Die Diskussion um die religiöse Beschneidung ist durch Vorurteile und Missinterpretationen erschwert. Es ist an der Zeit, zumindest einige davon aus dem Weg zu räumen und mit etwas Abstand das Thema nüchtern und zur Abwechslung von einem rein juristisch-medizinischen Standpunkt zu betrachten. Ein Gastbeitrag von Dr. Ludwig Klam.



Seit dem Urteil des Landgerichtes Köln zu religiös motivierten Beschneidungen bei männlichen Juden und Muslimen, schlagen die Wellen nicht nur in der Blogosphäre hoch. Während die einen den Exodus jüdischer Gemeinden aus der Bundesrepublik befürchten, sehen andere in dem Urteil eine mehr als willkommene staatliche Grenzziehung im Bereich der religiösen Prägung und Erziehung. Auch hier auf den ScienceBlogs wurde das Urteil mit viel emotionalen Engagement hier bei Florian Freistetter, hier und hier bei Cornelius Courts und hier bei unserem SB-Redaktionschef Jürgen Schönstein diskutiert, wobei das “Urteil zum Urteil” stets positiv ausfiel. Ich freue mich, dass dank eines lesenswerten und umfangreich recherchierten Gastbeitrags von Dr. Ludwig Klam, der als Physiker an der ETH Zürich forscht und vielen hier sicher als gleichnamiger Kommentator bekannt ist, heute auch einmal eine Gegenposition auf den ScienceBlogs zur Diskussion gestellt werden kann. Für eben diese bitte ich schon vorab alle Kommentatorinnen und Kommentatoren um den gleichen ruhigen Tonfall, durch den sich auch der Gastbeitrag auszeichnet. Vielen Dank!



“Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.”
(Voltaire)

Fangen wir an mit den Grundrechten, d.h. mit dem deutschen Grundgesetz.

Zunächst einmal zum häufig missverstandenen Zweck des Grundgesetzes: Denn im Gegensatz zu anderen Gesetzen und Vorschriften die der Staat erlässt um das Zusammenleben zu regeln, formuliert das Grundgesetz in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Das Grundgesetz ist also für uns Bürger gedacht, um uns gegen staatliche Willkür zur Wehr zu setzen – das schliesst sowohl die Exekutive, Legislative als auch die Judikative mit ein. Das de-facto Beschneidungsverbot des Kölner Urteils führt also zu den folgenden zwei Fragen: a) Ist eine Beschneidung aus religiösen Gründen wirklich verfassungswidrig? b) Ist dieses de-facto Beschneidungsverbot ein grundgesetzkonformer Eingriff des Staates in das Leben der Bürger?

In den Medien ist die Meinung ziemlich verbreitet, dass es bei der Beschneidungsfrage einen Grundrechtekonflikt gibt. Die körperliche Unversehrtheit des Kindes auf der einen Seite und die Religionsfreiheit auf der anderen Seite (siehe auch die ScienceBlogs-Artikel hier und hier). Es lohnt sich aber, diesen scheinbaren oder tatsächlichen Grundrechtekonflikt etwas genauer zu beleuchten. Gehen wir einfach die Grundrechte der Reihe nach durch, die bei der Beschneidung eine Rolle spielen können:

Die körperliche Unversehrtheit (GG Art. 2)

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Wir stellen zweierlei fest:

  1. gilt das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht absolut. Genau wie viele andere Grundrechte auch, hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit seine Grenzen – die im Gegensatz zu anderen Grundrechten hier aber explizit durch den Verweis auf Gesetze genannt werden. In einigen Situationen darf der Staat in dieses Recht eingreifen. Beispiele hierfür sind z.B. die Impfpflicht im Seuchenfall (die seit 1983 nicht mehr zur Anwendung kam), eine Zwangs-Blutabnahme von potentiellen Straftätern, etc.
  2. handelt es sich bei GG Art. 2 um ein sog. disponibles Rechtsgut. D.h. die entsprechende Person kann nach freiem Willen über ihre Unversehrtheit entscheiden und auch darauf verzichten. Das setzt natürlich erstmal einen freien Willen voraus (hier ist natürlich nicht die philosophische Diskussion gemeint) – falls dieser noch nicht vorhanden ist oder nicht geäussert werden kann, muss man Gesetze zurate ziehen.

Im Gegensatz zu einigen anderen Grundrechten ist Art. 2 deshalb eher schwach, denn es ist nicht vorbehaltlos und es kann darauf verzichtet werden. Und das ist auch so gewollt, wie sich bei der Diskussion um medizinische Eingriffe zeigen wird.

Das Diskriminierungsverbot (GG Art. 3)

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Dieses Grundrecht ist ein starkes Grundrecht, da vorbehaltlos und nicht disponibel. D.h. selbst wenn es die diskriminierte Person in Ordnung findet, vom Staat benachteiligt zu werden, kann eine Verfassungsbeschwerde eingelegt werden. Was hat dieses Grundrecht nun mit der Beschneidung zu tun?

Das Kölner Urteil hat die Beschneidung aus religiösen Motiven in Deutschland (bis zur neuen gesetzlichen Regelung) zu einer strafbaren Handlung erklärt. Bei der Urteilsbegründung argumentieren die Richter ausschliesslich im Hinblick auf die religiöse Motivation der Eltern. Auch die derzeitig diskutierte Online-Petition zum “Verbot von Beschneidungen bei Minderjährigen” fordert explizit eine Diskriminierung nach religiösen Gründen (deshalb verlinke ich diese darüberhinaus stümperhaft formulierte Petition auch nicht). Eine solche Diskriminierung ist aber laut GG Art. 3 vorbehaltlos verboten.

Die Religionsfreiheit (GG Art. 4)

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Dieses Grundrecht ist ebenfalls ein starkes Grundrecht, denn es ist vorbehaltlos. Natürlich gilt dieses Grundrecht nicht absolut – es findet genau wie die anderen Grundrechte dort seine Schranken, wo andere Grundrechte verletzt werden. Es wird häufig argumentiert, dass dieser Artikel (insbesondere Absatz 1) auch die Freiheit des Nicht-Glaubens schützt. Das ist soweit völlig richtig. Diese sog. “negative Religionsfreiheit” stünde dann aber laut weiterer Argumentation auf Seiten des Kindes und man müsste dann das Kind deshalb vor jeglichem religiösem Einfluss schützen, damit es später selbst eine unbeeinflusste Entscheidung treffen könne. Das ist aus verfassungsrechtlicher Sicht falsch: Eine solche “negative Religionsfreiheit” ist reine Unterstellung und Spekulation.

Das Fürsorgepflicht der Eltern (GG Art. 6)

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

Bei diesem Grundrecht wird wieder explizit eine Beschränkung genannt, nämlich das sog. Wächteramt des Staates. Allerdings ist Art. 6 nicht disponibel: Die Eltern haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen. Dieses Grundgesetz ist auch der Grund dafür, dass es keine “negative Religionsfreiheit” geben kann: Wie sollen die Eltern ihre Kinder pflegen und erziehen und dabei vor jeglichem religiösem Einfluss schützen (auch gegen die eigene Überzeugung der Eltern)?

Wie man sieht sind also mehr Grundrechte betroffen, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Dabei stellt Georg Neureither im Verfassungsblog – an dessen Argumentation ich mich hier anlehne – zurecht fest: “Interessant ist dabei, dass sich in der Diskussion durch das Hinzutreten der Religion die Dinge eher gegen die Eltern wenden als zu ihnen, obwohl sie mit Art. 4 I, II GG nun ein weiteres Grundrecht an ihrer Seite haben, und noch dazu ein „starkes”, weil vorbehaltloses. Das ist zumindest kontraintuitiv.”

Mir scheint das noch sehr vorsichtig formuliert zu sein, denn aus keinem einzigen der diskutierten Grundrechte lässt sich direkt ableiten, dass die Beschneidung von Jungen verfassungswidrig wäre – im Gegenteil: Das Diskriminierungsverbot, die Religionsfreiheit und die Fürsorgepflicht der Eltern sprechen alle dafür, dass sich der Staat aus der Beschneidungsfrage heraushalten und die Entscheidung den Eltern überlassen sollte. Auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist direkt jedenfalls nicht anwendbar, da die Eltern im Rahmen der Fürsorgepflicht für die Kinder Entscheidungen treffen. Trotzdem dürfen Eltern natürlich nicht alles mit ihren Kindern machen, was sie wollen. Auch hier gibt es Grenzen. Aber diese werden durch Gesetze (und nicht durch das Grundgesetz) geregelt. Deshalb soll es im Folgenden darum gehen, wann Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit von Kindern erlaubt sind, und wann nicht. Denn das ist die alles entscheidende Frage.

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Die Göttin Justitia in einer Darstellung von Marten van Heemskerck aus dem 16. Jahrhundert. Welche Interpretation der Augenbinde hatte der Künstler wohl im Sinn, als er dieses Kunstwerk schuf? (Quelle: Wikipedia)

Wie argumentieren die Ärzte?

Im Folgenden fasse ich die relevante Argumentation aus zwei Artikeln im Ärzteblatt zusammen. Ich empfehle insbesondere den kürzeren Artikel (hier der längere). Zuerst möchte ich die offengebliebene Frage beantworten, warum der körperlichen Unversehrtheit im Grundgesetz eine so restriktive Rolle zukommt. Die Antwort ist einfach: Jeder medizinische Eingriff ist eine Körperverletzung:

Die Rechtsprechung zum Heileingriff, der ärztlichen Aufklärung und der Patienteneinwilligung ist äußerst komplex (1-25). Ausgehend von der Auffassung des Reichsgerichtshofs aus dem Jahre 1894 (RGSt 25, 375) und der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHSt 35, 246) stellt jeder ärztliche Heileingriff tatbestandlich eine Körperverletzung dar im Sinne der §§ 223 ff. StGB; 823 I BGB.

Ja sogar diagnostische Eingriffe und auch das Haareschneiden/Rasieren sind eine Körperverletzung und damit ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Machen sich jetzt alle Ärzte in Deutschland strafbar? Nein, natürlich nicht. Dass jeder ärztliche Eingriff eine Körperverletzung darstellt ist einfach nur Terminologie. Die Strafbarkeit von Körperverletzungen wird nämlich separat geregelt. Sobald eine Einwilligung des Patienten vorliegt, macht sich der Arzt nicht strafbar (abgesehen von Ausnahmen, die uns jetzt nicht interessieren). Das ist genau der Grund, warum das Recht auf körperliche Unversehrtheit ein “disponibles Rechtsgut” ist – wäre es das nicht, dann wäre jeder ärztliche Eingriff verboten. Nun sind aber Kinder noch nicht einwilligungsfähig (die Altersgrenze liegt ungefähr bei 14 Jahren) – und trotzdem müssen die Haare geschnitten werden, ärztliche Vorsorgeuntersuchungen gemacht werden, prophylaktische Massnahmen ergriffen werden oder sogar in Notfällen sofort behandelt werden. In all diesen Fällen sind die Eltern entscheidungsberechtigt.

Ihre Einwilligung ist gemäß § 1627 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs allerdings daran gebunden, dass die Personensorge „zum Wohl des Kindes” ausgeübt wird, andernfalls sind die Personensorgeberechtigten nicht dispositionsbefugt. Damit eine Entscheidung im „Wohl des Kindes” liegt, muss sie seinen Interessen entsprechen, vereinfacht formuliert: vorteilhaft sein. Sind mit einer Maßnahme auch Nachteile verbunden, müssen sie von den Vorteilen überwogen werden. Letztlich läuft alles auf eine Güterabwägung hinaus.

Daher stammt also das vielzitierte “Wohl des Kindes”. Und jetzt ergibt sich auch ein konsistentes Bild, warum die in diesem Zusammenhang immer wieder erwähnte weibliche Genitalverstümmelung sowie die Prügelstrafe verboten sind: in beiden Fällen überwiegen eindeutig die Nachteile. Und wenn die Nachteile überwiegen, dann kann eine Massnahme nicht dem Wohl des Kindes dienen und die Eltern dürfen auch nicht darüber entscheiden. Diese Überlegungen haben aus ärztlicher Sicht nichts mit einem Grundrechtekonflikt oder mit “praktischer Konkordanz” zu tun. Es geht einzig und alleine um eine Abwägung der medizinischen Vor- und Nachteile einer Beschneidung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Soviel zum unbestrittenen Argumentationspfad. Als nächstes muss nun bestimmt werden, wie die Abwägung bei einer Beschneidung ausfällt. Denn prinzipiell ist eine Beschneidung aus ärztlicher Sicht auch nicht anders zu werten als das Entfernen von Rachen-Mandeln, das Operieren von Nasen-Polypen, das Impfen oder das verordnen von Zahnspangen. Es sind alles Eingriffe/Körperverletzungen, die im nicht-einwilligungsfähigen Alter nur durchgeführt werden dürfen, wenn der Eingriff vorteilhaft für das Kind ist. Ob es sich dabei um eine akute Massnahme handelt, ob der Eingriff erst später seine vorteilhafte Wirkung entfaltet, ob die Massnahme prophylaktisch ist, oder ob der Eingriff nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Vorteile/Nachteile bringt, spielt alles überhaupt keine Rolle. Ausserdem ist das “Kindeswohl” meiner Meinung nach auch nicht wortwörtlich zu verstehen. Es geht hier nicht darum, nur Eingriffe zuzulassen, die dem Kind im Kindesalter zugute kommen. Vielmehr ist das Kindeswohl so zu verstehen, dass der Eingriff der Person zugute kommt, die zur Zeit des Eingriffs noch ein Kind ist. So verursachen Zahnspangen im Kindesalter nur Schmerzen – die Vorteile entfalten sich hingegen erst überwiegend im Erwachsenenalter. Trotzdem wird wohl niemand bestreiten, dass die Zahnspange dem Kindeswohl dient.

Der kurze Artikel im Ärzteblatt, wie auch die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie oder die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin kommen alle zum Ergebnis, dass die Nachteile schwerer wiegen als die Vorteile. Auf eine Begründung durch Berufung auf die Fachliteratur wird in so gut wie allen Stellungnahmen vollständig verzichtet. Falls die Einschätzung der zitierten Verbände und Vereine stimmt (und die Nachteile wirklich so schwerwiegend sind, wie dargestellt), dann sollte die prophylaktische Beschneidung (egal aus welchen Motiven) vom Gesetzgeber verboten werden – und zwar genauso wie die Prügelstrafe auch. Denn Massnahmen, die dem Kind schaden, sollten unter keinem Vorwand legitimiert werden. Zumindest dann nicht, wenn unsere oberste Priorität dem Kindeswohl gilt.

Wie argumentieren die Kölner Richter?

Das Kölner Urteil ist hier nachzulesen – und sollte auch für jeden nach der obigen Einführung einigermassen verständlich sein. Leider wird es viel zu häufig in den Medien völlig falsch zitiert. So titelten z.B. verschiedenste Zeitungen, dass laut Kölner Urteil, die Beschneidung Körperverletzung sei. Inzwischen wissen wir es aber besser als die Medien: Jeder medizinische Eingriff ist eine Körperverletzung – deshalb kann die Aussage des Kölner Urteils gar nicht so gelautet haben – oder etwa doch?

Auf den Verbotsirrtum des Arztes und den damit verbundenen Freispruch, den konkreten Fall (von einem Arzt lege artis durchgeführte Beschneidung auf Wunsch muslimischer Eltern mit anschliessender Komplikation), etc. will ich gar nicht eingehen, dazu kann man entweder gleich das Urteil lesen, oder die vielen Artikel in den Medien. Interessant ist eigentlich die allesentscheidende Frage, wie das Kölner Gericht die Abwägung zum Kindeswohl vornimmt – dazu schweigen sich nämlich die Medien aus.

Leider findet man zu dieser zentralen Frage nur zwei kurze Textstellen im Urteil. Die erste ist eine einleitende Anmerkung

Außerdem besteht – so der Sachverständige – jedenfalls in Mitteleuropa keine Notwendigkeit Beschneidungen vorbeugend zur Gesundheitsvorsorge vorzunehmen.

die nur Vermutungen über die Abwägung zulässt (sind nicht-notwendige gesundheitliche Vorbeugemassnahmen zwangsweise schädlich für das Kindeswohl?) und die zweite Stelle beginnt folgendermassen:

Eine Einwilligung der Eltern lag vor, vermochte indes die tatbestandsmäßige Körperverletzung nicht zu rechtfertigen.

Hier erwartet man jetzt – wie oben ausgeführt – eine medizinische Begründung, stattdessen liest man aber:

Nach wohl herrschender Auffassung in der Literatur (vgl. Schlehofer […]; Lenckner/Sternberg-Lieben […]; Jerouschek […]; wohl auch Exner a.a.O.; Herzberg a.a.O.; Putzke a.a.O.) entspricht die Beschneidung des nicht einwilligungsfähigen Knaben weder unter dem Blickwinkel der Vermeidung einer Ausgrenzung innerhalb des jeweiligen religiös gesellschaftlichen Umfeldes noch unter dem des elterlichen Erziehungsrechts dem Wohl des Kindes.

Ob das “wohl” in “Nach wohl herrschender Auffassung […]” Unsicherheit ausdrücken soll, kann ich als Laie nicht beurteilen – befremdlich klingt es aber schon, wenn sich die Richter nicht ganz sicher sein sollten, ob das wirklich die herrschende Auffassung in der Literatur ist. In dem Fall wäre – zumindest im Hinblick auf die Tragweite des Urteils – eine ausführlichere Literatursuche wohl nicht zuviel verlangt gewesen. Wie dem auch sei: Statt einer medizinischen Abwägung werden nur soziokulturelle Gründe zitiert. Was ist aber mit medizinischen Vor-/Nachteilen? Spielen die etwa bei der Beurteilung von Operationen keine Rolle?

Da ich mir selbst keine Bewertung des Urteils anmasse (obwohl mir die Texte von Putzke bekannt sind), möchte ich im Folgenden die mir recht plausibel erscheinende Kritik von Beulke und Dießner an dem Urteil (bzw. der dort übernommenen Argumentation aus der zitierten Literatur) zusammenfassen:

  • Das Kölner Gericht ignoriert die Gegenposition in der Fachliteratur – vertreten durch die Autoren Rohe, Zähle, Schwarz, Fateh-
    Moghadam, Valerius und Schramm. (Wer interessiert ist, dem empfehle ich den ausführlichen Artikel von Fateh-Moghadam.)

  • Dem Autor Putzke wird Willkür bei seiner Nutzen-/Schadens-Bilanzierung vorgeworfen.
  • Jerouschek wird vorgeworfen, den de-facto Verfassungsrang des Kindeswohls nicht zu berücksichtigen.
  • Scharfe Kritik wird an Herzberg adressiert:

    Würde der Gesetzgeber insoweit Vorschriften erlassen, würde er das Gebot religiöser Neutralität verlassen und sich zum Religionsgelehrten aufschwingen. Als Beispiel dafür, was einen dann erwarten würde, seien die Äußerungen Herzbergs[76] genannt, der sich zu Überlegungen verleiten lässt, auf welche Weise das Judentum bzw. der Islam die aus seiner Sicht gebotene Wartezeit bis zur selbstbestimmten (Verweigerung der) Beschneidung überbrücken könnte.[77]

  • Den zitierten Autoren wird vorgeworfen, sich auf unbegründete Behauptungen zu stützen:

    Die von Putzke, Herzberg, Schlehofer, Sternberg-Lieben und Jerouschek behauptete Pflicht der Eltern, von unumkehrbaren, mit körperlichen Auswirkungen behafteten Bekenntnissen bis zum Eintritt der Einwilligungsfähigkeit des Knaben Abstand zu nehmen, lässt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht begründen und auch dem einfachen Recht nicht entnehmen. Im Übrigen würde eine solche Verpflichtung in das durch die Eltern bis zum Erreichen der Religionsmündigkeit fiduziarisch ausgeübte Recht des Kindes auf ungestörte Religionsausübung eingreifen, also – aus grundrechtsdogmatischer Sicht – nicht weniger eingriffsintensiv sein.

Das Fazit von Beulke und Dießner zum Kölner Urteil und der darin zitierten Literatur fällt vernichtend aus. Offensichtlich wird ein Zirkelschluss begangen (der in den Medien breitgetreten wird, wie weiter oben angesprochen):

Liest man die Veröffentlichungen zu dem Thema, so fühlt man sich an die Worte „Rose is a rose is a rose is a rose” von Getrude Stein erinnert: Weil die Beschneidung eine Verletzung des Körpers darstellt, ist die Einwilligung in die Körperverletzung unwirksam und die Körperverletzung damit strafbar. Wie gezeigt worden ist, ist es so einfach nicht. Die Entscheidung des LG Köln ist zunächst einmal eines: ärgerlich.

Diese Kritik – unter anderem auch an dem Freispruch und der damit verbundenen Unmöglichkeit der weiteren Klärung durch das Bundesverfassungsgericht – ist auch in zahlreichen juristischen BlogArtikeln nachzulesen. Schliesslich gipfelt die Kritik im Vorwurf “Fiat iustitia, et pereat mundus!”, auf Deutsch etwa “Es soll Gerechtigkeit geschehen, und gehe die Welt darüber zugrunde”.

Was sagt die medizinische Forschung?

Um sich einen kleinen Überblick über den Stand der Forschung zu einem Thema zu verschaffen in dem man sich überhaupt nicht auskennt, kann man erstmal eine kleine Literatursuche empfehlen. Google Scholar ist dazu hervorragend geeignet und wird auch in vielen Fällen als zusätzliches Tool bei der wissenschaftlichen Literatursuche benutzt, da spezialisierte Suchmaschinen z.T. einige relevante Artikel nicht/noch nicht auflisten. Um nicht alle 16000 aufgelistete Artikel zu “circumcision” durchzugehen, sollte man die Suche etwas einschränken. Z.B. mit den Suchbegriffen “male circumcision” “systematic review”, die Suche auf aktuelle Artikel beschränken (z.B. ab 2008) und die Patente und Zitate ausschliessen. Laut den Abstracts der ersten 5 Seiten, finden sich 23 Arbeiten, die den gesundheitlichen Vorteil durch Beschneidung hervorheben und 21 Arbeiten, die sich nicht dazu äussern. Arbeiten, die einen Nachteil für Beschnittene sehen, finden sich überhaupt nicht – selbst wenn man noch weitere 10 Seiten anhand der Titel überfliegt, taucht keine beschneidungskritische Arbeit auf.

Dabei habe ich sehr strenge Kriterien angelegt: Sobald eine Arbeit zwar Vorteile der Beschneidung benennt, aber noch weiteren Forschungsbedarf sieht um eine Empfehlung auszusprechen, habe ich die Arbeit zu der zweiten Gruppe gezählt.

Natürlich behandeln die meisten Arbeiten in dieser groben Suche sehr verschiedene Themen. Deshalb ist es sinnvoll die Literatursuche weiter einzuschränken und z.B. nach Reviews zu suchen, die das genaue Thema behandeln, nämlich die medizinischen Vor-/Nachteile der prophylaktischen Beschneidung von Jungen in entwickelten Ländern. Dazu findet man die folgenden aktuellen Reviews in der Literatur, die ich nun im Einzelnen durchgehen möchte:

(Anmerkung: Ich stütze mich deshalb ausschliesslich auf Reviews, weil sie den Stand der Wissenschaft zu einem Thema zusammenfassen und bewerten.)

Robert S. van Howe, “How the circumcision
solution in Africa will increase HIV infections”

Auch wenn man schon am Titel erkennt, dass dieser Review nicht wirklich die oben genannten Such-Kriterien erfüllt (es geht nur um den Teilaspekt HIV und es geht um Afrika und nicht um entwickelte Länder), wollte ich trotzdem einen beschneidungskritischen Review/Autor in diese Liste aufnehmen, u.a. auch, weil van Howe anscheinend ein ziemlich prominenter Gegner der Beschneidung zu sein scheint – zumindest hat er in einem Beitrag für die Nature Publishing Group einen Viewpoint zu diesem Thema verfasst. Wie dem auch sei, eine qualitativ hochwertige Zusammenfassung zum Thema Beschneidung findet man von ihm jedenfalls nicht.

Van Howe behauptet in seinen Arbeiten folgendes:

  • Die Beschneidung sei nicht kosteneffektiv.
  • Sanftere Behandlungsmethoden seien der medizinisch indizierten Beschneidung bei Vorhautverengungen vorzuziehen.
  • Die in der Fachliteratur diskutierten Vorteile seien nicht vorhanden.
  • Eine Beschneidung wirkt sich negativ auf das sexuelle Empfinden und die Funktion aus.
  • Das Wissen um die Vorteile der Beschneidung fördere riskanteres Sexualverhalten.
  • Die Komplikationsrate bei Beschneidungen sei aussergewöhnlich hoch. “Phimose (1-2%)” wird u.a. als Komplikation einer Beschneidung angegeben.
  • HIV würde in Afrika vornehmlich durch Ärzte übertragen.

Ich denke nicht, dass man zu den Punkten etwas sagen muss, denn zu jedem einzelnen existiert eine Fülle von medizinischer Fachliteratur inklusive Reviews, die von van Howe nur äusserst selektiv und sparsam zitiert wird, – abgesehen natürlich von den letzten beiden absurden Punkten, bei denen es einem auch als Laien die Sprache verschlägt.

Niederschmetternde Kritik zu van Howes Review findet man aber gleich in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift hier und hier. Auch interessant ist die Abbildung 1 in van Howes Review, die wegen fehlender Skalierung der Achsen komplett leer ist – man fragt sich wirklich, wie es eine solche Arbeit durch den Peer-Review schafft: es sind ja nicht einmal formale Mindeststandards erfüllt.

Caryn L. Perera et al., “Safety and Efficacy of Nontherapeutic Male Circumcision: A Systematic Review” (2010)

Auch wenn der Titel dieses Reviews recht vielversprechend ist, erfüllt er nicht die Erwartungen. In diesem Review wird die Literatur nach sehr strengen Regeln durchfiltert, so dass von 1200 Studien nur noch 8 Studien in die engere Auswahl genommen werden. Themen dieser 8 Studien sind hauptsächlich HIV-Prävention durch Beschneidung in Afrika (3 Studien), das sexuelle Risikoverhalten (1 Studie), die sexuelle Befriedigung und Funktion (1 Studie) und weitere Studien zur Sicherheit der Beschneidung und dem Schmerzempfinden. Das Fazit aus diesen Studien lautet gemäss Review:

  • Schwere Komplikationen infolge von Beschneidungen sind selten. Insbesondere wird von keinen Todesfällen berichtet.
  • Genitalgeschwüre sind bei Beschnittenen signifikant seltener als bei Unbeschnittenen.
  • Beschnittene Männer in einigen afrikanischen Ländern stecken sich signifikant seltener mit HIV an.
  • Die Beschneidung erwachsener Männer beeinflusst nicht die sexuelle Befriedigung und Funktion.

Ausserdem zweifeln die Autoren daran, dass die Ergebnisse aus den Studien zur HIV-Prävention der Beschneidung auf andere Länder übertragbar sind. Unklar sei auch, ob die Beschneidung von Erwachsenen zu einem Rückgang sexuell übertragbarer Krankheiten, Harnwegsinfektionen und Peniskrebs führt. Die Autoren empfehlen keine umfassende prophylaktische Beschneidung Neugeborener, weil die Studienlage dazu zu dürftig sei.

Die letzten zwei Aussagen führten zu heftigem Widerspruch in den Kommentaren zu diesem Review. Denn die strengen Anforderungen an das Studiendesign sind aus ethischen Gründen nur schwer zu erfüllen. Ausserdem wird den Autoren vorgeworfen, einige Studien nicht zu zitieren (“Cherry-picking”). Problematisch in diesem Zusammenhang ist wohl auch die Aktualität: Die Autoren haben in dem 2010 publizierten Review nur Literatur bis zum Jahr 2008 berücksichtigt. Inzwischen hat sich die Studienlage aber dramatisch verändert was unter anderem daran auffällt, dass in vielen der Kommentare deutlich mehr Zitate enthalten sind als im Review selbst, der es nur auf lausige 29 Zitate bringt. So wird z.B. ein Cochrane Review (das ist eine qualitativ besonders hochwertige Arbeit) von 2009 zu dem Thema nicht zitiert. Damit ist dieser Review bereits bei dessen Publikation veraltet gewesen.

Brian J. Morris et al., “Infant male circumcision: An evidence-based policy statement” (2012)

Dieser Review ist mit Abstand der aktuellste, vollständigste und umfassendste zur prophylaktischen Beschneidung von Jungen. Eine themenspezifische Suche auf PubMed liefert diesen Review als inhaltlich einzigen passenden Treffer in einer überschaubaren Liste. Natürlich gibt es noch weitere detailliertere Reviews zu Einzelaspekten der Beschneidung, diese werden aber a) alle im Morris-Review zitiert und kommen b) alle bis auf ganz wenige Aussnahmen zum gleichen Fazit. Die knapp 200 zitierten Fachpublikationen zeugen ebenfalls von der Qualität des Reviews. Es wird die gesamte relevante Literatur zum Thema nach einem standardisiertem Verfahren bewertet und übersichtlich dargestellt. Es werden die Vorteile und Risiken der Beschneidung gegenübergestellt und quantitativ bewertet. Zusätzlich wird auch noch ein Mass für die Verlässlichkeit der gemachten Aussagen angegeben. Der Review zitiert nicht nur einseitig Fachpublikationen die die prophylaktische Beschneidung befürworten oder kritisieren, sondern berücksichtigt beides und deckt von den Themen alles ab, was bisher in der Literatur diskutiert wurde (ca. 15 Krankheiten, Kosteneffektivität, Hygiene, sexuelle Empfindsamkeit/Befriedigung/Funktion, Beschneidungstechniken, Betäubung, Komplikationen und ethische Gesichtspunkte).

Eigentlich sollten das alles Selbstverständlichkeiten für einen Review sein – wie man aber an den obigen (z.T. abschreckenden) Beispielen sieht, ist dem leider nicht so.

Eine praktische und allgemeinverständliche Zusammenfassung der Fachliteratur findet sich in Tabelle 1. Laut dieser Tabelle sind die Vorteile der prophylaktischen Beschneidung laut Fachliteratur überwältigend. Greift man sich die relevantesten Vorteile der Beschneidung heraus, so vermeiden

  • 4 Beschneidungen einen Fall von Harnwegsinfektion
  • 10 Beschneidungen einen Fall von Candidiasis
  • 6 Beschneidungen einen Fall von Prostatakrebs
  • 10 Beschneidungen einen Fall von Balanitis
  • 10 Beschneidungen einen Fall von Phimose
  • 2 Beschneidungen einen Fall von hoch-risiko HPV
  • 5 Beschneidungen einen Fall von Genitalherpes

während die Risiken nahezu vernachlässigbar sind.

Interessant ist auch, dass das sonst in der Diskussion so dominante Thema HIV und Peniskrebs in entwickelten Ländern den mit Abstand unbedeutendsten Grund darstellt, Jungen zu beschneiden.

Das Fazit des Reviews lautet:

MC [Anm.: Male circumcision] has no adverse effect on sexual function, sensitivity, penile sensation or satisfaction and may enhance the male sexual experience. Adverse effects are uncommon (<1%), and virtually all are minor and easily treated. For maximum benefits, safety, convenience and cost savings, MC should be performed in infancy and with local anesthesia. A risk-benefit analysis shows benefits exceed risks by a large margin. Over their lifetime up to half of uncircumcised males will suffer a medical condition as a result of retaining their foreskin. The ethics of infant MC and childhood vaccination are comparable. Our analysis finds MC is beneficial, safe and cost-effective, and should optimally be performed in infancy.

Fazit

Die Argumentation aus Sicht der Ärzte, sowie die wissenschaftliche Fachliteratur und damit der Standpunkt der Evidenzbasierten Medizin wird in der öffentlichen Diskussion zur Beschneidungsfrage so gut wie komplett ignoriert. Dabei dient laut Fachliteratur die prophylaktische Beschneidung eindeutig dem Kindeswohl. Und damit haben sich auch alle juristisch komplizierten Argumente erledigt, die für den Fall zu berücksichtigen wären, dass es keinen Konsens in der Fachliteratur gäbe, dass die Beschneidung aus medizinischer Sicht kindeswohlneutral wäre oder eine (leicht) negative Bilanz vorweisen würde. Nur in diesen Fällen müsste nämlich tatsächlich das Kindeswohl (dem Verfassungsrang zukommt) in praktischer Konkordanz mit dem Recht auf Religionsfreiheit und der Fürsorgepflicht der Eltern gebracht werden.

Ein Blick in die medizinische Fachliteratur verrät aber, dass dies nicht notwendig ist, da die überwältigende Mehrheit der Publikationen die prophylaktische Beschneidung als positiv zu bewertende Gesundheitsmassnahme sieht. Und Eltern die sich für eine lege artis ausgeführte Massnahme entscheiden, die dem Kindeswohl dient, ist kein Vorwurf zu machen. Egal ob die Eltern nun religiöse, ästhetische, traditionelle oder einfach nur medizinische Motive angeben: was dem Kindeswohl dient, kann nicht verboten sein.

Disclaimer

Nachdem ich in Diskussionen zu diesem Thema immer wieder gefragt wurde hier meine persönliche Ansicht: Ich selbst würde Kinder aus den gleichen Gründen wie Jürgen Schönstein nicht beschneiden lassen – auch wenn die wissenschaftliche Evidenz absolut überzeugend ist. Aber das wäre meine private (und meinetwegen irrationale) Entscheidungen, und diese sollte man nicht dazu missbrauchen um sich den Stand der medizinischen Forschung so zurechtzubiegen, dass er das persönliche Weltbild befriedigt. Kurz: Ich bin absolut gegen die Beschneidung von Kindern – setze mich aber trotzdem dafür ein, dass Eltern die Wahlfreiheit haben, solange die Fachliteratur auf ihrer Seite ist.

Soviel zum Eingangszitat von Voltaire…

Kommentare (776)

  1. #1 Yvonne Treis
    31. August 2012

    Ganz herzlichen Dank fuer diesen gut recherchierten, sehr informativen und unaufgeregten Artikel! Sehr empfehlenswert.

  2. #2 Jochen
    31. August 2012

    Die Betrachtung aus medizinischer Sicht ist die einzig richtige.
    Allerdings komme ich bei Abwägung der mir vorliegenden Fakten auf ein völlig anderes Ergebnis. “Die prophylaktische Beschneidung als positiv zu bewertende Gesundheitsmassnahme” anzusehen, finde ich mehr als zweifelhaft. Für mich liefert der Artikel daher genau das Argument, warum man die Beschneidung untersagen sollte.

  3. #3 Schmidts Katze
    31. August 2012

    Das Fazit “Dabei dient laut Fachliteratur die prophylaktische Beschneidung eindeutig dem Kindeswohl.” stützt sich wohl ausschließlich auf das Review von Brian J. Morris et al. aus dem “Open Journal of Preventive Medicine”.

    Leider wird hier die Beschneidung von Kindern nur mit der Nicht-Beschneidung verglichen, und nicht mit der Beschneidung von einwilligungsfähigen Volljährigen.
    Die Argumentation ist daher völlig wertlos.

  4. #4 EvenSteven
    31. August 2012

    Endlich mal eine nicht-emotionsschwangere Betrachtung zum Thema Beschneidungen auf den ScienceBlogs. Ich würde eine Beschneidung für meine Kinder zwar auch ablehnen, sehe aber auf Basis der hier zitierten medizinischen Beurteilungen keinen Grund, warum man dies anderen Eltern unbedingt verbieten müsste.

  5. #5 Schmidts Katze
    31. August 2012

    @ EvenSteven,

    wie fändest du folgende Formulierung:
    “Ich würde eine Beschneidung für mich zwar auch ablehnen, sehe aber [ … ] keinen Grund, warum man andere (Kinder) davor schützen müsste.”

  6. #6 dickesB
    31. August 2012

    Wie bitte? Eine Verstümmelung „aus ästhetische… Gründe(n)“ liegt im Kindeswohl? Ein Hund darf zu Recht nicht kupiert werden aber ein Menschenkind. Und der medizinische Vorteil liegt gerade nicht auf der Hand; sexuell übertragbare Krankheiten einem Kleinkind sind wohl fast auszuschließen, für Erwachsene dürfte das Kondom Mittel der Wahl sein. Und die unterschiedliche Anzahl der Häufigkeit des Peniskarzinom geht ja schon ins statistische Rauschen. Wie Sie richtig erkannt haben, sind die Grundrechte in erster Linie Abwehrrechte des Individuums, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ist kein schwaches Recht auch wenn es per Gesetzt eingeschränkt werden darf. Die gesetzliche Rechtfertigung des Eingriffs bedarf herausragender Gründe wie z.B. der Gesundheit (Zwangsimpfung bei drohender Seuchengefahr, Zwangseinweisung Psychiatrie). Daher ist gerade jeder medizinische Eingriff vom objektiven Tatbestand eine Körperverletzung, die nur ihre Rechtwidrigkeit verliert, wenn es rechtfertigende Gründe vorliegen, wozu z.B. die Einwilligung der Person vorliegt. Die Beschneidung eines Säuglings oder Kleinkindes ist ein schmerzhafter völlig überflüssiger Eingriff (wenn nicht medizinisch indiziert) und die Vorteile sind marginal und wenn er aus religiösen Gründen erfolgt, verstößt er auch gegen das religiöses Selbstbestimmungsrecht des Kindes.

  7. #7 echt?
    31. August 2012

    Die Argumentation ist etwas hakelig. Darf man aus religiösen Beschneiden, auch wenn das gesundheitliche Risiken birgt? Oder stellt sich die Frage nicht, da die Beschneidung positive medizinische Folgen hat?

    Der Autor betont, dass es natürlich Grenzen gäbe. Hilfreich wären Beispiele, wo diese Grenzen seiner Einschätzung nach zu ziehen wären. Mal ganz platt. Was ist mit Exorzismus. Das hat doch keine medizinischen Folgen – glaube ich wenigstens. Dürfen die Eltern so etwas an ihren Kindern durchführen lassen?

  8. #8 roel
    31. August 2012

    @Ludwig Klam Da hat das mit dem Gastbeitrag ja doch noch geklappt. Schöne Zusammenfassung.

    @echt? ” Hilfreich wären Beispiele, wo diese Grenzen seiner Einschätzung nach zu ziehen wären.” Er bezieht sich auf die Gesetze “Auch hier gibt es Grenzen. Aber diese werden durch Gesetze (und nicht durch das Grundgesetz) geregelt.”

  9. #9 braesh
    31. August 2012

    Hallo,
    was in der Diskussion vergessen wird, ist, dass im jüdischem Glauben die Beschneidung an Neugeborenen ohne Betäubung und anschließende Gabe von Schmerzmitteln durchgeführt wird. Das ist aus meiner Sicht nicht nur Körperverletzung sondern Mißhandlung von Kindern. Und alle medizinischen Argumente, die Sie vorbringen, können ohne Probleme auch erreicht werden, wenn das Kind erst im einwilligungsfähigen Alter beschnitten wird. Es geht hier doch gar nicht um eine Diskussion pro oder kontra Beschneidung, sondern darum, wer das wann entscheiden darf. Von mir aus kann sich jeder Beschneiden lassen, der das für richtig hält. Aber ich vermute, dass die Zahl der freiwilligen Beschneidungen von Erwachsenen, weil das ja so toll und sinnvoll ist, sehr gering ist. Gibts da Statistiken???

  10. #10 roel
    31. August 2012

    @Schmidts Katze “Leider wird hier die Beschneidung von Kindern nur mit der Nicht-Beschneidung verglichen, und nicht mit der Beschneidung von einwilligungsfähigen Volljährigen.
    Die Argumentation ist daher völlig wertlos.”

    Hier ein Risikovergleich aller Beschneidungen vs Neugeborenenbeschneidung.

    “Nach Angaben der WHO treten in 0,2 bis zwei Prozent aller Fälle Komplikationen auf, wenn entsprechend geschulte und erfahrene Mediziner den Eingriff unter sterilen Bedingungen durchführen. Die Beschneidung an Neugeborenen berge noch weniger Risiken (0,2 bis 0,4 Prozent).” Quelle: https://www.giz.de/Themen/de/SID-29FF532C-C24431DD/dokumente/giz-fgm-DE-maennl-beschneidung-2011.pdf

  11. #11 in opas laube
    31. August 2012

    Bisher wurde ich von Beschneidungs-Befürwortern seltsamer Weise immer als Rationalist beschimpft (ja, man kann das als Schimpfwort benutzen, kommt auf die Betonung an) weil ich -in erster Linie moralisch- nicht durchdringen kann, wie man sowas seinem Kind antun kann – und jetzt kommt einer daher und versucht, gelassen und rational das Thema zu bearbeiten.
    Naja, unter uns: für mich persönlich hat Religiösität immer etwas mit selbstauferlegter Dummheit zu tun. Und um die unendliche Dummheit anderer Menschen will ich mich tatsächlich nicht kümmern müssen.

  12. #12 echt?
    31. August 2012

    Ich finde an der Diskussion gut, dass diese Grauzone nun öffentlich diskutiert wird. Wenn es dazu ein neues Gesetz gibt, wird das mit Sicherheit in Karlsruhe enden. Dann würde vielleicht mal grundsätzlich etwas zum Einfluss der Religionen auf gesetzliche Regelungen gesagt.

    Im Übrigen ist schon die Definition von “Religion ausüben” recht wackelig. Für welche Religionen sollen denn solche Sonderrechte gelten. Auch für “Naturreligionen”, die ihre Kinder tätowieren wollen? Oder wird dann gesetzlich festgelegt, welches die besonders privilegierten Religionen sind?

  13. #13 christof
    31. August 2012

    Danke.

    Das ist einer der besten Artikel (wenn nicht DER Beste), den ich je bei den Scienceblogs gelesen habe.

    Was ich für mich als Fazit aus dem Artikel ziehe:
    – Jegliche Diskussion sollte sich bei diesem Thema nur und ausschließlich auf die Ergebnisse der evidenzbasierten Medizin berufen.
    – Reflexartige Pseudoargumente (“Aber ich sehe das trotzdem anders…”) sind genau das: Pseudoargumente
    – Hurra, es ist erfrischend, wie schön befriedigend ein ausführlicher, gut aufgebauter und sehr unaufgeregt formulierter Beitrag sein kann.

    Bis vor einigen Stunden stand ich auch auf dem Standpunkt, dass Beschneidungen bei ganz jungen Knaben absolut falsch sind. Warum ich diese Meinung hatte, obwohl ich von dem (medizinischen) Thema keine Ahnung habe? Ich gestehe es mir jetzt ein: weil es um RELIGIÖS motivierte Beschneidung ging. Ich gebs ganz ehrlich zu. Bei sowas habe ich sofort den Reflex, dagegen zu sein. Religiös motiviert… kann nur schlecht sein. Das Thema Religion sollte aber aus dieser Diskussion zu 100% heraus gehalten werden. Es hat damit NICHTS zu tun. EINE religiös motivierte Beschneidung war der Auslöser für diese Debatte. Aber – wie oben geschrieben – es sollte nur und ausschließlich um evidenzbasierte Medizin gehen.

    Und Argumente – pro UND kontra – sollten nur mittels Studien und Meta-Studien erfolgen. Alles andere ist Geschwätz.

    In meiner eigenen Meinung bin ich mir jetzt echt unsicher. Eine einzige Metaanalyse bleibt nun ganz am Schluss übrig. Und die vergleicht – wie von einem anderem Kommentator schon angemerkt – lediglich die Unterschiede zwischen “neugeboren-Beschnitten” und “Niemals-Beschnitten”. Ist also bei genauer Betrachtung eine eher dürftige Grundlage für so eine fundamentale Geschichte.

    Zum Glück muss ich nicht entscheiden.

    Leute, argumentiert wissenschaftlich, und nicht mit “trotzdem”, “vom Gefühl her”, “aber”, …. das ist eigentlich eher der Diskussionsstil der Esos. 😉

  14. #14 Tom
    31. August 2012

    Zitat: “Dabei dient laut Fachliteratur die prophylaktische Beschneidung eindeutig dem Kindeswohl.”

    Sehr schön.

    Ich selbst habe das Thema bisher immer entspannt betrachtet. Doch die Erfahrungsberichte die man von _Betroffenen_ zu lesen bekommt zeichnen da meiner Meinung nach ein komplett anderes Bild. Und diese vereinzelten Berichte sind sicher nur die Spitze des Eisberges da es eher ein Tabu ist sich negativ zu dem Thema zu äußern wenn man aus einem der Kulturkreise kommt die das hauptsächlich betrifft.

    Weiterhin halte ich es für fraglich ob man der Meinung sein dass es ok wäre wenn jemand anders entscheidet dass man später in seinem Leben ganz erheblich weniger Sensibel ist was sexuelle Reizung angeht. [Ironie]Aber man wird ja nie erfahren wie es sonst wäre daher wird sich schon keiner beschweren… [/Ironie]

    Naja. Hauptsache alle diskutieren rum, pflücken Gesetze auseinander und pochen auf ihre Tradition. Die Opfer (ja ich denke man kann hier von Opfern reden bei jedem einzelnen der darunter leidet oder gelitten hat – auch wenn es noch so viele gibt die zufrieden damit sind) werden wie so häufig gar nicht oder zuletzt nach ihren Erfahrungen gefragt.

  15. #15 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    Bemerkenswert an diesem Artikel ist allein die Beobachtung, wieviel Energie dafür aufgewandt wird, die jedem menschlich empfindenden Zeitgenossen eigentlich selbstverständliche Empathie zu relativieren: dies ist gerade die durch die jahrtausendelange Gewohnheit herbeigeführte Gedächtnisschwäche, die der ganz offensichtlichen Perversion Beschneidung/Verstümmelung zugrunde liegt.

    Je nach Bedarf wechseln offenbar die klerikalen Dogmatiker ihre Position: ist das religiöse Argument unhaltbar, wird ein medizinisches erfunden und vice versa.

    Und gewiss: immer wird sich ein Rechtsverdreher finden, der uns weismachen wird, daß himmelschreiendes Unrecht eigentlich Recht sei: wenn man es nur genügend breitklopft.

    Wer wissen will, woher die Beschneidung wirklich kommt, und was ihr wahrer Zweck ist, könnte in diesem Post fündig werden. Nur für Selbstdenker!

    https://markustermin.wordpress.com/double-your-eye/

  16. #16 Thomas J
    31. August 2012

    ich bin jetzt total verunsichert… soll ich mich jetzt nachträglich lieber noch coupieren lassen oder nicht? Wenn die Vorteile überwiegen, wäre es ja ziemlich irrational, sich nicht beschneiden zu lassen.

  17. #17 Schmidts Katze
    31. August 2012

    @ Thomas J,
    ich bin mir sicher, daß Dr. Ludwig Klam und Christian Reinboth, der ihm hjer eine Bühne bietet, hier eine rationale Entscheidung getroffen haben.

  18. #18 threepoints...
    31. August 2012

    In der Hauptsache ist zu bemängeln, dass die medizinische Sichtweise der Problematik vollends ignoriert, dass durch die Beschneidung höchstwahrscheinlich eine besondere neuronale Entwicklung verursacht wird, die ohne Beschneidung nicht eingetreten wäre.

    Dies wäre der allein bestimmende Faktor, aus medizinischer Sicht jede Beschneidung abzulehnen. Die Vollstädnigkeit (und Unversehrtheit) des Menschlichen Körpers sollte hierbei als Hauptargument als Kindeswohl zur wünschenswerten Entwicklkung eines Kleinkindes zu einem gesunden Menschen gelten. Besondere statistische Erhebungen betreffend Hygiene, Infektionen wären höchstens zweitrangig zu beachten – so es ein wahrhaft ernstes Problem gäbe, welches nicht anders zu vermeiden wäre.

    Ich frage mich zum Beispiel, wie es tatsächlich statistisch erhebbar sein konnte, dass die Beschneidung gar HIV-Infektionen verhindern helfen kann?…
    Sollte es darauf hinauslaufen, dass man rein an den Zahlen hochrechnet, dann wird man sicher nicht einen Wahheitsgehalt daran erschliessen können. Möglicherweise nämlich vermindert eine Beschneidung das sexuelle Verlangen, sodass das Verhalten dahingehend beschreibbar wäre, dass die geringeren HIV-Infektionen auf verringertem Beischlaf zurück zu führen sind. Eine Ignorierung dieses Sachverhaltes würde eine glatte verleugnung der zugrunde liegenden Tatsachen gleichen. Und es würde den Hauptgrund der Verringerungen der HIV-Infektionen offen legen – nämlich die unterlassung von Beischlaf… und eben nicht den Vorteil darin begründen, weil die vorhaut prophylaktisch entfernt sei. Eine Verhinderung des Beischlafs würde man auch anders realisieren können. Dazu bedarf es keine Verstümmelung des männlichen Geschlechtsteils.

    Gleiches würde auch für alle anderen Infektionen gelten.

    Es wäre demnach auch die Frage zu stellen, warum etwa die Verringerung des Beischlafs eintritt. Ist der Mann in seiner Entwicklung nach der Beschneidung etwa derart in seinem Sexualverhalten beeindruckt, weil sich neurologische Veränderungen ergeben haben?

    Welche anderen Folgen hätte denn eine Beschneidung noch? Denn gerade am Thema “Sex” hängen nicht erst seit Freud ganze Exitenzen ab.
    Etwa ein verringertes Selbstwertgefühl? Ein verringertes “Ego”? Eine verringerte mentale Selbstreferenz (durch fehlende Sinnesreize)?
    Ist es denkbar, dass sich durch die Folgen einer Beschneidung auch eine verringerte Aggression im Verhalten einstellt?

    Aggressionen ist ein gutes Beispiel. Um diese zu verhindern kann man bestimmt inzwischen das dafür zuständige Gehirnteil manipulieren. Also um eine Aggressionbefreite Gesellschaft zu erhalten wäre es dann nicht Sinnvoll, eben die Gehirnbereiche etwa zu beschädigen, damit eben diese Verhaltensmuster des Menschen sich nicht mehr auswirken können?

    Die Lösungsstruktur sei hier die selbe, wie bei der Beschneidung zur Vermeidung von HIV-Infektionen und Hygieneprobleme. Eine Praxis wird angewandt, um einen scheinbaren Nachteil/Gefahr zu verhindern.

    Muß man also aus diesen Blickwinkeln nicht doch ein wenig an der Praxis zweifeln? Wie redlich sind denn die vorgebrachten Argumente?

    Und …angesichts der Thesen … hat die medizinische Wissenschaft auch nur im Ansatz eine erschöpfende Studienqualität zustandegebracht, dass man sich daran ernsthaft orientieren kann?


    Ich bin durchaus der Meinung, dass man keine Beschneidung durchführen lassen sollte – vor allem nicht bei Kleinkindern.
    Ansonsten hat man mit dem Urteil leider die Box der Pandorra aufgemacht. Und das gerade in Deutschland, wo doch die hiesigen Glaubens- und Kulturteilnehmer davon gar nicht betroffen sind. Soviel “Emphatie” ist man eigendlich nicht gewöhnt. Hinsichtlich der “Religionsfreiheit” möge man vielleicht eine wahrhaft günstige Lösung dieser nun aufgeworfenen Problemstellung finden – es sei denn, man wolle wieder missionarisch die ganze Welt bereichern. Dann ist es natürlich Sinnvoll irgendwann mit irgendwas anzufangen.

  19. #19 Melni
    31. August 2012

    Wie vorher schon geschrieben wurde: Es geht doch gar nicht darum ob oder ob nicht Beschnitten wird. Es geht um das wann.

    Und ich bin der “irrationalen” Meinung(ich kann es nicht belegen und lehne mich ganz ganz weit aus dem Fenster), dass Säuglinge, Kleinkinder und Kinder nicht so wild in der Weltgeschichte rumvögeln(aber hey, wenn es da Studien gibt…dann vergesst alles weitere). Daher ist diese ganze Argumentation bzgl. Geschlechtskrankheiten vollkommen absurd. Dem “Kindeswohl” dient da gar nix. Und mit Medizin hat das auch nichts zu tun. Und wenn der Knabe dann groß genug ist das selbst zu entscheiden, kann er sich ja immer noch beschneiden lassen.

    Ich versteh einfach nicht, was an diesem/meinem primitiven Gedankengang so schwer zu verstehen ist.

    Grüße

    Mel

  20. #20 WahrerPerser
    31. August 2012

    Für mich stellt sich die Frage warum die Beschneidung überhaupt unter Religionsfreiheit fällt, denn dort beginnt bereits der Eklat.

    Schneiden wir dann kleinen Kindern auch die Ohren ab, wenn dies ein Gott in irgendeinem dämlichen “heiligen” Buch von den Eltern verlangt?

  21. #21 Thomas J
    31. August 2012

    @Wahrer Perser

    Wenn Sie belegen können, dass es einen medizinischen Vorteil bringt, Kindern die Ohren abzuschneiden… wird wohl schwierig.

    Als Musiker würden ich mich ja eher über ein paar kastrierte Jungs freuen, es gibt einfach viel zu wenig hohe Männerstimmen im Opernbetrieb.
    Vielleicht hat die Kastration ja auch nur mediznische Vorteile…. man denke nur an die Hodenkrebsprophylaxe!

  22. #22 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @WahrerPerser

    Schneiden wir dann kleinen Kindern auch die Ohren ab, wenn dies ein Gott in irgendeinem dämlichen “heiligen” Buch von den Eltern verlangt?

    Ich denke mal es besteht Einigkeit darüber, dass eine solche Maßnahme aus medizinischer Sicht auf jeden Fall als stark negativ zu bewerten wäre, von daher würde der Kindeswohl-Grundsatz in diesem Fall ganz klar greifen. Die gleiche Eindeutigkeit scheint ja bei Beschneidungen nicht zu bestehen, von daher gibt es hier doch einen erheblichen Unterschied…

  23. #23 MartinB
    31. August 2012

    Ich finde das medizinische Argument generell problematisch. Gibt es irgendeinen anderen Fall, in dem wir aus Prophylaxegründen Körperteile entfernen? Die Zahnspange ist da kein guter Vergleich, denn sie korrigiert eine Fehlstellung, entfernt aber keine Körperteile. Weiß jemand ein Beispiel?

    Und das Beispiel von ThomasJ ist gar nicht so absurd: Man kann ja auch mit einem Hoden unbeeinträchtigt leben – sollten wir also nicht prophylaktisch jedem Jungen einen Hoden entfernen, was das Krebsrisiko (immerhin eine der häufigsten Todesursachen für junge Männer) drastisch senkt?

  24. #24 Schmidts Katze
    31. August 2012

    Eigentlich geht es mich ja nichts an, Christian, aber wenn du die Beschneidung so propagierst, frage ich mal nach, ob du dich hast beschneiden lassen, und wenn nicht, wann du es nachholen willst.

  25. #25 Physiker
    31. August 2012

    @Schmidts Katze:

    Das Fazit “Dabei dient laut Fachliteratur die prophylaktische Beschneidung eindeutig dem Kindeswohl.” stützt sich wohl ausschließlich auf das Review von Brian J. Morris et al. aus dem “Open Journal of Preventive Medicine”.

    Der Punkt ist der, dass dieser Review ca. 200 Einzelpublikationen zitiert, darunter ein Dutzend Reviews zu Detailaspekten und so gut wie alle stützen das obige Fazit. Reviews mit gegenteiliger Ansicht gibt es entweder nicht oder sind qualitativ minderwertig. Ich habe extra diesen Review von Morris hier vorgestellt, weil er themenspezifisch, allgemeinverständich und Open Access ist. Wenn Sie Artikel wünschen, die nur mit Detailaspekten des Themas zu tun haben, sehr technisch sind und sich hinter einer Paywall verstecken, kann ich Ihnen auch gerne solche heraussuchen.

    Leider wird hier die Beschneidung von Kindern nur mit der Nicht-Beschneidung verglichen, und nicht mit der Beschneidung von einwilligungsfähigen Volljährigen.
    Die Argumentation ist daher völlig wertlos.

    Das ist falsch. Ich zitiere aus dem Morris-Review:

    A recent systematic review found a median frequency of complications for neonatal or infant MC of 1.5% compared to 6% for studies of medical MC of children aged one year or older [187]

    Es gibt also zu dem Thema sogar einen systematischen Review.

  26. #26 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @MartinB:

    Weiß jemand ein Beispiel?

    Die Weisheitszähne. Die werden recht häufig entfernt, noch bevor es damit zu ernsten Problemen gekommen ist, um eben solche Probleme zu vermeiden. Das fällt mir zu der Frage zumindest spontan ein – vielleicht gibt es ja noch bessere Beispiele…

  27. #27 threepoints...
    31. August 2012

    Grundsätzlich macht es mehr Sinn (und erfolg), wenn man solcherart “einschneidende” Praktiken nicht in Konfrontation zu kulturellen Traditionen in Frage stellt. Deswegen war der Hinweis im Urteil auf “religiös motiviert” keine Hilfe / nicht produktiv.

    Religion ist nicht kritisierbar. Man macht es nur gerne und man darf es tun. Aber auf rechtlicher Ebene sei es vorteilhaft, wenn man hiervon abstand nimmt. Der Kern der Praxis besteht nur in der Verstümmelung von Kleinkindern. kulturelle Begründungen haben dabei wenig in Gesetzen oder Urteilen eines Rechtssystems zu suchen.

    Religionsfreiheit hat demnach auch nur solange Priorität, bis bestimmte Grundrechte des Individuums verletzt werden (könnten). Und im Grunde ist das bei der Beschneidung von Kleinkindern der Fall. Bisher fehlt lediglich noch das Bewusstsein dafür.

    Ausserdem verhält sich gerade ebenso, wie mit dem Atomausstieg. Man mag sich hier auf eine sozusagen revolutionär neue Sichtweise in Deutschland einstellen (wollen). Aber die Ablehnung innerhalb nationaler Grenzen ist angesichts der Reichweite von freigewordener Radioaktivität absurd. Wenn auch kein deutsches Kernkraftwerk mehr explodieren kann – in jedem Nachbarstaat kann es weiterhin passieren und die redlich entscheidenden Deutschen haben trotzdem das volle Programm des Supergaus zu spüren.

    So ists auch mit der eventuellen Entscheidung gegen die Beschneidung. Wem interessierts, wenn es in Deutschland verboten ist. Ein kleiner Trip ins Ausland gleich neben an behebt das Problem. Und die “Verseuchung” durch Beschnittene in Deutschland bleibt quasi gleich hoch. Großes Ziel mit k(l)einer Wirkung.

    Trotzdem … ein würde ich Verbot vorziehen.

  28. #28 Thomas J
    31. August 2012

    meine erste Frage, ob ich mich jetzt nicht vernünftigerweise beschneiden lassen soll, war übrigens ernst gemeint.
    Die Kastration ist natürlich Polemik, nur dass ich hier nicht als Troll wahrgenommen werde.

  29. #29 Dr. Webbaer
    31. August 2012

    Zur grundsätzlich verständigen Betrachtung der Beschneidung und zu den Folgerungen nur ein paar Anmerkungen:
    – es gab in D wohl eine Anpassung am BGB, die Kindern das Recht auf gewaltfreie Erziehung zusprach und nun von den Richtern des bekannten Urteils stringent angewendet worden ist
    – diese Anpassung hatte nicht das Ziel die Zirkumzision zu unterbinden, zumindest wurde das seinerzeit nicht so kommuniziert
    – es könnte sich um eine Art Rechtsunfall handeln
    – man benötigt nun neue rechtliche Regelungen
    – die Religionsfreiheit ist nicht absolut und somit eingeschränkt
    – bei anderen Operationen an Kindern sollten Verbote gelten
    – es geht hier nicht um das Recht auf freie Meinungsäußerung, soviel zu Voltaire
    – das “medizinische Argument” zählt nur, weil der angerichtete Schaden tolerabel zu sein scheint für eine aufgeklärte Gesellschaft
    – Beschneidungen haben auch die Funktion zu stempeln
    – Stempel dieser Art, also Beschneidungen sind nicht gut und abzulehnen, aber eben auch in gewissem Umfang zu tolerieren

    MFG
    Dr. Webbaer

  30. #30 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @Schmidts Katze:

    Eigentlich geht es mich ja nichts an, Christian, aber wenn du die Beschneidung so propagierst, frage ich mal nach, ob du dich hast beschneiden lassen, und wenn nicht, wann du es nachholen willst.

    Auf diese Frage gibt es keine richtige Antwort: Lautet die Antwort ja, verteidigt man die Beschreibung nur zum Selbstschutz, lautet sie nein, kann man sich ja eigentlich kein Urteil erlauben. Im übrigen “propagiere” ich hier nicht die Beschneidung, sondern habe lediglich einen Gastbeitrag eingestellt, der sich mit dem Thema auf – wie ich finde – angenehm sachliche Art und Weise befasst und einige diskussionswürdige Beobachtungen aufstellt. Ich finde es jedenfalls besser, wir diskutieren über Paper und Reviews, als dass wir direkt in Schnappatmung verfallen und etwas pauschal ablehnen, nur weil es mit dem Label “religiös motiviert” versehen ist. Wie der Artikel meinem Erachten nach sehr überzeugend darlegt, ist die Motivation letztlich viel weniger relevant als die Frage nach der medizinischen Gefährlichkeit bzw. dem medizinischen Nutzen eines solchen Eingriffs…

  31. #31 roel
    31. August 2012

    @MartinB “Gibt es irgendeinen anderen Fall, in dem wir aus Prophylaxegründen Körperteile entfernen?” Die Mandeln.

  32. #32 Wolf
    31. August 2012

    Quintessenz des ganzen:

    Es müssten also alle Neugeborenen Jungen in D beschnitten werden. Weil sonst werden doch die atheistischen und christlichen Kinderchen deutlich benachteiligt, wenn es denn so gesund ist beschnitten zu werden. Und das verstößt ja mal ganz eindeutig gegen Art. 3 GG.

    Ich bin übrigens auch beschnitten, und es ginge mir besser, wenn dem nicht so wäre.

  33. #33 Joseph Kuhn
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth: Die Logik Deines Arguments verstehe ich nicht. Ob das Kindeswohl als gefährdet anzusehen ist oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob “Einigkeit” darüber (zwischen wem eigentlich?) besteht. Auch die von Juristen zuweilen bemühte “herrschende Meinung” basiert nicht nur auf “Einigkeit”.

  34. #34 Physiker
    31. August 2012

    @dickesB:

    Wie bitte? Eine Verstümmelung „aus ästhetische… Gründe(n)“ liegt im Kindeswohl?

    “Verstümmelung” ist ein wertender Kampfbegriff. Lassen wir doch die Fachliteratur entscheiden, ob eine Beschneidung eine Verstümmelung ist oder eine vorteilhafte prophylaktische Massnahme. Die Ansicht darüber, was medizinisch vorteilhaft ist, kann sich auch mit der Zeit ändern, wie das Beispiel von prophylaktischen Mandel-OPs (von Jürgen Schönsteins Blog-Artikel) zeigt. Auch Ihr Beispiel von Tiermisshandlung kann anhand der Fachliteratur eindeutig eingeordnet werden.

    Und der medizinische Vorteil liegt gerade nicht auf der Hand;

    Laut der medizinischen Fachliteratur ist er überwältigend. Und ich halte mich nicht für kompetent genug dem zu widersprechen.
    Zu Ihren juristischen Einwände sollten Sie einen Blick in den Artikel von Beulke und Dießner werfen.

  35. #35 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth: Die gleiche Eindeutigkeit scheint ja bei Beschneidungen nicht zu bestehen, von daher gibt es hier doch einen erheblichen Unterschied … “

    Wie wäre es, wenn Du dann mal zur entsprechenden Literatur greifst, und Dich kundig machst?: z.B. bei Hanny Lightfoot-Klein, “Der Beschneidungsskandal”, und dort das letzte Kapitel über Männerbeschneidung?!

    Auch hier hast Du Zugang zu Erfahrungsberichten, die Dir vielleicht den vernebelten Sinn für Menschlichkeit öffnen könnten:

    https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/komplikationen/tod-und-beschneidung/tod-durch-beschneidungen.html

    https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/medizinische-aspekte/komplikationen/stanford-university-komplikationen-der-beschneidung.html

    Sehr wohl redest Du in diesem neutralistischen Post der Beschneidung das Wort, und zwar offenbar, ohne Dich richtig informiert zu haben, genau wie des Papstes eigenes Schwert, dieser Matussek.

  36. #36 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @Joseph Kuhn:

    Ob das Kindeswohl als gefährdet anzusehen ist oder nicht, kann nicht davon abhängen, ob “Einigkeit” darüber (zwischen wem eigentlich?) besteht.

    Nicht? Ich würde ja meinen, dass ein Eingriff dann als kindeswohlgefährdend einzustufen ist, wenn es in der medizinischen Fachliteratur einen klaren Konsens dahingehend gibt, dass die Nachteile die Vorteile überwiegen. Oder sehe ich das falsch?

  37. #37 Stephan
    31. August 2012

    @Christian Reinboth

    Ich persönlich halte die Frage der Motivation und der Gründe, warum man etwas tut, viel wichtiger als du, vielleicht ist es sogar das Wichtigste.

    Natürlich ist auch das Ergebnis oder Ziel wichtig, aber die Bedeutung der Motivation würde ich nicht als so unbedeutend werten.

    Viel mehr Menschen sollten sich überlegen, warum sie Meinung X oder Ansicht Y zu Thema W oder Thema Z haben.

    Haben sie sich Ihre Ansicht rational gebildet, geleitet durch gute Argumente und Belege? Oder haben sie sich ihre Meinung danach gebildet, was Autoritäten ihnen mitteilen?

    Ich persönlich finde es wahnsinnig traurig, dass es so viele Menschen gibt, die kritiklos und ohne selbst zu denken, Dinge tun, die ihnen von Autoritäten (heiligen Büchern, Priestern, Politikern, etc…) „vorgegeben“ werden.
    Allerdings würde ich niemals Menschen dazu zwingen wollen, selbst zu denken, wenn sie nicht wollen.

    Unsere Meinungen scheiden sich wahrscheinlich darin, ob es sich im konkreten Fall der Beschneidung, um eine (sinnlose, gefährliche) Körperverletzung handelt, oder nicht.
    Wobei ich MartinB Recht geben würde, dass auch im Allgemeinen das medizinische Argument „schwierig“ ist.

    Hierzu passt übrigens diese Meldung: Sind Ohrlöcher für Kinder Körperverletzung?

    https://www.stern.de/panorama/aufsehenerregender-prozess-in-berlin-sind-ohrloecher-fuer-kinder-koerperverletzung-1887328.html

  38. #38 MartinB
    31. August 2012

    @roel
    “Die Mandeln.”
    Die Zeiten sind aber meines Wissens lange vorbei – und auch als ich Kind war, wurden Mandeln nicht einfach so rausgenommen, sondern nur bei einer Infektion. Mir hat man sie als Erwachsenem rausgenommen, das war jedenfalls kein Spaß.

    @Christian
    Stimmt, die Weisheitszähne sind ein gutes Beispiel. Die haben aber den großen Vorteil, dass man da einwillgungsfähig ist, wenn die dran kommen. Und dass jemand über Sensitivitätsverluste beim Kauen klagt, habe ich auch noch nie gehört…

  39. #39 HF
    31. August 2012

    Danke für diesen sehr informativen Einblick in die juristische Seite der Diskussion. Es wäre fatal, wenn die notwendige Diskussion auf Seite der Juristen und auf Seiten der Laien mit einem neuen, raschen Gesetz verhindert würde. Ich fürchte nur, dass genau das geschehen wird.
    Zum Kindeswohl: vor sechzig Jahren war die Prügelstrafe ein Bestandteil der Kindererziehung, ihre Notwendigkeit wurde mit dem Kindeswohl, biblischem Gebot und der Erziehungsfreiheit der Eltern begründet. Heute ist sie abgeschafft. Wenn der Gesetzgeber damals mit Sonderregelungen reagiert hätte, wäre diese Entwicklung unmöglich gewesen.

  40. #40 Dr. Webbaer
    31. August 2012

    Wie der Artikel meinem Erachten nach sehr überzeugend darlegt, ist die Motivation letztlich viel weniger relevant als die Frage nach der medizinischen Gefährlichkeit bzw. dem medizinischen Nutzen eines solchen Eingriffs…

    Hier gäbe es das Argument, dass bestimmte medizinisch unproblematische Operationen, wie bspw. Tätowierungen, die Kinder für alle Zeiten als Angehörige einer Gruppe stempeln, gesellschaftlich nicht hinnehmbar sein müssen.

    Fragen wie diese lassen sich nur in einem Zusammenhang aus medizinischen Erkenntnissen, rechtlichen Erkenntnissen und vor dem Hintergrund einer Politik, einer Kultur, sinnvoll bearbeiten.

    MFG
    Dr. Webbaer

  41. #41 Physiker
    31. August 2012

    @echt?

    Darf man aus religiösen Beschneiden, auch wenn das gesundheitliche Risiken birgt? Oder stellt sich die Frage nicht, da die Beschneidung positive medizinische Folgen hat?

    Ich denke, dass ich genau auf diese Fragen im Fazit geantwortet habe.
    Insbesondere die erste Frage ist absolut nicht trivial, wie Sie den zitierten juristischen Artikeln entnehmen können. Im Sinne einer Abwägung der beteiligten Grundrechte (wozu dann das Kindeswohl gehören würde), kann ich mir aber nicht vorstellen, dass man zum extremen Ergebnis käme, dass ein Grundgesetz einem anderen unterliegt. Im Sinne der angesprochenen praktischen Konkordanz müsste ein Mittelweg gefunden werden.

  42. #42 Cornelius Courts
    31. August 2012

    ebenfalls unbeachtet geblieben ist der manifeste “publication bias”.
    Ein großer Teil von pro-Beschneidungsstudien kommt aus den USA, dem einzigen Land der Welt, in dem viele männliche Säuglinge aus nicht religiösen Gründen beschnitten werden.
    D.h., rein statistisch sind viele der Autoren der entspr. Studien selbst beschnitten, daher mit einem bias behaftet und würden Studien, die die Nachteile der Beschneidung belegen, einfach nicht veröffentlichen.

    Der “publication bias” geht aber noch weiter: so werden Studien, die Beschneidungsnachteile belegen und bei amerikanischen Journals zur Publikation eingereicht werden, von den statistisch wahrscheinlich beschnittenen Editoren (s.o.) und/oder Reviewern abgelehnt.

    Eine Literaturanalyse zum medizinischen Nutzen oder Schaden der Beschneidung, die das nicht berücksichtigt, ist wertlos.

  43. #43 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Physiker: echt jetzt? – das sehen ungeschmierte Fachleute anders: https://dakj.de/media/stellungnahmen/ethische-fragen/2012_Stellungnahme_Beschneidung.pdf

  44. #44 threepoints...
    31. August 2012

    @ MartinB· 31.08.12 · 12:56 Uhr

    -> Never change a running system.

    Einen Hoden wegoperieren, damit die Hodenkrebswahrscheinlichkeit um 50 Prozent sinkt?

    Was ist, wenn man trotzdem Hodenkrebs bekommt? Da bleibt dann ja nur noch der eine übrig, der dann … weggeschnitten wird.

    ich bin mir inzwischen auch nicht mehr so sicher, ob die ganze Wegschneide-Praxis (wie auch bei den Mandeln) nicht “nur” der kleinere Aufwand sei und somit wenig ernsthafte und wenig durchdachte Therapien darstellen. Sie sind einfach nur radikal und vielleicht noch “pragmatisch”. Was nicht mehr da ist, kann sich nicht mehr entzünden. Wie weit man das wohl treiben kann? Man möge so manches mal auch wünschen, dass irgendeinem der Kopf abgenommen werden könnte….da wäre es doch ein Ziel, wenn man das möglich machen würde können?

    Wenn man von Freiheit viel hielte, dann gehörte auch die Unversehrtheit dazu. Sie ist geradezu eine Grundvorraussetzung zum Empfinden von Freiheit. Und dazu gehörte eben etwa auch eine Vorhaut.

  45. #45 roel
    31. August 2012

    @Cornelius Courts “Ein großer Teil von pro-Beschneidungsstudien kommt aus den USA, dem einzigen Land der Welt, in dem viele männliche Säuglinge aus nicht religiösen Gründen beschnitten werden.” Da sind sie nicht ganz richtig informiert. Das wurde auch schon in Ihrem Blog so behauptet. Süd Korea ist ebenfalls ein solches Land.

  46. #46 in opas laube
    31. August 2012

    @christof
    Ach ja, dazu noch was. Mir fiel gerade diese unsägliche Diskussion mit einem beschnittenen Beschneidungs-Befürworter ein, an deren Ende ich in der Nazi-Ecke stand.

    Ich habe genau um das gebeten, was im Artikel vorgeschlagen wird und christof zusammenfasst: die Religion mal beiseite tun und über *die Sache an sich* reden.

    Was meint ihr, wie mir da die Sch*** um die Ohren geflogen ist! Ich hätte ja keine Ahnung und weil ich Atheist bin, dürfe ich da doch eh nicht mitreden, ich könne das alles ja gar nicht nachvollziehen und daher sind alle meine Argumente vulgär und religionsfeindlich und antisemitisch und antiislamisch (pfui bäh zeter keif). Ich hielt so gut ich konne dagegen, argumentierte, dachte nach, bat um Mäßigung des Tons, entschuldigte mich für ein paar Fehltritte (z.B. auf das Naturvölker-Argument mit den tätowierten Kindergesichtern reagieren Anhänger priviligierter Elite-Religionen äußerst allergisch!!!). Als mir dann aber ein Link zu irgendeinem Nazi-Schergen geschickt wurde, der ebenfalls gegen die Beschneidung wetterte – freilich aus einer komplett anderen Motivation heraus – war für mich die Diskussion entgültig gestorben.

    Seitdem habe ich keine Lust mehr, mit religiösen Spinnern darüber zu diskutieren. Ja, ich habe resigniert und wende keine Energie mehr für solche Diskussionen auf. Insofern Dank an die Autoren der Scienceblogs, die für eine vernünftige Diskussionskultur sorgen. Ich sehe mich dazu leider nicht mehr in der Lage.

  47. #47 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @MartinB:

    Stimmt, die Weisheitszähne sind ein gutes Beispiel. Die haben aber den großen Vorteil, dass man da einwillgungsfähig ist, wenn die dran kommen. Und dass jemand über Sensitivitätsverluste beim Kauen klagt, habe ich auch noch nie gehört…

    Stimmt – aber das ist nur der biologischen Entwicklung geschuldet – oder? Würden sich die Weisheitszähne rein hypothetisch betrachtet schon früher herausbilden, würde man sie sicher auch schon im Kindesalter entfernen und nicht abwarten, bis das 18. Lebensjahr erreicht ist. Oder? Sensitivitätsverluste beim Kauen mag es ja nicht geben, auch bei Weisheitszahn-OPs versterben aber durchaus Leute, auch wenn das natürlich nur ganz extrem selten vorkommt, d.h. negative Folgen bis hin ins Extrem können auch hier nicht ausgeschlossen werden, siehe z.B. dieses Foto von abheilenden Hämatomen nach einer Weisheitszahn-OP:

    https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Hematoma_Edema_01.jpg&filetimestamp=20111230151733

    Trotz möglicher negativer Nachteile wird die prophylaktische Entfernung von Weisheitszähnen trotzdem von vielen Zahnmedizinern empfohlen. Das hat zwar mit der Beschneidungsdebatte nur bedingt zu tun, es ging ja aber um Deine Frage ob prophylaktische Entfernungen überhaupt irgendwo durchgeführt werden.

  48. #48 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @MartinB:

    Stimmt, die Weisheitszähne sind ein gutes Beispiel. Die haben aber den großen Vorteil, dass man da einwillgungsfähig ist, wenn die dran kommen. Und dass jemand über Sensitivitätsverluste beim Kauen klagt, habe ich auch noch nie gehört…

    Stimmt – aber das ist nur der biologischen Entwicklung geschuldet – oder? Würden sich die Weisheitszähne rein hypothetisch betrachtet schon früher herausbilden, würde man sie sicher auch schon im Kindesalter entfernen und nicht abwarten, bis das 18. Lebensjahr erreicht ist. Oder? Sensitivitätsverluste beim Kauen mag es ja nicht geben, auch bei Weisheitszahn-OPs versterben aber durchaus Leute, auch wenn das natürlich nur ganz extrem selten vorkommt, d.h. negative Folgen bis hin ins Extrem können auch hier nicht ausgeschlossen werden, siehe z.B. dieses Foto von abheilenden Hämatomen nach einer Weisheitszahn-OP:

    https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Hematoma_Edema_01.jpg&filetimestamp=20111230151733

    Trotz möglicher negativer Nachteile wird die prophylaktische Entfernung von Weisheitszähnen trotzdem von vielen Zahnmedizinern empfohlen. Das hat zwar mit der Beschneidungsdebatte nur bedingt zu tun, es ging ja aber um Deine Frage ob prophylaktische Entfernungen überhaupt irgendwo durchgeführt werden.

  49. #49 loller
    31. August 2012

    *ROFLMAO*
    Suuuper recherchiert und gleich noch SEOtechnisch auf die “beste der besten der besten” verwiesen.
    Desweiteren hat sich das Gericht eben genau wegen der Problematik die die Verquickung mit religiösen Bräuchen schwammig positioniert.
    Das ist i.d.R. allerdings bei allen gerichtlichen Entscheidungen zu sehen.
    Das ich auf meine Rechte persönlich im vollbesitz meiner geistigen Kräfte verzichten kann ist klar, wenn ich darauf stehe mir meine Eier an einen Baum nageln zu lassen und das dann passiert ist es meine persönliche Entscheidung.
    Wenn mir allerdings jemand meine Eier an den Baum nagelt weil er der festen Überzeugung ist nur so kann ich SEINEM Gott nahe sein und ich dabei noch nicht einmal laufen geschweige denn reden und abstrakt denken kann ist es eine eindeutige Körperverletzung.
    Da gibt’s keine Diskussion.
    Außerdem stellt sich hier einfach eine medizinische Frage, warum gibt es denn die Vorhaut die die Eichel umschließt ?
    Wenn sie keinen medizinischen Sinn macht, warum ist sie dann da ?
    Welche Funktion hat die Vorhaut und was passiert mit der Eichel wenn sie diese Funktion nicht mehr erfüllen kann weil sie entfernt wurde ?
    Das ist die Hauptfrage hier.
    Wer hat darauf medizinisch belegbare Antworten ?

  50. #50 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @Cornelius Courts:

    Ein großer Teil von pro-Beschneidungsstudien kommt aus den USA, dem einzigen Land der Welt, in dem viele männliche Säuglinge aus nicht religiösen Gründen beschnitten werden. D.h., rein statistisch sind viele der Autoren der entspr. Studien selbst beschnitten, daher mit einem bias behaftet und würden Studien, die die Nachteile der Beschneidung belegen, einfach nicht veröffentlichen.

    Das Argument habe ich schon öfter gelesen – aber es denn einen Grund für die Annahme, dass es einen solchen bias geben müsste? Üblicherweise würden doch Menschen, die selbst unter einem bestimmten Eingriff (oder einem Verbrechen, oder einer Gewalttat etc. pp.) zu leiden hatten, diesen nicht schönreden – oder?

  51. #51 Cornelius Courts
    31. August 2012

    @roel: “Süd Korea ist ebenfalls ein solches Land.”

    Falls das so sein sollte, wären die Studien aus diesem Land mit ähnlicher Vorsicht zu beachten.

  52. #52 Physiker
    31. August 2012

    @braesh:

    was in der Diskussion vergessen wird, ist, dass im jüdischem Glauben die Beschneidung an Neugeborenen ohne Betäubung und anschließende Gabe von Schmerzmitteln durchgeführt wird.

    Abgesehen davon, dass das wohl nicht generell zutrifft, deckt sich meine Argumentation mit den Empfehlungen der Ethik-Kommision, dass eine Beschneidung lege artis durchgeführt werden muss. Und dazu gehört selbstverständlich auch dass die Beschneidung von medizinisch geschultem Personal mit Lokalanästhesie, etc. durchgeführt wird. Diese Empfehlungen kann man in so gut wie jedem Artikel aus der Fachliteratur zu diesem Thema entnehmen, z.B. auch dem oben zitierten Review von Morris et al. Die oben vorgestellte Argumentation ist kein Freibrief für alle religiösen Praktiken.

    Und alle medizinischen Argumente, die Sie vorbringen, können ohne Probleme auch erreicht werden, wenn das Kind erst im einwilligungsfähigen Alter beschnitten wird.

    Das ist aus medizinischer Sicht laut obigem Review falsch und es gibt auch keinen juristischen Grund, warum das so sein sollte (siehe Artikel von Beulke und Dießner).

  53. #53 Stephan
    31. August 2012

    Es geht nicht um Religion, es geht um die Kinder

    https://evidentist.wordpress.com/2012/08/10/es-geht-nicht-um-religion-es-geht-um-die-kinder/

    Gegenüber der rituellen Amputation der Vorhaut ist die Taufe tatsächlich als humaner Fortschritt zu werten. Sie verletzt keine Kinder. Loben wir die Christen dafür! Sagen wir ihnen, dass sie stolz sein können auf ihr fortschrittliches Initiationsritual! Vielleicht könnte das auch dazu beitragen, das Bollwerk der unheiligen Allianz aller Religionen gegen die Kinder aufzubrechen.

  54. #54 Cornelius Courts
    31. August 2012

    @Christian: “Üblicherweise würden doch Menschen, die selbst unter einem bestimmten Eingriff (oder einem Verbrechen, oder einer Gewalttat etc. pp.) zu leiden hatten, diesen nicht schönreden – oder?”

