energiesparlampen auszustatten, wo man in ein oder zwei Jahren mit LEDs (auch vom Standpunkt des Umweltschutzes aus betrachtet) sehr viel besser fahren kann, fände ich auch übertrieben. Aber die Lager müssen ja irgendwie noch geleert werden…

  3. #3 Henry
    5. Februar 2008

    Ja, eben, der immer noch hohe Preis der Energiesparlampen wird ja auf der Verpackung maßgeblich mit der längeren Lebensdauer begründet, weniger bzw. unplakativer mit dem niedrigeren Energieverbrauch. Und da beisst sich die Katze in den Schwanz, denn genau diese Lebensdauer wird die Einführung der LEDs nochmals hinauszögern … dann noch sowas: https://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25919/1.html und mit ein wenig Hintergrundrecherche, dass da offenbar eine mächtige Lobby ihre Pfründe längstmöglich sichern will: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/zoelleenergiesparlampen2.html – für mich ist die Sache klar, ich warte auf die LEDs, irgendwann müssen sie ja kommen.

  4. #4 Stefan Jacobasch
    5. Februar 2008

    Erstmal erwarte ich als Verbraucher die Entwicklung einer “warmen” LED-Lampe, bevor ich mich als Fortschrittsverweigerer schelten lasse. Wie heißt es doch in dem verlinkten Blog so schön? Bisher werde “näherungsweise eine natürliche Beleuchtung erreicht”. Das ist nett formuliert. Alle LED-Lampen, die ich bisher gesehen habe, hatten ein erschreckend kaltes blaues Licht, das vielleicht in Kühlhäuser passt, das aber nichts in meinem Wohnzimmer verloren hat.

  5. #5 Christian Reinboth
    5. Februar 2008

    @Henry: Der Verschwörungstheorie würde ich mich noch nicht anschließen, obwohl ja heute scheinbar nichts mehr auszuschließen ist (Stichwort UNICEF). Protektionismus und Lobbyarbeit hat es aber immer schon gegeben, das gibt es nicht nur bei Energiesparlampen – da passieren in der Energie- oder Automobilwirtschaft ganz andere Dinge. Grundsätzlich ist es aber so, dass die LED hinsichtlich der Energieeffizienz und des Umweltschutzes ganz andere Perspektiven bietet, als die Energiesparlampe – und trotzdem wird diese gerade von großen Herstellern momentan noch stark gepusht. Ich gehe aber ehrlich davon aus, dass sich dies in den nächsten 12 bis 24 Monaten spürbar ändern wird.

    @StefanJacobasch: Das hässliche Wort vom Fortschrittsverweigerer haben nun aber Sie in den Mund genommen… Erst mal müsste der Fortschritt ja da sein, bevor man sich ihm verweigern könnte. Und momentan gibt es die flächendeckend einsetzbare Wohnzimmer-LED-Beleuchtung leider noch nicht, zumindest nicht zu erschwinglichen Preisen und bei gleichzeitig hoher Energieeffizienz. Aber: Sie wird kommen. Und dann stellt sich natürlich die Frage, ab wann man zum Umsteigen bereit ist.

    Ich hatte mal ein längeres Gespräch mit einem Bekannten über Elektroautos, bei dem am Ende herauskam, dass er als Verbraucher erst bereit wäre, auf ein Elektroauto umzusteigen, wenn man es genauso mit 150 Sachen über die A1 brettern lassen kann, wie irgendein konventionelles KFZ. Auf dieses Elektroauto wird man vermutlich lange warten können. Auch kann ich mich an ein Gespräch mit einer Studentin erinnern, die erwartete, dass der Busfahrplan individuell an ihre Bedürfnisse angepasst werden müsste, bevor sie auf den ÖPNV umsteigen könnte. Ich befürchte, von manchen liebgewonnenen Produkteigenschaften muss man sich irgendwann einfach verabschieden – bei den LED-Leuchten bzw. in der Beleuchtungstechnik sehe ich diese Problematik aber nicht auf uns zukommen.

