Die Debatte um die Homöopathie-Berichterstattung in der Ärzte Zeitung hat meinem Blog in den letzten Wochen eine wahre Besucherschwemme eingebracht. Doch auch anderswo in der Blogosphäre wird über kritischen Medizinjournalismus diskutiert.

Da ich momentan mit der Finalisierung eines Lehrbriefs zum Thema “Lichtsmog” für den neuen Straßenbeleuchtungs-Fernlehrgang des Euroforum-Verlags mehr als gut ausgelastet bin, erlaube ich mir heute nur einen kurzen Hinweis auf zwei Blogs, in denen die Diskussion um die Ärzte Zeitung (auf sehr unterschiedliche Weise) fortgesetzt wird.

In der “Stationären Aufnahme” geht Blogger stappato der Frage nach, warum so wenig über das Thema Qualität im Medizinjournalismus diskutiert wird und nimmt dabei Bezug auf einen Kommentar auf den ScienceBlogs, der die ursprüngliche Diskussion über mögliche “Gefälligkeitsberichte” im Medizin-Bereich vor vier Wochen losgetreten hatte:

Im deutschen Medizinjournalismus nahm ein Skandal Anlauf und wollte nicht so recht aus dem Startblock kommen. Zu gross ist die Angst, ein Dopingsys- tem aufzudecken. […] Ein ehemaliger Verantwortlicher in einer Redaktion eines Fachmedium hat in einen Blog-Kommentar geäussert, dass Artikel von einem in dessen Marktsegment führenden Unternehmen quasi gekauft wor- den sind. Der Urheber zog den Kommentar zurück, das Unternehmen bestrei- tet den Vorwurf in E-Mails. […] Bloss keine Aufmerksamkeit. Jedoch ist der Kommentar in der Welt. Er wurde gelesen, weitergegeben und registriert.

Vor dem Hintergrund dieser interessanten Zahlen wird in der “Stationären Aufnahme” aber nicht nur darüber diskutiert, wie weit verbreitet die “Hofberichterstattung” im deutschen Medizinjournalismus ist, sondern auch darüber, was einen guten Medizinjournalisten eigentlich ausmacht und warum es so unheimlich schwierig ist, mit Abstand (und Sachverstand) über Medizin zu berichten. Prädikat: lesenswert!

Eine Diskussion ganz anderer Art findet sich im H.Blog auf psychophysik.com. Blogger Claus Fritzsche ist es gelungen, Dr. Thomas Kron – den Urheber des vieldiskutierten Kommentars zur Ärzte Zeitung – zu einem ebenfalls sehr lesenswerten Bloginterview zu überreden, in dem es unter anderem um die besondere Sorgfaltspflicht im Medizinjournalismus und die Frage geht, wie sich schrumpfende Redaktionen auf die journalistische Qualität auswirken.

Ein wenig gestutzt habe ich dann natürlich bei dieser Aussage:

Es gibt verschiedene Indizien, welche für die Möglichkeit sprechen, dass Christian Reinboth der streng dogmatischen Skeptiker-Vereinigung GWUP e. V. ideologisch sehr nahesteht.

Wie sich in den weiteren Kommentaren ergab, ist H-Blogger Claus Fritzsche offenbar ganz ernsthaft der Meinung, dass die Homöopathie-Kritik auf den ScienceBlogs vor allem daher rührt, dass unsere Blogplattform heimlich von der GWUP unterwandert wurde:

Ich gehe schon seit geraumer Zeit der Frage nach, ob es bei ScienceBlogs eine größere GWUP-nahe Blogger-Gruppe gibt, die neben wissenschaftsnahen auch wissenschaftsferne Interessen verfolgt, die man gemeinhin mit dem Wort “Agitation” umschreibt und zu der ich auch Sie zähle. Die Ergebnisse meiner Recherchen werde ich zu gegebener Zeit veröffentlichen … und zwar mit dem Ziel, dass der Vorgang von Herrn Burda geprüft und bewertet wird.

Dies konnte natürlich nicht unwidersprochen bleiben, was mittlerweile zu einem zweiten H-Blog-Artikel geführt hat, der sogar ganz exklusiv Marc und meiner Person bzw. unserem “Treiben” auf den ScienceBlogs gewidmet ist. Mir bleibt da nur die Feststellung, dass es schon erstaunlich ist, welche Kreise so ein kleiner Blogbeitrag manchmal ziehen kann…

Kommentare (19)

  1. #1 Florian Freistetter
    11. August 2009

    Tja, wer die Homöopathie kritisiert, ist in den Augen von Herrn Fritzsche immer ein Agent der GWUP 😉 Ich hab mit ihm schon vor längerer Zeit einmal über das Thema diskutiert – aber das wurde mir dann zu mühsam. Alle Kommentare, die ihm irgendwie nicht passen, werden zensiert – mittlerweile werden dort schon alle Kommentare von mir gelöscht 😉