    Leider eben doch. Das zeigt sich u.a. und insbesondere bei dem nicht unverwandten Thema der weiblichen Genitalverstümmelung, die häufig von selbst verstümmelten Müttern für die Töchter gewünscht und von selbst verstümmelten Frauen an ihnen durchgeführt wird.
    Anderes Beispiel: viele Eltern, die ihre Kinder schlagen, sind selbst geschlagen worden und reden es sich dann mit “hat mir auch nicht geschadet” schön.
    Der Reflex, sich etwas unumkehrbares, das man selber hat/ist, schönzureden und es am besten auch noch zu verbreiten und andere davon zu überzeugen, ist ein sehr menschlicher, glaube ich, und liegt auch der Perpetuierung der allerdümmsten und schädlichsten Traditionen zugrunde.

  55. #55 s.s.t.
    31. August 2012

    @Christian Reinboth

    Die Weisheitszähne. Die werden recht häufig entfernt, noch bevor es damit zu ernsten Problemen gekommen ist, um eben solche Probleme zu vermeiden.

    Als ich habe bisher nur Zahnärzte kennen gelernt, die um jeden Zahn gekämpft haben. Kürzlich wurde bei mir an einem Weisheitszahn eine Wurzelbehandlung durchgeführt. Es wäre wesentlich weniger lästig gewesen, wäre der Zahn gezogen worden.

    Ich dachte die Zeiten des prophylatischen Rausreißens und -schneidens wären vorbei? Jedenfalls in Dt.

  56. #56 Wolfgang
    31. August 2012

    Eigentlich ein guter ausgewogener Artikel- könnte man meinen- aber:

    Was verwundert mit keinem Wort wird die Kinderrechtskonvention aus 1989 erwähnt, die ja in DE ratifiziert ist, auch in Israel und in allen Staaten mit muslimischer Bevölkerung (ausser Somalia).

    Und darin steht in Art 24 eindeutig:

    (1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit..

    und weiter unten:
    .

    (3) Die Vertragsstaaten treffen alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich. sind, abzuschaffen..

    Das bedeutet doch dass alle Staaten mit überlieferten Bräuchen, seit mehr als 20 Jahren Massnahmen setzen hätten können diese Bräuche so zu modifizieren, dass sie für die Gesundheit der Kinder nicht schädlich sind.
    Und die Zirkumzision ohne medizinische Indiaktion ist schädlich (Schmerz, Narkoserisiko bei Schmerzausschaltung, Infektionen zB Herpes genitalis).
    Genauso schädlich wie weibliche Genitalverstümmelung, Zirkumzision ist eine mannliche Genitalverstümmelung- die irreversibel ist.
    Man könnte sich ja sogar eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorstellen, wenn weibl. Genitalverstümmelung (FGM) verboten und männliche MGM erlaubt sei.

    In obigem Kommentar wird die Sache so dargestellt, dass kein medizinisches Risiko bestünde. M.W. wurde die Zirkumzision in Schweden gestoppt , WEIL es sogar Todesfälle gegeben hat.
    Und Komplikationen sind mir ebenso bekannt- stehen ja auch in obigem Kommentar.

    Warum kann man Kinder nicht körperlich unversehrt lassen, auch wenn etwas anderes Brauch ist/war, bis sie selbst entscheiden können ob sie eine Zirkumzision aus religiösen Gründen, ein Genitalpiercing machen wollen, oder sich ein halbes Ohr abschneiden wollen wie van Gogh.

  57. #57 s.s.t.
    31. August 2012

    @Christian Reinboth

    Üblicherweise würden doch Menschen, die selbst unter einem bestimmten Eingriff (oder einem Verbrechen, oder einer Gewalttat etc. pp.) zu leiden hatten, diesen nicht schönreden – oder?

    Stockholm-Syndrom sagt Dir nichts?

  58. #58 threepoints...
    31. August 2012

    @ loller· 31.08.12 · 13:45 Uhr

    -> Auch wenn deine Fragen am Ende des Kommentars genau richtig gestellt sind, muß man sich gleichzeitig fragen, warum man noch Argumente für seine körperliche Unversehrtheit benötigt.

    Und trotzdem interessieren mich di eAntworten darauf ungemein. Nur, … bisher gab es da keine plausibel erscheinenen Antworten.

    Eine Möglichkeit kann man vielleicht in der möglichen Entstehung einer Phimose erkennen, die man in frühen zeiten (und zuweilen auch heute noch) nicht anders zu “therapieren” wusste.

    Eine andere sei die These der neuonalen Entwicklung, die nach Beschneidung anders verläuft.

  59. #59 Wolfgang
    31. August 2012

    Und wenn sich ein Review auf angebliche gesundheitliche Vorteile in Afrika beruft, so ist dies durch diese Arbeit klar widerlegt

    Med Sci Law. 2010 Oct;50(4):189-91.
    Traditional male circumcision-related fatalities in the Mthatha area of South Africa.
    Meel BL.
    Department of Forensic Medicine, Faculty of Health Sciences, Walter Sisulu University, P/bag X1, Mthatha 5117, South Africa. bmeel@wsu.ac.za
    Abstract

    Traditional male circumcision is still widely practised by the Xhosa population throughout South Africa. Male circumcision is carried out mainly during summer and winter seasons. This is a retrospective record review of the male circumcision-related fatalities at Mthatha General Hospital during 2005 and 2006. The purpose of this study is to highlight the problem of circumcision-related deaths in the Mthatha area of South Africa. Twenty-five deaths related to traditional circumcisions were recorded over the period. The common causes of deaths were septicaemia (9 patients; 36%), pneumonia (5; 20%), dehydration (3; 12%), assault (3; 12%), thromboembolism (2; 8%), gangrene (2; 8%) and congestive heart failure (1; 4%). All fatalities were among black Africans with a median age of 17.56 (SD = 2.56) years. In seven deaths (28%) the young men came from the Libode District. The youngest victim was 12 years old. Most of the deaths (13; 52%) occurred in July 2006. The mortality associated with traditional male circumcision in the Mthatha area of South Africa is alarming.

  60. #60 MartinB
    31. August 2012

    @Wolfgang
    “Und die Zirkumzision ohne medizinische Indiaktion ist schädlich ”
    Das wird ja hier bestritten, angeblich sind die gesundheitlichen Vorteile ja gigantisch, und wiegen die (sicherlich nicht unerheblichen) Schmerzen (bzw. die dann auch wieder zu diskutierenden Nebenwirkungen der verabreichten Schmerzmittel) problemlos auf. Das ist ja genau das hier vorgebrachte Argument.

  61. #61 Ralf Grötker
    31. August 2012

    Wir haben versucht, wenigstens einen Teil der Debatte in einer Argument-Map zu rekonstruieren. Hier:
    https://www.debattenprofis.de/?p=967

  62. #62 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @Cornelius Courts: Würde das nicht implzieren, dass es zum Beispiel auch eine medial wahrnehmbare Menge von Vergewaltigungsopfern geben müsste, die sexuelle Gewalt beschönigen? Da weibliche Genitalverstümmelungen meist in unfreien Gesellschaften praktiziert werden, würde ich die “Einwilligung” der jeweiligen Mütter nicht zu hoch werten – zumindest zweifele ich an, dass sich das Beispiel auf unsere Gesellschaft übertragen lässt. Das Schlagen von Kindern scheint mir ein besseres Beispiel zu sein – da es ja aber auch viele Opfer prügelnder Eltern gibt, die später öffentlich mit diesen abrechnen oder gar mit ihren Familien brechen, würde ich doch erwarten, dass es auch im Falle selbst beschnittener Mediziner trotz allem so viele Kritiker geben müsste (die es ja durchaus auch gibt), dass die Befürworter nicht als monolithischer Block den gesamten Prozess des Peer Review unterlaufen könnten, der hier ja indirekt in Frage gestellt ist. Zumal es ja für die Juristen ein großes Problem wäre, wenn sie bei Abwägung der Beschneidungsfrage nicht auf peer-reviewte medizinische Literatur zurückgreifen könnten, weil ein pauschaler bias zu vermuten wäre – woran sonst sollten sich Nicht-Mediziner in einer solchen Frage orientieren?

  63. #63 Physiker
    31. August 2012

    @Melni:

    Wie vorher schon geschrieben wurde: Es geht doch gar nicht darum ob oder ob nicht Beschnitten wird. Es geht um das wann.
    Und ich bin der “irrationalen” Meinung(ich kann es nicht belegen und lehne mich ganz ganz weit aus dem Fenster), dass Säuglinge, Kleinkinder und Kinder nicht so wild in der Weltgeschichte rumvögeln

    Wie im Absatz zu den juristischen Aspekten bereits beschrieben, ist der Vorschlag, die Beschneidung bis zum Einwilligungsfähigen Alter aufzuschieben, verfassungsrechtlich problematisch. Es gibt einfach keinen juristischen Grund, die Fürsorgepflicht der Eltern zu beschneiden, wenn eine Massnahme positiv berwertet wird. Die zeitliche Verzögerung zwischen dem Eingriff und der entfalteten positiven Wirkung spielt nämlich in der aktuellen Gesetzgebung keine Rolle. Und ich finde das auch gut so, denn eine wortwörtliche Auslegung des “Kindeswohls” als Wohl im Kindesalter würde z.B. das Verordnen von Zahnspangen unmöglich machen (denn gemäss aktuellem Stand der Medizin können Zahnspangen auch bei Erwachsenen Zahnfehlstellungen beseitigen).

  64. #64 Frank S
    31. August 2012

    … und ich nehme an, das ganze Tohuwabohu nach dem Beschneidungs-Urteil in Deutschland kam nur von Eltern, die ganz entsetzt darüber waren, dass das Harnwegs-Infektionsrisiko für ihre Kinder nun ansteigen würde…

    Die medizinische Frage der Beschneidung ist doch Nebensache. Oder besser gesagt, sie wäre es, würden tatsächlich Mediziner darüber entscheiden.
    Tun sie aber nicht, sondern Religionen, Traditionen und Kulturen. Deswegen ist die Debatte entsprechend laut, emotional und fruchtlos.

    Die eigentliche Frage ist nicht: “Ist Beschneidung medizinisch vertretbar?” , sondern: “Ist die aus Tradition/Religion begründete Handlung einer Gruppe rechtlich anders zu betrachten als die Handlung eines Einzelnen aus Lust und Laune?”

  65. #65 s.s.t.
    31. August 2012

    Da eine Beschneidung weder Säuglingen, Kleinkindern noch Heranwachsenden gesundheitliche Vorteile bringt, ist die Fokussierung auf medizinsche Aspekte völlig daneben.

    Außerdem geht es bei der Debatte darum garnicht. Es geht vielmehr darum:

    Nun tobt eine ähnliche Debatte in der Bundesrepublik. Es geht wieder, diesmal ganz wörtlich, um die Beschneidung der religiösen Rechte zweier Minderheiten, der Juden und der Moslems.

    https://www.welt.de/debatte/article108875746/Real-existierender-Humanismus-nach-Hausfrauenart.html

  66. #66 Spoing
    31. August 2012

    Sehr interessanter Artikel, leider ist es wirklich so, dass bei vielen “Religion” ein Buzz Wort ist.
    Von daher ist es sehr wichtig der Reihe nach vor zu gehen und erst mal die Medizinische Sicht zu beleuchten um dann zu entscheiden ob es überhaupt relevant ist welche Motivation da überhaupt dahinter steckt.

    Wenn es nun wirklich so ist muss ich mich also ganz klar für die Beschneidungsmöglichkeit im Kindesalter aussprechen.(Mit den von roel zitierten Zahlen von der WHO scheint es ja gerade im Kindesalter vorteilhaft) Auch wenn ich definitiv keine Beschneidung nachholen werde es meinen Kindern auch niemals “antun” werde. (Woran liegt das eigentlich, dass man,selbst beim Zugucken, weniger Probleme damit hat sich die Nase zu brechen als nur einen Ball in die Kronjuwelen zu bekommen?)

  67. #67 roel
    31. August 2012

    @MartinB “Die Zeiten sind aber meines Wissens lange vorbei…” Lange ist relativ. Aber im Ernst, das dachte ich auch.

    http://www.springermedizin.at/artikel/18867-mandeloperation
    “6. Okt. 2010 – In den Jahren 2006 und 2007 verstarben in Österreich fünf Kinder an Nachblutungen nach Mandeloperationen, alle jünger als sechs Jahre.”

    darauf hin veröffentlichten die Österreichischen Gesellschaften für Hals-Nasen-
    Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie am 21.11.2007 folgende Pressemeldung: https://www.docs4you.at/Content.Node/PresseCorner/2007/Neue_Richtlinien_fuer_Mandeloperationen.pdf

    “Richtlinien für Mandeloperationen bei Kindern
    Tonsillektomie unter 6 Jahren soll die Ausnahme sein “

  68. #68 dickesB
    31. August 2012

    @Physiker
    der Artikel von Beulke und Dießner ist nun aus juristischer Sicht nicht der große Wurf, insbesondere wenn es um die religöse Motivation und Rechtfertigung der Beschneidung durch Einwilligung durch die Eltern geht. Er spiegelt vielmehr die im Moment immer mehr aufkommenden Fragen im Verhältnis moderner sekularer Verfassungsstaat-./. Religionsgemeinschaften wieder mit aus meiner Sicht religionsfreundlichen Auslegung (vorkonstitutionelles Recht wie der Weimarer Rechsverfassung etc.).

    Wie würden Sie die Entfernung von Körperteilen ohne medizinische Indikation nennen? Und eine Körperverletzung jede üble unangemesse Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht unerhblich beeinträchtigt. Ein Säugling ohne Narkose zu beschneiden, ist für diesen sicher keine Freude, von den Tagen danach ganz zu schweigen.

  69. #69 threepoints...
    31. August 2012

    @ Spoing· 31.08.12 · 14:15 Uhr

    “Woran liegt das eigentlich, dass man,selbst beim Zugucken, weniger Probleme damit hat sich die Nase zu brechen als nur einen Ball in die Kronjuwelen zu bekommen?

    -> Sensibilität des Körperteils. Siehe … sonsorischer Humunkulus…

  70. #70 Cornelius Courts
    31. August 2012

    @Christian: “Das Schlagen von Kindern scheint mir ein besseres Beispiel zu sein – da es ja aber auch viele Opfer prügelnder Eltern gibt, die später öffentlich mit diesen abrechnen oder gar mit ihren Familien brechen, würde ich doch erwarten, dass es auch im Falle selbst beschnittener Mediziner trotz allem so viele Kritiker geben müsste”

    naja, dazu müßte man erstmal die genauen Zahlen kennen. Es gibt ja auch genug Beschnittene (s. meinen aktuellen Blogbeitrag), die sich nachher gegen die Eltern wenden. Aber ist das repräsentativ? Wenn sich also sagen wir 10% der beschnittenen Mediziner nachträglich medienwirksam gegen die Beschneidung stellen, bleiben dennoch 90% heimliche Unterstützer.

    “woran sonst sollten sich Nicht-Mediziner in einer solchen Frage orientieren?”

    na, an Arbeiten aus nicht bias-verdächtigen Ländern, sowohl was den Sitz der Journals als auch die Herkunft der Autoren angeht. Am besten wären Arbeiten, die von Frauen geschrieben worden sind. Und wenn es die nicht gibt? Nun, dann sollte man die Beschneidung provisorisch erst einmal verbieten und eine staatliche und um alle unbilligen Einflussgrößen bereinigte, ausreichend große, neutrale Studie in Auftrag geben, auf die sich juristische Entscheidungen dann stützen könnten.

  71. #71 Aiko
    31. August 2012

    Es gibt in der Medizin generell eine Tendenz einfache Operationen zur Prophylaxe durch zu führen – Weisheitszähne und Mandeln wurden schon erwähnt. Blinddarm und Polypen ist auch mal sehr beliebt gewesen. Es gibt hier – und ich habe da bezüglich der USA diese Vermutung – einen ökonomischen Grund, dass man sich ein “Patientengut” für unkomplizierte Fälle aufbaut. Dabei sind Frauen und Mütter recht einfach zu überzeugen.
    Gerade das medizinische Denken ist hier kritisch zu sehen, wie Ludwig Fleck, aber auch Georges Devereux in ihren Untersuchungen zeigten. Ich traue daher solchen Studien wenig, die letztlich rechtfertigend argumentieren.

  72. #72 s.s.t.
    31. August 2012

    Zu den Ohrlöchern ist jetzt in einem Zivil(!)-prozess das Urteil gefäält worden. Aber, der Richter:

    Er habe schon im Vorfeld des Verfahrens und unter dem Eindruck des Kölner Urteils angekündigt, dass er die Staatsanwaltschaft bitten wird zu prüfen, “ob nicht ein Straftatbestand vorliegt”, zu Lasten von Frau W. oder auch der Eltern von Leonie, das müsse der Staatsanwalt entscheiden.

    https://www.welt.de/debatte/henryk-m-broder/article108902050/Siebzig-Euro-fuer-ein-Loch-im-Ohrlaeppchen.html

  73. #73 MartinB
    31. August 2012

    @roel
    ?? Da steht aber nirgends, dass in der Zeit Mandel-OPs noch prophylaktisch durchgeführt wurden, sondern nur, dass man sie möglichst vermeiden soll.

  74. #74 Dr. Webbaer
    31. August 2012

    @Spoing

    Von daher ist es sehr wichtig der Reihe nach vor zu gehen (…)

    Wichtich ist nicht der Reihe nach vorzugehen, sondern die relevanten Systeme: das Rechtssystem, die relig. Systeme mit ihren Vorgaben und die gerade gefahrene Kultur der Europäischen Aufklärung in einen Zusammenhang zu bringen.

    Der Artikel hat sich recht ordentlich bemüht, die allgemeine Diskussion fokussiert dagegen, bspw. auf medizinische Inhalte, auf atheistische Positionen oder eben auf radikal religiöse. – Witzigerweise gab es sogar, zumindest für diesen Kommentator, noch keine diesbezüglich umfassende Analyse aus jüdischen Kreisen zu lesen. In der Tat scheint hier das Sein das Bewusstsein oder das Sollen zu bestimmen, wie Courts auch weiter oben schreibt.

    Diese kleine hiesige kommentarische Debatte ist auch meist punktuell unterwegs.

    MFG
    Dr. Webbaer

  75. #75 s.s.t.
    31. August 2012

    @Aiko

    Babyvorhäute sind in den USA auch ein fettes Geschächäft, sowohl für den Schnibbler als auch für den Verwerter. Na ja, wers braucht…

  76. #76 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth: Man hat doch hier den Eindruck, als wären Beschneidungs-Befürworter imun gegen angeführte Belege für den Foltercharakter der Verstümmelung/Beschneidung und die Tatsache, daß Kinder daran sterben: immer diskutieren sie weiter über einen vermeintlichen Nutzen, offenbar wohlfeil bereit, das in Kauf zu nehmen – auf die Belege/Betroffenenberichte zu den überwältigenden Nachteilen gehen Sie nicht ein.

    Sagen Sie doch mal ein Wort zu den Nachteilen. Halten Sie das für übertrieben? Sollte man es in Kauf nehmen?

    Versetzen Sie sich doch mal die Lage eines Paares, deren Kind nach gelungener Beschneidung stirbt, dem der Penis abfault oder das kastriert durch die Welt läuft – sind Sie der Meinung, das ist in Kauf zu nehmen?

    Den Vogel aber schießt “Physiker” ab, der merkt noch nicht mal, wie die Metapher sein eigenes Argument ad absurdum führt:

    “Es gibt einfach keinen juristischen Grund, die Fürsorgepflicht der Eltern zu beschneiden, wenn eine Massnahme positiv berwertet wird.

  77. #77 loller
    31. August 2012

    @threepoints:
    Die Fragen soll der Autor beantworten, er ist der Mediziner.
    Und warum ist wohl bei Säuglingen und Kindern die Vorhaut fest mit der Eichel verbunden ?
    Weil Gott es so gewollt hat ?
    Wohl kaum …

  78. #78 s.s.t.
    31. August 2012

    @Name auf Verlangen entfernt

    @ Christian Reinboth: Man hat doch hier den Eindruck, als wären Beschneidungs-Befürworter imun gegen angeführte Belege für den Foltercharakter der Verstümmelung/Beschneidung und die Tatsache, daß Kinder daran sterben: immer diskutieren sie weiter über einen vermeintlichen Nutzen, offenbar wohlfeil bereit, das in Kauf zu nehmen – auf die Belege/Betroffenenberichte zu den überwältigenden Nachteilen gehen Sie nicht ein.

    Erstmals in meinem Leben stellt sich bei mir ein gemeinsames Kotzen mit Ihnen ein. (Nicht, dass ich nicht schon andere Ihrer Beiträge zu diesem Thema schätzen wusste.)

    Weder Autor noch Blogger gehen nenneneswert auf die Gegenargumente ein.

  79. #79 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @Cornelius Courts:

    Am besten wären Arbeiten, die von Frauen geschrieben worden sind. Und wenn es die nicht gibt?

    Die beiden oben zitierten Reviews haben – soweit ich das anhand der Vornamen richtig zuordnen kann – in einem Fall (Caryn L. Perera et al., “Safety and Efficacy of Nontherapeutic Male Circumcision: A Systematic Review” (2010)) eine weibliche Hauptautorin, im zweiten Fall (Brian J. Morris et al., “Infant male circumcision: An evidence-based policy statement” (2012)) mindestens zwei (es könnten aber auch bis zu vier sein) weibliche Co-Autorinnen. Wären die dann also in Ordnung? Nur auf Studien zurückgreifen zu wollen, die weder von betroffenen Männern geschrieben noch reviewt wurden noch in Verlagshäusern erschienen sind, in denen Betroffene tätig sind, würde letztlich ja eine verdammt hohe Hürde setzen…

    Und wenn es die nicht gibt? Nun, dann sollte man die Beschneidung provisorisch erst einmal verbieten und eine staatliche und um alle unbilligen Einflussgrößen bereinigte, ausreichend große, neutrale Studie in Auftrag geben, auf die sich juristische Entscheidungen dann stützen könnten.

    Verfiele man damit nicht in das gleiche Argumentationsmuster wie beispielsweise Gentechnik-Gegner, die dem Peer Review ja in der Regel ebenfalls nicht trauen, so gut wie alle Studienergebnisse ablehnen und fordern, es müsse erst einmal eine ausreichend große Anzahl X an Studien über Y Jahre von Wissenschaftler/innen durchgeführt werden, die keinerlei Verbindung zu Unternehmen haben oder je hatten, die gentechnische Erzeugnisse einsetzen etc. pp. – und das bis zur Erreichung dieser Forderungen erst einmal vorsorglich alles verboten werden sollte?

  80. #80 Physiker
    31. August 2012

    @MartinB:
    Ich denke nicht, dass es ein perfektes Beispiel gibt, das als Analogie zur Beschneidung dienen kann. Deshalb ist die Diskussion auch so schwierig. Ich habe bisher nur Beispiele zu Einzelaspekten gefunden. Die Zahnspange/Impfung ist selbstverständlich kein Beispiel für das Entfernen eines Körperteils, sie ist aber sehrwohl ein Beispiel dafür, dass sich der medizinische/ästhetische Nutzen nicht instantan entfalten muss. Ich denke, der Punkt ist der, dass das Aufrechnen von Körperteilen der Art, dass z.B. die Entfernung 1cm^2 Hauts soviel wert ist wie das Entfernen eines Weissheitszahns oder 1cm^3 Rachenmandel, 2cm^3 Nasenpolypen etc. unsinnig ist – oder noch extremer die Argumentation der meisten Beschneidungsgegner: Das Entfernen eines Körperteils sei nicht unumkehrbar und nicht wieder gut zu machen, also ist der Schaden praktisch unendlich hoch.
    Eine solche Argumentation geht aber an der Realität vorbei. Was zählt ist der medizinische Nutzen/Schaden (der auch psychologische und funktionelle Schäden einschliesst). Nehmen wir Ihr Beispiel von den doppelt vorhandenen Organen. Ich glaube nicht, dass das verminderte Krebsrisiko durch das prophylaktische Entfernen eines der beiden Organe, die Nebenwirkungen und die verminderte Lebensqualität (falls auch noch das verbleibende Organ versagt – was ja auch nicht so selten ist) rechtfertigt. Genauso rechtfertigt alleine die Möglichkeit irgendwann an einer Phimose zu leiden auch noch nicht die prophylaktische Entfernung der Vorhaut. Es ist die Summe der oben aufgelisteten Vorteile, die den Ausschlag gibt.

  81. #81 roel
    31. August 2012

    @MartinB Also bis 2007 wurden in Österreich unter 6-Jährigen bei Mandelentzündung zu oft die Mandeln entfernt. Jetzt geht das in stark reduzierten Ausnahmefällen. Diese vormals ausgeführten Mandeloperationen waren also nicht notwendig und dienten der Vorbeugung einer erneuten Mandelentzündung.

  82. #82 s.s.t.
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth

    Liste doch bitte mal auf, welche gesundheitlichen Vorteile Säuglinge, Kleinkinder und Heranwachsende von einer Beschneidung haben.

    Nein, kannst Du nicht?

    Ziemlich traurig für einen Befürworter, aber selbstverständlich nicht anders zu erwarten.

  83. #83 christof
    31. August 2012

    Leut…

    70% von euch diskutieren in einer Form, einem Ton, einer unterschwelligen Aggressivität und einer geradezu schwurbeligen Eso-Haltung:

    “Deine Argumente lese ich zwar, mir fällt auch kein fundiertes oder belegtes Gegenargument ein, also beschimpfe ich Dich halt, bzw. polemisiere das Ganze.”

    Herzlichen Glückwunsch!

    Und das in den Scienceblogs. Peinlich ist das. Gegenseitiges zerfleischen und statt mit Fakten mit irgendwelchem Blödsinn daher kommen.

  84. #84 Physiker
    31. August 2012

    @Thomas J:

    meine erste Frage, ob ich mich jetzt nicht vernünftigerweise beschneiden lassen soll, war übrigens ernst gemeint.

    Die Beantwortung dieser Frage wird Ihnen niemand abnehmen. Viele der angegebenen gesundheitlichen Vorteile der Beschneidung sind auch durch andere Massnahmen zu erreichen – als Erwachsener Mensch können Sie frei entscheiden. Genauso wie die Eltern stellvertretend für ihre Kinder frei entscheiden dürfen, solange das Wohl des Kindes gewahrt bleibt.

  85. #85 s.s.t.
    31. August 2012

    @christof

    Sprich die “70 %” direkt an, wenn Dir etwas nicht passt. Funkstille auf Gegenargumente können den Blutdruck durchaus höher treiben.

    Iss sich übrigens unter Wissenschaftler kein seltenes Phänomen. Da geht es mitunter noch viel ‘heißer’ her.

  86. #86 MartinB
    31. August 2012

    @roel
    Zu oft ist nicht dasselbe wie prophylaktisch.

    @Physiker
    “Was zählt ist der medizinische Nutzen/Schaden (der auch psychologische und funktionelle Schäden einschliesst).”
    Eben. Und hier sind die Befürworter in der Pflicht, nicht nur nachzuweisen, dass die Beschneidung einen Vorteil bietet, der die möglichen Komplikationen und die Schmerzen (die niemand wirklich beurteilen kann, weil man Säuglinge schlecht befragen kann) aufwiegt, sondern zusätzlich auch noch zu zeigen, dass dieser Vorteil nicht erreicht werden kann, wenn mit der Beschneidung bis zum einwilligungsfähigen Alter gewartet wird.

    Und ich werde jetzt mal sarkastisch: Wenn die Islamisten beweisen könnten, dass die Ganzkörperverhüllung das hautkrebsrisiko drastisch senkt, sind wir dann auch plötzlich dafür oder zumindest weniger dagegen? Sollte das überhaupt ein Argument sein?

  87. #87 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @s.t.t.:

    Liste doch bitte mal auf, welche gesundheitlichen Vorteile Säuglinge, Kleinkinder und Heranwachsende von einer Beschneidung haben.

    Den Zusammenfassungen der obigen Reviews entnehme ich, dass eine Beschneidung grundsätzlich gesundheitliche Vorteile haben kann, die sich aber natürlich erst im späteren Lebensalter entfalten – das steht, denke ich, völlig außer Frage. Von daher könnte eine Beschneidung natürlich auch erst später vorgenommen werden – wobei da ja aber offenbar ein größeres Komplikationsrisiko besteht. Für die Frage, ob man es z.B. jüdischen Eltern verbieten lassen sollte, ihre Söhne beschneiden zu lasssen, ist ja aber – zumindest aus meiner Sicht – weniger entscheidend, wie groß die Vorteile einer Beschneidung ggf. sind bzw. wann diese zum Tragen kommen könnten, sondern vielmehr, welche Nachteile zu erwarten sind. Ist mit erheblichen Nachteilen zu rechnen, ist der Eingriff nicht zu befürworten. Ist dies jedoch nicht der Fall, gäbe es aus meiner Sicht keinen Grund, hier korrigierend in die elterlichen Rechte einzugreifen, die ja auch in ganz anderen Fällen für ihre Kinder entscheiden können. Ist das aus Deiner Sicht eine unverständliche Haltung?

  88. #88 roel
    31. August 2012

    @MartinB “Zu oft ist nicht dasselbe wie prophylaktisch” Welcher Grund kann ausserdem für “zu oft” vorliegen?

  89. #89 Dr. Webbaer
    31. August 2012

    Man könnte sich auch einmal fragen, warum die männliche Zirkumzision überhaupt vorgesehen ist – >:-> – was die Nachricht oder Funktion der Veranstaltung ist.

    Zum Medizinischen ist ja nun einiges vorgetragen, manche sehen die vielleicht hilfreiche Prävention im Vordergrund, manche die Unfallwahrscheinlichkeit bzw. die Entschwanzung oder gar den Exitus.

    Mal ganz unter uns, flapsig formuliert & hypothetisch: Keiner von uns hätte sich freiwillig und auf unserem heutigen intellektuellen Niveau im Babyalter oder im Alter des Heranwachsenden (so machen’s die Moslems, der Junge sitzt danach auch gerne im Rollstuhl für ein paar Tage bis Wochen) freiwillig “für J* oder Allah” derart unten rummachen lassen, oder?

    MFG
    Dr. Webbaer

  90. #90 Physiker
    31. August 2012

    @Wolf:

    Es müssten also alle Neugeborenen Jungen in D beschnitten werden. Weil sonst werden doch die atheistischen und christlichen Kinderchen deutlich benachteiligt, wenn es denn so gesund ist beschnitten zu werden.

    Wie Joseph Kuhn hier sehr schön erklärt, sind gesundheitliche Pflicht-/Zwangs-massnahmen (gerade für Kinder) mit besonders hohen Auflagen verbunden. Es gibt also keinen Grund eine solche Extremposition zu fordern. Insbesondere betont auch jeder Fachartikel, dass die Beschneidung eine Massnahme bleiben muss, die nach ausführlichster Aufklärung der Eltern nicht aufgezwungen werden darf.

  91. #91 MartinB
    31. August 2012

    @roel
    Unter “prophylaktisch” im Zusammenhang hier verstehe ich “Ohne jede Indikation”.
    “Zu oft” bedeutet, dass Mandeln rausgeschraubt wurden, wenn eine z.B. Infektion vorlag, auch wenn man diese anders hätte bekämpfen können.

    @Christian
    “Ist mit erheblichen Nachteilen zu rechnen, ist der Eingriff nicht zu befürworten.”
    Dass eine Operation (einschließlich Schmerzen oder Schmerzmitteln) per se erst einmal ein rechtfertigungsbedürftiger nachteil ist, sollte eigentlich schon klar sein, finde ich.
    Insofern kann eben doch nur befürwortet werden, wenn die Vorteile überwiegen.

  92. #92 christof
    31. August 2012

    @ s.s.t.
    Bei dieser “Diskussion” wird offenbar nicht gerne Argument vs. Argument abgewägt und erörtert. Hier scheint es eher um Glaubenskriege zu gehen.

    Normalerweise ist das ja sonst Atheist vs. Gläubige, Eso gegen Evidenz-ba-Medi., …

    Naja, und jetzt ist ein Thema gefunden, bei dem genau das auch innerhalb der wissenschaft-affinen Leserschaft los geht. Daher: Peinlich

    Der Artikel selbst ist einer der Besten, die ich hier je gelesen habe.
    Die Diskussion dazu ist leider die Schlechteste.

    Deswegen bin ich raus.

  93. #93 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @MartinB:

    Dass eine Operation (einschließlich Schmerzen oder Schmerzmitteln) per se erst einmal ein rechtfertigungsbedürftiger nachteil ist, sollte eigentlich schon klar sein, finde ich. Insofern kann eben doch nur befürwortet werden, wenn die Vorteile überwiegen.

    Das ist eine wirklich schwierige Frage, auf die ich auch keine Antwort habe. Eltern entscheiden so vieles, was für die Kinder mit potentiell negativen gesundheitlichen – und anderen – Folgen verbunden sein kann. Ob die Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen werden oder nicht. Ob eine Zahnspange eingesetzt wird oder nicht. Ob Ohrlöcher gestochen werden oder nicht. Ob das Kind sich ausschließlich von Burgern und Fritten ernährt oder nicht. Ob das Kind in einer von Zigarettenrauch geschwängerten Wohnung aufwächst oder nicht. All das liegt – zumindest nach unserer heutigen Rechtsauffassung – im Ermessen der Eltern, obwohl wir sehr genau wissen, dass bestimmte Entscheidungen sich im Grunde ausschließlich negativ auf das Kind auswirken können und Schöden verursachen, die irreparabel sind (Asthma, Diabetes etc. bis hin zum Tod). Trotzdem werden die Rechte der Eltern nicht beschnitten – da scheint es mir zumindest kontraintuitiv zu sein, damit nun bei einer Maßnahme anfangen zu wollen, über die in der Fachwelt zumindest Uneinigkeit herrscht, und der viele Fachleute durchaus überwiegend positive Auswirkungen bescheinigen, wie die Zusammenfassung der Reviews im Gastartikel ja gezeigt hat.

  94. #94 Physiker
    31. August 2012

    @MartinB:

    Und hier sind die Befürworter in der Pflicht, nicht nur nachzuweisen, dass die Beschneidung einen Vorteil bietet, der die möglichen Komplikationen und die Schmerzen (die niemand wirklich beurteilen kann, weil man Säuglinge schlecht befragen kann) aufwiegt,

    Genau dies machen doch die zitierten Reviews von Morris und Perera. Letzerer beschäftigt sich genau mit dem Schmerzempfinden zu dem es sogar eine RCT (randomisierte kontrollierte Studie) gibt.

    […] sondern zusätzlich auch noch zu zeigen, dass dieser Vorteil nicht erreicht werden kann, wenn mit der Beschneidung bis zum einwilligungsfähigen Alter gewartet wird.

    Warum sollte man dies bei der Beschneidung fordern, aber bei anderen medizinischen Eingriffen nicht? Wie ich schrieb, würde das eine wortwörtliche Interpretation des “Kindeswohls” voraussetzen, die wohl im Interesse von niemandem wäre.

    Wenn die Islamisten beweisen könnten, dass die Ganzkörperverhüllung das hautkrebsrisiko drastisch senkt, sind wir dann auch plötzlich dafür oder zumindest weniger dagegen? Sollte das überhaupt ein Argument sein?

    Warum nicht? Ich dachte eigentlich, die Ganzkörperverhüllung wäre in Deutschland erlaubt (im Gegensatz zu Frankreich)… wenn der Staat die Freiheiten der Bürger einschränkt, braucht er schon sehr gute Gründe und ich bin froh, dass man sich in Deutschland relativ liberal kleiden kann (abgesehen davon ist eine Ganzkörperverhüllung auch keine Operation – es ist also irgendwie naheliegend, dass medizinische Gründe im einen Fall ausschlaggebender sind als im anderen).

  95. #95 Aiko
    31. August 2012

    @ s.s.t.· 31.08.12 · 14:27 Uhr

    Es werden etwa 1,2 Mill. Beschneidungen an Neugeborenen geschätzt in den USA, was zwischen $150 und $270 Mio. bedeutet.
    https://pediatrics.aappublications.org/content/103/3/686.full
    Ansonsten gilt in den USA seitens der AMERICAN ACADEMY OF PEDIATRICS, dass Beschneidungen nicht als Routineeingriff, nicht als Prophylaxe und nicht als generell für alle männlichen Neugeborenen gesehen werden sollte. Einfach weil die Datenlage das nicht hergibt.

    Die Diskussion bringt aber nichts – medizinische Argumente sind für eine Gesetzesbegründung in diesem Fall wenig nützlich, schließlich richtet sich das Kölner Urteil gegen die Beschneidung aus nicht-medizinischen Gründen. Und für diesen Fall ist dann eben zu regeln unter welchen Bedingungen körperverletzende Eingriffe vorgenommen werden können und ob Religion (Judentum) und Tradition (Islam) ausreichende Gründe sind.

  96. #96 MartinB
    31. August 2012

    @Christian
    Hier geht es doch nicht um “potentiell nachteilig”. Daran, dass auch die beste Operation unangenehm bis schmerzhaft ist, kann doch kein zweifel bestehen.

    @Physiker:
    Wie misst man denn das Schmerzempfinden der beschnittenen Säuglinge. Es geht ja nicht bloß darum, wie es einem als Erwachsener hinterher geht – nein, überraschenderweise haben auch Säuglinge Gefühle (und Schmerzen) und können diese (anders als Erwachsene) nicht rationalisieren. Ich vermisse in all diesen Diskussionen immer die Empathie mit den Säuglingen selbst, da wird immer nur geguckt, ob die Erwachsenen später drunter leiden.

    Das allein scheint mir ein guter Grund, mit jedem Eingriff, bei dem das möglich ist, so lange zu warten, bis man ihn dem Patienten erklären kann.

  97. #97 Physiker
    31. August 2012

    @dickesB:

    Wie würden Sie die Entfernung von Körperteilen ohne medizinische Indikation nennen?

    Die Argumentation über die angeblich fehlende Indikation ist ein Zirkelschluss/tautologisch. Es entscheidet nämlich einzig und alleine der behandelnde Arzt darüber, was indiziert ist. Und dabei richtet er sich hoffentlich u.a. an der medizinischen Fachliteratur. So funktioniert Evidenzbasierte Medizin.

  98. #98 loller
    31. August 2012

    Da ja alle auf die oben genannten Links verweisen statt mal zu hinterfragen, hier was metacrawler auf der ersten Seiten bei Suchkriterium: “funktion der männlichen vorhaut” gefunden hat

    LESEBEFEHL:

    https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/aerzte-und-krankenkasse/aerztemeinungen.html

    https://www.paradisi.de/Health_und_Ernaehrung/Anatomie/Vorhaut/

    https://www.phimose-info.de/kostbare-huelle-die-geheimnisse-der-vorhaut/wozu-dient-die-vorhaut.php

    https://de.wikipedia.org/wiki/Vorhaut

    https://www.auxiliaris.org/wenn-die-vorhaut-abhaut-mannliche-beschneidungen-eine-schlimme-korperverletzung/

    Das Hauptargument in den USA war und ist immer noch das logischerweise die pöse pöse Masturbation die bekanntlichermaßen zur Blindheit führt wirksam unterbunden wird.
    QED …

  99. #99 Jürgen Schönstein
    31. August 2012

    Eigentlich ist in den frühreen Beiträgen schon alles gesagt worden. Und auch dieser lange Beitrag ändert nichts an den zwei Grundtatsachen:

    – Es geht hier ausdrücklich nicht um eine medizinisch indizierte Beschneidung. Wenn dem so wäre, dann müsste es einen Primat der Medizin geben, d.h. der Eingriff würde nach einer medizinischen Indikation und unter medizinischen Bedingungen (= mit medizinischer Betäubung in einer medizinischen Einrichtung) durchgeführt. Aber dies ist ausdrücklich nicht der Fall. Und eine medizinische Indikation würde den Eingriff ausdrücklich nicht bei einem Kleinstkind vorschreiben. Mit anderen Worten: Die medizinische Indikation greift erst im späteren Alter.

    – Das Recht auf Religionsfreiheit ist nicht uneingeschränkt, und es wiegt ausdrücklich nicht höher als das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Auch die Scharia wäre als Religionsausübung zu sehen, doch daraus das Recht auf Steinigung, Verstümmelung Anderer etc. abzuleiten, halten wir nicht für akzeptabel. Oder tun wir das, Herr Physiker?

  100. #100 Physiker
    31. August 2012

    @Wolfgang:

    Was verwundert mit keinem Wort wird die Kinderrechtskonvention aus 1989 erwähnt, die ja in DE ratifiziert ist, auch in Israel und in allen Staaten mit muslimischer Bevölkerung (ausser Somalia).

    Da haben Sie Recht. An irgendeiner Stelle musste ich aber leider einen Punkt machen. Die Kinderrechtskonvention wäre ein eigenes Thema gewesen, und es ist mir sehr schwer gefallen, an dieser Stelle den Cut zu machen.
    Da ich mich nicht dazu informiert habe, kann ich diesen Punkt nur insoweit kommentieren, dass die von Ihnen aufgeführten Artikel nicht im Widerspruch zu meiner obigen Argumentation stehen. Denn gesundheitlich vorteilhafte Massnahmen sind auch nach der Kinderrechtskonvention nicht verboten.

    In obigem Kommentar wird die Sache so dargestellt, dass kein medizinisches Risiko bestünde.

    Nein. Die medizinischen Risiken sind bekannt, werden im Morris-Review aufgelistet und verlinkt. Unter anderem auch dieser systematische Review, mit dem selben Fazit, dass es nur wenige schwerwiegende Komplikationen gibt.

    Warum kann man Kinder nicht körperlich unversehrt lassen, auch wenn etwas anderes Brauch ist/war, bis sie selbst entscheiden können […]

    Kurz: weil das ein Eingriff in zwei Grundrechte wäre.

  101. #101 Aiko
    31. August 2012

    @Physiker

    Es entscheidet nämlich einzig und alleine der behandelnde Arzt darüber, was indiziert ist. Und dabei richtet er sich hoffentlich u.a. an der medizinischen Fachliteratur. So funktioniert Evidenzbasierte Medizin.

    Das nennt sich autoritär.
    Ich habe bisher immer mit-entschieden und rate auch allen Menschen selbst zu entscheiden, was indiziert ist. Das hat viele Eingriffe, die man so aufgeschwatzt bekommt, verhindert.
    Da wird die Evidenzbasierte Medizin zum Instrument einer bevormundenden Ärzteschaft. Was ist denn an Daten evident?

  102. #102 dickesB
    31. August 2012

    @Physiker
    Auch ich bin ein Anhänger der evidenzbasierten Medizin!
    Indiziert ist ein Eingriff, wenn er notwendig oder medizinisch sinnvoll ist. Einigkeit über die Indizierung dürfte bei bestimmten Erkrankungen bestehen. Und auf Grund der obigen Studien erscheint es gerade nicht eindeutig medizinisch notwendig zu sein, die Beschneidung vorsorglich bei Kleinkindern vorzunehmen um eventuell vor bestimmten Risiken als Erwachsener geschützt zu sein, das geben die Daten z.B. zum viel zitierten Peniskarzinom nicht her. Zumal ja die medizinische Rechtfertigungsschiene als Rechtfertigung soll für die religös motivierte Beschneidung, bei der die betroffene Person sein Veto nicht einlegen kann mangels Artikulationsfähigkeit.

  103. #103 dickesB
    31. August 2012

    @Physiker “Kurz: weil das ein Eingriff in zwei Grundrechte wäre.”

    In welche Grundrechte des Kindes?

  104. #104 Physiker
    31. August 2012

    @Jürgen Schönstein:
    Sie haben Recht. Ich habe hier nur mehrere Gedanken aus meinen Kommentaren zu einem konsistenten Bild – unter Berücksichtigung der Fachliteratur – zusammengetragen. Ich glaube aber doch, dass dieser Artikel frinschen Wind in die Diskussion bringt, weil ich diese Argumente in den Mainstream-Medien sträflich vermisse.

    – Es geht hier ausdrücklich nicht um eine medizinisch indizierte Beschneidung.

    Doch. Ein Blick auf den Titel des Artikels genügt. Es geht mir genau darum, zu zeigen, dass eine prophylaktische Beschneidung durch die medizinische Fachliteratur gestützt ist. Es geht mir nicht darum, zu zeigen, dass jeder religiöse Brauch durch die Fachliteratur gestützt ist. Das ist nämlich nicht der Fall. Denn wie ich bereits schrieb leiten sich aus der obigen Argumentation genau die Empfehlungen der Ethik-Kommission zur Beschneidung ab – und diese stellen keinen Freibrief (aber auch keine unüberwindbare Hürde) für die grossen Religionen dar.

    Wenn dem so wäre, dann müsste es einen Primat der Medizin geben, d.h. der Eingriff würde nach einer medizinischen Indikation und unter medizinischen Bedingungen (= mit medizinischer Betäubung in einer medizinischen Einrichtung) durchgeführt.

    Genau das ist mehr oder weniger die logische Forderung aus der obigen Argumentation.

    Aber dies ist ausdrücklich nicht der Fall. Und eine medizinische Indikation würde den Eingriff ausdrücklich nicht bei einem Kleinstkind vorschreiben. Mit anderen Worten: Die medizinische Indikation greift erst im späteren Alter.

    Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor, was das Wort “Indikation” bedeutet. Siehe hier.

    – Das Recht auf Religionsfreiheit ist nicht uneingeschränkt, und es wiegt ausdrücklich nicht höher als das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

    Habe ich im obigen Artikel etwas anderes behauptet?

  105. #105 Thomas J
    31. August 2012

    Ach kommt, lassen wir doch die ermüdende Diskussion. Ist doch nur ein Stücklein Haut bei einem Baby, wen interessierts?
    Wir ungläubigen, bösen Atheisten wollen ja nur primitives Religionsbashing auf dem Rücken – pardon – Zipfel von Kleinkindern machen.
    Und da wir selber ja eh keine Kinder haben, kinderfeindlich sind uns zuwenig fortpflanzen und darum egoistische Parasiten in der Gesellschaft, (natürlich nur von kinderreichen religiösen Familien, die auch die einzigen sind, die sich freiwillig engagieren) getragen, sind, sind wir sowieso nicht qualifiziert, hier mitzureden.
    Wer gibt uns schon das Recht, diesen Babies das Recht auf ihren Bund mit Gott wegzunehmen?

    Gebts zu, ihr seid alle neidisch, habt ihr nicht so einen tollen beschnittenen Penis.

    Ich melde mich jetzt jedenfalls im nächsten Spital, lass mir dieses lästige Ding abmachen und hab dann ganz tollen Sex mit Gott, nein… meiner Freundin natürlich, aber Gott ist mit im Bunde, ist das nicht toll? Und Kinder mach ich auch noch, hoffentlich wirds ein Junge.
    Falls mich mein Junge in 15 Jahren dann mal fragt, wieso er beschnitten ist, sag ich ihm, dass das eine ganz rationale Entscheidung war, medizinisch zu seinem Vorteil. Mei, wird sich mein junge freuen, hat er so einen vorausschauenden, gescheiten Papa.

  106. #106 loller
    31. August 2012

    @physiker:
    Es gibt nur eine medizinische Indikation für eine Beschneidung, die Phimose.
    Hier noch ein Link über die Funktion der Vorhaut:

    https://research.cirp.org/index-e.html

    Da findet sich dann unter anderem dieses Zitat:
    “Summary

    The various parts of the penis, including the foreskin, form a functional whole. The foreskin is the primary sensory tissue of the penis. The ridged band of the foreskin is built to trigger orgasm and ejaculation.”

    Und es gibt keine erwiesenen Zusammenhänge zwischen Geschlechtskrankheiten und Beschneidungen.

  107. #107 OliverS
    31. August 2012

    Schade. Mich erstaunt immer wieder, wie viel Energie man dafür verschwenden kann, fragwürdige und entwürdigende Rituale zu rechtfertigen. Auch das Recht zum Lutschen am Penis eines Jungen durch den Mohel ist also durch das Grundgesetz garantiert? Prost Mahlzeit.

  108. #108 Physiker
    31. August 2012

    Um ein weiteres Missverständnis zum “Indikationsbegriff” zu beseitigen:

    Der Arzt stellt die Indikation

    Die medizinische Indikationsstellung ist das Instrument, mit dem der Arzt über Wert und Unwert einer bestimmten medizinischen Maßnahme im konkreten Falle entscheidet.

    und der Patient bzw. dessen Stellverstreter (bei nicht-Einwilligungsfähigkeit) entscheidet frei darüber ob er den Eingriff durchführen will.

    In Deutschland vertreten die Ärzte(vereinigungen) überwiegend die Meinung, dass eine prophylaktische Beschneidung nicht indiziert (d.h. nicht angemessen/angebracht) ist (siehe Links im Artikel). In den USA ist die Mehrheit der Ärzte genau gegenteiliger Auffassung (siehe hier). Deshalb ist die Bauhauptung, irgendein Eingriff sei indiziert, kein Argument. Man muss schon präzisieren, worauf sich diese Bauhauptung stützt (z.B. auf die Fachliteratur/Erfahrung des Arztes/Empfehlung eines Dachverbandes/etc.).

    Falls hier Ärzte mitkommentieren, dürfen sie mich gerne korrigieren.

  109. #109 loller
    31. August 2012

    @OliverS:
    Der Artikel soll die rechtliche Lage aus medizinischer Sicht zeigen, da kommen Mohel nicht vor.
    Trotzdem gibt der Artikel nichts her was eine präventive Beschneidung aus medizinischen Gründen erlauben würde.

  110. #110 Dr. Webbaer
    31. August 2012

    Interessant bleibt natürlich, warum sich hiesige Debattanten immer noch nicht zu einer umfassenden Betrachtung der Veranstaltung (s.o.) haben empor schwingen können.

    Mit dem Hervorheben von Aspekten ist ja nicht getan.

    Woran hapert’s?

    MFG
    Dr. Webbaer

  111. #111 Joseph Kuhn
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth 13:27: Wenn mit “Einigkeit” in Deinem Kommentar auf eine eindeutige Evidenzlage abgehoben werden sollte, ist das Argument grundsätzlich o.k., Dein Kommentar hörte sich für mich zunächst nach einem Appell an einen common sense an. Fraglich bleibt allerdings nach wie vor, ob diese eindeutige Evidenzlage z.B. mit dem von “Physiker” angeführten Review von Morris wirklich gegeben ist. Zumindest darüber besteht keine “Einigkeit”. Mir ist eine Aussage im Votum des Ethikrats daher ganz sympathisch: dass man mehr zu dem Thema forschen solle. Bei diesem Thema scheint es in der medizinischen Bewertung doch einige seichte Stellen zu geben. Ansonsten gehe ich davon aus, dass man den Religionsgemeinschaften hier wohl aus Gründen des gesellschaftlichen Friedens entgegen kommen muss, auch wenn sich mir nach wie vor nicht erschließt, warum sich das religiöse Selbstverständnis der betroffenen Religionsgemeinschaften so stark am Beschneidungsgebot (und nicht etwa am Tötungsverbot oder anderen ethisch konsensfähigen Normen) festmacht.

  112. #112 Dr. Webbaer
    31. August 2012

    > warum sich das religiöse Selbstverständnis der betroffenen Religionsgemeinschaften so stark am Beschneidungsgebot (…) festmacht.

    Warum wohl?

    MFG
    Dr. Webbaer

  113. #113 Joseph Kuhn
    31. August 2012

    @ Dr. Webbär: Ein wenig rhetorisch war die Frage zugegebenerweise schon, aber für die Religionsgemeinschaften sollte sie das nicht sein. Eine dazu passende Lektüre, im Urlaub gerade gelesen, kann ich noch empfehlen: “Das Spinoza-Problem” von Irvin Yalom. Das Buch behandelt u.a. die Frage nach der Rolle gemeinschaftserhaltender religiöser Rituale und der damit zugleich einhergehenden Normierungsmacht.

  114. #114 MartinB
    31. August 2012

    @Christian
    Wenn es keine Evidenz dafür gäbe, dass Beschneidung evtl. auch medizinisch positive Konsequenzen hat, wärst du dann für ein verbot?

  115. #115 Dr. Webbaer
    31. August 2012

    @Kuhn
    Was denken Sie, gibt es vielleicht trivialere Gründe eine derartige Maßnahme durchzusetzen?
    Es geht hier nicht um das Ritual an sich.

    Das aber nur ganz nebenbei, allzu erdig will es Dr. W nicht ausdrücken.

    MFG
    Wb

  116. #116 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @MartinB: Schwer zu sagen. Ein Verbot ginge mit einer ganz erheblichen kulturellen Zäsur einher und könnte unter Umständen dazu führen, dass jüdische und muslimische Gemeinden unser Land verlassen, dass Kinder heimlich und unprofessionell beschnitten werden etc. pp. Das würde ich als Entscheidungsträger nur in Kauf nehmen wollen, wenn ich angesichts der medizinischen Evidenz davon überzeugt wäre, dass eine Beschneidung nicht nur keine medizinisch positiven Konsequenzen hat, sondern im Gegenteil (zumindest statistisch betrachtet) zu erheblichen negativen Konsequenzen führt.

  117. #117 roel
    31. August 2012

    @Joseph Kuhn “auch wenn sich mir nach wie vor nicht erschließt, warum sich das religiöse Selbstverständnis der betroffenen Religionsgemeinschaften so stark am Beschneidungsgebot (und nicht etwa am Tötungsverbot oder anderen ethisch konsensfähigen Normen) festmacht.”

    Das Problem mit den Geboten oder Ritualen der Religionsgemeinschaften ist, dass diese festgelegt, so zu sagen in Stein gemeisselt, sind. Obwohl uns eine vorhautschonender Bund mit Gott möglich erscheint, ist die Religion nicht in der Lage einen anderen Bund mit Gott zu wählen. Das Symbol für den Bund ging von Gott aus, also müsste Gott dieses Symbol ersetzen. Das ist eine gravierende Änderung, die (denke ich) zur Spaltung einer Religion führen kann, aber die auch gar nicht zur Disposition steht.

    Ich hatte diese Idee bei Dir im Blog schon gesehen und wollte das eigentlich kommentieren. Stell Dir vor das Symbol der Einheit eines Volkes wäre die Nationalhymne. Und jetzt kommen atheistische Deutsche daher und versuchen den Engländern ihr “god save the queen” zu verleiden. Gott gibt es nicht und schützen kann er deshalb auch niemanden, macht doch besser ein “Science for the queen” daraus. Wobei jetzt wundert mich gerade, was denn mit den englischen Antitheisten los ist…

  118. #118 Joseph Kuhn
    31. August 2012

    @ roel: Angeblich waren auch die 10 Gebote in Stein gemeißelt, das 5. lautet: “Du sollst nicht töten”. Welche Rolle Gott bei all dem spielt, ist die Frage, die den Religionsgemeinschaften von der Aufklärung gestellt wurde, wie gesagt, sehr lesenswert dazu das Buch von Irvin Yalom.

  119. #119 dierk schäfer
    31. August 2012

    O je, „ein großer Aufwand schmählich ist vertan.“ Sowohl der Aufwand des Schreibers als auch der seiner Leser.
    In der Diskussion um das Beschneidungsrecht geht es nicht um die medizinisch-epidemiologischen Vorzüge der Beschneidung im Lebensalter sexueller Aktivität, sondern um das Recht von Eltern, einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ihrer Kinder zuzulassen, der ausschließlich religiös begründet wird, Kinder, die eben noch nicht sexuell aktiv sind. Das heißt, hier ist lediglich das Recht auf bestimmte Formen religiöser Erziehung abzuwägen gegen das Kindeswohl.
    Wie man liest, ist auch innerhalb der betroffenen Glaubensrichtungen die Beschneidung nicht unumstritten. Wir haben es also mit Fundamentalisten zu tun und der Einhegung ihrer Rechte, ohne diese grundgesetzwidrig einzuschränken. Thats all!
    Dazu
    https://www.welt.de/debatte/article108845278/Nicht-die-Beschneidung-macht-den-Juden.html?config=print
    https://dierkschaefer.wordpress.com/2012/08/24/die-beschneidungsversuche-des-ethikrates/
    https://dierkschaefer.wordpress.com/2012/07/17/gott-wurde-schon-allerhand-abgewohnt/
    Wer selber sexuelle Gewalt erfahren hat, sollte sich das lieber nicht anschauen und anhören, die Befürworter der Beschneidung schon: https://www.gesundheitssite.com/beschneidung-video

  120. #120 Dr. Webbaer
    31. August 2012

    Woran die Debatte auch leidet, einige Punkte sind bereits oben ausgeführt, ist natürlich die mangelnde Beschäftigung mit dem Judentum und dem Islam.

    Am ehesten würde Dr. W hier noch bei Dr. K auf Einsicht hoffen.

    So, wie die Sache zurzeit diskutiert wird, also auch in absoluter Unkenntnis des Islam, geht natürlich nicht viel. Natürlich wird sowohl dem Judentum als auch den Anderen beizeiten der I. ins Gesicht springen, das unterbewusste Erkennen dieser Folge spielt schon jetzt hienein in die hiesigen Erörterungen. Man sollte die Debatte aber klarer führen.

    MFG
    Dr. Webbaer

  121. #121 roel
    31. August 2012

    @Joseph Kuhn Der Bund ist durch Gott mit Abraham geschlossen worden und das Symbol ist die Beschneidung. Da kann kein Aussenstehender das Symbol ersetzen.
    Willst du den Juden oder den Moslems ihre Religion erklären und Verbesserungsvorschläge einreichen. Das geht nicht.

  122. #122 MartinB
    31. August 2012

    @Christian
    Danke für die ehrliche Antwort, die erwartungsgemäß zeigt, dass die medizinischen Gründe nur ein Vorwand sind, um etwas zu rechtfertigen, das man ohnehin tun würde.

    Und nochmal: Dass eine Beschneidung ganz konkret für einen Säugling ein negatives Erlebnis ist, daran kann doch wohl kein Zweifel bestehen. Fraglich kann allenfalls sein, wie stark negativ entweder die Schmerzen wahrgenommen werden oder die Nebenwirkungen der Schmerzmittel.

    “dass Kinder heimlich und unprofessionell beschnitten werden”
    ist in der Tat das einzige Argument, das ich noch irgendwie nachvollziehen kann. Zwar traurig, aber diese Konsequenz ist wohl zu befürchten. Da aber die aktuelle Praxis ja auch nicht gerade einwandfrei ist, würde man netto vermutlich immer noch gewinnen.

  123. #123 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @MartinB:

    Danke für die ehrliche Antwort, die erwartungsgemäß zeigt, dass die medizinischen Gründe nur ein Vorwand sind, um etwas zu rechtfertigen, das man ohnehin tun würde.

    Ich würde es etwas anders formulieren: Die medizinischen Gründe sind kein Vorwand um die Beschneidung zu rechtfertigen, vielmehr braucht es aus meiner Sicht einfach gewichtige medizinische Gründe um die Beschneidung zu verbieten. Und da ein Großteil der Fachwelt diese offenkundig sogar als vorteilhaft einstuft, sind diese gewichtigen medizinischen Gründe meines Erachtens nach einfach nicht gegeben. Kein Mensch behauptet ja, Juden und Muslime würden ihre Kinder beschneiden lassen, um sie etwa vor HIV oder Peniskrebs zu schützen. Dies ist natürlich nicht der Grund. Wenn die Beschneidung auf der einen Seite aber auch noch mit positiven Nebeneffekten verbunden ist und auf der anderen Seite eine Schädlichkeit nicht Konsens zu sein scheint, gibt es schlicht keinen Anlass für einen staatlichen Eingriff in die elterlichen Rechte. Wie ich in einem der obigen Kommentare an Dich ja schon ausgeführt hatte, treffen Eltern täglich Entscheidungen, die die Gesundheit ihrer Kinder evident negativ beeinflussen, ohne dass der Staat eingreift. Angesichts dessen ist für mich schon seit Anfang der Debatte schwer verständlich, warum man ein solches Eingreifen nun ausgerechnet bei der Beschneidung fordern sollte.

  124. #124 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth: ” … wenn ich angesichts der medizinischen Evidenz davon überzeugt wäre, dass eine Beschneidung nicht nur keine medizinisch positiven Konsequenzen hat, sondern im Gegenteil (zumindest statistisch betrachtet) zu erheblichen negativen Konsequenzen führt.” – nun, was glauben Sie denn warum wir hier so fleißig verlinken? Reicht Ihnen die vom Verband der Kinder- und Jugendärzte angegebene Komplikationsquote von 6 % nicht?

    @ Dr. W.B.: Gute Frage – warum wohll? Was glauben Sie? In Altägypten war das Wort für Beschneidung “sebi” – das bedeutet “Schutz” – die zuständige Gottheit ist Thoeris – jene schwangere Nilpferdgott-Greisin, die sich auf die Lemniskate stützt. In Altägypten war die Verstümmelung (von Männern und Frauen – nicht jedoch Säuglingen) ein Privileg, daß sich vor allem Wohlhabende leisten konnten – so verklagt z.B. eine Tempel-Prostituierte ihre Mutter via Vormund, weil sie den Lohn ihrer Arbeit nicht für deren Verstümmelung angelegt hatte. (“Griechische Papyri aus Ägypten” ed. J. Hengstl, Heimeran Verlag) – Bei dem Schutz geht es jedoch nicht um Hygiene, sondern um den Dämon, der einen befällt, wenn man es nicht tut – was sich im übrigen mit dem Mose/Zippora- Bericht vom “Blutbräutigam” deckt. Das ergibt sich unter anderem aus den Märchen, die dort heute noch erzählt werden (in Ägypten sind 99 % aller Frauen und Männer verstümmelt).

    Wie bereits mehrfach erwähnt, sind von den hunderten von Moorleichen aus der Bronzezeit, die in deutschen Mooren geborgen wurden, 2 weibliche Moorleichen komplett pharaonisch verstümmelt. Die sind weltweit die ältesten Belege für Genitalverstümmelungen (Alfred Diek, “Curare” Vol. 4 (1981), 77-84 – “Beschneidung von Frauen und Männern in vor- und frühgeschichtlicher Zeit).

  125. #125 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth: ” … gibt es schlicht keinen Anlass für einen staatlichen Eingriff in die elterlichen Rechte … “ – doch den gibt es, und zwar weil Kinder nicht den Eltern gehören und der Staat sich die besondere Pflicht der Fürsorge von selbst noch nicht stimmfähigen Schwachen aus gutem und edlem Grund vorgenommen hat.

    Ebenso, wie bei @ Physiker, drehen Sie – offensichtlich psychoanlaytisch wenig bewandert – auch verbal die Sache auf den Kopf: nicht die Kinder werden offenbar beschnitten, sondern die Elternrechte erfahren eine Beschneidung – oder bei Ihnen einen “Eingiff” – fällt Ihnen denn da nichts auf? Verbal wird dieselbe Sache in hohen Stand gehoben, die es zu relativieren/bagatellisieren gilt.

  126. #126 Spoing
    31. August 2012

    @MartinB
    Zitat:”Danke für die ehrliche Antwort, die erwartungsgemäß zeigt, dass die medizinischen Gründe nur ein Vorwand sind, um etwas zu rechtfertigen, das man ohnehin tun würde.”

    Wow, das sehe ich aber ganz anders. Aus der Antwort lese ich heraus, dass es zwingende Gründe für einen Beschnitt der Freiheit geht. Es ist eben nicht einfach so, dass alles was einem nicht gefällt, egal für wie bescheuert man es auch hält, man einfach mal eben so verbieten sollte.
    Ein Verbot muss immer gut begründet sein!

    Ähnliches war auch bei der Inzucht-Disskusion vor einigen Monaten zu lesen.
    Da war der Grundtenor bei vielen übriegens gegensätzlich zu dem aktuellen Thema.

  127. #127 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Spoing: “Beschnitt der Freiheit” – der Freiheit – zu beschneiden? Siehe oben. Sicherlich wird unsere Freiheit ein wenig eingeschränkt – wenn es darum geht, daß es eben nicht Teil der Freiheit sein kann, anderen zu schaden.

    Das fängt spätestens dort an, wo es um irreversiblen Schaden geht: und genau das ist bei Verstümmelung der Fall.

    Davon gibt es übrigens viele Varianten: an der Elfenbeinküste finden Eltern, daß Kindern ein Teil des Gaumens abgeschnitten werden soll (außer der dort sowieso betriebenen Verstümmelung von männlichen und weiblichen Säuglingen) – einige verbluten daran, andere ersticken. Man hält es aber für Elternrecht und notwendig.

  128. #128 Thomas J
    31. August 2012

    @Christian Reinboth

    “…vielmehr braucht es aus meiner Sicht einfach gewichtige medizinische Gründe um die Beschneidung zu verbieten.”

    Was um Himmelswillen ist an MartinB Aussage nicht verständlich, dass so ein Eingriff Schmerzen verursacht?? Ist das KEIN medizinischer Grund? Willst du ernsthaft, dass Eltern ihren Kindern aus Tradition Schmerzen zufügen?

    “Angesichts dessen ist für mich schon seit Anfang der Debatte schwer verständlich, warum man ein solches Eingreifen nun ausgerechnet bei der Beschneidung fordern sollte.”

    Weil das ein einmaliger, irreversibler Eingriff ist. Das ist nicht damit zu vergleichen, den Eltern zu verbieten, ihren Kindern Pommes zu futtern: Pommes sind nicht per se ungesund, darum ist das auch nicht zu verbieten.
    Bitte bleib doch da sauber in den Vergleichen.

    Wirklich, cih versteh nicht, was in euren Köpfen vor sich geht. Wenigstens bist du nicht so ausfällig wie Michael Blume, trotzdem… das ist einfach unglaublich.

  129. #129 MartinB
    31. August 2012

    @Christian
    Ich muss mich ThomasJ in der Sache (wenn auch vielleicht nicht im ton) anschließen: Um einen schmerzhaften Eingriff zu erlauben, muss es dafür einen positiven Grund geben, der den Schaden überwiegt.

    Die Aussage, dass “eine Schädlichkeit nicht Konsens zu sein scheint” kannst du nur treffen, weil Säuglinge ihren Schmerz nicht artikulieren können. Ansonsten würden die dir vermutlich einiges erzählen.

    Ich finde übrigens nicht, dass “aber passivrauchen ist auch schlimm” in irgendeiner Weise ein hilfreiches Argument ist – andere machen doch viel schlimmere Sachen rechtfertigt erst mal nichts (zumal die Tatsache, dass Zigaretten, wenn sie heute erfunden würden, garantiert niemals frei verkäuflich wären, einem schon zu denken geben sollte – hier wird letztlich eine Tradition mit einer anderen verglichen).

  130. #130 threepoints...
    31. August 2012

    @ Name auf Verlangen entfernt· 31.08.12 · 18:48 Uhr

    -> Was du da über die altägypter erzählst, ist hoch interessant und findet sich durchaus auch in anderer Gegend und zu anderer Zeit in ähnlicher Weise wieder – nur nicht so deutlich, wie du davon aus Ägypten erzählst.

    Im Grunde kann ich mich nun (fast) entspannt zurücklehnen und mich an der Erkenntnis über die Ursachen von Beschneidung laben.

    Nur, … warum ist es eigendlich kein Thema, was da als Ursache Wirksam ist? Immerhin geht es dabei nicht ausschliesslich um Verstümmelung, sondern hat noch viel weitgehendere Folgen.

  131. #131 threepoints...
    31. August 2012

    MartinB· 31.08.12 · 19:29 Uhr

    “dass Zigaretten, wenn sie heute erfunden würden, garantiert niemals frei verkäuflich wären…”

    -> Das ist tatsächlich ein Skandal. Und in diesem Sinne sollte man auch die Beschneidungspraxis sehen.
    Also, … Tabak gehört verboten. Egal, was zur Verteidigung von Rauchern oder Tabakindustrie vorgebracht wird.

  132. #132 Jan
    31. August 2012

    @Christian Reinboth: Wenn dich negative Konsequenzen interessieren, kann ich dir von meinen Erfahrungen berichten.

    Meine Eltern haben mich als Kind beschneiden lassen. Ich wusste erst nach der Operation, was sie damit meinten und fand das Ergebnis schon damals schrecklich. Ich fragte meine Eltern immer wieder, ob die Vorhaut wieder nachwächst, aber natürlich passierte das nicht. In der Schule fingen die Probleme dann richtig an. Ich war auf einer reinen Jungenschule und musste mir jede Woche beim Schwimmunterricht ansehen, dass andere Jungen etwas hatten, was mir genommen wurde. Ich fühlte mich minderwertig und nicht wie ein “richtiger Junge” und nahm meinen Körper als unvollständig und verstümmelt wahr. Ich schämte mich dafür und hatte richtig Angst davor, mich nackt zu zeigen, weil ich befürchtete, ausgelacht zu werden. Es war ein ewiges Versteckspiel und ich zog mich immer weiter zurück. Der Stress nahm dabei immer mehr zu und ich kam in psychologische Behandlung. Weil ich den Stress nicht mehr ertrug, fehlte ich häufig im Unterricht und musste schließlich die Schule wechseln. Ich kam vom Gymnasium auf eine Hauptschule, wo ich mich langsam wieder erholte.

    Einige Jahre später hatte ich meinen ersten Freund und das Thema stand wieder im Mittelpunkt. Ich machte mir tagelang Gedanken, wie er wohl reagieren würde, wenn er herausfindet, dass ich beschnitten bin. Glücklicherweise machte es ihm scheinbar nichts aus, aber als er sich ein paar Monate später trennte, sagte er mir, dass er einen beschnittenen Penis langweilig findet. Das war ein großer Schock für mich und ich fühlte mich erneut minderwertig und verstümmelt.

    Im Laufe der Zeit hatte ich sowohl beschnitte als auch unbeschnittene Partner und kenne den Unterschied ziemlich genau. Die Vorhaut ist mehr als nur ein Zipfelchen Haut und eine Beschneidung hat deutliche negative Auswirkungen auf den Penis und damit auf das Sexualleben, soviel ist zumindest für mich klar.

    Erst etwa 20 Jahre nach meiner Beschneidung lernte ich dann langsam damit umzugehen, aber weil das Thema Beschneidung fast täglich in den Medien vorkommt, kommen die ganzen Gefühle von damals wieder hoch. Noch immer habe ich meine Probleme damit, auch wenn es nicht mehr so schlimm wie damals ist. Trotzdem hat die Beschneidung mein Leben deutlich verändert.

    Richtig weh tut es wenn ich lesen muss, wie die statistischen Vorteile der Beschneidung in den Mittelpunkt gerückt werden, ohne die tatsächlichen Probleme vieler Betroffener näher zu betrachten. Deutliche Vorteile der Beschneidung sehe ich nicht, vor allem nicht bei einer Zwangsbeschneidung im Kindesalter. Stattdessen weiß ich von vielen Betroffenen, dass sie ähnliche Probleme wie ich haben. Ich hoffe, dass sie und andere den Mut haben, über ihre Erfahrungen offen zu berichten, damit die möglichen negativen Konsequenzen erkannt werden und die Beschneidung von Jungen nicht weiter bagatellisiert wird.

  133. #133 s.s.t.
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth
    Was ist denn das für eine Argumentation?

    Auch eine (leichte) körperliche Züchtigung hinterlässt nach Meinung von ‘Expertern’ (“mir hat es nicht geschadet”) keine Schäden, hat eine jahrtausendalte Tradition und wird von führenden Religionen (Islam, gewisse christliche Kreise) sowie von erheblichen Teilen der Weltbevölkerung als probates Erziehungsmittel, also zum Wohl der Kinder, empfohlen. Und dennoch ist sie in Dt. verboten. Kopfnuss verboten, Abschneiden erlaubt; wer hierin eine Logik findet, darf sie behalten.

    Und noch etwas: Dr. Ludwig Klam mag ein begnadeter NaWi sein, bezüglich seiner juristischen Ansichten würden mich schon seine Zusatzqualifikationen interessieren.

    Beruflich bedingt betrete ich als NaWi auch immer wieder juristische Bereiche. Mit der Zeit habe ich davon zumindest soviel gelernt, dass ich zumindest weiß, dass ich davon nicht viel verstehe. In wichtigen Rechtsfragen würde ich mich jedenfalls in die Hände eines erfahrenen Anwalts oder zumindest die meiner Rechtsabteilung begeben.

    Solange Herr Klam nicht spezielle Kenntnisse in Rechtsfragen vorweisen kann, sind seine Äußerungen nichts anderes als eine unfundierte Meinung eines Laiens. Aus seiner Vita kann ich zumindest nichts erkennen. Jedenfalls sind mir Meinungen von echten Juristen bekannt, die seinen Auffassungen diametral gegenüber stehen.

    Übrigens erfolgt möglicherweise demnächst eine juristische Überprüfung, inwieweit Ohrlochstechen bei (Klein-)Kindern eine Körperveretzung darstellt.

    Weisheitszähne, Blinddarm, Mandeln waren desweiteren nette Ablenkungsmanöver. Zumindest lange nicht mehr zeitgemäß bzw. lege artis und jedenfalls falsch.

  134. #134 Joseph Kuhn
    31. August 2012

    @ roel: “Der Bund ist durch Gott mit Abraham geschlossen worden und das Symbol ist die Beschneidung”: Ist das eine empirische Tatsache oder eine in ihrem historischen Kontext zu interpretierende Metapher? Falls ersteres, kann der Mensch daran wohl nichts ändern, falls zweiteres, warum sollte man das nicht ändern können? Wer verbürgt also, dass Gott wirklich mit Abraham einen solchen Bund mit diesem unabänderlichen Symbol geschlossen hat und warum sollte man darüber nicht diskutieren dürfen?

    Und einmal mehr: Mich irritiert, wenn rituelle Vorschriften als göttliche Gebote zum Kern einer Religion erklärt werden, ethisch substanzielle Gebote, die in der Überlieferung auch als Gottes Gebote gelten, dagegen deutlich unverbindlicher zu sein scheinen.

  135. #135 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ threepoints: weil – nicht nur meine These, der Ägyptologe Jan Assmann schreibt ebenfalls davon in abgeschwächter Form: Stichwort “Gedächtnismachen” – es bei der Beschneidung/Verstümmelung exakt darum geht: die Erinnerung/Vergegenwärtigung der eigentlichen Ursache zu tilgen.

    Die Erinnerung stoppt beim zugefügten Trauma – ein ganzer Bestand phylogentischen Wissens geht gewissermaßen durch den/die “ontogentisch” vollzogenen Schnitt/ Verstümmelung verloren. Das ist besonders perfide und gemein. Wer gelernt hat, die Kulturproduktion (Hollywood – siehe die blaue und rote Pille in Matrix) daraufhin abzuklopfen und zu lesen, findet diese Blutspur deutlichst und kaum verhüllt.

  136. #136 Joseph Kuhn
    31. August 2012

    @ roel: “Der Bund ist durch Gott mit Abraham geschlossen worden und das Symbol ist die Beschneidung”: Ist das eine empirische Tatsache oder eine in ihrem historischen Kontext zu interpretierende Metapher? Falls ersteres, kann der Mensch daran wohl nichts ändern, falls zweiteres, warum sollte man das nicht ändern können? Wer verbürgt also, dass Gott wirklich mit Abraham einen solchen Bund mit diesem unabänderlichen Symbol geschlossen hat und warum sollte man darüber nicht diskutieren dürfen?

    Und einmal mehr: Mich irritiert, wenn rituelle Vorschriften als göttliche Gebote zum Kern einer Religion erklärt werden, ethisch substanzielle Gebote, die in der Überlieferung auch als Gottes Gebote gelten, dagegen deutlich unverbindlicher zu sein scheinen.

  137. #137 MartinB
    31. August 2012

    @threepoints
    “Tabak gehört verboten”
    Natürlich gehört er das, wenn man ehrlich ist (und würde, wie gesagt, heute niemals auf den Markt kommen können).
    Das lässt sich gesellschaftlich nicht durchsetzen; das ist aber kein Argument dafür, eine andere gesundheitsschädliche Praxis deswegen auch zu erlauben.

  138. #138 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Joseph Kuhn: Gott hat es – um Herrn Reinboth, der offenbar zu fein ist, um auf meine Fragen einzugehen – tatsächlich gut mit Abraham und der Beschneidung gemeint. Wer die Bibel zu lesen versteht (Jakob und Isaak), erfährt sehr wohl, daß die Beschneidung (in Israel wurden ursprünglich übrigens auch die Frauen beschnitten, das hat sich erst lange nach Ägypten erledigt) anstelle des Kindsopfers kommt. Die Kette heißt: Menschenopfer/Erstlingsopfer – Beschneidung – Wortopfer (letzteres betreiben wir hier).

    Wundert sich da jemand, wenn den Leuten die Angst bis zum Hals schlägt, wenn man Ihnen die Beschneidung zu nehmen versucht?!

  139. #139 s.s.t.
    31. August 2012

    @Jan

    Du bist einer der wenigen, die sich ausführlich und augenscheinlich ehrlich über ihr Beschneidungserlebnis äußern. Es hat den Anschein, dass viele Betroffene dem Stockholm-Syndrom zum Opfer fallen. Dennoch gibt es zahlreiche, die ähnlich leiden/litten wie Du. Sucht man ein wenig im www findet man genug vergleichbare Berichte.

    In den USA waren übrigens schon die ersten Klagen gegen den Arzt bzw. die Klink wegen der Beschneidung erfolgreich.

    Aber tröste Dich, wenn Dir ein Dr. Klam, ein Christian Reinboth, ein roel und ein Physiker um die Wette versichern, dass Du weder in Deinen Rechten verletzt wurdest und alles nur Deinem Wohlergehen diente, kann das in Wirklichkeit gar so schlimm sein. Außerdem wird Dir gleich Jemand mitteilen: “Anekdoten sind keine Daten”. [/makaber-modus]

  140. #140 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    Korrektur: es soll heißen: “um Herrn Reinboth entgegenzukommen”.

  141. #141 Thomas J
    31. August 2012

    @Jan

    *sarkasmus* weisst du, dafür hast du jetzt einen statistischen Vorteil mit weniger Ansteckungsgefahr ohne Gummi rumzupoppen. Ich meine, wenn DAS nicht der ultimative Bringer ist? *sarkasmusende*

    Vielen Dank für deine Geschichte, ich steuere gerne auch noch eine bei.
    In meiner Schulzeit hatte ich zwei enge Freunde, die plötzlich von einem Tag auf den anderen nicht mehr duschen gingen nach dem Sportunterricht. Der eine gar nicht mehr, der andere erst, als alle anderen schon fertig waren.
    Erst im Nachhinein realisierte ich, dass die beschnitten wurden. Inwiefern das freiwillig war, oder auf Druck der Tradition… man konnte nicht drüber sprechen, es war ihnen peinlich.

    Alles gar nicht so schlimm… alles super toll kuschelig, es wollen ja alles nur das Beste für die kleinen Jungs. Leben wir nicht in einer wunderschönen Welt?

  142. #142 s.s.t.
    31. August 2012

    @Name auf Verlangen entfernt

    @ Joseph Kuhn: Gott hat es – um Herrn Reinboth, der offenbar zu fein ist, um auf meine Fragen einzugehen – tatsächlich gut mit Abraham und der Beschneidung gemeint.

    Mit Fragen und erst recht nicht mit Gegenargumente hat es der Herr Reinboth offenkundig nicht so.

  143. #143 s.s.t.
    31. August 2012

    @Thomas J.

    Alles gar nicht so schlimm… alles super toll kuschelig, es wollen ja alles nur das Beste für die kleinen Jungs.

    Und alles aus so schön kuscheligen verlogenen Gründen. Die angeblichen medizinischen Gründe haben mit der Kinderverstümmelung genau Null,Null zu tun. Es geht allein um Macht: Alle Macht den Göttern, Götzen und anderen Teekannen. Religion soll wieder vor dem Staat rangieren. Daher auch die unheilige Allianz der drei sog. Weltreligionen in dieser Frage.

    Wenn es um med. Dinge gehen würde, welche Kompetenz haben eigentlich diese drei Vereine eigentlich in dieser Frage?

  144. #144 s.s.t.
    31. August 2012

    @Martin B.

    “Tabak gehört verboten”
    Natürlich gehört er das, wenn man ehrlich ist (und würde, wie gesagt, heute niemals auf den Markt kommen können).
    Das lässt sich gesellschaftlich nicht durchsetzen; das ist aber kein Argument dafür, eine andere gesundheitsschädliche Praxis deswegen auch zu erlauben.

    Stimmt. Üblicher Strohmann, auch in anderen Formen erhältlich, von Beschneidungsgläubigen.

    Überraschenderweise wäre übrigens ein Weltuntergang noch viel schlimmer als eine Beschneidung oder gar starker Tobak.

  145. #145 threepoints...
    31. August 2012

    @ Name auf Verlangen entfernt· 31.08.12 · 19:52 Uhr

    “es bei der Beschneidung/Verstümmelung exakt darum geht: die Erinnerung/Vergegenwärtigung der eigentlichen Ursache zu tilgen.”

    -> Wenn ich das richtig verstanden habe, dann habe ich es richtig verstanden…

    Die Ägypter also machen keinen Unterschied bei dem Geschlecht, die Juden und die anderen Moslems aber doch? Gibt es darüber Erkenntnis. (also warum Frauen nicht beschnitten werden?)

    “Wer gelernt hat, die Kulturproduktion (Hollywood – siehe die blaue und rote Pille in Matrix) daraufhin abzuklopfen und zu lesen, findet diese Blutspur deutlichst und kaum verhüllt.”

    -> Das kann ich aber jetzt nicht einordnen. Obwohl es nur logisch klingt, dass sich dies überall dort nierderschlagen müsste. Was aber gerade Matrix wieder damit zu tun hat, dem kann ich auch nicht folgen – außer, dass Matrix für “Welten” steht, die bisher unvorstellbar sind.

    Durch die Beschneidung also geht erworbenes (oder entstandenes) phylogenetisches Wissen verloren. Was bedeutet, dass an Stelle neues Wissen gelangen muß/soll/wird. …!? Oder soll danach nichts mehr kommen?