    Was die kalte Beleuchtung angeht – die kann bei empfindlichen Menschen durchaus Kopfschmerzen hervorrufen und dafür sorgen, dass man sich in seinen eigenen vier Wänden nicht mehr wohl fühlt. Wer das Kaltlicht nicht ertragen kann, kann aber sicher sein – die warmen LED werden kommen, ich habe selbst schon Versuchsbeleuchtungen gesehen, die wesentlich angenehmer waren. Bis das ganze perfektioniert und auf dem Markt ist, wird man zwar noch etwas warten müssen, aber in spätestens zwei Jahren sollte es soweit sein.

  6. #6 Vincent
    10. Februar 2008

    Ein sehr guter Artikel, der das Ganze mal aus einer anderen Perspektive betrachtet.

  7. #7 Michael
    11. Februar 2008

    Gut getroffen – “Menschliches Verhalten versetzt mich immer wieder in Erstaunen. Wir wollen … ”

    Genau so läuft es. Das menschliche Verhalten ist meist paradox, aber eine der Ursachen des Verhaltens sind auch zu geringes Einkommen und die damit verbundene Existenzsicherung. Da hat man keine Zeit mehr sich mit globalen Problemen wie Co2 zu beschäftigen.

    Da ich Lichtkunst mache, bemerke ich den Trend, dass mittlerweile alles beleuchtet werden muss. Zwar mit weniger Energie, aber dafür nimmt die Masse gewaltig zu. Unterm Strich bleibet dann wohl alles beim alten?

  8. #8 Christian Reinboth
    11. Februar 2008

    @Michael: Vielen Dank für die Blumen! Die Lichtkunst halte ich im übrigen für ein spannendes Feld – aber wenn demnächst jeder einen “LWL-Springbrunnen” oder ähnliche Deko-Kunst in seinen vier Wänden haben möchte (und dann auch noch dauerhaft aktiv), dann hat dies natürlich auch Konsequenzen auf den Energieverbrauch. Ich hoffe diesbezüglich ja auf “Kombi-Objekte”, z.B. Lampen, die durch RGB-LED sowie Dimm- und andere Effekte einmal als Designobjekt wahrgenommen werden können, die aber gleichzeitig bei entsprechender Einstellung für genügend warmes Licht sorgen, so dass sie auch für die Raumbeleuchtung taugen.

    Unterm Strich wird sich also hoffentlich doch etwas ändern….

    Das übrigens viele Menschen unmittelbarere Sorgen haben als die Umwelt, das kann man ihnen nicht verdenken. Es liegt aber meines Erachtens nach zum Teil auch daran, dass diese so wichtige Thematik kaum medienpräsent ist. Die meisten Menschen leben nicht sorgenfrei – die letzten Gewinner von DSDS kennen aber trotzdem viele, während vergleichsweise wenige schon mal “Inconvenient Truth” gesehen haben. Wer Zeit für das eine hat, hat aber auch Zeit für das andere – es wird einem eben nur nicht so einfach gemacht… Aber vielleicht ändert sich ja auch das irgendwann…

  9. #9 Michael
    11. Februar 2008

    “Inconvenient Truth” habe ich ehrlich gesagt mir auch nicht angesehen. Irgendwie habe ich meine Probleme mit dem Klimapapst Gore. Aber als Künstler ist man meist gegen irgendwelchen Mainstream, der fast schon an Hysterie grenzt, deswegen sind dann die Schnellbeschlüsse für ein besseres Klima das nächste Eigentor. Damit meine ich, die gute Absicht um eine Katastrophe abzuwenden, schafft eine neue Katastrophe, weil man wieder einiges übersehen hat.

    … die letzten Gewinner von DSDS kennen aber trotzdem viele, …

    Die Masse versteht unter Individualisierung meist etwas anderes, DSDS, nächster Urlaub, ein neues Auto, Macht, Profit, usw. Meine Meinung dazu – die Masse und manch anderer wichtige Mensch befindet sich noch im Übergangsstadium vom Affen zum Menschen. Im Prinzip haben wir die letzten tausend Jahre als Mensch nicht viel dazu gelernt, was soziales Verhalten und soziale Verteilung von Ressourcen und Einkommen angeht.