    Lustig fand ich ja auch, dass Fritzsche unbedingt unser internes mixxt-Forum einsehen will 😉

  2. #2 Christian Reinboth
    11. August 2009

    @Florian: Was er da zu finden hofft, habe ich mich auch gefragt. Ich befürchte fast er glaubt wirklich dass wir uns da wöchentlich absprechen, wie wir auf seine Blogposts reagieren und wer welches Esoterik-Thema aufgreift…

  3. #3 Wolfgang
    11. August 2009

    Ich finde schon verwunderlich wieso Herr Fritzsche den Verein GWUP Ideologie unterstellt.
    Ist es ideologisch wissenschaftsferne Bereiche wie die Homöopathie auch als solche zu bezeichnen?
    Natürlich gibts in den science blogs auch Zynismen gegenüber der Homöopathie, wen da Leute kommen die Plutonium oder verdünntes Vakuum oder gar Antimaterie sowie eine ganze Reihe verdünnter Mineralwässer gegen alle möglichen Symptome als homöopathische Mittelchen verkaufen wollen und sogar nicht davor zurückschrecken eine Wirksamkeit der Homöopathie bei der Bekämpfung der H1N1 Pandemie zu behaupten.

    Es gibt nur eine Medizin und diese hat gefälligst zu beweisen dass die verwendeten Arzneien wirksam und unbedenklich sind.

  4. #4 Jörg
    11. August 2009

    Einfach ein Spin Doctor und schlimmer, der keine Aufmerksamkeit verdient hat.

  5. #5 a.w.
    11. August 2009

    @ florian freistätter

    Sie sind der Letzte, der sich über gelöschte Kommentare aufregen darf, sie waren einer der Ersten, der damit begonnen hat, alle Kommentare, die sie geistig überforderten, und das sind Viele, zu löschen.
    Oder nennt man das Heuchelei.
    Sie und Jörg Rings haben hier auf den Blogs die Zensur eingeführt.

  6. #6 a.w.
    11. August 2009

    @ wolfgang

    Wenn die “wissenschaftliche” Medizin wirklich beweisen müsste, dass ihre Mittel unbedenklich sind, gibt es sie morgen nicht mehr.
    Sie sind ein Träumer.

  7. #7 Florian Freistetter
    11. August 2009

    @wilfert: Ich habe ihre Kommentare gelöscht. Weil sie mich als Nazi bezeichnet haben. Dann gabs noch Tucholsky und Astronove – die haben ebenfalls geglaubt, sie müssten mit der Nazi-Keule in den Kommentaren ankommen. Das sind alle Kommentatoren, die bei mir Schreibverbot haben (ich kann sie mir sogar noch namentlich merken) 😉 Jetzt hier den Märyter zu spielen, ist schon ein bisschen peinlich…

  8. #8 a.w.
    11. August 2009

    @ florian freistetter

    Märtyrer, dass ich nicht lache. Ich wollte sie nur daran erinnern wer mit dem Löschen begonnen hat. Und ich habe nicht sie als Nazi bezeichnet sondern nur einen Vergleich angestellt, der zeigen sollte, dass es möglich war, dass die überwiegende Mehrheit “hochgebildeter” Wissenschaftler einer kompletten Idiotie auf den Leim gegangen sind, wie heute meiner Meinung nach eben auch. Das war der Sinn dieses Vergleichs. Er war als Warnung gedacht. Aber das verstehen sie nicht.

  9. #9 Marcus Anhäuser
    11. August 2009

    Hallo: Was war das Thema? Qualität im Medizinjournalismus.

  10. #10 a.w.
    11. August 2009

    Ja, das war das Thema, doch der Ausreisser oben gehört eigentlich auch dazu.
    Weil der Gehorsam der Berichterstattenden oft ein Vorauseilender ist.
    Es geht immerhin um das höchste Gut Menschengesundheit. Und kritische Berichterstattung heisst mehr oder weniger Vorwurf der Körperverletzung oder
    Schlimmeres. Und wie man weiss, verfügen die Angegriffenen über beträchtliche Mittel um kritische Geister mundtot zu machen.
    Und sich selbst Mäuler zu kaufen, die jederzeit bereit sind, das Gegenteil zu bezeugen für Bares.
    Wenn wer im Betrieb tätig ist, hat er genug Einsicht um seriös zu berichten. Dann mauss er jedoch um seine Existenz fürchten. Beispiele dafür sind Legion.
    Der durchschnittliche Journalist ist darauf angewiesen Gehörtes wiederzugeben, er hat kaum Möglichkeit zur Überprüfung. Ähnlich wie die staatlichen Stellen, die auf “Experten” angewiesen sind, wenn sie Entscheidungen über Finanzierung oder Ähnliches treffen sollen. eine ziemlich verfahrene Situation.