    Was das Judentum angeht, wo ja bekannterweise die Frauen den Stammbaum bilden… diese nicht beschnitten werden … Männer hingenen schon…
    Muß man etwa annehmen, dass die Frauen dadurch den Stammbaum bilden, weil sie durch den nicht stattfindenen “Schnitt” (und das Trauma, was sie nicht erleiden) und daraus schliessend das “phylogenetische Wissen” nicht verlieren – also ihre Bindung an die Kulturgemeinschaft sich erhalten und somit das kernstück der Gesellschaft bleiben…(oder wenigstens nur der Familie)…?

  146. #146 HaWeHa
    31. August 2012

    Diese verräterisch umfangreiche Begründung ist ganz wertlos. Denn jede ERWACHSENE kann sich hier, nach deren Gutdünken, seine Wurst beliebig zu-schnitzen, ja sogar amputieren lassen.
    Auch der kleinste wehrlose Mitbürger HAT Religionsfreiheit, und das schließt Freiheit VON der Religion ein. Dieses berühren auch Taufe und Religionsunterricht nicht, denn die schaffen keine unumkehrbaren physischen Thatsachen.
    Ich bin angewidert von dem UMFANG der betrieben wurde. Um es für Dumme so aussehen zu lassen, eine Intelligenzbestie hätte meistehaft herausgearbeitet warum Eltern das Recht haben sollten auch im GELTUNGSBEREICH UNSERES RECHTSSTAATES wehrlose Kinder zu beschnitzen. Dieses ekelerregende Recht wird nicht durchkommen. KANN es gar nicht ohne meisterhafte Verbiegung des GG, die hier akkurat betrieben wurde.

  147. #147 threepoints...
    31. August 2012

    @ MartinB· 31.08.12 · 20:00 Uhr

    -> Ich sehe da kein Hindernis. Aber ich bin auch nicht der Gesetzgeber. Es gehörte so gesehen beides verboten. Die Tendenzen sehen allerdings eben anders aus – was keine Rechtfertigung sei, aber Tasache …offenbar.

    Wobei ich beim Tabak noch sicherer bin, als ich es bei der Beschneidung sei.

    Ich bin übrigens Raucher (und beschnitten auch).

  148. #148 s.s.t.
    31. August 2012

    @treepoints

    Jude ist, wer von ein Jüdin geboren wurde. Punkt und Ende. Gut dargestellt hier:

    Nicht die Beschneidung macht den Juden. Der jüdische Pharisäer Paulus mahnt (1 Kor 7, 19): “Es kommt nicht darauf an, beschnitten oder unbeschnitten zu sein, sondern darauf, die Gebote Gottes zu halten.” Das war nicht nur paulinische Mission, sondern im ersten Jahrhundert nach Christus rabbinisch talmudische Diskussion um die Circumcision.

    Ausführlich hier, auch wenn es keiner liest, schon gar nicht der Autor oder der Blogger: https://www.welt.de/debatte/article108845278/Nicht-die-Beschneidung-macht-den-Juden.html

    Es gibt also weder im Judentum noch im Islam eine eindeutige, zweifelsfreie Forderung pro Beschneidung. Es geht allein um Macht. Die angeblichen und höchst zweifelhaften gesundheitlichen Vorteile sind nur vorgeschoben, weil Teekannen und Einhörner nicht allzu viel Anklang in der Bevölkerung finden. Überraschenderweise sind auch gewisse Teile der Bevölkerung mit Logik vertraut: Warum sollte bei einem Menschen etwas erlaubt sein, was bei einem Haustier verboten ist? Nein, das leuchtet trotz der fleißigen Vernebler, wie dem Blogger hier, nun mal nicht Jedem ein.

  149. #149 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Threepoints: daß Frauen ursprünglich bei den Israeliten ebenfalls beschnitten wurden, habe ich aus der feminstischen Literatur – sie werden eben nicht mehr beschnitten, man/frau hat es gelassen, vielleicht aus Vernunft?! – siehe dazu auch die Rolle der Hebammen beim Auszug aus Ägypten (Israelitinnen hatten schon geboren, bevor die Hebammen dazukommen konnten … warum wohl? – Gebähren ist für verstümmelte und zugenähte Frauen ein ganz anderer Akt … ).

    “Was bedeutet, dass an Stelle neues Wissen gelangen muß/soll/wird. …!?” – vor allem die Schrift selbst. Siehe auch die Gabe der Runen an Odin, der etwas entsprechendes dafür “opfern” muss – die Mythen erzählen eine parallele Geschichte.

    “… außer, dass Matrix für “Welten” steht, die bisher unvorstellbar sind.” – exakt so sehe ich das auch.

    Den ganzen Gedankengang inkl. Zitate/Belege finden Sie oben verlinkt, bzw. in meinem Blog unter “Auge”.

  150. #150 s.s.t.
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth bzw. @ Klam

    Welche Kompetenz können Sie, Herr Klam, vorweisen, rechtliche Stellungnahmen, die über Laien-Gerede hinaus gehen, vorweisen?

    Ich habe nach einer Antwort gefragt und für mich wenig überraschend keine erhalten.

    Ihre Äußerungen in diesen (rechtlichen) Fragen, Herr Klam, ordne ich daher unter dümmlichem Geschwafel ein, insbesondere, da mir Gegenteiliges von studierten Juristen bekannt ist.

    @ Christian Reinboth

    Dummerweise stürzt selbst ein Hochhaus ein, wenn das Fundament auf Sand gebaut ist.

  151. #151 roel
    31. August 2012

    @s.s.t. “Übrigens erfolgt möglicherweise demnächst eine juristische Überprüfung, inwieweit Ohrlochstechen bei (Klein-)Kindern eine Körperveretzung darstellt.”

    Also das Ergebnis kann ich vorwegnehmen. Ohrlochstechen ist Körperverletzung.

    “Es hat den Anschein, dass viele Betroffene dem Stockholm-Syndrom zum Opfer fallen.”

    Schätzungsweise 99,99%. Allerdings nicht dem Stockholm Syndrom, sondern der auf wikipedia beschriebenen Parallele.

  152. #152 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @Name auf Verlangen entfernt, @s.s.t & @Thomas J.

    Ich finde es offen gesagt bescheiden, dass ich hier jetzt persönlich angegangen werde, nur weil ich einem am Thema interessierten Wissenschaftler, der – wie ich finde – einen ruhigen und diskutablen Beitrag zu einem schwierigen Thema verfasst habe, eine Plattform gebe. Anstatt angesichts des Reizwortes “Religion” gleich in Schnappatmung und Empörung zu verfallen, wäre es wesentlich zielführender, ihr würdet euch mal an den Argumenten im Artikel oder am von Ludwig angeführten aktuellen Review von Morris abarbeiten – und das möglichst ohne dabei ausfallend zu werden. Ich denke, das ist nicht zuviel verlangt. Mich persönlich anzugreifen ist darüber hinaus sowieso vollkommen sinnlos, da ich keiner Religion oder Kirche angehöre, die irgendwas mit Beschneidungen zu tun hätte.

    Spezifisch @Name auf Verlangen entfernt

    …Gott hat es – um Herrn Reinboth, der offenbar zu fein ist, um auf meine Fragen einzugehen – tatsächlich gut mit Abraham und der Beschneidung gemeint…

    Ich weiß nicht, was ich Ihnen getan habe, um Ihre ad hominems zu verdienen, von daher reißen Sie sich bitte mal zusammen. Ich habe einen Job, dem ich nachgehe und eine Familie, um die ich mich zu kümmern habe – und bin ganz sicher nicht dafür da, Ihnen oder irgendjemandem sonst hier 24/7 Rede und Antwort für Texte zu stehen, für die ich nicht mal Autorenschaft reklamieren kann. Ganz sicher werde ich mich hier nicht von einem Astrologen, der unter anderem behauptet Erdbeben vorhersagen zu können, auf eine virtuelle Anklagebank setzen lassen, nur weil ich einen Gastartikel nicht automatisch ablehne, der nicht den hier sonst vertretenen Mainstream-Ansichten entspricht.

    @s.s.t.

    Solange Herr Klam nicht spezielle Kenntnisse in Rechtsfragen vorweisen
    kann, sind seine Äußerungen nichts anderes als eine unfundierte Meinung eines Laiens.

    Stimmt – genau wie auch Deine und meine Kommentare in der Sache, schließlich sind wir alle keine Juristen. Immerhin hat Ludwig seine Emotionen aber soweit im Griff, dass er das Thema recherchieren und eine fundierte Laienmeinung sachlich ausformulieren konnte, was schon mal bedeutend mehr ist, als man vielen anderen Bloggern oder Kommentatoren in der Sache zugestehen kann.

    Außerdem wird Dir gleich Jemand mitteilen: “Anekdoten sind keine Daten”.

    Das hat zwar noch niemand geschrieben, aber da Du es anreißt: In jeder Diskussion beispielsweise über Homöopathie gilt auf den ScienceBlogs üblicherweise genau dieser Grundsatz. Warum ist das bei diesem Thema anders?

    @Joseph Kuhn:

    Mich irritiert, wenn rituelle Vorschriften als göttliche Gebote zum Kern einer Religion erklärt werden, ethisch substanzielle Gebote, die in der Überlieferung auch als Gottes Gebote gelten, dagegen deutlich unverbindlicher zu sein scheinen.

    In dem Punkt sind wir uns einig, aber da bräuchte es wohl einen Theologen oder Religionswissenschaftler für eine fundierte Antwort. Ich habe jedenfalls keine.

    @Martin B:

    Natürlich gehört er das, wenn man ehrlich ist (und würde, wie gesagt, heute niemals auf den Markt kommen können). Das lässt sich gesellschaftlich nicht durchsetzen; das ist aber kein Argument dafür, eine andere gesundheitsschädliche Praxis deswegen auch zu erlauben.

    Wenn ein Tabakverbot, das jedes Jahr tausende von Menschenleben retten würde, gesellschaftlich nicht durchsetzbar ist (womit Du natürlich Recht hast), hätte es doch letztlich aber ein böses Geschmäckle, wenn man die Beschneidung (die – zumindest meines Wissens nach – in Deutschland keine Todesopfer fordert) verbieten würde. Es kann doch nicht angehen, dass wir viel drängendere Gesundheitsfragen der Mehrheitsgesellschaft wegen ignorieren, bei Minderheiten wie Juden oder Muslimen aber drauflosregulieren.

  153. #153 Wolf
    31. August 2012

    Da ja die Zugehörigkeit zum Judentum (Judaismus?) über die Mütter geregelt wird, mussten sich die Männer wohl etwas besonderes einfallen lassen um wieder “Toll” zu sein. Also, schnippschnapp, Vorhaut ab.

    Übrigens: Der Arzt der damals Chuck Norris beschneiden wollte ist immer noch ein Pflegefall. Ich sag nur: Roundhouse Kick!

  154. #154 s.s.t.
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth
    Du hast eine Diskussion losgetreten, auf die Du keine Antwort hast. Deine Beiträge sind bestenfalls hilflos, wenn sie überhaupt antworten. Dr. Klam meldet sich eh nicht. Auf einer wissensaftlichen Tagung hättet Ihr beide recht schlechte Zeiten. Die Summe von schlechten Argumenten ist allerdings enorm.

  155. #155 Christian Reinboth
    31. August 2012

    Kleiner Hinweis für alle Diskutanten: Ich werde die nächsten Tage vermutlich kaum im Netz sein und hier auf Fragen oder Kommentare antworten können, da ich daheim nicht über einen Internetzugang verfüge und zudem bis Mitte nächster Woche zwei Paper-Deadlines und eine Antrags-Deadline auslaufen. Danach stehe ich hier gerne wieder Rede und Antwort. Bis dahin möchte ich alle Kommentatoren bitten, sich um eine angenehme Diskussionsatmosphäre zu bemühen – während der ersten paar Stunden wurde hier ja heute noch angeregt diskutiert, heute Abend ist die Stimmung dann aber leider in Beschimpfungen und persönliche Anwürfe gekippt. Dies möchte bitte nicht so weitergehen. Für den Fall, dass die Diskussion hier am Wochenende aus dem Ruder laufen sollte, kündige ich aber schon mal an, notfalls am Montag die Kommentarspalte dichtzumachen. Ich möchte das nicht, habe aber auch keine Lust auf einen Endlos-Kommentarthread, der zur Hälft aus Beleidigungen besteht. Also: Geht bitte anständig miteinander um. Ich werde, sobald ich kann, sehr gerne wieder zur Debatte dazustoßen.

  156. #156 s.s.t.
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth

    Außerdem wird Dir gleich Jemand mitteilen: “Anekdoten sind keine Daten”.
    Das hat zwar noch niemand geschrieben, aber da Du es anreißt: In jeder Diskussion beispielsweise über Homöopathie gilt auf den ScienceBlogs üblicherweise genau dieser Grundsatz. Warum ist das bei diesem Thema anders?

    Wusst ichs doch. Kein Argument ist Dir zu dümmlich.

    Zum Juristen hast Du selbstredend Null-Info. Es bleibt also dabei: Gesülze von einem Laien.

  157. #157 Christian Reinboth
    31. August 2012

    @s.s.t.: Dieser Kommentar war jetzt so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was ich unter “geht bitte anständig miteinander um” verstehe. So schwer kann das doch eigentlich nicht sein – also bitte. Wenn man seine Meinung nicht ohne verbale Ausfälle kommunizieren kann, ist das von “fundiert” leider auch weit entfernt. Und falls Du einen Juristen – selbst bist Du ja auch keiner – kennen solltest, der so freundlich wäre, sich hier mal mit den Argumenten im Beitrag auseinanderzusetzen, dann bitte ihn (oder sie) doch einfach dazu. Ich würde hier hundertmal lieber einen fundierten juristischen Kommentar lesen als noch zehn weitere persönliche Anwürfe, selbst wenn besagter Kommentar meiner Ansicht diametral entgegenstehen sollte…

  158. #158 Name auf Verlangen entfernt
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth: ich werde mich nicht von Ihnen verleiten lassen, hier vom viel zu wichtigen Thema abzulenken. Ihre Voruteile und der verlinkte Berufsdemagoge sind mir sowieso schnurz.

    Statt zu antworten, tauchen Sie nun ab: Sie sind nicht der einzige, der eine Familie zu ernähren hat.

  159. #159 threepoints...
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth· 31.08.12 · 21:14 Uhr

    “Wenn ein Tabakverbot, das jedes Jahr tausende von Menschenleben retten würde, gesellschaftlich nicht durchsetzbar ist (womit Du natürlich Recht hast), hätte es doch letztlich aber ein böses Geschmäckle, wenn man die Beschneidung (die – zumindest meines Wissens nach – in Deutschland keine Todesopfer fordert) verbieten würde. Es kann doch nicht angehen, dass wir viel drängendere Gesundheitsfragen der Mehrheitsgesellschaft wegen ignorieren, bei Minderheiten wie Juden oder Muslimen aber drauflosregulieren.”

    -> Das war das Argument, was mir oben nicht in den Sinn kam. Aber tendenziel habe ich dem Tabak meine deutliche Abneigung zugesprochen.

    Wir redeten beim Rauchen über tausende Todesopfer und jedem unbewusst über eine besondere Suchtproblematik. Dem Nichtraucher ist der Scheixx egal und denkt sich: Totrauchen sollen sie sich…weil eben jeder sich selbst der Nächste ist. Der Raucher ist dazu nicht zu befragen – wegen der Suchtproblematik.

    Es gibt also wahrhaftig noch wichtigere Regulierungen, als die Beschneidungen. Obwohl die Sachlage eigendlich auch klar ist. (trotz scheinbarer wissenschaftlicher Eindeutigkeit, die fast “nur” Vorteile erkennt).

  160. #160 roel
    31. August 2012

    @Name auf Verlangen entfernt “Statt zu antworten, tauchen Sie nun ab”
    Och, bekomme ich denn auch noch meine Antworten von Ihnen, drüben bei Cornelius Courts?

  161. #161 Thomas J
    31. August 2012

    @Christian Reinboth

    Ob du selber Jungen beschneidest, dieser Religion angehörst, oder die Handlung nur ideel unterstützt, macht für mich keinen Unterschied, Dich als Blogger anzugehen.
    Dass ich mich im Ton vergreife… stimmt, hab Nachsicht, oder ignorier mich halt, ich versuche mich zu bessern.

    Letztendlich geht es immernoch darum, dass du es ok findest, wenn Kindern aus Tradition Schmerzen bereitet werden. Das schleckt keine Ziege weg.

    Dazu:

    “Wenn ein Tabakverbot, das jedes Jahr tausende von Menschenleben retten würde, gesellschaftlich nicht durchsetzbar ist (womit Du natürlich Recht hast), hätte es doch letztlich aber ein böses Geschmäckle, wenn man die Beschneidung (die – zumindest meines Wissens nach – in Deutschland keine Todesopfer fordert) verbieten würde. Es kann doch nicht angehen, dass wir viel drängendere Gesundheitsfragen der Mehrheitsgesellschaft wegen ignorieren, bei Minderheiten wie Juden oder Muslimen aber drauflosregulieren.”

    Das Argument ist Doppelquark:
    1. gibt es immer andere “wichtigere” Sachen — ändern wir doch das, was wir im Moment ändern können.
    2. und viel wichtiger: 1 Zigarette ist nicht schlimm, 1 Beschneidung schon (oder ist die Geschichte von Jan eine Placebo-Geschichte? von wegen Anekdoten und so… hat er sich ja vielleicht eingebildet, dass das alles mit seiner Beschneidung zusammenhängt, gell)

    Ernsthaft, hast du wirklich das Gefühl, dass du hier so rational argumentierst, wie du es sonst tust?

  162. #162 threepoints...
    31. August 2012

    “Anekdoten sind keine Daten”

    -> hä? Eine Anekdote ist genau eine Dateneinheit – wenn sie ausführlich genug ist … und glaubhaft genug.

  163. #163 s.s.t.
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth
    Stimmt – genau wie auch Deine und meine Kommentare in der Sache, schließlich sind wir alle keine Juristen. Immerhin hat Ludwig seine Emotionen aber soweit im Griff, dass er das Thema recherchieren und eine fundierte Laienmeinung sachlich ausformulieren konnte, was schon mal bedeutend mehr ist, als man vielen anderen Bloggern oder Kommentatoren in der Sache zugestehen kann.
    Was ist eigentlich eine “fundierte Laienmeinung”? Erzähl mal bitte. Meine Meinung hat übrigens durchaus nachweislich in die Rechtssprechung eingegriffen, nur, ich unterstelle mir nichtsdestotrtz keine besondere Kenntnisse auf diesem Gebiet, augenscheinlich im Gegensatz zu ‘Deinem’ Dr. Klem.

  164. #164 roel
    31. August 2012

    @threepoints… “Wir redeten beim Rauchen über tausende Todesopfer und jedem unbewusst über eine besondere Suchtproblematik. Dem Nichtraucher ist der Scheixx egal und denkt sich: Totrauchen sollen sie sich…weil eben jeder sich selbst der Nächste ist.” Nein, dem Nichtraucher ist das nicht egal. Siehe https://www.scienceblogs.de/gesundheits-check/2012/07/beda-stadler—ein-skeptiker-auf-abwegen.php

  165. #165 Thomas J
    31. August 2012

    @Christian

    Nichts für ungut… aber das war wohl wirklich keine gescheite Idee, diesen Gastbeitrag einzustellen, wenn du keine Zeit zum Moderieren hast.
    Viel Erfolg mit deinen Papers.

  166. #166 roel
    31. August 2012

    @s.s.t. ” Meine Meinung hat übrigens durchaus nachweislich in die Rechtssprechung eingegriffen” Wie denn, erzähl mal bitte.

  167. #167 MartinB
    31. August 2012

    @Christian
    Das Argument “andere Dinge sind viel schlimmer” wird durch Wiederholung wirklich nicht stichhaltiger – wenn ich meine Kinder schlage, kann ich auch nicht sagen “aber ich kenne andere, die ihre Kinder umbringen”.

    Es ist aber nicht legitim, so zu tun (wie du das mehrfach getan hast) als wäre die Beschneidung eine Maßnahme, die medizinisch rein positiv zu werten ist – die Ängst und Schmerzen der operierten Säuglinge sind wohl kaum bestreitbar. Auf diesen Punkt bist du ja auch gar nicht eingegangen.

    Die ganze Diskussion zur Medizin ist deshalb eine Schein-Diskussion, wie du ja letztlich auch selbst zugegeben hast.

    Wir müssten also dann abwägen, ob der Schaden (gesellschaftlicher Aufstand religiöser Gruppen) stärker wiegt als der Nutzen (Verhinderung von Schmerz und Leid bei Säuglingen). So eine Abwägung ist allerdings höchst diffizil – wie gewichtet man das Leid weniger gegen das Leid vieler? Wenn ich 100 Kinder beschneiden darf, um damit den Frieden 100000er zu retten, ist das dann legitim?
    Siehe auch
    https://en.wikipedia.org/wiki/The_Ones_Who_Walk_Away_from_Omelas

    Mein Fazit:
    Das Medizin-Argument sticht aus den genannten Gründen nicht (und ist letztlich irrelevant), und die gesellschaftliche Debatte und Abwägung, die man damit zu vermeiden hofft, ist absolut notwendig.

  168. #168 Thanus
    31. August 2012

    Staatsrechtler Reinhard Merkel: Beschneidung von Jungen ist religiöses Sonderrecht
    https://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1846876/

  169. #169 Pete
    31. August 2012

    Christian Reinboth:
    [blockquote]@MartinB: Schwer zu sagen. Ein Verbot ginge mit einer ganz erheblichen kulturellen Zäsur einher und könnte unter Umständen dazu führen, dass jüdische und muslimische Gemeinden unser Land verlassen, dass Kinder heimlich und unprofessionell beschnitten werden etc. pp. Das würde ich als Entscheidungsträger nur in Kauf nehmen wollen, wenn ich angesichts der medizinischen Evidenz davon überzeugt wäre, dass eine Beschneidung nicht nur keine medizinisch positiven Konsequenzen hat, sondern im Gegenteil (zumindest statistisch betrachtet) zu erheblichen negativen Konsequenzen führt. “[/blockquote]

    Zaesueren mussten schon so einige Kulturen erleiden, man denke an den Mauerfall, an die unselige Zeit in den 30ern etc… und so viele andere Kulturen.

    Die Bescheidung von nicht einwilligungsfaehigen Kindern aus nichtigen Gruenden (der Grund “Religion” ist ein solcher) ist absolut unmoeglich. Es ist ein irreversibler Eingriff ohne erkennbaren Nutzen. Der oben angefuehrte gesundheitliche Nutzen ist m.E. auch nicht so ueberwaeltigend. Eine an sich schon kleine Erkrankungsgefahr wird u.U. etwas kleiner, mit der gleichen Argumentation koennte man auch, wie schon hier diskutiert, auch andere Koerperteile, am besten direkt nach der Geburt, abschneiden; sie machen spaeter garantiert keinen Aerger mehr. Klingt irgendwie nach “Designermensch”.
    Ganz pampig ausgedrueckt: Am besten, man schneidet von einem Neugeborenen alles ab/ aus ihm heraus, was spaeter mal erkranken koennte. Dieser Mensch wird garantiert nicht mehr krank….
    Solange nicht feststeht, dass eine Erkrankung an dem jeweiligen Koerperteil mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit eintritt, ist kein Grund zur “vorsorglichen Amputation” vorhanden. Fast jeder Mensch hat mal eine Mandelentzuendung, trotzdem werden nicht (mehr) einfach so die Mandeln entfernt.

    Den (angeblichen) Gesundheitlichen nutzen kann man auch dann noch erzielen, wenn sich der Mensch in (hierzulande) geschaeftsfaehigem Alter von 18 Jahren beschneiden laesst. Dann kann er auch selbst entscheiden, ob er den Eingriff aus religioesen Grunden durchfuehren lassen will.

    Absolut nicht einzusehen ist der religioese Grund bei Kindern. Die naemlich ueben kaum ihre Religion aus, fuer sie ist es reichlich abstrakt und nicht wichtig (es sei denn, ihnen wird es von Taliban irendwelcher Religion massiv eingetrichtert). Soweit ich weiss, ist man z.B. Jude, wenn man eine juedische Mutter hat. Man muss also nicht, wie z.B. bei den Christen durch die Taufe, in die Religionsgemainschaft aufgenommen werden. Das juedische maennliche Kind kann auch unbeschnitten am religioesen Leben teilnehmen, wo ist da der Unterschied (genauso gilt das fuer Moslems)? Die einzigen, die sich darueber aufregen, “Das geht nicht”, sind die Alten.

    Und wenn die Gemeinden das Land verlassen, so what? Es wird niemand gezwungen, in diesem Land zu leben. Die Beschneidung von Maedchen wird in diesem Land uebrigens verfolgt und ist auch strafbar, wenn im Ausland durchgefuehrt. Dem “Kulturkreis”, dem auf diese Weise eine Zaesur droht, wird hierzulande kein Mitleid wie in der hier diskutierten Sache engegengebracht.
    Ich bin auch nichtmal so ueberzeugt, dass die Gemeinden das Land verlassen werden.

    Was ich hoffe: Dass durch diese Diskussion endlich mal ein Nachdenken ueber diese ueberkommenen barbarischen Initiationsriten beginnt und damit Schluss gemacht wird.
    Die Ansicht: “Wird muessen es erlauben, weil sonst…” ist ein schwaches Argument, es bleibt soviel verboten, obwohl es trotzdem getan wird. Plattes Beispiel: Zuschnellfahren. Wird zurecht nicht gern gesehen, weil dabei Menschen beschaedigt werden koennen. Jetzt will man etwas explizit aus der rechtlichen Grauzone herausholen, _obwohl_ dabei Menschen beschaedigt werden.

    Weil so oft nach “Rechtssicherheit” gerufen wird: M.E. gibt es die spaetestens seit dem Koelner Urteil. Die Beschneidung von nicht einwilligungsfaehigen Kindern ohne medizinischen Grund oder aus religioesen Gruenden ist Koerperverletzung.

    Wenn man 18 ist, kann man sich meinetwegen abschneiden lassen, was man will. Von mir aus den linken Fuss und den rechten Arm… Obwohl ich den Sinn dahinter auch nicht begreifen wuerde. Ich begreife ihn ja schon nicht bei Loechern im Ohr oder Naegeln in der Zunge.

    Pete

  170. #170 s.s.t.
    31. August 2012

    @ Christian Reinboth

    @s.s.t.: Dieser Kommentar war jetzt so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was ich unter “geht bitte anständig miteinander um” verstehe. So schwer kann das doch eigentlich nicht sein – also bitte. Wenn man seine Meinung nicht ohne verbale Ausfälle kommunizieren kann, ist das von “fundiert” leider auch weit entfernt. Und falls Du einen Juristen – selbst bist Du ja auch keiner – kennen solltest, der so freundlich wäre, sich hier mal mit den Argumenten im Beitrag auseinanderzusetzen, dann bitte ihn (oder sie) doch einfach dazu. Ich würde hier hundertmal lieber einen fundierten juristischen Kommentar lesen als noch zehn weitere persönliche Anwürfe, selbst wenn besagter Kommentar meiner Ansicht diametral entgegenstehen sollte…

    Und wieder keine Anwort auf Fragen. Nur ad Hominem, wie von Einhorngläubigen gewohnt.
    Versteh unter ‘keine Antwort geben’, ‘keine Gegenarumente beantworten’ was Du willst, ich verstehe etwas anderes als Du darunter. Wolfsohn verstehst Du evtl. besser: https://www.welt.de/debatte/article108845278/Nicht-die-Beschneidung-macht-den-Juden.html:

    So sei doch höflich!” – Höflich mit dem Pack?
    Mit Seide näht man keinen groben Sack.

    @ Christian Reinboth
    Deine Argumentation verdient genau ein Atritbut, und auch höchst wissenschaftlich nämlich: dämlich.

  171. #171 s.s.t.
    31. August 2012

    @roel
    @roel@s.s.t. ” Meine Meinung hat übrigens durchaus nachweislich in die Rechtssprechung eingegriffen” Wie denn, erzähl mal bitte.
    Geht Dich nix an und ist hier völlig irrelevant.

    Allerdings erscheine ich mich im Vergleich zu den Sonnensternen wie Reinboth und Kalm als Vorsitzender des. BverfG.

  172. #172 roel
    31. August 2012

    s.s.t. ” Geht Dich nix an und ist hier völlig irrelevant.” Jawohl, Herr Vorgesetzter, ungefähr so irrelevant, dass du sie als Argument nutzt, habe ich das richtig verstanden?

  173. #173 threepoints...
    31. August 2012

    @ MartinB· 31.08.12 · 22:05 Uhr

    “Beschneidung eine Maßnahme, die medizinisch rein positiv zu werten ist…”

    -> Ich hielt das jetzt schon für widerlegt – oder zumindest für unglaubwürdig, da die Studien zu wenige seien und den falschen Blickwinkel besitzen. Täuschte ich mich da?

    Jedenfalls, wenn HIV ein Virus sei, der über Blut übertragen werden wird, dann hat die Beschneidung darauf nun gar keinen Einfluß. Wundert mich nur, wieso da wissenschaftlich eine Wirkung zu erkennen sein will. Hat man uns mit den Ansteckungsgefahren bisher nicht die ganze Wahrheit erklärt? Gibt es noch weitere Übertragungswege? Das Virus unter der Vorhaut etwa?

  174. #174 roel
    31. August 2012

    @threepoints… aus wikipedia zu Aids: “Das HI-Virus wird mit den Körperflüssigkeiten Blut, Sperma, Vaginalsekret, Liquor cerebrospinalis und Muttermilch übertragen. Potentielle Eintrittspforten sind frische, noch blutende Wunden in Schleimhäuten (Bindehaut, Mund-, Nasen-, Vaginal- und Analschleimhaut) bzw. nicht ausreichend verhornte, leicht verletzliche Stellen der Außenhaut (Eichel, Innenseite der Vorhaut).”

    Jetzt gibt es ein paar Studien, von Beschneidungsgegnern, die nachzuweisen meinen, dass die Beschneidung förderlich für eine Ansteckung mit Aids ist. Diese Studien liegt ein zu früher Geschlechtsverkehr der Beschnittenen, mit noch offenen Wunden zu Grunde.

    Andere Studien zeigen, dass wenn die Wunden verheilt sind, die Eichel nicht mehr so leicht verletzlich ist und die Verletzlichkeit der Vorhaut, da beschnitten, nicht mehr vorhanden ist. Je eher die Beschneidung, desto unempfindlicher die Eichel. Anscheinend ist die unempfindlichere Eichel aber auch ein Problem beim Sex. Dazu habe ich aber bisher keine Studie gelesen.

  175. #175 s.s.t.
    31. August 2012

    @roel

    Du bist vor allem eines, irrelirvant.

  176. #176 roel
    31. August 2012

    @s.s.t. Na, ich habe ja auch nie behauptet, dass meine Meinung nachweislich in die Rechtssprechung eingegangen ist. Aber hätte ich das, würde ich das auch belegen.

  177. #177 s.s.t.
    31. August 2012

    @roel

    @s.s.t. Na, ich habe ja auch nie behauptet, dass meine Meinung nachweislich in die Rechtssprechung eingegangen ist. Aber hätte ich das, würde ich das auch belegen.

    Wozu?

    Macht mich das zu einem Juristen?

    Von Gottes oder Reinboths Gnaden?

    Was ich eigentlich aussagen wollte war, ich weiß genug, dass ich nichts weiß. Offensichtlich etwas, dass weder @Reinboth noch @Klam intus haben. Auch Ehrfurcht vor Wissen will erlernt werden.

  178. #178 Dietmar Hilsebein
    31. August 2012

    religös gesprochen/Anfang:

    wenn Gott der Herr etwas gegen Vorhäute hätte, hätte ER sie gleich weggelassen. (->Jesus im Thomasevangelium, § 53)

    Sie beschneiden ihre Vorhäute, sprechen fromme Gebete, doch ihre Herzen sind weit weg von dem, den sie ihren Gott nennen. Sie tragen nur im Leichenzug ihren toten Glauben zu Grabe. Sie wahren die Form, da sie einen Inhalt nicht geben können. Und diese Form hält nun auch nicht mehr stand, so müssen also medizinische Gründe her. Es war einmal ein Bund mit Gott. Doch dieser Bund wich einem Bund mit Geld, politischer Macht und weltlicher Anerkennung. Es muß die Form gewahrt werden, da der Bund längst verlassen wurde. Ein Bund mit dem Osterhasen? Ein Bund mit dem Rosa Einhorn? Nein! Ein Bund mit dem Herzen! Ein Bund mit dem Mitgefühl!

    religös gesprochen/Ende

  179. #179 Stefan W.
    1. September 2012

    Apropos Schnappatmung, die angeblich die Gegner der Beschneidungspraxis befallen hat, wie der Priester der Nettiquette in jedem 2. Beitrag zu predigen sich bemüht: Bevor ich den Wal erlege, der da im schäumenden Meer seine Kreise zieht will ich erstmal den Beifang aus den Netzen pulen.

    @threepoints: Ein kleiner Trip ins Ausland gleich neben an behebt das Problem.

    Die Juden beschneiden ihre Jungs mit 8 Tagen – lt. Hr. Graumann ist das zwingend. Das ist in vielen Fällen zu früh, um es mit einem Säugling zu machen. Zudem ist ja wahrscheinlich im benachbarten Ausland langsam auch mit Verboten und Verfolgung zu rechnen. Drittens sind ja viele Juden und Muslime selbst gegen den Brauch, und sehnen sich nach einem äußeren Zwang, dem sie sich unterwerfen können, um dem Zwang der Gemeinde/ den eigenen Eltern zu entkommen.

    Christian Reinboth· 31.08.12 · 15:07 Uhr
    Ob das Kind in einer von Zigarettenrauch geschwängerten Wohnung aufwächst oder nicht. All das liegt – zumindest nach unserer heutigen Rechtsauffassung – im Ermessen der Eltern, obwohl wir sehr genau wissen, dass bestimmte Entscheidungen sich im Grunde ausschließlich negativ auf das Kind auswirken können und Schöden verursachen, die irreparabel sind (Asthma, Diabetes etc. bis hin zum Tod).

    Als König der Schnappatmer entnehme ich dem, dass Sie, wenn ein Kind, das im Raucher-Nachbarshaushalt aufwächst, und das sie immer wieder husten hören, Sie das Fenster schließen, und den Bundestag auffordern ein Gesetz zu erlassen, dass den Eltern die Körperverletzung ausdrücklich erlaubt, bevor Sie dem Kind helfen?

    Eine interessante Haltung, und vielleicht der Anlass für diese Solidarität mit Beschneidern: Die Ansicht, das eigene Kind sei eine Art Eigentum, mit dem man tun kann was man will, solange es noch nicht erwachsen ist.

    Christian Reinboth· 31.08.12 · 17:50 Uhr
    dass Kinder heimlich und unprofessionell beschnitten werden etc. pp.

    Wie oft sind sie bislang in öffentliche Beschneidungen hineingeplatzt? Meinen Sie der Mohel oder Sünücü macht es umsonst? Natürlich sind das Profis – deswegen schäumen sie ja so, dass man ihnen den Job nimmt.

    Und solch heilige Riten werden natürlich insofern heimlich veranstaltet, als man das nicht im Krankenhaus macht, wo ja keine Zeit ist für rituelle Formeln, die der Beschneider murmelt, der ja zudem nur ausnahmsweise Arzt ist, und außer Beschneidungshandwerk nichts von Medizin versteht.

    Man sieht, dass offenbar nachdem das Thema schon wochenlang kursiert, Sie sich noch nicht mal grundsätzlich über das Prozedere informiert haben – oder würden Sie uns absichtlich täuschen?

    Joseph Kuhn· 31.08.12 · 19:53 Uhr
    Und einmal mehr: Mich irritiert, wenn rituelle Vorschriften als göttliche Gebote zum Kern einer Religion erklärt werden, ethisch substanzielle Gebote, die in der Überlieferung auch als Gottes Gebote gelten, dagegen deutlich unverbindlicher zu sein scheinen.

    Tja – Religion – was will man machen?

    s.s.t.· 31.08.12 · 20:04 Uhr
    Dr. Klam, ein Christian Reinboth, ein roel und ein Physiker

    Den Physiker müssen wir abziehen, das ist Dr. Klam, wie man leicht erkennen kann, denn als Physiker hat er all die Argumente bereits in Kommentaren verwurschtet.

    Christian Reinboth· 31.08.12 · 21:14 Uhr
    , wenn man die Beschneidung (die – zumindest meines Wissens nach – in Deutschland keine Todesopfer fordert) verbieten würde.

    Woher wissen Sie das? Wie kommen Sie darauf, Sie würden es wissen, wenn es welche gäbe?

    Okay – soviel zum Beifang – auf zu den großen Fischen.

  180. #180 Stefan W.
    1. September 2012

    um die in diesem Zusammenhang immer wieder erwähnte weibliche Genitalverstümmelung sowie die Prügelstrafe verboten sind: in beiden Fällen überwiegen eindeutig die Nachteile.

    Tja. Der Beitrag von Physiker ist ja juristisch das amateurhafteste was ich bislang gelesen habe, und das schwächste auf medizinischem Gebiet.

    Es geht auch vollkommen an der Diskussion vorbei, wie dem ein oder anderen bereits aufgefallen ist, denn die Juden und Moslems beschneiden gerade nicht aus medizinischen Gründen.

    Würden sie sich auf eine derartige Argumentation zurückziehen, so wie man eine Vorhaut zurückzieht, so bestünde für sie die Gefahr, dass eine alternative medizinische Methode die Beschneidung von heute auf morgen obsolet macht. Sie sind also gut beraten von derlei Argumenten Abstand zu wahren.

    Zur Frage, ob man nicht mit einer symbolischen Beschneidung im Kindesalter, die der Erwachsene dann in eine reale umwandeln kann, hat in einer Diskussionssendung (Maischberger) der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Hr. Graumann, erklärt, dass religiöse Gesetze keine Steuergesetze seien, die man nach Bedarf an die Tagesmoral anpasst – Gottes Gesetze sind ewig und unabänderlich.

    Vor diesem Hintergrund kann man dann gleich die amateurhaften Hinweise stecken lassen, dass angesichts der Qual, die eine solche Operation darstellt, und die, wenn sie medizinisch indiziert ist, eine Vollnarkose erfordert – nein, nein – die überlieferte Form besteht darin, dem Säugling ein in Wein getränktes Tuch in den Mund zu stecken.

    Der Schmerz gehört zum Opfer dazu, sonst wäre es keins.

    Die Mediziner, die ich dazu gehört oder gelesen habe gehen übrigens weiter: die Vollnarkose bei Babies ist eine so heikle Sache, dass man sie überhaupt nicht leichtfertig durchführt. Es besteht Lebensgefahr.

    Das medizinische Dilemma ist also entweder eine fahrlässige Tötung zu riskieren, oder das Kind enormen Qualen auszusetzen. Bis vor wenigen Jahrzehnten hat man wohl angenommen, dass Babies kein oder ein unterentwickeltes Schmerzempfinden haben – heute dagegen nimmt man im Gegenteil an, dass die Babies noch keine entwickelten Strategien haben mit Schmerz fertigzuwerden.

    Von den 4 gewichtigen Gründen die gegen eine Verstümmelung sprechen war dies der erste – beachtlich ist, dass Physiker in seiner Aufrechnung der Vor- und Nachteile der Beschneidung die Nachteile gar nicht bespricht. Das ist die ausgewogene, sachliche Erwägung die er betrieben hat.

    Meines Erachtens ist dies der zweitwichtigste Einwand nur, aber es natürlich nicht wirklich abwägbar, ob extreme Schmerzen, die später nicht bewusst erinnert werden – der Diskussion über Traumata kann ich mich hier nicht stellen – und ein geringes Risiko die Operation nicht zu überleben, oder den Penis ganz einzubüßen – auch das ist schon vorgekommen, nun schlimmer ist, als ein Leben ohne Vorhaut zu verbringen.

    Das ist ein zweiter, empfindlicher Nachteil, der ebenfalls nicht thematisiert wurde: ein völlig gesundes Gewebe wird ohne medizinischen Grund entfernt. Die Nervenzellen, die es geeignet machen im sexuellen Verkehr Lust zu verschaffen und der Schutz der Eichel vor Verlederung und Abstumpfung – dass Juden und Moslems die nicht lange eine Vorhaut haben nicht wissen, was ihnen fehlt ist ja noch verständlich. Aber wie masochistisch muss man sein, wenn man wegen mikroskopischer Gesundheitsrisiken im Greisenalter die Vorhaut amputiert, und – wo wir dabei sind: die Amputation eines gesunden Organs nennt man Verstümmelung – das klingt grausam, weil es grausam ist!

    Beschneidung oder Zirkumzision dagegen sind Euphemismen.

    Dann finden wir in der Liste auch wieder HPV – Gebärmutterhalskrebs. Daran erkranken kleine Jungs ja laufend! Ach nein?

    Dieses Argument ist bereits im Aufsatz der Juristen-Zeitung, im Urschleim der Diskussion behandelt worden.

    Die Zustimmung der Eltern zu einer Körperverletzung am Kind kann stellvertretend für dieses nur abgegeben werden, wenn diese dem Wohl des Kindes dient – nicht aber, wenn sie im Wohl eines dritten liegt. Aber mit juristischen Sachverhalten wollte sich der Autor ja erkennbar nicht beschäftigen.

    Bitte nach JZ_64_7_2009.pdf suchen, wer dran interessiert ist.

    Von den 4 Übeln der Beschneidung haben wir erst 2, aber ich denke die 2 wichtigsten:

    • Die sexuelle Stimulierbarkeit wird durch die Verstümmelung beeinträchtigt
    • Die Operation ist mit enormen Schmerzen verbunden. Eine Narkose aber mit enormen Risiken.
    • Die postoperative Infektionsgefahr ist Punkt 3.
    • Psychische Folgen der Operation

    Diese Punkte werden überhaupt nicht abgewägt, stattdessen wird mit fragwürdigen Zahlen hantiert.

    Physiker behauptet, dass 2 Beschneidungen einen Fall von “hochrisiko” HPV vermeiden. Das würde bedeuten, dass jeder zweite Mann an einer “hochrisiko” HPV beteiligt ist, die zu 100% vermeidbar sind durch Beschneidung. Wenn nicht alle vermeidbar sind, dann müsste es noch mehr davon geben. Wer soll das bitte glauben?

    Die utopischen Zahlen mal beiseite lässt sich feststellen, dass die Erkrankungen in 2 Gruppen fallen: einerseits die, die sich behandeln lassen wenn sie auftreten, etwa die Phimose, die aber meist mit milderen Eingriffen geheilt werden kann als einer Vorhautamputation. Eine Prophylaktische Beschneidung ist hier gar nicht indiziert.

    Und zweitens in Erkrankungen, die Geschlechtsreife, Erwachsene oder Greise betreffen, für die es also keinen Grund gibt als Kind oder Baby die Vorhaut zu opfern.

    Die Argumentation von Physiker ist nun so: Wenn es um medizinische Belange geht die dem Kindeswohl dienen, dann dürfen die Eltern einer gefährlichen Körperverletzung zustimmen, selbst wenn das Wohl sich erst im Zustand des Erwachsenseins verwirklichen kann, in dem er die Argumentation auftrennt, und getrennt betrachtet:

    Die Operation kann prophylaktisch gegen dies und jenes vorteilhaft sein – also ist sie im Kindeswohl, und wenn sie im Kindeswohl ist, dann können die Eltern stellvertretend für das Kind das Risiko einer Operation eingehen, und die Entstellung seines Körpers als angemessen bejahen.

    Ich bin nun auch kein juristischer Profi, aber neben der Tatsache, dass er vergisst dazuzusagen, dass das alles nur eine Täuschung ist, ein Betrug, weil die medizinische Prophylaxe von irgendwas überhaupt nicht zählt sondern nur vorgeschoben ist, also laienhaft gesprochen ein Betrug ist – davon abgesehen muss doch festgestellt werden:

    Die Zustimmung der Eltern in eine Körperverletzung ist natürlich nicht so gemeint, sondern ist gestattet um nicht aufschiebbare Entscheidungen jetzt treffen zu können.

    Ob ein Junge oder junger Mann selbst in eine solche Verstümmelung einwilligen würde, das ist sehr zweifelhaft, und in einer multikulturellen Gesellschaft wie der unsrigen, mit hoher Mobilität und Familien, die sich über überkommene Religionen hinweg vermischen nicht so mir nichts, Dir nichts, anzunehmen.

    Wenn die Eltern einer Blinddarm-OP zustimmen, dann doch, weil die Kacke am Dampfen ist, und nicht aus Angst, das Kind könne, wenn man die OP bis zum 18. Lebensjahr aufschiebt, sich dagegen entscheiden.

    Und treuherzig war genau dies die Antwort des muslimischen Beschneiders in der Maischbergersendung, wieso man nicht wartet, bis die Jungs 18 sind: “Ja, dann macht es doch keiner mehr!”.

    Die Eltern können stellvertretend für das Kind einwilligen, wenn sie dabei das Kindeswohl im Auge haben – nicht wenn sie arglistig versuchen die Umwelt, womöglich einschließlich sich selbst, zu täuschen.

    CR: Ich finde es jedenfalls besser, wir diskutieren über Paper und Reviews, als dass wir direkt in Schnappatmung verfallen und etwas pauschal ablehnen, nur weil es mit dem Label “religiös motiviert” versehen ist. Wie der Artikel meinem Erachten nach sehr überzeugend darlegt, ist die Motivation letztlich viel weniger relevant als die Frage nach der medizinischen Gefährlichkeit bzw. dem medizinischen Nutzen eines solchen Eingriffs…

    Weil die hier vornehmlich antreffbaren Religion die sexuelle Betätigung per se als etwas schlechtes begreift, dass lediglich in ehelichen Verhältnissen sporadisch zur Erzeugung von religiösem Nachwuchs dienen soll.

    Sicher – da ist die Vorhaut ein sündig Stück Fleisch das weg kann, und dessen Entfernung eigentlich überhaupt nur Vorteile bringen kann.

    Hier auch ein Artikel vom Rechtswissenschaftler Reinhard Merkel in der SZ: https://www.sueddeutsche.de/wissen/beschneidungs-debatte-die-haut-eines-anderen-1.1454055

  181. #181 dickesB
    1. September 2012

    @Stefan W.

    laut Physiker ist Verstümmelung nur ein Kampfbegriff, ich warte auch noch auf seine Antwort welche 2 Grundrechte des Kindes verletzt werden. Vieleicht hat er ja gemerkt, dass seine juristische Argumentation auf sehr dünem Eis gebaut ist.

  182. #182 Schmidts Katze
    1. September 2012

    @ dickesB,

    laut Physiker werden keine Grundrechte des Kindes, sondern die der Eltern verletzt.
    Ich habe das hier schon geschrieben:
    https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/07/beschneidung-was-durfen-religionen.php#comment354788

  183. #183 Thanus
    1. September 2012

    Staatsrechtler Merkel: “Die frühkindliche Beschneidung ist ein massiver körperlicher Eingriff in die geschützte, verfassungsrechtlich geschützte physische Integrität des Kindes. Dass sie in den USA auch außerhalb der Religionsgemeinschaften praktiziert wird – übrigens immer weniger; die Zahlen sind deutlich rückläufig -, in England nur noch selten, in Australien und anderen Ländern auch, aber immer seltener, besagt nichts für die Frage, ob sie nach den Kriterien der deutschen Rechts- und Verfassungsordnung eigentlich zulässig wäre. Man darf nicht – und das geschieht leider landläufig in der Diskussion bei uns – die Risiken und das unmittelbare Gewicht des Eingriffs unterschätzen. Wenn das wie bei den meisten, allermeisten jüdischen Beschneidungen ohne jede Anästhesie vorgenommen wird, dann ist das eine furchtbare Schmerzzufügung gegenüber dem Kind. Es steht außer Zweifel, dass diesseits religiöser Erwägungen so etwas rechtswidrig wäre. Also haben wir uns die Frage zu stellen, ob das spezifisch Religiöse der Motivation das rechtens machen kann, und wenn das so ist, dann ist der Gesetzgeber irgendwie gehalten, den äußeren Anschein einer sonderrechtlichen Regelung zu vermeiden und es universell, allgemein zu erlauben. Aber noch einmal unterstrichen: Wir sollten nicht unterschätzen, wie gewichtig der Eingriff ist und mit welchen Risiken er verbunden ist.”

  184. #184 threepoints...
    1. September 2012

    Aufgrund meiner eigenen Erfahrung als Kind von Eltern bin ich leider etwas voreingenommen. Ich bin der Meinung, dass viele (die meisten) Eltern überhaupt nicht die Kompetenz haben, über andere Menschen verantwortungsvoll zu bestimmen. Wie wir wissen, sind der geringste Teil in unserer Gesllschaft irgendwie “Führungskräfte” in ihrem Beruf. Der andere Rest ist es aus gutem Gurnd nicht. Aber wo der große andere Rest eben keine wirtschaftlich relevante Position einnehmen darf, da darf der aber sogar über Menschen (nämlich ihre Kinder) “bestimmen”. Wie absurd.

    Als ich mir eine solche Situation nicht so recht vorstellen konnte (denn es ist ja ein großes Problem), habe ich mich mit Pädagogik und Erziehung befasst – eine Zeit lang. Dabei kam es dazu, das ich ein wenig Psychologie betrachten musste. Und … es war nicht zu glauben: Es gab da eine Aussage einer Psychologin, die da behauptete, es wäre “Erziehung” gar nicht nötig (sic). Es ist also völlig egal, wie ein Kind erzogen wird oder ob es überhaupt wird – es wird offenbar davon ausgegangen, dass hierbei alles, was nötig sei, auch später noch nachgereicht werden kann – irgendwie. Fragt sich nur, wie das denkbar sei, wenn man Erziehung als ständig sich wiederholendes Übungsmuster denkt? Es muß also eine geradezu revolutionäre Methode geben, die es ermöglicht, diese regelmässigen Übungsmuster einfachst zu ersetzen.
    Nur in diesem Kontext versteht sich dann, warum man also den großen Teil der Eltern welches sein lässt, die es gar nicht leisten können.

    Und was die Vestümmelung angeht… ist es wieder nur ein weiterer Beweis, dass es eben solche gibt, die diese Verantwortung nicht leisten können. Aber es gibt dabei eben ein organisatorisches Problem, dass sich nicht so einfach lösen lässt.

  185. #185 s.s.t.
    1. September 2012

    @ Stefan W.· 01.09.12 · 04:11 Uhr und 01.09.12 · 02:57 Uhr

    *Danke*

    @Thanus

    An dem Zitat erkennt man den Unterschied zwischen einem Laienprediger und einem Fachmann.

  186. #186 dickesB
    1. September 2012

    @Schmidts Katze
    so etwas in der Art hatte ich mir schon erwartet, Physiker nimmt meiner Meinung nach eine falsche Abwägung der in diesem Fall gegenläufigen Grundrechte vor und klammert sich dabei an eine durch die Fakten nicht eindeutig belegte medizinische Rechtvertigung.

  187. #187 s.s.t.
    1. September 2012

    @ Christian Reinboth

    Sofern Dich die legalen Aspekte tatsächlich interessieren sollten, begib doch doch einfach mal auf die Seite http://www.lto.com Dort und in dort verlinkten Blogs wird die Frage durchaus kontrovers diskutiert, allerdings überwiegend von Fachleuten und nicht von Pseudo-Juristen wie @Physiker, der auf den einschlägigen Seiten eine Halbwertszeit von so rund einer Stunde hätte, bevor er nicht in sämtliche Elementarteilchen zerlegt wäre.

    Nein, die juristische Seite interessiert Dich nicht wirklich, sonst hättest Du wenigstens ein Minimum an Recherche aufgebracht. Dass Dir noch nicht einmal die Stellungnahme von Prof. Merkel im Ethikrat bekannt war, hätte ich vor 24 h niemals geglaubt. Du und Dein persönlicher Physiker: Mene mene tekel u-parsin Gewogen und zu leicht gefunden.

  188. #188 s.s.t.
    1. September 2012

    @dickesB

    Der Psyiker hat eben genau null Ahnung von Jura.

  189. #189 Physiker
    1. September 2012

    @s.s.t.:

    Welche Kompetenz können Sie, Herr Klam, vorweisen, rechtliche Stellungnahmen, die über Laien-Gerede hinaus gehen, vorweisen?

    Ich habe mehrfach im Artikel hervorgehoben, dass ich mich der Thematik aus einer Laien-Perspektive nähere. Deshalb finden Sie in dem Artikel nur an ganz wenigen Stellen meine persönliche Meinung. Ich stütze mich in allen Abschnitten auf die zitierte Literatur. Wenn Sie so wollen ist der Gastbeitrag nur eine Übersicht darüber, was kompetentere Personen zu diesem Thema sagen. Darüber hinaus ist der Beitrag auch ein bisschen eine Anleitung, wie man wissenschaftlich an ein neues Thema herangeht: nämlich mit einer Literatursuche.

  190. #190 Physiker
    1. September 2012

    @MartinB· 31.08.12 · 22:05 Uhr:

    Das Medizin-Argument sticht aus den genannten Gründen nicht (und ist letztlich irrelevant), und die gesellschaftliche Debatte und Abwägung, die man damit zu vermeiden hofft, ist absolut notwendig.

    Sie argumentieren mit Schmerz und Leid von Säuglingen bei einer Operation. Warum sollten dann medizinische Gründe irrelevant sein, Sie nennen ja selbst welche um zu zu Ihrem Fazit zu kommen?
    Ich denke, die medizinische Einschätzung einer Operation ist die Vorraussetzung für eine fundierte gesellschaftliche Debatte und Abwägung: Wenn die Operation dem Kindeswohl dient, dann ist die Gesetzeslage eindeutig und die gesellschaftliche Diskussion zum Thema geht darum, die Rechte von Bürgern einzuschränken. Wenn die Operation dem Kindeswohl nicht dient, dann wird es sehr kompliziert und die gesellschaftliche Diskussion dreht sich wirklich um eine Abwägung zwischen verschiedenen Grundrechten.

  191. #191 Thomas J
    1. September 2012

    @Physiker

    Kurze Verständnisfrage:
    Die Beschneidung hat ihren medizinischen Vorteil ja in der Zukunft. Ist das ungefähr mit einer Impfung zu vergleichen?
    Leitet sich daraus nicht eine grundsätzliche Empfehlung ab, Kinder zu beschneiden?
    Ich meine… entweder nehm ich die Literatur ernst und die Vorteile sind da —> es folgt eine klare Empfehlung.

  192. #192 MartinB
    1. September 2012

    @Physiker
    Zunächst einmal gilt hervorzuheben. dass hier tatsächlich unbestreitbar Säuglinge leiden, was ja gern bestritten/ignoriert wird.

    Ich habe übrigens keine ANtwort aufmeine Frage erhalten, ob bei dieser Studie, über die Sie folgendes gesagt haben
    “Letzerer beschäftigt sich genau mit dem Schmerzempfinden zu dem es sogar eine RCT (randomisierte kontrollierte Studie) gibt.”
    das Schmerzempfinden der Säuglinge angeguckt wurde (und wenn ja, wie das gemacht wurde). Ich vermute mal, dass nicht.

    “Wenn die Operation dem Kindeswohl dient”
    Das wäre aber nachzuweisen – hier sind die Befürworter in der Beweispflicht, und das Ausklammern sowohl von Erfahrungsberichten betroffener als auch des leidens von Säuglingen spricht nicht dafür, dass dieser Beweis bereits korrekt erbracht wurde. Weiterhin ist nachzuweisen, dass der Zeitpunkt 8 Tage nach der Geburt der medizinisch sinnvollste Zeitpunkt ist, was ich für extrem zweifelhaft halte.

    Im Übrigen beziehen sich ja viele der angeführten Vorteile auf Probleme, die sich durch verbesserte Hygiene leicht vermeiden ließen – insofern muss natürlich auch abgewogen werden, ob nicht eine verbesserte Hygiene-Erziehung denselben Effekt mit weniger Risiko erzielen könnte.

    Dass medizinische Gründe irrelevant sind, bezieht sich auf die Aussage von Christian Reinboth, der sagte, er wäre auch ohne medizinische Vorteile gegen ein Beschneidungsverbot. Wenn das so ist, dann sind für ihn medizinische Vorteile offensichtlich irrelevant.

    Wie schon oben angemerkt – wenn wir medizinisch nachweisen könnten, dass Volverschleierung vor Hautkrebs (und vielleicht auch vielen Infektionskrankheiten) schützt, wäre das ein sinnvolles Argument gegen ein Burka-Verbot?

  193. #193 Wolf
    1. September 2012

    Für die Verhinderung von Penis-, Mund-, Gebärmutterhals- und Mandelkrebs verursacht durch HP Viren, ist eine Beschneidung das schlechteste Mittel der Wahl. Ungefähr so, als würde man bei einem eingerissenen Fingernagel die Hand amputieren.

    https://www.zeit.de/news/2012-08/29/wissenschaft-auch-jungen-sollten-hpv-impfung-bekommen-29200403
    (Wir übersehen bitte, dass die da von einer “Herdimmunität” und einem “Herdeffekt” schreiben, was auch immer das sein mag.)

  194. #194 Physiker
    1. September 2012

    @Stefan W.· 01.09.12 · 04:11 Uhr:
    Sie tun so, als ob ob alle obigen Aussagen frei erfunden wären. Dabei stützt sich der Artikel ausschliesslich auf peer-reviewte Aussagen aus Reviews, die sich ihrerseits wieder auf hunderte/tausende Einzelpublikationen stützen. Sie bringen eine fülle an unbelegten Behauptungen, die sich meiner Meinung nach nur durch Cherry-Picking mit Hilfe der Fachliteratur belegen lassen oder reine Vermutungen/Unterstellungen sind.
    Konkret:

    Es geht auch vollkommen an der Diskussion vorbei, wie dem ein oder anderen bereits aufgefallen ist, denn die Juden und Moslems beschneiden gerade nicht aus medizinischen Gründen.

    Das halte ich für eine Unterstellung. Juden und Muslime können sehrwohl um die medizinischen Aspekte einer Beschneidung bescheid wissen. Was ist, wenn viele die religiösen Gründe nur als Anlass nehmen, eine medizinisch sinnvolle Vorsorgemassnahme zu treffen?

    Zur Frage, ob man nicht mit einer symbolischen Beschneidung im Kindesalter, die der Erwachsene dann in eine reale umwandeln kann, hat in einer Diskussionssendung (Maischberger) der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Hr. Graumann, erklärt, dass religiöse Gesetze keine Steuergesetze seien, die man nach Bedarf an die Tagesmoral anpasst – Gottes Gesetze sind ewig und unabänderlich.

    Ich finde es viel relevanter, dass der Vorschlag der “symbolischen Beschneidung” verfassungsrechtlich problematisch ist (siehe oben).

    nein – die überlieferte Form besteht darin, dem Säugling ein in Wein getränktes Tuch in den Mund zu stecken.

    Sie unterstellen mir, dass ich das gut finde. Laut zitierter Literatur, fordern die Mediziner (genau wie der Ethikrat) eine Lokalanästhesie.

    beachtlich ist, dass Physiker in seiner Aufrechnung der Vor- und Nachteile der Beschneidung die Nachteile gar nicht bespricht.

    Ich habe dazu auf den Review von Morris verwiesen, dort wird zu den Nachteilen sogar ein ausführlicher Review zitiert. Die medizinische Abwägung der Vor- und Nachteile würde den Ramen eines Blog-Artikels sprengen und ist auch die ureigenste Aufgabe der Fachliteratur. In diesem Fall, des zitierten Reviews. Es besteht die Gefahr, die eigenen Kompetenzen zu überschreiten, wenn man glaubt, selbst eine solche Abwägung vornehmen zu können.

    Meines Erachtens ist dies der zweitwichtigste Einwand nur, aber es natürlich nicht wirklich abwägbar, ob extreme Schmerzen, die später nicht bewusst erinnert werden – der Diskussion über Traumata kann ich mich hier nicht stellen – und ein geringes Risiko die Operation nicht zu überleben, oder den Penis ganz einzubüßen – auch das ist schon vorgekommen, nun schlimmer ist, als ein Leben ohne Vorhaut zu verbringen.

    Das wird alles in den zitierten Reviews diskutiert.

    Das ist ein zweiter, empfindlicher Nachteil, der ebenfalls nicht thematisiert wurde: ein völlig gesundes Gewebe wird ohne medizinischen Grund entfernt.

    Die (nicht vollständig zitierten) medizinischen Vorteile, die jedem zweiten Jungen zu Gute kommen, sind ein medizinischer Grund.

    Dann finden wir in der Liste auch wieder HPV – Gebärmutterhalskrebs. Daran erkranken kleine Jungs ja laufend!

    Warum darf ein gesundheitlicher Nebeneffekt nicht erwähnt werden? Bei der Diskussion von Impfungen wird ja auch der Herdenimmunitätseffekt erwähnt. In der zitierten Literatur werden deshalb die indirekten Vorteile stets separat diskutiert.

    Die sexuelle Stimulierbarkeit wird durch die Verstümmelung beeinträchtigt

    Das ist eine unbewiesene Behauptung. Genauso wie Ihre weiteren Punkte. Die überwiegende Mehrheit der Fachliteratur sieht das anders. Bitte werfen Sie einen Blick in die Reviews.

    Physiker behauptet, dass 2 Beschneidungen einen Fall von “hochrisiko” HPV vermeiden.

    Wie gesagt, das ist nicht meine Behauptung. Gehen Sie einfach den Zitaten nach.

    Und zweitens in Erkrankungen, die Geschlechtsreife, Erwachsene oder Greise betreffen, für die es also keinen Grund gibt als Kind oder Baby die Vorhaut zu opfern.

    Warum dürfen Eltern ihren Kindern nicht etwas gutes tun, wovon die Kinder erst im Erwachsenenalter profitieren?

    Ich bin nun auch kein juristischer Profi, aber neben der Tatsache, dass er vergisst dazuzusagen, dass das alles nur eine Täuschung ist, ein Betrug, weil die medizinische Prophylaxe von irgendwas überhaupt nicht zählt sondern nur vorgeschoben ist, also laienhaft gesprochen ein Betrug ist […]

    Medizinisch prophylaktische Gründe sind kein Betrug.

    Die Zustimmung der Eltern in eine Körperverletzung ist natürlich nicht so gemeint, sondern ist gestattet um nicht aufschiebbare Entscheidungen jetzt treffen zu können.

    Können Sie das auch belegen?

    Und treuherzig war genau dies die Antwort des muslimischen Beschneiders in der Maischbergersendung, wieso man nicht wartet, bis die Jungs 18 sind: “Ja, dann macht es doch keiner mehr!”.

    Wenn die Eltern das wissen, dann wird daraus schon ein Argument: Wenn so gut wie kein Erwachsener mehr eine sinnvolle medizinische Massnahme freiwillig wählt, dann ist es doch sinnvoll wenn sie in der Kindheit gemacht wird. Siehe das Zahnspangenbeispiel.

  195. #195 Thomas J
    1. September 2012

    @Physiker

    ist zwar weder ein Argment pro oder contra… aber meine sie DAS wirklich?

    “Was ist, wenn viele die religiösen Gründe nur als Anlass nehmen, eine medizinisch sinnvolle Vorsorgemassnahme zu treffen?”

    diese Aussage ist im besten Fall naiv

  196. #196 in opas laube
    1. September 2012

    Noch ein Punkt, der hier, juristisch, bisher viel zu kurz gekommen ist:
    wie sieht es mit der Gleichbehandlung der Geschlechter aus?

    Dazu neulich ein Kommentar in der taz:
    “Ginge es um kleine Mädchen, denen Männer mit Messern zu Leibe rückten, um deren Verbundenheit mit Gott zu besiegeln – der Frontverlauf sähe wohl anders aus. Juden, vor allem aber Muslime gälten als religiöse Irre, die unschuldige Mädchen traumatisieren. Die Beschneidung würde als weiterer Nachweis angesehen, dass Religionen vorgestrige, patriarchalische Vereine sind, die ihre weiblichen Mitglieder mit irrwitzigen Begründungen unterdrücken. ” – https://www.taz.de/Kolumne-Maenner/!100540/

    Also ich sehe das so: wenn man Vorhautbeschneidungen bei kleinen Jungs erlauben will, MUSS man auch die Beschneidung der Klitorisvorhaut (“milde Sunna”) kleiner Mädchen erlauben (was momentan nicht der Fall ist) — denn natürlich gilt: GG Art 3 (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt(…)

    und nu?

  197. #197 Schmidts Katze
    1. September 2012

    “Wenn so gut wie kein Erwachsener mehr eine sinnvolle medizinische Massnahme freiwillig wählt, dann ist es doch sinnvoll wenn sie in der Kindheit gemacht wird.”

    Wenn die Menschen in der Mehrheit nicht in der Lage sind, Entscheidungen zu ihrem eigenen Wohl zu treffen, könnten wir auch gleich das Konzept ‘Mündigkeit’ über Bord werfen, dann kann der Staat auch bei Erwachsenen solche Entscheidungen treffen.

  198. #198 Statistiker
    1. September 2012

    Naja, der “Frische Wind” begrüßt ja alles, was die Verankerung der Religion in der Verfassung erleichtert, sprich: Was verfassungsfeindlich ist….

  199. #199 Falco
    1. September 2012

    Alleine schon das Wissen, dass nach der OP die Betäubung nachlässt, und das Kind spätestens dann Schmerzen hat, reicht meiner mMn schon, um auf solche – aus medizinischer Sicht nicht notwendigen – OPs (auch mit Betäubung/Narkose) zu verzichten.
    Erst kürzlich habe ich eine Mutter jammern hören, weil die auf den Wundrand aufgetragene Salbe ständig an der Windel, statt an der beschnittenen Vorhaut haftete. Bei jedem Urinieren schrie der Knabe wie am Spieß.
    Sie hat den Jungen auf Druck ihrer Verwandtschaft beschneiden lassen, aber nicht, weil sie davon überzeugt war, bzw. das wirklich wollte.

    Wenn die Beschneidung aus gesundheitlichen Gründen wirklich so sinnvoll wäre, hätte sie sich sicherlich längst weltweit und religionsunabhängig durchgesetzt.

    Ich bin der Meinung, die Evolution keinen Körperteil aus Jux und Dollerei hervorgebracht. Dazu zählt auch die Beschaffenheit eines männlichen Geschlechtsteiles. Auch im Tierreich findet man meines Wissens keine ungeschützte Eichel.
    Ich verstehe nicht, warum man wie verrückt nach Argumenten für eine Beschneidung sucht. Man sollte doch froh sein, wenn Babys gesund und munter, mit allem drum und dran, geboren werden.
    Es geht bei diesem Thema nicht um die Eltern, nicht um die Ärzte, sondern um Babys/Kleinkinder, denen etwas aufgezwungen wird und das sie ihr Leben lang “kennzeichnet”.
    Ich hoffe, dass viele, gegen ihren Willen Beschnittene, ihre Eltern wegen Körperverletzung anzeigen. Erst dann wird sich vielleicht etwas an diesem archaischen Ritual ändern.

  200. #200 Stefan W.
    1. September 2012

    Es geht auch vollkommen an der Diskussion vorbei, wie dem ein oder anderen bereits aufgefallen ist, denn die Juden und Moslems beschneiden gerade nicht aus medizinischen Gründen.

    Das halte ich für eine Unterstellung. Juden und Muslime können sehrwohl um die medizinischen Aspekte einer Beschneidung bescheid wissen. Was ist, wenn viele die religiösen Gründe nur als Anlass nehmen, eine medizinisch sinnvolle Vorsorgemassnahme zu treffen?

    Dann würden sie die Operation von einem Chirurgen in einer Klinik nach einer medizinischen Beratung durchführen lassen; sicher nicht nach 8 Tagen.

    Ärzte würden aber eine Amputation gar nicht durchführen, denn diese muss medizinisch und nicht religiös indiziert sein. Die Berufsordnung schreibt Ärzten zwingend vor, dass deren Handeln heilen, schützen, Schmerzen lindern soll.

    Ich finde es viel relevanter, dass der Vorschlag der “symbolischen Beschneidung” verfassungsrechtlich problematisch ist (siehe oben).

    Wo oben? Entweder ich habe das übersehen oder ich versteh’ es nicht. Wieso wäre eine symbolische Beschneidung problematisch?

    fordern die Mediziner (genau wie der Ethikrat) eine Lokalanästhesie.

    Dazu müssen Sie den Kontext nennen: Zuerst mal spricht Herr Merkel ganz klar davon, dass dies ein außenpolitischer Kotau vor Israel sein soll, mit dem sich Deutschland diplomatisch lieb Kind macht, welches ansonsten nie und nimmer mit der Verfassung vereinbar wäre.

    Dabei erklärt er aber nicht, wie auf dem Rücken, oder besser gesagt der Vorhaut von kleinen, jüdischen Jungs und islamischen Jungs eine Wiedergutmachung für nicht wiedergutzumachendes Unrecht möglich sein soll.

    Meines Erachtens ist das eine völlig unmögliche Position. Es bedarf manchmal der Zivilcourage das richtige zu tun, und wenn Diplomatie Opportunismus wäre, dann muss man es lassen.

    Aus außenpolitischen Gefälligkeiten heraus kann man nicht die Menschenwürde, die dem Recht auf körperliche Unversehrtheit zu Grunde liegt, opfern, zumal es eben auch Juden gibt, die diesen überkommenen, barbarischen Brauch ablehnen. Man tut keinem Opfer des Nationalsozialismus einen Gefallen, in dem man Kinder aus Staatsräson quält.

    Ansonsten wäre – das ist doch deutlich – klar zu erkennen, dass solch eine Operation eine Vollnarkose erforderlich macht, und daher nur vorgenommen würde, wenn damit eine andere, akute Lebensgefahr abgewehrt würde; ansonsten würde man sie verschieben. Merkel fordert aber die Zuziehung von Anästhesisten, die aus dem religiösen Zirkus dann wirklich eine Operation machen sollen, was eine Pille ist, die der Zentralrat auch nicht schlucken wollen wird, denn damit ist der Selbstbetrug, dass es sich um eine Lappalie handelt, nicht aufrechtzuerhalten.

    Warum darf ein gesundheitlicher Nebeneffekt nicht erwähnt werden

    Alles darf erwähnt werden, auch ein potentiell gesundheitlicher Effekt bei einem Dritten. “Potentiell” und “bei einem Dritten” bitte nicht unterschlagen. Die liegen jedenfalls nicht im Wohl des Kindes, sondern des Dritten, und können eine ansonsten rechtswidrige Einwilligung der Eltern nicht heilen.

    Wir erinnern uns: Die Eltern dürfen einer Körperverletzung nur zustimmen, so sie im Kindeswohl dient.

    Erwähnen darf man es natürlich – in einer Liste von Gründen wirkt es natürlich ein wenig wie der Versuch die Leser zu täuschen, die Liste zu verlängern und fragwürdigen Vorteilen einen weiteren beizustellen, weil’s eh nicht mehr drauf ankommt.

    Wenn so gut wie kein Erwachsener mehr eine sinnvolle medizinische Massnahme freiwillig wählt, dann ist es doch sinnvoll wenn sie in der Kindheit gemacht wird.

    Dass die Maßnahme medizinisch sinnvoll sei ist ja eben falsch. Und im Streitfall, wenn man einräumt, dass die Vorhaut nicht ein Hautfitzelchen ist, sondern ein nützliches Organ, ist es nicht Sache der Eltern einer medizinischen Entscheidung des Jungen vorzugreifen, sofern nicht medizinisch zügiges Handeln geboten ist.

    Zügiges Handeln gebietet alleine die Religion.

  201. #201 Spoing
    1. September 2012

    Mal eben zu dem Gegenwind zu der Aussage “Rauchen ist auch gefährlich”

    Hier ist das diesmal sogar wirklich ein sinnvolles Argument. Sicherlich ist es in den meisten Fällen schwachsinnig so zu Argumentieren. Aber hier geht es um den Umgang mit einer Minderheit und wenn Probleme/unliebsames welche lediglich eine Minderheit betreffen angegangen werden dann stellt sich zumindest ein “Geschmäckle” ein. Denn selektive Rechtsauffassung ist definitiv eine Form der Diskriminierung.

    Zu den obigen Erfahrungsbericht der Beschneidung finde ich es etwas merkwürdig, dass jemand so großen seelisch Druck dadurch ausgesetzt ist, jedoch keinerlei Probleme mit seinem Umfeld durch seine Homosexualität hat. In der Gegend in der ich aufgewachsen bin, ist die sexuelle Vorliebe um einiges mehr ein Mobbinggrund gewesen als eine fehlende Vorhaut. (Außerdem eine religiöse Praxis zu Verbieten nur weil sie gesellschaftlich auf Abneigung stößt, würde ich ähnlich bewerten wie eine sexuelle Auslebung zu verbieten nur weil sie auf Abneigung stößt. Für manche ist Spiritualität sogar wichtiger als Sexualleben. Einen Katholikenwitz erspare ich mir an dieser Stelle 🙂 )

    Abschließend nochmal zu der Frage wer hier in der Beweispflicht steht.
    Ich würde sagen, es sind immer die Jenigen die eine Änderung des Status quo wollen.(zumindest in der Politik) Denn sonst wäre es zu einfach eine komplette Blockadehaltung gegen alles was einem nicht passt durch zu setzen.

    Ich persönlich wäre zwar extrem sauer auf meine Eltern, wenn sie mich aus religiösen Gründen beschnitten hätten, würde mir aber nicht heraus nehmen ihnen die Freiheit dieser Entscheidung abzusprechen.

  202. #202 Thomas J
    1. September 2012

    @Spoing

    “In der Gegend in der ich aufgewachsen bin, ist die sexuelle Vorliebe um einiges mehr ein Mobbinggrund gewesen als eine fehlende Vorhaut. ”

    Und was davon kann man leichter ändern? Die fehlende Vorhaut, oder die sexuelle Vorliebe?

    Manmanman… studiert doch mal ein bisschen nach.

  203. #203 Mondkuppel
    1. September 2012

    Der Artikel des bekannten Beschneidungs-Befürworter Morris mit Koautoren ist sicher ein zweifelhafter Beleg für die Vorteile der Beschneidung. Die Behauptung, dass zwei Beschneidungen eine hoch-risiko HPV verhinderten, lässt aufhorchen, wie schon von Stefan W. angemerkt, so dass es interessant ist, nachzulesen, wie die Autoren auf diese Zahlen kommen. Im Artikel steht, dass Beschnittene etwa 50% seltener hoch-risiko HPV mit sich tragen, genauer wird nicht beschrieben, wie man nun auf die Formel, dass zwei Beschneidungen eine hoch-risiko HPV-Ansteckung verhindern, kommt.
    Bemerkenswert auch die Zahl, dass 6 Beschneidungen einen Fall von Prostata-Krebs verhinderten. In der Tabelle ist diese Zahl, aber im Artikel steht dazu nur: “In the case of prostate cancerthe evidence is mixed, yet sufficient data exist for a protective role that MC should be explored more extensively (see review [137]). If verified, MC could greatly reduce disease burden and associated costs”
    Es gibt also selbst in einem mit klarem Ziel geschriebenen Artikel nur “mixed evidence”, aber der Autor dieses Blogeintrags zieht diese Zahl als Argument heran. Zu dem Thema sollte man auch wissen, dass ein hoher Anteil der über 70-Jährigen ein latentes Prostatakarzinom haben, was sich aber erst bei Obduktionen herausstellt und woran sie nicht sterben. Sollte deren Zahl stark sinken, ist es unerheblich.
    Die Zahl, dass 1000 Beschneidungen eine HIV-Infektion verhinderten, wäre bei 100%-igem Schutz durch Beschneidung nur dann wahr, wenn sich jeder 1000. Unbeschnittene mit Hiv infizierte. Dies ist aber bei weitem in Industriestaaten nicht der Fall, in Deutschland gibt es ca. 70 000 HIV-positive Menschen.
    Das wichtigste Argument nennt aber der Autor des Blogeintrags selbst als Antwort auf die Frage, ob man sich als Erwachsener beschneiden sollte: viele der Vorteile lassen sich auf anderem Wege erreichen (Waschen gehört sicher dazu). Viel eher geboten erscheint also, diese anderen Wege zu beschreiten und die Aufklärung über diese zu verstärken, falls man vor den Nachteilen der Beschneidung nicht die Augen verschließt, zu denen unbestreitbar die Schmerzen des Neugeborenen gehören. Ein ebenfalls sehr wichtiges Argument ist, falls man das Glück des Einzelnen als gesellschaftliches Ziel sieht, und die männliche Sexualität als legitimen Weg, dieses zu mehren, die Einschränkung der Möglichkeit des sexuellen Empfindens, die wiederum nicht bestritten werden kann, denn die Vorhaut ist ein hochsensibles Organ.
    Es ist zwar schwierig, belastbare Studien zu den Wirkungen auf das sexuelle Empfinden zu finden, aber die Beweislast liegt hier eindeutig auf Seite derer, die behaupten, dass das Abschneiden eines der sensibelsten Körperteile nicht weniger Lustempfinden mit sich brächte. Die Sexualität geht über leicht Messbares wie Orgasmus- , oder Erektionsfähigkeit hinaus und über das subjektive Lustempfinden können als Säuglinge Beschnittene natürlich keinen Vergleich machen. Viele Taube empfinden ihre Taubheit auch nicht als Behinderung, zum Glück, aber es ist dennoch Konsens, dass man etwas “verpasst”, wenn man nicht hört. Studien, die die Lebenszufriedenheit Tauber und Hörender vergleichen, würden nicht als Argument für irgendwas herangezogen, man würde stets versuchen, die Hörfähigkeit von Kindern zu bewahren. Als Erwachsene Beschnittene haben wiederum einen Anreiz, sich ihren Zustand schönzureden und es ist nicht zu erwarten, dass viele Männer, Angehörige des Geschlechts, das auch bei Erektionsstörungen oft nicht zum Arzt geht, sich eingestehen, dass etwas mit ihrem Penis “nicht stimmt”. Diese methodische Einschränkung erscheint mir unüberwindbar und aus der Tatsache, dass sich deswegen das Lustempfinden nicht messen lässt, darf man nicht folgern, dass man also bedenkenlos beschneiden darf. Starke Probleme, statistisch signifikante sexuelle Nachteile durch weibliche Beschneidung nachzuweisen, bestehen übrigens auch, wie z.B. hier zusammengafasst (https://hmb.utoronto.ca/hmb303h/case_studies/kenya-fgm/consequences_fgm.pdf). Zitat: “other studies
    that measure sexual activity and pleasure find no significant difference between circumcised and uncircumcised women”. Dennoch kommt keiner auf die Idee, ernsthaft zu bestreiten, dass das Abschneiden hochsensibler Organe bei Frauen die Möglichkeiten des sexuellen Empfindens einschränkt und genauso sollte man es auch bei Männern handhaben. Nennen der Unterschiede der Beschneidungsformen beider Geschlechter ist kein Argument, weil es hier um die Gemeinsamkeit geht.

  204. #204 Mondkuppel
    1. September 2012

    Ein kleiner Nachtrag: Ich möchte gesundheitliche Vorteile nicht grundsätzlich bestreiten, aber man sollte zumindest eine faire Studie heranziehen und hierbei keine aberwitzigen Argumente heranziehen wie das der Phimosevermeidung, welches so banal ist wie das Argument, dass das Abschneiden des Fingers Krebs am selben vorbeugt. Ein vernünftiger Mensch würde den Finger erst abschneiden, wenn er von Krebs befallen ist, und so ist es auch bei der Phimose in Deutschland üblich (wobei das Abschneiden oft nicht nötig ist).
    Weiterhin können Nachteile nicht per Fatwa oder Nicht-Messbarkeit, auch wenn dem Verstand offensichtlich (Schmerz des Kindes), inexistent gemacht werden.

  205. #205 Statistiker
    1. September 2012

    Herr Thomas J:

    Wählen Sie mal:

    a) In einem erzkatholischchen Dorf schwul zu sein

    oder b) beschnitten.

    Na, merken Sie endlich was, oder sind jegliche Gehirnzellen auf frischen Wind gestellt?????

  206. #206 Jürgen Schönstein
    1. September 2012

    @Physiker

    – Das Recht auf Religionsfreiheit ist nicht uneingeschränkt, und es wiegt ausdrücklich nicht höher als das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

    Habe ich im obigen Artikel etwas anderes behauptet?

    Die unterschiedliche Rechtbewertung, mit der körperlichen Unversehrtheit als nachrangig gegenüber der Religionsfreiheit, klingt bei solchen Aussagen eindeutig an: “Im Gegensatz zu einigen anderen Grundrechten ist Art. 2 deshalb eher schwach…” und “Die Religionsfreiheit (…) ist ebenfalls ein starkes Grundrecht, denn es ist vorbehaltlos.”

  207. #207 SethSteiner
    1. September 2012

    Eine Beschneidung führt in jedem Fall zu einer über 50% geschädigten Empfindsamkeit am Penis. Inwiefern kann allein dadurch bereits keine Rede mehr von einer Verstümmelung sein? Haben die Studien dies überhaupt bedacht? Zu Mal auch die Frage ist, inwiefern man Kinder und Neugeborene prophylaktisch ein Körperteil verstümmeln soll, damit die Gefahr von Krankheiten reduziert sind, die sie erst im Erwachsenenalter bekommen, höchstwahrscheinlich sowieso nicht und im Fall der Fälle auch andere Behandlungsmethoden wählen können?

