Letzte Woche hatte ich über einen Beschluss der Stadt Bräunlingen berichtet, alle Solaranlagen aus ästhetischen Gründen aus dem Stadtkern zu verbannen. Diese Woche gibt es ein neues kommunalpolitisches Kabinettstückchen: In Thierhaupten bei Augsburg will man den Bau von Windkraftanlagen unterbinden – aus Rücksichtnahme auf die Spaziergänger…

Während mich die Zusammensetzung des Stadtrates von Bräunlingen vermuten lässt, dass die Entscheidung, Betreiber von Solaranlagen zum Rückbau ihrer Systeme zu zwingen, zumindest von einem großen Teil des CDU-Statverbandes mitgetragen wird, steckt hinter dem Thierhauptener Windkraft-Disput ein SPD-Politiker: Bürgermeister Franz Neher.

Mit seiner Unterstützung hat der Marktgemeinderat von Thierhaupten im Landkreis Augsburg bereits vor einigen Wochen einstimmig(!) beschlossen, ein von der Firma “Uhl Windkraftanlagen Projektierung” im Auftrag des Bayerischen Staatsforstes geplantes Windkraft-Projekt abzuschießen. Dabei führte der Chefplaner von Uhl Windkraft, Dr. Karl-Heinz Linke, in der Sitzung des Gemeinderats etliche gute Argumente ins Feld:

Eine 3,5 Millionen Euro teure Windkraftanlage habe eine Lebensdauer von 20 bis 25 Jahren, danach werde sie auf Firmenkosten abgebaut. Sie erzeuge 4,5 Millionen kW pro Jahr, das sei fast so viel, wie alle Haushalte von Thierhaupten verbrauchten. Im Hinblick auf den Klimaschutz spiele die CO 2 -freie Stromerzeugung durch Windkraft eine große Rolle, betonte er.

Gegen den Bau der Anlagen sprachen allerdings die besseren Gründe:

Bürgermeister Franz Neher machte jedoch deutlich, dass dies Gebiete “mit hoher Sensibilität” seien. Dort gingen viele Menschen spazieren, Windkraftanlagen seien deshalb nicht erwünscht.

Gegen solche Argumente lässt sich natürlich wenig vorbringen. Immerhin bemüht sich die Gemeinde um einen Kompromiss, und schlägt als alternativen Standort für die Anlagen ein ausgewiesenes Vogelschutzgebiet vor. Ich denke, man kann wohl zu recht vermuten, dass der Bayerische Staatsforst sich auf diesen wohl eher als Satire zu verstehenden Vorschlag nicht einlassen wird – und das Windkraft-Projekt damit gestorben sein dürfte.

Zeichnet sich da ein neuer kommunalpolitischer Trend ab? “Wir stehen voll und ganz hinter dem Ausbau der regenerativen Energietechnik – aber bitte nicht in unserer Nähe?” Das Bräunlinger Verbot von Solaranlagen zum Schutz des Stadtbildes war in meinen Augen bereits ein starkes Stück – aber der freiwillige Verzicht auf eine Anlage, von der die Gemeinde auch finanziell profitiert hätte, nur um die “Belästigung von Spaziergängern” auszuschließen? Die Belästigung durch was? Den Anblick?

Es entsetzt mich, wie viele Entscheidungsträger gerade auf kommunaler und regionaler Ebene, Solarzellen oder Windräder als Verschandelung des Stadtbildes und Belästigung für Touristen zu betrachten scheinen – und wie viele offenbar der unsinnigen Idee verfallen sind, “Ja zur regenerativen Energie – aber nicht bei uns” wäre eine vernünftige Haltung.

Kommentare (2)

  1. #1 RainbowNet-Blog
    31. Oktober 2008

    Vielleicht müsste man mal der Frage nachgehen, ob und wie weit die verantwortlichen Poltitiker als Handlanger der Atomindustrie fungieren. Bei uns in der Schweiz gab es einen ähnlichen Fall. Eine “Stiftung für Landschaftsschutz” erhob Einsprache gegen ein Windenergie-Projekt. Im Stiftungsrat dieses Vereins sitzt zuuuuufällig der Vizepräsident einer Stromfirma, die ein neues AKW bauen will. Ausserdem sitzen im gleichen Stiftungsrat mindestens zwei Mitglieder einer Schweizer Atomlobbyorganisation. Seltsamerweise gibt das niemandem zu denken.

  2. #2 Robert
    16. April 2009

    In Zukunft wäre es doch toll wenn man alternative , erneuerbare Energien , wie zum Beispiel Windkraft auch touristisch nützen könnte . Wenn die Menschen sich erst mal an Die Windkraftanlagen gewöhnt haben , werden vl riesige Windparks viele Manschen anziehen .
    Zumindest ein netter Ansatz 🙂