3) Marxistische Theorie und Bildung: Im
Beschluss des 15. Parteitags “DKP – Partei der Arbeiterklasse –
Ihr politischer Platz heute” heißt es: „Die theoretische
Grundlage des politischen Wirkens der DKP ist die wissenschaftliche
Weltanschauung, deren Fundamente von Marx, Engels, Lenin und anderen
Marxistinnen und Marxisten erarbeitet wurden.“ Und an anderer
Stelle wird darauf verwiesen: „Unsere wissenschaftliche
Weltanschauung ist kein Dogma. Sie muss auf der ständigen
Analyse und Verallgemeinerung der Ergebnisse der einzelnen
Wissenschaften, der gesellschaftlichen Verhältnisse sowie der
eigenen und internationalen Erfahrungen in den Klassenkämpfen
beruhen.“ [Quelle]
Soweit
also einige Auszüge aus dem gedanklichen Spektrum dieser Partei.
Im Grunde genommen eine Steilvorlage für jeden Journalisten: Die
Stasi muss wieder her, der Mauerbau war richtig, der deutsche Staat
sollte wieder Konzerne enteignen und in der marxistischen Theorie und
Bildung lernen wir, dass der Kommunismus/Marxismus die einzig
„wissenschaftliche“ Weltanschauung darstellt (ein Mißbrauch
des Wissenschaftsbegriffs, bei dem sich mir die Nackenhaare
aufstellen). Da frage ich mich nur, warum solche Aussagen in der
Presse- und Medienwelt nicht stärker hinterfragt werden. Als der
hessische Ministerpräsident Koch im Wahlkampf eine härtere Bestrafung von kriminellen Jugendlichen forderte, ließ sich
fast keine Zeitung, kein Magazin und keine politische Talkshow
finden, in der die populistischen Forderungen nicht kritisiert
wurden. Wieso erzeugt der Ruf nach Stasi-Neugründung und
staatlichen Enteignungen kein ebenso lautes Medienecho?
Ich kenne einige Wissenschaftler, die
in der ehemaligen DDR studiert und gearbeitet haben. Aus ihren
Schilderungen weiß ich, wie sehr einige von ihnen darunter
gelitten haben, sachlich korrekte Ergebnisse aufgrund politischer
Erwartungen immer wieder verbiegen, verändern und verfälschen
zu müssen. Wie groß die Angst war, auch nur mit dem
eigenen Vorgesetzten oder den Kollegen über Forschungsergebnisse
zu sprechen, wenn diese nicht „politisch korrekt“ waren. Wie tief
die Enttäuschung saß, als sich nach dem Mauerfall
herausstellte, wessen Student, wessen Kollege, wessen Freund oder
wessen Ehefrau monatlich Berichte über intimste Gespräche
und Belanglosigkeiten aller Art an eben jene Stasi geschickt hatte,
deren Wiedereinführung nun Frau Wegner fordert.
Wo ziehen wir als Gesellschaft die
Grenze, wenn es um die Ansichten von politischen Mandatsträgern
geht? Was sind wir bereit uns noch anzuhören, wenn uns schon die
Forderung nach der Wiedereinführung der Stasi nicht wachrüttelt?
Der Stasi, die jeden potenziellen Regimegegner überwachen ließ,
die Familien und Karrieren zerstört hat, Menschen foltern und
verschwinden ließ, die den Ehemann über die Ehefrau und
die Schwester über den Bruder bespitzelt hat. Was muss man
in diesem Land sagen, um ein politisches Mandat zu verlieren?
Und dann das: “Der Bau der Mauer
war in jedem Fall eine Maßnahme, um zu verhindern, dass
weiterhin Westdeutsche in die DDR konnten. Einmal die Wirtschaft
schädigen, indem sie billig eingekauft haben.” [Quelle]
Wenn es nach mir geht, kann gerne
jemand glauben, dass die Mondlandung nicht stattgefunden hat. Von mir
aus auch, dass der Mond aus grünem Käse besteht. Aber ist
es zuviel verlangt, wenn man von Abgeordneten, von der politischen
Elite dieses Landes minimale Kenntnisse der deutschen Geschichte und
der grundgesetzlich verbrieften Rechte der von ihm oder ihr vertretenen Bürger erwartet?
Verlange ich da zuviel oder sind die
Hürden für Mandatsträger nicht hoch genug?
Oder, um es mit Cicero zu formulieren:
Prinzipiis obsta – Wehret den Anfängen…
UPDATE vom 15. Februar: Das Panorama-Interview mit Christel Wegner
Wer sich den hervorragenden Bericht des ARD-Magazins Panorama über den Pro-Stasi-Flügel der Linkspartei in voller Länge ansehen möchte, findet den Videobeitrag bei YouTube:
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