    Das Kind wird nicht aufgrund einer medizinischen Notwendigkeit beschnitten, da irgendwie geartete Krankheiten in naher Zukunft nicht auftreten und auch bis zur Mündigkeit des Kindes keine Gefahr darstellen. Der einzige Grund warum es zur Beschneidung kommt ist also der Wunsch der Eltern ihr Kind zu markieren und das hat nicht viel mit Kindeswohl zutun.

  208. #208 Thomas J
    1. September 2012

    @statistiker

    Wieso waehlen und nicht beides abschaffen? Bei den fundichristen ist das ein
    Jahrzentelanger prozess, die beschnippelung koennen wir jetzt stoppen

  209. #209 s.s.t.
    1. September 2012

    @Physiker

    Ich habe mehrfach im Artikel hervorgehoben, dass ich mich der Thematik aus einer Laien-Perspektive nähere. Deshalb finden Sie in dem Artikel nur an ganz wenigen Stellen meine persönliche Meinung.

    Eben, genau darauf zielt in dieser Hinsicht meine Kritik ab. Sie mögen einiges dazu gelesen haben, jedoch sind Sie offensichtlich alles andere als kompetent ein Rechtsgutachten ab zu geben.

    Echte Juristen sind sich in dieser Frage zwar nicht einig, aber zumindest besteht die Einigkeit darin, dass man uneins ist. Und diese Analyse vermisse ich sehr in Ihrem Aufsatz, wenn Sie sich schon an solchen Themen auslassen, ohne dass Sie ein Minimum an Kompetenz auf diesem Gebiet vorweisen können.

    Und nein, ich würde auch keinen der Blogger hier an die Bremsen meines Autos lassen oder die Wasseranschlüsse in meiner Wohnung verändern lassen, auch wenn diese Blogger augenscheinlich hoch gebildet sind. Sofern diese nämlich bei diesen Dingen keine besondere Fachkompetenz vorweisen können, bestehe ich auf einen Mindestabstand von 10 m.

    Das Sprichwort “Schuster bleib bei deinen Leisten” gilt auch für Sie. Das Lesen von juristischen Fachartikeln und der Besuch von irgendwelchen juristischen Seminaren ersetzt nicht die Fachausbildung. Man sollte nicht nur über das eigene Wissen bescheit wissen, sondern auch über die Grenzen des eigenen Wissens.

    Ich hab es öfters rühmen hören,
    Ein Komödiant könnt einen Pfarrer lehren.

    Allerdings nur wenn:
    Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist;
    Wie das denn wohl zuzeiten kommen mag

  210. #210 s.s.t.
    1. September 2012

    @Statistiker

    Vopr wenigenJahrzehnten war Schwulsein hier ein Straftatbestand. Da wurden sogar öffentliche Toiletten kriminalistisch überwacht.

    Inzwischen gab es schon einige schwule Bürgermeister, die sich geoutet haben, z.B. in HH und in B. Und niemand nahm daran wirklich Anstoß, wie die Wahlergebnisse zeigen.

    The Times They Are A-Changin

    Merken Sie etwas? Oder will das in Ihr möglicherweise Ewig-Gestrige-Hirn nicht rein?

  211. #211 wolfgang
    1. September 2012

    Jetzt mal ein anderes Beispiel, wie Kinder bereits durch religiös fundiertes Nichtstun schwerstens zu Schaden kommen:

    Im sog bible Belt in Holland leben religiöse Calvinisten, die Impfungen ablehnen,
    die hatten in den 70ern 2 Polioausbrüche , in den 80ern eine Masernausbruch 3 tote Kinder und 2005 einen Röteln Ausbruch auch bei Schwangeren, seidem gibts ca 10 Kinder die mehrfache Behinderungen verursacht durch Rötelnvirusinfektion in der Schwangerschaft haben.

    Das ist ein ganz klares Beispiel, dass die örperliche Unversehrheit des Kindes über irgendwelchen Religiösen Meinungen/Ritualen steht.

    Und so ist es ja letztlich auch in der Kinderrechtskonvention formuliert- die ja auch muslimische Länder und auch Israel ratifiziert haben. Daher nein zu Ritualen (ob religiös oder nicht, die dem Kindeswohl schaden. Bereits Schmerzen sind dem Kindeswohl abträglich, Abschneidungen jeder Art, so keine medizinische Indikation besteht auch.

  212. #212 s.s.t.
    1. September 2012

    @Thomas J

    die beschnippelung koennen wir jetzt stoppen

    Bei den Girlies hat das ja hier hinlänglich geklappt. Im Zuge der Gleichberechtigung sind im Jahre des Herren 2012 die Boys an der Reihe.

    Ich warte bei dem @Physiker immer noch auf die Formulierung eines Gesetzes, das die Beschneidung von spezifisch Jungen aus religiösen Gründen gestattet. Nach seiner eigenen Einbildung ist er ja in juristischen Fragen höchst gebildet.

  213. #213 s.s.t.
    1. September 2012

    @wolfgang

    zu dem ‘Bible-Belt’ in den NL fällt mir nur eines ein: Mittelalter

    Na ja, die diversen Beschneidungsriten von diversen Naturvölkern und anderes Voodo kommen hier eh nicht zur Sprache. Für gewisse Religiöse ist der Tellerrand eh die ultimative Grenze.

  214. #214 Jan
    1. September 2012

    @Spoing
    “Zu den obigen Erfahrungsbericht der Beschneidung finde ich es etwas merkwürdig, dass jemand so großen seelisch Druck dadurch ausgesetzt ist, jedoch keinerlei Probleme mit seinem Umfeld durch seine Homosexualität hat.”

    Mit meiner Homosexualität hatte ich tatsächlich kaum Probleme. Vielleicht lag es daran, dass ich es Bravo sei Dank als ganz natürlich wahrgenommen hatte oder daran, dass ich wesentlich älter war und es deshalb besser verarbeiten konnte. Glücklicherweise lebe ich in einer Region, in der Homosexualität kein Problem darstellt.

    Bei meiner Beschneidung war ich 5 oder 6 Jahre alt. An meinem Körper fehlte plötzlich etwas und die Schmerzen kamen natürlich noch dazu. Ich war schockiert über das, was meine Eltern mir angetan hatten. Wenn man seinen Körper in diesem Alter schon als verstümmelt wahrnimmt, ist es sehr schwer diesen Zustand zu akzeptieren. Wenn ich mich heute mit unbeschnittenen Männern vergleiche, fühle ich mich noch immer verstümmelt. Dazu braucht es weder Mobbing noch Diskriminierung.

  215. #215 Eheran
    1. September 2012

    Was ist das denn für eine Tabelle?
    Und wie kann es bei einem Beschnittenen überhaupt zu einer Phimose kommen?!
    Die Risiken werden weder quatitativ beziffert noch aufgeführt, sie werden einfach als vernachlässigbar abgetan, obwohl sie selbstverständlich alles andere als vernachlässigbar sind.
    Mit solch einer “Zusammenfassung der Fachliteratur” disqualifiziert sich m.M.n. jeder, der soetwas ernsthaft als Argument verwendet.

    Eine praktische und allgemeinverständliche Zusammenfassung der Fachliteratur findet sich in Tabelle 1. Laut dieser Tabelle sind die Vorteile der prophylaktischen Beschneidung laut Fachliteratur überwältigend. Greift man sich die relevantesten Vorteile der Beschneidung heraus, so vermeiden
    4 Beschneidungen einen Fall von Harnwegsinfektion
    10 Beschneidungen einen Fall von Candidiasis
    6 Beschneidungen einen Fall von Prostatakrebs
    10 Beschneidungen einen Fall von Balanitis
    10 Beschneidungen einen Fall von Phimose
    2 Beschneidungen einen Fall von hoch-risiko HPV
    5 Beschneidungen einen Fall von Genitalherpes
    während die Risiken nahezu vernachlässigbar sind.

  216. #216 rjb
    2. September 2012

    Diese Tabelle ist in der Tat komisch. In
    https://de.wikipedia.org/wiki/Harnwegsinfekt
    wird behauptet, “Die Anzahl der Neuerkrankungen in einem Jahr (Inzidenz) liegt bei Frauen im jüngeren Alter bei rund 5 %. Sie steigt im Alter auf rund 20 % an. Während bei jüngeren Männern Harnwegsinfekte eher selten sind, gleicht sich ihr Risiko bei zunehmendem Lebensalter dem der Frauen an.” Wenn das zutrifft, und das “Alter” sagen wir einmal, 20 Jahre dauert, dann sind also etwa 4 Harnwegsinfektionen pro Person zu erwarten. Wenn 4 Beschneidungen eine dieser Infektionen vermeiden, dann sinkt durch Beschneidung die Häufigkeit von Harnwegsinfektionen um etwa 6%. Die Formulierung “so vermeiden 4 Beschneidungen einen Fall von Harnwegsinfektion” erscheint mir dann in einer Weise demagogisch aufgeladen, die in einem wissenschaftlich sein wollenden Artikel nichts zu suchen hat. Die “2 Beschneidungen einen Fall von hoch-risiko HPV” macht schon von ganz alleine einen dubiosen Eindruck, weil es hier offenbar nur um ein nicht näher spezifiziertes Risiko geht, und nicht darum, ob sich das tatsächlich manifestiert.

    Davon abgesehen, haben diese medizinischen Betrachtungen nichts mit der Frage zu tun, ob es Eltern gestattet ist, im Zuge der Ausübung ihrer, also der elterlichen, Religion von ihren Kindern Teile abschneiden zu lassen. Meine Antwort, deren Begründung ich jetzt nicht näher ausführe, ist eindeutig Nein. Was eventuelle medizinische Gründe prophylaktischer Art betrifft, kann man sich imaginäre Szenarien ausmalen, daß z.B. x% der Beschnittenen und y% der Unbeschnittenen in späterem Alter von einer Krankheit K dahingerafft werden, und x und y variieren. Dabei ergeben sich durchaus Möglichkeiten, bei denen sich eine Beschneidung klar empfehlen würde. Mit anderen Worten, die Beschneidung aus krankheitsprophylaktischen Gründen läßt sich nicht rein theoretisch wegargumentieren. Sondern man muß sich überlegen, welchen krankheitsprophylaktischen Nutzen man erwartet, um eine Beschneidung für zulässig oder sogar empfehlenswert zu halten, und dann untersuchen, ob ein solcher Nutzen in der Realität zu erwarten ist. Die hier genannte Arbeit ist jedoch meines Erachtens für solche Überlegungen wertlos.

  217. #217 s.s.t.
    2. September 2012

    @rjb

    Davon abgesehen, haben diese medizinischen Betrachtungen nichts mit der Frage zu tun, ob es Eltern gestattet ist, im Zuge der Ausübung ihrer, also der elterlichen, Religion von ihren Kindern Teile abschneiden zu lassen.

    Diese angeblichen medizinische Vorteile werden ja auch nur deswegen von sog. Rationalen in den Vordergrund gestellt, weil die Akzeptanz von rosa Einhörnern u.ä. in der hiesigen Bevölkerung schwindet.

    Wesentlich ehrlicher wäre es schon, wenn die Religiösen einfach nur sagen würden „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen“ wie es zumindest in ähnlichen Worten Leute wie Broder ausdrücken. Das wäre für mich, als atheistischer Agnostiker oder wtf, erheblich glaubwürdiger, als irgendwelche herbei konstruierte Vorteile, die ein Kleinkind nachweislich eh nicht betreffen.

    Na ja, ich schätze mal, dass den religösen Wissenschaftlern ihr Gottesbild doch so peinlich ist, dass sie es lieber hinter einem Deckmäntelchen der Rationalität verbergen wollen.

    Die Gründe, warum eine Knabenbeschneidung in Dt. per Gesetz legalisiert werden soll, haben weder etwas mit Rationalität noch Rechtsverständnis zu tun.

    Zum xyz.ten Male an alle Beschneidungsbefürworter: Wie soll ein solches Beschneidungsgesetz formuliert werden? Gerne auch ins Unreine gesprochen, zumindest hätte man dann eine Diskussionsgrundlage.

    Bisher haben sich selbst Fachleute davor gedrückt. Also Laien an die Front?!

  218. #218 s.s.t.
    2. September 2012

    @Jan

    Glücklicherweise lebe ich in einer Region, in der Homosexualität kein Problem darstellt.

    Seit einiger Zeit sind sog. Perversitäten in Dt. längst nur noch ein Gähn-Thema. Mit Deinem Schwulsein kannst Du keinesfalls mehr punkten. Hast Du nicht wenigtens etwas SM auf Lager? Das zieht hier immerhin noch ein klein wenig.

    Tiersex wäre auch nicht schlecht, um ein wenig Aufmerksamkeit zu erregen, aber einvernehmlicher Sex mit Deinem Schäferhundrüden wäre inzwischen auch recht langweilig. [/Ironie]

  219. #219 Physiker
    2. September 2012

    @MartinB· 01.09.12 · 12:08 Uhr:
    So gut wie jeder medizinische Eingriff verursacht Schmerzen. Deshalb kann das nicht das zentrale Argument sein.

    Ich habe übrigens keine ANtwort aufmeine Frage erhalten, ob bei dieser Studie, über die Sie folgendes gesagt haben
    “Letzerer beschäftigt sich genau mit dem Schmerzempfinden zu dem es sogar eine RCT (randomisierte kontrollierte Studie) gibt.”
    das Schmerzempfinden der Säuglinge angeguckt wurde (und wenn ja, wie das gemacht wurde). Ich vermute mal, dass nicht.

    Ich habe dafür leider keine Zeit. Der RCT wird im Perera-Review genannt:
    Macke JK. Analgesia for circumcision: effects on newborn behavior and mother/infant interaction. J Obstet Gynecol Neonatal Nurs. 2001;30(5):507-514

    Das wäre aber nachzuweisen – hier sind die Befürworter in der Beweispflicht, und das Ausklammern sowohl von Erfahrungsberichten betroffener als auch des leidens von Säuglingen spricht nicht dafür, dass dieser Beweis bereits korrekt erbracht wurde.

    Weder das eine noch das andere wird ausgeklammert: wenn man den Zitaten aus obigen Reviews nachgeht findet man zu diesen Themen eine Vielzahl von Arbeiten. (Vorausgesetzt Sie verstehen unter “Erfahrungsberichten” Studien zu psychologischen Konsequenzen und nicht das was die Befürworter der Alternativen Medizin anführen.)

    Weiterhin ist nachzuweisen, dass der Zeitpunkt 8 Tage nach der Geburt der medizinisch sinnvollste Zeitpunkt ist, was ich für extrem zweifelhaft halte.

    Was der medizinisch sinnvollste Zeitpunkt ist, sollte und wird unabhängig von religiösen Vorgaben bestimmt. Und der Morris-Review liefert dazu einen nachvollziehbaren, und durch qualitativ hochwertige ziterte Arbeiten untermauerten Nachweis.

    Im Übrigen beziehen sich ja viele der angeführten Vorteile auf Probleme, die sich durch verbesserte Hygiene leicht vermeiden ließen – insofern muss natürlich auch abgewogen werden, ob nicht eine verbesserte Hygiene-Erziehung denselben Effekt mit weniger Risiko erzielen könnte.

    Laut Abschnitt 3.2 des Morris-Reviews ist das nicht der Fall.

    Wenn das so ist, dann sind für ihn [Anm.: Christian Reinboth] medizinische Vorteile offensichtlich irrelevant.

    So ähnlich argumentieren durchaus auch einige Juristen. Siehe Beulke und Dießner/Herzberg, die eine verfassungsrechtliche Argumentation vor der Kosten-Nutzen-Abwägung für geboten halten:

    Andernfalls gerät man zwischen die Fronten derjenigen, die den Nutzen bzw. den möglichen Schaden kontrovers diskutieren

  220. #220 Physiker
    2. September 2012

    @Wolf· 01.09.12 · 12:23 Uhr:

    Für die Verhinderung von Penis-, Mund-, Gebärmutterhals- und Mandelkrebs verursacht durch HP Viren, ist eine Beschneidung das schlechteste Mittel der Wahl.

    Deshalb sind das auch nicht die entscheidenen Gründe.

  221. #221 Physiker
    2. September 2012

    @Thomas J· 01.09.12 · 12:38 Uhr:

    “Was ist, wenn viele die religiösen Gründe nur als Anlass nehmen, eine medizinisch sinnvolle Vorsorgemassnahme zu treffen?”
    diese Aussage ist im besten Fall naiv

    Die Naivität dieser Aussage spielt keine Rolle. Solange Sie den von mir genannten Fall nicht ausschliessen können, ist die gegenteilige Annahme eine (bösartige) Unterstellung. Und wir wollen doch nicht Juden und Muslimen unterstellen, dass sie wider besseren Wissens die Gesundheit ihrer Kinder gefährden.

  222. #222 Physiker
    2. September 2012

    @in opas laube· 01.09.12 · 13:15 Uhr:

    Noch ein Punkt, der hier, juristisch, bisher viel zu kurz gekommen ist:
    wie sieht es mit der Gleichbehandlung der Geschlechter aus?

    Die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz impliziert nicht, dass Jungs und Mädchen vom Arzt gleich behandelt werden müssen.

  223. #223 Thomas J
    2. September 2012

    @Physiker

    “Solange Sie den von mir genannten Fall nicht ausschliessen können, ist die gegenteilige Annahme eine (bösartige) Unterstellung. ”

    Wie kommst du darauf, dass DAS

    “…,dass sie wider besseren Wissens die Gesundheit ihrer Kinder gefährden.”

    die gegenteilige Annahme ist?
    nönö, so nicht.

    Und zu dem hier:
    “So gut wie jeder medizinische Eingriff verursacht Schmerzen. Deshalb kann das nicht das zentrale Argument sein.”

    Das zentrale Argument ist natürlich die Irreversibilität des Eingriffs.
    Übrigens… das ist eine religiös und/oder ästhetisch motivierte Amputation. Giltet das als medizinischer Eingriff?
    Ich würde gerne die Eltern kennenlernen, die ihren Jungen aus rein medizinisch-prophylaktisch Gründen beschneiden liessen.

  224. #224 Physiker
    2. September 2012

    @Mondkuppel· 01.09.12 · 14:47 Uhr:

    Der Artikel des bekannten Beschneidungs-Befürworter Morris mit Koautoren ist sicher ein zweifelhafter Beleg für die Vorteile der Beschneidung. […]

    Dann zitieren Sie doch bitte einen besseren peer-reviewten Review zu diesem Thema.

  225. #225 Physiker
    2. September 2012

    @Jürgen Schönstein· 01.09.12 · 15:06 Uhr:

    Die unterschiedliche Rechtbewertung, mit der körperlichen Unversehrtheit als nachrangig gegenüber der Religionsfreiheit, klingt bei solchen Aussagen eindeutig an: “Im Gegensatz zu einigen anderen Grundrechten ist Art. 2 deshalb eher schwach…” und “Die Religionsfreiheit (…) ist ebenfalls ein starkes Grundrecht, denn es ist vorbehaltlos.”

    Diese Sätze sind nur Paraphrasierungen des zitierten Georg Neureither, der Lehrbeauftragter für Staatskirchenrecht an der Universität Heidelberg ist. Meine Frage war eher rhetorisch, denn im obigen Artikel steht auch zur Religionsfreiheit:

    Natürlich gilt dieses Grundrecht nicht absolut – es findet genau wie die anderen Grundrechte dort seine Schranken, wo andere Grundrechte verletzt werden.

    was nahezu synonym zu Ihrem Satz “Das Recht auf Religionsfreiheit ist nicht uneingeschränkt, und es wiegt ausdrücklich nicht höher als das Recht auf körperliche Unversehrtheit.” ist.

  226. #226 rolak
    2. September 2012

    Hey Thomas J, Du hast Dich beschwallen lassen: Übersehen, daß er da oben eine Beweislastumkehr untergejubelt hat?

    Obgleich ich den abschließenden Satz seines Kommentares für noch viel impertinenter halte – malen doch diverse Muftis und Mohels den Schejtan bzw Beelzebub an die Wand (als vorgebliches Sachargument, muß mensch sich mal vorstellen^^), daß die Eltern im Verbotsfalle zu den wesentlich riskanteren Hinterhofbeschneidungen greifen würden, somit Deine angebliche Unterstellung de facto eine Konstatierung ist.

  227. #227 Physiker
    2. September 2012

    s.s.t.· 01.09.12 · 18:15 Uhr

    Sie mögen einiges dazu gelesen haben, jedoch sind Sie offensichtlich alles andere als kompetent ein Rechtsgutachten ab zu geben.

    Der obige Artikel ist kein Rechtsgutachten er ist ein Gastblog-Artikel.

    Echte Juristen sind sich in dieser Frage zwar nicht einig, aber zumindest besteht die Einigkeit darin, dass man uneins ist. Und diese Analyse vermisse ich sehr in Ihrem Aufsatz, […]

    Sie sollten den Abschnitt zum Kölner Urteil nochmal lesen. Dass sich die zitierten Juristen zu dem Thema nicht einig sind, kann man nicht noch offensichtlicher darstellen.

  228. #228 Mondkuppel
    2. September 2012

    “Der Artikel des bekannten Beschneidungs-Befürworter Morris mit Koautoren ist sicher ein zweifelhafter Beleg für die Vorteile der Beschneidung. […]”

    Das würde ich gern tun, wenn ich die Muße hätte oder einen Blogeintrag schriebe, habe ich aber nicht. Mir geht es darum, dass, wenn man ein reines Autoritätenargument als Autor eines Beitrags benutzt, die Untersuche eines Menschen wie Brian Morris, der der Meinung ist, dass Beschneidung für jeden Mann gesetzlich vorgeschrieben werden sein sollte, denkbar ungeeignet ist. Auf Wikipedia kann man über ihn und die starke Kritik an seiner Arbeit einen kleinen Einblick erhalten. Wenn man keine geeignete Autorität findet, die man heranziehen kann, kommt man nicht drum herum, selbst die Studien zu lesen und sich nicht auf ein Review mit offensichtlich starkem Bias zu verlassen (die Absurdität der Tabelle, deren Zustandekommen nicht in dem Review beschrieben wird, wurde hier ja bereits kritisiert) sofern man das medizinische Argument heranzieht, was der Autor dieses Blogeintrags durchaus zurecht tut. Aber der Autor hat vermutlich eine Bestätigung seiner Meinung gesucht, er gibt ja auch in einem Kommentar zu, dass er auch bei andrer medizinischer Lage, als in dem Review behauptet, für die Erlaubnis der Knabenbeschneidung wäre und das medizinische Argument für ihn also garnicht zentral ist.
    Zum Thema Beschneidung gibt es, im Gegensatz zu anderen Themen, bei denen ein Autoritätenargument vielleicht möglich ist, wenn auch weniger lesefaule und dafür kritischere Geister genauere Beschreibungen der Studien sicher vorzögen, vermutlich keine wirklich neutrale Reviews, weswegen man leider nicht drum herumkommt, selbst kritisch zu lesen. Das am wenigsten schlechte Review einfach heranzuziehen (wobei es sicherlich weniger schlechte als das vorliegende gibt), ist keine Lösung.

  229. #229 Mondkuppel
    2. September 2012

    @Physiker:

    “Der Artikel des bekannten Beschneidungs-Befürworter Morris mit Koautoren ist sicher ein zweifelhafter Beleg für die Vorteile der Beschneidung. […]”

    Das würde ich gern tun, wenn ich die Muße hätte oder einen Blogeintrag schriebe, habe ich aber nicht. Auch wenn es kein besseres Review gäbe, würde dies das Heranziehen eines sehr schlechten nicht rechtfertigen. Mir geht es darum, dass, wenn man ein reines Autoritätenargument als Autor eines Beitrags benutzt, die Untersuche eines Menschen wie Brian Morris, der der Meinung ist, dass Beschneidung für jeden Mann gesetzlich vorgeschrieben werden sein sollte, denkbar ungeeignet ist. Auf Wikipedia kann man über ihn und die starke Kritik an seiner Arbeit einen kleinen Einblick erhalten. Wenn man keine geeignete Autorität findet, die man heranziehen kann, kommt man nicht drum herum, selbst die Studien zu lesen und sich nicht auf ein Review mit offensichtlich starkem Bias zu verlassen (die Absurdität der Tabelle, deren Zustandekommen nicht in dem Review beschrieben wird, wurde hier ja bereits kritisiert) sofern man das medizinische Argument heranzieht, was der Autor dieses Blogeintrags durchaus zurecht tut. Aber der Autor hat vermutlich eine Bestätigung seiner Meinung gesucht, er gibt ja auch in einem Kommentar zu, dass er auch bei andrer medizinischer Lage, als in dem Review behauptet, für die Erlaubnis der Knabenbeschneidung wäre und das medizinische Argument für ihn also garnicht zentral ist.
    Zum Thema Beschneidung gibt es, im Gegensatz zu anderen Themen, bei denen ein Autoritätenargument vielleicht möglich ist, wenn auch weniger lesefaule und dafür kritischere Geister genauere Beschreibungen der Studien sicher vorzögen, vermutlich keine wirklich neutrale Reviews, weswegen man leider nicht drum herumkommt, selbst kritisch zu lesen. Das am wenigsten schlechte Review einfach heranzuziehen (wobei es sicherlich weniger schlechte als das vorliegende gibt), ist keine Lösung.

  230. #230 Thomas J
    2. September 2012

    @rolak

    ich wahr von der dreisten Unterstellung ein wenig abgelenkt. Ist aber eigentlich nur eine Metaangelegenheit.

    in 50 Jahren werden wir zusammensitzen und sagen:
    “Meine Güte, waren wir im Jahr 2012 noch Rückständig und haben unseren Jungs die Vorhaut amputiert” Aber niemand wird dann eine Petition einreichen, die nichtmedizinsich indizierte Beschneidung wieder legal zu machen.
    Genauso, wie es heute niemanden mehr gibt, der das Frauentsimmrecht wieder abschaffen will. Und das ist in der Schweiz verdammt kurze 40 Jährchen her, als wir das im ganzen Land endlich soweit hatten.
    Manchmal frage ich mich wirklich… es wäre so schön in unserem Land, wenn wir diese alten Zöpfe, die auf irrationalen Traditionen aufbauen, zugunsten eines menschlichen und vernünftigen Zusammenlebens, abschneiden würden.

  231. #231 Physiker
    2. September 2012

    @Thomas J· 02.09.12 · 12:22 Uhr:

    Das zentrale Argument ist natürlich die Irreversibilität des Eingriffs.

    Wie bemessen Sie die Irreversibilität? Und wo ziehen Sie die Grenze?

    Ich würde gerne die Eltern kennenlernen, die ihren Jungen aus rein medizinisch-prophylaktisch Gründen beschneiden liessen.

    In den USA sind ca. 70% aus medizinisch-prophylaktischen Gründen beschnitten.

  232. #232 Thomas J
    2. September 2012

    korrigendum:

    1990 wars, also 22 Jährchen her, bis die letzten Idioten in der Schweiz mit juristischer Gewalt gezwungen wurden, den Frauen das Stimmrecht zu gewähren.

  233. #233 Thomas J
    2. September 2012

    @Phsysiker

    Du betreibst Rabulistik.
    Die Vorhaut wähst nicht nach, müssen wir jetzt ernsthaft darüber diskutieren?

    70% von was genau?

  234. #234 Physiker
    2. September 2012

    @Mondkuppel:
    Im Prinzip schlagen Sie nichts anderes vor, als die vorhandene Fachliteratur (teilweise) zu ignorieren. Als Grund nennen Sie z.T. inhaltliche Kritik. Um die Situation aus der Laien-Perspektive zu berwerten, bedarf es also Literatur, die Ihre Kritik stützt. Ich habe keine solche Literatur gefunden. Wie soll/kann ich Ihnen das beweisen?

  235. #235 Physiker
    2. September 2012

    @Thomas J:
    Sie fragten mich danach, Eltern kennenlernen, die ihre Jungen aus rein medizinisch-prophylaktisch Gründen beschneiden liessen. In den USA stehen die Chancen nicht schlecht, dort solche Eltern kennenzulernen:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Prevalence_of_circumcision#United_States
    Denn dort ist mehr als 70% der männlichen Bevölkerung beschnitten – und zwar naheliegenderweise zum Grossteil aus medizinisch-prophylaktischen Gründen, da es in den USA nur 1,4% Juden und 0,4% Muslime gibt.

  236. #236 Mondkuppel
    2. September 2012

    @Physiker:

    Sie haben keine Literatur gefunden, die Morris’ Methodik kritisiert? Hier ist ein Beispiel, das sich allerdings nicht direkt auf den hier herangezogenen Artikel bezieht: https://www.historyofcircumcision.net/index.php?option=com_content&task=view&id=64&Itemid=50
    “Im Prinzip schlagen Sie nichts anderes vor, als die vorhandene Fachliteratur (teilweise) zu ignorieren.” Im Gegenteil, ich schlage vor, sie zu lesen, nicht blind Tabellen zu übernehmen. Jeder Mensch mit Bildung in einer empirischen Wissenschaft sollte in der Lage sein, die Methodik des Artikels zu bewerten, dazu braucht es kein Medizinstudium.
    Sie schreiben auch: “Um die Situation aus der Laien-Perspektive zu berwerten, bedarf es also Literatur, die Ihre Kritik stützt.” Ein Non-sequitur, es sei denn, man hält Autoritätenargumente für die einzig validen (sie sind es nicht). Selbst denken ist eine Alternative.

  237. #237 Spoing
    2. September 2012

    “Wesentlich ehrlicher wäre es schon, wenn die Religiösen einfach nur sagen würden „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen“ wie es zumindest in ähnlichen Worten Leute wie Broder ausdrücken. Das wäre für mich, als atheistischer Agnostiker oder wtf, erheblich glaubwürdiger, als irgendwelche herbei konstruierte Vorteile, die ein Kleinkind nachweislich eh nicht betreffen.”

    Ganz ehrlich? Ich glaube nicht, dass die hiesigen Gegner des Beschneidungsverbotes Religiös motiviert sind. Mir persönlich geht es darum dass der Staat für einen solchen Eingriff in die Freiheit der Familie gute Gründe braucht. Solange diese Gründe nicht gegeben/sicher sind halte ich ein Verbot für nicht legitim. Denn ob Nachteil der Beschneidung nun im Vergleich zu den Vorteilen so gravierend ist scheint ja eben nicht geklärt zu sein.
    Warum ich mein Kind nun beschneiden lasse hat den Staat nicht zu interessieren. Der darf lediglich mein Verhalten regeln, aber keinesfalls meine Gedanken oder Absichten.

    Auch frage ich mich wo sinnvoller weise dann die Grenze gezogen werden soll. Dürfen Kinder bis 14 Risikosportarten ausüben? Jeder Fußballer wird sich bis er 14 ist mal verletzt haben. Sicher ist diese Verletzung nicht Sinn des Sportes, aber es ist gewollt den Körper an eine Belastungsgrenze zu bringen.

  238. #238 Thomas j
    2. September 2012

    @physiker

    Steht da etwas von gruenden der amputation?

    Abgesehen davon ist im westen der usa die rate beim nachwuchs auf 30% gesunken.

    Heisst das, dass die elter (sehr wahrscheinlich der vater beschnitten)
    Die sich bei den eigenen kindern gegen eine beschneidung entschieden haben
    Das auch aus medizinischen gruenden taten??

    Meine guete…

  239. #239 Physiker
    2. September 2012

    @Mondkuppel:

    Sie haben keine Literatur gefunden, die Morris’ Methodik kritisiert? Hier ist ein Beispiel

    Das ist absolut veraltet, nicht-peer-reviewed und zitiert gerade die Ansichten von van Howe, die ich im Blog-Artikel im Detail zugesammengefasst habe.

    Im Gegenteil, ich schlage vor, sie zu lesen, nicht blind Tabellen zu übernehmen.

    Gegen wissenschaftliche Skepsis ist ist nichts einzuwenden – man muss aber auch wissen, wo die eigene Kompetenz endet und man sich auf die Schultern von Giganten begibt. Sie fordern von mir, die Reviews in der Literatur aus Befangenheitsgründen zu ignorieren, und dass genau das zu tun, was die Aufgabe eines Review-Autors zu diesem Thema ist:

    Zum Thema Beschneidung gibt es […] vermutlich keine wirklich neutrale Reviews, weswegen man leider nicht drum herumkommt, selbst kritisch zu lesen.

    Das ist keine wissenschaftliche Vorgehensweise – da hilft auch keine Meta-Diskussion zu Autoritätsargumenten.

    Jeder Mensch mit Bildung in einer empirischen Wissenschaft sollte in der Lage sein, die Methodik des Artikels zu bewerten, dazu braucht es kein Medizinstudium.

    Genau das mache ich im obigen Blog-Artikel. Ich gebe dafür sogar eine rudimentäre Anleitung.

  240. #240 SethSteiner
    2. September 2012

    Da Kinder keine Gegenstände sind, kann der Staat natürlich das Verhalten mit ihnen reglementieren. Mit Gedanken funktioniert das natürlich nicht und auch nicht mit Absichten (die ja Gedanken sind). “Hoch-Risiko-Sportarten” sind da nichts weiter als ein netter Strohmann, der gar nicht zum Thema passt, denn es handelt sich bei Fußball nicht um einen medizinischen Eingriff, der ein Körperteil dauerhaft verstümmelt und von Ärzten, religiösen Führern oder den Eltern initiert/durchgeführt führt.

  241. #241 Physiker
    2. September 2012

    @Thomas j:

    Steht da etwas von gruenden […]?

    Da haben Sie Recht. Es könnten auch ästhetische, kulturelle oder Gewohnheitsgründe sein. Trotzdem werden Sie in den USA wohl noch am ehesten fündig.

  242. #242 noch'n Flo
    2. September 2012

    @ Physiker:

    So gut wie jeder medizinische Eingriff verursacht Schmerzen. Deshalb kann das nicht das zentrale Argument sein.

    Aber während des Eingriffs selber ist der Patient betäubt – zumindest lokal. Falls Du immer noch meinst, dies sei kein Argument, kann ich Dir ja gerne mal ohne Betäubung die Fingerkuppen abschneiden (haben eine ähnliche Dichte sensibler Nervenfasern, wie die Penisvorhaut).

    Aber gib’ es endlich zu: Du findest es in Ordnung, Kindern unnötige Schmerzen zuzufügen. Warum bringst Du dann nicht eine Petition zur Legalisierung der Prügelstrafe in Privathaushalten und an Schulen auf den Weg? Sei doch bitte mal konsequent.

  243. #243 Physiker
    2. September 2012

    @noch’n Flo:
    Sie sind doch (laut Ihren bisherigen Kommentaren) Arzt – es würde mich freuen, wenn Sie fundiertere Kritik am obigen Artikel äussern würden.

    Aber während des Eingriffs selber ist der Patient betäubt – zumindest lokal.

    Eben. Dann kann doch der Schmerz gar nicht das wichtigste Argument sein. Natürlich muss man ihn trotzdem in der Abwägung berücksichtigen (ein Eingriff der keinen Nutzen aber nur Schmerzen bringt, wäre deshalb auch konsequenterweise abzulehnen – so wie die Prügelstrafe).

  244. #244 MartinB
    2. September 2012

    @Physiker
    “So gut wie jeder medizinische Eingriff verursacht Schmerzen. Deshalb kann das nicht das zentrale Argument sein.”
    Doch. Deshalb ist es das zentrale Argument, um die Vorteile sauber abzuwägen.
    Das zitierte paper von Macke kann ich nicht lesen, aber im Abstract steht folgendes:
    ” A significant increase in heart rate and crying time during the circumcision was noted; however, no significant difference was observed between groups.At the diaper change after the circumcision, the percentage of cry did suggest an effect from the analgesia.”
    Anscheinend helfen die verabreichten Schmerzmittel zumindest während der Operation nicht signifikant, sondern allenfalls danach. (Wie bekommt man so eine Studie eigentlich a) durch eine Ethik-Kommission und wie bekommt man b) Mütter dazu, an einer Doppelblindstudie teilzunehmen, bei denen das Kind eventuell nur einen Placebo statt Schmerzmitteln bekommt? )

    Die Erklärung, wie 2 Beschneidungen 1 Fall von hoch-Risiko-HPV verhindern sollen, steht ja auch noch aus. Haben 50% aller unbeschnittenen und 0% aller beschnittenen Männer Hoch-Risiko-HPV? Oder wurde irrtümlich eine Reduktion um 50% so umschrieben, was natürlich Unfug wäre? Diese Studie hier deutet darauf hin:
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22249298
    Da steht, dass das “odds ratio” 0.57 ist. Leider stehen im abstract keine absoluten Zahlen – auf das paper habe ich keinen Zugriff.

    Und meine Frage bezüglich der Körperverhüllung wurde auch nicht beantwortet. Ist das verringerte Hautkrebsrisiko durch Vollverschleierung ein akzeptables Argument dafür?

  245. #245 noch'n Flo
    2. September 2012

    @ Physiker:

    Moment mal, das war wohl ein Missverständnis:

    Aber während des Eingriffs selber ist der Patient betäubt – zumindest lokal.

    Eben. Dann kann doch der Schmerz gar nicht das wichtigste Argument sein.

    Ich meinte in meinem Kommentar, die Patienten der “anderen” Eingriffe. Die sind betäubt. Bei der Beschneidung ist das Kind nicht betäubt und leidet entsetzliche Qualen.

    Schau Dir bitte einmal dieses Video an. Mit voll aufgedrehtem Ton und in voller Länge. Nicht wegschauen! Nicht den Ton leiser drehen! Und dann sag’ noch einmal, dass Schmerz kein Argument sei.

  246. #246 noch'n Flo
    2. September 2012

    Ups, da ist mir jetzt ein Blockquote verrutscht – also nochmal:

    @ Physiker:

    Moment mal, das war wohl ein Missverständnis:

    Aber während des Eingriffs selber ist der Patient betäubt – zumindest lokal.

    Eben. Dann kann doch der Schmerz gar nicht das wichtigste Argument sein.

    Ich meinte in meinem Kommentar, die Patienten der “anderen” Eingriffe. Die sind betäubt. Bei der Beschneidung ist das Kind nicht betäubt und leidet entsetzliche Qualen.

    Schau Dir bitte einmal dieses Video an. Mit voll aufgedrehtem Ton und in voller Länge. Nicht wegschauen! Nicht den Ton leiser drehen! Und dann sag’ noch einmal, dass Schmerz kein Argument sei.

  247. #247 noch'n Flo
    2. September 2012

    @ Christian Reinboth:

    Es ist an der Zeit, zumindest einige davon aus dem Weg zu räumen und mit etwas Abstand das Thema nüchtern und zur Abwechslung von einem rein juristisch-medizinischen Standpunkt zu betrachten. Ein Gastbeitrag von Dr. Ludwig Klam.

    Ist Dir eigentlich der Widerspruch aufgefallen? Wie soll bitteschön ein Physiker ein Experte für Medizin und/oder Jura sein? Fällt Dir nicht auf, dass es sich hier um das gleiche Cranktum wie bei den Klimaskeptikern, den ART/SRT-Widerlegern, den CERN-Gegnern und bei so ziemlich jeder anderen Spielart von Pseudowissenschaft handelt? (Ein Akademiker, möglichst noch mit beeindruckendem Titel, äussert sich ausserhalb seines Fachgebietes und meint, irgendjemand damit beeindrucken zu können, macht sich am Ende aber nur lächerlich.)

  248. #248 MartinB
    2. September 2012

    @nochnFlo
    Hinzu kommt, dass das von Physiker selbst zitierte paper offemsichtlich zeigt, dass die lokale Betäubung während der OP keine messbare Wirkung hat. (Wahrscheinlich zeigt das nur, dass es eigentlich gar nicht weh tut [/Sarkasm])

  249. #249 noch'n Flo
    2. September 2012

    @ MartinB:

    Lokale Betäubungen im Genitalbereich sind eben aufgrund der Vielzahl der Nervenfasern eine gaaanz komplizierte Kiste. Ich hatte vor ein paar Wochen eine Vasektomie – trotz initialer Betäubungsspritzen musste während des Eingriffs 2x nachgespritzt werden, weil die Betäubung leider doch nicht tief genug gegangen war (und die Urologin in nicht betäubtes Gewebe geschnitten hatte – ich kann Dir sagen: das zwiebelt enorm (10/10 Punkte auf der VAS (visuell analoge Schmerzskala)).

  250. #250 Stefan W.
    2. September 2012

    Autor Physiker:
    Die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz impliziert nicht, dass Jungs und Mädchen vom Arzt gleich behandelt werden müssen.

    Interessant wie uns immer wieder heimlich ein Arzt untergejubelt wird – das erste Beispiel schon in der Überschrift, dabei werden die Verstümmelungen von einem Beschneider, und gerade nicht von einem Arzt vorgenommen.

    Um gleich einer Widerrede zuvorzukommen: Ja, manche Mohels sind wohl auch Arzt, aber ein Arzt, der seine Wohnung rosa anstreicht, um zuhause auf die Brille verzichten zu können nimmt beim Anstreichen keinen medizinischen Eingriff vor, bloß weil er Mediziner ist.

    Ja, wird jetzt der Eingriff kommen, das schon, aber die Tätigkeiten des Arztes und des Beschneiders sind doch sehr ähnlich und der Arzt weiß im Falle von Komplikationen wie zu reagieren ist. Außerdem wird er fachgerecht seine Instrumente desinfiziert haben und nicht die frische Wunde küssen, sollte er von Lippenherpes befallen sein.

    Dem ist entgegenzuhalten dass ein Arzt, wenn er als Arzt agiert, an die Berufsordnung gebunden ist – man möge mir widersprechen, wenn ich mich irre – nach der vor einer Operation ausdrücklich auf die Risiken hingewiesen werden muss, bevor die Eltern die Einwilligung zu der Operation geben.

    Wenn man sich aber vergegenwärtigt mit welcher Inbrunst uns von Religionsvertretern versichert wird, dass die Beschneidung alternativlos ist, und etwa jüdisches Leben ohne in Deutschland unmöglich, dann sieht mir das nicht nach einer neutralen Aufklärung über Gesundheitsrisiken aus. Ich würde das getrost ins Reich der Fabeln verbannen.

    Ein Arzt ist von der Standesordnung gehalten nur tätig zu werden um zu heilen und Schmerzen zu lindern, nicht um einen Bund mit Gott zu besiegeln. Ärzte tätowieren auch nicht und verpassen auch niemandem ein Piercing.

    Es sind also gerade nicht Ärzte, und die Frage was Ärzte dürfen steht auch nicht zur Disposition.

    Vielleicht erklärt es dem Physiker das nächste Mal ein anderer, denn ich bekomme den Inhalt irgendwie nicht rüber – ich habe es schon mehrfach versucht. Vielleicht hat jmd. anderes mehr Glück.

    Autor Physiker:
    Und wir wollen doch nicht Juden und Muslimen unterstellen, dass sie wider besseren Wissens die Gesundheit ihrer Kinder gefährden.

    Tja – da keine Ärzte operieren, die von Gesetz wegen gezwungen sind, soweit ich weiß, das Wissen über die Gefahren eines Eingriffes dem Betroffenen, oder hier stellvertretend den Eltern auseinanderzusetzen ist bei vielen Eltern sicher kein Wissen vorhanden, gegen welches die Eltern die Gesundheit ihrer Kinder gefährden könnten. Und geht es nach den Religionsvertretern, die die Risiken und Schmerzen naturgemäß tabuisieren wird sich daran auch nichts ändern. Schließlich leben wir nicht in einer Komikernation.

    Natürlich gibt es Eltern die selbst Arzt sind und von daher die Risiken kennen, und es gibt Eltern die bei anderen Beschneidungen erlebt haben, welche Schmerzen das Kind empfindet, die Komplikationen erlebt haben, und sowas wird ja auch nicht komplett totgeschwiegen.

    Ich werde nicht allen Juden und Muslimen unterstellen, dass sie wider besseren Wissens die Gesundheit ihrer Kinder gefährden, aber natürlich habe ich keine Hemmung genau das vielen zu unterstellen – es ist ja nicht jeder Jude und Muslim ein närrischer, ungebildeter Idiot, der glaubt, man täte dem Kind eine Wohltat.

    Es wäre dann ja kein Opfer – wir wollen ja mal den wahren Grund des Eingriffs nicht aus dem Sinn verlieren: Dem allmächtigen Gott ein Opfer zu bringen, um einen chauvinistischen Bund zu besiegeln.

    Wenn Gott auch ab und an einen kleinen Verbündeten zu sich ruft, dann ist das eine Prüfung und ein Zeichen der besonderen Liebe, die Gott den Eltern gewährt. In der Logik der Religion ist es ja ein Opfer der Eltern, das sie bringen, nicht das Kind, dass dazu gezwungen wird. Mit körperlicher Gewalt meist, wie man hört.

    Autor: Spoing
    Warum ich mein Kind nun beschneiden lasse hat den Staat nicht zu interessieren. Der darf lediglich mein Verhalten regeln, aber keinesfalls meine Gedanken oder Absichten.

    Es ist nun aber so, dass mir spontan 2 Fälle einfallen, wo es genau das ist, was der Staat macht oder gemacht hat: Bei der Kriegsdienstverweigerung hat er ausdrücklich nur moralische Gründe gelten lassen, nicht etwa einen Widerwillen dagegen angebrüllt zu werden oder mit einem Haufen verschwitzter Männer usw. – zweitens beim Hackerparagraphen: Wer Hackersoftware hat, verbreitet oder entwickelt um sich oder ein Unternehmen vor Angriffen zu schützen, der darf das. Wer aber damit andere angreifen will, oder die Software anderen zugänglich macht, die jemanden angreifen wollen usw. – der handelt ungesetzlich, auch ohne dass es überhaupt zu einem Angriff kommt.

  251. #251 s.s.t.
    2. September 2012

    @noch’n Flo

    Selbst bei Zahnbehandlungen ist das mit der Betäubung so eine Sache. Der meinige Doc ist zwar sehr gut, sagt mir aber jedesmals, falls ich Schmerzen verspüre, soll ich mich sofort melden. Dabei ist die Anästhesie dort mit Sicherheit wesentlich unkomplzierter (mal von den unvermeidlichen Ausnahmen abgesehen).

    Aber sag mal, ich habe im Laufe meines Lebens eine ganze Reihe von Zahnklempnern kennengelernt. Mit betäubenden Mitteln kenne ich mich sehr gut aus und meine unmittelbare Verwandtschaft umfasst auch Ärzte. Desweiteren habe ich ein NaWi-Studium erfolgreich absolviert. Würdest Du mich mit einem Messer, Bohrer etc. bewaffnet an Deinen Körper heran lassen?

    (Nein, eine Antwort ist nicht erforderlich, denn als Hellseher (Selbststudium) kenne ich sie bereits.)

  252. #252 s.s.t.
    2. September 2012

    @Spoing

    Warum ich mein Kind nun beschneiden lasse hat den Staat nicht zu interessieren. Der darf lediglich mein Verhalten regeln, aber keinesfalls meine Gedanken oder Absichten.

    Doch, durchaus. Deine Handlungen haben sich gefälligst am Kindeswohl zu orientieren und nicht an irgendwelchen Gedanken oder Absichten.

    Wurde zwar schon x-Mal gesagt, ist aber offensichtlich noch nicht bei allen durch die Schädeldecke gedrungen: Kinder sind nicht das Eigentum ihrer Eltern.

    Wenn Du das Kindeswohl verletzt, kann Dir Dein Kind weggenommen werden. Passiert in Dt. zwar nicht oft, jedoch gelegentlich schon.

  253. #253 s.s.t.
    2. September 2012

    Ach ja, falls die ‘einfache’ Beschneidung hier freigegeben werden sollte, dann sollten auch gefälligts alle Formen der Knabenbschneidungen freigegeben werden, die da sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

    Zirkumzision Die Vorhaut wird ringförmig entfernt (teilweise oder vollständig).[8]
    Einschnitt (Inzision) Die Vorhaut wird ein- oder mehrmals eingeschnitten.
    Subinzision (Aborigines) Der Penis wird unterseitig so tief eingeschnitten, so dass die Harnröhre längs aufgeschnitten ist (teilweise oder vollständig). Es können sich ausgedehnte Infektionen bilden, die nicht selten tödlich enden.
    Einnähen von Metallglöckchen in die Haut (Indien) Dadurch sollen die Männer Frauen besser befriedigen können.
    Einnähen von Bambus- oder Metallkugeln (Ampallangs) in Eichel oder Penisschaft (Indonesien, Korea, Ureinwohner von den Philippinen) Dadurch soll die Klitoris der zukünftigen Partnerin besser stimuliert werden.
    Häuten des Penis (Dowayos in Kamerun)[9]
    Zerquetschen eines Hoden (manche afrikanische und mikronesische Völker)[10]

    https://wikimannia.org/Genitalverst%C3%BCmmelung

    Vorteile davon lassen sich mit Sicherheit ebenso leicht konstruieren und rechtlich von selbsternannten Sachverständigen gleichfalls absegnen.

  254. #254 echt?
    2. September 2012

    Ich habs nun alles gelesen. Mein Fazit. Ohne Religion wären die Menschheit sicher schon weiter. Ich vertraue dem Grundgesetz und dem Verfassungsgericht, dass, zumindest in Deutschland, solches religöses Irresein kein Chanche mehr hat.

  255. #255 Physiker
    2. September 2012

    @MartinB· 02.09.12 · 17:15 Uhr:

    Doch. Deshalb ist es das zentrale Argument, um die Vorteile sauber abzuwägen.

    Das geht langsam in die Richtung Wortklauberei…

    Das zitierte paper von Macke kann ich nicht lesen

    Ich auch nicht. Deshalb ist es müssig darüber zu diskutieren, ob es richtig wiedergegeben wird.

    Wie bekommt man so eine Studie eigentlich a) durch eine Ethik-Kommission und wie bekommt man b) Mütter dazu, an einer Doppelblindstudie teilzunehmen, bei denen das Kind eventuell nur einen Placebo statt Schmerzmitteln bekommt?

    Diese Kritik beisst sich mit der Forderung nach härteren Beweisen.

    Die Erklärung, wie 2 Beschneidungen 1 Fall von hoch-Risiko-HPV verhindern sollen, steht ja auch noch aus. Haben 50% aller unbeschnittenen und 0% aller beschnittenen Männer Hoch-Risiko-HPV? Oder wurde irrtümlich eine Reduktion um 50% so umschrieben, was natürlich Unfug wäre? Diese Studie hier deutet darauf hin:
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22249298
    Da steht, dass das “odds ratio” 0.57 ist.

    Gerade bei HPV lässt sich nicht so leicht vom Quotenverhältnis und der Prävalenz auf die NNT-Zahl schliessen. Dazu muss man nämlich auch noch das Sexualverhalten kennen. Der Grund liegt darin, dass man nur die aktuellen Paare untersuchen kann. Der Morris-Review stützt sich jedenfalls auf diese Arbeit:
    https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa011688#t=articleDiscussion
    Ich habe leider keine Zeit, das zu überprüfen – wenn Ihnen der Punkt allerdings wichtig vorkommt, dann sollten Sie sich besser an den Autor des Reviews wenden. Ich halte diesen Punkt jedenfalls für nicht so wichtig, denn HPV betrifft ja nur indirekt das Kindeswohl – und wurde deshalb aus der Gesamtwahrscheinlichkeit, von der Beschneidung zu profitieren (50%), auch herausgenommen.

    Und meine Frage bezüglich der Körperverhüllung wurde auch nicht beantwortet. Ist das verringerte Hautkrebsrisiko durch Vollverschleierung ein akzeptables Argument dafür?

    Da eine Körperverhüllung keine Operation ist, gibt es auch keine juristischen Gründe, medizinische Argumente zu berücksichtigen. Ich halte dieses Argument aber für originell und mindestens genauso wertvoll wie sozio-kulturelle Argumente der Art “das war schon immer so”.

  256. #256 Physiker
    2. September 2012

    @MartinB· 02.09.12 · 17:54 Uhr:

    Ein Akademiker, möglichst noch mit beeindruckendem Titel, äussert sich ausserhalb seines Fachgebietes […]

    @nochnFlo
    Hinzu kommt […]

    Ich bin gespannt ob Sie sich selbst daran halten und nur noch Blog-Artikel zur Physik publizieren.

  257. #257 Physiker
    2. September 2012

    @ Stefan W.· 02.09.12 · 18:14 Uhr:
    Ich wiederhole es gerne nochmal: Der obige Artikel legimiert nicht alle religiösen Praktiken.

  258. #258 MartinB
    2. September 2012

    @Physiker
    “Deshalb ist es müssig darüber zu diskutieren, ob es richtig wiedergegeben wird.”
    Naja, den Abstract habe ich ja zitiert, den ignorieren Sie natürlich lieber – ist ja einfacher so zu tun als gäbe es den nicht, oder wie? Normalerweise gibt der Abstract eines papers die Kernaussage richtig wieder, dazu ist er nämlich da.

    “Gerade bei HPV lässt sich nicht so leicht vom Quotenverhältnis und der Prävalenz auf die NNT-Zahl schliesse”
    Das verlinkte paper zeigt, wie das geht: Nämlich, wen nich es richtig sehe, über die Annahme, das das HPV-Virus an andere weitergegeben wird. Das ist schon ein bisschen arg indirekt.

    “Da eine Körperverhüllung keine Operation ist, gibt es auch keine juristischen Gründe, medizinische Argumente zu berücksichtigen.”
    Da eine Beschneidung ein religiöses Ritual ist, gibt es ebenfalls keinen Grund, medizinische Argumente zu berücksichtigen.

    Aber von mir aus nehmen wir halt an, ein dunkelhäutiges Ehepaar adoptiert einen hellhäutigen Jungen und lässt ihn (meinetwegen per Melanocytenimplantation, ist ja nur ein Gedankenexperiment) medizinisch zu dunkler Haut hin verändern – als Argument führt man Statistiken zum Hautkrebs an, der ja bei dunkelhäutigen Menschen tendenziell seltener ist.
    Wäre das ein gutes Argument?

  259. #259 MartinB
    2. September 2012

    @Physiker
    Physiker· 02.09.12 · 21:14 Uhr
    Sorry, die angeführten Zitate sind nicht von mir.

  260. #260 MartinB
    2. September 2012

    Nachtrag: das “hinzu kommt” bezog sich auf den Kommentar davor von 17:39, ist aus dem Zusammenhang auch eigentlich ersichtlich.

  261. #261 Physiker
    2. September 2012

    @noch’n Flo· 02.09.12 · 17:39 Uhr

    Bei der Beschneidung ist das Kind nicht betäubt und leidet entsetzliche Qualen.

    Die oben zitierte Fachliteratur empfiehlt eine Lokalanästhesie.

    Und dann sag’ noch einmal, dass Schmerz kein Argument sei.

    Schmerz ist ein Argument. Es ist nur nicht das Hauptargument – warum haben Sie denn die Vasektomie durchgeführt wenn die Schmerzvermeidung wirklich an erster Stelle stehen sollte? Bitte lesen Sie nochmal meine Kommentare.

  262. #262 Physiker
    2. September 2012

    @MartinB· 02.09.12 · 17:54 Uhr

    Wahrscheinlich zeigt das nur, dass es eigentlich gar nicht weh tut [/Sarkasm]

    Ich finde diesen Sarkasmus unangebracht, insbesondere wenn man gerade keinen Zugruff auf das Paper hat.

  263. #263 Eheran
    2. September 2012

    10 Beschneidungen verhindern also einen Fall von Phimose.
    Bei einem Alter von über 14 haben unter 1% eine Phimose.
    Damit nun 10 Beschneidungen einen Fall verhindern, müßten es jedoch mind. 10% sein.
    Soviele sind es nichtmal im alter von 6-7 (8%).
    Korrekt ist also:
    100 Verstümmelungen verhindern eine leicht zu korrigierende Phimose.
    So wie 100 Amputationen des Ringfingers einen verlust des Eherings verhinden können.

    Ebenso ergeht es allen anderen dieser dümmlichen Aussagen.
    Dann müssten natürlich noch tote, verstümmelte, etc. pp. genannt werden, z.B.:
    Von 10 Beschnittenen bekommt einer Meatusstenose.
    Oder richtig: 10% aller beschnittenen Säuglinge leiden als Folge an Meatusstenose.

  264. #264 nur zur Info
    2. September 2012

    der Mohel, die Mohelim (Mehrzahl)

  265. #265 rolak
    2. September 2012

    Ah, doch noch etwas Neues zum Thema gelernt in diesem thread – thx

  266. #266 dentix07
    3. September 2012

    Ich kann nicht beurteilen ob Morris Arbeit wissenschaftlich korrekt ist!
    Auf seiner Website fand ich dieses:
    “I am thus anti-tobacco (being a member of the NonSmokers Movement of Australia for 30 years), anti-alcohol in excess, anti-junk food, anti high fat diets, anti meat consumption (I am not, however, opposed to the killing of animals for research or vermin control), anti-dairy, pro human breast milk in preference to bovine milk for babies (and pro breast feeding), pro high intake of healthy vegetables and fruit, pro seafood (omega-3, etc in prevention of cardiovascular disease), anti eating to excess, pro moderate exercise, pro immunization, pro non-soap based cleansers for the human body, as well as supporting all health and well being messages that should be familiar to most educated people (even though not all of these people put them into practice). In fact my interest in all things pro-health began when, as a high school student, I attended a public lecture by the American, Lelord Kordel, and bought his book “Eat Right and Live Longer”. I found at this early age that taking a stance on health-related issues was a sure-fire way to become unpopular amongst one’s peers. Especially in the mid-1960s!”
    und fühlte mich deutlich an John Harvey Kellogg erinnert, worin ich durch die auf dieser Website mit fast religiösem Eifer betriebene Propagierung der Beschneidung noch bestärkt wurde. Wer dem Google-Link zu CircLeaks folgt, findet weitere – zumindest bedenkenswerte – Verbindungen!
    Zusammen mit der schon in den Kommentaren gebrachten Kritik an Zahlen in der Review, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, hier versucht mir jemand mit allen Mitteln etwas zu verkaufen/aufzuschwatzen!
    Es wäre ja nicht das erste Mal, daß mit “zurechtgebogenen”, angeblich wissenschaftlichen Beweisen bestimmte Ideologien (oder Geschäftsinteressen) vertreten werden. (Siehe Intelligenzdebatte im UK!)

  267. #267 Stefan W.
    3. September 2012

    Von mir aus auch gerne Mohelim. Danke für die Aufklärung.

    @Physiker:
    Ich halte diesen Punkt jedenfalls für nicht so wichtig, denn HPV betrifft ja nur indirekt das Kindeswohl

    Nein, HPV betrifft überhaupt nicht das Kindeswohl, auch nicht indirekt.

    Oder wie tut es das?

    4 Beschneidungen einen Fall von Harnwegsinfektion
    10 Beschneidungen einen Fall von Candidiasis
    6 Beschneidungen einen Fall von Prostatakrebs
    10 Beschneidungen einen Fall von Balanitis
    10 Beschneidungen einen Fall von Phimose
    2 Beschneidungen einen Fall von hoch-risiko HPV
    5 Beschneidungen einen Fall von Genitalherpes

    Auf einen gemeinsamen Nenner gebracht würden also 60 Beschneidungen verhindern:

    6 x Balanitis
    6 x Phimose
    6 x Candidiasis
    12 x Genitalherpes
    30 x hoch-risiko HPV
    15 x Harnwegsinfektion
    10 x Prostatakrebs

    Und weil wir gerne Äpfel mit Birnen vergleichen addieren wir das, und kommen auf 83 vermiedene Erkrankungen auf 60 Beschneidungen. Jetzt kann ja jeder im Bekannten- und Verwandtenkreis sich umhören, um mitzuteilen, ob die Erkrankungen überhaupt so häufig sind, als dass man mit Beschneidungen soviele verhindern könnte.

    Dass keine dieser Erkrankungen eine prophylaktische Behandlung bei Kindern, geschweige bei Babies erfordert, erscheint mir ja hinreichend evident. Es liegt hier also gar nichts im Kindeswohl.

    Aber der Physiker hat sich ja bereits geoutet, als er erklärte, dass die Eltern die Prophylaxe deshalb im Kindesalter vornehmen sollen weil der Junge als junger Mann einen Teufel tun wird sich die Vorhaut amputieren zu lassen. Nicht, weil es medizinisch geboten ist, die Operation früh durchzuführen soll sie früh durchgeführt werden, sondern damit der Betroffene, wenn er alt genug ist selbst abzuwägen, sich nicht frei entscheiden kann; nicht in Vorwegnahme seiner Entscheidung, sondern um eine solche zu durchkreuzen sollen die Eltern eine frühe Beschneidung bestimmen.

    Das ist so grotesk, dass es in der Tat die Perversion derer, die immerhin noch einen religiösen Gruppenzwang mit Tradition und Ewigkeitsanspruch beanspruchen in den Schatten stellt, denn es soll gar nicht die religiös motivierte Entscheidung legitimieren – es soll an deren Stelle treten!

    Das Kind soll auch ohne Bund mit Gott verstümmelt werden. Man fasst sich an den Kopf…

  268. #268 noch'n Flo
    3. September 2012

    @ Physiker:

    Haben Sie sich schon das von mir verlinkte Video angeschaut? Ich warte nämlich noch auf eine Reaktion Ihrerseits.

  269. #269 noch'n Flo
    3. September 2012

    @ Physiker:

    warum haben Sie denn die Vasektomie durchgeführt wenn die Schmerzvermeidung wirklich an erster Stelle stehen sollte?

    Weil die Vasektomie – im Gegensatz zur Beschneidung – einen echten (medizinischen) Sinn erfüllt.

    Und ich habe mich selbst dafür entschieden – im Gegensatz zu den armen Kindern, deren religiös verblendete, Eltern eingeredet wird, es sei etwas Gutes, die Genitalien ihres Kindes zu verstümmeln – ohne Betäubung.

  270. #270 Thanus
    3. September 2012

    Nachdem laut Schlomo Hofmeister ein guter Mohel für diese Prozedur nur 8 Sekunden benötigt und das Kind manchmal sogar seine Flasche weitertrinkt, wird man zumindest einen Juden mit einem solchen Video nicht schocken können. Letztens meinte Hofmeister in einer Diskussionsrunde ernsthaft, dass aus seiner Sicht das erste Bad (“selbst bei Warmwasser”) ein größeres Trauma für Neugeborene auszulösen vermag.

    Interview mit Hofmeister und Oberhummer: https://kurier.at/nachrichten/4505369-beschneidung-ausserirdische-waeren-schockiert.php

  271. #271 MartinB
    3. September 2012

    @Physiker
    “ch finde diesen Sarkasmus unangebracht, insbesondere wenn man gerade keinen Zugruff auf das Paper hat. ”
    Abstract gelesen? Habe ich oben eingebunden, die Aussage ist eindeutig: die getestete lokalanästhesie verringert die Schmerzreaktion während der OP nicht.

    Aber nun habe ich auch Zugriff aufs paper, das genau dasselbe sagt, wenn auch in mehr Worten:

    “Both the heart rate and percentage of cry increased significantly from the first diaper observation to the circumcision, reflecting the pain distress experienced by the newborns (see Table 3). From the time of the first diaper change to the second diaper change, the heart rate decreased for the
    analgesia group and increased for the placebo group,
    although no significant group difference was found”

    Später heißt es
    “Analgesia provided some degree of comfort for newborns during diaper changes after circumcision” und “Acetaminophen reduced some of the
    postoperative pain associated with circumcision, there-
    by allowing newborns to become more interactive and
    alert.”

    Das sagt alles ziemlich eindeutig, dass die Lokalanästhesie während der OP anscheinend nichts nützt.

    Und nun warte ich gespannt auf die nächste Ausrede, warum die Schmerzen für die Säuglinge gar nicht schlimm sind und eine OP 8 tage nach der Geburt eine medizinisch exzellente Idee…

  272. #272 noch'n Flo
    3. September 2012

    @ Thanus:

    8 Sekunden – das will ich sehen. Das muss ja unglaublich brutal sein.

  273. #273 Thanus
    3. September 2012

    Mit Gottes Hilfe eben nicht. Deshalb brauchen Juden auch keine Betäubung, ja sie ist nicht einmal zulässig, was verständlich ist, wenn man in Gott vertraut.

  274. #274 Guido
    3. September 2012

    Nicht nur die Beschneidung ist eine Körperverletzung.
    Auch ein sogenannter Wunschkaiserschnitt oder eine Brustvergrösserung stellt eine dar.
    Und sollte wie alle nicht medizinisch indizierten Eingriffe mit hohen Geldstrafen und im Wiederholungsfall mit Gefängnis und Entzug der Berufserlaubnis bestraft werden.
    Der Richterspruch von Köln war lange überfällig und es ist zu hoffen, dass es den Anfang einer Debatte bedeutet die klare Konsequenzen bringt.

  275. #275 Wolf
    3. September 2012

    “Von 10 Beschnittenen bekommt einer Meatusstenose.
    Oder richtig: 10% aller beschnittenen Säuglinge leiden als Folge an Meatusstenose.”

    Welche zu 100% zu verhindern gewesen wäre, hätte man nicht rumgeschnippelt.

  276. #276 Wolf
    3. September 2012

    @Guido:
    “Auch ein sogenannter Wunschkaiserschnitt oder eine Brustvergrösserung stellt eine dar.”
    Nein. Denn diese geschehen mit Einwilligung der Betroffenen.

  277. #277 Name auf Verlangen entfernt
    3. September 2012

    Ich bin wirklich froh, daß sich hier einige die Zeit nehmen – insbesondere Martin Bäker – die künstlichen Argumente der pro-Verstümmelungs-Lobbyisten genau zu prüfen – mir fällt dazu nichts mehr ein – offenbar ist ein Appell an das ganz Selbstverständliche, das allein Menschliche nicht hinreichend – man darf keine Säuglinge foltern und quälen: geht das so schwer in den Kopf der Komiker-Nation?

    Ganz bitter sind Argumente von israelischen Rabbinern: man hätte sich vor gar nicht langer Zeit in Deutschland nicht um´s Weinen jüdischer Kinder geschehrt. Was durchaus stimmt.

    Auch die Ohrloch-Debatte erscheint mir lanciert und zur absichtlichen Relativierung der Beschneidung in den Info-Pool geschmissen.

    Hinsichtlich des Umgangs mit religiösen Gruppen darf unser säkularer Staat nicht zurückweichen (auch und gerade nicht gegenüber der moralisch nun wirklich abhehalfterten kath. Kirche), sondern diese Gruppen – die alles in allem in unserem Land sehr friedlich nebeneinander leben, während sie sich in den Heimatländern gegenseitig massakrieren, werden einzusehen haben, daß eine spezifische Form der Geisteskrankheit in einer freien Gesellschaft vielleicht therapiert, aber nicht geduldet werden kann.

    Ein Hoch auf die Kölner Richter!

  278. #278 Name auf Verlangen entfernt
    3. September 2012

    @ Wolf: “Wunschkaiserschnitte” sind, ebenso wie viele andere medizinisch nicht indizierte Eingriffe, sehr wohl unter die Rubrik Verstümmelung/Selbstverstümmelung zu packen und gehören eindeutig zum großen psychopathologischen Opferpacket, dessen historischer und aktueller Urgrund die klassische Verstümmelung/Beschneidung ist. Der Durchschnitt deutscher Geburtskliniken zeitigt (Quelle: Hebammen-Zeitschrift) aktuell eine Kaiserschnittrate von 30 % – – (medizinisch induziert sind höchsten 10 %); manche Kliniken liegen weit darüber vom Ausland: (Brasilien/USA) – nicht zu reden.

    Dabei ist natürlich wenig bekannt, was ein Kaiserschnitt (für den Notfall ein Segen) wirklich für Mutter und Kind bedeutet: die Komplikationen sind äußerst vielfältig, selten klappt das Stillen, alle Kinder müssen nach einem “Wunschkaiserschnitt” zunächst künstlich beatmet werden. Die Komplikationen bei der Mutter gehen bis zu dauerhafter Desensibilisierung des Unterleibs.

    Insofern weist die Beschneidungs-Debatte nur auf die Spitze des Eisbergs.

  279. #279 Wolf
    3. September 2012

    @MT:
    Ist jetzt (teilweise) OT:
    Nur damit wir uns nicht missverstehen: ALLE ärztlichen Eingriffe sind Körperverletzungen, darum darf man ja vor einem EIngriff gaanz viele Einwilligungen unterschreiben.
    Und da ist auch der Unterschied zwischen der vom Geschädigten bewilligten Körperverletzung und der nicht bewilligten Körperverletzung.

    Wunschkaiserschnitte sind in meinen Augen ätzend (aus anderen Gründen als den von dir angeführten), und sollten an sich verboten sein. Problem: man kann niemandem verbieten sich dieser OP zu unterziehen, man kann nur sagen: Wenn du es unbedingt willst, dann bezahl es selbst.

    Sie haben aber nichts mit einer Beschneidung OHNE Einwilligung des Betroffenen zu tun.

    “[…]alle Kinder müssen nach einem “Wunschkaiserschnitt” zunächst künstlich beatmet werden[…]” Das halte ich jetzt erst einmal für ein Gerücht (und was ich eben auf die Schnelle gesehen habe bestätigt meine Vermutung; klar ist, dass bei Kaiserschnitten an sich, häufiger Beatmungen notwendig sind, als ohne). Und ich weiß noch nicht, ob ich heute noch in der Stimmung bin mit unserer GYN Oberärztin zu telefonieren, um das genauer zu eruieren.
    Denn das ein unreifes Kind als Wunschkaiserschnitt geholt wird, erscheint mir eine sehr gewagte Behauptung.

  280. #280 noch'n Flo
    3. September 2012

    @ Guido:

    Auch ein sogenannter Wunschkaiserschnitt oder eine Brustvergrösserung stellt eine dar.

    Wie Wolf schon ausführte: keine Körperverletzung. Aber dennoch unnütz. Aus diesem Grund sollten Wunschkaiserschnitte aus meiner Sicht auch nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden (analog zu den Brustvergrösserungen).

    Der Richterspruch von Köln war lange überfällig und es ist zu hoffen, dass es den Anfang einer Debatte bedeutet die klare Konsequenzen bringt.

    So selten das vorkommt, aber hier stimme ich mit Dir 100% überein.

  281. #281 roel
    3. September 2012

    @MartinB “Das sagt alles ziemlich eindeutig, dass die Lokalanästhesie während der OP anscheinend nichts nützt.”

    Anscheinend ist die gängigste Beteubung, wenn denn eine durchgeführt wird, der dorsal penile nerve block.

    Aus https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15495086 :

    “DPNB was the most frequently studied intervention and was the most effective for circumcision pain. Compared to placebo, EMLA was also effective, but was not as effective as DPNB. Both interventions appear to be safe for use in newborns. None of the studied interventions completely eliminated the pain response to circumcision.”

  282. #282 Name auf Verlangen entfernt
    3. September 2012

    @ “Denn das ein unreifes Kind als Wunschkaiserschnitt geholt wird, erscheint mir eine sehr gewagte Behauptung. – habe ich nicht behauptet: hingegen ist es zutreffend, daß künstliche Beatmung bei nahezu allen Kaiserschnitten, auch reifen Kindern nötig ist. Ich “sitze” übrigens ebenfalls direkt an der Info-Quelle.

  283. #283 roel
    3. September 2012

    @noch’n Floh “Wie Wolf schon ausführte: keine Körperverletzung.”

    Wolf: “Nur damit wir uns nicht missverstehen: ALLE ärztlichen Eingriffe sind Körperverletzungen”

  284. #284 noch'n Flo
    3. September 2012

    @ roel:

    Ich korrigiere mich: keine strafrechtlich verfolgbare Körperverletzung.

  285. #285 MartinB
    3. September 2012

    @roel
    Aber entscheidend ist doch wohl der Satz
    “None of the studied interventions completely eliminated the pain response to circumcision.”

    @MT
    Ich habe nur eine Stichprobengröße von N=1, aber bei der war nach dem (nicht-Wunsch-)Kaiserschnitt keine künstliche Beatmung notwendig.

  286. #286 Wolf
    3. September 2012

    @MT: Nicht dass das hier entgleitet, denn wir stimmen bei der Ablehnung der Beschneidung ja überein:

    https://www.lungenaerzte-im-netz.de/lin/linaktuell/show.php3?id=1077&nodeid=18

    “[…]So traten schwere Komplikationen, die eine Sauerstofftherapie oder Beatmung erforderlich machen, nach einem Kaiserschnitt rund 5 mal häufiger auf. Bei jedem zehnten Kind, das in der 37. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt geholt wurde, kam es zu respiratorischen Problemen – wie z.B. eine vorübergehend gesteigerte Atemfrequenz oder aber ein dauerhafter Lungenhochdruck. […]”

    5 mal häufiger ist nicht bei “nahezu allen”.

    Aber jetzt Schulz, geht ja nicht um Kaiserschnitte.

  287. #287 dickesB
    3. September 2012

    @noch’n Flo
    korekter Weise: fehlende Strafbarkeit mangels Rechtwidrigkeit (z.B. durch Einwilligung) und/oder micht schuldhaft (Verbotsirrtum etc.)

  288. #288 roel
    3. September 2012

    @MartinB Beides ist entscheidend. 1. Es gibt eine lokale Betäubung, die wirkt. 2. Die Schmerzen werden nur zum Teil unterdrückt. Daraus folgt dann eigentlich die Frage, wie stark werden die Schmerzen tatsächlich unterdrückt. Die Schmerzen und etwaige Folgen sind ein echtes Argument, dass man beim Pro oder Contra Beschneidung berücksichtigen muß. Leider, wie so oft bei diesem Thema, sind objektive Studien schwer zu finden bzw schwer erkennbar.

    @noch’n Flo (diesmal richtig geschrieben) “keine strafrechtlich verfolgbare Körperverletzung” Ich denke, die religiöse Beschneidung war vor dem Kölnerurteil ebenfalls nicht strafrechtlich verfolgbar und jetzt kümmern sich höhere Instanzen darum.

  289. #289 MartinB
    3. September 2012

    “Die Schmerzen und etwaige Folgen sind ein echtes Argument, dass man beim Pro oder Contra Beschneidung berücksichtigen muß. ”
    Das ist ja genau, was ich hier seit Tagen schreibe.
    Wenn es einen nachweislich effektiven und sicheren Weg gibt, die Schmerzen zu unterbinden, dann verschiebt sich die Argumentation vielleicht, aber die Studien zeigen deutlich, dass es den nicht gibt.

  290. #290 noch'n Flo
    3. September 2012

    @ roel:

    Ich denke, die religiöse Beschneidung war vor dem Kölnerurteil ebenfalls nicht strafrechtlich verfolgbar

    Eben doch. Sonst gäbe es ja die hektischen Bemühungen der Bundesregierung, diese Kindesmisshandlung straffrei zu stellen, wohl auch nicht.

  291. #291 Name auf Verlangen entfernt
    3. September 2012

    @ Wolf, MartinB.: stimmt, ich habe mich nochmal genau erkundigt – gemeint ist Sauerstoffzufuhr, Absaugen der Lunge wg. Fruchtwasser in der Lunge, signifikant höhere intensivmedizinische Behandlung, sprich Kinderklinik – und – klar – Schulz …

  292. #292 roel
    3. September 2012

    @noch’n Flo So einfach ist das nicht. Ich habe etwas recherchiert. Mit der rechtlichen Situation vor dem Kölner Urteil haben sich anscheinend ausschliesslich Beschneidungsgegner befasst. Bei denen heißt es dann zur rechtlichen Situation: “Wie bei den Ärzten existieren auch bei den Juristen unterschiedliche Ansichten.” (z.B. bei MANNdat im Mai 2011) Und so ist es momentan auch immer noch, nur, dass jetzt eine Notwendigkeit besteht die Beschneidung rechtlich zu regeln.

  293. #293 Physiker
    3. September 2012

    @MartinB· 02.09.12 · 21:19 Uhr

    Naja, den Abstract habe ich ja zitiert, den ignorieren Sie natürlich lieber – ist ja einfacher so zu tun als gäbe es den nicht, oder wie? Normalerweise gibt der Abstract eines papers die Kernaussage richtig wieder, dazu ist er nämlich da.

    Ignorieren und sich erst nach ausführlicherer Information äussern ist nicht das Gleiche. So, und jetzt im Detail zu den Schmerzen bei der Beschneidung:
    In der Studie von Macke geht es hauptsächlich darum, die Schmerzen nach einer Beschneidung zu untersuchen, denn wie in der Einleitung zu lesen ist, hat bereits eine andere Studie (Howard 1994) auf die selben Ergebnisse hingedeutet, nämlich dass die Gabe von Paracetamol (das ist der deutsche Name) die Schmerzen während der Beschneidung wohl nicht lindert sondern nur danach (was ja nicht wirklich überraschend ist). Deshalb empfielt auch die Mehrheit der Publikationen, sowie die dt. Gesellschaft für Kinderchirurgie eine Lokalanästhesie (dass diese nicht mal im Perera-Review erwähnt wird, ist ein weiterer Minuspunkt). Ich muss mich also korrigieren: Der Perera-Review befasst sich nur mit einem sehr kleinen Teilaspekt der Schmerzlinderung. Sehr viel umfassendere Information/Zitate zur Schmerzvermeidung findet man im Morris-Review unter Abschnitt 3.11. Ihr Vorwurf, dass das Leiden von Säuglingen ausgeklammert würde, ist also schlicht falsch. Im Übrigen habe ich darauf bereits unter dem Stichwort “Betäubung” im obigen Artikel hingewiesen.

    Da eine Beschneidung ein religiöses Ritual ist, gibt es ebenfalls keinen Grund, medizinische Argumente zu berücksichtigen.

    Doch. Die Gesetze habe ich oben zitiert/diskutiert. Es ist nun mal so, dass bei Operationen an Kindern eine Nutzen-Risiko-Abwägung gemacht werden muss. Und ich finde das auch gut so. Und auch bei Ihrem Gedankenexperiment lässt sich eine solche Abwägung machen.

  294. #294 Physiker
    3. September 2012

    @MartinB· 03.09.12 · 08:13 Uhr

    Abstract gelesen? Habe ich oben eingebunden, die Aussage ist eindeutig: die getestete lokalanästhesie verringert die Schmerzreaktion während der OP nicht.

    Das dort verabreichte Paracetamol ist keine Lokalanästhesie.
    Genau um solche Fettnäpfchen zu vermeiden, bin ich vorsichtiger bei inhaltlicher Kritik.

  295. #295 roel
    3. September 2012

    @Physiker Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass es lokale Betäubungen gibt, die den Schmerz vermindern, aber nicht ganz eleminieren. https://www.scienceblogs.de/frischer-wind/2012/08/beschneidung-verbot-was-duerfen-aerzte.php#comment357860

  296. #296 Thanus
    3. September 2012

    In Österreich sieht man im Übrigen deshalb keinen Handlungsbedarf, weil Juristen die Beschneidung durch das Gewohnheitsrecht legitimiert sehen.

  297. #297 Physiker
    3. September 2012

    @ Stefan W. · 03.09.12 · 03:53 Uhr:
    In Ihrem Kommentar lese ich nur Empörung und Verweise auf Umfragen in der Verwandtschaft. Warum zitieren Sie keine Fachliteratur, die Ihre Ansicht stützt?

  298. #298 MartinB
    3. September 2012

    @Physiker
    Das Zitat von roel belegt ja, dass auch die Lokalanästhesie die Schmerzen nicht vollständig lindert.

  299. #299 Physiker
    3. September 2012

    @roel· 03.09.12 · 15:49 Uhr:
    Vielen Dank!

    Mich erinnert diese Diskussion hier stark an Klimawandeldiskussionen, in denen ebenfalls an Reviews (dort IPCC) rumgenörgelt wird und sich alle für kompetent genug halten inhaltliche Aussagen zu bewerten oder auch zu verwerfen ohne sich auf Fachliteratur zu stützen. Oder habe ich unter den 300 Kommentaren irgendeine Referenz auf beschneidungskritische peer-reviewte Literatur übersehen?

  300. #300 Aiko
    3. September 2012

    @ Physiker
    Mich erinnert diese Diskussion hier stark an Klimawandeldiskussionen,

    Sie hätten sich das sparen können – da Sie aber eh’ schon von Anfang an wussten, wie es ausgeht, liegt das Problem ganz bei Ihnen.
    Wenn man viele Kommentare will, muss man nur den passenden Stein ins Wasser werden.

  301. #301 roel
    3. September 2012

    @Physiker Kompetenz ist das eine Thema. Viele meinen selber kompetent genug zu sein, um das Thema zu diskutieren und streiten anderen einfach so die Kompetenz ab. Wissenschaftliche Studien und Reviews werden nicht anerkannt, selber aber keine anderslautenden präsentiert. Allerdings stehe ich Morris auch eher skeptisch gegenüber.

    @Aiko also lieber schwer zu diskutierende Themen meiden, aus Angst vor Gegenwind?

  302. #302 Physiker
    3. September 2012

    @MartinB:

    Das Zitat von roel belegt ja, dass auch die Lokalanästhesie die Schmerzen nicht vollständig lindert.

    Worauf wollen Sie hinaus? Dass nur medizinische Eingriffe akzeptieren werden sollten, die schmerzlos sind?

  303. #303 SethSteiner
    3. September 2012

    Wird in Österreich auch das Schlagen von Kindern per Gewohnheitsrecht legitimiert? Argh seltsame Juristen da.

  304. #304 Adent
    3. September 2012

    @Physiker
    Sie kennen die Circleaks Seite über Brian J. Morris, dem Hauptautor des von Ihnen so hoch gelobten Meta Reviews? Auf der Seite werden unter anderem seine Verbindungen zur Gilgal Society dargelegt. Ist ganz interessant, gerade für Beschneidungsfetischisten.

  305. #305 Schmidts Katze
    3. September 2012

    “Worauf wollen Sie hinaus?”

    Physiker, du weisst genau, worum es geht, um die Tab. 1 aus dem Review von Brian J. Morris und Kumpels, auf das sich deine Argumentation stützt, hier auf den Satz, “während die Risiken nahezu vernachlässigbar sind.”