  11. #11 S.S.T.
    11. August 2009

    “Wer heilt, hat Recht, wer Recht hat, heilt, und auf euch trifft das alles zu, wie alle meine Anekdoten beweisen. Weiter so!”
    Alf Wil-Ernie

    https://agyon.de/referenzen-und-meinungen/

  12. #12 wolfgang
    11. August 2009

    a.w. schreibt “Wenn die “wissenschaftliche” Medizin wirklich beweisen müsste, dass ihre Mittel unbedenklich sind, gibt es sie morgen nicht mehr.
    Sie sind ein Träumer.”

    Nein Träumer bin ich wirklich nicht. Ich kenne nur das gültige Arzneimittelgesetz. Zugelassen darf eine Arzneimittelspezialität nur, wenn Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit gesichert sind.
    Ach ja und da gibts noch eine Ausnahme: Das gilt nicht für Homopathie, Bachblüten und dergleichen.
    Und diese Ausnahme ist sachlich nicht gerechtfertigt. Wenn die Homöopathie beweisen müßte dass ihre Mittelchen wirksam sind, gabe es sie morgen nicht mehr. Ist aber kein wirklicher Verlust.

  13. #13 wolfgang
    11. August 2009

    es geht hier aber um Qualität im Medizinjournalismus. Und es kann über unwirksame Medizin schlicht nicht positiv und mit Qualität berichtet werden.
    Qualität wäre darauf hinzuweisen, dass Homöopathen in klinischen Studien eine Wirksamkeit, die über Placebo hinausgeht einfach nicht gefunden haben.

  14. #14 S.S.T.
    11. August 2009

    @Wilfert

    Und sich selbst Mäuler zu kaufen, die jederzeit bereit sind, das Gegenteil zu bezeugen für Bares.

    Wo bekommt man Bares für Gegenteil bezeugen? Können Sie mir eine möglichst ergiebige Quelle nennen? Beziehen Sie Geldmittel von z.B. einer Firma für Ihre Behauptungen? Bei einem entsprechenden Angebot könnte man ja vielleicht ganz schwach werden und selbst zu einem Homöopathen mutieren. Vergleichbares soll ja schon vorgekommen sein.

  15. #15 strappato
    11. August 2009

    Und wieder mal wird gemutmasst. Eine Diskussion über Qualität im Medizinjournalismus ist nicht möglich. Da niemand mit Einblick in die Branche ein Interesse daran hat. Die Unternehmen nicht, die Medien ebenso, bei denen Gesundheitsthemen Quotenbringer sind, die Journalisten am Wenigsten, da ein kritischer Blick die Aufträge kostet. Durch die Werbebeschränkungen gibt es enormen Bedarf an “Kommunikation”. Die direkte Berichterstattung über neue Therapien, Diagnostik oder Arzneimittel ist ausserhalb der Fachkreise seltener als man annimmt. In Deutschland reagieren Ärzte nicht erfreut, wenn der Patient das Medikament selber vorschlägt – zu Lasten des Arztes, der sich im Zweifel der Arzneimittel-Richtgrößenprüfungen stellen muss. Dagegen sind Berichte über Erkrankungen häufig durch Interessen der Pharmaindustrie gesteuert. “Stichwort Disease Awareness”. Oft über Dritte, Verbände, Initiativen, die dem einen seriösen Anstrich geben. Beispiel: die “Initiativtage”. Oder was anderes konktret: Beim Europäischen Lungenkongress 2008 hat der “PR-Arm” der Fachgesellschaft mit Unterstützung von Boehringer für die Bevölkereung Lungenfunktionstests durchgeführt und auf COPD hingewiesen. Das Pharmauntermehmen wurde in den Artikeln und beim Event nicht genannt.

    Dann sind da noch die Artikel über Studienerfolge. Kaum ein Journalist kommt selber auf die Idee, dass in einer englischen Journal ein Artikel über die positiven Ergebnisse einer Studie veröffentlicht worden sind. Sie werden darauf “hingewiesen”, vom Hersteller, von den Autoren, die über Royalities auch ein monitäres Interesse haben können, oder von PR-Agenturen im Auftrag der Hersteller. Ein Beispiel: Gerade ist in einer deutschprachigen Zeitung ein Artikel zu den Studienergebnissen eines Monoklonalen Antikörpers erschienen. Keine Angaben zu dem Studiensponsor und dass der Autor Patentrechte an dem Biological hält. Nebenwirkungen? Laut dem Artikel nicht mehr als Plazebo.

