Diese Woche bin ich ja – abgesehen von meiner Mitarbeit an einem weiteren Gastartikel für das Historikertags-Blog – leider nicht zum Schreiben gekommen, was in den nächsten Tagen vermutlich auch so bleiben wird. Diesen schönen Fund in einem alten DDR-Liederbuch wollte ich geschichtsinteressierten LeserInnen dann aber doch nicht vorenthalten…

“Bundeswehr raus aus den Schulen” fordert die “Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend” von Berlin, “die Bundeswehr hat an Schulen nichts verloren” sagt die hessische Linke. Dabei hat gerade der erste und hoffentlich auch letzte sozialistische Staat auf deutschem Boden – der in der Erinnerung eines niedersächsischen Landtagsabgeordneten immerhin “über 40 Jahre lang der friedlichere Teil Deutschlands” gewesen ist – nicht erst an den Schulen oder an den Unis, sondern schon im Kindergarten für eine Karriere beim Militär geworben…

Nun ist (DDR-)Geschichte natürlich nicht gerade mein Kernthema (dafür haben wir auf den ScienceBlogs “Zeittaucher” Christian Jung), da wir aber gerade 20. Jahre Deutsche Einheit gefeiert haben, finde ich es nicht verkehrt, wenigstens an diesen kleinen, oft vergessenen Aspekt der DDR-Geschichte zu erinnern – was ich dank der antiquarischen Sammelwut meiner Frau sogar mit Original-Scans tun kann…

Das Leben im Kindergarten bereitet die Erziehung sozialistischer Menschen vielfältig vor. […] So steht das Singen im Dienste der sozialistischen Erziehung unserer Kinder.”

– Aus dem Vorwort von des Liederbuchs “Sputnik, Sputnik, kreise…”

“Hör ich die Soldaten singen, lass ich all mein Spielzeug stehn…”

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“Und greift uns jemand an, so hat er nichts zu lachen…”

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“Und wenn ich erst groß bin, werd auch ich Soldat…”

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Und noch ein Fund auf youTube zum Mitsingen…

Darf in einem Liederband für 3-5jährige nicht fehlen: “Brüder, zur Sonne, zur Freiheit”

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Vorbereitung auf die Pionierzeit: “Muss es gleich der Mutti sagen…”

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Tag der Republik: “Seht die großen Fahnen wehen, leuchtend Rot im Sonnenschein…”

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Alle Beispiele (und da gäbe es noch einige mehr) stammen aus:

Sputnik, Sputnik, kreise – Ein Liederbuch für die Vorschulerziehung; herausgegeben von Fritz Bachmann, Eva Smolik und Siegfried Bimberg, VEB Friedrich Hoffmeister, Leipzig, 1975.

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Kommentare (12)

  1. #1 maxfoxim
    9. Oktober 2010

    die sozialistische Deutsche Arbeiterjugend und die linken sind ja nur sauer das sie nicht mehr entscheiden dürfen wo die Panzer stehen und auf wen man schießen darf 😉

    ähnlich sieht das ja auch aus mit der Kritik am Verfassungsschutz oder Google Streetview 😉

  2. #2 Alex
    9. Oktober 2010

    Wobei “Brüder, zur Sonne, zur Freiheit” nicht so recht in diese Liste passen will. Wenn (und ich schreibe bewusst wenn) andernorts vom Bürgertum beklagt wird, dass niemand mehr “Wanderers Nachtlied” kennt, müsste das eigentliche genauso für eines der prägenden Lieder der Arbeiterbewegung gelten (das darüber hinaus von beiden deutschen Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts missbraucht worden ist).

  3. #3 Georg Hoffmann
    9. Oktober 2010

    Natuerlich war ich auch bei den Ostermaerschen dabei und trotz sicher ueberbordender Jugend und trotz Sabine (hach …) habe ich es doch als störend vermerkt, dass da immer die DKP Kasetten mit Soldatenliedern der Volksarmee verkauft hat. Aber dann ging Sabine auch schon weiter …

  4. #4 Randifan
    10. Oktober 2010

    Die Heuchelei mancher linker Gruppe ist wirklich so groß, dass ich mich frage, wie die solche pazifistischen Sprüche über die Lippen bringen können, ohne dabei rot zu werden.