    Mondkuppel· 02.09.12 · 12:53 Uhr und dentix07· 03.09.12 · 01:30 Uhr haben schon beschrieben, welch Geistes Kind dieser Morris ist, Eheran· 02.09.12 · 22:22 Uhr und Stefan W.· 03.09.12 · 03:53 Uhr haben die Liste mal genauer angesehen.

    Es war kein großes Problem, mit deinen Thesen die anderen Diskussionen zu stören, aber mit einem eigenen Blogeintrag hast du dich wohl etwas überhoben, und stehst jetzt in ziemlich kurzen Hosen da.

  306. #306 MartinB
    3. September 2012

    @Physiker
    “Dass nur medizinische Eingriffe akzeptieren werden sollten, die schmerzlos sind?”
    Au mann, das habe ich doch schon wer weiß wie oft gesagt.
    Darauf, dass

    1. Eingriffe, die auch dann durcheführt werden können, wenn ein Mensch alt genug ist, um seine Schmerzen zu artikulieren, am besten bis dahin aufgeschoben werden (Dann kann man nämlich fragen “Tut’s weh”, statt mühsam Schmerzensschreie zu zählen, und im Zweifelsfall mehr Schmerzmittel verabreichen.) Nach wie vor fehlt ein irgendwie geartetes Argument dafür, dass man diesen Eingriff unbedingt an Säuglingen durchführen muss, die ihre Schmerzen nicht nachvollziehbar artikulieren können. Wenn man mdezinisch argumentiert, dann kann man eben nicht einfach sagen “Beschneidung ja/nein”, sondern muss bei “Beschneidung ja” auch sauber medizinisch abwägen, welche Variante denn die beste ist – und ich habe sehr große Zweifel (und bisher kein Argument dafür gesehen), dass 8 Tage ein sinnvolles Alter für eine *zu diesem Zeitpunkt* definitiv unnötige Operation ist.

    2. man die Schmerzen als existent anerkennt und nicht von “potentiell negativen gesundheitlichen” Folgen redet, wie Christian Reinboth es getan hat. In Ihrem Artikel oben kommen die Schmerzen der Säuglinge selbst ja, wenn ich es richtig sehe, gar nicht als Argument vor.

  307. #307 Schmidts Katze
    3. September 2012

    Nachtrag: Ich habe mal Candidiasis gegoogelt, und da steht:”Die Infektion der Eichel mit Mikroorganismen wie Candida Pilzen oder Bakterien wird Balanitis genannt.”
    Also unter 2 verschiedenen Namen einfach mal doppelt gezählt?
    Naja, wundert wohl keinen mehr.

  308. #308 noch'n Flo
    3. September 2012

    @ Physiker:

    Schon das Video angeschaut? Ich bitte um eine Stellungnahme, wieso man eine solche Kindesmisshandlung noch weiter im Namen der Religion dulden soll.

  309. #309 MartinB
    3. September 2012

    Ich habe mir jetzt mal die Mühe gemacht, mir zumindest einen teil des Morris-Reviews anzugucken, nämlich Abschnitt 3.1
    Danach ist die Prävalenz von Harnwegsinfektionen je nach Zeitraum, in dem man guckt, bei unbeschnittenen Jungen irgendwo zwischen 2 und 6%. Kann mir jemand vorrechnen, wie daraus die Aussage abgeleitet werden kann, dass 4 Beschneidungen einen Fall von Harnwegsinfektion verhindern? Ist die Prävalenz pro jahr gerechnet? oder wie geht das? (Ich sage nicht, dass die Zahl falsch ist, aber ich hätte sie gern erklärt.)

  310. #310 Aiko
    3. September 2012

    @roel

    Angst vor Gegenwind? Wer die Debatten zu diesem Thema ein wenig verfolgt hat, der wird sich einerseits seine eigene Ansicht bestätigen können und andererseits mit Verwunderung die Argumente wahrnehmen, die für die Beschneidung vorgebracht werden. Das religiöse Gebot ist hier noch das plausibelste.
    Die wissenschaftĺichen Arbeiten dazu haben einen ähnlichen Wert, wie die Arbeiten zur Schädlichkeit des Tabakkonsums. Je nach persönlicher Vorliebe, wird der Fokus gesetzt. Das geschieht meistens unbeabsichtigt und unbewusst – und es sollte in seriösen Arbeiten immer offen gelegt werden, wie die Ansicht der Autoren selbst dazu ist.

    Was mir an dem Blog-Beitrag von Luwig Klam schon mal verwundernd aufgefallen ist, dass war die Vermischung der eigentlichen Problematik: ein religionsunmündiges Kind – muslimischen Glaubens – wird durch die Eltern einer Beschneidung unterzogen, die eindeutig eine irrversible Körperverletzung ist. Klam versteigt sich dann in Paragraphen-Reiterei und meint, er könne da was abwägen, weil wir es mit drei Bereichen der Grundrechte zu tun haben, die allerdings unterschiedliche Gewichtung haben.
    Die einzige Frage, die hier durch das Kölner Urteil aufgeworfen wurde ist – dürfen Eltern ihre Religionsfreiheit und ihr Erziehungsrecht in dieser Weise gebrauchen? Hier sind Judentum und Islam unterschiedlich zu bewerten, da im Islam die Beschneidung gar nicht “zwingend” ist.
    Diese Frage wird nun auch aktuell durch das Ohrloch-Stecher-Urteil aufgeworfen. Auch hier wird es noch eine weitere Debatte geben. Es gibt ja bereits eine Reihe von Einschränkungen hinsichtlich der Erziehung – wie Haare färben, Sonnenstudio, Tätowierung. Eltern dürfen nicht alles.
    Derzeit geht es also um ein Gesetz, das das Recht auf körperliche Unversehrtheit für Juden und Muslime hinsichtlich der Beschneidung einschränkt.
    Die Debatte um die medizinischen Studien zur Beschneidung, die hier aufgeführt wurden, sind für diesen Fall völlig uninteressant. Was Ärzte dürfen regeln die Gesetze und nicht die Wunschvorstellungen der Ärzte.

  311. #311 Stefan W.
    3. September 2012

    apropos Gewohnheitsrecht: Heißt das, dass man, wenn man 2 männliche Kinder hat, die man beschneiden hat lassen, das dritte auch beschneiden darf, aber ein erstes Kind nicht? Oder wird die Gewohnheit dem Beschneider zugerechnet? Oder der ganzen Religionsgemeinschaft? Kann die ein Rechtssubjekt sein, der Rechte zukommen? Ich bin ja kein Jurist, aber das kommt mir doch sehr zweifelhaft vor.

    Dem Kind, das es zu schützen gilt, kann man doch den Schutz nicht mit einem “das war schon immer so” verweigern? Mein Rechtsempfinden ist empfindlich gestört, aber ich bin kein Österreicher.

    @Physiker:

    In Ihrem Kommentar lese ich nur Empörung und Verweise auf Umfragen in der Verwandtschaft. Warum zitieren Sie keine Fachliteratur, die Ihre Ansicht stützt?

    Weil ich viele ärztliche Stellungnahmen in Zeitungen und Fernsehen verfolgt habe, die ihrerseits Quellen zititert haben, die ich aber als Nichtmediziner nicht nachlese – ich verlasse mich auf das, was diese Experten gesagt haben. Würde ich dem nachrecherchieren käme nicht viel bei raus, auch wenn mich interessiert, ob man da überall Kausalität entdeckt hat, oder nur Korrelationen – es ist ja denkbar, dass die Vorhautamputation das Geschlechtsleben derart verödet, dass die Opfer seltener verkehren, und deshalb dann weniger Infektionen u. dgl. erleiden.

    Aber mein Englisch ist recht gut wenn es um IT-Belange geht, bei medizinischen, wo Latein dazu kommen müsste, bin ich dagegen ziemlich aufgeschmissen.

    Dazu kommt, dass ein Mediziner, der mir was vormachen will, dies sehr leicht tun könnte. Es hilft mir nicht das Morrispapier zu lesen.

    Inwieweit HPV indirekt das Kindeswohl betreffen soll, dachte ich, verraten Sie mir.

  312. #312 stillerleser
    3. September 2012

    Bei dieser ganzen “Medizinargumentation” sollten wir nicht vergessen worum es Blogautor Christian Reinbroth wirklich geht. Martin Bäker hat es mit einer einfachen Frage auf den Punkt gebracht:

    @Christian
    Wenn es keine Evidenz dafür gäbe, dass Beschneidung evtl. auch medizinisch positive Konsequenzen hat, wärst du dann für ein verbot?

    Reinbroths Antwort darauf habe ich vor einigen Stunden gelesen. D.h. von “Schnappatmung”, “Schaum vor dem Mund” ect. kann bei mir keine Rede mehr sein und trotzdem bin ich immer noch fassungslos ob seiner Antwort:

    @MartinB: Schwer zu sagen. Ein Verbot ginge mit einer ganz erheblichen kulturellen Zäsur einher und könnte unter Umständen dazu führen, dass jüdische und muslimische Gemeinden unser Land verlassen, dass Kinder heimlich und unprofessionell beschnitten werden etc. pp. Das würde ich als Entscheidungsträger nur in Kauf nehmen wollen, wenn ich angesichts der medizinischen Evidenz davon überzeugt wäre, dass eine Beschneidung nicht nur keine medizinisch positiven Konsequenzen hat, sondern im Gegenteil (zumindest statistisch betrachtet) zu erheblichen negativen Konsequenzen führt.

    D.h. für Herrn Reinbroth käme ein Verbot der Genitalverstümmelung männlicher Säuglinge nur dann in Frage wenn diese zu ERHEBLICHEN negativen Konsequenzen führen würde!

    Etwas später schreibt er:

    Mich persönlich anzugreifen ist darüber hinaus sowieso vollkommen sinnlos, da ich keiner Religion oder Kirche angehöre, die irgendwas mit Beschneidungen zu tun hätte

    Das mag also heißen dass sie irgendeiner evangelischen Freikirche angehören die sich zu dem Thema nicht äußert. Denn die EKD beispielsweise hat sehr wohl etwas mit Beschneidungen zu tun. Dass die EKD nach dem Kölner Urteil den jüdischen und muslimischen Religionsfundamentalisten beigesprungen ist hat bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht und ich bin endlich aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Ich kann es jedenfalls nicht mit meinem Gewissen vereinbaren einer Religionsgemeinschaft anzugehören die derartige Wertevorstellungen hat. Meinen naiven Kindheitsglauben hatte ich sowieso schon vor langer Zeit abgelegt, aber die Trägheitskräfte können sehr groß sein….

    Was ich auch etwas suspekt finde ist die Ankündigung des Gastautoren:

    Die Diskussion um die religiöse Beschneidung ist durch Vorurteile und Missinterpretationen erschwert. Es ist an der Zeit, zumindest einige davon aus dem Weg zu räumen und mit etwas Abstand das Thema nüchtern und zur Abwechslung von einem rein juristisch-medizinischen Standpunkt zu betrachten. Ein Gastbeitrag von Dr. Ludwig Klam.

    Schon diese Ankündigung verleitet zu Missinterpretationen. Ich bin selber NaWi und weiß wofür es alles einen Doktortitel gibt. Aber trotzdem bin ich zunächst selbstverständlich davon ausgegangen dass Dr. Klam Mediziner, Jurist oder sogar beides ist. Als Herr Klam mit Aussagen wie “Im Gegensatz zu einigen anderen Grundrechten ist Art. 2 deshalb eher schwach,” aufwartete merkte ich allmählich dass da etwas nicht stimmen kann. Erst in den Kommentaren jedoch zeigte sich dass Herr Klam tatsächlich Physiker ist. Aber es soll ja Menschen geben die nur Artikel lesen und sich die Kommentarschlachten nicht antun.
    Wenn Ulrich Bäker oder Florian Freistetter über medizinische Themen schreiben so genügt ein Blick auf die linke Randspalte um zu wissen welche (Haupt)ausbildung sie genossen haben. Dass diese Einordnung hier unterbleibt und nicht möglich ist sehe ich im günstigsten Fall als Schlampigkeit an.

  313. #313 roel
    3. September 2012

    @stillerleser In der Einleitung durch Christian Reinboth steht: “Ich freue mich, dass dank eines lesenswerten und umfangreich recherchierten Gastbeitrags von Dr. Ludwig Klam, der als Physiker an der ETH Zürich forscht und vielen hier sicher als gleichnamiger Kommentator bekannt ist, heute auch einmal eine Gegenposition auf den ScienceBlogs zur Diskussion gestellt werden kann.”

    Die linke Randspalte beinhaltet eine Kurzvorstellung des Bloggers. Hier handelt es sich um einen Gastbeitrag, der als solches kenntlich gemacht ist und wo die Einleitung eine Kurzvorstellung von Ludwig Klam beinhaltet. Gastbeiträge gab es vor kurzen auch bei Florian Freistetter, allerdings mit einer anderen Themenauswahl.

    PS ich denke du hast 2 Blogger gemischt und als Ulrich Bäker neu zusammengesetzt.

  314. #314 stillerleser
    3. September 2012

    P.S.: O.K., meinen letzten Punkt vergessen wir ganz schnell. 😉
    Dr. Klams berufliche Tätigkeit wird ja doch eindeutig benannt. Gut so und sorry.
    Nach dem lesen von über 300 Kommentaren (fast am Stück) vergeht doch einiges an Zeit und Konzentration.

  315. #315 stillerleser
    3. September 2012

    @roel:
    Nein, die Unterschiede “Blogautor” und “Gastautor” sind mir bestens bekannt. In der linken Spalte kann man eben die Vita der Blogautoren einsehen und weiß dadurch gleich dass sie keine Mediziner sind auch wenn sie über Medizin schreiben. Ich nahm nur irrtümlich an dass nicht erkenntlich wäre dass ein Dr. Klam über Medizin schreibt ohne Mediziner zu sein.

  316. #316 roel
    3. September 2012

    @noch’n Flo Hier ein Video einer jüdischen Beschneidung, zum Vergleich der Dauer mit dem von dir verlinkten Video.

    https://www.youtube.com/watch?annotation_id=annotation_254220&feature=iv&src_vid=QWsOnFIrf_o&v=xTxD6l-8ppw

  317. #317 s.s.t.
    3. September 2012

    @stillerleser
    @Reinboth, @ Physiker und @eoel gehen um genau eines: Sonderrechte für Religionen, und um nichts anderes.

  318. #318 s.s.t.
    3. September 2012

    @ Frischer Wind·

    Für eben diese bitte ich schon vorab alle Kommentatorinnen und Kommentatoren um den gleichen ruhigen Tonfall, durch den sich auch der Gastbeitrag auszeichnet. Vielen Dank!
    Wie naiv kann man eigentlich im realen Leben sein?

  319. #319 Aiko
    3. September 2012

    https://www.faz.net/aktuell/politik/ethikrat-jacobs-beschneidung-11875890.html

    Ich finde es gut, dass so ausführlich über diesen Ritus diskutiert wird. Und das ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

  320. #320 noch'n Flo
    4. September 2012

    Wir hatten heute Abend unsere Bezirksärzteversammlung. Dort hat sich u.a. auch der neue chirurgische Chefarzt eines dem Bezirk zugeordneten Spitals vorgestellt. Ich habe ihn spontan auf die religiösen Beschneidungen angesprochen – er hat anscheinend kein Problem damit. Ebenfalls sprach ich auch noch einen Kinderarzt auf das Thema an, der hier am Ort ein pädiatrisch-chirurgisches Ambulatorium betreibt – auch er hat kein Problem mit religiösen Beschneidungen (er ist allerdings auch Moslem!).

    Immerhin: die niedergelassene Kinderärztin unseres Ortes hat sich eindeutig gegen religiöse Beschneidungen ausgesprochen. Es gibt also noch Hoffnung.

    Wie man sieht: es ist noch viel zu tun! Ich bleibe dran!

  321. #321 michaela
    6. September 2012

    Man muss bloß mal bei google nach “Circumcision went wrong” suchen. Dann findet man lauter verstümmelte Penisse. Berichte von Betroffenen werden ignoriert, statt dessen wird die Debatte “sachlich” geführt. Etwas zu sachlich. Todesfälle gibt es auch, sowohl in Afrika, als auch in Amerika. Das wird aber gerne verheimlicht. Es ist tatsächlich egal, wer die Beschneidung durchführt. Man sollte es einfach lassen. So einfach ist das. Es gibt keine medizinische Indikation. Das sagt eigentlich alles. Sämtliche Studien, die gesundheitliche Vorteile versprechen, sollten mal überprüft werden. Das zeigt die vielzitierte Studie, nach der Beschneidung in ganz bestimmten Afrikanischen Ländern vor HIV schützen soll. So etwas zu verbreiten ist eigentlich Mord. Kondome schützen oder Enthaltsamkeit. Da während der Beschneidung Blut fließt, fördert dieser Eingriff natürlich eher HIV. Das müsste selbst die dümmste Person erkennen können. Hab ich jedenfalls gedacht. War aber nicht so. Für einige ist diese Studie wirklich ein Argument dafür. Vielleicht sieht es ja mit den anderen Studien zu den Vorteilen auch so aus?

  322. #322 Stefan W.
    6. September 2012

    Der Umzug hat wohl nicht problemlos geklappt – da ist ja manches über den Jordan gegangen…

    Das HIV-Märchen ist auch bei Phönix gestern wieder gebracht worden, mit dem besonders witzigen Kniff “… warum empfehlen wir es dann in Afrika?”, so als ob es erstens irgendein Diskussionsteilnehmer, nun, vielleicht sogar alle, empfohlen hätte, und der latenten Unterstellung das wäre sowas wie abgelaufene Medikamente, die für andere vielleicht gut genug sind – nicht für uns, dabei handelt die Empfehlung ja davon, dass dort teilweise problematische hygienische Zustände herrschen (ob diese eine Reihenbeschneidung aber gestatten ist ein ganz anderes Problem), das Ansteckungsrisiko enorm ist, die Verfügbarkeit von Condomen gering und die Empfehlung sich dennoch an einwilligungsfähige Erwachsene richtet.

  323. #323 Schmidts Katze
    6. September 2012

    Ja, hab ich auch gesehen.
    Aber den Kinderarzt und den Juristen fand ich ganz gut, und die Diskussionskultur auch.

  324. #324 Adent
    6. September 2012

    @Physiker
    Da sie doch so auf die angeblichen medizinischen Vorteile der Beschneidung abfahren empfehle ich ihnen folgende Seite, auf der genügend Stellungnahmen von Ärzteverbänden mit entsprechender pee reviewed Literatur verlinkt sind.
    https://pro-kinderrechte.de/links/
    Diese kommen leider nicht zu der gleichen Ansicht wie Sie, das Fazit ist, es gibt KEINE überzeugenden medizinischen Gründe für eine präventive Beschneidung von Säuglingen.
    @Roel
    Dort wird dann auch die Todesfrage angesprochen. Die Todesquote liegt bei etwas 1/500.000, was 2 toten Kindern in den USA pro Jahr entspricht, weltweit etwa 26 (pro Jahr) langt das oder müßten es für dich mehr als 26 pro Jahr sein?

  325. #325 Stefan W.
    6. September 2012

    Mir hat die Diskussion nochmal verdeutlicht, dass die Schmerzen und Risiken der Operation, so problematisch sie sind, mein Rechtsempfinden weniger verletzen als der Zwang einem Kind, das sich nicht wehren kann unwiederbringlich ein Organ zu entfernen.

    Das wird auch nicht dadurch geheilt dass beide Eltern übereinstimmen, dass die Verstümmelung schmerzarm und fachlich versiert durchgeführt werden muss mit einer Bestätigung der Gemeinde, dass – nun, man weiß nicht genau was – dass die Religion das wirklich fordert, oder dass die Eltern auch wirklich praktizierende Mitglieder der Gemeinde sind,

    Wir leben nicht mehr in Anno Tobak, wo die Kinder die Religion der Eltern übernehmen, und die Kindeskinder, und die Kindeskinder der Kindeskinder und deren Kinder.

    Problematischer, als dass ein orthodox-jüdisches Leben in Deutschland nicht möglich sein soll erscheint mir doch, dass ein unamputiertes Leben gemäß den Menschenrechten für jüdische und muslimische Jungs unmöglich sein soll, bzw. ins Ermessen ihrer Eltern gestellt wird.

    Gerne würde vermelden, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass diese ihre eignen Kinder verstümmeln, nur Fakt ist, dass sie es tun und weiter tun wollen – in großer Zahl.

  326. #326 Schmidts Katze
    6. September 2012

    “unwiederbringlich ein Organ zu entfernen”

    Das macht aus einer einfachen eine schwere Körperverletzung:
    https://dejure.org/gesetze/StGB/226.html

  327. #327 Physiker
    7. September 2012

    @Adent:

    Da […] empfehle ich ihnen folgende Seite, auf der genügend Stellungnahmen von Ärzteverbänden mit entsprechender pee reviewed Literatur verlinkt sind.
    https://pro-kinderrechte.de/links/

    Wenn man die 7 Links zu den “medizinische[n] Artikel und Studien” durchgeht, stellt man fest, dass 3 davon auf die Internetseite eines Dipl.-Ing. verlinken, 2 gewöhnliche Internet-Artikel zitiert werden, und nur 2 peer-reviewte Artikel enthalten sind, von dem einer nicht einmal eine Aussage zu den Vorteilen/Nachteilen der Beschneidung macht. Die einzigste halbwegs relevante zitierte Studie dreht sich um eine psychologische Befragung von Männern, die sich im Erwachsenenalter beschnitten haben und wird ebenfalls im Morris-Review zitiert. Die von Ihnen zitierte Quelle betreibt Cherry-Picking par excellence. Dass sich die Stellungnahmen der deutschen Ärzteverbände nicht oder nur selektiv auf die Fachliteratur stützen, habe ich ja schon oben im Artikel diskutiert, verlinkt und kritisiert. Es ist sehr einfach, das selbst nachzuprüfen.

  328. #328 Adent
    7. September 2012

    @Physiker
    Da sie es offensichtlich nicht alleine finden, gehen sie doch nur zum Beispiel (ich habe auch nciht alle Links durchprobiert) auf die Stellungnahme der holländischen Ärzteschaft (ca. 53.000 Ärzte). Am Ende der Stellungnahme finden sie über 50 Referenzen, die sie gern selbst durchsehen dürfen. Oder wollen SIE beim cherry picking bleiben? Ich meine den Bereich mit medizinischen Artikeln und Studien, dort nehmen die holländische, die australische und englische Ärzteschaft Stellung, aber das sind ja alles genau wie die deutschen Ärzteverbände Verschwörer gegen eine Beschneidung. Hallo, wo ist ihr Realitätsinn?
    Zu den von mir angemerkten Gegendarstellungen zum von Ihnen verehrten Morris Review auf der Seite Circleaks haben sie auch noch nicht geantwortet, komisch. Wer hier Cherry picking betreibt ist für mich recht offensichtlich. Auch an Sie noch die Frage sind 26 Beschneidungstote pro Jahr genug oder ist das zuwenig für Sie?
    Es ist sehr einfach dies selbst zu überprüfen.

  329. #329 Physiker
    7. September 2012

    @Adent:
    Die Stellungnahme ist mir bekannt, und die ca. 50 Referenzen bin ich auch schon mal durchgegangen. Können Sie mir erklären, warum da (abgesehen von den WHO-Studien) praktisch keine einzige Arbeit aufgelistet wird, die einen medizinischen Nutzen der Beschneidung sieht – und das obwohl jede simple Google-Scholar-/Pubmed-Suche fast ausschliesslich solche Artikel liefert? Und warum werden abgesehen von dem kaum relevanten van Howe-Review keine Reviews sondern nur Einzelarbeiten zitiert – und das obwohl es praktisch zu jedem Detailthema qualitativ hochwertige Reviews gibt?
    Ich kann Ihnen ohne Probleme eine Liste von Tausend peer-reviewten Publikationen zusammenstellen, die alle gegenteiliger Auffassung von der handvoll zitierten Publikationen der KNMG sind. Für mich ist das ein eindeutiger Beleg für Cherry-Picking.

    Zu den von mir angemerkten Gegendarstellungen zum von Ihnen verehrten Morris Review auf der Seite Circleaks haben sie auch noch nicht geantwortet, komisch.

    War die Gegendarstellung peer-reviewed?

    Auch an Sie noch die Frage sind 26 Beschneidungstote pro Jahr genug oder ist das zuwenig für Sie?

    Woher stammt diese Zahl?

  330. #330 Schmidts Katze
    7. September 2012

    Sapere aude!
    Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

    Jetzt nimm doch mal endlich selbst Stellung zu der schon lang und breit hier diskutierten Liste aus dem Morris-Review, statt dich nur immer nur auf das peer-review von diesem open-access-Käseblättchen zu beziehen.

    Hälst du persönlich es für sinnvoll, 10 Beschneidungen durchzuführen, um eine Phimose zu verhindern?

    Glaubst du allen Ernstes, daß 2 Beschneidungen eine Infektion mit Hochrisiko-HPV verhindert?

    Und bist du der Meinung, daß die Risiken nahezu vernachlässigbar sind?

  331. #331 Adent
    7. September 2012

    @Physiker
    Generell, wie kommt es, daß sie vorwerfen es werde in den Links nur Contra-Beschneidung zitiert, in dem Metareview von Morris die Beschneidung aber so hervorragend ab”schneidet”, sieht man dort vielleicht eine Art Pro circumcison bias veröffentlicht?
    Ansonsten empfehle ich ihnen noch auf der oben genannten Seite die Argumente FÜR Beschneidungen in denen zahlreiche peer reviewed Studien, die auch in ihr geliebtes Morris Review eingingen Punkt für Punkt als mangelhaft, biased oder unbrauchbar entlarvt werden. Ich befürchte nur sie werden auch das nicht lesen, da es nicht in ihr Weltbild paßt.
    Zu Circleaks, gehen sie doch einfach auf die Seite und schauen selber nach was dort über Brian J. Morris und Kollegen steht.
    Zur Todesfallzahl, zum einen stammt die Zahl aus der Stellungnahme der holländischen Ärzteschaft, ich sehe also sie haben diese nicht gelesen und daraus kann man schon erkennen wie sie vorgehen. Zum anderen hatte jemand in einem anderen Blog das Abstract einer Studie, die ebenfalls Todesfälle bei Beschneidungen behandelt gepostet, ich reposte das hier ohne Abstract, in dieser Studie kam es zu 25 Todesfällen in 2 Jahren, in Südafrika (ich weiß, eine weitere Kirsche nach ihrer Meinung).
    Med Sci Law. 2010 Oct;50(4):189-91.
    Traditional male circumcision-related fatalities in the Mthatha area of South Africa.
    Meel BL.

    Ich fasse also kurz zusammen, sie finden 1000e Pro Beschneidungsstudien von denen eine große Zahl in Afrika und anderen Ländern mit geringem Hygienstand durchgeführt wurden und die keinerlei medizinische Relevanz für eine präventive Beschneidung von Kindern bieten oder mangelhaft durchgeführt wurden. Daraus schließen Sie “Yeah Prima-Beschneidung”. Weiterhin finden sie sicherlich sehr viele Studien der amerikanischen Pediatrics, der Rest der Welt sieht es dann leider etwas anders. Es tut mir leid, ich weiß nicht warum sie so vehement für eine Beschneidung von kleinen Kindern sind, ich bin es jedenfalls nicht und ich kann auch keinen medizinischen Vorteil in ihren Meta-Reviews erkennen, der auch nur einen Todesfall rechtfertigen würde. Ein solch schwerwiegender Eingriff muß mit Zustimmung des Patienten erfolgen und nicht von den Eltern, alles andere ist ethisch vollkommen daneben.
    Ich denke wir kommen nicht weiter, da sie keine andere Sicht als die ihre gelten lassen und es aus irgendeinem Grund toll finden präventiv zu beschneiden. Mir ist es eigentlich wurscht, solange derjenige es selbst entscheiden darf, also in gar keinem Fall als Kind oder gar Säugling, zwei anscheinend unvereinbare Positionen.

  332. #332 Physiker
    7. September 2012

    @Schmidts Katze:
    Sebst wenn die NNT-Zahlen um einen Faktor 10 übertrieben wären, dann wäre die Beschneidung immer noch hochwirksam. Zum Vergleich, man muss fast 1 Mio. Menschen gegen FSME impfen, um einen Fall von FSME zu vermeiden. Und trotzdem empfiehlt die STIKO die FSME-Impfung in Risikogebieten. Beim oben aufgelisteten Nutzen geht es aber um ganz andere Grössenordnungen… mit HPV steckt sich früher oder später fast jeder/jeder zweite an und es ist gut möglich, dass diese Viren noch bei vielen anderen Krebsarten beteiligt sind. Deshalb wird momentan auch gerade die HPV-Impfung für Jungen diskutiert:
    https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/impfung-experten-fordern-hpv-infektionsschutz-auch-fuer-jungen-a-852781.html
    Und selbst wenn Sie unbedingt HPV und Phimose in der Liste der Vorteile ignorieren wollen – es bleiben immer noch genügend andere Gründe übrig, die alle einzeln wesentlich überzeugender sind als der Nutzen der FSME-Impfung.

  333. #333 Schmidts Katze
    7. September 2012

    “Ein solch schwerwiegender Eingriff muß mit Zustimmung des Patienten erfolgen und nicht von den Eltern, alles andere ist ethisch vollkommen daneben.”

    Das ist mir schon beim Schreiben meines letzten Posts aufgefallen, daß ich schon zum zweiten Mal mit Kant gegen Physiker argumentiere.

    “Das Problem ist, daß Physiker die freie Entscheidung eines selbstbestimmten Individuums gleichsetzt mit der Fremdbestimmung über einen nicht Einwilligungsfähigen durch seine vom Staat dazu berechtigten Eltern.

    Deshalb steht er für eine Gesellschaft, die das vermeintlich Beste für ihre Mitglieder, die sie als ihr Eigentum betrachtet, erzwingt; und gegen eine freie Gesellschaft. in der jeder Verantwortung für sich selbst trägt und immer nur Zweck an sich sein kann.”
    Schmidts Katze August 23, 5:34 pm
    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/07/13/beschneidung-was-durfen-religionen/

  334. #334 Guido
    7. September 2012

    Eigenartig dass auch hier Beiträge gelöscht werden obwohl
    sie keinesfalls einen anrüchigen Inhalt haben.
    Im Unterschied zu Freistetter wird das nicht einmal kommentiert.
    Das Voltaire Zitat ist offenbar reine Heuchelei.

  335. #335 noch'n Flo
    Schoggiland
    7. September 2012

    @ Guido:

    Derzeit würde ich das Problem eher bei der Blogsoftware suchen. Und die Einträge zwischen 4.9. abends und 6.9. morgens sind einfach dem Umstand zum Opfer gefallen, dass bei Beginn des Plattform-Umzugs am 4.9. alles bis dahin Vorhandene gespeichert wurde, aber das, was bis zum Abschluss des Umzugs dann noch herein kam, letztlich im Daten-Nirwana landete.

    Ist also keine böse Absicht erkennbar.

    Nebenbei: wo bleibt Dein persönlicher Avatar?

  336. #336 Guido
    7. September 2012

    @ Flo

    OK danke, ich nehme den Vorwurf zurück.

    Avatar in diesem Zusammenhang versteh ich nicht. Da musst Du mir auf die Sprünge helfen.

  337. #337 michaela
    7. September 2012

    Hallo Leute. Wie kann es denn 29 Todesfälle durch Beschneidung weltweit geben, wenn ich eine Quelle gefunden habe, in der von geschätzten 229 Todesfällen ausgegangen wird und das nur in den USA???

    In Afrika gibt es sicherlich viel mehr Tote, nur dass es niemanden interessiert und darum taucht es auch in keiner Studie, Reviews oder gar irgendwelchen Statistiken auf. Es interessiert niemanden, wird gerne unter den Teppich gekehrt und die, die überlebt haben, trauen sich nicht ins Fernsehen. Gefunden habe ich das übrigens bei beschneidung-von-jungen.de.

    Vielleicht sollte man für eine richtig gründliche Recherche auch lieber mal in eine Bibliothek gehen und medizinische Fachbücher nach dem Stichwort Beschneidung und Todesfälle oder ähnliches durchsuchen. Kann ja sein, dass man nicht alles im Netz findet?

    Und wenn es keinen interessiert, findet man es nirgends. Das bedeutet aber nicht, dass die Opfer noch leben. Sie sind trotzdem tot, auch wenn es allen egal ist.

  338. #338 Guido
    7. September 2012

    @ michaela

    Ich denke die erste Zahl betrifft die männlichen Opfer,
    und was Du sagst sind die weiblichen, bei denen es sicher viel mehr gibt weil der Eingriff oft unter haarsträubenden Umständen durchgeführt wird.
    Wie auch immer. 1 Opfer ist zuviel für diesen Blödsinn.
    Das sollten wir ín unseren Breiten durchsetzen und jeder der
    das trotzdem machen will kriegt ein One Way Ticket kostenlos oder 1 Jahr Gefängnis. Das kann er sich aussuchen.

  339. #339 thiassos
    7. September 2012

    Angesichts der Debatte über die Beschneidung könnte man fast zum Reiligion-Hasser werden. Ich habe schon lange nicht so viel Unsinn von der Befürworter-Seite auf einem Haufen vorgefunden. Das ist doch ziemlich das Letzte. Kinder quälen und sich dann noch blöd rausreden wollen.

  340. #340 Schmidts Katze
    8. September 2012

    @ Guido
    Avatar ist das Bildchen links neben deinem Namen.
    Muss man nicht haben, kann man aber bei Gravatar einrichten.

  341. #341 Dr. Webbaer
    Erde
    8. September 2012

    Muss man nicht haben, kann man aber bei Gravatar einrichten.

    Test…

  342. #342 Physiker
    8. September 2012

    @Adent:

    Generell, wie kommt es, daß sie vorwerfen es werde in den Links nur Contra-Beschneidung zitiert, in dem Metareview von Morris die Beschneidung aber so hervorragend ab”schneidet”, sieht man dort vielleicht eine Art Pro circumcison bias veröffentlicht?

    Das kann man doch leicht mit einer Literatursuche überprüfen. Abgesehen davon ist das keine wissenschaftliche Argumentationsweise. In absolut jedem wissenschaftlichem Fachgebiet werden Sie Einzelpublikationen finden, die der Konsensmeinung widersprechen. Anstatt unbequemen Meinungen einen “bias” vorzuwerfen, gilt es doch sich einen Überblick über die Gesamtliteratur mit Hilfe von Reviews zu bilden. In den beschneidungsbefürwortenden Reviews wird die beschneidungskritische Literatur so gut wie vollständig zitiert und diskutiert. Die Stellungnahme der KNMG zitiert abgesehen von den angeblich nicht übertragbaren Studienergebnissen von HIV in Afrika, keine einzige Quelle, die für die Hinweise “dass die Zirkumzision Schutz gegen Beschwerden wie HPV-Infektionen, Harnwegsinfektionen und Peniskrebs bietet.” Anstatt, dies ausführlich zu diskutieren, umgeht die KNMG die Diskussion einfach mit einem lapidaren “Auch diese Studien sind jedoch umstritten”. Nachdem der Hauptvorteil der Beschneidung aber gerade in diesen und weiteren nicht diskutierten Krankheiten gesehen wird, handelt es sich eindeutig um Cherry-Picking.

    Ansonsten empfehle ich ihnen noch auf der oben genannten Seite die Argumente FÜR Beschneidungen in denen zahlreiche peer reviewed Studien, die auch in ihr geliebtes Morris Review eingingen Punkt für Punkt als mangelhaft, biased oder unbrauchbar entlarvt werden.

    Hierbei handelt es sich um nichts anderes als um die Laienmeinung eines Dipl.-Ing., die weder peer-reviewed ist, und auch sonst alle formalen Kriterien einer unwissenschaftlichen Schmähschrift erfüllt. Wenn die dortigen Ansichten fundiert wären, warum gibt es dann keine peer-reviewte Literatur, die diese Argumente zusammenfasst, abgesehen von den oben vorgestellten abstrusen Vorstellungen von van Howe?

    Zu Circleaks, gehen sie doch einfach auf die Seite und schauen selber nach was dort über Brian J. Morris und Kollegen steht.

    Um mich zu informieren bevorzuge ich Fachliteratur gegenüber Rufmordkampagnen.

    Zur Todesfallzahl, zum einen stammt die Zahl aus der Stellungnahme der holländischen Ärzteschaft

    Ich habe diese Zahl zurückverfolgt über die Stellungnahme der AAFP – sie geht zurück auf folgende Publikation:
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7176044
    Auf diese Publikation von King zur Beschneidung in den USA gibt es leider keinen Online-Zugriff, sie wird aber in diesem Review zitiert:

    King reported a period when 500,000 consecutive circumcisions were performed in New York city without a single fatality [17].

    Es handelt sich also um eine Obergrenze. Damit ist die von Ihnen zitierte Angabe grob verfälschend. Die zugrundeliegende Publikation hat nämlich gerade eben von keinem Todesfall berichtet.

    in dieser Studie kam es zu 25 Todesfällen in 2 Jahren, in Südafrika […].

    Sie messen mit zweierlei Mass. Auf der einen Seite akzeptieren Sie keine Belege von Studien aus Afrika, die für eine Beschneidung sprechen und auf der anderen Seite argumenteren Sie selbst mit Studien aus Afrika – und das obwohl es Studien zu diesem Thema aus Industrieländern gibt (siehe die obige Studie von King).

  343. #343 Physiker
    8. September 2012

    @Adent:

    Generell, wie kommt es, daß sie vorwerfen es werde in den Links nur Contra-Beschneidung zitiert, in dem Metareview von Morris die Beschneidung aber so hervorragend ab”schneidet”, sieht man dort vielleicht eine Art Pro circumcison bias veröffentlicht?

    Das kann man doch leicht mit einer Literatursuche überprüfen. Abgesehen davon ist das keine wissenschaftliche Argumentationsweise. In absolut jedem wissenschaftlichem Fachgebiet werden Sie Einzelpublikationen finden, die der Konsensmeinung widersprechen. Anstatt unbequemen Meinungen einen “bias” vorzuwerfen, gilt es doch sich einen Überblick über die Gesamtliteratur mit Hilfe von Reviews zu bilden. In den beschneidungsbefürwortenden Reviews wird die beschneidungskritische Literatur so gut wie vollständig zitiert und diskutiert. Die Stellungnahme der KNMG zitiert abgesehen von den angeblich nicht übertragbaren Studienergebnissen von HIV in Afrika, keine einzige Quelle, die für die Hinweise “dass die Zirkumzision Schutz gegen Beschwerden wie HPV-Infektionen, Harnwegsinfektionen und Peniskrebs bietet.” Anstatt, dies ausführlich zu diskutieren, umgeht die KNMG die Diskussion einfach mit einem lapidaren “Auch diese Studien sind jedoch umstritten”. Nachdem der Hauptvorteil der Beschneidung aber gerade in diesen und weiteren nicht diskutierten Krankheiten gesehen wird, handelt es sich eindeutig um Cherry-Picking.

    Ansonsten empfehle ich ihnen noch auf der oben genannten Seite die Argumente FÜR Beschneidungen in denen zahlreiche peer reviewed Studien, die auch in ihr geliebtes Morris Review eingingen Punkt für Punkt als mangelhaft, biased oder unbrauchbar entlarvt werden.

    Hierbei handelt es sich um nichts anderes als um die Laienmeinung eines Dipl.-Ing., die weder peer-reviewed ist, und auch sonst alle formalen Kriterien einer unwissenschaftlichen Schmähschrift erfüllt. Wenn die dortigen Ansichten fundiert wären, warum gibt es dann keine peer-reviewte Literatur, die diese Argumente zusammenfasst, abgesehen von den oben vorgestellten abstrusen Vorstellungen von van Howe?

    Zu Circleaks, gehen sie doch einfach auf die Seite und schauen selber nach was dort über Brian J. Morris und Kollegen steht.

    Um mich zu informieren bevorzuge ich Fachliteratur gegenüber Rufmordkampagnen.

    Zur Todesfallzahl, zum einen stammt die Zahl aus der Stellungnahme der holländischen Ärzteschaft

    Ich habe diese Zahl zurückverfolgt über die Stellungnahme der AAFP 1997 – sie geht zurück auf folgende Publikation:
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7176044
    Auf diese Publikation von King gibt es leider keinen Online-Zugriff, sie wird aber in diesem Review zitiert:

    King reported a period when 500,000 consecutive circumcisions were performed in New York city without a single fatality [17].

    Es handelt sich also um eine Obergrenze. Damit ist die von Ihnen zitierte Angabe grob verfälschend. Die zugrundeliegende Publikation hat nämlich gerade eben von keinem Todesfall berichtet.

    in dieser Studie kam es zu 25 Todesfällen in 2 Jahren, in Südafrika […].

    Sie messen mit zweierlei Mass. Auf der einen Seite akzeptieren Sie keine Belege von Studien aus Afrika, die für eine Beschneidung sprechen und auf der anderen Seite argumenteren Sie selbst mit Studien aus Afrika – und das obwohl es Studien zu diesem Thema aus Industrieländern gibt (siehe die obige Studie von King).

  344. #344 thiassos
    9. September 2012

    @ Schmidts Katze

    Danke, musste allerdings dafür mein Alias ändern.

  345. #345 Stefan W.
    10. September 2012

    Der Justizsenator Berlins hat nun eine Regelung erlassen, die es Juden und Muslimen unter Auflagen gestattet ihre Barbarei fortzusetzen. Diese Regelung geht den Kritikern viel zu weit, und den Traditionalisten nicht weit genug.

    Die Verstümmelung soll straffrei bleiben, wenn sie nach handwerklichen Standards der Medizin durchgeführt wird, beide Eltern dafür sind und die jeweilige Gemeinde die Religionszugehörigkeit bestätigt.

    Das löste heftigen Protest aus: Viele Juden würden die Beschneidung praktizieren wollen, ohne dass sie religiös seien, so dass sie keine zugehörige Gemeinde vorweisen können. Damit wäre jedoch die Berufung auf den Schutz der Religionsausübung vom Tisch – es wäre ein profaner Ritus wie andere auch.

    Gleichzeitig manifestiert diese Regelung aber eine Ungleichbehandlung von Menschen, die einer Religion angehören, und verletzt daher Art. 3, Abs. 3 des Grundgesetzes – für den Justizsenator offenbar kein Problem:

    Niemand darf wegen …, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. …

    Auch der Justizsenator kann sich m.E. nicht über das GG hinwegsetzen, sagt doch Art. 1, Abs. 3:

    Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

    https://dejure.org/gesetze/GG/1.html

    Schrill muten dagegen die Vorwürfe aus der jüdischen Gemeinde an, dass eine Gleichbehandlung von Juden und Moslems mit anderen Menschen eine üble Diskriminierung sei.

    Die Berufung auf uraltes Brauchtum erscheint als das Konzentrat des Rests einer zusammenfallenden Argumentation. Der entsetzten Klage, man dürfe die Verstümmelung von wehrlosen Jungs nicht als Barbarei verteufeln muss widersprochen werden: Man muss die Religion als den Schandfleck der Zivilisation schildern, um einen Lernprozess zu provozieren. Man muss die zweifelnden Kräfte nach Kräften unterstützen und die Orthodoxen isolieren. Die Religionsausübung muss für Juden ebenso möglich sein wie für Moslems und Christen – die Grenze aber ist das Grundgesetz und die Grundrechte, die die absolute Grenze angeben, die für alle hier lebenden Menschen gilt.

    Es darf kein Privileg geben die Angehörigen einer Religion zu verletzen, wenn man selbst dieser Religion angehört. Ein solches Sonderrecht zu bestreiten ist auch kein Antisemitismus oder Rassismus, sondern betrifft das Fundament unserer Werte: die Menschenwürde von Jedermann, auch die von hilflosen Kindern – gerade deren Würde, die sonst niemand verteidigt.

  346. #346 michaela
    10. September 2012

    @ Guido: Ähm nein. Ganz sicher nicht.

    Wenn ich hier einen Kommentar zur männlichen Genitalverstümmelung schreibe, dann suche ich auch nach Todesopfern der männlichen Genitalverstümmelung. So verplant bin ich noch nicht.

    Das ist eben das, was unterschätzt wird. Operationen bei Säuglingen oder kleinen Kindern können sehr schnell zu Blutverlust und Infektionen durch die Wunde kommen. Die geschätzte Todeszahl bezieht sich wirklich auf männliche Kinder durch Beschneidung nur in den USA.

    Die Todeszahl für fgm ist ganz sicher viel höher, die genaue Zahl kann man hier aber wahrscheinlich auch nur schätzen, weil es immer eine hohe Dunkelziffer gibt.

    Da ist der Verharmlosung auch Tür und Tor geöffnet. Sogar durch die Gegner der Beschneidung. Das ist wirklich schlimm.

  347. #347 roel
    *****
    10. September 2012

    @michaela “Baker (1979) argumentierte, dass es in den USA mindestens 229 Todesfälle pro Jahr infolge der Beschneidung gebe”

    Das sind die von dir zitierten 229 Todesfälle. Die beruhen auf Schätzungen. Du kannst auch 2 Todesfälle finden, oder 117 Todesfälle oder… Die meisten genannten sind einfach nur Schätzungen auf wackliger Grundlage. Das es Todesfälle gibt ist unbestritten.

    Zur Anzahl: Es wird meist darauf hingewiesen, dass bei Toten aufgrund von Beschneidungen nicht die Beschneidung als Todesursache genannt wird, sondern eine Blutung oder Infektion. Daher könnten die Zahlen auch nicht ermittelt, sondern nur geschätzt werden.

    “Beschneidungsbedingte Todesfälle können der Blutung oder der Infektion zugeschrieben werden anstelle der zugrunde liegenden Beschneidung. Nur wenige Ärzte sind willig einen Todesfall infolge eines elektiven, unnötigen, nicht-therapeutischen, angeblich “kleinen” chirurgischen Eingriff anzuerkennen.”

    Zitate aus https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/komplikationen/unmittelbare-komplikationen.html

    Fast immer, wenn so argumentiert wird, wird den geschätzten Zahlen nicht getraut, die Personen die sie nennen als Verschwörungsfantasten angesehen (bei Impfungen, bei Leukemie in Nähe von AKWs etc.) nur bei der Beschneidung nicht.

  348. #348 Sinapis
    10. September 2012

    Mir kommt es so vor, als würden verschiedene Fragen hier parallel diskutiert, der eigentliche Artikel schien mir dies in positiver Weise zu bestätigen.
    Für mich bestehen Unterschiede zwischen:

    1.Bin ich für oder gegen religiös motivierte Säuglingsbeschneidung in Deutschland?

    2.Wie sind derartige Beschneidungen medizinisch zu bewerten?

    3.Kann bzw. sollte dies Verboten werden?

    Dazu von mir:

    1) Dagegen. (Gute) Argumente für diese Position wurden hier schon reichlich genannt. Argumente dafür scheinen sich mir eher auf punkt 2 oder 3 zu beziehen.

    2) Ich bin nicht Ausgebildet das zu beurteilen und muss mich auf die Aussagen dritter verlassen um mir eine Meinung zu bilden. Ausgehend von den Kommentaren die ich gelesen habe, sind alle hier genannten Quellen in irgendeiner Form beeinflusst und daher nicht verlässlich. Zweifel an Quellen, bezüglich der Objektivität von Autoren wissenschaftlicher Artikel, sind unangenehm, aber leider anscheinend nicht unberechtigt. Auf Beiden Seiten finde ich statistische Angaben die ich als mindestens irreführend sehe.
    Fazit für mich: Ohne mich eingehend mit dem Thema zu befassen ist es mir nicht möglich hier mit gutem Gewissen ein Position einzunehmen. Wenn die Vor- bzw. Nachteile so offensichtlich überwiegend wären wie teilweise auf Beiden Seiten der Diskussion dargestellt, würde ich von deutlicheren Belegen ausgehen. (Oder soll ich annehmen das sich wirklich niemand mit dem Thema befasst hat ohne im Voraus zu wissen was er findet?)

    3) Ich lehne mich hoffentlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte das dies eine Streitfrage für Juristen ist. Da ich von diesem Feld noch viel weniger verstehe als von Medizin, ist es noch schwieriger für mich Aussagen auf objektivität – geschweige Inhaltliche Kompetenz – zu prüfen.
    Die im eigentlich Artikel dargestellte Rechtsauffassung gefällt mir, da sie für mich einerseits verständlich und nachvollziehbar geschrieben ist, andererseits meine eigenen Gedanken zum Thema berührt:

    Nur weil ich persönlich Beschneidung ablehne bin ich nicht automatisch für ein Verbot.
    Das ist für mich eine entscheidene Einsicht, die ich aus dieser Diskussion mitnehmen kann.

  349. #349 michaela
    10. September 2012

    Wie gesagt, jemand, der tot ist, der ist tot.

    Ob jemand die Ursache dafür veröffentlicht / zugibt oder nicht, ist für diesen Menschen dann egal.

    Außerdem ist die Liste der Menschen, von denen bekannt ist, dass sie an der Beschneidung gestorben sind, auf der genannten Seite auch schon länger (ich hab 52 gezählt) und es sind auch nicht nur Kinder darunter.

    Das ist ja leicht nachzuprüfen.

    Um sicher zu stellen, dass man das Risiko richtig einschätzen kann, müssten Todesfälle durch Beschneidungen weltweit meldepflichtig werden.

    Dann kann man auch nicht alles mit Psychose und Verschwörungstheorie abtun.

    Zusätzlich zu den Todesopfern kommen noch die Menschen, die sich verstümmelt / misshandelt / gefoltert fühlen und die tatsächlich verstümmelt sind, weil etwas schief gegangen ist.

    Die hat bisher auch keiner gezählt.

  350. #350 roel
    *****
    10. September 2012

    @michaela

    “Außerdem ist die Liste der Menschen, von denen bekannt ist, dass sie an der Beschneidung gestorben sind, auf der genannten Seite auch schon länger (ich hab 52 gezählt) und es sind auch nicht nur Kinder darunter.” Die hatte ich mir auch schon angesehen: Diese Fälle sind weltweit und beginnend mit dem 14.12.1856. Wie kann man daraus 229 Todesfälle pa in den USA konstruieren?

    “Dann kann man auch nicht alles mit Psychose und Verschwörungstheorie abtun.” Mit Sicherheit nicht, aber wer entscheidet, bei welchem Thema es Verschwörungstheorie ist und bei welchem nicht? Hier wird bei gleichem Sachverhalt (falsch geschätzte Zahlen, offizielle Zahlen angeblich viel zu gering) unterschiedliche beurteilt. Warum?

    “Um sicher zu stellen, dass man das Risiko richtig einschätzen kann, müssten Todesfälle durch Beschneidungen weltweit meldepflichtig werden.” Das ist wohl so. Aber anstatt sich für diese Meldepflicht einzusetzen, wird für ein Gesetz gegen Beschneidung propagiert. So bleiben als belastbare Todesfälle die 52 (ich habe sie nicht nachgezählt) weltweit seit 156 Jahren, die nicht unterteilt sind nach medizinisch oder rituell ausgeführt.

    “Zusätzlich zu den Todesopfern kommen noch die Menschen, die sich verstümmelt … fühlen und die tatsächlich verstümmelt sind … Die hat bisher auch keiner gezählt.” Hier wird ebenfalls mit einer hohen Dunkelziffer argumentiert. Wenn du dir anschaust wieviel Männer sich tatsächlich negativ dazu äussern ist das erstmal eine verschwindend geringe Anzahl, gegenüber der Zahl der Beschnittenen. Allerdings, man hat es bei den Missbrauchsopfern in kirchlichen Einrichtungen gesehen, kann aus der z.Zt. geringen Anzahl eine größere werden, so dass wir vielleicht jetzt nur die Spitze eines Eisbergs wahrnehmen.

    Allerdings empfielt UNAIDS (dazu gehören u.a. Unicef und die WHO) in Afrika die Beschneidung auch von Säuglingen. Und das ist immer noch mein Problem. Für Afrika wird es empfohlen, wie kann es für Amerika, Westeuropa und speziell Deutschland dann verboten werden. Und auch die angeblichen Widerlegungen der Studien, auf die sich UNAIDS beruft helfen da nicht weiter, es sind keine Widerlegungen von Fachleuten sondern, was ich bisher gesehen habe von z.B. Informatikern. Wie kann man Physiker hier mangelnde Kompetenz vorwerfen, aber Studienwiderlegungen von Informatikern Kompetenz zusprechen. Das ist alles ein Messen mit zweierlei Mass. Was ins Weltbild passt ist richtig, was nicht passt ist falsch, auf jeden Fall sieht es so aus.

  351. #351 michaela
    10. September 2012

    Die 229 Todesfälle beziehen sich nur auf Kinder, die im Krankenhaus beschnitten wurden. Das hat also nichts mit der Liste der bekannten Todesfälle zu tun.

    Zitat: “Dr. Sydney Gellis , Professor für Pädiatrie und langjähriger Leiter der Abteilung für Pädiatrie der rennomierten Tufts University School of Medicine, nahm an, dass es in den USA „mehr Todesfälle infolge der Komplikationen der Beschneidung gebe als infolge von Peniskrebs “. (11) Es gibt mehrere Angaben über Todesrate aufgrund von Peniskrebs in den USA, die von 200 bis 480 Todesfällen pro Jahr reichen. Robert Baker schätzte 229 Todesfälle aufgrund von Beschneidung pro Jahr in den USA.”

    Und die Quelle ist verlinkt, dort findet sich diese Aussage:

    “It would appear from statistics that at least 41 children are needlessly sacrificed to prevent one case of penile cancer. If we assume there to be about 1,325,000 newborn male circumcisions in the U.S., the annual cost to the consumers is around $54 million. And at least 229 of these newborns will die as a result of the operation.

    If circumcise we must, then let’s wait one year, thus lowering the mortality 50%. Better yet, we should wait until there is a definite indication for this procedure, which would be past age three. And let us tell parents that it is not the thing to do unless there is a specific indication.”

    Er ist also der Meinung, man sollte Eltern dahingehend beraten, dass sie den Eingriff nur mit medizinischer Indikation durchführen.

    “offizielle Zahlen angeblich zu gering”

    Normalerweise ist die Dunkelziffer immer höher als die offiziellen Zahlen. Das ist logisch oder?

    Die vielzitierte Aids-Studie ist deswegen schon Schwachsinn, weil Beschneidung niemals vor HIV schützen kann.

    Wenn man sich die Empfehlungen aber anschaut, dann steht da zum Beispiel:

    “Male circumcision does not provide complete protection against HIV infection. Circumcised men can still become infected with the virus and, if HIV-positive, can infect their sexual partners.”

    — Beschneidung schützt nicht vollständig vor HIV, Beschnittene Männer können immer noch ihre Sexualpartner anstecken…

    und

    “All men undergoing male circumcision, regardless of HIV status need to understand the importance of abstaining from sex until complete wound healing.”

    —Wer beschnitten wurde, sollte nicht Sex machen, solange die Wunde noch nicht verheilt ist

    Und

    “Based on the current available evidence, male circumcision is not recommended for HIV-positive men as an intervention to reduce HIV transmission to women.”

    —-Beschnittene Männer können immernoch Frauen anstecken.

    Ach echt?

  352. #352 roel
    *****
    10. September 2012

    @michaela Auszüge aus deinem Text: “Dr. Sydney Gellis …nahm an”, “Robert Baker schätzte”, “It would appear from statistics”, “If we assume” Also alles Annahmen und Schätzungen.

    “Beschneidung schützt nicht vollständig vor HIV” Das behauptet auch niemand. Eine Alternative, zumindest in Deutschland, da überall erhältlich sind Kondome. “Kondome schützen vor HIV und vermindern das Risiko einer Ansteckung mit anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI).” aus https://www.gib-aids-keine-chance.de/wissen/safer_sex.php . Noch dazu (Quelle suche ich bei Bedarf raus) benutzen 13% bei neuen sexuellen Kontakt in Deutschland keine Kondome.

    Es gibt also (mindestens) zwei Arten des Schutzes vor Aids: Beschneidung, wird abgelehnt, weil nicht 100%ger Schutz erreicht wird. Kondome, werden normaler weise von Beschneidungsgegnern angeführt, erreichen ebenfalls keinen 100%igen Schutz.

    Und nochmal: Beides bietet keinen 100%igen Schutzt, eine Methode wird von Beschneidungsgegnern abgelehnt, die andere nicht.

    “Wer beschnitten wurde, sollte nicht Sex machen, solange die Wunde noch nicht verheilt ist” und “Beschnittene Männer können immernoch Frauen anstecken.” Das bestreitet sicher auch niemand.

  353. #353 roel
    10. September 2012

    @michaela Ich hatte ein Zitat vergessen:

    “Wie sicher sind Kondome wirklich?
    Dass Qualitäts-Kondome ein gut wirksamer Schutz gegen HIV sind, ist bereits seit langer Zeit und weltweit durch umfangreiche Studien (u.a. bei Paaren, bei denen ein Partner HIV-infiziert ist und die über lange Zeit ein aktives Sexualleben miteinander haben) gezeigt worden. Die Empfehlung von Kondomen zum Schutz vor HIV wird deshalb überall auf der Welt gegeben. Sie wird von allen relevanten und renommierten Institutionen, wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), den Vereinten Nationen und in allen Ländern getragen, in denen wirksame HIV-Prävention ein erklärtes nationales Ziel ist. Dabei ist allen Experten selbstverständlich klar, dass jedes Verhütungsmittel auch versagen kann – also nie absolut zu 100% schützt. Der Schutzeffekt nimmt dann rasch ab, wenn Kondome nicht immer oder nicht richtig angewendet werden.2
    aus: https://www.gib-aids-keine-chance.de/wissen/safer_sex/kondome_allgemein.php

  354. #354 Adent
    10. September 2012

    @roel

    Was ins Weltbild passt ist richtig, was nicht passt ist falsch, auf jeden Fall sieht es so aus.

    Exakt so argumentierst du.
    Es kann ja wohl nicht dein Ernst sein, die Empfehlungen für Afrika, wo a) deutlich schlechtere Bedingungen bezüglich Hygiene gelten, b) deutlich weniger Kondome verfügbar sind und c) der Hauptübertragungsweg von AIDS heterosexueller Kontakt ist (wohingegen der Hauptweg in Europa homosexueller Kontakt ist, Achtung keine Wertung!) einfach so eins zu eins auf Europa zu übertragen und im nächsten Satz noch nachzuschieben, a) Beschneidung schützt nicht zu 100% und b) Kondome auch nicht, jo da kann man dazu noch sagen c) Äpfel essen auch nicht. Woran es wohl liegt, daß Beschneidungsgegner die nicht begründete Beschneidung ablehnen dahingegen Kondome nicht (obwohl da gibt es sicherlich auch irgendwelche Religionen, die Kondome ablehnen)?
    Roel du vergleichst hier Äpfel mit Birnen und das Ganze auf einem riesengroßen Strohhaufen und wirfst anderen vor sich die Dinge schönzureden, na da bist du genau der richtige (siehe oben).
    Zu den Todesfällen hatte ich weiter oben schon ganz andere Zahlen gepostet, die ignoriert du lieber oder was?
    Und nochmal die Frage, hatte ich auch schon weiter oben gestellt, sind 26 Tote pro Jahr nicht genug für dich?

  355. #355 roel
    *****
    10. September 2012

    @Adent Ich ignoriere die Zahlen nicht. Wie schon an Michaela geschrieben, mal sind es 117, mal 229 mal 26 es werden immer andere Zahlen geschätzt. Grund dafür: Weil es Schätzungen sind, meist von jemanden der interessiert ist, Zahlen präsentieren zu können. Wie auch immer.

    Auf so eine Fangfrage bin ich bei noch’n Flo reingefallen, der meine Antwort derart verdreht und mutwillig misinterpretiert hat, dass ich eigentlich keine Lust mehr auf diese Fragen habe. Zumal ich immer ehrlich antworte und auf viele Fragen selber nie eine Antwort bekomme.

    Aber. 26 Tote sind immer 26 Tote zuviel. Mit Betonung auf immer. Wenn bei Beschneidung Säuglinge an Herpes sterben, dann ist das Grund genug die rituelle Form der Beschneidung in dieser Art und Weise zu verbieten. Da denke ich nicht mal drüber nach – das gehört einfach verboten und die Verursacher mindestens wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

    “Es kann ja wohl nicht dein Ernst sein, die Empfehlungen für Afrika … einfach so eins zu eins auf Europa zu übertragen” Das mache ich auch nicht. Aber ich mache aus einer Empfehlung für Afrika auch kein Verbot für Europa. Weil ich denke, dass was man (in Form von UNAIDS, WHO, UNICEF) den einen empfielt nicht bei anderen verbieten kann. Die führenden Aidsexperten sprechen sich für die Beschneidung in Afrika aus. Entweder die Empfehlung ist falsch oder ein Verbot ist falsch. Und wie du schreibst, der Hauptübertragungsweg ist… Was ist mit den Nebenübertragungswegen?

  356. #356 Adent
    10. September 2012

    @Roel
    Der Nebenübertragungsweg kann in Europa (und ich nehme an auch in den USA, dort gibt es allerdings andere Gründe für Beschneidung) sehr ausreichend mit Kondomen abgedeckt werden. Und warum bitteschön sollte man in Deutschland die Körperverletzung nicht verbieten dürfen? Weil in den USA in einigen Statten noch die Todesstrafe erlaubt ist darf man sie in Europa nicht verbieten, eine merkwürdige Argumentation. Ich mache übrigens aus einer Empfehlung auch kein Verbot.
    Die WHO kann gern empfehlen, daß Beschneidung hilft, die Übertragungsquote in Ländern in denen der Gebrauch von Kondomen schwierig ist (aus welchem Grund auch immer, Aufklärung, Verteilung etc.), die Voraussetzung für diese Empfehlung wurde aber unter bestimmten Bedingungen erarbeitet, wenn man dem Morris Review überhaupt zustimmt (was ich nicht tue). Diese Bedingungen treffen in Europa nicht zu (und auch in anderen Ländern nicht), also warum sollte man dort beschneiden? Der eigentliche Grund für die ganze Aufregung und das wird dir und anderen hier jetzt zum Xten Male gesagt ist, daß man Säuglinge ohne jeglichen medizinischen Grund beschneidet allein auf Grund der seltsamen Rituale einer nicht unumstrittenen Religion.

  357. #357 Schmidts Katze
    10. September 2012

    Zu den Empfehlungen in Afrika:
    UNAIDS empfiehlt tatsächlich in stark AIDS-belasteten Gegenden die Beschneidung, und sie empfehlen in Regionen, in denen traditionell Kinder beschnitten werden, diese Bräuche beizubehalten und ggfs zu modifizieren, da eine Zusammenarbeit mit lokalen Autoritäten besser erscheint. als eine totale Ablehnung von akzeptierten Traditionen.
    Das mag man gut finden, oder nicht.

    Die WHO, die bei der UNAIDS mitarbeitet, empfielt nirgends die Beschneidung von Kindern, sondern höchstens die von einwilligungsfähigen Erwachsenen, und das auch nur in Seuchengebieten.

    Die Beschneidung ist in Europa so sinnlos, wie eine Malaria-Impfung, die für Afrika auch empfohlen wird.

  358. #358 roel
    10. September 2012

    Ja klar die USA, China etc verhängen noch Todesstrafen. Die UNICEF, WHO und UNAIDS sind Organisationen der UNO. Die UNO ist für die Abschaffung der Todesstrafe. Ich schliesse mich der UNO an.

  359. #359 Schmidts Katze
    10. September 2012

    Was vielleicht sinnvoll wäre:
    Wer nach Afrika reist, oder z.B. nachThailand, und dort beabsichtigt, Geschlechtsverkehr mit Einheimischen zu haben, der sollte sich prophylaktisch beschneiden lassen.

  360. #360 Christian Reinboth
    10. September 2012

    Da hier die Frage aufkam, ob ich Kommentare lösche (und das auch noch ohne jeden Hinweis auf entsprechende Löschungen): Nein, natürlich mache ich das nicht. Die fehlenden Kommentare gingen bei unserem Umzug von MovableType auf WordPress verloren und werden (hoffentlich) bald wieder sichtbar sein – zumindest wird daran derzeit intensiv gearbeitet (das Problem betrifft offenbar alle Blogs hier auf ScienceBlogs.de)….

  361. #361 roel
    *****
    10. September 2012

    @Schmidts Katze Ich hatte das Dokument ja schon verlinkt. Auf der Empfehlung ist das Logo der WHO. Wenn diese dem Inhalt (also der Empfehlung der Beschneidung auch von Säuglingen) nicht zustimmen würde, wäre das Logo da nicht drauf.

  362. #362 Schmidts Katze
    10. September 2012

    “Ich schliesse mich der UNO an.”
    Und wo empfiehlt die UNO die Beschneidung von Babies in Europa?

  363. #363 roel
    10. September 2012

    @Schmidts Katze wie oft soll ich es verlinken? Wir hatten schon darüber diskutiert.

  364. #364 Schmidts Katze
    10. September 2012

    @ roel 3:38 pm
    Ich habe das in Schmidts Katze 3:18 pm erklärt.
    In bestimmten Ausnahmesituationen unterstützt die WHO auch die Position der UNAIDS.
    Es geht um den Umgang mit Dingen, die eh passieren, und deren Ablehnung die Zusammenarbeit mit Einheimischen abbrechen würde.

    Trotzdem hat die WHO selbst nie die Beschneidung von nicht Einwilligungsfähigen befürwortrt.

  365. #365 roel
    10. September 2012

    @Schmidts Katze Europa übersehen. Siehe meine Argumentation zuvor.

  366. #366 roel
    10. September 2012

    @Schmidts Katze “Es geht um den Umgang mit Dingen, die eh passieren, und deren Ablehnung die Zusammenarbeit mit Einheimischen abbrechen würde.” Nein, es gibt Volksstämme, wo die Beschneidung nicht durchgeführt wurde und diese jetzt ganz offensiv propagiert wird.

  367. #367 Schmidts Katze
    10. September 2012

    “Nein, es gibt Volksstämme, wo die Beschneidung nicht durchgeführt wurde und diese jetzt ganz offensiv propagiert wird.”

    Von der WHO oder von UNAIDS?
    Bei Kindern oder Erwachsenen?
    In Europa oder Afrika?

  368. #368 Adent
    10. September 2012

    @Roel
    Du weichst aus, erst sagst du wie kann aus einer Empfehlung der WHO ein Verbot werden (was ich nie behauptete habe) und wenn ich antworte in einem anderen Land gibt es auch andere Gesetze dann weichst du wieder auf Empfehlungen aus, denen du dich anschließt, das ist nicht das Thema, ziemlich durchsichtige Ablenkung mangels Argumenten.

  369. #369 roel
    *****
    10. September 2012

    @Schmidts Katze Afrika, incl. Säuglinge. UNAIDS (incl. WHO)

    @Adent Ich schließe mich der Meinung der UNO und ihren Organisationen an. Da lenke ich nicht ab und weiche nicht aus. UNAIDS (incl. UNESCO und WHO) ist eine Organisation der UNO und empfielt in Afrika Beschneidung. Die UNO selber ist gegen die Todesstrafe.

  370. #370 Schmidts Katze
    10. September 2012

    Physiker
    September 1, 12:29 pm
    “Wenn so gut wie kein Erwachsener mehr eine sinnvolle medizinische Massnahme freiwillig wählt, dann ist es doch sinnvoll wenn sie in der Kindheit gemacht wird.”

    Nochmal zur Erinnerung, es geht um unsere Freiheit.
    Wenn sie wissen, daß wir das nicht wollen, dann machen sie es eben, wenn wir noch Kinder sind.

  371. #371 Schmidts Katze
    10. September 2012

    @ roel,
    “Nein, es gibt Volksstämme, wo die Beschneidung nicht durchgeführt wurde und diese jetzt ganz offensiv propagiert wird.”
    Nenne bitte die Namen dieser Stämme, verlinke WHO-Programme, die sich auf diese Stämme beziehen, und erkläre, wie die Situation dieser Stämme auf Europa übertragbar ist.

  372. #372 roel
    10. September 2012

    @Schmidts Katze z.B. https://www.nordbayern.de/ressorts/schlagzeilenseite/beschneidung-als-wunderwaffe-zur-hiv-pravention-1.2227189
    “wie die Situation dieser Stämme auf Europa übertragbar ist” Wie oft brauchst du hierzu meine Meinung. Sie ist nach wie vor unverändert und auch hier im Blog nachzulesen.

  373. #373 Schmidts Katze
    10. September 2012

    Aus deinem Link, roel:
    “Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), UNAIDS und PEPFAR empfehlen die freiwillige Beschneidung von Männern in Afrika südlich der Sahara. Weil die Prozedur besonders das Risiko einer Übertragung von Mann zu Frau und umgekehrt senken kann, die in Afrika immer noch vorherrscht. Und weil sie günstig ist: Die Kosten liegen der WHO zufolge unter 100 Dollar (rund 80 Euro). Gemeinsam wollen Hilfsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen erreichen, dass bis 2015 rund 80 Prozent der Männer und neugeborenen männlichen Babys in 14 afrikanischen Ländern – darunter Sambia, Simbabwe, Malawi und Südafrika – beschneiden lassen. ”

    Wo befürwortet da die WHO oder UNAIDS die Beschneidung von Kindern?

    Und inwiefern ist das auf Europa übertragbar?

  374. #374 Schmidts Katze
    10. September 2012

    roel 3:38 pm
    “@Schmidts Katze Ich hatte das Dokument ja schon verlinkt. Auf der Empfehlung ist das Logo der WHO. Wenn diese dem Inhalt (also der Empfehlung der Beschneidung auch von Säuglingen) nicht zustimmen würde, wäre das Logo da nicht drauf.”

    Kannst du den Link bitte nochmal posten?

  375. #375 roel
    *****
    10. September 2012

    @Schmidts Katze

    aus https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2012/07/13/beschneidung-was-durfen-religionen/

    August 15, 10:51 pm

    @Schmidts Katze Ich hatte daraufhin unter anderem diesen Link gepostet: https://data.unaids.org/pub/Manual/2007/070613_humanrightsethicallegalguidance_en.pdf

    Daraus: “Since neonate circumcision is a less complicated and risky procedure than circumcision performed in young boys, adolescents or adults, such countries should consider how to promote neonate circumcision in a safe, culturally acceptable
    and sustainable manner.”

    Ich hatte das Logo ein kleinwenig anders in Erinnerung, aber es ist das UNAIDS LOGO incl. Aufzählung der zugehörigen Organisationen.

  376. #376 Stefan W.
    10. September 2012

    @roel:

    Ich schließe mich der Meinung der UNO und ihren Organisationen an. Da lenke ich nicht ab und weiche nicht aus. UNAIDS (incl. UNESCO und WHO) ist eine Organisation der UNO und empfielt in Afrika Beschneidung. Die UNO selber ist gegen die Todesstrafe.

    Manchen Leuten wünscht man echt die Erfindung eines GPS für Argumentationen, zusammen mit einer Navigationssoftware die erklärt, wo es jetzt weitergeht.

    Wir haben dt. Kinderärzte die die Beschneidung ablehnen, insbesondere von Kindern, zumal hier bei uns AIDS nicht derart epidemisch ist, und Kondome jederzeit verfügbar, sowie fließendes Wasser.

    Also sucht man sich eine Organisation die in einem Land, in dem AIDS epidemisch ist, und Kondome Luxus, Beschneidungen empfiehlt, um damit religiöse Beschneidungen zu legitimieren, so als ginge es darum, dass wir zusammen einen Trick finden, mit dem wir und die Juden und Moslems den Gesetzgeber und die Justiz reinlegen!

    Erinnert mich an den Radio-Eriwan-Witz mit Genosse Gagarin:

    Frage an Radio Eriwan: “Stimmt es, dass Genosse Weltraumfahrer Gagarin in der staatlichen Lotterie ein Automobil gewonnen hat?”

    Antwort Radio Eriwan: “Im Prinzip ja, aber es war nicht Genosse Weltraumfahrer Gagarin, sondern Genosse Planierraupenfahrer Gagowitchev, Es war auch nicht die staatliche Lotterie sondern die Dorftombola, und es war kein Automobil, das er gewonnen hat, sondern ein Fahrrad, das ihm gestohlen wurde.”

  377. #377 Physiker
    11. September 2012

    @Christian:
    Ein Kommentar von mir hängt im Spamfilter!
    Danke!

  378. #378 roel
    *****
    11. September 2012

    @Stefan W “Also sucht man sich eine Organisation die in einem Land, in dem AIDS epidemisch ist, und Kondome Luxus, Beschneidungen empfiehlt, um damit religiöse Beschneidungen zu legitimieren, so als ginge es darum, dass wir zusammen einen Trick finden, mit dem wir und die Juden und Moslems den Gesetzgeber und die Justiz reinlegen!”

    Ach so ist das, ich suche nach der Lücke für die religiöse Beschneidung. Da muss ich dich leider enttäuschen. Die religiöse Beschneidung beinhaltet teils Riten, die gesundheitlich und hygienisch nicht akzeptabel sind. Wenn überhaupt religiöse Beschneidung, dann nur eine reglementierte möglichst eine medizinische. Ich kann nicht den einen etwas aus Gesundheitsgründen empfehlen was ich den anderen aus Gesundheitsgründen gesetzlich verbieten will, egal ob es aus religiösen oder anderen Gründen durchgeführt wird.

    “Wir haben dt. Kinderärzte die die Beschneidung ablehnen, insbesondere von Kindern, zumal hier bei uns AIDS nicht derart epidemisch ist, und Kondome jederzeit verfügbar, sowie fließendes Wasser.”

    Natürlich gibt es Kinderärzte die Beschneidung ablehnen und es gibt welche, die sie nicht ablehnen. Auf dieser Ebene wird doch auch diskutiert, das zeigt, dass es nicht ganz so einfach ist, wie immer dargestellt.

  379. #379 Adent
    11. September 2012

    @Stefan W
    Es zeigt sich immer wieder, daß es wirklich schwierig ist einen Pudding (aka roel) an die Wand zu nageln, er glitscht immer wieder runter….

  380. #380 roel
    11. September 2012

    @Adent Nein, es zeigt nur, dass eure Argumente nicht ausreichend sind.

  381. #381 Adent
    11. September 2012

    @roel
    Genau, du sagst es, wie soll man auch mit einem Pudding argumentieren?

  382. #382 roel
    *****
    11. September 2012

    @Adent Erst weiche ich angeblich aus und dann sind es durchsichtige Ablenkungsmanöver die ich angeblich fahre, jetzt kannst du den Pudding nicht an die Wand nageln. Kleiner Tip alles von dem ist es nicht, ich orientiere mich nur an den Empfehlungen und Meinungen von UNAIDS und anderen Organisationen der UN.

  383. #383 Adent
    11. September 2012

    @Roel
    Vor lauter hin- und hergeroele ist mir inzwischen dein (nicht vorhandener?) Standpunkt abhanden gekommen. Kannst du uns noch mal aufklären ob und warum genau du die Beschneidung von Säuglingen und Kleinkindern befürwortest, also die Körperverletzung genaugenommen. Äh außer mit der Begründung, weil es UNAIDS sagt, es ist doch hoffentlich auch dir klar, daß AIDS hier nicht das Thema ist, welches Kleinkinder betrifft (in Deutschland).

  384. #384 Adent
    11. September 2012

    @roel
    Ach und vielleicht etwas klarer als oben, wo Stefan W dir schon ein GPS für Argumentation andrehen wollte (gute Idee übrigens).

  385. #385 roel
    *****
    11. September 2012

    @Adent Guck mal, ich habe meinen Standpunkt oben dargelegt. Ich habe auf Wunsch von Schmidts Katze nochmals Dokumente verlinkt, die ich bereits an anderer Stelle an Schmidts Katze adressiert hatte. Ich habe auf deine Fragen geantwortet. Eigentlich auf alle Fragen. Wo ist euer Problem, dass ihr immer wieder hinterherfragt? Ich denke ich habe bisher nur nicht die bestimmte Antwort gegeben, die du gerne hören möchtest.

    “Äh außer mit der Begründung, weil es UNAIDS sagt, es ist doch hoffentlich auch dir klar, daß AIDS hier nicht das Thema ist, welches Kleinkinder betrifft (in Deutschland).”

    Die Ansteckung über die Sexualorgane mit Aids ist auch nicht Thema in Afrika.

  386. #386 roel
    *****
    11. September 2012

    @Adent natürlich bei Kleinkindern.

  387. #387 Schmidts Katze
    11. September 2012

    @ roel

    Ich habe dich September 10, 6:15 pm gebeten, einen Link nochmal zu posten, seitdem kann ich keinen Link von dir finden. (vielleicht muss der Post erst freigeschaltet werden)

    Das Problem bei deinen Links ist, daß sie für die Debatte in Deutschland völlig belanglos sind, sie behandeln entweder die Beschneidung Erwachsener in Seuchengebieten, oder den Umgang mit Gesellschaften, in denen die Beschneidung von Kindern üblich ist.

    Zu deiner Diskussionskultur nochmal Zitate bei Joseph Kuhn, die Datumsangaben sind leider verloren:

    roel January 1, 1970, 12:00 am
    “@Schmidts Katze “Und du weisst ganz genau, daß die WHO die Beschneidung nur für Erwachsene empfiehlt, anders gesagt, du lügst.”

    Ich weiß genau, dass die WHO auch die rituale Beschneidung von Kindern und Jugendlichen mit in den Kampf gegen Aids mi einbezieht. Siehe https://whqlibdoc.who.int/publications/2009/9789241598910_eng.pdf Anders gesagt, du unterstellst mir, dass ich lüge und hättest es doch besser wissen können. ”

    Schmidts Katze January 1, 1970, 12:00 am
    ““Anders gesagt, du unterstellst mir, dass ich lüge und hättest es doch besser wissen können. ”

    Hier die Empfehlung der WHO zur freiwilligen Beschneidung:
    https://www.who.int/hiv/topics/malecircumcision/pressrelease_dec11.pdf

    Es ist eine Unverschämtheit und ganz miese Troll-Manier von dir, hier einen 48-seitigen Bericht der WHO zu verlinken, in dem überhaupt keine Empfehlung zum Thema abgegeben wird, sondern der den Status Quo in Afrika beschreibt und Wege zur Zusammenarbeit mit den dortigen Strukturen sucht.”

    Seitdem halte ich Links von dir für ziemlich belanglos, und das, was du gestern verlinkt hast, bestätigt diese Einschätzung.

  388. #388 Adent
    11. September 2012

    @roel
    Ach seufz, wie ein glitschiger Aal. Also auch AIDS ist nicht das Thema in Afrika, was denn dann, Harnwegsinfektionen? Mann du machst dich langsam lächerlich. Das Thema der Studien in Afrika ist Prävention von AIDS durch Beschneidung im frühkindlichen Stadium, wenn du was anderes behauptest lügst du. Dies habe ich angesprochen, weil es NICHT Thema in Europa ist. Da sagst du zu, das ist auch nicht Thema in Afrika, HALLLLOOOOO rede ich mit einem Schizophrenen? Du mußt mal lesen was du so postest.
    Weiterhin hast du nicht einmal klar gesagt wofür du stehst (außer diffuses ich folge dem UNAIDS Empfehlungen).
    Jo, ich folge den Demokratie- und Verfassungsempfehlungen sag ich dazu. Weißt du nun was ich mit Pudding meine?
    Also jetzt Klartext:
    1. Warum sollten hier in Deutschland (meinetwegen Europa) Säuglinge präventiv beschnitten werden?
    2. Welche medizinische Indikation spricht dafür präventiv in Europa zu beschneiden in Gegenrechnung zum Risiko oder bist du dagegen präventiv zu beschneiden?
    3. Hat die Religion dazu irgendeinen relevanten Beitrag zu leisten?
    Na, kannst du das beantworten ohne wieder auszuweichen wie schon Xmal?

  389. #389 roel
    *****
    11. September 2012

    @Adent das ist jetzt wie ein deja vu.

    Also erst sagst du:
    “…daß AIDS hier nicht das Thema ist, welches Kleinkinder betrifft (in Deutschland).”
    Ich antworte:
    “Die Ansteckung über die Sexualorgane mit Aids ist auch nicht Thema in Afrika.” und ergänze “bei Kleinkindern.”
    Du generalisierst plötzlich: “Also auch AIDS ist nicht das Thema in Afrika, was denn dann, Harnwegsinfektionen?”

    Natürlich ist AIDS das Thema in Afrika. Deine erste Äusserung bezieht sich auf Kleinkinder, meine Antwort auch, dein Angriff daraufhin nicht mehr, was soll das?

    “1. Warum sollten hier in Deutschland (meinetwegen Europa) Säuglinge präventiv beschnitten werden?” Warum? Wer fordert das? ich nicht!

    Meine Frage hierzu: Warum soll die Beschneidung von Säuglingen in Deutschland verboten werden, wenn sie gleichzeitig wo anders empfohlen wird?

    “2. Welche medizinische Indikation spricht dafür präventiv in Europa zu beschneiden in Gegenrechnung zum Risiko oder bist du dagegen präventiv zu beschneiden?”

    Zur Indikation siehe Physikers Ausführungen. Ich denke eine Beschneidung sollte jeder selbst oder die Erziehungsberechtigten entscheiden können. Die Art und Weise der Beschneidung muss aber klar gesetzlich geregelt werden.

    “3. Hat die Religion dazu irgendeinen relevanten Beitrag zu leisten?” Em, wozu?