    Zur Kommunikation gehört auch, dass nicht nur Ärzte zu den Fachkongressen eingeladen werden, sondern auch Journalisten auf Kosten von Herstellern über den Kongress berichten. Win-Win-Win: Der Verlag freut sich, keine Spesen zahlen zu müssen und trotzden aktuellen Content zu bekommen, der Journalist kommt rum und kann netzwerken und das Unternehmen sichert sich positive Berichterstattung. Da trifft der bezahlte Journlist auf bezahlte Referenten und sogar bezahlte Patienten, denn Vertreter von Selbsthilfegruppen werden ebenso eingeladen – auch eine Methode, um die Beschränkungen des HWG zu umgehen und Informationen an Patienten-Multiplikatoren zu bringen.

    Und so weiter. Das ist nur grob und verallgemeinert. Das Sytem ist komplex. Mal ganz fatalistisch: Selbst der Patient/Leser hat kein Interesse daran, dass sich was ändert. Da wird Hoffnung verkauft – auf Gesundheit und Heilung.


    Confict of Interests: Ich bin Teil des Systems und werde sicher nicht den Märtyrer spielen.

  16. #16 Christian Reinboth
    12. August 2009

    @strappato: Den Märtyrer erwartet auch niemand. Trotzdem vielen Dank für den Kommentar und den Artikel, der mich wirklich nachdenklich gemacht hat. In den meisten anderen Bereichen der Berichterstattung (z.B. Politik, Naturwissenschaft, Sport, Kunst) scheint es mir Strukturen wie die beschriebenen nur in wesentlich geringerem Umfang zu geben, wobei die “Journalistenrabatte” vieler Reise- und Hotelketten ja auch kürzlich erst wieder Gegenstand der öffentlichen Diskussion gewesen sind – dabei geht es ja aber nicht um Leben und Tod, wie das beim Medizinjournalismus vermutlich durchaus eher der Fall sein kann. Von daher fände ich eine offene Debatte über die Qualität im Medizinjournalismus hochspannend, gebe Dir aber natürlich Recht – wenn sich alle Beteiligten (aus unterschiedlichen Gründen) dem Thema verweigern, werden wir auf eine Diskussion jenseits der spekulativen Ebene lange warten können…

  17. #17 erich egermann
    12. August 2009

    Was ist verwerflicher ??
    Als “Fachmann” Informationen über ein neues Medikament zu erfahren, durch Fachjournalisten , die auf den Kongress eingeladen wurden, wo Professoren reden, die wahrscheinlich kein feindschaftliches Verhältnis zur Firma haben, und natürlich kann ich mir an allen 10 Fingern ausrechnen, daß die “Informationen” tendentiell gefärbt sind. Dennoch sind oft interessante Infos dabei. !
    – – – Oder als “mündiger Bürger” im “Gesundheitsteil” einer BoulevardZeitung
    ( oder auch einer “Qualitätszeitung” wie Standard, Profil etc… ) über die Segnungen der AreYouwehda-Medizin, Homoiopathie, Bachblüten, etc.. .. etc..
    “informiert” zu werden, und dann als “mündiger Konsument” auch gerne die hart
    verdiente Kohle dafür auf den Tisch zu legen.
    — — — “Qualität im Medizinjournalismus” ?? Was ist das ?? Bezahlte Anzeigen in Krone ? Kurier .. etc.. , Homoiopathiebeiträge im Standard ? , Herr Ehgartner oder Herr Artmann im Scienceblog ?? –
    – Da geh ich als böser geldgieriger, bestechlicher “Arzt” doch lieber auf einschlägige Kongresse und Firmeneinladungen, da weiß ich , was mich erwartet und was ich davon halten kann.

  18. #18 Wolfgang
    13. August 2009

    Ein absoluter Tiefpunkt im Medizinjournalismus liefert heute die Standard online Redaktion-physikalisch gesehen wären das minus Kelvin Grade, aber das gibts ja auch nicht.

    Furchtbar:

    Homöopathie hilft gegen Schweinegrippe

    https://derstandard.at/fs/1250003379816/Arzneimittel-Homoeopathie-soll-bei-Schweinegrippe-helfen

  19. #19 strappato
    13. August 2009

    @erich egermann

    Sie wissen möglicherweise “was mich erwartet und was ich davon halten kann” – aber wäre es nicht besser, Sie wüssten es ganau, weil es transparent gemacht werden würde? In den USA legen Pharmaunternehmen und Medizinproduktehersteller mittlerweile die Honoare an Ärzte, Institutionen und Verbände offen. Wie wäre es, wenn Journalisten in Artikeln angeben würden, ob sie Interessenskonflikte haben?

    Aber grundsätzlich sieht man an den Kommentaren zu diesem Posting: Es gibt nichts zu diskutieren, weil keiner so genau hinschauen will.