    “über 40 Jahre lang der friedlichere Teil Deutschlands”
    1968 wäre die NVA fast in die Tschechoslowakei einmarschiert.

  5. #5 ute
    10. Oktober 2010

    Das kommt einem bekannt vor. Ich bin Krippenerzieher in der DDR gewesen und mit diesem Buch haben wir schon bei den ganz kleinen viel gemacht. und meine Kinder hatten natürlich dieses Buch in der Schule. Es werden immer mehr Dinge von “damals” herausgekramt. Das ist gut, manche vergessen so schnell.

  6. #6 Dr. Webbaer
    12. Oktober 2010

    @Georg Hoffmann

    war ich auch bei den Ostermaerschen dabei und … habe ich es doch als störend vermerkt, dass da immer die DKP Kasetten mit Soldatenliedern der Volksarmee verkauft hat.

    Bemerkenswert, aber: Biegsamkeit passt zu Ihnen!

    Der Webbaer hat seinerzeit auch die eine oder andere Inkonsistenz festgestellt, lustig auch immer die jungen Genossen, die für einige Wochen in die DDR zur ideologischen Festigung oder Ausbildung mussten – und, ob jetzt angelernt oder nicht, bspw. mit wüsten Thesen über AIDS aufwarteten oder behaupteten, dass es das gesamte Parteienspektrum der BRD auch in der DDR gebe, darum eben auch Meinungsvielfalt.

    Friedensbewegt waren die durch die Reihe, auch Honnie und die DDR-Spitzenkräfte hatten das Wort Frieden so im Mund wie mancher der jungen Studis seine Roth-Händle, Wb sich damals gemerkt haben: Wer viel von Frieden spricht, will keinen.

    Politisch war das Abgeigen der DDR Ende 1989/Anfang 1990 eine schöne Sache, weniger wegen des Sachverhalts selbst, Wb hierzu keine besondere Bindung haben, aber wegen des seinerzeitigen Abschmelzens linker Überzeugungen. Da konnte man gut zuschauen. – Merkwürdig wie der Rechtsnachfolger der Mauermörderpartei in Doitschland wieder so gut positioniert ist, gell?

    MFG
    Wb

  7. #7 thom
    12. Oktober 2010

    @ Randifan
    Die Heuchelei mancher linker Gruppe ist wirklich so groß ….
    1968 wäre die NVA fast in die Tschechoslowakei einmarschiert.

    Nun, ist Sie aber nicht, im Gegensatz zur Bundeswehr im sogenannten Rechtsstaat.
    Auch hier und heute dürfen sich viele die Jacke der Heuchelei anziehen, egal welchem angeblichen Spektrum Sie angehören.

    Ja und mir geht das angeblich kritische Zeigen auf vergangenes bisweilen arg auf den Keks, denn vergessen wird dabei immer die Kritik des aktuellen. So notwenig es ist, Geschichte aufzuarbeiten und sich daran zu erinnern, so notwenig ist es auch, ohne Scheuklappen durch die Gegenwart zu laufen.

    @Webbaer, Mauermörder saßen auf beiden Seiten, schon vergessen oder nur selektiv wahrgenommen ? Sicher mit unterschiedlicher Motivation und unterschiedlichen Zielen.
    Ich tu mal die gleiche Keule raus, CDU als Sammelbecken der NSDAP ?

    Mit dem dicken Finger zeigen und selbst im Dreck stehen.

    Zum Artikel selbst, ordentlich und angebracht.
    Angenehmen Tag noch.

  8. #8 Christian Reinboth
    15. Oktober 2010

    @thom:

    Ich tu mal die gleiche Keule raus, CDU als Sammelbecken der NSDAP ?
    Mit dem dicken Finger zeigen und selbst im Dreck stehen.