  390. #390 Adent
    11. September 2012

    @roel
    Uff, ich rolle es auch nochmal auf.
    Also ich meinte es so, die Studien (was man davon halten mag oder nicht) in Afrika ergaben, daß weniger AIDS Ansteckungsgefahr (über Hetero-Sex bei “Erwachsenen”) nach der Beschneidung besteht, daraufhin empfiehlt UNAIDS die präventive Beschneidung von Kleinkindern, damit sie später kein AIDS (u.a.) bekommen.
    DAS kann man nicht auf Europa übertragen (aus oben genannten Gründen) und deshalb ist es nicht Thema der Debatte hier u.a. weil a) die Ansteckungsgefahr beim Sex sehr gut durch Kondome verhindert werden kann und b) der Hauptweg der AIDS-Übertragung hier Homosexuelle Kontakte sind.
    Zu deiner Frage die Beschneidung von Säuglingen muß hier nicht verboten werden, sie IST verboten, da sie eine Körperverletzung ist und nur durch die Eltern kann dieses Verbot umgangen werden. Hierfür sollte im Einzelfall eine medizinische Indikation vorliegen, die klar zeigt, daß das Wohl des Kindes durch die Beschneidung größer wird als ohne. Und dies ist meines Erachtens nirgendwo gezeigt, daraus schließen wir messerscharf, man wartet bis das Kind selbst entscheiden darf ob es beschnitten werden will. Also stimme ich deinem Zusatz “oder Erziehungsberechtigten” mitnichten zu.
    Die Frage zur Religion lautete, hat die Religionszugehörigkeit irgendeinen Einfluß auf die Entscheidung beschneiden oder nicht bevor das Kind dazu einwilligen kann?
    Ist es jetzt klarer?

  391. #391 roel
    *****
    11. September 2012

    @Adent “DAS kann man nicht auf Europa übertragen (aus oben genannten Gründen)” Ja klar das ist nicht 1 zu 1 übertragbar. Aber 20% der AIDS-Ansteckungen erfolgen in Deutschland durch Hetero-Sex, 13% benutzen kein kondom beim ersten Geschlechtsverkehr mit neuer/m Partner/in. Und Auszug aus https://de.wikipedia.org/wiki/Aids#Deutschland : “Es gibt Befürchtungen, dass die Infektionsrate ansteigt, da zum einen die Aufklärungswelle der 1990er Jahre verebbt sei und sich zum anderen gerade bei Jugendlichen eine erstaunliche Unkenntnis in Bezug auf die Infektionswege und Infektionsrisiken, insbesondere bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr, zeigt. So behauptet erschreckenderweise jeder fünfte Jugendliche, dass man einem HIV-Positiven „die Krankheit ansehen könne“. Hinzu kommt eine Verharmlosung und gelegentliche Faszination von Gefahren, die bei manchen Heranwachsenden, aber insbesondere auch bei Erwachsenen zu bewusst risikoreicherem Verhalten (Barebacking und sogenanntes Bugchasing bzw. Pozzen) führt.

    Grund zur Besorgnis gibt weiterhin der kontinuierliche Anstieg von anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. Nicht nur, dass sich damit das Risiko einer HIV-Infektion erhöht, es zeigt auch, dass die Akzeptanz von Kondomen rückläufig ist und die Präventionsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte offensichtlich an Wirkung verlieren.”
    ———————————————————————————-

    “Zu deiner Frage die Beschneidung von Säuglingen muß hier nicht verboten werden, sie IST verboten,…”

    Nochmal aus wikipedia diesmal aus https://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision#Deutschland : “In Deutschland existiert zur Beschneidung minderjähriger Jungen keine spezielle gesetzliche Regelung” Genau diese Regelung wird zur Zeit gesucht.

    Bei der Gelegenheit, sehe ich gerade: “Die ‘Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V.’ (DAKJ) sprach sich am 25. Juli 2012 gegen eine Beschneidung von Minderjährigen aus religiösen und rituellen Gründen aus.[208] Gleiches tat die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH).[209]” Also scheint tatsächlich die Mehrzahl der Kinder- und Jugendärzte gegen Beschneidung zu sein. Ich überprüfe nachher mal die anderen Quellen.
    ———————————————————————————-

    “Die Frage zur Religion lautete, hat die Religionszugehörigkeit irgendeinen Einfluß auf die Entscheidung beschneiden oder nicht bevor das Kind dazu einwilligen kann?”

    Ja das ist so, in Deutschland werden die meisten Beschneidungen aus religiösen Gründen durchgeführt. Das ändert aber nichts an evtl. positiven oder negativen Auswirkungen der Beschneidung, wenn denn die Hygiene beachtet wird (davon bin ich nicht überzeugt).

  392. #392 Physiker
    11. September 2012

    Zu den Todesfällen:
    @Adent:

    Generell, wie kommt es, daß sie vorwerfen es werde in den Links nur Contra-Beschneidung zitiert, in dem Metareview von Morris die Beschneidung aber so hervorragend ab”schneidet”, sieht man dort vielleicht eine Art Pro circumcison bias veröffentlicht?

    Das kann man doch leicht mit einer Literatursuche überprüfen. Abgesehen davon ist das keine wissenschaftliche Argumentationsweise. In absolut jedem wissenschaftlichem Fachgebiet werden Sie Einzelpublikationen finden, die der Konsensmeinung widersprechen. Anstatt unbequemen Meinungen einen “bias” vorzuwerfen, gilt es doch sich einen Überblick über die Gesamtliteratur mit Hilfe von Reviews zu bilden. In den beschneidungsbefürwortenden Reviews wird die beschneidungskritische Literatur so gut wie vollständig zitiert und diskutiert. Die Stellungnahme der KNMG zitiert abgesehen von den angeblich nicht übertragbaren Studienergebnissen von HIV in Afrika, keine einzige Quelle, die für die Hinweise “dass die Zirkumzision Schutz gegen Beschwerden wie HPV-Infektionen, Harnwegsinfektionen und Peniskrebs bietet.” Anstatt, dies ausführlich zu diskutieren, umgeht die KNMG die Diskussion einfach mit einem lapidaren “Auch diese Studien sind jedoch umstritten”. Nachdem der Hauptvorteil der Beschneidung aber gerade in diesen und weiteren nicht diskutierten Krankheiten gesehen wird, handelt es sich eindeutig um Cherry-Picking.

    Ansonsten empfehle ich ihnen noch auf der oben genannten Seite die Argumente FÜR Beschneidungen in denen zahlreiche peer reviewed Studien, die auch in ihr geliebtes Morris Review eingingen Punkt für Punkt als mangelhaft, biased oder unbrauchbar entlarvt werden.

    Hierbei handelt es sich um nichts anderes als um die Laienmeinung eines Dipl.-Ing., die weder peer-reviewed ist, und auch sonst alle formalen Kriterien einer unwissenschaftlichen Schmähschrift erfüllt. Wenn die dortigen Ansichten fundiert wären, warum gibt es dann keine peer-reviewte Literatur, die diese Argumente zusammenfasst, abgesehen von den oben vorgestellten abstrusen Vorstellungen von van Howe?

    Zu Circleaks, gehen sie doch einfach auf die Seite und schauen selber nach was dort über Brian J. Morris und Kollegen steht.

    Um mich zu informieren bevorzuge ich Fachliteratur gegenüber Rufmordkampagnen.

    Zur Todesfallzahl, zum einen stammt die Zahl aus der Stellungnahme der holländischen Ärzteschaft

    Ich habe diese Zahl zurückverfolgt über die Stellungnahme der AAFP 1997 – sie geht zurück auf folgende Publikation:
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7176044
    Auf diese Publikation von King gibt es leider keinen Online-Zugriff, sie wird aber in diesem Review (A. J. Krill et al., Complications of Circumcision, The Cientific Word Journal 11, 2458 (2011) ) zitiert:

    King reported a period when 500,000 consecutive circumcisions were performed in New York city without a single fatality [17].

    Es handelt sich also um eine Obergrenze. Damit ist die von Ihnen zitierte Angabe grob verfälschend. Die zugrundeliegende Publikation hat nämlich gerade eben von keinem Todesfall berichtet.

    in dieser Studie kam es zu 25 Todesfällen in 2 Jahren, in Südafrika […].

    Sie messen mit zweierlei Mass. Auf der einen Seite akzeptieren Sie keine Belege von Studien aus Afrika, die für eine Beschneidung sprechen und auf der anderen Seite argumenteren Sie selbst mit Studien aus Afrika – und das obwohl es Studien zu diesem Thema aus Industrieländern gibt (siehe die obige Studie von King).

  393. #393 Physiker
    11. September 2012

    @michaela: September 10, 11:32 am

    Außerdem ist die Liste der Menschen, von denen bekannt ist, dass sie an der Beschneidung gestorben sind, auf der genannten Seite auch schon länger (ich hab 52 gezählt) und es sind auch nicht nur Kinder darunter.

    Die Impfgegner führen auch solche Listen und argumentieren mit abstrusen Schätzungen:
    https://www.impfkritik.de/todesfaelle/
    Ich halte beides für unseriös. Die Zahl zu den angeblichen Todesfällen pro Jahr in den USA konnte ich bis zur Originalstudie zurückverfolgen – in dieser Studie wurde aber von keinem einzigen Todesfall unter 500000 Beschneidungen berichtet. Damit wurde diese Studie falsch zitiert.

  394. #394 Physiker
    11. September 2012

    @Schmidts Katze (September 10, 4:48 pm):

    Nochmal zur Erinnerung, es geht um unsere Freiheit.

    Es geht um die Freiheit der Eltern. Kinder, die noch nicht einwilligungsfähig sind, können nicht einwilligen und haben deshalb auch keine Entscheidungsfreiheit über medizinische Eingriffe die zu ihrem Wohl beitragen. Bitte nochmal den Artikel lesen.

  395. #395 Physiker
    11. September 2012

    Stefan W. (September 10, 10:03 pm):

    Wir haben dt. Kinderärzte die die Beschneidung ablehnen, insbesondere von Kindern, zumal hier bei uns AIDS nicht derart epidemisch ist, und Kondome jederzeit verfügbar, sowie fließendes Wasser.

    Das Robert Koch Institut listet die Zahl der HIV-Neuinfektionen pro Jahr aufgeschlüsselt nach Übertragungsweg für Deutschland auf. Was spricht dagegen, diese Daten herzunehmen und mit der unbestrittenen Risikoverminderung durch Beschneidung von ca. 60-70% zu verrechnen? Das ergäbe grössenordnungsmässig pro Jahr 400 vermiedene HIV-Neuinfektionen. FSME-Fälle gibt es in Deutschland auch nicht wesentlich mehr und trotzdem wird eine FSME-Impfung (ebenfalls eine Körperverletzung) nicht von Gerichten verboten.

  396. #396 Physiker
    11. September 2012

    @Adent (1:05 pm):

    Zu deiner Frage die Beschneidung von Säuglingen muß hier nicht verboten werden, sie IST verboten, da sie eine Körperverletzung ist und nur durch die Eltern kann dieses Verbot umgangen werden.

    Nur zur Erinnerung: Haareschneiden ist auch eine Körperverletzung (siehe Artikel). Deshalb ist Ihre Begründung (und die des Kölner Gerichts/der Medien) nicht schlüssig.

  397. #397 Schmidts Katze
    11. September 2012

    “Es geht um die Freiheit der Eltern. Kinder, die noch nicht einwilligungsfähig sind, können nicht einwilligen und haben deshalb auch keine Entscheidungsfreiheit über medizinische Eingriffe ”
    Das ist natürlich Quatsch.
    Das Recht der Eltern ist kein eigenständiges Recht, zu tun und zu lassen, was sie wollen, sondern die Pflicht, Entscheidungen im Sinne des dazu nicht fähigen Kindes zu trreffen.
    Deshalb ist es ein Missbrauch dieses Rechts, Entscheidungen zu treffen, die das Kind so nicht getroffen hätte.

  398. #398 roel
    *****
    11. September 2012

    @Schmidts Katze “Deshalb ist es ein Missbrauch dieses Rechts, Entscheidungen zu treffen, die das Kind so nicht getroffen hätte.”

    Was meinst du, wie viele Entscheidungen treffen Eltern (oder Erziehungsberechtigte), die das Kind so nicht getroffen hätte?

  399. #399 Schmidts Katze
    11. September 2012

    Das weiss ich nicht, das ist auch vollkommen egal.
    Wenn sie es tun, ist es Rechtsmissbrauch.

  400. #400 roel
    *****
    11. September 2012

    @Schmidts Katze “Das weiss ich nicht, das ist auch vollkommen egal.
    Wenn sie es tun, ist es Rechtsmissbrauch.”

    Zeitpunkt der Geburt,
    Familiäres Umfeld,
    Namenswahl,
    Gesundheitsvorsorge,
    Soziales Umfeld,
    Bekleidungswahl,
    Arztwahl,
    Erziehungsstil,
    Kindergartenwahl,
    Schulwahl …
    fast beliebig fortsetzbar.

    Nur um mal ein paar Entscheidungen aufzulisten, die du als Rechtsmissbrauch bezeichnen müsstest.

  401. #401 Adent
    11. September 2012

    @Physiker
    Ihr Beispiel mit der FSME Impfung ist in etwa so daneben wie die weibliche Beschneidung mit der Vorhautbeschneidung zu vergleichen, wollen sie dies ernsthaft? Ich sehe schon ihnen gehen die Argumente aus, sie verbinden etwas zu oft ein Thema wie Impfung (Impfgegner argumentieren etc.), jede Impfung ist vergleichbar mit der Beschneidung etc. mit dem eigentlichen Thema und schaffen immer neue Strohmänner.
    Natürlich können Sie (oder Roel) jetzt ankommen und Imfpungen oder gar Haare schneiden mit der Beschneidung vergleichen, sind ja alles Körperverletzungen, wie zynisch und in meinen Augen pervers das klingt sollte ihnen aber bewußt sein, ansonsten können wir die DIskussion hier auch abbrechen mit eiskalten Zynikern möchte ich nicht diskutieren, haben sie das verstanden Herr Physiker.
    Achso auf diverse andere Fragen haben sie auch noch nicht geantwortet, da machen sie lieber ein neues Faß auf oder?

  402. #402 Schmidts Katze
    11. September 2012

    @ roel
    abgesehen davon, daß die meisten deiner Beispiele völlig lächerlich sind, welche Entscheidung ist wie die Beschneidung bis zur Volljährigkeit des Betroffennen aufschiebbar?

  403. #403 roel
    *****
    11. September 2012

    @Schmidts Katze Aha, jetzt kommt die Einschränkung in Form der Aufschiebbarkeit bis zur Volljährigkeit. Warum bis zur Volljährigkeit und nicht bis zur Religionsmündigkeit? Ab da können Kinder sich auch selber gegen oder für eine Beschneidung, entscheiden, vorausgesetzt die Entscheidung dafür wurde Ihnen nicht abgenommen. Also wäre dies der richtige Zeitpunkt.

    Entscheidungen, die durch die Eltern bereits gefällt worden sind und durch das Kind mit 18 auch noch gefällt hätten werden können sind z.B. ggf.

    Berufswahl
    Studienwahl
    Vereinszugehörigkeit
    Parteienzugehörigkeit

    Alle Entscheidungen, die Eltern für ihre Kinder treffen haben Folgen. Warum schaust du auf Aufschiebbarkeit, wenn man auch die Auswirkungen beurteilen könnte. Denn auf die kommt es doch an.

    Ach ja zum “völlig lächerlich” u.a. darum ging es mir. Deine Aussage war: Wenn Eltern Entscheidungen treffen, ” ist es Rechtsmissbrauch.”

  404. #404 Schmidts Katze
    11. September 2012

    “Deine Aussage war: Wenn Eltern Entscheidungen treffen, ” ist es Rechtsmissbrauch.””
    Nein, das war nicht meine Aussage, und ich wiederhole meinen Vorwurf:
    Du bist ein Lügner.

  405. #405 roel
    *****
    11. September 2012

    @Schmidts Katze Ich habe gefragt:
    “Was meinst du, wie viele Entscheidungen treffen Eltern (oder Erziehungsberechtigte), die das Kind so nicht getroffen hätte?”

    “Das weiss ich nicht, das ist auch vollkommen egal.
    Wenn sie es tun, ist es Rechtsmissbrauch.”

    Tschuldigung, ich habe die Einschränkung vergessen: Entscheidungen, die das Kind so nicht getroffen hätte. Und das sind die meisten, denn dem Kind fehlt die nötige Erfahrung, der Überblick und teilweise die Einschätzfähigkeit der Konsequenzen.

  406. #406 Schmidts Katze
    11. September 2012

    Was ich mit Zufriedenheit registriere, ich habe dich einen Lügner genannt, und mir hat niemand widersprochen.

  407. #407 Physiker
    12. September 2012

    @Adent (September 11, 2012):

    Ihr Beispiel mit der FSME Impfung ist in etwa so daneben wie […]Weshalb?
    Die Vergleichbarkeit kann man wortwörtlich sogar in der Fachliteratur nachlesen “The ethics of infant MC and childhood vaccination are comparable.” (siehe oben). Private Webseiten oder Youtube-Videoclips sind keine gleichwertigen Quellen.

    […] mit eiskalten Zynikern möchte ich nicht diskutieren

    Das ist die Standard-Ausrede um sich um jegliche Abwägungen zu drücken: Sie nehmen das Ergebnis der Abwägung bereits vorweg, d.h. Sie gehen (ohne seriöse Belege) davon aus, dass die Nachteile der Beschneidung überwiegen, und bezeichnen dann alle die bei der Diskussion einen Schritt früher ansetzen als Zyniker. Das ist keine wissenschaftliche Argumentationsweise.

  408. #408 Adent
    12. September 2012

    @Physiker
    Ja, wie ich es mir dachte, ihr Horizont hat ungefähr den Radius 0, das nennen sie dann ihren Standpunkt, danke für das Gespräch. So wie sie sich weigern bei CC weiterzudiskutieren beende ich hiermit die Diskussion mit Ihnen, grüßen Sie ihren Freund Brian J. Morris.

  409. #409 roel
    *****
    12. September 2012

    @Schmidts Katze Es war keine Lüge und ich hatte bereits erklärt, wie der Satz gemeint war.
    Hier mal das Original:
    Meine Frage: Was meinst du, wie viele Entscheidungen treffen Eltern (oder Erziehungsberechtigte), die das Kind so nicht getroffen hätte?
    Deine Antwort: „Das weiss ich nicht, das ist auch vollkommen egal.
    Wenn sie es tun, ist es Rechtsmissbrauch.“
    Du lügst, denn die Eltern fällen die meisten Entscheidungen für ihre Kinder. Und die Namenswahl, die Schulwahl, die Wahl des sozialen Umfeldes etc. sind kein Rechtsmissbrauch der Eltern auch nicht wenn die Kinder all dieses im nachhinein anders entschieden hätten.

    Hier mal eine andere deiner Lügen:
    Zur Empfehlung von UNAIDS zur Beschneidung:
    “Es geht um den Umgang mit Dingen, die eh passieren, und deren Ablehnung die Zusammenarbeit mit Einheimischen abbrechen würde.”
    Das ist eine Lüge, denn es werden auch Männer und Kinder von Stämmen beschnitten, in denen es zuvor keine Beschneidung gab.

    Zu deinem Textverständnis ein Beispiel:
    „Schmidts Katze
    September 10, 2012
    Aus deinem Link, roel:
    “Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), UNAIDS und PEPFAR empfehlen die freiwillige Beschneidung von Männern in Afrika südlich der Sahara. Weil die Prozedur besonders das Risiko einer Übertragung von Mann zu Frau und umgekehrt senken kann, die in Afrika immer noch vorherrscht. Und weil sie günstig ist: Die Kosten liegen der WHO zufolge unter 100 Dollar (rund 80 Euro). Gemeinsam wollen Hilfsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen erreichen, dass bis 2015 rund 80 Prozent der Männer und neugeborenen männlichen Babys in 14 afrikanischen Ländern – darunter Sambia, Simbabwe, Malawi und Südafrika – beschneiden lassen. ”
    Wo befürwortet da die WHO oder UNAIDS die Beschneidung von Kindern?“
    Du fragst allen Ernstes wo befürworten da die WHO und UNAIDS die Beschneidung von Kindern. Da steht doch deutlich „Gemeinsam wollen Hilfsorganisationen“ Die sind oben genannt: „Weltgesundheitsorganisation (WHO), UNAIDS und PEPFAR“ „dass bis 2015 rund 80 Prozent der Männer und neugeborenen männlichen Babys in 14 afrikanischen Ländern … beschneiden lassen.”

    Und hier mal ein Einblick, wie du denkst: “Was ich mit Zufriedenheit registriere, ich habe dich einen Lügner genannt, und mir hat niemand widersprochen.” Das lässt tief blicken. Du beleidigst und bist zufrieden, wenn dir niemand widerspricht. Ich stelle mir mal jugendliche Schläger auf dem Bahnhof vor, die erst ihr Opfer beleidigen und dann zufrieden sind dass keiner einschreitet, die dann das Opfer schlagen und treten und noch mehr zufrieden sind, dass niemand hilft. Wobei das kein Seitenhieb in Richtung andere ist, es lesen zur Zeit anscheinend kaum welche mit und gegen dich und deine Unterstellungen kann ich mich gut alleine wehren.

    PS Ich habe mir mal einige deiner Kommentare genauer angeschaut. Erst streitest du etwas ab. Dann zeige ich dir, dass es doch so ist, und dann übernimmst du es. Da kannst du ja wenigstens einen gewissen Lernerfolg hier verbuchen.

  410. #411 Stefan W.
    12. September 2012

    @roel:

    Ich kann nicht den einen etwas aus Gesundheitsgründen empfehlen was ich den anderen aus Gesundheitsgründen gesetzlich verbieten will, egal ob es aus religiösen oder anderen Gründen durchgeführt wird.

    Doch. Wenn erstens die einen bezahlbaren Zugang zu Kondomen haben, und die anderen nicht, wenn zweitens die einen in einer Gegend groß werden mit enormen AIDS-Raten und die anderen nicht, wenn drittens ich nicht bei der UNAIDS bin, und daher gar keinen Anlass habe den einen irgendwas zu empfehlen, wenn viertens diejenigen, denen ich etwas sage einmal Männer sind, die selbst entscheiden können, ob sie beschnitten werden wollen, und das andere Mal sind es Abgeordnete die entscheiden sollen, ob Eltern die Kinder beschneiden sollen, schon bevor diese geschlechtsreif sind.

    Wieso soll man von all diesen Unterschieden absehen, und allen das gleiche sagen wollen?

    Die Unterschiedliche Situation nicht in Betracht ziehen, das kann nur ein Religionsvertreter ins Auge fassen, der eh nie vorhatte einen Kontext in Betracht zu ziehen.

  411. #412 michaela
    12. September 2012

    Ich verlinke mal das UAIDS Dokument, aus dem ich vorher zitiert hatte. Vielleicht hat ja jemand anders noch den Nerv, es auseinander zu nehmen:

    https://data.unaids.org/pub/Report/2007/mc_recommendations_en.pdf

  412. #413 michaela
    12. September 2012

    Nochmal kurz zur Überschrift:

    Beschneidung was dürfen Ärzte?

    Bestimmte religiöse Gruppen bzw. Leute, die für diese sprechen, haben im TV schon mehrfach angekündigt, dass sie Ärzte dafür nicht brauchen und auch nicht wollen. Die haben ihre eigenen Leute dafür. Und dass sie auch auf evtl. Gesetze pfeifen würden. Was ich davon halten soll, weiß ich wirklich nicht.

    Außerdem: Der Fall, wegen dem das Kölner Beschneidungsurteil überhaupt entstand, war auch ein Mediziner und der hat angeblich nicht mal einen Fehler gemacht bei der Beschneidung. Das Kind ist trotzdem schwer verletzt worden, was aber eine Verschwörung ist, wenn man es auch so sagt.

    Was ich davon halten soll, weiß ich auch nicht.

  413. #414 Stefan W.
    12. September 2012

    @Physiker:

    September 11, 2012
    Das Robert Koch Institut listet die Zahl der HIV-Neuinfektionen pro Jahr aufgeschlüsselt nach Übertragungsweg für Deutschland auf. Was spricht dagegen, diese Daten herzunehmen und mit der unbestrittenen Risikoverminderung durch Beschneidung von ca. 60-70% zu verrechnen? Das ergäbe grössenordnungsmässig pro Jahr 400 vermiedene HIV-Neuinfektionen. FSME-Fälle gibt es in Deutschland auch nicht wesentlich mehr und trotzdem wird eine FSME-Impfung (ebenfalls eine Körperverletzung) nicht von Gerichten verboten.

    400 vermiedene HIV-Infektionen gibt es, wenn wir 500 000 Neugeborene pro Jahr beschneiden?

    Allerdings gibt es die 400 vermiedenen Infektionen erst in 15 oder 20, 30, 40 Jahren und in den ersten 15 Jahren eher 0, oder?

    Man weiß auch nicht, ob nicht in 15 Jahren andere Mittel gegen HIV vorliegen. Ob die beschnittenen Jungs damit einverstanden sind ihr Risiko von 1 Promille an AIDS zu erkranken durch eine Beschneidung zu vermindern für einen guten Deal halten – das kann man Neugeborene schlecht fragen.

    Man könnte natürlich 14 Jahre warten, und dann nochmal fragen. Oder 16 oder 18. Mit 14 ist man zwar Religionsmündig, aber nur bedingt geschäftsfähig. Ein gesundes, funktionierendes Organ zu opfern ist ja keine Entscheidung die man leichtfertig fällten sollte. Solche Operationen werden m.W. nur an Erwachsenen vorgenommen – mit meinen Weisheitszähnen musste ich bis 18 warten.

    Und vom erotischen Standpunkt sind Weisheitszähne weiß Gott 😉 entbehrlich.

    Ist, glaube ich, ein ganz überraschendes Argument mit HIV und Geschlechtsreife und 18 Jahren.

    Aber es kommt noch dicker: Das Risiko an AIDS zu erkranken kann man ganz massiv durch das eigene Verhalten beeinflussen. Da einfach eine Häufigkeit an Fällen zu bemühen, und als Wahrscheinlichkeit zu erkranken zu verkaufen, ist etwa so, als würde man einen Physiker fragen, wie die Verteilung von Photonen hinter einem Doppelspalt ist, und ihm zu verschweigen, dass man einen Spalt zugeklebt hat.

    Ziemlich albern.

    Aber es geht ja ohnehin nur darum, einem Konflikt mit der jüdischen Gemeinde auszuweichen, weil beide Seiten verlernt haben rational mit Konflikten umzugehen. Man hat sich bereits in ein religiöses Verhältnis von Schuld und Opfer verstrickt, leiert seine Sprüche wie Gebete herunter und ergeht sich in rituellen Handlungen.

  414. #415 michaela
    12. September 2012

    @ Christian Reinboth: Zum Thema Ohrläppchen abschneiden und Weisheitszähne. Das sind ernst zu nehmende Argumente.

    –Zähne:

    Auch bei einer Weisheitszahnoperation kann es relativ leicht zur Infektion der Wunde kommen. Bei mir wurde der Zahn übrigens nur entfernt, weil ich ständig Kopfschmerzen hatte. Also medizinische Indikation.
    Und wenn der Arzt die Infektion nicht erkennt und kein Antibiotikum gibt, was passiert dann?

    Richtig, man kann daran sterben. Können Babys dem Arzt sagen, ob sie gerade außergewöhnliche Schmerzen oder gewöhnliche Schmerzen nach ihrer Beschneidung haben, so dass der Arzt weiß, wann er Antibiotika geben muss? Ärzte geben wirklich nicht gern Antibiotika. Und schon stirbt wieder ein Kind und man schreibt: “Infektion” oder “Blutvergiftung” statt “Beschneidung” oder “Genitalverstümmelung”.

    — Ohrläppchen:

    Sowohl bei der männlichen Beschneidung, bei sogenannten milden Formen von fgm und auch bei Schönheitsoperationen an weiblichen Genitalien, bei denen die Schamlippen abgeschnitten werden, wird immer wieder mal damit argumentiert, dass es sich hierbei ja nur um ein Stückchen Haut handelt, also harmlos. Das Stückchen haut braucht man ja angeblich nicht. Wozu braucht man eigentlich Ohrläppchen?

    Es ist eine totale Verharmlosung. Denn all diese Operationen sind zwar sozial und kulturell von einer Lobby erwünscht, aber medizinisch nicht notwendig. Daher bezahlt es auch nicht die Krankenkasse.

  415. #416 Physiker
    13. September 2012

    @Stefan W. (September 12, 2012):

    Allerdings gibt es die 400 vermiedenen Infektionen erst in 15 oder 20, 30, 40 Jahren und in den ersten 15 Jahren eher 0, oder?

    Soviel ich weiss, ist die HIV-Prävalenz in Deutschland nicht rückläufig. Im Gegenteil: Es kommen jährlich ca. 3000 Neuinfektionen dazu – und das trotz zahlreicher Präventionskampagnen. In 15 Jahren wird die Lage also nicht besser aussehen – und einen Impfstoff (der ja auch nur wirkt wenn man ihn rechtzeitig vorher verabreicht) wird es bis dahin wohl auch noch nicht geben, denn alleine die Entwicklungszeit für einen solchen würde schon einen Grossteil der Zeit in Anspruch nehmen. Es gibt also keinen Anlass für übermässigen Optimismus – und Eltern die diese reale Gefahr bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, ist kein Vorwurf zu machen.

  416. #417 Schmidts Katze
    13. September 2012

    @ roel September 12, 2012

    deine Argumentation ist völlig lächerlich, deine Beispiele beziehen sich auf Entscheidungen, die nunmal im Kindesalter getroffen werden müssen, oder möchtest du mir unterstellen, ich forderte, Kindern erst mit 18 einen Namen zu geben, damit sie selbst entsceiden können?
    Zur Wahl des sozialen Umfelds, ich bin sehr erfreut darüber, daß die Eltern das jetzt entscheiden können, ich nehme für meine Kinder den Nachwuchs von Ärzten und Rechtsanwälten als soziales Umfeld.

    “Du lügst, denn die Eltern fällen die meisten Entscheidungen für ihre Kinder. Und die Namenswahl, die Schulwahl, die Wahl des sozialen Umfeldes etc. sind kein Rechtsmissbrauch der Eltern auch nicht wenn die Kinder all dieses im nachhinein anders entschieden hätten. ”

    “Gemeinsam wollen Hilfsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen erreichen, dass bis 2015 rund 80 Prozent der Männer und neugeborenen männlichen Babys in 14 afrikanischen Ländern – darunter Sambia, Simbabwe, Malawi und Südafrika – beschneiden lassen. ”
    Wo befürwortet da die WHO oder UNAIDS die Beschneidung von Kindern?“
    Du fragst allen Ernstes wo befürworten da die WHO und UNAIDS die Beschneidung von Kindern. Da steht doch deutlich „Gemeinsam wollen Hilfsorganisationen“ Die sind oben genannt: „Weltgesundheitsorganisation (WHO), UNAIDS und PEPFAR“

    WHO und UNAIDS sind also Hilfsorganisationen, und sind auch gemeint, wenn oben allgemein von Hilfsorganisationen die Rede ist?
    Wenn du das bitte belegen könntest.

  417. #418 Physiker
    13. September 2012

    @michaela:
    Sie missverstehen den medizinischen Indikationsbegriff (siehe dazu einen früheren Kommentar von mir):
    Auch prophylaktische Massnahmen können indiziert sein (Beispiel: Impfung). “Indiziert” heisst nichts anderes, als dass der Arzt meint, dass die vorgeschlagene Massnahme vorteilhaft für den Patienten ist. In den USA wird die Beschneidung als vorteilhafte Massnahme von den Ärzteverbänden gesehen, ist dort also auch indiziert – in Deutschland überwiegend nicht. Es wird in der Diskussion in Deutschland so gut wie immer davon ausgegangen, dass eine “Indikation” eine objektive Einschätzung ist. Das ist sie aber nicht – und das gilt insbesondere bei der Beschneidungs-Debatte: Hier wird durch einen missverstandenen Fachbegriff Objektivität vorgegaukelt, obwohl nur eine subjektive Einschätzung vorliegt.

  418. #419 Schmidts Katze
    13. September 2012

    @ Physiker,

    selbst wenn die Beschneidung im Kampf gegen HIV nützlich wäre, könnte man damit warten, bis der Betroffene selbst entscheiden kann.
    Es gibt keinen Grund, ihm diese Entscheidung abzunehmen, und über seinen Kopf hinweg zu entscheiden.

  419. #420 Schmidts Katze
    13. September 2012

    @ Physiker September 13, 2012
    Du möchtest einfach eine Verschwörung eines Arztes mit den Eltern gegen ein wehrloses Kind legalisieren.

  420. #421 Physiker
    13. September 2012

    @Schmidts Katze:

    Es gibt keinen Grund, ihm diese Entscheidung abzunehmen, und über seinen Kopf hinweg zu entscheiden.

    Doch. Es gibt, wie ich oben ausführlich diskutiert habe, zugesicherte Grundrechte in unserer Verfassung (die ebenfalls Bestandteil der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind), die den Eltern genau diese Entscheidungshoheit zusprechen wenn dies zum Wohle des Kindes geschieht. Und – ganz wichtig – es gibt kein Menschenrecht oder Gesetz, dass eine Aufschiebung solcher Massnahmen fordert. Und das hat auch sehr gute und einsichtige Gründe. Hier Ausnahmen zu fordern wäre menschenrechtswidrig und hätte äusserst negative Konsequenzen, da sich der Staat dann viel stärker in die Erziehung der Kinder einmischen würde – und das ist nicht wünschenswert (und zwar ganz egal wie gross ihre/meine Abneigung gegen die zur Debatte stehende Praxis ist – womit wir wieder beim einleitenden Voltaire-Zitat wären).

  421. #422 Schmidts Katze
    13. September 2012

    Sinapis
    September 10, 2012

    “Nur weil ich persönlich Beschneidung ablehne bin ich nicht automatisch für ein Verbot.
    Das ist für mich eine entscheidene Einsicht, die ich aus dieser Diskussion mitnehmen kann.”

    Hallo Sinapis, ich habe dein Post gerade erst gesehen.
    Niemand hier ist gegen die Beschneidung; jeder, der sich beschneiden lassen will, sollte das machen lassen.
    Es geht hier eigentlich nur um die Beschneidung von Menschen, die sich nicht wehren können, und die nicht gefragt werden, ob sie damit einverstanden sind.

  422. #423 Schmidts Katze
    13. September 2012

    @ Physiker,
    du ignorierst immer noch, daß das Recht der Eltern nur ein Ersatz für das Recht des Kindes ist, das dieses noch nicht wahrnehmen kann.
    Die Eltern dürfen dieses Recht nicht willkürlich ausnutzen, sondern sind als Vertreter des Kindes verpflichtet, so zu entscheiden, wie dieses, wäre es entscheidungsfähig, entscheiden würde.
    Zu dieser Problematik möchte ich dir nochmal Immanuel Kant nahelegen, den ich hier schon erwähnt habe, auf den du allerdings noch nicht eingegangen bist.

  423. #424 Physiker
    13. September 2012

    @Schmidts Katze (September 13, 2012):

    du ignorierst immer noch, daß das Recht der Eltern nur ein Ersatz für das Recht des Kindes ist, das dieses noch nicht wahrnehmen kann.

    Das ist falsch und ist nicht der Verfassung zu entnehmen. Die Fürsorgepflicht der Eltern ist kein “Ersatz” – sie ist ein eigenständiges Grundrecht, deren Beschneidung mindestens Gründe auf Verfassungsniveau bedarf. Da können Sie in Kant noch so viel hineininterpretieren.

  424. #425 Wolf
    13. September 2012

    Ich glaube Physiker und roel verstehen es nicht:
    Religionsfreiheit bezieht sich auf die Freiheit die Religion selbst zu bestimmen, und zwar dem Staat gegenüber. Niemand anderem sonst. Daraus ableiten zu wollen, dass die Eltern das echt haben die Religion eines Kindes zu bestimmen ist ziemlich abwegig.
    Dann diese ganzen vorgeschobenen pseudomedizinischen Gründe pro Beschneidung: Sorry, die Argumentationen von Physiker und roel sind in meinen Augen allenfalls erbärmlich.

    Lest Euch doch bitte mal dieses durch:
    https://www.bundesrat.de/cln_110/nn_8336/SharedDocs/Drucksachen/2012/0401-500/431-12,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/431-12.pdf

    Insbesondere dieser Part:”[…]Die vom Bundesrat geforderte ausdrückliche Normierung von Kinderrechten im Grundgesetz würde Kindern allerdings nicht mehr Rechte verschaffen, als ihnen jetzt schon von Verfassung wegen zustehen. Die Rechte von Kindern sind in Deutschland durch die Grundrechte in Verbindung mit den vom Bundesverfassungsgericht hierzu
    entwickelten Leitlinien verfassungsrechtlich abgesichert. Kinder sind wie Erwachsene Träger der Grundrechte. Dem Kind kommen sowohl eigene Menschenwürde als auch ein
    eigenes Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit zu. Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG garantiert den in der Entschließung geforderten Schutz von Kindern vor Gewalt und
    Vernachlässigung[…]”
    Will hier irgendjemand behaupten, mit einer Beschneidung ohne Zustimmung des Betroffenen, würde dieser Person keine Gewalt angetan?
    Will hier irgendjemand behaupten, die Beschneidung würde nicht das Recht des Kindes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zuwider laufen?

  425. #426 Wolf
    13. September 2012
  426. #427 Wolf
    13. September 2012

    Noch mal, damit es auch beim Physiker ankommt:
    “[…]@Schmidts Katze (September 13, 2012):

    du ignorierst immer noch, daß das Recht der Eltern nur ein Ersatz für das Recht des Kindes ist, das dieses noch nicht wahrnehmen kann.

    Das ist falsch und ist nicht der Verfassung zu entnehmen. Die Fürsorgepflicht der Eltern ist kein “Ersatz” – sie ist ein eigenständiges Grundrecht, deren Beschneidung mindestens Gründe auf Verfassungsniveau bedarf.[…]”

    Als Antwort darauf:
    “[…]Die Rechte von Kindern sind in Deutschland durch die Grundrechte in Verbindung mit den vom Bundesverfassungsgericht hierzu
    entwickelten Leitlinien verfassungsrechtlich abgesichert. Kinder sind wie Erwachsene Träger der Grundrechte. Dem Kind kommen sowohl eigene Menschenwürde als auch ein eigenes Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit zu. Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG garantiert den in der Entschließung geforderten Schutz von Kindern vor Gewalt und
    Vernachlässigung[…]”

    @Physiker: Es stünde Ihnen gut zu Gesicht, wenn Sie Fehler auch zugeben könnten. Im Übrigen hat Schmidt´s Katze Recht: Die Eltern sind sehr wohl VERPFLICHTET im Sinne des Kindeswohl Entscheidungen zu treffen, und nicht danach, was den Eltern gerade so in den Kram passt. Dazu gehört NICHT, das medizinisch nicht notwendigen Operationen zugestimmt wird.

  427. #428 roel
    *****
    13. September 2012

    @Schmidts Katze “WHO und UNAIDS sind also Hilfsorganisationen, und sind auch gemeint, wenn oben allgemein von Hilfsorganisationen die Rede ist?”

    Also aus dem Bericht: “Gemeinsam wollen Hilfsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen erreichen, dass bis 2015 rund 80 Prozent der Männer und neugeborenen männlichen Babys in 14 afrikanischen Ländern – darunter Sambia, Simbabwe, Malawi und Südafrika – beschneiden lassen.”

    Das bezieht sich hierauf:

    https://www.malecircumcision.org/programs/documents/14_country_summary11309.pdf

    “Scaling up male circumcision to reach 80 percent of adult and newborn males in 14 African countries by 2015 …”

    und etwas weiter im text:

    “In March 2007, participants at a high-level consultative meeting held by the Joint United Nations Program on HIV/AIDS (UNAIDS) and the World Health Organization (WHO) concluded that male circumcision should be a priority prevention service in countries with high HIV prevalence rates and low prevalence of MC, due to its effectiveness in reducing men’s risk of acquiring HIV. To further support MC program planning, the USAID | Health Policy Initiative collaborated with UNAIDS to develop the Male Circumcision: Decision Makers’ Program Planning Tool to assist countries in developing policies for scaling up services to provide medical male circumcision. This tool allows analysts and decision makers to understand the costs and impacts of different policy options regarding the introduction or expansion of medical male circumcision services. It is part of a larger toolkit developed by UNAIDS/WHO that provides guidelines on comprehensive approaches to male circumcision, including types of surgical procedures and key policy and cultural issues. The key policy options addressed by the model are the following:
    • Priority populations: all male adults, young male adults, adolescent males, male newborns, and men at higher risk of HIV exposure”

  428. #429 dickesB
    13. September 2012

    @Wolf
    Leider wird Ihre (m.M. nach richtigen) Auslegung des GG Physiker nicht beeindrucken, einerseits wohl aus mangelnder Rechtskenntnis andererseits aus einer ideologischen Voreingenommheit.

  429. #430 Schmidts Katze
    13. September 2012

    Teilnehmer eines Meetings haben festgestellt …

    USAID hat mit UNAIDS zusammengearbeitet, um “Decision Makers’ Program Planning Tool” zu entwickeln, um Länder in afrikanischen Seuchengebieten bei der Entwicklung von Strategien zur Beschneidung zu unterstützen.

    Eine politische Option, die in dem Modell angesprochen wird, ist die Beschneidung von Neugeborenen.

    Mit anderen Worten, USAID hat in einem Nebensatz vorgeschlagen, in einigen afrikanischen Staaten könnte man erwägen, Kinder zu beschneiden, und ist daraufhin von UNAIDS und WHO nicht gleich rausgeschmissen worden.

    Wie immer bei deinen Links:
    War das jetzt alles?

  430. #431 Schmidts Katze
    13. September 2012

    @ dickesB
    Physiker ist eben nur ein Physiker.
    Ein Jurist wüsste, warum ausgerechnet die Eltern dieses Recht haben, und nicht etwa der Briefträger oder der Schornsteinfeger.

  431. #432 roel
    *****
    13. September 2012

    @Schmidts Katze Guck mal du machst hieraus:

    “It is part of a larger toolkit developed by UNAIDS/WHO that provides guidelines on comprehensive approaches to male circumcision, including types of surgical procedures and key policy and cultural issues. The key policy options addressed by the model are the following:
    • Priority populations: all male adults, young male adults, adolescent males, male newborns, and men at higher risk of HIV exposure”

    dieses:

    “Mit anderen Worten, USAID hat in einem Nebensatz vorgeschlagen, in einigen afrikanischen Staaten könnte man erwägen, Kinder zu beschneiden, und ist daraufhin von UNAIDS und WHO nicht gleich rausgeschmissen worden.”

    Wo liest du jetzt raus, dass die Beschneidung der Kinder durch USAID in einem Nebensatz erwägt wird.

    Wie immer…

  432. #433 Wolf
    13. September 2012

    Könnte mir mal jemand einen Riesengefallen tun?

    Kann mal jemand dessen Englisch besser ist als mein, was nicht wirklich schwer ist, die WHO anschreiben und explizit nachfragen, ob die Beschneidungen für Neugeborene in Europa zur AIDS Prophylaxe empfehlen?

    Das wäre nett.

  433. #434 Wolf
    13. September 2012

    Nachtrag: Es kann auch gerne jemand was Schreiben und ich schicke das dann dahin. Nur mein Englisch ist mittlerweile eher als mieserabel anzusehen (und ich möchte keine Peinlichkeiten hinschicken 😉 )

  434. #435 roel
    *****
    13. September 2012

    @Wolf die Empfehlungen sind für afrikanische Staaten, das Schreiben kannst du dir sparen.

    Aber wenn du da trotzdem hinschreiben möchtest, kannst du vielleicht fragen, ob die WHO Beschneidungen bei Neugeborenen in Europa ablehnt.

  435. #436 Wolf
    13. September 2012

    @roel:
    “@Wolf die Empfehlungen sind für afrikanische Staaten, das Schreiben kannst du dir sparen.

    Aber wenn du da trotzdem hinschreiben möchtest, kannst du vielleicht fragen, ob die WHO Beschneidungen bei Neugeborenen in Europa ablehnt.”

    Diese Empfehlungen werden hier also als Begründung für was ständig von dir und dem Physiker eingebracht?

  436. #437 Schmidts Katze
    13. September 2012

    @ roel

    du versuchst seit 3 Monaten (?) zu belegen, daß die WHO Beschneidungen von Kindern befürwortet, jetzt fragst du nach einer Ablehnung?

    Es gibt übrigens genug Organisationen, und das weißt du ja auch, die Beschneidungen in Deutschland oder Mitteleuropa ablehnen.

    @ Wolf, du kannst der WHO auch auf deutsch schreiben.

  437. #438 Schmidts Katze
    13. September 2012

    @ Wolf

    “Diese Empfehlungen werden hier also als Begründung für was ständig von dir und dem Physiker eingebracht?”

    Was in Afrika empfohlen wird, kann in Europa nicht verboten sein.

    Das ist natürlich Unsinn, auch wenn eine Malaria-Impfung in Afrika empfohlen wird, wäre sie in Island natürlich eine illegale Körperverletzung.

  438. #439 Wolf
    13. September 2012

    @Schmidts Katze:
    Drum wird man auf Norderney auch seltener gegen FSME geimpft.

  439. #440 roel
    *****
    13. September 2012

    @Wolf Mein Stand der Dinge ist, dass die WHO Beschneidungen im südlichen Afrika empfiehlt und im Rest der Welt nicht ablehnt. UNAIDS sieht auch keine Menschenrechte gefährdet. Wie gesagt, das ist mein Stand.

    @Schmidts Katze “Es gibt übrigens genug Organisationen, und das weißt du ja auch, die Beschneidungen in Deutschland oder Mitteleuropa ablehnen.” Klar Antitheistische Organisationen.

    “jetzt fragst du nach einer Ablehnung?” Ja klar, dann hast du es schwarz auf weiß und ich kann immer darauf verweisen.

  440. #441 Schmidts Katze
    13. September 2012

    “@Schmidts Katze “Es gibt übrigens genug Organisationen, und das weißt du ja auch, die Beschneidungen in Deutschland oder Mitteleuropa ablehnen.” Klar Antitheistische Organisationen. ”

    Antitheistisch? Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte?
    Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie?
    Oh Mann, roel, ich würd ja sagen, mach dich nicht lächerlich, wenn es dazu nicht längst zu spät wäre.

  441. #442 roel
    *****
    13. September 2012

    @Schmidts Katze “Das ist natürlich Unsinn, auch wenn eine Malaria-Impfung in Afrika empfohlen wird, wäre sie in Island natürlich eine illegale Körperverletzung.”

    Ich hätte gerne das Gesetz, das die Malaria-Impfung in Island verbietet und als illegale Körperverletzung wertet.

    @Wolf “Drum wird man auf Norderney auch seltener gegen FSME geimpft.” Ganz genau, seltener!

  442. #443 Schmidts Katze
    13. September 2012

    “Ich hätte gerne das Gesetz, das die Malaria-Impfung in Island verbietet und als illegale Körperverletzung wertet.”

    Das kannst du dir selber googlen.
    Selbstverständlich ist es in Island genauso wie in jedem anderen zivilisierten Land verboten, einem Kind grundlos mit einer Spritze in den Arm zu stechen.

  443. #444 roel
    *****
    13. September 2012

    @Schmidts Katze Zu den Organisationen, ich habe das nicht auf Anthitheistische reduziert, es gibt auch ein paar nicht antitheistische.

    Zu Belegen generell. Du forderst immer welche und ich liefer die, jetzt fordere ich mal einen und der kommt nicht. Und weißt du auch warum? Weil du lügst. Die Malaria-Impfung wird in Afrika nicht empfohlen und ist in Island nicht verboten, weil es sie noch nicht gibt.

  444. #445 Wolf
    13. September 2012

    @roel:
    “@Wolf “Drum wird man auf Norderney auch seltener gegen FSME geimpft.” Ganz genau, seltener!”

    Ganz genau! Zeig mir mal Bitte den Part, wo Deutschland als HIV Hochrisikogebiet eingestuft wird.

    Übrigens: Geimpft werden die, die in ein FSME Risikogebiet fahren.

    Und nochmal: Eine Impfung ist etwas völlig anderes als eine Amputation.

  445. #446 Schmidts Katze
    13. September 2012

    Ja, stimmt, es gibt gar keine Malaria-Impfung, aber wenn es sie gäbe, würde sie in Afrika empfohlen, und in Island wäre sie Körperverletzung.
    So, wie bei Gelbfieber.

  446. #447 roel
    *****
    13. September 2012

    @Wolf “Zeig mir mal Bitte den Part, wo Deutschland als HIV Hochrisikogebiet eingestuft wird.” Warum, das habe ich nie behauptet.

    “Geimpft werden die, die in ein FSME Risikogebiet fahren.” Nein.

    “Eine Impfung ist etwas völlig anderes als eine Amputation.”
    Die Malaria-Impfung hat Schmidts Katze ins Spiel gebracht., da sie angeblich in Island verboten ist. War aber nur ein Strohmann.

  447. #448 Schmidts Katze
    13. September 2012
  448. #449 Wolf
    13. September 2012

    Du bringst Empfehlungen als Begründung pro Beschneidung ins Spiel, die ausschließlich für HIV Hochrisikogebiete Gültigkeit haben. Ich bitte dich darum mir zu zeigen, wo denn D ein Hochrisikogebiet ist, und du stellst dich hin “das hab ich nie behauptet”. Sach mal: Was läuft bei dir falsch?

    “[…]“Geimpft werden die, die in ein FSME Risikogebiet fahren.” Nein.[…]”
    Beweis? Und bedenke: Unsere Unterhaltung bezieht sich auf Norderney. Und komm mir jetzt nicht mit dem Blödsinn “Die müssen auch einwilligen”, denn du weißt genau, das ist Vorausetzung.

  449. #450 roel
    *****
    13. September 2012

    @Schmidts Katze Wenn die Malaria-Impfung in Island eine Körperverletzung wäre, wäre sie es auch in Afrika.

  450. #451 Wolf
    13. September 2012

    @Schmidts Katze:
    Ja. Daran werde ich mich ab sofort auch halten.

  451. #452 Schmidts Katze
    13. September 2012

    Ich habe geschrieben:
    Schmidts Katze, September 13, 2012
    “Das ist natürlich Unsinn, auch wenn eine Malaria-Impfung in Afrika empfohlen wird, wäre sie in Island natürlich eine illegale Körperverletzung.”

    Ich hätte natürlich schreiben müssen:”in Afrika empfohlen würde”, da es ja keine Malaria-Impfung gibt.
    Es tut mir leid, daß ich die Mitdiskutanten miit dieser mißverständlichen Formulierung argumentativ auf’s Glatteis geführt habe, ich hätte als Beispiel besser sofort anstatt der Malaria das Gelbfieber anführen sollen.

  452. #453 Schmidts Katze
    13. September 2012

    “roel
    *****
    September 13, 2012

    @Schmidts Katze Wenn die Malaria-Impfung in Island eine Körperverletzung wäre, wäre sie es auch in Afrika.”

    Ja, natürlich, und ohne Einverständnis des Patienten wäre sie auch strafbar.
    Seit wann diskutieren wir über dieses Thema?

  453. #454 Schmidts Katze
    13. September 2012

    Ich habe übrigens meinen Fehler zugegeben, es gibt keine Malaria-Impfung, und ich werde deshalb auch nicht mehr darüber diskutieren.

  454. #455 Physiker
    13. September 2012

    @Wolf (September 13, 2012 ):
    Eine negative Religionsfreiheit für Kinder gibt es nicht. Siehe obigen Artikel und verlinkte Artikel. Wenn Sie meinen, dass ich mich irre, dann zitieren Sie doch einen Juristen, der das Gegenteil behauptet.

    Das einzige, was Sie auf peer-reviewte Fachartikel antworten, ist, dass es sich dabei um “vorgeschobene[n] pseudomedizinische[n] Gründe” handelt. Damit verabschieden Sie sich von einer seriösen Diskussion. Warum sollen die mehrere hundert zitierten Publikationen in den Reviews pseudomedizinisch sein? Wie soll ich Ihnen denn zeigen, dass die medizinischen Gründe nicht vorgeschoben sind?

    Will hier irgendjemand behaupten, die Beschneidung würde nicht das Recht des Kindes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit zuwider laufen?

    Dieses Grundrecht wird nicht umsonst “Allgemeine Handlungsfreiheit” genannt. Es ist ebenfalls ein disponibles Recht. Man kann nur dann tun und lassen, was man will, wenn man auch einen Willen hat/äussern kann. Solange das nicht der Fall ist, sind Mutmassungen über den Willen von Neugeborenen vor allem eines: Mutmassungen. D.h. nein: die Handlungsfreiheit des Kindes wird nicht verletzt, wenn die Eltern eine Massnahme zum Wohle des Kindes ausführen (lassen). Erst wenn das Kind ins einwilligungsfähige Alter kommt, kommt die Handlungsfreiheit bei medizinischen Themen zum tragen. Es gibt dabei keinen Widerspruch zu der von Ihnen zitierten Stellungnahme der Bundesregierung zu den Kinderrechten. Denn der Argumentation des obigen Artikels zufolge sind selbstverständlich Gewalt gegen Kinder und deren Vernachlässigung laut Grundgesetz nicht erlaubt, da beides ganz eindeutig nicht dem Kindeswohl dient.

    Dazu gehört NICHT, das medizinisch nicht notwendigen Operationen zugestimmt wird.

    Ob eine Operation notwendig ist oder nicht, ist nicht relevant. Relevant ist laut Grundgesetz und darin zitierten Gesetzen nur, ob die Operation dem Kindeswohl dient. Und der medizinischen Fachliteratur zufolge tut sie das.

  455. #456 roel
    *****
    13. September 2012

    @Wolf verabschiede dich doch mal von dem Gedanken ich sei pro Beschneidung, ich bin nur nicht gegen Beschneidung. Und ich bin ganz klar für eine gesetzliche Regelung, genauso wie es für Impfungen gesetzliche Regelungen gibt.

    Da du FSME genannt hast, habe ich mir hierzu die gesetzlichen Regelungen mal angesehen und die werde ich jetzt für meinen Standpunkt gegenüber Beschneidungen übertragen mit berücksichtigen.

    “Beweis?” Also es ist richtig, dass nur solche Personen geimpft werden sollen, die in ein Risikogebiet reisen oder sich dort dauerhaft aufhalten. Ich habe mich nur an der Formulierung gestört. Aber trotzdem Danke für das FSME Beispiel.

  456. #457 Schmidts Katze
    13. September 2012

    “Relevant ist laut Grundgesetz und darin zitierten Gesetzen nur, ob die Operation dem Kindeswohl dient. Und der medizinischen Fachliteratur zufolge tut sie das.”

    Das ist zum Glück nur deine Meinung, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte ist da anderer Meinung.

    Und welche Gesetze werden denn im Grundgesetz zitiert?

  457. #458 Schmidts Katze
    13. September 2012

    roel
    *****
    September 13, 2012

    “@Wolf verabschiede dich doch mal von dem Gedanken ich sei pro Beschneidung, ich bin nur nicht gegen Beschneidung.”

    Oh, da sind wir uns ja einig.
    Ich bin auch dafür, daß sich jeder beschneiden lassen kann, wenn er das möchte.
    Was ich ablehne, ist nur, daß jemand sich einen unbeteiligten Dritten, und sei es ein nicht zustimmungsfähiger Minderjähriger, schnappt, und diesen beschneidet.

  458. #459 MartinB
    13. September 2012

    @Schmidts Katze
    Danke für den Link zur “Fractal Wrongness” – ich lache immer noch.

  459. #460 Schmidts Katze
    13. September 2012

    Der diente selbstverständlich nur der Erbauung der hier immer noch mitlesenden, und hatte keinerlei Bezug auf irgendwelche Mitdiskutanten.

  460. #461 rolak
    13. September 2012

    Wer hätte es auch anders verstehen können, Schmidts Katze

  461. #462 roel
    *****
    13. September 2012

    @Wolf und @Schmidts Katze habe gerade gesehen, dass ich es etwas ergänzen sollte:

    verabschiede dich doch mal von dem Gedanken ich sei pro Beschneidung ohne Indikation, ich bin nur nicht gegen Beschneidung mit Indikation.

    Und das Problem eine ‘Empfehlung dort’ mit einer ‘Ablehnug hier’ mit einander zu vereinen, habe ich jetzt an der Indikation fest gemacht. Hätte ich auch gleich drauf kommen können.

    So, ich verabschiede mich aus dieser Diskussion.

  462. #463 Physiker
    13. September 2012

    Nachtrag zur Nörgelei an angeblichen Vergleichen:
    Ich haben den Eindruck, die Diskussion verläuft hier immer nach dem gleichen Schema: Es wird eine Behauptung aufgestellt, es wird ein Gegenbeispiel gebracht und daraufhin wird die Vergleichbarkeit in Frage gestellt. So wie wenn es keinen Beweis durch Gegenbeispiel gäbe.
    Z.B. Behauptung von Adent:

    Zu deiner Frage die Beschneidung von Säuglingen muß hier nicht verboten werden, sie IST verboten, da sie eine Körperverletzung ist […].

    Gegenbeispiel: Haareschneiden ist auch eine Körperverletzung und ist nicht verboten.Daraufhin Adent:

    Natürlich können Sie (oder Roel) jetzt ankommen und Imfpungen oder gar Haare schneiden mit der Beschneidung vergleichen

  463. #464 Physiker
    13. September 2012

    @Schmidts Katze:

    Das ist zum Glück nur deine Meinung, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte ist da anderer Meinung.

    Der Verband der deutschen Kinder- und Jugendärzte ist anderer Meinung – der amerikanische Berufsverband stützt meine Meinung. Und nun?
    Wie würden Sie jetzt weiter vorgehen um herauszufinden, wer Recht hat?

    Und welche Gesetze werden denn im Grundgesetz zitiert?

    Ich meinte konkret BGB §1627 Satz 1, wie oben im Absatz zur Argumentation der Ärzte diskutiert.

  464. #465 Physiker
    13. September 2012

    @Schmidts Katze:

    Was ich ablehne, ist nur, daß jemand sich einen unbeteiligten Dritten, und sei es ein nicht zustimmungsfähiger Minderjähriger, schnappt, und diesen beschneidet.

    Das lehnt doch jeder hier Mitdiskutierende ab. Eltern sind aber nun mal keine unbeteiligten Dritten, denn sie haben das Sorgerrecht und die Sorgepflicht.

  465. #466 Schmidts Katze
    13. September 2012

    “Eltern sind aber nun mal keine unbeteiligten Dritten, denn sie haben das Sorgerrecht und die Sorgepflicht.”

    Physiker, ich habe dich bereits mehrmals auf den Philosophen Immanuel Kant aufmerksam zu machen versucht.

    Mein Eindruck ist, daß du Kant nicht kennst, und deshalb meinst, wenn die Eltern eine Entscheidung treffen, dann ist das OK, und wenn im Grundgesetz stände, der Schornsteinfeger hätte zu entscheiden, dann wäre für dich die Entscheidung des Schornsteinfegers ÖK,

    Ich finde es erstaunlich, daß jemand Doktor werden kann, und sei es nur der Physik, dem Kant nicht bekannt ist.

  466. #467 Schmidts Katze
    13. September 2012

    “Der Verband der deutschen Kinder- und Jugendärzte ist anderer Meinung – der amerikanische Berufsverband stützt meine Meinung. Und nun?”

    Das kann ich leider nicht ändern, in den USA werden weiterhin Beschneidungen stattfinden, ich kann nur den BVKJ unterstützen, der dieses in Deuschland ablehnt
    Und ich kann mir nur wünschen, daß die Richtlinien des BVKJ siich auch in den USA durchsetzen

  467. #468 Wolf
    13. September 2012

    @Physiker:

    Bevor ich mich verabschiede: Sie erinnern mich so extrem dermaßen heftig, an einen anderen sehr bekannten Physiker, der sich mit der Stringtheorie auseinandersetzt, und der zu allem eine Meinung hat, und diese Meinung IMMER die einzig Richtige ist.

    So, bin dann weg…

  468. #469 Schmidts Katze
    13. September 2012

    Wolf
    September 13, 2012

    “So, bin dann weg…”

    Das wäre bedauerlich, überleg’s dir nochmal.

    Grüße
    SK

  469. #470 Adent
    13. September 2012

    @Physiker
    Da muß ich dann auch noch mal einhaken, einer der hier die meisten (oft nicht passenden) Behauptungen aufstellt sind sie und wenn man diesen widerspricht ignorieren sie dies oder drehen es dem anderen im Mund herum. Das ist eine extrem unfaire und unwissenschaftliche Vorgehensweise die allein dem Zweck dient sie besser darstehen zu lassen. Zum Glück durchschauen die meisten Kommentaren hier ihre armseeligen Versuche eine Ideologie unter dem Deckmantel der Wissenschaft zu verkaufen.
    @Roel
    Nochmal zum Glück, ich bin offensichtlich nicht der einzige, der die meisten deiner Aussagen anders versteht als du sie “anscheinend” gemeint hast, vielleicht solltest du mal darüber nachdenken deine Argumentationsweise zu verbessern. Das würde dazu führen, daß man a) versteht was du sagen willst allerdings auch b) dir die Möglichkeit nehmen hinterher zu sagen, ach das habe ich ja ganz anders gemeint. Für eine anständige Diskussion wäre das förderlich, für dich vielleicht etwas peinlich.

  470. #471 Stefan W.
    14. September 2012

    es gibt kein Menschenrecht oder Gesetz, dass eine Aufschiebung solcher Maßnahmen fordert.

    Doch, das Grundgesetz mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Womöglich auch das Recht auf freie Religionswahl, bei der die Eltern hier ihr Sorgerecht überziehen.

    Es ist ja so, dass im Gegensatz zu Impfungen und Haareschneiden erstens keine Eile geboten ist, zweitens der Eingriff viel tiefer geht – soweit man sich auf medizinische Aspekte einlassen will, obwohl diese klar blos vorgeschoben sind. Drittens aber, wenn man das wahre Motiv beleuchtet, ist kein objektives Kindeswohl mehr zu erkennen.

    Der Verlust der Vorhaut als sexuell stimulierbares Organ tritt sicher ein. Außerdem tritt entweder sicher ein ein großer Schmerz während der Operation und danach, oder es entsteht ein empfindliches Risiko durch Betäubung.

    Es gibt also ganz enorme Nachteile, und demgegenüber steht eine vage Chance an verschiedenen Krankheiten weniger wahrscheinlich zu erkranken. Diese Krankheiten treten aber erst in einem Alter auf, in dem der Mann selbst darüber befinden könnte, ob er dieses Risiko derart mindern will.

    Da es keine Notwendigkeit für die Eltern gibt, diese Frage frühzeitig zu entscheiden gibt es keine Rechtfertigung für die objektive Verstümmelung, die die Vorhautamputation darstellt, außer der religiösen, die prinzipbedingt vor einem weltlichen Gericht nicht beantwortet werden kann.

    Dass auf die Weise für viele Juden kein Bund mit Gott mehr zustande kommen kann ist das Problem der Juden und ihrer Religion – ich hätte dafür eine Lösung, aber die wäre, fürchte ich, nicht sehr jüdisch.

    Physiker: D.h. nein: die Handlungsfreiheit des Kindes wird nicht verletzt, wenn die Eltern eine Massnahme zum Wohle des Kindes ausführen (lassen). Erst wenn das Kind ins einwilligungsfähige Alter kommt, kommt die Handlungsfreiheit bei medizinischen Themen zum tragen.

    Bei mir zeigten sich mit 17 auf Röntgenbildern – das war noch vor der Wende – dass meine Weisheitszähne nicht schön senkrecht, sondern quer wachsen, was bedeutet, dass sie die anderen Zähne durcheinanderschieben, wenn man sie nicht rausnimmt.

    Trotzdem hat man gewartet bis ich 18 war, damit ich selbst der Maßnahme zustimmen kann. Ich durfte danach 24h nicht rauchen, keinen Alkohol trinken, keinen Kaffee – es war furchtbar! Und eine Woche später kam die andere Seite dran – wieder 24h Quarantäne!

    Nikotinpflaster kannte ich noch nicht. Was hab’ ich gelitten! Aber ich war 18 – selbst schuld.

  471. #472 Wolf
    14. September 2012

    @SK: Mal schaun 🙂

    Das Problem von Physiker ist ein (aus meiner ganz persönlichen unwissenschaftlichen Sicht) ein angeborenes Bedürfnis Kinder als Eigentum der Eltern zu betrachten.

    Das diese Betrachtungsweise seit (ungefähr?) Beginn der 70er Jahre in D immer bröckelt, hat er anscheinend nicht mitbekommen.

  472. #473 Christian Reinboth
    14. September 2012

    @Stefan W.:

    “Dass auf die Weise für viele Juden kein Bund mit Gott mehr zustande kommen kann ist das Problem der Juden und ihrer Religion – ich hätte dafür eine Lösung, aber die wäre, fürchte ich, nicht sehr jüdisch.”

    Ich habe mich bei dieser Debatte ja bewusst zurückgehalten, muss aber heute (SIWOTI?) auch mal wieder in die Tasten greifen. Vielen wenn nicht allen der hier Mitdiskutierenden ist mit Sicherheit bewusst, dass der Umstand, dass sich Deutschland kaum mehr als 60 Jahre nach einem mit maximaler Brutalität und Bösartigkeit ausgeführten Versuch, die Existenz allen jüdischen Lebens in Europa zu beenden, an einer stetigen und sogar wachsenden Präsenz jüdischer Gemeinden erfreuen kann. Das dies alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist, zeigt schon das trotz sehr viel weiter zurückliegender Verbrechen noch immer zerrüttete Verhältnis der Armenier zum türkischen Staat sowie der heutige Umgang des türkischen Staates mit eben diesen Verbrechen.

    Demgegenüber hat sich in Deutschland eine Kultur der Erinnerung, der Mahnung und des friedlichen Miteinanders eingestellt, die man wohl nur als Gnade der Geschichte bezeichnen kann. Vor diesem Hintergrund wäre ein Gesetz, welches jüdische Gemeinden aus dem Land und jüdische Kultur in die Illegalität treibt, eben nicht „nur ein Problem der jüdischen Religion“, sondern unser aller Problem, da es eben diese historische Chance untergräbt.

    Schon jetzt hat das Verhältnis einiger jüdischer Gemeinden zu diesem Land aufgrund der andauernden und mit einer gewissen Aggressivität geführten Debatte zweifellos Schaden genommen. Ich für meinen Teil bin nicht dazu bereit, weiteren, womöglich schlimmeren Schaden zu riskieren, wenn nicht eine eindeutige medizinische Evidenz vorliegt, die den Staat zum Handeln zwingt. Wie Ludwig Klam im Rahmen dieses Gastbeitrages verdeutlicht hat, gibt es aber gerade diese Evidenz nicht. Sicher kann man sich über die Auswahlmethode des Morris-Reviews streiten, Fakt ist doch aber, dass auch Morris sich die 200 reviewten Paper nicht aus dem Ärmel gezogen hat. Natürlich kann man auch darüber diskutieren, ob für Afrika ausgesprochene UNAIDS-Empfehlungen hierzulande überhaupt Sinn machen, oder ob uns die Aussagen deutscher Ärzteverbände nicht mehr interessieren sollten als die der US-Kollegen.

    Dass diese Debatten überhaupt geführt werden können zeigt doch aber, dass die Eindeutigkeit fehlt. Eine Eindeutigkeit wäre gegeben, wenn – etwa wie beim Klimawandel – 97, 98, 99% aller peer-reviewten Paper zu gleichen Schlüssen kämen. Sie wäre gegeben, wenn so gut wie alle medizinischen Fachgesellschaften weltweit ähnliche Empfehlungen aussprechen würden. Von eben diese Situation sind wir doch aber noch weit entfernt, ansonsten gäbe es ja hier gar nichts, worüber man 470 Kommentare lang miteinander diskutieren könnte. Solange aber diese Eindeutigkeit nicht gegeben ist, kann der deutsche Staat und vor allem die Politik nicht tätig werden. Wenn wir von einem eindeutigen Verbot der Beschneidung reden, reden wir vor einer gesetzgeberischen Maßnahme, die nicht nur einen Eingriff in die bisherigen Freiheiten der Eltern darstellt, sondern die auch für erhebliche Verwerfungen im Verhältnis sowohl der jüdischen als auch der muslimischen Gemeinden zu diesem Staat sorgen und nach innen wie außen als eine Maßnahme wahrgenommen werden dürfte, die sich ausschließlich gegen Minderheiten richtet. Da hier großer gesellschaftlicher Schaden zu erwarten ist, wäre eine solche Maßnahme aus meiner Sicht nur dann tragbar, wenn der medizinische Sachstand nahezu hundertprozentig eindeutig wäre. Solange dies nicht der Fall ist, handelt die Politik richtig und im Sinne ihres Auftrags, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, wenn sie entsprechenden Forderungen parteiübergreifend eine Absage erteilt.

    Oder um mal Carl Sagan zu paraphrasieren: Extraordinary measures require an extraordinary degree of certainty.

  473. #474 Schmidts Katze
    14. September 2012

    Hallo Christian, ich stimme deinen Argumenten, soweit sie jüdisches Leben in Deutschland betreffen, weitgehend zu, obwohl ich nicht glaube, daß wir damit Körperverletzungen rechtfertigen können.

    Physiker hat sich aber eindeutig von diesen Argumenten distanziert, und ganz klar seine Argumentation auf eine angebliche medizinische Indikation aufgebaut.

    Wenn du über die Rechte von Religionsgemeinschaften diskutieren willst, ist das kein Problem, aber in Physikers Gastbeitrag geht es laut seiner eigenen Aussage nur um medizinische Gründe für die Beschneidung, er hat jede religiöse Begründung abgelehnt.

  474. #475 Adent
    14. September 2012

    @Christian
    Oha, das ist aber ein arges durcheinander der Argumente.
    Nochmal, es geht weder darum Juden aus Deutschland zu vertreiben oder ihnen das Leben hier zu vergällen, es geht darum, daß eine Religion ein Ritual vorschreibt, daß in Deutschland eine Körperverletzung ist. Ich frage mich ob du ebenso vehement für eine Tolerierung der weiblichen Beschneidung wärest, wenn diese in einer Religion als Ritual enthalten wäre?
    Das und nichts anderes ist hier der Punkt, der ganze Rest sind alles nur ekelige Strohmandiskussionen.
    Es kann doch bitte in einer aufgeklärten Welt nicht sein, daß man in seinem eigenen Land etwas tolerieren muß, was nichts, aber auch gar nichts mit Aufklärung zu tun hat.
    Es ist schon schlimm genug, was jetzt gerade wieder bezüglich Mohammed-Film passiert und äußerst bezeichnend wie irrational und verheerend (mörderisch) Religionen mit Andersgläubigen umgehen. Soll man jetzt als nicht dieser Religion Angehöriger sagen, egal ob es nun gegen hiesige Gesetze verstößt oder gar Menschen (Kinder ex exemplaris) in ihrer körperlichen Unversehrtheit beeinträchtigt, ich mache die Augen zu und toleriere das?
    Darüber solltest du einmal in Ruhe nachdenken und BITTE hört endlich auf den medizinischen Strohmann zu verprügeln, der kann langsam nicht mehr (das gilt auch für den Physiker).

  475. #476 Schmidts Katze
    14. September 2012

    @ Adent:
    Christian ist jedenfalls ehrlich, und sagt, daß es um die Legalisierung einer religiösen Tradition geht, während ich Physiker seine medizinische Begründung nicht abnehme.

  476. #477 Adent
    14. September 2012

    @Schmidt
    Das stimmt, ändert aber nichts daran, daß die ganze Diskussion sich immer wieder um die medizinischen “Vorteile” dreht. Sonst gäbe es ja auch “nur” eine Verfassungsänderung zu diskutieren ;-).

  477. #478 Schmidts Katze
    14. September 2012

    Ja, entweder wir diskutieren hier medizinische Fragen, wie von Physiker gewünscht, dann hat Religion hier nichts zu suchen; oder wir sprechen über Religion, und was sie in Deutschland darf, wie Christian, aber dann sind medizinische Argumente uninteressant.

  478. #479 Schmidts Katze
    14. September 2012

    Oh, mir ist gerade die Quelle für die 117 Kinder, die in den USA jedes Jahr an der Beschneidung sterben, über den Weg gelaufen:
    https://www.mensstudies.com/content/b64n267w47m333x0/?p=488e687276f346699601a0275fc5827b&pi=2

    Natürlich peer-reviewed.

  479. #480 Wolf
    14. September 2012

    “Um tolerant zu sein, muß man die Grenzen dessen, was nicht tolerierbar ist, festlegen.” – Umberto Eco

  480. #481 Stefan W.
    14. September 2012

    @Christian Reinboth:

    4 Dinge sehe ich in Ihrem Beitrag unsortiert und quer zu einer rationalen Argumentation liegend:

    1. Das Verhältnis des dt. Faschismus zur heutigen Beschneidungsdiskussion.
    2. Die Vermischung religiöser mit medizinischen Fragen.
    3. Was die Evidenzen des Morrispapers sind, und was sie sein müssten, um eine Rolle zu spielen.
    4. Die Frage wer im Verhältnis wozu wann eine Minderheit ist, und was daraus folgt.

    Die scheinbar schwierigste Frage vorweg – dabei ist es doch gar nicht so schwierig: Schaut man sich Debatten in Deutschland an, so wird oft auf den Nationalsozialismus Bezug genommen und erklärt, dass man daraus Lehren gezogen hat. Außer der Ansicht, dass Lehren gezogen werden sollten gibt es aber wenig Gemeinsamkeiten zu vermelden. Wenn rechte Parteien in ausländerfeindlicher Absicht “Gas geben” auf ein Plakat drucken, dann wendet sich von den C-Parteien über die FDP zu SPD und Linkspartei und Grünen wie Piraten alles ab – soweit herrscht Konsens, ja. Und da endet es auch ungefähr.

    Vielen wenn nicht allen der hier Mitdiskutierenden ist mit Sicherheit bewusst, dass der Umstand, dass sich Deutschland kaum mehr als 60 Jahre nach einem mit maximaler Brutalität und Bösartigkeit ausgeführten Versuch, die Existenz allen jüdischen Lebens in Europa zu beenden, an einer stetigen und sogar wachsenden Präsenz jüdischer Gemeinden erfreuen kann.

    Wie kann etwas mit Sicherheit bewusst sein, wenn man nichtmals sagen kann, ob vielen oder allen?

    Bewusstsein kann einem nur ein Fakt – richtig? Mir kann bewusst sein, dass schon September ist, aber nicht, dass noch August ist. Selbst wenn ich im August in ein Koma falle, und erst im September erwache, und besten Wissens behaupte es sei August kann man nicht von Bewusstsein sprechen. Mir ist dann eben nicht bewusst, dass bereits September ist. Schauen wir also, was hier als Fakt verkauft wird: Stetige und wachsende Präsenz – gemeint ist wohl eine stetige Präsenz wachsender Gemeinden – die Präsenz selbst kann schlecht wachsen – jüdischer Gemeinden, an denen sich Deutschland erfreuen kann.

    Gut – ob sich Deutschland freuen kann – man sagt das so. Wieso sollte sich Deutschland daran freuen? Freuen wir uns an türkischen Migranten, an syrischen Asylanten, an Ostpreußen und Schlesiern, an Sikhs, an Zeugen Jehovas, an Salafisten und anderen religiösen Gemeinden?

    Was ist denn überhaupt eine jüdische Gemeinde? Ist das eine religiöse Gruppe, ist es eine ethnische Gruppe, eine Rasse, eine Nation, was ist es?

    Eine Rasse nicht, wie wir wissen, und eine Nation offenbar auch nicht, aber ist es eine Religion? Das ist nicht ganz klar, denn wie ich gelernt habe praktizieren auch Personen, die nicht so regelmäßig in die Synagoge geht, wie die Religion vorschreibt, die Beschneidung. Während eine kath. Gemeinde in Deutschland sich auf eine Religion bezieht scheint dies für Juden nicht zu gelten.

    Aber wer ist dann ein Jude? Wer Kind einer jüdischen Mutter ist? Und wenn Die Mutter der Mutter der Mutter schon nicht an Jahwe geglaubt hat, und alle Mütter seither sich nicht als Jüdinnen verstanden haben – werden die dennoch gegen ihren eigenen Willen als Jüdinnen betrachtet?

    Bei Männern, so hört man, kommt noch die Pflicht zur Beschneidung dazu. Das muss sein, so hört man. Bzw. muss nicht sein – hört man von anderen. Man weiß es also gar nicht so genau.

    Was ist jetzt mein Interesse daran mich zu freuen dass Leute, die ich nicht recht abgrenzen kann, hier Gemeinden haben, und wachsen? Vertreten die besonders wertvolle Ansichten – etwa zur Körperverletzung wehrloser Kinder? Wozu sollte ich darauf Wert legen?

    Oder Nahrungsvorschriften – wieso sollte ich mich freuen, wenn jemand kein Schweinefleisch essen will?

    Das kann mir doch nun herzlich egal sein, bzw. als überzeugter Atheist kann ich doch verkünden, dass mir an keiner Religion irgendwas liegt, dass ich keinen Wert auf Religionen lege.

    Und auch nicht darauf, dass Leute mit gemeinsamen Vorfahren vermeiden sich mit anderen zu mischen, so dass man die Abgrenzung Jude oder nicht überhaupt durchführen kann.

    Das wächst auch nicht aus der Kenntnis des Holocaust mir zu. Tiere und Pflanzen vor dem Aussterben bewahren zu wollen, das kann ich nachvollziehen, aber wenn niemand mehr rätoromanisch schreiben und reden will, dann will halt niemand mehr – kulturelle Vielfalt ist kein Wert an sich. Wenn es keine Piusbrüder mehr gibt, dann verschwindet diese Religion. Wenn sich alle Bauern der oberen Westeifel entweder mit Zugezogenen paaren, oder selbst wegziehen und anderswo paaren, dann gibt es keine authentischen oberen Westeifler mehr. Das Leben geht weiter.

    Lernt man aus dem Nationalsozialismus, dass das Verfolgen von Juden von Übel ist, oder dass das Verfolgen von Minderheiten von Übel ist? Wer meint, dass die Juden besonders geschützt werden müssen hat m.E. den entscheidenden Punkt nicht verstanden. Dann auch noch ein Konto anzulegen, so dass man den Erben etwas versucht auszugleichen, was die eigenen Vorfahren oder Mitbewohner der eigenen Vorfahren getan haben prolongiert die Ungleichbehandlung von Menschen.

    Demgegenüber hat sich in Deutschland eine Kultur der Erinnerung, der Mahnung und des friedlichen Miteinanders eingestellt, die man wohl nur als Gnade der Geschichte bezeichnen kann.

    Ganz sicher nicht.

    Wozu soll man die Geschichte personalisieren, und ihr zuschreiben Gnade walten zu lassen? Das ist doch eines intellektuellen Geistes unwürdig! Wenn es eine Kultur der Erinnerung gibt, dann ist das das Produkt handelnder Menschen, die das so wollten. Wenn ich das Mahnmal in Berlin besuche und mich informiere, was vor 70, 80 Jahren passiert ist, und beschließe daraus Konsequenzen zu ziehen – etwa keinen irrationalen Schmuh zu glauben, nur weil es angenehm für’s ich ist – dann ist das keine Gnade der Geschichte.

    Mit so einem Bla mag man auf Gedenktagen auftreten, wo man den großen, nichtssagenden Konsens beschwören will.
    Decken wir lieber den Mantel des Schweigens über die Gnade der Geschichte!

    Vor diesem Hintergrund wäre ein Gesetz, welches jüdische Gemeinden aus dem Land und jüdische Kultur in die Illegalität treibt, eben nicht „nur ein Problem der jüdischen Religion“, sondern unser aller Problem, da es eben diese historische Chance untergräbt.

    Die historische Chance eines friedlichen Miteinanders?

    Ich sehe da kein “unser aller Problem”, sondern eine Herausforderung, sich wie ein rationaler Mensch seiner Verantwortung zu stellen, und das zu tun was richtig ist – nicht das, was einen beliebt macht.

    Nicht den Opportunisten geben, der sich für etwas schuldig fühlt, was er nicht getan hat, an Leuten, denen es gar nicht passiert ist, um ein anderes Unrecht zu decken – das wäre ja noch erträglich wenn die, die diesen Opportunismus propagieren, ihre eigene Vorhaut dafür opfern würden. Bitte, würde ich sagen, spende Deine Vorhaut, wenn Du meinst, es bringt Dich moralisch weiter!

    Aber es steht mir nicht zu und Dir nicht zu die Vorhaut von Babies und Kindern zu opfern, um sich irgendwie mit dem Judentum zu versöhnen, oder die Versöhnung zu bekräftigen.

    Wenn diese Versöhnung stattgefunden hätte, dann wäre die Beziehung derart belastbar, dass man vom Heute redet und vom Morgen, und dass nicht versucht wird eine alte Schuld zu begleichen, die nicht zu begleichen ist.

    Es geht um Kinder die morgen und übermorgen beschnitten werden sollen.

    Es ist auch nicht so, dass das Beschneidungsverbot in einer Tradition des Nationalsozialismus stünde. Weder war die körperliche Unversehrtheit der Juden ein Ziel des NS-Regimes, noch Selbstbestimmung und Menschenwürde.

    Vielmehr hat es auch nach dem Krieg und Faschismus gedauert, bis die Prügelstrafe als wider das Grundgesetz erkannt wurde, und die Konsequenzen gezogen wurden. Ebenso hat es offenbar früher die Ansicht gegeben, dass Kinder keinen Schmerz verspüren. Ich weiß nicht wie man darauf gekommen ist, aber bitte.