    Scheint so das viele nicht begreifen, dass für die meisten Hauptursachen für Katastrophen der Mensch verantwortlich ist.

  10. #10 Christian Reinboth
    12. Februar 2008

    @Michael: Bezüglich “Inconvenient Truth” kann man sicher geteilter Meinung sein. Einige der dort vorgestellten Szenarien sind eher unwahrscheinlich und entsprechen sozusagen dem “schlimmstmöglichen” aber eben sehr unwahrscheinlichen Fall. Dennoch sind solche aufrüttelnden Darstellungen meiner Ansicht nach manchmal nötig, allein schon um die Menschen aus ihrer Lethargie zu wecken und ihnen vor Augen zu führen, was wir unserem Planeten zur Zeit antun. Mit Argumenten wie “könnte vielleicht…aber vielleicht auch nicht” erreicht man bei den meisten leider nicht mehr viel – das zeigt die Debatte um das Thema Atomkraft: Obwohl die KKWs brandgefährlich sind und man seit 20 Jahren darüber streitet, ob man auf Atomstrom nicht besser verzichten sollte, gibt es noch immer keine klare öffentliche Mehrheit für einen Ausstieg (auch wenn sich die politische Mehrheit zum Glück inzwischen gefunden hat).

    “Mainstream-Klimaschutz” ist eine Medallie mit zwei Seiten. Einerseits sind manche Aktionen (Licht-aus-Tag!) ökonomisch wie ökologisch wenig sinnvoll, andererseits werden viele Menschen, die zuvor mit der Problematik noch nicht in Berührung gekommen sind, für die Thematik sensibilisiert, was eine sehr wichtige Sache ist.

    Viele Menschen – und da kann ich nur voll zustimmen – haben heute leider ein sehr begrenztes Sichtfeld. Sie richten ihr Augenmerk vielfach auf überflüssigen Konsum (Zweitwagen, Urlaub auf Mallorca, mehr Geld, mehr Besitz) sowie sinnentleerten Zeitvertreib (DSDS, Soaps, Talkshows) und vernachlässigen dabei viele wichtige Aspekte des Lebens wie soziales Engagement, Bildung, Spiritualität, Kunst oder eben auch die Fürsorge für unseren Planeten und die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Das Entstehen dieser introvertierten Konsumgesellschaft haben wir sicher irgendwo alle mitzuverantworten, mittlerweile sind wir aber an einem Punkt angekommen, an dem die Entwicklung wirklich gefährliche Züge annimmt, da man auch mit sehr wichtigen Themen (Klimaschutz, Umweltschutz, Atomkraft, Bildungspolitik, Friedessicherung) zu vielen Menschen einfach nicht mehr durchdringt…

  11. #11 Michael
    12. Februar 2008

    @Christian: Deine Meinung dazu gefällt mir sehr gut. 🙂

    Gehört jetzt zwar nicht hierher, habe mir mal die Homepage von harzoptics angesehen. Sehr interessant was ihr da macht, die optische Übertragung.

  12. #12 Christian Reinboth
    13. Februar 2008

    @Michael: Für HarzOptics versuche ich hier bewusst nicht übermäßig viel Werbung zu machen, da es in meinem Blog natürlich in erster Linie um objektive Beobachtungen aus dem Bereich Energietechnik/Energieeffizienz gehen soll – und eigene Projekte kann man nun mal nur ganz schlecht objektiv beurteilen… 🙂

    Momentan arbeiten wir aber gerade an einem besonders spannenden Projekt, mit dem die Energieeffizienz bestimmter Leuchtkörper gesteigert werden soll. Da die Patente noch nicht beantragt sind und momentan gerade mal der erste Prototyp getestet wird, halte ich mich diesbezüglich noch zurück, aber sobald wir mit dem Projekt weiter sind, werde ich sicher auch mal einen “Insider”-Bericht über die Forschungen bei HarzOptics zu Papier bringen…

    Ansonsten verweise ich auf unseren Instituts-internen Blog, der schon seit 2006 regelmäßig mit Einsichten in das Innenleben unseres kleinen An-Instituts gefüttert wird und sich auch über jeden Besucher freut: https://harzoptics.blogspot.com/