    Zum Verbleib ehemaliger NSDAP-Mitglieder in der CDU gibt es sicher Kritisches zu sagen (Stichwort: Filbinger), eins sollte man dabei aber nicht vergessen: Die CDU ist eben nicht die umbenannte NSDAP, so wie die Linkspartei die – inzwischen nun dreimal – umbenannte SED und damit deren direkte Rechtsnachfolgerin ist, wie die Partei erst kürzlich wieder vor Gericht bestätigte

  9. #9 Dr. Webbaer
    16. Oktober 2010

    @Christian
    IdT ist die rchtliche Nachfolgeschaft belegt. Geht ja auch nichts anders, da die PDS von der SED-Kohle zehrte, der marxistisch-leninistische Gysi, der nun sichtlich gebessert zu den Moderaten unter den LINKEn gehört, hat wohl das Finanzielle seinerzeit zu verantworten.

    Dieses Wissen ist vermutlich gar nicht weit verbreitet in D heutzutage. Immerhin war Gysi kein IM (sondern anderweitig in großer Nähe zur Staatssicherheit). – Wie wäre die deutsche Geschichte nach 1989 gelaufen, wenn der Bursche rechtzeitig hätte vollumfänglich entlarvt werden können, gäbe es dann eine demokratisch tolerierbare Nachfolgepartei? Vermutlich nicht. Gysi hat also Großes geleistet.

    MFG
    Wb

  10. #10 Pete
    24. Oktober 2010

    Da soll es auch noch ein Kinderlied namens “Mein Bruder ist Soldat” (Regieanweisung: Heiter und beschwingt singen!) geben.
    Und die Lieder, die hier aus Platzgruenden nicht aufgefuehrt wurden…

    Dazu kommt noch etwas in dem “Friedliebenden Staat”, die vormilitaerische Wehrerziehung bis hin zu in Amateurfunkwettbewerben eingebautes KK-Schiessen oder Handgranaten-Zielwurf. Kann man im “Elektronischen Jahrbuch” wunderbar nachlesen.

    Pete

  11. #11 Roettgen
    21. März 2011

    Wenn ihr auf der Suche nach Kinderliedern seit, könnt ihr ja mal bei Sing4kids vorbeischauen. Für mich hat sich der Weg gelohnt!

  12. #12 Hilmar Misch
    Berlin
    25. November 2015

    Hallo Christian,
    ich habe den Artikel gefunden und möchte klar sagen:
    Ja, es gab diese Lieder, aber wenn man das Buch Sputnik anschaut, so ist es wesentlich mehr und läßt sich nicht daruf reduzieren. Den drei Liedern stehen ca. 500 Lieder zu allen Lebensbereichen der kindlichen Entwicklung in je nach Altersgruppe angemessener Singbarkeit und Notierung gegenüber. Eine Erzieherin braucht nur nach Thema, & Alter der Kinder gucken und schon findet sie entsprechende Lieder mit großer Wahlmöglichkeit. Dieses Buch ist von fachleuten nach wissenschaftlichen Kriterien erarbeitet worden. Kurz, soetwas gibt es heute nicht mehr in dieser Qualität. In der Konsequenz wird heute überhaupt nicht mehr an Schulen gesungen, weil niemand mehr weiß, worauf er aufbauen soll und wie das geht. In Kitas werden dann oft Lieder gesungen mit ellenlangen Texten oder nicht altersgemäßen Melodien, die Erwachsene vielleicht lustig finden, aber am Thema vorbei gehen. Das ist sehr schade. Diese paar Lieder da oben kann man getrost rausschmeißen, sie passen nicht mehr in die Zeit. das eine oder andere vielleicht auch noch. Dann bliebe immernoch genug fundiertes Arbeitsmaterial übrig, mit dem eine erzieherin auch heute noch arbeiten kann.
    Ich bin Erzieher mit musikalischem Schwerpunkt und habe nach der Geburt meiner Tochter intensiv recherchiert, wie die musikalische erziehung heute läuft. Das geht in Richtung Musikanten-Stadl für Kinder, grauenhaft. Dabei begann ich, die Musik für Kinder in der DDR mit anderen Augen zu sehen. Man muß schon sehr stark suchen, um heute gute Musik für Kinder zu finden. Ghen sie mal in ein Kaufhaus, grauenhaft! Kinder vom Kleistpark, das sind solche Ausnahmen. Es gibt ein gut recherchiertes Buch zu diesem Thema von Steffi Cleemann “Kinderlieder in der DDR” Noch was, ich bin keine Nostalgiker, aber ich bin Musiker und habe ein besonderes Augenmerk auf Musik für Kinder.