    Eine rationale Gesellschaft zieht daraus die Konsequenz und reformiert sich, weil sie als selbstbewusste Organisation, oder besser: als Organisation selbstbewusster Personen zugeben kann nicht seit der Zeit als Einzeller schon immer alles gewusst und richtig gemacht zu haben. Man war früher dümmer als heute, und ist heute nur klüger, weil man aus Fehlern und Lernerfolgen früherer Generationen gelernt hat, und darauf aufbaut, aber man glaubt nicht an ewige Offenbarung, denn es ist Quatsch.

    Das ist nicht verhandelbar in einer aufgeklärten Gesellschaft und wie Du und wie die Juden das mit ihrer Religion vereinbaren ist Dein und deren Problem – nicht meines.

    Und Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit ist eben auch nicht verhandelbar, und wenn das ein Deutscher der nicht selbst ein Jude ist einem Deutschen sagt, der ein Jude ist – dann was?

    Dann gar nichts. Juden haben nicht von Natur aus Recht und nicht aufgrund ihrer Geschichte recht, sondern wenn sie Recht haben wollen müssen sie sich das erarbeiten wie andere auch. So einfach ist das.

    Das Gesetz soll niemanden in die Illegalität treiben, sondern verhindern, dass wehrlose Kinder verstümmelt werden. Weil sie – ob Jude, Muslim, Christ oder Nix das gleiche Recht auf körperliche Unversehrtheit haben. Die Eltern sollen den Kindern weiterhin vom Märchenprinzen erzählen dürfen, aber die Finger vom Penis lassen. Es gibt in einem Rechtsstaat Grenzen elterlicher Verfügungsgewalt und Grenzen für die Religion.

    Ich … bin nicht dazu bereit, … Schaden zu riskieren, wenn nicht … medizinische Evidenz vorliegt, die den Staat zum Handeln zwingt. Wie Ludwig Klam im Rahmen dieses Gastbeitrages verdeutlicht hat, gibt es aber gerade diese Evidenz nicht.

    Es scheint ja ausgewiesen zu sein, dass das deutsch-jüdische Verhältnis an einer freien, gleichberechtigten Diskussion Schaden nehmen wird. Ich glaube das nicht. Die Geschichte ist voll mit excellenten (ex-)jüdisichen Denkern, die Diskussionen mit Sachverstand, Verantwortung und Empathie weitergebracht haben, zum eigenen, und zum Nutzen aller.

    Des weiteren hat Ludwig Klam nicht deutlich gemacht, dass es keinen Schaden gibt, sondern er hat nicht deutlich gemacht, dass es einen Schaden gibt.

    Ich bin ein Freund des repepepepepepetiven Wiederholens redundanter Informationen: Das Entfernen der Vorhaut alleine als gesundes, nervendurchzogenes Gewebe ist bereits der objektive Schaden.

    Hinzu tritt Schmerz und Qual bei der Operation und danach.

    Dann haben wir ein Komplikations und Infektionsrisiko sowie seltene Spätfolgen körperlicher Natur.

    Wenn die Verüber der Amputation so freundlich sind – oft sind sie es nicht – dann gibt es eine Narkose, die ihrerseits ein unverantwortliches Risiko ist, wenn kein objektiver Nutzen erzielt wird.

    Dann kommen die Erwägungen zum Trauma hinzu.

    Der Haupttrick ist aber die Demütigung die nach Affirmation ruft, um sie verleugnen zu können.

    Mir war, als sei dies alles schon gesagt worden, aber nicht von Herrn Klam. Der hat es in der Tat nicht gesagt.

    Wenn man aber 470 Kommentare lang miteinander diskutiert, dann ist das meist ein Indiz dafür, dass man aneinander vorbei redet.

    Wenn wir von einem eindeutigen Verbot der Beschneidung reden, reden wir vor einer gesetzgeberischen Maßnahme, die … als eine Maßnahme wahrgenommen werden dürfte, die sich ausschließlich gegen Minderheiten richtet.

    Falsch. Die mutwillige Körperverletzung an kleinen Kindern ist jedermann verboten – die Minderheiten werden dem Rest gleichgestellt. Dass der Rest derartige Rituale nicht hat mag man als Zufall und Glück betrachten – Glück im doppelten Sinne. Die Christen profitieren, soweit ich gehört habe davon, dass es aus opportunistischen Gründen ratsam schien, den Römern nicht mit dem Messer zu kommen. Ich bin da aber belehrbar.

    Den meisten Atheisten dagegen kann man nicht mit Glück kommen: diese lehnen irrationale Praktiken ab, etwa die Beschneidung – das ist eben kein Zufall. Und der Wille dazuzulernen ist in der atheistische Ideologie verankert. Es ist ein wichtiger Kern, ein Standpunkt, der m.E. humanistische Atheisten ausmacht. Man quält nicht, und wenn es sein muss, etwa bei einer Operation, dann nur, wenn gesichert ist, dass es Vorteile bringt.

    Nicht umgekehrt, man quält, und verschließt die Augen vor den Nachteilen, zieht Vorteile mit rhetorischen Tricks heran (Kindeswohl sei auch gegeben, wenn die Entscheidung ebensogut verschiebbar ist, weil die Krankheiten erst geschlechtsreife und ältere Männer betreffen bla, bla…).

  481. #482 Christian Reinboth
    14. September 2012

    @Stefan W.: Es ist betrüblich, aber nicht zu ändern, dass die besondere Perfidität, wenn ausgerechnet in Deutschland jüdische Mitmenschen fürchten müssen, vor dem Kadi zu laden, weil sie ihre Religion praktizieren, nicht von jedem wahrgenommen wird. Ich kann darauf nur antworten, dass mir der Standpunkt der “atheistischen Ideologie” gerade von diesem historischen Hintergrund herzlich egal ist. Die Bundesrepublik ist kein atheistischer Staat – und sie ist gewiss auch kein Staat, in dem von jedem Bürger erwartet wird, ausschließlich rationale Entscheidungen zu treffen. Insofern zieht das Argument hier nicht. Für mich ist angesichts des Morris-Reviews jedenfalls nicht erkennbar, dass es in der medizinischen Fachwelt einen eindeutigen Konsens gibt, der die Beschneidung im Kindesalter ablehnt. Genau einen solchen setze ich aber voraus, wenn es um die Frage geht, ob der Gesetzgeber Hand an den gesellschaftlichen Frieden in diesem Land legen soll. Dies mag bisweilen ja notwendig und dann natürlich auch richtig sein, allerdings braucht es dafür schlicht eine eindeutige oder zumindest nahezu eindeutige Faktenlage. Und die ist hier schlicht nicht gegeben.

    Seit Jahren diskutiere ich in Internetforen mit Klimaleugnern und versuche zu erläutern, welche Bedeutung es für den politischen Entscheidungsprozess hat bzw. haben sollte, dass es in der peer-reviewten Literatur und bei den maßgeblichen, mit dem Klima befassten wissenschaftlichen Einrichtungen einen eindeutigen Konsens hinsichtlich der Realität des anthropognenen Klimawandels gibt. Noch hat mir niemand überzeugend vermitteln können, warum das offensichtliche Fehlen eines solchen fachlichen Konsens bei der Frage, ob ein Beschneidungsverbot sinnvoll wäre oder nicht, einfach keinerlei Rolle spielen soll.

  482. #483 Adent
    14. September 2012

    @Christian Reinboth
    Ich fand, daß das Thema von Stefan W in hervorragender Weise ausgiebig beleuchtet wurde und daß sie erneut die Holocaust-Karte ziehen, finde ich unseriös.
    Was haben sie an seinen Aussagen nicht verstanden?
    Weiterhin fordern Sie es muß schon ein medizinischer Konsens her, der die Beschneidung ablehnt, ja geht es denn noch? Umgekehrt wird ein Schuh daraus, es muß ein breiter medizinischer Konsens her, der die Beschneidung bei 8 Tage alten Säuglingen als eindeutig vorteilhaft für das Wohl des Kindes sieht.Da Sie diesen im Leben nicht finden werden kommt kurz darauf die Ablenkung in die Klimadebatte, diesen Vergleich lehne ich ebenfalls ab.
    Nochmal Herr Reinboth, wir brauchen keinen medizinischen Konsens, um eine Körperverletzung abzulehnen, dieser ist NICHT notwendig dafür, es sei denn ich habe etwas verpaßt in Deutschland.
    Dad die Bundesrepublik kein atheistischer Staat ist, ist wohl eine Selbstverständlichkeit, vielleicht verwechseln sie da was denn die Bundesrepublik ist ein säkularer Staat und damit hat die Religion nichts, aber auch gar nichts im Bereich der staatlichen Gesetzgebung zu tun.

  483. #484 Wolf
    14. September 2012

    “[…]Weiterhin fordern Sie es muß schon ein medizinischer Konsens her, der die Beschneidung ablehnt, ja geht es denn noch? Umgekehrt wird ein Schuh daraus, es muß ein breiter medizinischer Konsens her, der die Beschneidung bei 8 Tage alten Säuglingen als eindeutig vorteilhaft für das Wohl des Kindes sieht.[…]”

    Unterschreib ich.

  484. #485 Schmidts Katze
    14. September 2012

    “Es ist betrüblich, aber nicht zu ändern, dass die besondere Perfidität, wenn ausgerechnet in Deutschland jüdische Mitmenschen fürchten müssen, vor dem Kadi zu laden, weil sie ihre Religion praktizieren, nicht von jedem wahrgenommen wird.”

    In Deutschland landet jeder vor dem Kadi, der einem kleinen Kind einen Körperteil amputiert, und das ist auch richtig so.

  485. #486 Christian Reinboth
    14. September 2012

    @Stefan W.:

    “Außer der Ansicht, dass Lehren gezogen werden sollten gibt es aber wenig Gemeinsamkeiten zu vermelden. Wenn rechte Parteien in ausländerfeindlicher Absicht “Gas geben” auf ein Plakat drucken, dann wendet sich von den C-Parteien über die FDP zu SPD und Linkspartei und Grünen wie Piraten alles ab – soweit herrscht Konsens, ja. Und da endet es auch ungefähr. ”

    Das stimmt im übrigen nicht ganz: Bei der Ablehnung des Beschneidungsurteils und in der Einschätzung, dass eine entsprechende rechtliche Grundlage geschaffen werden muss, waren sich auch alle Parteien – von den C-Parteien über die SPD bis hin zu Grünen und Linken – vollkommen einig. Einzig die “Gas geben”-Partei sowie die Piratenpartei haben das Urteil ausdrücklich begrüßt.

  486. #487 MartinB
    14. September 2012

    @Christian
    Das heißt, du hältst die Ablehnung des Bescneidungsverbots für eine gezogene Lehre aus dem Holocaust?

  487. #488 michaela
    14. September 2012

    @ Christian Reinboth:
    Es ist nicht faschistisch gegen Beschneidung zu sein, solange man gegen jede Form der Beschneidung ist und nicht nur gegen die religiös motivierte. Gesundheitlich gibt es da sicher keine großen Unterschiede.

    Wenn Beschneidung ohne medizinische Indikation eine Körperverletzung ist, dann die religiöse wohl auch. Eins zu verbieten, das andere aus Gründen der Toleranz zuzulassen, wäre wirklich merkwürdig. Menschen würden dann nicht gleich behandelt werden. Umgekehrt aber genauso.

    Manchen Leuten ist halt die Toleranz wichtiger, als die seelische und körperliche Gesundheit von Kindern. Das muss man wohl akzeptieren. Ist aber schwer.

    Schließlich führte das alles am Ende dazu, dass man erkennt, dass manche Menschen Jahrzehntelang gegen Gesetze verstoßen durften und immer noch dürfen , ohne dass auch nur darüber diskutiert werden konnte. Sowohl tolerante Ärzte, als auch Beschneider der jeweiligen Religionen haben Jahrzehntelang schwere Körperverletzungen, sprich Genital-Verstümmelungen begangen. Viele Opfer benutzen sicher dieses Wort, statt Beschneidung.

    Ich frage mich gerade, wie lange das bei der weiblichen Genitalverstümmelung auch so gelaufen ist bei uns. Dass einfach nicht eingegriffen wurde, aus Gründen der Toleranz, dass das Leid der Kinder egal war, bis man darüber schließlich im TV diskutiert hat.

    Die Toleranz führt offenbar dazu, dass man bestimmte Argumente sofort abwertet, wenn man sie hört. Mich hat überrascht, dass auf Leidensgeschichten von Betroffenen von Befürwortern und Verfechtern der Toleranz so gar nicht eingegangen wird und die immer nur sagen, es seien Einzelfälle. Selbst Todesfälle werden heruntergespielt. Verstümmelungen sind egal, solange sie jemand anders passiert sind.

    Sollen die doch mal mit einem verstümmelten Penis oder einem Trauma herumlaufen, dann würden sie vielleicht auch anders reden. Vielleicht würde es auch helfen, wenn man über den gesundheitlichen Nutzen von Vorhäuten und anderen Körperteilen reden würde, statt über den Pseudo-Nutzen von Beschneidung.

    Was ist das für eine Toleranz-Gehirnwäsche-Zeug? Toleranz steht doch nicht über allem anderen?

    Beschneidungen nur noch von Ärzten durchführen zu lassen, würde das Problem nicht beseitigen, selbst wenn es nicht faschistisch wäre.

    Die betreffenden Glaubensgruppen oder die Leute, die für sie sprechen, haben ja schon deutlich gemacht, dass sie das nicht brauchen, nicht wollen. Sie meinen ihre eigenen Leute sind besser ausgebildet. Und dass sie diese Tradition auf jeden Fall weiter führen werden, auch gegen das Gesetz.

    Wenn Christen sich an alles wortwörtlich halten würden, was in der Bibel steht, dann würde es bei uns vermutlich auch noch Steinigungen geben.

    Also wo ist der moderne Islam oder das moderne Judentum? Anscheinend gibt es das nicht. Vielleicht würden ja auch nur die Beschneidungsbefürworter das Land verlassen und andere würden dafür hierher kommen?

    Und man kann Fälle, die schief gelaufen sind, sicher auch noch besser vertuschen, wenn die eigenen Leute das machen, als Ärzte das können. Die können das aber auch, wie wir schon mal hier diskutiert hatten. Darum ist es keine Lösung. Es muss endlich mal Klarheit geschaffen werden über den Sinn und Unsinn von Beschneidungen. Das geht leider nur medizinisch, wo die meisten Leute nicht mitreden können und es anscheinend nur schlechte Studien gibt, die wohlmöglich noch von Lobbyisten auf den Weg gebracht wurden. Und vielleicht noch ethisch. Erst dann erkennt man, dass es sehr wohl eine Verstümmelung ist.

    Aber etwas mehr Einfühlungsvermögen würde da auch helfen.

    Und ja, ich weiß. Eine medizinische Indikation muss mindestens in einer Leitlinie genau beschrieben sein, damit sie annähernd glaubwürdig, objektiv und nachprüfbar sein kann.

    Ansonsten spiegelt sie nur das wieder, was der Arzt denkt und dieser nutzt seine Macht aus, um zu tun, was er persönlich für richtig hält.

    Man sollte sich den Hippokratischen Eid vielleicht noch einmal anschauen. Aber ich denke mir inzwischen, dass die Diskussion ohnehin zu nichts führt, weil einfach zu wenige Beschneidungs-Gegner zu Wort kommen, die wirklich Ahnung von der Materie haben. Zum Beispiel auch welche aus der jüdischen Kultur.

  488. #489 MartinB
    14. September 2012

    Hier noche in aktueller ZEIT-Link (sorry, falls den schon jemand gepostet hat)
    https://www.zeit.de/news/2012-09/12/gesundheit-aerzte-warnen-vor-folgen-von-beschneidung-bei-jungen-12140013

    Zitat: “Der Israeli Eran Sadeh, Gründer der Schutzorganisation «Protect the Children», meinte am Mittwoch, das Leiden der Juden im Holocaust dürfe keine Begründung dafür sein, die Debatte über die Beschneidung zu unterdrücken. Sadeh berichtete von eigenen traumatischen Erfahrungen mit der Beschneidung. “

  489. #490 Stefan W.
    14. September 2012

    Erstens:

    Einzig die “Gas geben”-Partei sowie die Piratenpartei haben das Urteil ausdrücklich begrüßt.

    M.a.W.: Es gab keinen Konsens “alle außer die Braunen”. Wie ich gesagt habe. Und in den Parteien – ich glaube etwas derartiges beobachtet zu haben – bröckelt es auch ein wenig, oder nicht? Die Grünen waren schon zur ad-hoc Abstimmung gespalten, oder erinnere ich mich falsch?

    Aber zweitens: Wem gehört der Holocaust? Wer hat die Deutungshoheit? Wer darf sich darauf beruhen und Sonderrechte daraus ableiten? Auch Juden aus dem Gebiet der ehemaligen SU, die angeblich 80% der heutigen in Deutschland lebenden Juden ausmachen, und die größtenteils unbeschnitten sind? Dürfen die sich auch als in der Tradition der Juden sehen, oder dürfen dt. Richter denen das Judesein absprechen? Wer darf sagen, was das ist “jüdisches Leben in Deutschland unmöglich”?

    Wenn ein jüdischer Mann beschnitten wurde als Kind in Deutschland, und mit 18 Jahren sagt er: Mumpitz! Das ist nicht mehr Zeitgemäß! Erstens esse ich Schweinefleisch, und zweitens fahre ich am Sabbat Auto, und drittens hätte ich auch lieber eine Vorhaut gehabt.

    Von mir aus soll ein orthodoxer Rhabbiner sagen, dass das kein richtiger Jude dann sei, aber die Nazis haben nicht nur orthodoxe Juden verfolgt. Der Nachkomme von Juden, der nicht beschnitten sein will hat m.E. das gleiche Recht sich auf den Holocaust zu berufen wie jeder andere Jude auch.

    Was folgt also aus dem Holocaust?

    Dass man einem Kollektiv das Recht einräumt seine Kinder zu verstümmeln? Ich sehe da keine Logik. Sind die Menschenrechte aus Gründen der Diplomatie disponibel? Aus Opportunismus? Kann man ein Unrecht durch eine schlecht symmetrisches, neueres Unrecht heilen?

    Wem tut man einen Gefallen, in dem man die Amputation gestattet, und in wessen Rechte greift man ein?

    Es hat mich etwas überrascht, von welchen Personen des öffentlichen Lebens die Holocaustkarte ins Spiel gebracht wurde. Ich hatte gedacht dass Konsens wäre, dass man die Opfer nicht instrumentalisiert, und nur in extremen Fällen diesen Vergleich ins Spiel bringt, dass man vor allem vorsichtig ist sich selbst darauf zu berufen.

    Aber gut – wieso sollen die Juden bessere Menschen sein, die der Versuchung widerstehen den vermeintlichen Gegner ins Boxhorn zu jagen? Okay – kann ja mal vorkommen, aber ich lasse mich nicht ins Boxhorn jagen – der Kaiser ist nackt!

  490. #491 s.s.t.
    15. September 2012

    Nachdem also wohl auch dem Dümmsten klar geworden ist, dass eine Beschneidung bestenfalls im Erwachsenenalter gewisse gesundtheitliche Vorteile bringt, wenn überhaupt (die Gegenrechnung mit den Risiken lass ich jetzt mal), warum gibt es überhaupt einen Grund ein Baby zu beschneiden?

    Der einzige verbliebene Grund (außer dass es sich nicht dagegen wehren kann) ist der, dass es genügend Leute gibt, die so in archaischen Ritualen verstrickt sind, dass sie sich daraus nicht (selbst) befreien können. Der Muff unter den Talaren ist das reinste Parfüm für diese Menschen.

    Derartige Rituale sind selbstredend menschengemacht und daher auch wandelbar. Alle Religionen haben im Laufe der Zeit zahlreiche Paradigmenwechsel vollzogen, die meisten wohl die christlichen Kirchen.

    Gleiches gilt für die Politik/Gesellschaft, insbesondere hier. Schaut man sich mal an, was vor so rund 50 Jahren hier Usus war, kann man nur mit den Ohren schlackern.

    Es kann nicht angehen, dass irgendwelchen Leute besondere Rechte eingeräumt werden, nur weil sie im Ewig-Gestrigen verhaftet sind. Es mag noch nicht bei allen angekommen sein, aber Gesellschaften entwickeln sich weiter und der Schnee von gestern ist eben genau der Schnee von gestern.

    Ich bin in dem Moment für Knaben-Beschneidungen in dem mir Jemand logisch klar machen kann, warum eine Ohrfeige eine strafwürdige Körperverletzung ist, eine Knabenbeschneidung aber keine und eine Mädchenbeschneidung wiederum doch eine. Traditon (+ Religion) haben alle drei Dinge.

    Bei einigen christlichen Fundies und z.B. im Islam werden Prügel als Erziehungsmittel empfohlen und sind mit ‘heiligen’ Schriften belegbar. Warum verteidigt eigentlich niemand lautstark diese Praktiken? Tradition, Glaube und Unschädlichkeit sind doch im gleichen Maße gegeben.

    Mal ganz im Ernst: Der einzige für mich nachvollziehbare Grund für eine Knabenbeschneidung sind religiöse Gründe. Daher sollte eigentlich die Überschrift lauten:

    “Beschneidung: Was dürfen Religiöse?”

  491. #492 michaela
    16. September 2012

    Die Überschrift könnte auch lauten:

    Beschneidung- warum erkennen wir nicht, dass es eine Verstümmelung ist?

    Warum werden wir über die Vorteile von bestimmten Körperteilen und Teilen von Körperteilen nicht genügend aufgeklärt?

    Warum sind Kinder und Geschlechtsteile oder Teile von Geschlechtsteilen bei uns so wenig wert?

    Warum diskutieren wir darüber, wer verstümmeln darf und wer nicht, statt uns zu wundern, dass wir es jahrzehntelang zugelassen haben, dass es passiert????

  492. #493 s.s.t.
    16. September 2012

    Warum diskutieren wir darüber, wer verstümmeln darf und wer nicht, statt uns zu wundern, dass wir es jahrzehntelang zugelassen haben, dass es passiert????

    Stimmt.

    Und da sollte man mal die Berufsethiker fragen, nämlich die Religiösen. Die haben nämlich eine Menge von Geboten auf Lager. Aber da da keines lautet: “Du sollst nicht verstümmeln Deines Nachbarn Penis.”, halten die diese Verstümmelungen für gottgewollt.

    Na ja, wurde hier schon verlinkt, aber ein Blick darauf ist immer gut, wenn man wissen will, wie die ‘Gottgewollten’ ticken:
    https://www.youtube.com/watch?v=gRdfX7ut8gw

    Baut Euch doch in Anatevka ein Reservat, in dem Ihr tun und lassen könnt, was Euch Euer persönliches FSM ganz persönlich vorschreibt!

  493. #494 Physiker
    17. September 2012

    @Schmidts Katze (September 13, 2012):

    Mein Eindruck ist, daß du Kant nicht kennst […]

    Auch eine Berufung auf Kant setzt keine Grundrechte ausser Kraft.

    Und ich kann mir nur wünschen, daß die Richtlinien des BVKJ siich auch in den USA durchsetzen

    Wie kommen Sie zu Ihrer Meinung, dass die deutschen Kinderärzte Recht hätten und die Kinderärzte in den USA im Unrecht sind? Haben Sie die Kompetenz dazu, das einzuschätzen, oder berufen Sie sich dazu auf andere Quellen (die über die Seriosität von Youtube-Clips und Ingenieurs-Pamphleten zu dem Thema hinausgehen)?

  494. #495 Wolf
    17. September 2012

    @Physiker:
    Und wie kommen Sie zu der Ansicht, dass die Kinderärzte in den USA Recht haben? Haben SIE die Kompetenz dazu (also: sind SIE Arzt?)?
    “Ingenieurs Pamphlet”: Noch einer der die Ähnlichkiet so viel deutlicher macht.

  495. #496 Physiker
    17. September 2012

    @Stefan W. (September 14, 2012):

    es gibt kein Menschenrecht oder Gesetz, dass eine Aufschiebung solcher Maßnahmen fordert.

    Doch, das Grundgesetz mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Womöglich auch das Recht auf freie Religionswahl, bei der die Eltern hier ihr Sorgerecht überziehen.

    Inwiefern? Können Sie diese Behauptung mit irgendwelchen Präzedenzfällen oder anderen Quellen belegen?

    Es ist ja so, dass im Gegensatz zu Impfungen und Haareschneiden erstens keine Eile geboten ist,

    Wie gesagt, weder aus dem Grundgesetz noch aus sonst irgendwelchen Gesetzen ist zu entnehmen, dass “Eile” relevant wäre. Bitte belegen Sie Ihre Prämisse.

    zweitens der Eingriff viel tiefer geht – soweit man sich auf medizinische Aspekte einlassen will,

    Die medizinischen Aspekte werden in der Nutzen-/Risiko-Abwägung berücksichtigt. Einem “tiefen” Eingriff muss auch ein grosser Nutzen gegenüberstehen. Das ist aber laut zitierter Literatur der Fall.

    obwohl diese klar blos vorgeschoben sind.

    Nochmal: Sie unterstellen mir eine Täuschungsabsicht, indem Sie weiter damit argumentieren, dass der medizinische Nutzen nur vorgeschoben wäre. Ich habe jetzt oft genug höflich betont, dass diese Unterstellung nichts in einer seriösen Diskussion zu suchen hat. Bitte bleiben Sie sachlich.

    Drittens aber, wenn man das wahre Motiv beleuchtet, ist kein objektives Kindeswohl mehr zu erkennen.

    Wie wollen Sie die wahren Motive ermitteln bzw. woher kennen Sie diese? Sie stützen sich auf reine Spekulation.

    Der Verlust der Vorhaut als sexuell stimulierbares Organ tritt sicher ein.

    Der überwiegenden Mehrheit der Literatur (siehe Abschnitt 3.9. im Morris-Review) zufolge wirkt sich der Verlust der Vorhaut positiv aus.

    Außerdem tritt entweder sicher ein ein großer Schmerz während der Operation und danach, oder es entsteht ein empfindliches Risiko durch Betäubung.

    Das Risiko durch die Lokalanästhesie ist laut den Review-Daten nicht grösser als bei jeder anderen Blutentnahme etc., die jedem Säugling sowieso bei der Geburt zugemutet wird.

    Es gibt also ganz enorme Nachteile,

    Ein Verlust, der sich positiv auswirkt, kann nicht alleine deshalb ein Nachteil sein, weil es ein Verlust ist. Es kommt ausschliesslich auf die Konsequenzen an. Ihr Verlust der Weisheitszähne ist doch auch kein Nachteil, nur weil es ein Verlust ist – um ein Gegenbeispiel zu nennen.

    und demgegenüber steht eine vage Chance an verschiedenen Krankheiten weniger wahrscheinlich zu erkranken.

    Das ist eine Untertreibung. Die aufgelisteten NNTs können sich sehen lassen und sind absolut vergleichbar mit NNTs von Standard-Impfungen, ja schneiden in vielen Fällen sogar wesentlich besser ab (siehe FSME und sicher auch Tetanus).

    Diese Krankheiten treten aber erst in einem Alter auf, in dem der Mann selbst darüber befinden könnte, ob er dieses Risiko derart mindern will.

    Das ist laut Fachliteratur falsch: “As discussed, UTIs are common in infancy, as is the damage they cause to the still-growing kidney. Infant MC provides immediate protection against other common pediatric conditions such as phimosis, paraphimosis and balanoposthitis.”

    Da es keine Notwendigkeit für die Eltern gibt, diese Frage frühzeitig zu entscheiden […

    Doch, die gibt es. Erstens fallen bei einer späteren Entscheidung die Vorteile für Kleinkinder weg und zweites sind die Nebenwirkungen bei einer späteren Beschneidung ganz erheblich höher. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie diese zwei Punkte nicht ständig ignorieren würden.

    Trotzdem hat man gewartet bis ich 18 war, damit ich selbst der Maßnahme zustimmen kann.

    Ich kenne nicht die (Un-)Rechtslage in der damaligen DDR, aber heute wäre so eine Entscheidung (eine medizinische Massnahme aus “rechtlichen” Gründen aufzuschieben) undenkbar. Bitte lesen Sie die verlinkten Beiträge aus dem Ärzteblatt, die die heutige Argumentation zusammenfassen.

  496. #497 Physiker
    17. September 2012

    @Wolf (September 14, 2012):

    Das Problem von Physiker ist ein […] angeborenes Bedürfnis Kinder als Eigentum der Eltern zu betrachten.

    Bitte lassen Sie diese Unterstellung. Kinder sind nicht Eigentum der Eltern. Deshalb können Eltern auch nur medizinischen Eingriffen zustimmen, die zum Wohl des Kindes sind.

  497. #498 Physiker
    17. September 2012

    @Schmidts Katze (September 14, 2012):

    Oh, mir ist gerade die Quelle für die 117 Kinder, die in den USA jedes Jahr an der Beschneidung sterben, über den Weg gelaufen:
    https://www.mensstudies.com/content/b64n267w47m333x0/?p=488e687276f346699601a0275fc5827b&pi=2

    Diese Studie begeht laut diesem Review (ebenfalls von Morris) den Fehler, die ungleiche Todesrate zwischen den Geschlechtern ausschliesslich auf die Beschneidung zurückzuführen:

    The claim by Travis et al. of ‘‘0.9 deaths per 10 000 circumcisions’’ is from Bollinger (2010), who assumed
    sex differences in infant mortality in the USA are
    entirely due to MC. But sex differences are also seen
    in countries with low neonatal MC (Table 1).

    Also wenn Sie schon Schätzungen zitieren, dann wenigsten welche, die durch einen Vergleich mit einer Kontrollgruppe zustande kommen. Wie die ebenfalls von Beschneidungsgegnern zitierte Studie von King zeigt, gab es in den USA unter 500 000 Beschneidungen keinen einzigen Todesfall, der auf diese Ursache zurückzuführen war. Die von den Beschneidungsgegnern angeführten Zahlen sind also nicht nur widersprüchlich sondern entweder falsch zitiert oder einfach nur falsch.

  498. #499 Wolf
    17. September 2012

    @Physiker:
    Genau!
    Und darum ist es widersinnig ein völlig gesundes Körperteil zu verstümmeln, weil es UNTER UMSTÄNDEN dazu kommen KÖNNTE, das es VIELLEICHT, einen SEHR GERINGEN Nutzen zeigen KÖNNTE.

    Alles was Sie bisher ins Feld geführt haben lässt sich deutlich Risikoärmer mit Kondomen, Wasser und Seife und einer Impfung umsetzen. Und das alles ist auch noch Kostengünstiger als eine Verstümmelung.

    Die Prophylaktische Amputation der Mammae von Frauen würde deutlich mehr verhindern, als das rumschnippeln bei Kleinstkindern.

    Und ich halte meinen Vorwurf weiterhin aufrecht: Das Wohl des Kindes, und das Recht des Kindes unverstümmelt aufzuwachsen ist für Sie sekundär und muss der Willkür der Eltern unterliegen.

  499. #500 Physiker
    17. September 2012

    @michaela (September 16, 2012):

    Beschneidung- warum erkennen wir nicht, dass es eine Verstümmelung ist?

    Eine Verstümmelung würde nur dann vorliegen, wenn es in der medizinischen Fachliteratur einen Konsens darüber gäbe, dass die Nachteile der Beschneidung die Vorteile überwiegen. Das ist aber hier nicht der Fall, wie die zitierte Literatur zeigt. Und ob es einen Konsens in der Literatur gibt und wie dieser Konsens aussieht, kann jeder mit kleinem Aufwand selbst herausfinden. Pubmed oder Google-Scholar zu bedienen ist wirklich nicht schwierig, und man erkennt sofort, dass die weiter oben verlinkten Seiten der Beschneidungsgegner nur Cherry-Picking betreiben.

  500. #501 Physiker
    17. September 2012

    @Wolf (September 17, 2012):

    Und wie kommen Sie zu der Ansicht, dass die Kinderärzte in den USA Recht haben?

    Ich bin mir nicht sicher, dass die Kinderärzte in den USA Recht haben. Ich halte es aber für gut möglich. Denn ich vertraue der Fachliteratur/Evidenzbasierten Medizin. Es kann natürlich sein, dass ich wichtige Artikel in der Fachliteratur übersehen habe. In diesem Fall lasse ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen.

    “Ingenieurs Pamphlet”: Noch einer der die Ähnlichkiet so viel deutlicher macht.

    Sorry, ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen. Ich halte Internetseiten von fachfremden Personen zu einem medizinischen Thema für weniger vertrauenswürdig als peer-reviewte Fachpublikationen/Reviews.

    Und darum ist es widersinnig ein völlig gesundes Körperteil zu verstümmeln, weil es UNTER UMSTÄNDEN dazu kommen KÖNNTE, das es VIELLEICHT, einen SEHR GERINGEN Nutzen zeigen KÖNNTE.

    Wenn jeder zweite Junge von einer Beschneidung profitiert (siehe Zitat), dann sind/ist diese Konjunktive/Kleinrednerei nicht gerechtfertigt.

    Alles was Sie bisher ins Feld geführt haben lässt sich deutlich Risikoärmer mit Kondomen, Wasser und Seife und einer Impfung umsetzen.

    a) Es gilt in einem Rechtsstaat immer noch die Wahlfreiheit bei einer Behandlung – und bei nicht-einwilligungsfähigen Personen entscheiden laut Gesetz die Sorgeberechtigten. Ihre Argumentation zielt letztlich darauf ab, den Patienten die Wahlfreiheit bei einer Behandlung zu nehmen. Das ist selbst bei Eltern die stellvertretend für ihre Kinder entscheiden, ein sehr schwerer Eingriff in unsere Freiheitsrechte – der letztendlich so gut wie alle Eltern kriminalisieren würde, da alle Eltern schon mal in der Lage waren zwischen verschiedenen Behandlungsalternativen ihrer Kinder abzuwägen.

    b) Es gibt in den entwickelten Ländern Kondome, Wasser, Seife und Impfungen. Trotzdem lassen sich die aufgelisteten Krankheiten weiter reduzieren, wie die Tabelle 1 im Review von Morris anhand der Daten aus den USA zeigt. Es gibt keinen vernünftigen Grund zusätzliche Präventionsmassnahmen de facto zu verbieten, nur weil die bisherigen (ebenfalls freiwilligen) Massnahmen nicht konsequent genug durchgeführt wurden. Wenn durch Kombination mehrerer Präventionsmassnahmen eine höhere Risikoreduktion zu erreichen ist, dann ist das so gut wie immer begrüssenswert.

    c) Wie wollen Sie das Risiko von Genitalherpes/Syphilis/Candidiasis/Prostatakrebs/Phimose mit Kondomen, Wasser, Seife oder Impfungen verringern? Kennen Sie Studien, die eine genauso hohe Risikoredution von Harnwegsinfektionen bei verbesserter Hygiene gegenüber dem US-Standard zeigen? Ihre Behauptungen sind abenteuerlich.

  501. #502 Thomas J
    17. September 2012

    @Physiker

    “Kinder sind nicht Eigentum der Eltern. Deshalb können Eltern auch nur medizinischen Eingriffen zustimmen, die zum Wohl des Kindes sind.”

    Also die Beschneidung ist ein medizinischer Eingriff zum Wohl des Kindes. Haben wir jetzt alle begriffen.
    Die Nichtbeschneidung kann aber dann für vernünftige Eltern nicht vertreten werden, oder sehen Sie das anders?

  502. #503 Wolf
    17. September 2012

    zu a: Was für ein Blödsinn.
    zu b: Humbug
    zu c: Meine Güte! Wie gut, dass Sie kein Arzt sind.

    Ich hoffe Sie haben keine (männlichen) Nachkommen, denn die tun mir wirklich Leid.

    Bleiben Sie besser bei der theoretischen Physik.

  503. #504 Stefan W.
    17. September 2012

    Sie verkaufen nach wie vor als Vorteil der Beschneidung, dass Krankheiten vermieden werden, die beim geschlechtsreifen Mann entstehen.

    Oder die Beschneidung als Phimoseprophylaxe, dabei kann man diese behandeln, wenn sie auftritt. Als Grund es prophylaktisch zu tun geben Sie an, dass die Operation im Kindesalter komplikationsärmer sei.

    Dem steht aber entgegen, dass Vollnarkosen, die von mehreren Ärzten in der Diskussion als dringend geboten angeraten wurden, beim Kleinkind nicht angeraten sind.

    Zieht man aber die Geschlechtskrankheiten, die Phimose, die doppelt gezählten Krankheiten ab, dann bricht das mühsam zusammengezimmerte Kartenhaus zusammen.

    Die Eile steht deswegen nicht im Grundgesetz, weil es ein trivialer Fakt der Lebensrealität ist: Wenn die Eltern die körperliche Unversehrtheit des Kindes nicht aus Jux und Dollerei verletzen dürfen, dann gibt es auch keinen Grund wieso sie einer Amputation heute zustimmen sollen, die die betreffende Person später ebenso gut selbst treffen kann. Das Recht stellvertretend für das Kind die Entscheidung zu treffen ist ja eine Ausnahme, die erst aus der Notwendigkeit hier und heute etwas zu entscheiden folgt.

  504. #505 Stefan W.
    17. September 2012

    @Christian Reinboth September 14, 2012
    @Stefan W.: Es ist betrüblich, aber nicht zu ändern, dass die besondere Perfidität, wenn ausgerechnet in Deutschland jüdische Mitmenschen fürchten müssen, vor dem Kadi zu laden, weil sie ihre Religion praktizieren, nicht von jedem wahrgenommen wird.

    Besonders perfide finde ich den rhetorischen Taschenspielertrick, die Verstümmelung von Kindern hier durch das abstrakte “Religionsausüben” zu ersetzen, und zu unterstellen, dass dies das Begehr der Gegner sei.

    Ich kann darauf nur antworten, dass mir der Standpunkt der “atheistischen Ideologie” gerade von diesem historischen Hintergrund herzlich egal ist

    Körperliche Unversehrtheit als elementares Grundrecht zu betrachten ist ein Ansicht die prinzipiell auch vielen Anhängern von Religionen offenstehen – eigentlich allen Religionen, die nicht kompromisslos die Körperverletzung aus religiösen Gründen einfordern.

    Es ist also die schäbige Ideologie der Menschenrechte, die hier zur Diskussion steht, nichts inhärent atheistisches.

    Die Bundesrepublik ist kein atheistischer Staat – und sie ist gewiss auch kein Staat, in dem von jedem Bürger erwartet wird, ausschließlich rationale Entscheidungen zu treffen

    Richtig. Aber wenn man anderen Menschen Körperverletzungen zumutet, dann wohl, dann nur aufgrund rationaler Entscheidungen. Polizisten dürfen auch Gewalt ausüben – aber nicht aus irrationalem Heilserwarten.

    Seit Jahren diskutiere ich in Internetforen mit Klimaleugnern und versuche zu erläutern, welche Bedeutung … eindeutigen Konsens … Klimawandels gibt. Noch hat mir niemand überzeugend vermitteln können, warum das offensichtliche Fehlen eines solchen fachlichen Konsens bei der Frage, ob ein Beschneidungsverbot sinnvoll wäre oder nicht, einfach keinerlei Rolle spielen soll.

    Die Juden haben 2600 Jahre oder mehr nicht aus medizinischen Gründen verstümmelt – jetzt plötzlich tauchen selbstenannte Sekundanten auf, um eine medizinische Indikation zu behaupten.

    Wäre das Motiv ein medizinisches, dann würde man nicht in einem Alter beschneiden, in dem eine Vollnarkose so gefährlich ist.

    Ich habe schon mehrere jüdische Diskussionsteilnehmer erlebt, die alle Versuche die Beschneidung in die medizinische Sphäre zu ziehen brüsk zurückgewiesen haben.

    Weder ist man bereit über das Alter der Beschneidungskandidaten zu reden, noch will man professionelle Anästhesisten dabei haben, auch will man nicht im Krankenhaus verstümmeln. Das einzige Zugeständnis dass man aus medizinischer Hinsicht bereit ist zu machen ist, dass man das Thema als Strohmann in die Diskussion bringt.

  505. #506 Adent
    18. September 2012

    @Stefan W

    Das einzige Zugeständnis dass man aus medizinischer Hinsicht bereit ist zu machen ist, dass man das Thema als Strohmann in die Diskussion bringt.

    Genau das sieht man ja an Hand dieses Threads sehr schön dargestellt. Ich denke man kann dem Physiker hier noch 100mal antworten allein er ist an sich ein Strohmann und daher bringt es nichts.
    In den USA wurde jetzt übrigens das Ablutschen des Blutes nach der Beschneidung verboten, ein Bauernopfer?

  506. #507 Physiker
    18. September 2012

    @Stefan W. (September 17, 2012):

    Sie verkaufen nach wie vor als Vorteil der Beschneidung, dass Krankheiten vermieden werden, die beim geschlechtsreifen Mann entstehen.

    Ja, denn wie bereits im Artikel steht, wäre eine wortwörtliche Interpretation des “Kindeswohl” unsinnig – es geht nämlich um das Wohl der Person die zu dem Zeitpunkt noch ein Kind ist und nicht um einen zeitlich begrenzten Nutzen in der Kindheit. Wenn sich das Kindeswohl ausschliesslich auf den Nutzen in der Kindheit beziehen würde, dann wären ja medizinische Eingriffe vom (Grund-)Gesetz gedeckt, die dem Kind nutzen und dann im späteren Leben schaden – und das will doch wirklich niemand.

    Oder die Beschneidung als Phimoseprophylaxe, dabei kann man diese behandeln, wenn sie auftritt.

    Warum soll man offensichtliche Vorteile verschweigen? Wenn man schon auf der einen Seite die kurzzeitigen und gut behandelbaren Schmerzen bei der Operation anführt, warum sollen dann die monate- oder sogar jahrelangen Schmerzen bei nicht rechtzeitig behandelten Phimosen zumutbar sein und keine Rolle spielen?

    Dem steht aber entgegen, dass Vollnarkosen, die von mehreren Ärzten in der Diskussion als dringend geboten angeraten wurden, beim Kleinkind nicht angeraten sind.

    Ärzte, die Vollnarkosen empfehlen, halten sich weder an die Empfehlung der Fachverbände (ziehe Link zur Indikationsempfehlung) noch an der Fachliteratur. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es solche Ärzte gibt die bewusst zusätzliche Risiken fordern. Im günstigsten Fall müssete man solchen Ärzten Doppelmoral vorwerfen (wenn sie selbst bei z.B. Phimose-bedingten Beschneidungen wie üblich eine Lokalanästhesie verwenden), im ungünstigsten Fall wären diese Ärzte einfach Pfuscher. Ich weiss nicht, was schlimmer wäre.

    Die Eile steht deswegen nicht im Grundgesetz, weil es ein trivialer Fakt der Lebensrealität ist: […]

    Sie liegen mit Ihrer Intuition/Ihren Vermutungen komplett falsch, wie die zitierte juristische Fachliteratur (Beulke und Dießner) nahelegt:

    Die von […] behauptete Pflicht der Eltern, von unumkehrbaren, mit körperlichen Auswirkungen behafteten Bekenntnissen bis zum Eintritt der Einwilligungsfähigkeit des Knaben Abstand zu nehmen, lässt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht begründen und auch dem einfachen Recht nicht entnehmen. Im Übrigen würde eine solche Verpflichtung in das durch die Eltern bis zum Erreichen der Religionsmündigkeit fiduziarisch ausgeübte Recht des Kindes auf ungestörte Religionsausübung eingreifen, also – aus grundrechtsdogmatischer Sicht – nicht weniger eingriffsintensiv sein.

    Und wenn Sie den ersten Teil des obigen Artikels nochmal lesen, dann verstehen Sie auch, warum diese Argumentation einleuchtend ist. Im übrigen ist es nämlich auch ein Grundpfeiler der Rechtsstaatlichkeit, dass alles erlaubt ist, was nicht verboten ist (Allgemeine Handlungsfreiheit, GG Art. 2). ” Triviale Fakten der Lebensrealität” sind also nicht geeignet um ein Verbot zu begründen.

  507. #508 Wolf
    18. September 2012

    @Physiker: Eine Phimose per se verursacht keine Schmerzen. Insofern ist ihr Vergleich mit den Schmerzen nach einer OP (die man definitiv hat) falsch.

    Machen wir einen Deal:

    Zeigen Sie mir eine Studie die 100.000 Männer umfasst, 50.000 unbeschnitten, 50.000 beschnitten, und zeigen Sie einen signifikanten Unterschied in der Prävalenz zu ungunsten der unbeschnittenen in Bezug auf ein Prostatakarzinom (von Ihnen in den Ring geworfen) auf.
    Auszunehmen von der Studie wären Männer mit:
    positiver Familienanamnese für Karzinome
    art. HT
    DM I und II
    BPH
    NI (Stadium egal)
    Nierensteinen
    C2 Abusus
    Drogenabusus
    Tabakabusus
    anderen Karzinomen
    rez. Harnwegsinfekten
    angeborenen Fehlbildungen
    Männer mit Z.n. Frakturen im Bereich des Beckens
    Männer mit häufigen Röntgenuntersuchungen des Beckens / Abdomens
    Radfahrern
    Berufskraftfahrern
    Colitis ulcerosa
    rez. Divertikulitiden

    Wenn es so einfach ist wie Sie sagen, dann wird sich da ein signifikanter Unterschied zeigen.
    Es würden mir auch 10.000 Männer reichen. Zeigt sich ein signifikanter Unterschied, werde ich Ruhe geben.

    Ansonsten bleibe ich bei meiner Ansicht, dass Sie als (sorry an alle anderen) Physiker mit einer solchen Arroganz an die Thematik herangegangen sind, nach dem Motto “Mediziner sind ja keine echten(!) Wissenschaftler”, das mir schlecht wird. Und Ihre Arroganz wir nur durch die Ignoranz, die Sie an den Tag legen übertroffen.
    Sie haben null Ahnung von den Vorgängen im und um den menschlichen Körper, und Ihre Vortsellung “Vorhaut ab, schon keine HWI, Karzinome, Phimosen mehr” ist bestenfalls als Naiv anzusehen, schlechtestenfalls, na lassen wir das.

    Darum noch mal mein Tipp: Bleiben SIe bei der theoretischen Physik. Bitte. Da mögen Sie hervorragende Leistungen bringen, vielleicht erhalten Sie auch mal den Nobelpreis für Physik, ich würde es Ihnen gönnen, aber lassen Sie bitte die Finger von der Medizin, denn davon haben Sie herzlich wenig Ahnung.

  508. #509 Schmidts Katze
    18. September 2012

    “Im Übrigen würde eine solche Verpflichtung in das durch die Eltern bis zum Erreichen der Religionsmündigkeit fiduziarisch ausgeübte Recht des Kindes auf ungestörte Religionsausübung eingreifen, also – aus grundrechtsdogmatischer Sicht – nicht weniger eingriffsintensiv sein.”

    Was zitierst du denn hier, Physiker?
    Ich denke, es geht dir nur um eine Beschneidung zum medizinisch begründeten Wohl des Kindes, und eine religiös begründete lehnst du ab?

    Reinhard Merkel schreibt dazu übrigens:

    “Aber das Sorgerecht ist, anders als das der Religionsausübung, kein Freiheitsrecht der Eltern. Es ist ein treuhänderisches Mandat, es ist Pflicht mindestens so sehr wie Recht. Seine verbindliche Maßgabe ist deshalb das Wohl der Kinder, nicht die Autonomie der Eltern. Darüber “wacht”, heißt es in Artikel 6 des Grundgesetzes, “die staatli-che Gemeinschaft”. Das Elternrecht, sagt das Bundesverfassungsgericht, “ist wesentlich ein Recht im Interesse des Kindes”. An dessen Wohl findet es daher seine zwingende Grenze.”
    https://www.sueddeutsche.de/wissen/beschneidungs-debatte-die-haut-eines-anderen-1.1454055

    Und da wir wissen, daß fast kein Erwachsener sich für die Beschneidung entscheidet, kann sie auch nicht im Interesse des zukünftigen Erwachsenen liegen.

  509. #510 Adent
    18. September 2012

    @Schmidt
    Sich selbst wie so oft zitiert er hier. Ich finde es schon eine erhebliche Unverschämtheit vom Physiker einerseits andere Leute hier wegzufegen indem er sagt man sei ja kein Experte und er selbst als Physiker lehnt sich so weit aus dem Fenster in Sachen Medizin und Recht, daß es schon lange gekracht hat. Im übrigen fällt auf, daß er berechtigte Einwände ignoriert oder arrogant mit dem Hinweis, das sei ja nicht peer reviewed (wenn es das doch ist) das sei ja falsch gemacht hinwegfegt. Insofern stimme ich Wolf 100% zu, selten hat sich jemand fachfremdes derart ignorant und arrogant mit einem derartigen Thema auseinandergesetzt wie er.
    Ich ahne schon was kommt… Morris, Morris oh heilger Morris, jaja die Gläubigen.

  510. #511 Schmidts Katze
    18. September 2012

    @ Adent,
    hast du dich schon mal mit einem Zeugen Jehovas über die Evolution unterhalten?
    Da sind die Argumentationsstrategien identisch:
    “Aber in der Bibel steht,” und alle anderen Argumente werden ignoriert.
    Dabei ist die Bibel noch nicht mal peer-reviewt.

    Jaja, die Gläubigen.

  511. #512 Adent
    18. September 2012

    @Schmidts Katze
    Aber Hallo, die Bibel ist sehr wohl peer reviewed von einem gewissen Herrn O. Gott und seinem Sohn und wie ich mich meine zu erinnern einem Hr. H. Geist. Also völlig ausreichend, um die Beschneidung für immer und alle Zeiten zu begründen, ach nee, das steht ja gar nicht drin.

  512. #513 michaela
    19. September 2012

    @Physiker: “Eine Verstümmelung würde nur dann vorliegen, wenn es in der medizinischen Fachliteratur einen Konsens darüber gäbe, dass die Nachteile der Beschneidung die Vorteile überwiegen.”

    Wie bitte? Also alles, was Mediziner entscheiden ist fortan richtig? Und das obwohl in den letzten Jahrzehnten über dieses Thema nicht mal wirklich öffentlich diskutiert wurde? Zumindest nicht in Deutschland, weil bei uns ja nur Toleranz-Gehirnwäsche-Zombies herumlaufen. Ich denke, viele dieser angeblich so wissenschaftlichen Studien sind nur als Rechtfertigung der Verstümmelung auf den Weg gebracht worden. Wenn Mediziner über ihre Grenze gehen und gegen ihre Berufsethik verstoßen, dann gibt es nur noch das Gesetz, dass sie stoppen kann. Aber die Politiker sind leider alle unfähig und verhindern, dass diese Gesetze auch angewendet werden. Es besteht bei uns schon längst die soziale Akzeptanz von Verstümmelungen, solange sie nur nicht von religiösen, sondern von Medizinern und Chirurgen durchgeführt wird. Es lässt sich sogar belegen, dass es eine Tradition zur medizinischen Verstümmelung von weiblichen Geschlechtsteilen bei uns gibt. (siehe Hulverscheidt 2002). Die medizinische Verstümmelung der männlichen Geschlechtsteile kommt vermutlich eher aus den USA. Man lehnt immer das ab, was aus einer fremden Gruppe / Kulturkreis kommt. Was aus dem eigenen Kulturkreis kommt, wird dagegen nicht als Verstümmelung erkannt. Es gibt auch ganz klare Definitionen, was Verstümmelung ist. Steht im Wörterbuch so drin und dazu brauch man auf keinen medizinischen Konsens zu warten.

    Zitat 1:
    “ver•stụ̈m•meln; verstümmelte, hat verstümmelt; [Vt]
    1. jemanden/sich verstümmeln jemanden/sich selbst verletzen, indem man Teile des Körpers (z. B. einen Arm, eine Hand) abtrennt”

    Zitat 2
    “§ 226 Strafgesetzbuch: schwere Körperverletzung

    (1) Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person
    1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
    2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
    3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,

    so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
    (…)”

  513. #514 Physiker
    19. September 2012

    @Wolf (September 18, 2012):

    Eine Phimose per se verursacht keine Schmerzen.

    Wieso ist dann eine Phimose über Schmerzen definiert?

    Zeigen Sie mir eine Studie die 100.000 Männer umfasst, 50.000 unbeschnitten, 50.000 beschnitten, und zeigen Sie einen signifikanten Unterschied in der Prävalenz zu ungunsten der unbeschnittenen in Bezug auf ein Prostatakarzinom (von Ihnen in den Ring geworfen) auf.
    Auszunehmen von der Studie wären Männer mit:
    [Liste verschiedener anderer Faktoren die mit Prostatakarzinomen in Verbindung gebracht werden]

    Die Forderungen scheinen mir überzogen. Hier wäre aber z.B. eine Studie mit 20000 finnischen Teilnehmern die einen signifikaten Zusammenhang zwischen HPV und Prostatakrebs herstellt. Und dass Beschneidung das HPV-Risiko deutlich mindert, ist sehr gut belegt. Einen direkteren Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Beschneidung und Prostatakrebs liefert diese Studie (das Ergebnis ist zwar signifikant, aber mit Vorsicht zu geniessen, da relativ viele Faktoren untersucht wurden). Noch mehr Literatur finden Sie zu dem Thema in Abschnitt 8 dieser Publikation.

    nach dem Motto “Mediziner sind ja keine echten(!) Wissenschaftler”

    Mediziner sind Wissenschaftler, die ganz genauso wie Physiker in peer-reviewten Fachzeitschriften publizieren. Deshalb lege ich ja auch soviel Wert auf die Fachpublikationen.

  514. #515 Physiker
    19. September 2012

    @Schmidts Katze (September 18, 2012):

    Was zitierst du denn hier, Physiker?

    Ich zitierte, wie angegeben, Beulke und Dießner. Bitte lesen Sie einfach nochmal den obigen Artikel.

    Ich denke, es geht dir nur um eine Beschneidung zum medizinisch begründeten Wohl des Kindes, und eine religiös begründete lehnst du ab?

    Bitte lesen Sie (noch einmal) den Abschnitt zum Diskriminierungsverbot in obigem Artikel.

    Reinhard Merkel schreibt dazu übrigens: […]

    Viele der (äusserst emotional vorgetragenen) Aussagen im dortigen Artikel wurden hier bereits widerlegt (z.B. die angeblich hunderten von Beschneidungs-Toten in den USA, die unsinnige Forderung nach einer Vollnarkose, die Suggestion dass eine Köperverletzung bereits deshalb verboten wären weil es eine Körperverletzung ist, das Unterschlagen medizinischer Vor-/Nachteil-Abwägung beim Kindeswohl etc.). Herr Merkel geht ohne Begründung davon aus, dass eine Beschneidung keine medizinischen Vorteile hat. Offensichtlich hat Herr Merkel keinen Blick in die Fachliteratur geworfen.

    Und da wir wissen, daß fast kein Erwachsener sich für die Beschneidung entscheidet, kann sie auch nicht im Interesse des zukünftigen Erwachsenen liegen.

    Gegenbeispiel: Und da wir wissen, dass fast kein Erwachsener seine Zahnfehlstellung mit einer Zahnspange beseitigen lässt (obwohl das auch im Erwachsenenalter noch möglich wäre – siehe Wiki), kann die Zahnspange für Kinder auch nicht im Interesse des zukünftigen Erwachsenen liegen.

  515. #516 Physiker
    19. September 2012

    @Adent (September 18, 2012):

    […] und er selbst als Physiker lehnt sich so weit aus dem Fenster in Sachen Medizin und Recht

    Ich zitiere und paraphrasiere im obigen Artikel so gut wie ausschliesslich aus peer-reviewten Fachzeitschriften. Insofern ist an der Argumention überhaupt nichts gewagt. Und wenn Sie einen der zitierten Autoren nicht leiden können, dann gehen Sie doch einfach den Zitaten nach oder stellen einen anderen Review zur Diskussion.

  516. #517 Physiker
    19. September 2012

    @michaela (September 19, 2012):

    Wie bitte? Also alles, was Mediziner entscheiden ist fortan richtig?

    Wenn laut medizinischer Fachliteratur eine Operation vorteilhaft ist, dann würde ich sie nicht “Verstümmelung” nennen. Und ja – ich vertraue der Evidenzbasierten Medizin; und zwar nicht weil sie absolut/immer “richtig” ist, sondern weil sie besser ist als die momentanen Alternativen.

  517. #518 Wolf
    19. September 2012

    @Physiker: Informieren Sie sich: Gegen HPV wird eine Impfung mittlerweile auch für Jungs empfohlen. Nix mit Schnibbelei…
    https://www.profamilia.de/erwachsene/gesundheit/sexuell-uebertragbare-krankheiten/hpv-papillomavirus/hpv-impfung.html

    Aus Ihrem Link “[…]Die Versteifung des Gliedes kann durch die verengte Vorhaut zu Schmerzen führen.[…]”, ja genau das ist das Problem von Säuglingen, gelle. Immer diese schmerzhaften Erektionen.
    Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, das eine Phimose per se keine Schmerzen verursacht. Erst beim Versuch die Vorhaut zurückzuziehen, oder bei auftreten einer Erektion.

    Anderer von Ihnen ins Spiel gebrachter Link (zur Studie). Da nehme ich doch einfach nur den letzten Satz: “[…]The results suggest that infection with oncogenic HPV might be involved in the etiology of a minority of prostate cancers.”
    KÖNNTEN für eine GERINGE ANZAHL an Prostatakarzinomen verantwortlich sein.
    Ah, ja. Nochmal: Die prophylaktische Resektion der Mammae bei Frauen würde meiner Ansicht nach viel mehr Krebserkrankungen vermeiden. Warum machen wir es nicht?

    Sie meinen die Anforderung wären zu hoch? Entschuldigen Sie bitte, wenn es darum geht ein völlig gesundes Teil des Körpers zu entfernen, dann müssen die Anforderungen hoch sein.

  518. #519 Thomas J
    19. September 2012

    @Physiker

    Finden Sie meine Frage so blöd… oder warum krieg ich keine Antwort?

  519. #520 Schmidts Katze
    19. September 2012

    @ TJ:
    Ich kann dir sagen, wie Morris deine Frage beantwortet:
    Er ist für eine Zwangsbeschneidung der gesamten männlichen Bevölkerung.

  520. #521 Physiker
    19. September 2012

    @Schmidts Katze (September 18, 2012):
    Nachtrag zum Zitat von Reinhard Merkel:

    “Aber das Sorgerecht ist, anders als das der Religionsausübung, kein Freiheitsrecht der Eltern. […] Das Elternrecht, sagt das Bundesverfassungsgericht, “ist wesentlich ein Recht im Interesse des Kindes”.

    Das tolle an Google ist, dass man alle Zitate (besonders solche mit nicht-alltäglicher Grammatik) sehr einfach zurückverfolgen kann. Das Zitat des BVG stammt aus Verfassungsbeschwerden zu verweigerten Vornamen. Insbesondere wurde in diesen BVG-Urteilen den Klägern Recht gegeben, dass die Eltern eben doch die Freiheit haben, ihre Kinder z.B. “Kiran” oder “Anderson” zu nennen. Wie kommt also Herr Merkel dazu, einen Satz aus einem BVG-Urteil der die Freiheit der Eltern betont, so umzuinterpretieren, dass das Fürsorgerecht eben gerade keine Freiheit beinhalten würde?

  521. #522 Adent
    19. September 2012

    @Physiker
    Ich empfehle ihnen noch einmal sich die Autoren des von Ihnen so heilig gehaltenen Morris Reviews anzuschauen. Drei davon sind mit der sehr ominösen Gilgal Society (Gilgal heiß auf hebräisch “Hügel aus Vorhäuten”) eng verbunden.
    Brian J Morris selbst, Hauptautor der Studie und zumindest zwei der Koautoren sind Freunde des verurteilten Pädophilen Vernon Geoffrey Quaintance.
    Ist es wirklich ihr ernst von diesen Leuten eine unvoreingenomme Darstellung der Beschneidung in einem Review anzunehmen?
    Ich denke sie werden darauf wieder antworten alles Lug und Trug, das ist ihr Problem ich kann sie leider nicht ernst nehmen wenn sie solche Faktoren, die eindeutig die Interessenslage beeeinflußen, ignorieren. Daher auch nochmal die Frage, was ist eigentlich ihr Interesse bei der ganzen Sache?

  522. #523 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom
    19. September 2012

    @Physiker (September 18, 2012)
    @Stefan W. (September 17, 2012): Sie verkaufen nach wie vor als Vorteil der Beschneidung, dass Krankheiten vermieden werden, die beim geschlechtsreifen Mann entstehen. Ja, denn wie bereits im Artikel steht, wäre eine wortwörtliche Interpretation des “Kindeswohl” unsinnig – es geht nämlich um das Wohl der Person die zu dem Zeitpunkt noch ein Kind ist und nicht um einen zeitlich begrenzten Nutzen in der Kindheit. Wenn sich das Kindeswohl ausschliesslich auf den Nutzen in der Kindheit beziehen würde, dann wären ja medizinische Eingriffe vom (Grund-)Gesetz gedeckt, die dem Kind nutzen und dann im späteren Leben schaden – und das will doch wirklich niemand.

    Was auch immer für eine Operation das sein soll, die dem Kind dient, aber später schaden wird… –
    Den zentralen Punkt bei der Kindeswohlfrage wollen Sie offenbar nicht wahrhaben.

    Ihre eigene Vorhaut mögen Sie ja für verzichtbar und unerheblich halten. Über die Vorhaut anderer aber dürfen Sie aber nicht so nonchalant hinweggehen, und auch die Eltern dürfen nicht mir nichts, dir nichts stutzen, was ihnen nicht gehört.

    Sie dürften dies als Sachwalter der Interessen des Kindes, als dessen Agent, wenn sie dessen Wohl im Auge haben. Bei wichtigen Operationen, etwa.

    Sie verlangen aber eine Berufung auf Phimoseprophylaxe, dabei gibt es aber keinen Grund in 3-facher Hinsicht:

    1. Kann man die Phimose behandeln wenn sie da ist. Man muss nicht 100 Jungs beschneiden, um 10en davon die Phimose zu ersparen. Man könnte sich auf die 10 beschränken.

    2. Bei diesen 10en wird in 8-9 Fällen eine Behandlung mit Salbe genügen, auch hier ist eine Beschneidung überzogen, und wo beschnitten wird, da muss nicht die ganze Vorhaut weg. Wir sind nicht auf dem Schlachthof.

    3. Wenn es aber in wenigen Fällen zu einer Phimose kommt, die chirurgisch behandelt werden muss, dann muss man nicht mit 8 Tagen beschneiden, wo eine Vollnarkose zu gefährlich wäre.

    Die schlüssige Folgerung daraus ist, dass es medizinisch betrachtet nicht im Kindeswohl liegt, wenn die Eltern die Vorhaut amputieren lassen. Die schwere des Eingriffs, die Unumkehrbarkeit, der sensible Bereich – all das erfordert harte, ernsthafte Vorteile, nicht marginale Wahrscheinlichkeiten bei Berufung auf Behandlungsmethoden von vor 100 Jahren.

    Die anderen Erkrankungen die teils im Seniorenalter zu befürchten sind – deren Risiko kann der Mann selbst abwägen wenn er alt genug ist. Es gibt keinen dringenden Grund, wieso ihn die Eltern vornehmen lassen sollten, außer um zu verhindern, dass der Betroffene sich dagegen entscheidet.

    Das aber ist nun gerade nicht der Grund, den Eltern ein Vertretungsrecht einzuräumen, sondern im Gegenteil.

    Wenn mit großer Gewissheit gesundheitliche Vorteile im späteren Leben zu erwarten wären, die sich nur durch eine frühe Operation erreichen lassen, dann würde ich kaum den Eltern das Recht absprechen, dem Kind zu einem langen, glücklichen Leben zu verhelfen.

    P.S. 1-5:
    Die Aussage, dass eine Vollnarkose bei einer solchen Operation angezeigt ist, wenn das Kind nur alt genug ist, habe ich von einem Arzt vernommen der angab mehrere hunderte Kinder mit Komplikationen nach Beschneidungen gesehen zu haben im Laufe von mehreren Jahrzehnten. Welche Diskussionssendung das war, und wie er hieß, kann ich nicht mehr sagen – ich meine eine der jüngsten Sendungen im ÖR, und zwar auf Phoenix.

    Im 2. Video hier https://evidentist.wordpress.com/2012/09/04/beschneidung-gegen-sex/#comment-658 wird gesagt, dass man in England in den 50ern die Beschneidung aus Prüderie eingestellt habe, nachdem eine Untersuchung zeigte, dass 14 männliche Kinder im Jahr (ob in einem speziellen Jahr oder im Mittel über mehrere weiß ich nicht) gestorben sind. Größenordnungsmäßig erscheint das, veglichen mit den USA, sehr viel – könnte aber vielleicht hinkommen.

    Außerdem wird schön ausgeführt, dass vor 100 Jahren noch viel mehr Krankheiten durch Beschneidung angeblich gebannt wurden, etwa Epilepsie. Erinnert an Granderwasser, dass auch für alles mögliche gut sein soll – für die Belebung von Wasser und Verwendung für Getränke, als auch zur Algenabtötung im Swimmingpool.

    Mir ist auch, als sei bemängelt worden, dass bei der Liste der angeblichen Prophylaxen eine Krankheit 2x unter unterschiedlichen Namen eingeschleust wurde. Wurde das bereits geklärt, und ich habe es überlesen?

    Bezüglich Zahnspangen: Verstehe ich Dich richtig, dass Du forderst, dass Eltern ihr Kind zum Tragen einer Zahnspange zwingen dürfen sollen, wenn die Zahnspange einen positiven Effekt hat, selbst wenn dieser Effekt genausogut später erwirkt werden könnte, wenn die Person als Erwachsener alt genug ist selbst die Risiken einer Behandlung mit den Vorteilen abzuwägen?

  523. #524 michaela
    19. September 2012

    Nochmal was interessantes aus Medizinerkreisen:

    https://www.aerzteblatt.de/archiv/61273/

    Zitat daraus:
    “Eine körperliche Misshandlung nach § 223 Absatz 1 StGB liegt vor im Fall einer unangemessenen und üblen Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird. Die bei einer Zirkumzision vorzunehmende teilweise oder vollständige Entfernung der Vorhaut stellt einen nicht nur unerheblichen Substanzverlust dar, sie ist mithin eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit.”

    und

    “Der Schaden bei einer Zirkumzision liegt im irreversiblen Verlust von Körpersubstanz. Manche halten den Verlust der Vorhaut allerdings für unbedeutend, weil der Vorhaut keine Funktion zukomme (5). Eine solche Sicht ist nicht überzeugend, weil es sehr wohl Funktionen gibt, die die Vorhaut erfüllt (1). Fehlt sie, wird etwa die Eichel nicht mehr feucht gehalten, ist vielmehr ständig einer trockenen äußeren Umgebung ausgesetzt – weswegen die Empfindungsfähigkeit abnimmt (6).”

    und

    “Ist man bereit, sich von der Vorstellung zu lösen, das Kindeswohl ausschließlich von Umständen abhängig zu machen, die allein einer Glaubensgemeinschaft zuzurechnen sind, dann ist zu fragen, ob der Nutzen der Beschneidung als Identifikationsmittel ausreicht, um den Schaden zu überwiegen. ”

    Des weiteren werden auch die ganzen angeblichen gesundheitlichen Vorteile einer Beschneidung dort abgehandelt und in Relation gesetzt zum tatsächlichen Nutzen, der sehr gering ist. Bei einer Phimose helfen anscheinend manchmal auch Salben, es gibt also wirklich keinen echten Grund für Beschneidungen für die große Masse der Menschen. Es ist dann einfach nur eine Kindesmisshandlung. Der Text weist außerdem darauf hin, dass bei beiden Religionen ein gewisser Spielraum besteht, den Eingriff zu verschieben. Das wäre längst nicht so schlimm, wie sie alle immer tun. Kindesmisshandlung als Religionsfreiheit? Nein Danke. Da müssen wohl alle etwas umdenken.

    Ich habe auch einen Text von der Ärztezeitung gelesen, der sich mit der Dehnung der Vorhaut bei Phimose beschäftigt.

    https://www.aerztezeitung.de/medizin/fachbereiche/paediatrie/article/326430/phimose-zirkumzision-meist-unnoetig.html

    Also meist besteht überhaupt kein Nutzen. Die Leute wollen es halt nur. So sieht die Wahrheit aus.

    Die Entfernung der Schamlippen einer Frau wird ja manchmal auch auf den Seiten der Chirurgen mit merkwürdigen Gesundheitsversprechen beworben. Alles mögliche findet sich da. In Wirklichkeit geht es dabei um eine Schönheits-OP, die gesundheitlich keinen Nutzen hat, sondern schaden kann. Denn auch die Schamlippen schützen das Genital vor dem austrocknen. Ganz zu schweigen von dem Schaden, den eine Entfernung einer erogenen Zone auf das sexuelle Empfinden hat. Ich sehe da Parallelen. Und beide Male wird naiv und verharmlosend gesagt, es gehe ja nur um ein Stückchen Haut.

    Warum zählt der Schmerz und das Trauma der Babys eigentlich nicht? Warum gibt es eigentlich Menschen, die eine Verstümmelung für etwas normales halten? Selbst wenn man einwilligen kann, ist es das nicht. Selbst wenn alle denken, es sei normal, ist es doch ungesund und eine Verstümmelung des gesunden Körpers.

  524. #525 Schmidts Katze
    19. September 2012

    “Ich denke sie werden darauf wieder antworten …”
    Ich denke, er wird darauf nicht antworten.

  525. #526 Schmidts Katze
    19. September 2012

    “Mir ist auch, als sei bemängelt worden, dass bei der Liste der angeblichen Prophylaxen eine Krankheit 2x unter unterschiedlichen Namen eingeschleust wurde. Wurde das bereits geklärt, und ich habe es überlesen? ”

    Mir ist so, als sei das zugegeben worden, allerdings mit Hinweis darauf, daß die anderen “Vorteile” ja auch noch ausreichend seien.

    Auf die Frage, was das über die Qualität des Peer-Review-Verfahrens dieses Käseblättchens aussagt, wurde dagegen nicht eingegangen.

  526. #527 Schmidts Katze
    19. September 2012

    Ich hab’s nochmal rausgesucht:

    Schmidts Katze
    September 3, 2012

    “Nachtrag: Ich habe mal Candidiasis gegoogelt, und da steht:”Die Infektion der Eichel mit Mikroorganismen wie Candida Pilzen oder Bakterien wird Balanitis genannt.”
    Also unter 2 verschiedenen Namen einfach mal doppelt gezählt?
    Naja, wundert wohl keinen mehr.”

    Wurde nicht beantwortet.

  527. #528 Adent
    19. September 2012

    @Schmidts Katze
    Ich weiß er wird darauf antworten “nicht peer-reviewed”. Offensichtlich hat der Mann wenig Erfahrung mit Veröffentlichungen in Medizinerkreisen und wieviel Wert dort ein peer Review noch hat.
    Interessant ist es aber schon das der Herr Physiker sich für kompetenter hält als ein Jurist oder Mediziner, ich vermute da einen leichten bis mittelschweren Duning-Kruger Effekt.
    @Stefan W
    Wo kommt man denn hin, wenn nicht mehr genügend Vorhäute für die Kosmetikindustrie geliefert werden? Das Perverse an der ganzen Geschichte ist ja noch, daß ein erhebliches finanzielles Interesse an der Nachlieferung von genügend Vorhäuten besteht. Das ist in etwa so als ob man eine peer reviewed Studie bezahlt von der Tabakindustrie, als Begründung für die Vorteile von Rauchen bei Kindern nehmen würde.

  528. #529 Schmidts Katze
    19. September 2012

    @ Adent,
    was ich bei Physiker wahrnehme, ist eine unerschütterliche Bezugnahme auf Autoritäten, und ein völliger Verzicht auf eigene Argumente.
    In der Psychologie wird da von einem “autoritären Charakter” gesprochen.
    Dazu passt auch seine Ansicht über die Verfügungsgewalt der Eltern über das Kind.

  529. #530 Wolf
    19. September 2012

    Das mit den Vorhäuten entspricht ja ziemlich genau dem hier:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenfett

    Kann sich noch jemand an “Hormocenta – Mit Placenta Kollagen” erinnern?

  530. #531 Schmidts Katze
    19. September 2012

    Ja, Wolf, in den USA werden die Vorhäute tatsächlich zu Snake-Oil verarbeitet, ein gutes Geschäft; wie das in Deutschland aussieht, weiss ich aber nicht.
    Wobei Morris und Kollegen wohl eher von anderen, aber wohl kaum lautereren Motiven getrieben werden.

  531. #532 awmrkl
    19. September 2012

    @Physiker habe ich jetzt seit geraumer Zeit in seiner Argumentation beobachtet. Dabei fällt mir eine seltsam -ich möchte mal sagen- zynische Art auf. Diese sagte für mich,

    1.) es ist ihm (zwischen den Zeilen, aber nicht nur) am wichtigsten, daß Eltern eine “alsolute Verfügungsgewalt” über ihre “Brut” behalten

    2.) er versteckt es mit versuchten Rationalisierungen, aber dermaßen zynisch, daß es jeden Menschen eiskalt berührt

    3.) seine versuchten “medizinischen Rationalisierungen” werden in Bausch und Bogen von den betreffenden Religions-Oberen abgelehnt (siehe Berlin, Senator Hellmann)

    4.) Also ist er vermutlich nicht gerade im Sinne der betreffenden Religionsgemeinschaften (oder ihrer orthodoxen (besser reaktionären) Anführer) unterwegs

    5.) Meine Vermutung ist, daß er eine relativ extreme evangelikale Richtung vertritt, die (unbemerkt) zB die Züchtigung von Kindern u.ä. Sonderrechte wieder einführen will, und dieses derzeitige Pferd nutzt, um in diese Richtung zu reiten

    6.) er ist (mir) ja schon mehrfach aufgefallen, einen relativ extremen Glaubensbegriff zu vertreten und (ähnich wie hier) bis zum Umfallen zu verteidigen (selbst wenn es nix mehr zu verteidigen gab)

    7.) er ist (mir) schon mehrfach aufgefallen, sehr unfaire Diskussionsmethoden (falsche Schlüsse u.ä.) angewendet zu haben – Parallele zum hiesigen Thread

    8.) hab ich noch in keinem Beitrag eine Spur von Empathie entdeckt

    That’s it. Meine Meinung.
    Zu “roel” gilt etwas abgeschwächt (über lange Zeit) ähnliches.

  532. #533 ErhardW
    Worms
    19. September 2012

    In dem Beitrag von Dr. Klam sind einige sinnverzerrende Auslassungen und Fehler zu beanstanden:

    1. “Zunächst einmal zum häufig missverstandenen Zweck des Grundgesetzes: Denn im Gegensatz zu anderen Gesetzen und Vorschriften die der Staat erlässt um das Zusammenleben zu regeln, formuliert das Grundgesetz in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat.”

    Hier fehlt:
    Die Grundrechte besitzen jedoch auch eine Drittwirkung auf das Rechtsverhältnis zwischen Personen. In dieser Funktion geben sie dem Grundrechtsträger einen Anspruch gegen den Staat auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des durch das betreffende Grundrecht geschützte Rechtsgut.

    2. “… handelt es sich bei GG Art. 2 um ein sog. disponibles Rechtsgut.”

    Welcher Jurist behauptet denn das heute noch?
    Das Grundgesetz kennt kein disponsibles Rechtsgut. Diese Auffassung ist auf Grund der deutschen Geschichte (1933-1945) obsolet. Eine vorgesehener gesetzlicher Eingriff begründet statt dessen einen Ausnahmetatbestand, der lediglich die Straflosigkeit eines per se verbotenen Eingriffs in ein Grundrecht bewirkt.

    Überspitzt ausgedrückt: Ein Arzt, der erlaubterweise eine Operation vornimmt, begeht tatsächlich eine Körperverletzung, die aber auf Grund gesetzlicher Regelung straflos bleibt.

    3. “… die entsprechende Person kann nach freiem Willen über ihre Unversehrtheit entscheiden und auch darauf verzichten.”

    Das ist mit Verlaub Blödsinn. Grundrechte sind in Deutschland generell unveräusserlich; es tatsächlich besteht keine Möglichkeit, aus freien Willen darauf zu verzichten, soweit dies nicht durch einen o.g. Ausnahmetatbestand gedeckt ist.

    Widerum überspitzt ausgedrückt: In den meisten Ländern dürften sie sich – geistige Gesundheit vorausgesetzt – ein gesundes Körperteil amputieren lassen, weil das Ihre freie Willensentscheidung ist, in Deutschland ist dies aber nicht der Fall, der ausführende Arzt könnte sich nicht auf Ihren freien Willen berufen und würde sich strafbar machen.

    Dies mag widerum an der deutschen Geschicht liegen; wir haben gelernt, wie leicht Menschen auch zu ihrem eigenen Nachteil manipulierbar sind.

    Daraus folgt auch: “Eine Einwilligung der Eltern lag vor, vermochte indes die tatbestandsmäßige Körperverletzung nicht zu rechtfertigen.” ist gültige deutsche Rechtsauffassung, eine medizinische Begründung ist also überhaupt nicht erforderlich.

  533. #534 Stefan W.
    <a href=https://home.arcor.de/hirnstrom <
    19. September 2012

    Wo kommt man denn hin, wenn nicht mehr genügend Vorhäute für die Kosmetikindustrie geliefert werden? Das Perverse an der ganzen Geschichte ist ja noch, daß ein erhebliches finanzielles Interesse an der Nachlieferung von genügend Vorhäuten besteht.

    Ich habe das erst für einen geschmacklosen Witz gehalten. Weiß jemand wie die Präparate heißen, und von welchen Firmen sowas vertrieben wird?

    Gibt es in der Vorhaut tatsächlich Substanzen, die sich synthetisch nicht (billiger) herstellen lassen?
    Haben diese eine belegte Wirkung auf irgendetwas?

    Mir kommt das mehr so vor wie Legende vom Nashornhorn, welches, hart und aufrecht wie es in der Landschaft steht ein paar Freunde der Analogie auf die Idee gebracht hat, es als Potenzmittel zu vermarkten.

    @Schmidts Katze: Auf die Frage, was das über die Qualität des Peer-Review-Verfahrens dieses Käseblättchens aussagt, wurde dagegen nicht eingegangen.

    Ja, ich denke es sagt einiges über das Paper aus. Zu den anderen Krankheiten findet sich im von mir zuletzt verlinkten Blog in Video 2 soweit ich sehe weitere Kritik – ob jetzt genau zu den benutzten Studien weiß ich nicht.

    Auch die Funktion der Vorhaut wird in diesem und anderen Videos dargestellt.

  534. #535 s.s.t.
    19. September 2012

    Du meine Güte, es geht hier einzig und allein um Religion und um nichts anderes. Die angeblichen gesundheitlichen Vorteile, die für ein Kleinklind nachweislich eh nicht existieren, sind doch nur vorgeschoben.

    Dass @Christian Reinboth solchem Dummfug Vorschub leistet, mag an seiner eigenen religösen Einstellung begründet liegen; eben das unheilige Triumvirat der drei sog. Buchreligionen.

    Natürlich sind auch er und der @Physiker wohl voll auf der CSU-Linie, die derzeit gerne jeden Angriff auf Religionen strafbewehren wollen.

    Wenn die beiden sich damit mal nicht ins eigene Fleisch schneiden: Denn auch Angriffe auf “Weltanschauungen” würden dann unter Strafe gestellt. Also ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Anwälte.

    Nochmals für alle Schwerkapierer:
    – Eine Beschneidung bietet Kleinkindern keine Vorteile.
    – Eine Beschneidung ist mit einem gewissen Risiko verbunden.
    – Eine Beschneidung, sofern erwünscht, kann auch im Erwachsenenalter erfolgen.

    Und zum xten Mal: Eine religiöse Beschneidung halte ich für den einzigen sinnvollen Grund, gilt dann allerdings auch für Mädchenbescheindungen. Nein, ich akkzeptiere diesen Grund zwar nicht, aber es ist der einzige Grund, der für mich nachvollziehbar ist.

  535. #536 Schmidts Katze
    19. September 2012

    @ awmrkl,
    was mich wundert, ist, daß der Christ Christian Reinboth, der ihm hier ein Forum bietet,und den ich für einen anständigen Menschen halte, das anscheinend nicht sieht.

  536. #537 Schmidts Katze
    19. September 2012

    “Gibt es in der Vorhaut tatsächlich Substanzen, die sich synthetisch nicht (billiger) herstellen lassen?”

    @ Stefan W.,
    Snake-Oil kann nicht synthetisch hergestellt werden.

  537. #538 Schmidts Katze
    19. September 2012

    “Dass @Christian Reinboth solchem Dummfug Vorschub leistet, mag an seiner eigenen religösen Einstellung begründet liegen;”

    Er ist Wissenschaftler, und sollte als solcher in der Lage sein, über seinen eigenen religiösen Schatten zu springen.

  538. #539 ErhardW
    Worms
    19. September 2012

    Nachtrag: Ich habe die Quelle von Dr. Klam für das “disponsible Rechtsgut” gefunden, es ist der als Quelle verlinkte Artikel von Fateh-Moghadam.

    Dr. Fateh-Moghadam bezeichnet aber nicht Art. 2 GG als disponsibel, sondern als Individualrechtsgut, das als solches disponsibel ist. Das disponsibel ist also m.E. auf den Einzelfall der Einwilligung und nicht auf Art. 2 GG generell zu beziehen, sonst wäre der Verweis auf die nicht vorhanden objektiven Schranken der Disponsibilität nicht erforderlich, die sich ja nur vom Einzelfall ableiten liessen.

    Diese Einwilligung hat ja auch lediglich die rechtfertigende Wirkung bezüglich der auch nach seiner Meinung tatbeständlich vorliegenden Körperverletzung – also das was ich oben als “Ausnahmetatbestand, der die Straflosigkeit begründet” bezeichnet habe.

