Ein zumindest in meinen Augen leicht verstörendes Video aus der größten politischen Material- und Finanzschlacht der Welt – dem US-Wahlkampf.

Mal ganz abgesehen von der seltsamen Instrumentalisierung von Kindern für den Wahlkampf erinnert mich der Film (leider, leider) schon fast ein wenig an indoktrinierte Kinderchöre aus Nordkorea oder anderen undemokratischen Ländern. Das klingt natürlich ein wenig hart und selbstverständlich kann man sich auf den Standpunkt “die Amis ticken eben anders” stellen. Trotzdem: “Obama will lead us” und Wahlkampfslogans (“Yes we can”, “Hope & Change”…) gesungen von 8-jährigen?

Man stelle sich vor, die dritte Klasse der Klein-Mühlenbacher Grundschule würde zum Bundestagswahlkampf 2009 “Angela soll uns führen” und “Sozial ist, was Arbeit schafft” singen. Oder “Frank-Walther wir folgen Dir” und “Deutschland muss sozialer werden”…. Ich frage mich auch, wie man mit solchen “Wahlkampf-Kids” umgeht, mit ihnen redet, sollte der von ihnen unterstützte Kandidat die Wahl doch noch verlieren…

Bemerkenswert scheint mir außerdem zu sein, dass hinter den auf “Amateur” getrimmten Aufnahmen offenbar Profis stecken – zumindest weist das Webseite-Impressum der “Sing for Change Kids” Jeff Zucker, den CEO des Medienriesen NBC, als einen der Produzenten aus.

Alles in allem ziemlich unverantwortlich. Was bin ich froh, dass zumindest diese Form von Wahlkampf noch nicht über den großen Teich geschwappt ist. Möge diese Wahlkampfkultur möglichst nie bei uns Einzug halten…

Kommentare (2)

  1. #1 Samin
    1. Oktober 2008

    “We’re sorry, this video is no longer available.”
    Aber nach dem wie es hier beschrieben ist, beschwerst du dich über politisch aktive Kinder? Mhm, da hör ich hier in Deutschland gerade genau über das Gegenteil wettern. Wo wäre da auch der Unterschied wenn man Kindern sagt was sie über Politik predigen sollen, anstatt dass man Erwachsenen das sagt? Am Ende sind sie doch alle gleich leicht manipulierbar. (Bei Erwachsenen wiederholt man es eben 3 statt 2 mal)
    Aber in Deutschland werden Kinder ja indirekt auch schon zum Wahlkampf benutzt. “Mehr Geld für Bildung”, “Mehr Kitas” … aber was man davon sieht ist oft -weniger- als versprochen wurde.

  2. #2 Christian Reinboth
    1. Oktober 2008

    @Samin: Da sieht man es mal wieder – das Video hätte ich mir auf jeden Fall herunterladen müssen – das war wirklich ein wenig gruselig. Schade, dass es schon wieder aus dem Netz getilgt wurde – auch wenn ich den Grund dafür gut verstehen kann…

    Ganz sicher beschwere ich mich nicht über politisch aktive Kinder. Wenn 13-, 14- oder 15jährige trotz fehlendem Wahlrecht sich für Politik begeistern lassen und (in Grenzen) beim Wahlkampf mitmischen wollen, finde ich das großartig. Die Kinder in dem Video sind aber 6, 7 und 8 Jahre alt (einige vielleicht sogar noch jünger). Ich habe Schwierigkeiten damit, mir vorzustellen, dass man mit 5 oder 6 Jahren schon so etwas wie eine dezidierte politische Meinung haben kann.

    Sind die Kinder aber noch nicht zur Meinungsbildung fähig, finde ich es ein wenig seltsam, sie in “Wahlkampf-Outfits” zu stecken und “Obama wird uns zu Freiheit und Frieden führen” singen zu lassen (denn genau das haben sie gesungen). Textuell unterscheidet sich das leider kaum von nordkoreanischen KimJong-Liedern, weshalb sich bei mir leichtes Unwohlsein regte. Wie schon gesagt würde es ganz vielen sicher sauer aufstoßen, wenn nächstes Jahr (um nach der CDU und der SPD jetzt noch mal eine andere Partei als Beispiel zu verwenden) ein komplett rot gekleideter Kinderchor vor einem großen Bildnis von Oskar Lafontaine stehen und “Oskar führe uns zu Gerechtigkeit und Freiheit” singen würde.

    Ich kann das Bedürfnis vieler Amerikaner nach einem Wechsel verstehen, wenn dieser Wunsch aber ins Extreme umschlägt, ist das meines Erachtens nach ein wenig besorgniserregend. Was die freie Meinungsbildung angeht: Natürlich kann man auch Erwachsene sehr gut manipulieren. Die Werbung tut das jeden Tag. Bei Kindern ist es meines Erachtens nach aber doch noch etwas anderes, da sie eben aufgrund ihrer Einschränkungen besonders vor eben solchen Manipulationen geschützt werden sollten.