    Ich gelange bei einer tatsächlich im Wesentlichen mit Dr. Fateh-Moghadam übereinstimmenden Argumentation aber zu einem ganz anderen Ergebnis: Ich sehe hier die Dispositionsbefugnis der Eltern als überschritten an, da objektiv eine Beeinträchtigung des Grundrechts des Kindes als von den Eltern unabhängigen Grundrechtsträger gegeben ist, die nur durch eine objektiv vorhandene – in diesem Falle medizinische – Notwendigkeit zum Zeitpunkt der Beeinträchtigung des Griundrechtes gerechtfertigt würde.

  539. #540 Adent
    19. September 2012

    @ErhardW
    Ich hatte es ja weiter oben schon angemerkt, der Physiker aka Ludwig Klam hält sich ja ganz offensichtlich für befähigt ausgebildete Juristen und Mediziner zu belehren, da ist er aber ziemlich allein auf weiter Flur, also doch ein eher schwerer Fall von Duning-Kruger.
    Die fehlende Empathie scheint auch symptomatisch zu sein.
    Ich denke aber mal er wird trotz aller begründeterr Kritik nicht von seinem verehrten Herrn Morris ablassen können, aus welchem Grund auch immer.

  540. #541 Stefan W.
    <a href='https://home.arcor.de/hirnstrom'> home </a>
    19. September 2012

    Pardon – von Tastatur abgerutscht und Enter getroffen. Neuer Versuch mit “Ort” was anzufangen.

    Als Nachtrag für Spekulatives: Bei den Katholiken gibt es ja das Opus Dei. Diese praktizieren masochistische Bräuche, bei denen eine eiserne Dornenkrone um den Oberschenkel gewickelt und je nach Lust fester oder noch fester angezogen wird, und dann 1 oder 2 Stunden am Tag getragen. Außerdem besitzen die Mönche 7-schwänzige Katzen, mit denen sie sich selbst geißeln.

    M.E. müsste der Beitritt für Minderjährige verboten sein, aber wenn religiös motivierte Riten ein Freiticket bekommen, so sich die Verletzung gegen Männer richtet, dann können auch Minderjährige diese spirituell wertvollen Erfahrungen sammeln.

    Das ist aber im Christentum doch eine extreme Minderheit, und vielen unbekannt – dass die ganze Kirche ihre Moralexperten in die Fernsehsender schickt mit einem Pro-Opus-Dei Briefing.

    Weniger zugespitzt ist dieses Schmerz-und-Leiden-Spektakel natürlich schon ein zentraler Pfeiler katholischer Identität, aber so derb mag es die Restgemeinde heute nicht mehr. Wer Verschwörungstheorien spinnen will findet hier sicher was.

  541. #542 ErhardW
    Worms
    19. September 2012

    Zur medizinischen Seite:
    Dr. Klam kritisiert – wohl zu Recht – die medizinischen Studien, die sich gegen die Zirkumzision aussprechen, übersieht aber, dass die von ihm zitierte befürwortende Studie von B.J.Morris ebenfalls Fehler enthält.

    Morris:
    “2 Beschneidungen verhindern 1 Fall von hoch-risiko HPV”

    Dies mag sachlich richtig sein, ich kann dies als medizinischer Laie nicht beurteilen, aber er darf natürlich hier nicht die irrelevante HPV-Infektion angeben, sondern nur die relevante mögliche Folge davon, die Anzahl der Penis-Karzinome.

    Dann ergibt sich aber ein ganz anderes Bild:
    Anzahl der PK in Deutschland: 0,9 je 100.000,
    Anzahl der PK in Israel: 0,1 je 100.000
    Komplikationsrate: mindestens 0,06%

    Einer Komplikationsrate von 6/100 steht hier also lediglich eine Abnahme des Penis-Karzinoms von 8/1.000.000 gegenüber!

    Ich kann hier natürlich nicht die ganze Studie von Morris untersuchen, aber seine o.g. Argumentation bezüglich HPV erscheint mir doch schon etwas unsachlich.

  542. #543 ErhardW
    Worms
    19. September 2012

    Korrektur:
    Einer Komplikationsrate von mindestens 6/10.000 steht hier also lediglich eine Abnahme des Penis-Karzinoms von 8/1.000.000 gegenüber!

  543. #544 awmrkl
    19. September 2012

    @SK

    Das ist es, was mich auch immer wieder wundert. Anscheinend gibt es da eine stillschweigende Übereinkunft (zwischen allen Religionen):
    Unterstützt Du mich da, laß ich Dich dort in Ruh (auch Vetternwirtschaft, bei uns auch Spezl-Wirtschaft genannt)

    Ist nicht zu übersehen.

  544. #545 Wolf
    20. September 2012

    @Stefan W.

    https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/haut-krankheiten/article/348430/baby-vorhaut-gewebe-regeneriert-verbrannte-haut-narbenfrei.html

    Hier ein Medikament aus Babyvorhäuten als Quelle für die Fibroblasten:
    https://www.intercytex.com/index.php?option=com_content&view=article&id=4&Itemid=6

    Es ist auch ein Medikament in der Entwicklung mit dem chronische Ulcera behandelt werden sollen.
    Ist so etwas wie eine Lebendorganspende, nur dass der Betroffene nicht einwilligen kann.

  545. #546 Physiker
    20. September 2012

    @Wolf (September 19, 2012):

    Informieren Sie sich: Gegen HPV wird eine Impfung mittlerweile auch für Jungs empfohlen. Nix mit Schnibbelei…

    Dass es eine empfohlene Impfung gegen einige HPV-Varianten gibt, die im Gespräch ist auch für Jungen empfohlen zu werden, spricht doch dafür, dass die von Ihnen angezweifelten Aussagen zur Risikoreduktion bei Beschneidung plausibel sind.

    Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, das eine Phimose per se keine Schmerzen verursacht. Erst beim Versuch die Vorhaut zurückzuziehen, oder bei auftreten einer Erektion.

    Nochmal: Warum soll dieser Schmerz nicht relevant sein?

    Da nehme ich doch einfach nur den letzten Satz: “[…]The results suggest that infection with oncogenic HPV might be involved in the etiology of a minority of prostate cancers.”

    Es gibt an vorsichtigen Formulierungen – auch und gerade bei signifikanten Ergebnissen – nichts zu kritisieren. Und das Prostatakrebs wohl viele Ursachen hat, ist ja auch bekannt. Warum soll man eine der Ursachen ignorieren, die das relative Risiko um das 2,4- bis 2,6-fache erhöht?

    Sie meinen die Anforderung wären zu hoch? Entschuldigen Sie bitte, wenn es darum geht ein völlig gesundes Teil des Körpers zu entfernen, dann müssen die Anforderungen hoch sein.

    Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wie wollen Sie es rechtfertigen, eine bereits bestens erprobte Massnahme de facto für Kleinkinder zu verbieten, die aktuellen Erkenntnissen zufolge so grosse Vorteile verspricht, wie sie im obigen Review aufgelistet sind, und dabei auch noch das Sexualleben verbessert? Und das nur, weil Sie praktisch unbezahlbare Studien mit mehr als 100 000 Teilnehmern (wegen Ihrer Ausschlusskriterien) und unbezahlbaren Screenings nach verschiedensten Krankheiten fordern? Auch eine Forderung nach härterer Evidenz kann ethisch problematisch sein, denn das Aufschieben einer nützlichen Massnahme ist ganz genauso verwerflich wie das weiterlaufen lassen einer schädlichen Massnahme. Das ist auch der Grund, warum ich den Perera-Review für nicht so relevant halte.

  546. #547 Wolf
    20. September 2012

    Wie Adent schon sagte: Dunning Kruger. Aber sowas von.
    Schade, dass Christian Reinboth so jemandem ein Forum bietet.
    Ich bin raus…

  547. #548 Schmidts Katze
    20. September 2012

    Kann ich verstehen, Wolf.

    Und schon wieder: Lest den großen Langweiler aus Königsberg!
    Hätte ich nicht gedacht, daß ich das mal empfehle, der schreibt doch nur Selbstverständliches.

    Denke selbst!
    Jeder Mensch ist immer nur Zweck, und niemals Mittel!

    Das ist der Kern der Aufklärung.

  548. #549 Schmidts Katze
    20. September 2012

    Ist Kant eigentlich peer-reviewd?
    Vielleicht ist das ja auch Unsinn, was er da geschrieben hat?
    In welchem Journal hat er publiziert?

  549. #550 michaela
    20. September 2012

    @ s.s.t. Zitat:
    “Und zum xten Mal: Eine religiöse Beschneidung halte ich für den einzigen sinnvollen Grund, gilt dann allerdings auch für Mädchenbescheindungen. Nein, ich akzeptiere diesen Grund zwar nicht, aber es ist der einzige Grund, der für mich nachvollziehbar ist.”

    Darauf hab ich ja gerade noch gewartet. Das zeigt, wie kurz der Schritt vom akzeptieren oder verstehen der männlichen Genitalverstümmelung hin zur weiblichen Genitalverstümmelung ist. Und derartige Vergleiche findet man immer wieder.

    Alle Befürworter der mgm sagen immerzu, dass mgm und fgm ja etwas total anderes sei und man beides nicht vergleichen könnte. In Wirklichkeit arbeiten sie alle daran, dieses bei uns offiziell zu erlauben. Und mit Intim-Ops und Geschlechtsumwandlungen sowie -angleichungen hat das vermutlich alles angefangen. Vielleicht auch früher, als man dachte, man könne “Frauenkrankheiten” durch entfernen der Klitoris heilen, was tatsächlich vorkam.

    Wir sind ein echt Verstümmellungs-tolerantes Land. Chirurgen müssen halt Kanonenfutter zum üben haben, sonst werden sie niemals gut in ihrem Job.

    Ich bin nicht gegen Religion an sich, aber es sollte dazu führen, dass man mehr Einfühlungsvermögen und Barmherzigkeit gewinnt, nicht Toleranz (Ignoranz) gegenüber allem möglichen.

    Niemand sollte gegen sinnvolle Gesetze verstoßen. Solche Gesetze sollen für alle Menschen gelten. Und eine Verstümmelung, dass heißt, das Entfernen gesunder Körperteile ist eine schwere Körperverletzung. Per Definition. Eine Wertung nur als Körperverletzung ist allein schon eine Verharmlosung gewesen. Und ist es immer noch.

    Ein Grund mehr, jede Verstümmelung und Manipulation an den Genitalien zu verbieten. Ganz besonders bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen. Man sollte auch bei Erwachsenen Dummheit und Selbstverstümmelungs-Tendenzen nicht fördern.

    Es ist kein Wunder, dass man Kinder nicht wirksam schützen kann, wenn bestimmte Menschen durch ihre freiwilligen Selbstverstümmelungen anderen den Eindruck vermitteln, es sei gar nicht so schlimm, was Normales gar und hätte auch keine Auswirkungen auf die Gesundheit.

    Und alle anderen ignorieren alles das und bilden sich dann ein, sie seien Tolerant.

  550. #551 Schmidts Katze
    20. September 2012

    “Ein Grund mehr, jede Verstümmelung und Manipulation an den Genitalien zu verbieten. Ganz besonders bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen.”

    Da muss ich dir ganz entschieden widersprechen.

    Ich gestehe jedem Erwachsenen, soweit er psychisch gesund ist, das Recht zu, eine Zirkumzision, eine Beschneidung nach der milden Sunna, eine Inzision oder auch eine pharaonische Beschneidung an sich vornehmen zu lassen, so wie auch eine Tätowierung, ein Piercing, ein Branding oder die Amputation einer Hand.

    Mir geht es nur darum, solche Eingriffe an nicht zustimmungsfähigen Minderjährigen zu verbieten.

  551. #552 Physiker
    20. September 2012

    @Stefan W. (September 19, 2012):
    Auf so gut alle Ihre Einwände habe ich bereits geantwortet. Leider sind sie auf so gut wie keine der Antworten eingegangen. Schade.

    Mir ist auch, als sei bemängelt worden, dass bei der Liste der angeblichen Prophylaxen eine Krankheit 2x unter unterschiedlichen Namen eingeschleust wurde. Wurde das bereits geklärt, und ich habe es überlesen?

    Ich bin kein Arzt. Allerdings ist schon durch Addition der NNTs und ein wenig gesundem Menschenverstand klar, dass die aufgelisteten Krankheiten nicht statistisch voneinander unabhänig auftreten. Beispiele sind der eben diskutierte Zusammenhang zwischen HPV und Prostatakrebs (wie auch Peniskrebs), Phimosen und Harnwegsinfektionen, etc. Es ist deshalb realitätsfern zu fordern, dass nur unabhängige Krankheiten aufgelistet werden. Ich dachte eigentlich, das wäre offensichtlich.

    Verstehe ich Dich richtig, dass Du forderst, dass Eltern ihr Kind zum Tragen einer Zahnspange zwingen dürfen sollen, wenn die Zahnspange einen positiven Effekt hat, selbst wenn dieser Effekt genausogut später erwirkt werden könnte, wenn die Person als Erwachsener alt genug ist selbst die Risiken einer Behandlung mit den Vorteilen abzuwägen?

    Das ist nicht meine Forderung. Das ist die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland, sofern die Kinder noch nicht einwilligungsfähig sind.

  552. #553 Physiker
    20. September 2012

    @Adent (September 19, 2012):

    Offensichtlich hat der Mann wenig Erfahrung mit Veröffentlichungen in Medizinerkreisen und wieviel Wert dort ein peer Review noch hat.

    Ja wenn das so ist, dann sollten wir der Evidenzbasierten Medizin den Rücken kehren. Nur so aus Interesse: Was halten Sie denn von Homöopathie?

  553. #554 Physiker
    20. September 2012

    @awmrkl (September 19, 2012):
    Vielleicht lesen Sie (noch)mal den obigen Artikel, dann stellen Sie fest, dass ich genau das Gegenteil von dem vertrete, was Sie mir unterstellen.

  554. #555 Stefan W.
    20. September 2012

    @Wolf,
    … Hier ein Medikament …

    Danke, aber ich wollte es eigentlich über Kosmetika wissen, nicht über Medikamente.

  555. #556 Adent
    20. September 2012

    @Physiker
    Ach und weiter cherry picking, was anderes kennen wir ja von Ihnen nicht. Wenig Antworten von Ihnen auf viele Fragen und die Antworten dann noch sorgfältig ausgewählt, tststs. Von Homöopathie halte ich noch weniger als von dem hier diskutierten Artikel, obwohl ich Herrn Morris schon arg in die Scharlatan-Nähe rücken würde.
    Und nochmal, was halten sie von der Gilgal Society? Das war unter anderem eine Frage die sie sich weigern zu beantworten (von vielen).

  556. #557 Physiker
    20. September 2012

    @ErhardW (September 19, 2012):
    Der obige Artikel ist im Gegensatz zu Ihrem Kommentar extra in einer allgemeinverständlichen Sprache verfasst. Nur zur Info: Das ist ein Blog und kein juristischer Aufsatz. Und der Artikel erhebt auch keinen Anspruch auf eine vollständige Diskussion der Grundrechte – woher nehmen Sie diesen absurden Anspruch?

    Hier fehlt:
    Die Grundrechte besitzen jedoch auch eine Drittwirkung auf das Rechtsverhältnis zwischen Personen. In dieser Funktion geben sie dem Grundrechtsträger einen Anspruch gegen den Staat auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des durch das betreffende Grundrecht geschützte Rechtsgut.

    Das stimmt – ändert aber nichts an der Argumentation, welche medizinischen Eingriffe bei Kindern erlaubt sind und welche nicht.

    Welcher Jurist behauptet denn das heute noch?

    Der, den ich zitiere. Bitte erst lesen und dann kritisieren.

    Das Grundgesetz kennt kein disponsibles Rechtsgut.

    Und warum steht dann in jedem Einführungsbuch, wie z.B. “Grundrechte, JURIQ Erfolgstraining Jura auf den Punkt geracht, Daniela Schroeder (2011)” folgendes?

    Das Rechtsgut körperliche Unversehrtheit ist disponibel.

    Eine vorgesehener gesetzlicher Eingriff begründet statt dessen einen Ausnahmetatbestand, der lediglich die Straflosigkeit eines per se verbotenen Eingriffs in ein Grundrecht bewirkt.

    Nichts anderes steht auch im obigen Artikel, nur grammatikalisch korrekt und “etwas” allgemeinverständlicher.

    Überspitzt ausgedrückt: Ein Arzt, der erlaubterweise eine Operation vornimmt, begeht tatsächlich eine Körperverletzung, die aber auf Grund gesetzlicher Regelung straflos bleibt.

    Wenn Sie schon meinen Text kritisieren wollen, dann sind oberlehrerhafte Paraphrasierungen desselben (siehe Abschnitt “Wie argumentieren die Ärzte?”) denkbar ungeeignet.

    Grundrechte sind in Deutschland generell unveräusserlich;

    Sicher. Und trotzdem kann ich mich nach freiem Willen selbst verletzen (und auch abgesehen von Ausnahmen auch verletzen lassen). Das ist kein Widerspruch, auch wenn Sie es so aussehen lassen wollen.

    […] in Deutschland ist dies aber nicht der Fall, der ausführende Arzt könnte sich nicht auf Ihren freien Willen berufen und würde sich strafbar machen.

    Das wird alles ausführlich im zitierten Artikel aus dem Ärzteblatt diskutiert, ist hier aber nicht das Thema.

    Daraus folgt auch: “Eine Einwilligung der Eltern lag vor, vermochte indes die tatbestandsmäßige Körperverletzung nicht zu rechtfertigen.” ist gültige deutsche Rechtsauffassung, eine medizinische Begründung ist also überhaupt nicht erforderlich.

    Rose is a rose is a rose is a rose
    Nochmal: bitte lesen Sie den Artikel, bevor Sie kommentieren.

  557. #558 Physiker
    20. September 2012

    @ErhardW ( September 19, 2012):

    […] die medizinischen Studien

    Studien und Reviews sind nicht das Gleiche – ich habe das jetzt schon gefühlte hundert Mal erklärt. Eine Studie mag man (die entsprechende Kompetenz vorrausgesetzt) noch vom Tisch wischen können, indem man auf Fehler hinweist. Bei Reviews geht das nicht so leicht, da sie (wie beim obigen Morris-Review) keine neuen Erkenntnisse enthalten sondern “nur” den Stand der Wissenschaft zusammenfassen. Das ist vergleichbar mit dem IPCC-Bericht – wenn auch die Datenlage (wie von Christian Reinboth korrekt angemerkt) hier deutlich dünner ist.

    “2 Beschneidungen verhindern 1 Fall von hoch-risiko HPV”
    Dies mag sachlich richtig sein, ich kann dies als medizinischer Laie nicht beurteilen, aber er darf natürlich hier nicht die irrelevante HPV-Infektion angeben, sondern nur die relevante mögliche Folge davon, die Anzahl der Penis-Karzinome.

    Sie übersehen, dass HPV-Infektionen viele Folgen haben (u.a. auch direkte). Einige davon werden auch gerade erst erforscht. Deshalb ist es sehrwohl gerechtfertigt, diese Infektion als Einzelpunkt anzuführen – zumal diese Korrelationen in der Zusammenfassung (nämlich der Aussage, dass jeder zweite von einer Beschneidung profitiert) sehrwohl berücksichtigt wurden. Aber als medizinischer Laie (mich eingeschlossen) kann man das ja nicht wissen, weshalb man genau mit solcher inhaltlicher Kritik vorsichtig sein sollte.
    Ich will damit natürlich nicht sagen, dass inhaltliche Kritik an Reviews unmöglich ist, sondern nur dass es für Laien ungeheuer schwierig ist berechtigte Kritik an halbwegs gut recherchierten Reviews anzubringen.

    Ich kann hier natürlich nicht die ganze Studie von Morris untersuchen, aber seine o.g. Argumentation bezüglich HPV erscheint mir doch schon etwas unsachlich.

    In anderen Worten: Sie haben den Review nicht gelesen, massen sich aber trotzdem inhaltliche Kritik an. Nur um Ihnen den Unterschied zu erklären: meine Kritik an den anderen Reviews war im Gegensatz dazu entweder formaler Art oder zumindest gestützt auf peer-reviewte Publikationen.

  558. #559 Physiker
    20. September 2012

    @Adent (September 20, 2012):

    Von Homöopathie halte ich noch weniger als von dem hier diskutierten Artikel

    Und was sagen Sie dann Homöopathie-Anhängern, die an Placebo-kontrollierten Studien zur Unwirksamkeit der Homöopathie auf dem selben Niveau rumnörgeln wie Sie an einer Literaturzusammenstellung von knapp 200 Fachpublikationen?
    Vielleicht haben ja die Homöopathie-Anhänger auch eine Abneigung gegen einen Autor einer peer-reviewten Studie und würden das Journal ebenfalls als Käseblatt bezeichnen. Würden Sie das wirklich als Argument gelten lassen?

  559. #560 Stefan W.
    21. September 2012

    @Physiker: Woher weiß man eigentlich, dass 6 Beschneidungen einen Fall von Prostatakrebs verhindern? Hat man da einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang entdeckt, oder könnte es auch sein, dass man Prostatakrebs vom Schweinefleischverzehr bekommt, und dass es eine Korrelation aber keine Kausalität gibt?

    Ähnlich die Frage für die anderen Zahlen.

  560. #561 rolak
    21. September 2012

    Bleiben wir doch mal bei der einen Zahl, Stefan W: Nach schnellem Wikisieren nicht nur Schweine- sondern generell rotes Fleisch – nebst genetischer Disposition. Nun wird zurückgerechnet von der Entfernung ein wenig roten Fleisches und reichlich Genen.
    Anzumerken wäre noch, daß nach aktueller Erkenntnislage kein Eunuch je ein Prostatakarzinom(PK) entwickelt(e). Dh eine Kastration verhindert zuverlässig ein PK.

    Das ist nicht ernster gemeint als imho diese tollen Zahlen zu nehmen sind. Eine Lebenszeitinzidenz bzgl PK von ca 15% entspricht einem Sechstel, also postulieren wir das Behalten der Vorhaut als monokausal und schwupps, 6 Beschneidungen ergeben ein verhindertes PK. Ist das nicht einleuchtend? m(

  561. #562 Physiker
    21. September 2012

    @Stefan W. (September 21, 2012):

    Woher weiß man eigentlich, dass 6 Beschneidungen einen Fall von Prostatakrebs verhindern? Hat man da einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang entdeckt, oder könnte es auch sein, dass man Prostatakrebs vom Schweinefleischverzehr bekommt, und dass es eine Korrelation aber keine Kausalität gibt?

    Indem man den Review liest, im verwendeten Ratingsystem nachschlägt und ggf. den verlinkten Reviews/Metastudien/Fallstudien/RCTs/einfachen Publikationen nachgeht.
    Für Prostatakrebs wird konkret durch Bewertung mit der Note “2” die Studienlage noch nicht als ausreichend angesehen um von einer Kausalität auszugehen (und auf diese Unsicherheit habe ich auch in einem vorausgehenden Kommentar zur Studienlage hingewiesen). Es gibt allerdings Studien (Zitate siehe weiter oben) die eine Korrelation belegen.

    Von einem Kausalzusammenhang können Sie bei allen aufgelisteten Risiken mit einer Note von “2++” oder besser ausgehen (“high probability that the relationship is causal”). Das wären im Einzelnen die vermiedenen Harnwegsinfektionen bei Kindern, Balanitis, Phimose, hoch-risiko HPV, Genitalherpes, Syphilis, HIV, Peniskrebs und beim Partner Gebärmutterhalskrebs und bakterielle Vaginose.

    Danke für die Nachfrage, denn im obigen Artikel habe ich dieses praktische Rating-System leider nur erwähnt.

  562. #563 Stefan W.
    21. September 2012

    Danke. Konkret bei Kindern also bloß Harnwegsinfektionen.

    Wikipedia:

    Harnwegsinfekte können sehr erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden. Dabei kommen je nach dem Risikopotential des Patienten verschiedene Medikamente zur Anwendung. In unkomplizierten Fällen kommt es oft ohne Medikamentengabe zur Ausheilung der Erkrankung.

    Kein Hinweis in ganzen Artikel auf die schöne Prophylaxe “Genitalverstümmelung”. Scheint ein Spezialwissen des Morriss-Papiers zu sein.

  563. #564 Name auf Verlangen entfernt
    21. September 2012

    Nun müssen wir vorsichtig sein, daß wir jetzt nicht über solche Kategorien stolpern – wir von außerhalb des wissenschaftlichen Systems nehmen die aufgelistete “Faktenlage” als völlig subjektive und pseudoobjektivierende Privat-Auswahl irgendwelcher finanzierter Studien wahr.

    Die mangelnde Emphatie ist bereits Folge der Beschneidung – entweder körperlich – oder im Geiste – Menschlichkeit statistisch zu untermauern ist gut, aber prinzipiell kein Argument für einen Gegner, der sich stark redet, weil der Versuch der Wissenschaft, objektiv zu sein, per Definition nicht emphatisch, sondern distanziert ist.

    Der vermeindliche medizinische Nutzen ist jedoch gar nicht angestrebt, sondern das religöse Ritual, das ja höchsten durch den vermeintlichen medizinischen Nutzen
    für weltlich gesinnte Klerikal-Tolerierer die Beschneidung/Verstümmelung zum Durchwink-Fall machen soll, nach dem Motto – “Es ist zwar Schwachsinn – wenn es aber sogar heilsam ist – warum nicht? – Solln sie halt machen.”

    Aus solcher Verunsicherung ergibt dann das Trägheitsmoment der Masse – eine indifferente Haltung zu Gesetzen, die es erlauben, im Sinne ritueller Verstümmelung zu entscheiden.

    Andererseits wird das Gespräch, das wir hier führen u.a. bewirken, die Sache fragwürdig zu halten; “Ist schon ein wenig strange, sowas zu machen, nicht?!”:

    “Der Nutzen der Beschneidung soll sich aus merkwürdigen Papieren ergeben – wenn es so gut wäre, warum sind dann nicht alle vonselbst davon überzeugt, dass Beschneidung das beste für die ist?”

    Den Ritualbeschneidern ist der vermeintliche medizinische Nutzen egal.

    Gefährlich daran ist, dass sie gar nicht in der Lage dazu sind, das Ritual in Frage zu stellen – sie denken ja, gerade die Liebe sei es, die Familienbande, die diesen Schnitt acht Tage nach der Geburt dringend erforderlich mache – gerade so, wie die meisten Christen meinen, die Kreuzigung sei keine Mordfolter gewesen, sondern ein höchster Gnadenakt.

    Über diese Dinge – so sagen die Religionen – darf nicht nachgedacht werden – und wird auch nicht.

    Wenn wir die Beschneidung überwinden wollen, müssen wir die Frage stellen und beantworten: “Wozu Opfer?”

    Die stiefmütterlich betreuten Wissenschaften Ethnologie, Psychoanalyse, Geschichtswissenschaft,
    Etymologie, Archäologie werden in dieser Diskussion überhaupt scheinbar kaum vertreten? Dabei wäre allein auf diesem Wege Aufklärung zum Urgrund zu haben.

    “Wie und warum kam wirklich die Beschneidung/Verstümmelung in die Welt?”

    Erst, wenn wir das wissen, können wir entscheiden, ob wir ihr vollständig den Respekt verweigern müssen, wenn wir menschlich sein wollen, oder ob es umgekehrt ist, und wir denjenigen Respekt zollen müssen, die alles beim Alten lassen wollen ohne darüber nachzudenken?!

  564. #565 Physiker
    21. September 2012

    @Stefan W. (September 21, 2012):

    Konkret bei Kindern also bloß Harnwegsinfektionen.

    Nein. Sie unterschlagen (Para-)Phimose und Eichelentzündungen. Ausserdem finde ich es – wie bereits mehrfach erwähnt – ethisch problematisch alle Erkenntnisse auszublenden, die zwar nach momentanem Stand sehr plausibel sind, aber noch mehr Forschung bedürfen. Bei der Diskussion um die HPV-Impfung bei Jungen werden schliesslich auch z.T. sehr vorläufige Resultate in die Waagschale geworfen (so wird dort z.B. auch mit noch unbekannten aber sehr wahrscheinlichen Zusammenhängen von HPV mit anderen Krebsarten argumentiert). Warum dieses Messen mit zweierlei Mass? Ein Kind ist ein Mensch. Und alles was diesem Menschen irgendwann einmal im späteren Leben zum Vorteil werden könnte, muss bei einer korrekten Abwägung berücksichtigt werden. Ich finde es ethisch nicht in Ordnung, Vorteile wegzudiskutieren, nur weil sie zeitlich verzögert auftreten, probabilistischer Natur sind, miteinander korrelieren oder noch nicht endgültig durch RCTs abgesichert sind. All das kann man berücksichtigen und quantifizieren (siehe Morris-Review) – ignorieren sollte man es aber nicht.

    “Harnwegsinfekte können sehr erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden. […]”

    Sie argumentieren ganz analog zu den Impfgegnern und unterstellen einen Nutzen für das Kind, wenn dieses eine Krankheit durchmacht. Nur weil eine Krankheit noch (Stichwort: Antibiotikaresistenzen) gut behandelbar ist, muss man dem Kind doch nicht diese Krankheiten und die damit verbundenen Schmerzen zumuten.

  565. #566 Schmidts Katze
    21. September 2012

    “Sie argumentieren ganz analog zu den Impfgegnern und unterstellen einen Nutzen für das Kind, wenn dieses eine Krankheit durchmacht.”

    Oh, muss ich überlesen haben, noch mal nachsehen.

    Nein, steht da nicht.
    Da steht nur, daß man die Krankheit bekämpfen kann, und daß keine prophylaktische Amputation notwendig ist.
    Ein klassischer Strohmann also.

    Aber das ist wohl alles, was ausser dem Autoritätsargument übrigbleibt.

    Auch wenn Physiker nur ein Gastautor bei SB ist, langsam ist dieses Treiben hier doch nur noch peinlich.

  566. #567 Stefan W.
    21. September 2012

    Danke, Schmidts Katze.

    Ein Kind ist ein Mensch. Und alles was diesem Menschen irgendwann einmal im späteren Leben zum Vorteil werden könnte, muss bei einer korrekten Abwägung berücksichtigt werden. Ich finde es ethisch nicht in Ordnung, Vorteile wegzudiskutieren,

    Nein. Wenn es darum geht einen wichtigen Teil des Sexualorgans zu entfernen, obwohl es gesund ist und das Kind gesund ist, und nicht bekannt ist, wie dieses Kind sich später selbst entscheiden würde, dann gibt es keinen Grund dieser Entscheidung vorzugreifen, wenn das Kind später, als Erwachsener, sich selbst entscheiden kann.

    Die Eltern wollen es bevormunden, und Du willst alle Kinder bevormunden im Namen der Volksgesundheit.

    Aber wir können uns darauf verständigen, dass keine Verständigung möglich ist, weil Sie behaupten:

    Sex ohne Vorhaut ist schöner als mit.
    Die Schmerzen der Behandlung sind unbedeutend und mit lokaler Betäubung in den Griff zu bekommen
    Postoperative Schmerzen sind hinzunehmen, und kleiner bei kleinen Kindern als bei Erwachsenen, und daher ist summa summarum, da sich der vernünftige Erwachsene beschneiden lässt, das Vorziehen der Operation angeraten
    Beschneidung ist eine Art Wunderwaffe gegen viele Krankheiten und eine wichtige Ergänzung zu Kondomen bei AIDS-Prävention
    Von Traumata muss man überhaupt nicht reden

    Habe ich das richtig wiedergegeben?

  567. #568 Physiker
    22. September 2012

    @Stefan W. (September 21, 2012)

    Nein. Wenn es darum geht einen wichtigen Teil des Sexualorgans zu entfernen, obwohl es gesund ist und das Kind gesund ist, und nicht bekannt ist, wie dieses Kind sich später selbst entscheiden würde, dann gibt es keinen Grund dieser Entscheidung vorzugreifen, wenn das Kind später, als Erwachsener, sich selbst entscheiden kann.

    Das begründet trotzdem kein Verbot, wie Sie der zitierten juristischen Literatur entnehmen können. Denn bei einem Verbot käme es ganz entscheidend auf die Abwägung der Vor-und Nachteile der Operation an. Wenn der argumentative Schwerpunkt aber auf der Gesundheit des Patienten und entsprechenden Körperteils liegt, dann gehört sich das Entfernen der Weisheitszähne oder Mandel-OPs in der Kindheit ebenfalls verboten. Denn soviel ich weiss wartet man dort auch, bis evtl. vorhandene Entzündungen abgeklungen sind und man gesund ist. Ärzte können sicherlich noch weitere Beispiele für Eingriffe liefern, die dann verboten wären, wenn man Ihre Argumentation zugrunde legen würde.

    Die Eltern wollen es bevormunden, und Du willst alle Kinder bevormunden im Namen der Volksgesundheit.

    Sie verwenden “bevormunden” abwertend. Dabei ist es laut Grundgesetz Recht und Pflicht der Eltern, stellvertretend für ihre Kinder wichtige Entscheidungen zu treffen.

    Habe ich das richtig wiedergegeben?

    Abgesehen davon, dass das nicht meine Behauptungen sind, sondern zitierte Aussagen aus der Fachliteratur, die durch hunderte von Publikationen gestützt sind: ja.

    Sie stellen die Situations so dar, wie wenn zwei gleichwertige Meinungen aufeinanderprallen und dadurch eine argumentative Patt-Situation entstünde. Dieses Bild findet man auch häufig in den Medien, die zu jedem Thema eine ausgewogene Berichterstattung dadurch erreichen wollen, indem sie immer auch Gegenmeinungen zu Wort kommen lassen – egal wie präsent diese Gegenmeinungen in der wissenschaftlichen Diskussion sind (Beispiel: Gühbirnenverbot, Klimawandel, 9/11, Alternativmedizin, etc.). Genauso zum Thema Beschneidung: In der Fachliteratur gibt es einen eindeutigen Konsens, aber in den Medien wird weiterhin erfolgreich so getan, als gäbe es eine Kontroverse (oder einen Konsens zur exakt gegenteiligen Position).

  568. #569 Adent
    22. September 2012

    Ich möchte korrigieren in des Physikers Vorstellung gibt es einen eindeutigen Konsens ind der Fachliteratur, in der des Deutschen Ärztebundes, des holländischen und diversen anderen nicht, noch nicht mal in Australien wo der geheiligte Morris lebt. Wir wollen doch bei der Wahrheit bleiben lieber Physiker. Wenn man natürlich wie sie jegliche Gegenliteratur verweigert ist es klar, daß es einen Konsens gibt, aber nicht nur da scheinen sie ein Wahrnehmungsproblem zu haben. Witzig das ausgerechnet sie immer wieder den Vergleich mit der Klimadebatte oder VTs bringen, aber ebenso konsequent jegliche Gegenmeinung abqualifizieren. Ich denke aber es gibt hier genügend Leute die ihre durchsichtige Vorgehensweise durchschauen, daher machen sie sich ruhig weiter lächerlich!

  569. #570 s.s.t.
    22. September 2012

    @Physiker

    Nimm es doch einfach mal zur Kenntnis, es geht hier um Religion und um nix anderes.

    (Und ersetze “Religion” durch “Macht”, dann bist Du noch einen Schritt weiter. Aber das ist nicht gas Thema hier.)

    Glaubst Du wirklich in aller dreieifnältigen Einfalt, dass sonst die drei Buchreligionen eine ‘feste Mauer’ bilden würden? Seit wann waren denen jemals gesundheitliche Gründe, und insbesondere gemeinsam, jemals relevant?

    Gesundheitliche Gründe sind bestenfalls Strohmänner, die auf den Scheiterhaufen gehören bzw. gesteinigt werden sollten, um mal im religiösen Jargon zu bleiben.

    Ja, Verwirrungen, eben religöse Gründe für eine m/w Beschneidung sind für mich nachvollziehbar. Absichtlich aufgestellte Strohmänner jedoch nicht. Einen geisteskranken Nachbarn mit einem rosa Elefanten in seinem Schnapsglas kann ich womöglich noch halbwegs ertragen (bevor ich das Gesundheitsamt rufe), bei einem Lügner und Betrüger fällt mir das schon sehr viel schwerer, selbst wenn auch dieses ‘nur’ psychisch bedingt sein sollte.

  570. #571 Schmidts Katze
    22. September 2012

    “Sie verwenden “bevormunden” abwertend. Dabei ist es laut Grundgesetz Recht und Pflicht der Eltern, stellvertretend für ihre Kinder wichtige Entscheidungen zu treffen.”

    Nein, das ist falsch.
    Korrekt heisst es, im Sinne ihrer Kinder, und nicht stellvertretend für sie.

    Ich habe weiter oben gefragt, warum diese Entscheidungen den Eltern überlasssen werden, und nicht etwa dem Briefträger, du konntest diese Frage nicht beantworten.

    Nun, diese Entscheidungen hat der Gesetzgeber den Eltern übertragen, weil er davon ausgeht, daß sie im Gegensatz zum Schornsteinfeger ihre Kinder lieben, und ihre Entscheidungen deshalb so treffen, wie das Kind sie auch treffen würde.

    Ich möchte hier nicht bestreiten, daß jüdische und muslimische Eltern ihre Kinder lieben, das tun sie ganz bestimmt, aber wir stellen fest, daß sie die Entscheidung nicht im Sinne ihrer Kinder treffen, die sich, wenn sie die Wahlmöglichkeit hätten, mehrheitlich gegen die Beschneidung entscheiden würden.

    Und selbst für die, die sich zu einer Beschneidung entscheiden, ist diese freie Entscheidung mehr wert, als die Entscheidung ihrer Eltern, auf die sie selbst keinen Einfluss hatten.

    Insgesamt: Für einen freien Menschen, der die Grundlage unserer Gesellschaft ist, gibt es die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob er beschnitten sein will, oder nicht.

    Diese Wahlfreiheit wird ihm mit der Beschneidung als Kind genommen, und sie ist weit mehr wert, als alle hier vorgeschobenen Vorteile.

  571. #572 s.s.t.
    23. September 2012

    @Schmidts Katze

    Insgesamt: Für einen freien Menschen, der die Grundlage unserer Gesellschaft ist, gibt es die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob er beschnitten sein will, oder nicht.
    Diese Wahlfreiheit wird ihm mit der Beschneidung als Kind genommen, und sie ist weit mehr wert, als alle hier vorgeschobenen Vorteile.

    Kann ich nur unterstreichen.

    Welche Vorteile es haben soll, ein acht Tage altes Baby zu verstümmeln, hat ja ‘unser’ @Physiker trotz ellenlangem Geschwurbel nie begründen können.

    Und zum xten Mal: Religion ist für mich das einzige halbwegs stichhaltige Argument, denn diverse Menschen sind nun mal in irgendwelchen FSMs verhaftet bzw. sie glauben an Homöopathie und an schwarze Katzen von links nach rechts etc.

    Dass ich diese Ansicht nicht teile, steht auf einem anderen Blatt.

  572. #573 michaela
    24. September 2012

    @ s.s.t. Zitat:
    “Nimm es doch einfach mal zur Kenntnis, es geht hier um Religion und um nix anderes.”

    Es geht nicht nur um Religion, sondern auch um Medizin, da in den USA ja gesundheitliche Gründe vorgeschoben werden. Und Ärzte haben bei uns jahrzehntelang auch religiös motivierte Beschneidungen durchgeführt. Und vermutlich tun sie es inzwischen auch wieder. Keinen Interessiert das Urteil, der das wirklich durchziehen will. Also geht es auch um Recht und Gesetze.

    Und ich habe auch nicht gehört, dass Leute verhaftet worden oder überprüft worden sind. Bei einer schweren Körperverletzung müsste die Staatsanwaltschaft ermitteln, bei einer Körperverletzung nicht. Vielleicht können mir die Rechtsexperten da mal helfen, ob das wirklich stimmt.

    Das zeigt doch die Verlogenheit des Ganzen. Es geht eindeutig um die Entfernung eines Teils vom Körper, daher müsste es in dem Urteil auch um schwere Körperverletzung gehen. Da hat man also schon wieder Zugeständnisse gemacht.

    Stimmt es nicht auch, dass es männliche Beschneidung/ Verstümmelung schon vor der Gründung der Religionen gab, die männliche Beschneidung heute anwenden und propagieren? Irgendwo hab ich mal so etwas gehört. Sie haben es also übernommen und können daher schon flexibel sein und es auch wieder abschaffen.

    Weibliche Genitalverstümmelung wurde beispielsweise in Ägypten angewendet bei Sklaven, um sie gefügig zu machen (denn Verstümmelung ist ja eine Form der Folter), in Afrika auch bei Sklaven, um einen höheren Preis erzielen zu können.

    Während fgm eine Form der Sklaverei zu sein scheint, ist mgm vermutlich “nur” eine weitere Form der Kindesmisshandlung. Damit will man vermutlich erreichen, dass die männlichen Opfer später nicht mehr so schnell sexuell erregbar sind. Was auch immer.

    Alle gesundheitlichen Gründe sind vorgeschoben und das merkt man auch regelmäßig, weil auf echte Gegenargumente von Gegner keiner der Befürworter jemals wirklich eingeht. Auch das Babys Schmerzen empfinden, müsste jedem bekannt sein.

    Was bewirkt wohl ein solches Trauma später? Es verändert vielleicht die Gehirnchemie. Es ist den Leuten aber egal. Sie wollen gar nicht, dass die Kinder sich selbst entscheiden später. Was löst es wohl in einem Kind aus, wenn die Eltern plötzlich sagen: “Du musst einen Teil von Dir abschneiden lassen. Es wird wehtun, vielleicht stirbst Du, aber es ist halt Tradition…”

    @ Schmidts Katze Zitat:
    “Ich gestehe jedem Erwachsenen, soweit er psychisch gesund ist, das Recht zu, eine Zirkumzision, eine Beschneidung nach der milden Sunna, eine Inzision oder auch eine pharaonische Beschneidung an sich vornehmen zu lassen, so wie auch eine Tätowierung, ein Piercing, ein Branding oder die Amputation einer Hand.”

    Die angebliche “milde” Sunna ist auch nicht wirklich mild. Schau Dir mal Fotos an, bevor Du hier sowas schreibst. Ich denke, man sollte die Leute vor sich selbst schützen. Viele gehören stattdessen in eine langjährige Therapie. Es kann viele Gründe haben, den eigenen Körper abzulehnen oder verstümmeln zu wollen. Auch spielt hier wieder eine Rolle, dass man zu einem bestimmten Personenkreis dazugehören will.

    Nur mal ein Beispiel, wohin sowas führt. Im TV war zu der Zeit, als über Intim-Ops gesprochen wurde, auch mal die Rede davon, dass Frauen, die in bestimmten Gewerben arbeiten (zum Beispiel nackt auf dem Tisch tanzen, Porno oder ähnliches) von ihren Arbeitgebern/ Zuhältern dazu aufgefordert werden, sich die Schamlippen verkleinern zu lassen und ähnliches. Also solche Jobs an sich sind ja schon eine Form der Sklaverei, aber mit dem indirekten Zwang zur OP erst recht.

    Und dann wurden diese Ops im TV so dargestellt, als wäre das was für ganz normale Frauen, die Probleme mit zu großen Schamlippen haben. Es wurden gesundheitliche Vorteile versprochen und 1:1 die PR von den Websites der Schönheitschirurgen übernommen. Fast ohne jede Gegenstimme und Aufklärung, dass Schamlippen die Scheide feucht halten usw. Und Heute findet man in Foren Minderjährige, die sich an der Scheide operieren lassen wollen. In den Leitlinien für solche Ops wird empfohlen, dass man feststellen muss, ob jemand irgendwie krank ist und sich darum die OP wünscht und dass frau die Familienplanung auch abgeschlossen haben sollte. Danach soll man also keine Kinder mehr bekommen. Das zeigt doch, wie schlimm diese Ops wirklich sind. Und es gibt Chirurgen, die das bei Minderjährigen machen (die meinen, dass sie das brauchen), dazu braucht man auch nur die Einwilligung der Eltern. Darüber hat sich aber bisher keiner öffentlich aufgeregt.

    Nein. Man kann nicht selbst entscheiden, weil oft ein sozialer Druck vorhanden ist. Körperteile werden abgewertet, Aufklärung findet nicht statt. Lügen und Propaganda wird verbreitet. Und das wäre alles nicht (legal) möglich, wenn es einfach verboten wäre, sich gesunde Körperteile entfernen zu lassen. Oder wenn es eine bessere Aufklärung über Gesundheit gibt. Aber sowas gibt es bei uns einfach nicht, zumindest wird es von den Medien nicht gefördert. Ob das an den Schulen anders ist, weiß ich leider nicht.

    Wer nicht alle Informationen hat und ständig nur verwirrt wird, der kann sich nicht frei entscheiden. Und darum ist es so wichtig, mal Klarheit zu schaffen.

    Mir ist bewusst, dass man nicht alles verbieten kann, aber es fehlt mir auch völlig die Aufklärung. Und man sieht ja, selbst Verbote und Gesetze führen nicht dazu, dass die Leute damit aufhören. Es ist einfach egal, es wird trotzdem gemacht. Das erinnert mich daran, als in Kenia ein Gesetz zum Verbot von fgm erlassen wurde und dann wieder kurz außer Kraft gesetzt wurde, damit man Massenbeschneidungen an den Kindern durchführen konnte. Und hier machen es die Chirurgen. Wie kann man das den Opfern erklären? GAR NICHT. Es ist nicht logisch, es ist dumm.

    Es überwiegt das Argument, dass jeder das selbst entscheiden soll und dass man tolerant sein muss. Aber über gesundheitliche Nachteile dieser Eingriffe oder wenn mal was schief gegangen ist, davon hört man kaum was. Solche Bilder kann man vermutlich nicht im TV zeigen. Es gibt aber Bücher mit Seiten voll von Verstümmelungen.

    Solange solche Dinge erlaubt sind, ist es auch einfach, Leute dazu zu bringen, indem man ihnen einfach falsche Infos liefert und sie ständig belügt.

    Verstümmelung sollte erlaubt sein, wenn man sich selbst entscheiden kann? Irgendwo hab ich gelesen, dass man zu einer Verstümmelung gar nicht einwilligen kann. Ich glaube es hatte etwas mit dem Gesetzentwurf gegen fgm zu tun. Die beiden Dinge fgm und mgm hängen also zwangsweise zusammen. Bei kriegt beides nur sehr schlecht weg.

    Ich möchte mich noch mal beim Moderator bedanken, dass er meine Kommentare moderiert hat. War etwas zu emotional.

    Aufklärung? Ne, bei uns gibt es Toleranz, Ignoranz und Verdummung.

  573. #574 Physiker
    25. September 2012

    @michaela:

    Alle gesundheitlichen Gründe sind vorgeschoben

    Das ist ein Totschlagargument, das nur dem einzigen Ziel dient, sich um die Diskussion der medizinischen Aspekte zu drücken. Ich finde das nicht in Ordnung, denn es geht um das Wohl der Kinder und dazu gehört an oberster Stelle die Gesundheit. Und was vorteilhaft für die Gesundheit ist und was nicht, das sollte mit den Mitteln der Evidenzbasierten Medizin festgestellt werden. Gesundheitliche Gründe können zur Beurteilung einer Operation gar nicht vorgeschoben sein.

  574. #575 Adent
    25. September 2012

    Juche nun haben wir es endlich, das finale Statement.
    “Beschneidet alle Knaben, die Welt wird daran genesen.” Was soll man dazu noch sagen, außer vielleicht, daß ich froh bin solche Leute wie den Physiker nicht in einer entscheidungsträchtigen Position zu sehen.
    Mal im Ernst, wer basierend auf einer sehr unklaren (ja nochmal: sie ist unklar und bitte unterschlagen sie nicht wieder die restlichen Absätze der WHO Empfehlung, die ihrer Aussage klar widersprechen) Datenlage der Meinung ist pauschal alle Kleinkinder zu beschneiden, der ist schon sehr grenzwertig.

  575. #576 Physiker
    25. September 2012

    @Adent:
    Eine pauschale Beschneidungspflicht aller Kleinkinder steht nicht zur Diskussion und wäre wegen der hohen Anforderungen auch nicht zu rechtfertigen.

  576. #577 michaela
    25. September 2012

    @ Physiker: “Das ist ein Totschlagargument, das nur dem einzigen Ziel dient, sich um die Diskussion der medizinischen Aspekte zu drücken. Ich finde das nicht in Ordnung, denn es geht um das Wohl der Kinder und dazu gehört an oberster Stelle die Gesundheit.”

    Ich will mich nicht davor drücken, ich denke nur, dass das hier schon andere tun und es immer hin und her geht und das keine echte Diskussion ist. Außerdem habe ich mich daran schon beteiligt.

    Mir geht es in erster Linie auch um Gesundheit. Dazu gehört die körperliche Unversehrtheit, dass Recht über Gesundheit und Sexualität, den eigenen Körper aufgeklärt zu werden (von Leuten, die was davon verstehen) und auch die seelische Gesundheit. Also nicht verstümmelt zu werden und dass auch keiner verlangt, dass man es freiwillig macht für die Familie, die Kultur oder dergleichen.

    Aber wie ich schon sagte, wird auf manche Argumente gar nicht eingegangen. So mache ich das also jetzt auch.

    Ich wollte sowieso aufhören, hier mitzudiskutieren. Das liest sich niemand später mehr durch.

    Es wird in Deutschland auch weiterhin Verdummung geben und Gesetze, an die sich niemand hält. Darum lese ich mir jetzt alle meine Bücher zu dem Thema nochmals durch, recherchiere nochmal gründlich und schreibe dazu dann irgendwann einen neuen eigenen Artikel.

    Übrigens, wenn man nach jeder Studie sein komplettes Leben oder seine Einstellung ändern würde, dann wäre man ganz schön gestresst nach einer Zeit. Studien sagen nicht immer die Wahrheit aus. Es kommt immer drauf an, wie eine Studie gemacht worden ist und wer es bezahlt hat leider auch. Manche Dinge will man auch gar nicht raus finden, zum Beispiel wie viele Kinder an der Beschneidung / Verstümmelung sterben und wie viele darunter leiden.

    Und in der besagten HIV-Studie steht weiter unten, dass weiter geforscht werden muss und mehrmals auch, dass es keine Empfehlung zur Beschneidung gibt, was dem widerspricht, was weiter oben steht. Dann kann man sich ja aussuchen, was man zitiert. Wie praktisch.

  577. #578 michaela
    25. September 2012

    Zitat aus:
    https://www.aerzteblatt.de/pdf/PP/8/1/s32.pdf

    “Bereits Säuglinge und Kleinkinder können auf traumatische Ereignisse reagieren und in der Folge eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln. Bis zu 30 Prozent der Säuglinge und Kleinkinder sind aktuell aufgrund von Brandverletzungen, Gasexplosionen, Verkehrsunfällen, medizinischen Prozeduren oder häuslicher Gewalt traumatisiert und zeigen Symptome wie Wiedererleben, Vermeidungsverhalten und Übererregung.”

    der Artikel dazu:
    https://www.aerzteblatt.de/archiv/65894/Posttraumatische-Belastungsstoerung-Ausmass-bei-Kindern-unterschaetzt

    “Zu den klassischen Traumasymptomen bei Kindern und Jugendlichen zählen emotionale Taubheit, autonome Übererregung und Wiedererleben.”

    “Emotionale Taubheit zeigt sich durch Entfremdungsgefühle, Emotionslosigkeit und vermindertes Interesse an zuvor bedeutsamen Dingen. ”

    “Eine erhöhte autonome Erregung führt zu übermäßiger Wachsamkeit, Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit und Aggressivität. Es stellen sich Schlaf-, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten ein. Bestehende Leistungsstörungen werden verstärkt, Schulleistungen lassen nach.”

    “Das Wiedererleben des traumatischen Geschehens im Wachen oder Schlafen (Intrusionen) oder die Konfrontation mit traumaassoziierten Dingen, Personen oder Situationen kann sehr belasten. ” (…) “Typische Reaktionen sind starkes Klammern an die Bezugspersonen, auffällige Aggressivität, Angst vor Dunkelheit oder dem Alleinsein und häufige Bauch- oder Kopfschmerzen.”

    und dann wie das Behandelt wird:

    “Letztendlich soll das traumatische Erlebnis als Teil eines neuen, konstruktiven Selbst- und Weltbildes gesehen werden.”

    Das wäre das die Erklärung, warum viele verstümmelte Menschen sich nicht mehr so fühlen. Sie denken solange darüber nach, bis es ihnen als etwas Gutes erscheint. Dann brauchen sie auch keine Therapie mehr.

  578. #580 Physiker
    26. September 2012

    @michaela (September 25, 2012):

    Übrigens, wenn man nach jeder Studie sein komplettes Leben oder seine Einstellung ändern würde, dann wäre man ganz schön gestresst nach einer Zeit.

    Sie verwechseln Studien mit Reviews.

  579. #581 Wolf
    26. September 2012

    @Michaela:
    Ich würde es sein lassen. Der Physiker ist so dermaßen von der Richtigkeit seiner kleinen Gedankenwelt überzeugt, dass nur eine direkte Intervention eines gottähnlichen Wesens, für das er sich ja auch selbst hält, davon abbringen kann, die Verstümmelung von kleinen Kindern zu fordern.
    Es geht ihm mitnichten um die Kinder, odre deren Gesundheit, es geht ihm darum Recht zu haben. Mochte ich schon in der Schule nicht, solche Leute. Diskutieren ist da sinnlos, denn wer kann schon etwas gegen einen Gott vorbringen, was dieser Gott mittels “Mimimi, das stimmt ja gar nicht, und ich habe hier eine Studie von Beschneidern, die ganz dolle gesagt haben, dass Beschneidungen gesundheitlich von Vorteil sind.” abschmettern würde….

  580. #582 Be' Ruben
    Bad Homburg
    26. September 2012

    Brit Mila vs. Brit Shalom – ein Plädoyer für mehr Gelassenheit
    Worum geht es eigentlich? Was ist das eigentliche Thema?

    1. Es sollte jedem vernünftigen Menschen klar sein, dass neu geborene nicht aus hygenischen Gründen beschnitten werden müssen, damit ihre zukünftigen Sexualpartner gesund bleiben.

    2. Die Zirkumzision über die wir hier reden hat für das Judentum und den Islam eine konstituierende Relevanz, wie für die Katholiken die Taufe von Neugeborenen.

    3. Es gibt keine Auschwitzkeule, denn das was in Auschwitz und Treblinka passiert ist, ist so ungeheuerlich, das wir Nachgeborenen, mit Demut den Blick zurück wagen sollten. Die Nachgeborenen haben alles Recht uns immer wieder daran zu erinnern, wer wen nicht sie hätte sonst das Recht dazu? Wer Auschwitz als Kind überlebte und zusehen musste, wie die eigenen Eltern brutal ermordet wurden, ist in einer Weise traumatisiert, wie wir es uns nicht vorstellen können. Und allein deshalb, weil die Eltern einem Volk angehörten, dem die Nazis im Besonderen den Krieg erklärten -, wie traumatisierend ist das denn!

    Und hier komme ich zu dem Punkt, der mir bei dieser Diskussion zu kurz kommt. Die Traumafrage – ich stimme als Therapeut und Arzt uneingeschränkt dem Grundsatz, primum nihil nocere zu. D.h. für mich ist selbstverständlich, dass jedes Kind in jedem Alter ein Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit hat und das wir Erwachsenen dies vorrangig zu schützen haben.

    Babys und Knaben die Vorhaut ohne Betäubung zu beschneiden traumatisiert und das Ritual hinterlässt Spuren im unterbewussten Erleben des Menschen. Dies wusste auch die Vorväter vor uns und deshalb betteten sie das ganze Ereignis in einen festlichen Kontext ein, um die Folgen abzufedern, denn auch ihnen war klar: „wir machen nicht Erfahrungen, sondern Erfahrungen machen uns.“ Es ist völlig legitim, diese Erfahrung mit einem fulminanten Fest zu überhöhen, wir wissen, dass das Menschen hilft im positiven schmerzhafte Erfahrung zu verarbeiten. Wir könnten sagen die Inszenierung der Festlichkeit ist eine Form der Wiedergutmachung gegenüber dem neuen Mitglied der Gemeinschaft, ob man dies nun gut findet oder nicht.

    Die Zirkumzision ist im Judentum eine Überlebensstrategie. Sie wird als konstituierend beschrieben, sie besiegelt die Zugehörigkeit des Neugeborenen zu seinem Volk. Sie erfolgt vor dem Hintergrund einer Bedrohungsszenerie. Moses Frau Zippora retten ihren Sohn, weil sie die Beschneidung nachholt, vor der sich Moses selbst gedrückt hat, nach zu lesen in Exodus 4,25.

    Ich möchte mit meinem Beitrag den Blick auf diese Strategie schärfen, denn ich denke dem Dialog, den wir auch hier exemplarisch führen, fehle die nötige Gelassenheit. Wir sind behaftet und in diesem Zustand ist es schwierig zu zuhören, was mein Gegenüber wirklich meint. Keiner im Islam oder Judentum will das Wohl der Kinder verletzen. Das suggerierte Unterwerfungsritual ist bei weitem nicht von solch einer Brutalität gezeichnet, wie es die Kinder in Auschwitz erlebt haben, als sie machtlos zusehen mussten, wie ihre Eltern unterworfen wurden.

    Die Überlebenden dieser Generation tragen dieses Trauma der Unterwerfung ihres Volkes in ihren Herzen. Ihnen deshalb mangelnde Empathie zu unterstellen ist ein al zu einfacher Versuch die Stagnation in der Diskussion zu erklären. Wem das konstituierende Moment dieses Rituals fremd und unverständlich ist, wird auch das Trauma welches dieses begründet nicht verstehen. Wem der Schmerz des Säuglings fremd und unverständlich ist, wird auch das Trauma der Kinder nicht verstehen, die mit ihren Schmerzen allein gelassen werden. Nochmals: „wir machen keine Erfahrungen, Erfahrungen machen uns!“

    Es ist meiner Ansicht nach auch unerheblich, wie alt dieses Ritual ist, ob es nun seit 4000 Jahren oder seit 1200 Jahren praktiziert wird. Es ist eine Antwort der Gemeinschaft auf ein Bedrohungsszenarium und soll die Reihen innerhalb des Volkes stärken. Mit Auschwitz hat das europäische und insbesondere das deutsche Judentum in dieser Hinsicht zu Recht die Gelassenheit verloren. Die Bedrohung des Judentums in Deutschland war real und ist auch nach 1945 weiterhin ganz real, es wurden Juden auf offener Straße diffamiert und sogar erschossen.

    Die Deutsche Zivilgesellschaft hat nach 1945 die Aufarbeitung der Schreckensherrschaft nur zögerlich begonnen. Der Film die Shoa von Claude Lanzmann, hat eine breite Diskussion eröffnet. Sicher im Vergleich mit Japan hat die Zivilgesellschaft der Bundesrepublik geradezu offensiv die eigene Verantwortung für den europäischen Teil des zweiten Weltkriegs diskutiert und erforscht. Doch die Art, wie insbesondere in der Adenauerära mit dem Erbe des Nationalsozialismus umgegangen wurde, hat die Wunden nicht kleiner sondern eher größer werden lassen.

    Doch das aus meiner Sicht entscheidende, wird weiterhin klein geredet. Es ist die Dimension des Schadens, den die Naziherrschaft, durch die nahezu vollständige Vernichtung der deutsch-jüdischen Kultur bewirkte. Die aufklärerische und insbesondere intellektuelle Gelassenheit des deutschen Judentums ausgehend von Moses Mendelsohn, Martin Buber, Franz Rosenzweig bis hin zu Viktor Frankel ist zerstört. Sigmund Freud konnte ganz gelassen darauf verzichten seine Söhne zu beschneiden, ohne das er deshalb des Verrates an seinem Judentum bezichtigt wurde. Diese verlorene Gelassenheit können die intellektuellen Beiträge von Micha Brumlik oder Michael Wolffsohn initiieren, bleiben aber vor dem Hintergrund der Geschichte eine Ausnahme.

    Ich wünsche mir die Renaissance der Gelassenheit, auf beiden Seiten. Sicher sollen wir nicht Neugeborene mit unnötigen Schmerzerfahrungen belästigen, andererseits dürfen wir nicht das Trauma, in Folge der totale Vernichtung des deutschen Judentums in den Öfen von Auschwitz und Treblinka, und die davon ausgehende Bedrohung des Judentums in Deutschland ignorieren. Die Bedrohung war und ist real-, und die Beschneidung von Knaben, wie immer man dazu steht, eine Überlebensstrategie für das jüdische Volk.

    Die aktuelle Diskussion kann fruchtbar sein, der echte Dialog im Sinne Bubers Neues erbringen –, insofern bin ich sehr optimistisch –, so kann einer Kultur der Brit shalom statt einer Brit mila bereitet werden –, in aller Achtsamkeit und in aller Gelassenheit.

  581. #583 Name auf Verlangen entfernt
    26. September 2012

    @ Be`Ruben: zu Ihrem interessanten Beitrag möchte ich hinzufügen vor allem die Frage:

    welches Bedrohungsszenario meinen Sie, wer wird von wem warum bedroht und warum hilft das Abschneiden der Vorhaut dagegen?

    Wichtig erscheint mir auch, dass Verstümmelung nicht konstitutiv für das Judentum ist, denn es ist ja nicht automatisch jeder Beschnittene auch Jude – das Ritual kann also nicht identitätsstiftend sein, weder für Juden noch Moslems – die Bibel spricht hier (Jos. 5.9) von der “Schmach Ägyptens” – man holte also in Folge des Exodus nach, was in Ägypten für Sklaven offenbar nicht erlaubt war: die Beschneidung, um eben die “Schmach Ägyptens” abzuschütteln.

    Jedoch ist auch Ägypten nicht der letzte Ursprung der Genitalverstümmelungen: verstümmelt wurde auch in Peru, Mittelamerika, Australien (dort besonders zerstörerisch und schmerzhaft an Männern).

    “Vor allem die Gleichsetzung der bestialischen, funktionsvernichtenden Genitalverstümmelung bei Mädchen mit der rituellen Beschneidung bei jüdischen Jungen sind unterträglich”, schreibt Gil Bachrach in der ZEIT (13. September).

    Folgt man jedoch der Literatur zum Thema (Helga Ettengruber), findet man Hinweise, dass “Im alten Israel neben den Jungen auch die Mädchen beschnitten wurden.” (Conny Hermann, Hg. “Das Recht auf Weiblichkeit – Hoffnung im Kampf gegen die Genitalverstümmelung”) – die Gleichsetzung zu FGM liegt zumindest historisch nicht nur nahe, sondern ist sogar geboten.

    Wie weit davon entfernt ist Kenntnisstand und Selbstverständnis von Gil Bachrach – und: kann es eine Begründung für ein Nicht-wissen-wollen geben?

    Es gilt also festzustellen:

    1. Gentalverstümmelungen beider Geschlechter fallen historisch zusammen.

    2. Für Israel ist die Beschneidung ein Fremd-Ritual, welches von einer anderen Nation/Gruppe übernommen wurde und das daher nicht konstitutiv sein kann.

    3. Es ist deshalb, so meine ich, für eine heutige Entscheidung nicht unerheblich, ob das Ritual 1000 oder 4000 Jahre alt ist (es ist viel älter) –
    hier tut Aufklärung not: gerade und auch für Israel – “Warum tun wir das eigentlich” – in der ganzen Diskussion hier und andernorts gibt es dazu nicht eine Stimme der Befürworter, die im Sinne der Aufklärung weiterhelfen könnte: daher – erst, wenn man und frau wissen, woher es wirklich kommt, kann man sich ein Urteil erlauben.

  582. #584 Stefan W.
    26. September 2012

    Ich kann nicht nachvollziehen, was der Nationalsozialismus mit dem Thema zu tun haben soll.

    Wenn wir in Dänemark wären, dann dürften wir die Verstümmelung verbieten? Und den Moslems dürfen wir sie auch verbieten?

    Die Argumentation ist absurd, weil sie auch all die jüdischen Stimmen unterschlägt, die gegen eine Erlaubnis sind, und alle Amputationsgegner in eine faschistoide Tradition stellt, ohne die persönliche Geschichte derer, die sich äußern, zu betrachten.

    Fraglich ist überhaupt, wieso den Kindern und Enkeln besondere Pflichten aus der NS-Zeit zuwachsen sollen, und wer berechtigt ist diese Pflichten festzulegen.

    Mir scheint die Erinnerung an den dt. Faschismus lediglich zu zeigen, dass es keine guten Argumente für Beschneidung gibt.

    Die Rolle des autoritären, irrationalen Chauvinisten ist auf Eurer Seite – ausgerechnet die Grundrechte und Gleichbehandlung abzulehnen macht auf mich keinen guten Eindruck, sondern im Gegenteil: Er war noch nie so schlecht.

    Zum Glück sind solche Äußerungen aber Einzelfälle – man darf das jetzt nicht verallgemeinern.

  583. #585 Name auf Verlangen entfernt
    26. September 2012

    @ Stefan W.: so sehr ich Deine Äußerungen schätze, so muss ich doch widersprechen: ja, doch, es wachsen uns, “den Kindern und Enkeln besondere Pflichten aus der NS-Zeit” zu.

    Das ist einfach eine Tatsache – das zu leugnen, bedeutet, zu behaupten: “Das soziale Umfeld prägt nicht.”

    Das kann doch nicht stimmen, ernsthaft.

  584. #586 michaela
    26. September 2012

    Ich bin gegen Genitalverstümmelungen jeglicher Art und auch gegen Faschismus und Rassismus.

    Ich bin gegen Menschenrechtsverletzungen und denke, dass man endlich Menschenrechte, Kinderrechte und anderes durchsetzen sollte, sodass es diese Sachen nicht nur auf dem Papier gibt. Das wäre nämlich schade.

    Es sollte mehr Aufklärung statt Verdummung geben.

    Eine Verstümmelung bleibt eine Verstümmelung, egal ob Ärzte dies mit einer vorgeschobenen Indikation oder Heilsversprechen machen oder Religionen. Aber eher wird man wohl die Definition von Verstümmelung ändern, als dass man dieses ganz verbietet. Als hätte sich die Menschheit nur oberflächlich weiterentwickelt, unter der Oberfläche: Mittelalter!

    Die Religionen wollen die Sexualität kontrollieren und Gehorsam durch Folter erreichen und Mediziner wollen Erfahrungen mit Operationen sammeln, auch wenn es schon lange neue Therapieformen gibt. Die einen verstoßen gegen Gesetze und verletzen Menschenrechte und Kinderrechte, die anderen handeln zusätzlich noch gegen einen Eid, den sie geleistet haben.

    Aber das war jetzt wirklich der letzte Versuch eines Kommentars. Ich reagiere nun auf nichts mehr und werde es mir auch nicht mehr durchlesen.

  585. #587 Stefan W.
    26. September 2012

    @Name auf Verlangen entfernt:

    @ Stefan W.: …, so muss ich doch widersprechen: ja, doch, es wachsen uns, “den Kindern und Enkeln besondere Pflichten aus der NS-Zeit” zu.

    Welche besondere Pflicht wäre das?

    Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Die Menschenrechte zu achten ist die Pflicht jedes Menschen – unterschiedslos. Das ist gerade der Knackpunkt an der Sache, dass es keine nationale, rassische oder ethnischen Merkmale gibt, die eine ernstliche Unterschiedlichkeit in der Behandlung oder Bewertung von Menschen erlaubt.

    Das ist einfach eine Tatsache – das zu leugnen, bedeutet, zu behaupten: “Das soziale Umfeld prägt nicht.”
    Das kann doch nicht stimmen, ernsthaft.

    Ich lese die Worte, aber der Sinn erschließt sich mir nicht. Oben ging es um eine Pflicht, hier geht es um Prägung durch ein soziales Umfeld.

    Meine Pflicht ist eine Projektion über mein Verhalten in der Zukunft. Prägung ist ein historischer Fakt aus meiner Vergangenheit.

    Was weißt Du über meine soziale Prägung?

    Wenn jetzt ein jüdischer Mann einen Sohn hat – inwiefern kann das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Sohnes davon abhängig gemacht werden, dass er in Deutschland, Dändemark, England oder Israel zur Welt kommt? Wieso soll man ihn in dem Land des Holocausts eher verstümmeln dürfen als in anderen Ländern?

    Mit welcher Prägung die ich erfahren habe hat das zu tun? Mit welcher Verantwortung, die mir aus der Geschichte zuwächst?

    Wenn man diese Behauptung in den Raum stellt, mit einer großen, rosa Schleife versehen und einem Kärtchen “Tabu” dann will ich dieses Tabu nicht gelten lassen, und zwar weil ich es nicht verstehe.

    Wenn jemand meint es sei doch selbstverständlich dann müsste es ja leicht zu erklären sein.

  586. #588 Be' Ruben
    26. September 2012

    @Name auf Verlangen entfernt

    Alle Betrachtungen zu diesem Thema sind abhängig von den jeweiligen Modellinterpretationen. Ich habe mit meinem Beitrag versucht eine bestimmte Ebene, ein psychologisches Momentum in den Blickwinkel zurücken.
    Inwieweit sich heute noch logische Kausalität nachweisen lassen, bezweifele ich. Rein rational sind diese Überlegungen oft genug nicht. Wer glaubt Hitlers Hass auf die Juden hätte einen realen Hintergrund, idealisiert menschliche Verhaltensweisen, die ja doch eher von Irrationalitäten geprägt sind.

    Sicherlich sind nur multifaktorielle Erklärungsmodelle für das Verständnis des Wie und Warum einigermaßen belastbar. Es wird nicht einen einzigen Grund geben für die Tradition der Beschneidung. Ich finde das was im AT als Begründungen heran gezogen wird, eher fragwürdig und in vielerlei Hinsicht halte ich die Begründungen auch für absurd. Dennoch gibt es ein psychologisches Momentum, welche Überlebensstrategien benutzen einzelne Menschen und Kollektive, um ihr überleben zu sichern?

    Ich bin kein Kulturwissenschaftler, insofern kann ich selber auch keine logische Stringenz ableiten, die das Verhalten kulturhistorisch erklärt. Ich denke es ist auch nicht nötig, hier wird die Kausalität überbewertet, denn die überlieferten Daten sind doch recht dünne – oder?

    Auch in Dänemark würde die existentielle Angst jüdischer Gemeinden überwiegen, wenn nicht gleichzeitig eine Gelassenheit bestehen würde, die Ausdruck des Vertrauens zur dänischen Zivilgesellschaft ist. Sie fühle sich durch diese nicht bedroht.

    Auch wenn es nervt, so ist das mit dem Nationalsozialismus, er nervt. Er nervt, weil seine Furchen tiefer unsere Gesellschaft prägen, als wir es uns eingestehen wollen. Insbesondere das Lebensgefühl in diesem Land ist durch die Barbarei zu tiefst erschüttert, wir misstrauen und wir sind im höchsten Maße skeptisch.

    Ohne den Nationalsozialismus und seine Barbarei gebe es in D, große, selbstbewusste jüdische Gemeinden. Es wäre sehr wahrscheinlich, das diese Gemeinden, geprägt von großem Selbstvertrauen ihren Umgang mit den nicht jüdischen Teilen der Gesellschaft im Sinne von Kooperation gestalten würden und nicht wie heute reflexartige Ängste den Umgang miteinander bestimmen.

    Es gibt keine Alternative zum notwendigen Dialog, wir sind erst am Anfang und die jüdischen Gemeinden sind skeptisch ob diese Diskussion überhaupt sinnvoll ist. Das Urteil von Köln hat aufgerüttelt und Interesse am Anderen geweckt. Was wollen wir, was können wir und wie wollen wir unser Verhältnis zu einander organisieren? Das ist schon sehr spannend.

  587. #589 Name auf Verlangen entfernt
    27. September 2012

    @ Be´Ruben: Sie zweifeln – aber wie mir scheint, ohne Grund. So schnell sollte man die Suche nach Ursachen nicht aufgeben – denn so schlecht ist die Faktenlage auch nicht – man muss nur nach den Quellen suchen; wenn Sie mehr wissen wollen, schauen Sie mal in meinem Blog unter “Auge” – es besteht auch die Hoffnung, dass die Menschheit in Zukunft komplexere Fragen wird begreifen können.

    Ihrer Antwort an StefanW. schließe ich mich an: “Insbesondere das Lebensgefühl in diesem Land ist durch die Barbarei zu tiefst erschüttert.” – Selbst wenn man nicht von Verantwortlichkeit im Rahmen der Seele sprechen will, die ja auch das Volk hat – bleibt uns doch gar nichts anderes übrig, als die Beschädigungen von Geist und Psyche zu verkraften und zu verwandeln, die wir von unseren Vorfahren übernommen haben: dazu gehört zum Beispiel auch – um kulturell zu bleiben – der ruinierte Geschmack und der universelle Kitsch-Charakter, der sich über die “Kultur” des einfachen Volks gelegt hat, wie eine hermetische Deckelung von Schönheit und Wahrhheit.

  588. #590 Stefan W.
    27. September 2012

    Ich bin im Gegensatz dazu misstrauisch wenn man versucht mich in eine Volkstüte einzutüten wo ich gemeinsam mit dem Volk gemeinsame Gefühle teilen soll und ähnlicher Schmuh.

    Derartige Verschmuhungen dienen dazu die Debatte zu entdifferenzieren, und jeden wieder in seine Tüte zurückzustecken, zum Beispiele alle Juden in die Juden-Tüte, unabhängig ob beschnitten oder nicht und unabhängig davon, ob Befürworter der Beschneidung oder nicht, und die Deutschen in die Tätervolktüte, ohne zu beachten dass es deutsche Juden gibt.

    Aus dem Lamento, dass es heute keine große, selbstbewußte, jüdische Gemeinde in Deutschland gibt läßt sich auch kein Argument für die Beschneidung gewinnen. Es gibt auch keine Sitze für die KPD im Bundestag als Ausgleich dafür, dass deren Mitglieder verfolgt wurden.

    Was wäre wenn ist eine spekulative Frage, die nicht beantwortet werden kann, denn sie würde vorraussetzen, dass entweder die Bedingungen für die Vergangenheit in der noch älteren Vergangenheit andere gewesen wären – man müsste dann also erst zeigen welche Bedingungen den Faschismus hätten verhindern sollen, um daraus herzuleiten wie es heute dann stattdessen wäre, oder man erklärt die Gegenwart für von der Vergangenheit unabhängig – aber dann wäre die heutige Gemeindegröße und ihr Selbstbewusstsein ja auch nicht von der Vergangenheit abhängig.

    @MT:

    … bleibt uns doch gar nichts anderes übrig, als die Beschädigungen von Geist und Psyche zu verkraften und zu verwandeln, die wir von unseren Vorfahren übernommen haben

    Ich weiß nicht ob Beschädigungen an Geist und Psyche von Vorfahren übernommen werden. Was verstehen Sie unter Beschädigungen des Geistes? Mir kommt das sehr pastoral vor und gar nicht zum Durchdenken geeignet, sondern mehr wie das Verdummungsdeutsch das von den Kanzeln herabzutröpfeln pflegt.

    Man meint so dies und jenes, aber nichts konkret fassbares, und am Ende fühlen sich alle prima aufgestellt im globalen Kampf gegen den universellen Kitsch.

    Eine Beschädigung der Debattenkultur die wir unserem Kitschhirn verdanken ist die, dass man sich stillschweigend daran gewöhnt hat, dass man Rechtsradikalen in ÖR Medien etwa einfach das Wort entzieht, weil man meint, im Namen der Sache des Guten wären unfaire Methoden gerechtfertigt, und bevor die Interviewer einen schlechten Eindruck machen, weil sie keine Argumente mehr haben, und es nicht schaffen die Rechten inhaltlich zu widerlegen oder eindrucksvoll zu bedrängen lässt man sich lieber dabei zuschauen, wie man nicht mehr neutraler Beobachter sondern unfaire Partei ist.

    Was hat das mit unserem Thema zu tun?

    Es hat insofern entfernt damit zu tun, als das Tabu Nationalsozialismus instrumentalisiert wird, und dass es keine inhaltlich verhandelte Grenze gibt, wer etwas sagen darf und wer nicht, oder was gesagt werden darf oder nicht, sondern es gibt Versuche jemanden zu stigmatisieren, die entweder von einer Mehrheit mitgetragen werden, oder nicht, aber wenn sie mitgetragen werden gibt es keine offene Diskussion mehr.

    Ich weiß auch dass es einen beachtlichen Bodensatz an rechtsradikalen und antisemitischen Einstellungen in der Bevölkerung gibt, und dass die antisemitischen Einstellungen auch nicht auf rechte Szenen beschränkt sind, sondern in allen politischen Lagern anzutreffen, und gemessen an derartigen Äußerungen in den bekannten überregionalen Zeitungen und regionalen sowie den Fernsehsendern fragt man sich wirklich, wie es zu dieser Diskrepanz kommt.

    Aber wenn man mit einfachen Leuten redet, und man kritisiert etwa die Politik Israels, dann betrachten das viele als Einladung jetzt auch mal was über die Juden sagen zu dürfen.

    Es gibt also antisemitische Einstellungen in der Bevölkerung, aber sie schaffen es nicht unvermittelt in die Medien – abgesehen von marginalen, braunen Publikationen und der Eso-Szene – aber wie kommt es, dass in den Medien so wenig Antisemiten sind? Oder sind da ebensoviele Antisemiten wie überall, nur dass sie gelernt haben den Mund zu halten?

    Ich glaube dass viele Antisemiten auch bei Funk und Fernsehen sowie in Zeitungsverlagen, Parteien und Kirchen sind, und dass diese wissen wo sie sich zurückzuhalten haben, und dass diese enorme Angst vor differenzierten Diskussionen haben, weil sie sich dabei nämlich rasch verplappern.

    Pauschalisierungen sind auch sonst im politischen Diskurs gang und gäbe, und werden meist geduldet – man denke an Hedgefonds, Lehrer oder Internetausdrucker. Aber im Zusammenhang mit Juden sind die meisten Leute sensibiliert und hören jeden Misston heraus.

    Meine Vermutung ist, dass es in der politischen Landschaft deswegen so rasch einen undiskutierten Konsens gab, die religiös motivierte Kindesverstümmelung zu legalisieren, weil es eine billige Methode ist den Anschein zu erwecken, dass man kein Antisemit sei, und einer Diskussion, bei der das Gegenteil ruchbar zu werden droht, auszuweichen.

    Und neben diesem Bodensatz an Antisemiten gibt es natürlich eine breite Fettschicht an Parteifreunden und Kollegen, die auch wissen wieviele Antisemiten in den eigenen Reihen hocken, die es, sobald es darum geht 3 Sätze ohne fremde Hilfe zu formulieren, vermasseln, und die sich diese peinlichen Bilder und Töne ersparen wollen.

    Eine Vermeidung der Debatte wird natürlich den Antisemitismus nicht beseitigen. Das Verbot der Beschneidung ist auch kein Instrument oder Ziel des Antisemitismus. Es gibt bekanntermaßen Moslems die die Vorhautamputation praktizieren und christliche oder areligiöse US-Amerikaner in großer Zahl. Umgekehrt gibt es Juden die sich als Juden verstehen und es bleiben wollen, die ihre Kinder nicht beschneiden.

    Von mir aus soll sich jeder beschneiden lassen soviel er will – vorausgesetzt er ist erwachsen.

    Aber Kinder werden nicht verstümmelt – egal ob aus religiösen oder kosmetischen Gründen. In einer humanen Gesellschaft ist das nicht verhandelbar, weil die Betroffenen nicht zum Verhandeln fähig sind.

  589. #591 Name auf Verlangen entfernt
    27. September 2012

    @ StefanW.: bis auf die unabdingbare Eso-Schelte (obwohl Sie auch da nicht ganz Unrecht haben) kann ich in allem zustimmen. Besonders gelungen ist Ihre Formulierung:

    “Meine Vermutung ist, dass es in der politischen Landschaft deswegen so rasch einen undiskutierten Konsens gab, die religiös motivierte Kindesverstümmelung zu legalisieren, weil es eine billige Methode ist den Anschein zu erwecken, dass man kein Antisemit sei, und einer Diskussion, bei der das Gegenteil ruchbar zu werden droht, auszuweichen.”

    Und natürlich der letzte Satz..

  590. #592 Be' Ruben
    27. September 2012

    @ stefan w

    Mein Eindruck ist Sie sind Manns genug um Ihre Position zu halten. Wer instrumentalisiert den Nationalsozialismus? Ich nicht, denn er ist ein Fakt und lässt sich auch nicht mehr aus der Geschichte unserer bzw. der europäischen Zivilgesellschaft heraus lösen, so sehr sich das einige wünschen. Es ist eine Art von Kontamination, die an der europäischen Geschichte haftet. Mir ist klar, dass die Annahme dieses Faktums mit Schwierigkeiten verbunden ist, es hat eine unangenehme Tiefenwirkung.

    Wollen Sie denn einen Dialog mit den jüdischen und islamischen Gemeinden?
    Wie wollen Sie den Veränderungsprozess organisieren? Per Order die Mufti?

    Es ist löblich, dass Sie die Subjektstellung des Kindes so hervorheben, aber Kinder sind auch nichts ohne ihre Eltern. “In einer humanen Gesellschaft ist das nicht verhandelbar” – spannend, ich frag mich was an dieser Haltung human ist – wer nicht mehr verhandelt, hörst auf zu dialogisieren. Niemand stellt den Artikel 1 und 2 des GG in Frage, sie gelten. Sie regeln das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern, wie das hier auch ausführlich dargestellt wurde.

    Was Ihre Umsetzung betrifft gibt es in unserem Alltag genügend Beispiele, dass diese Rechte auch höchst richterlich, aufgrund anderer Rechte, immer wieder eingeschränkt bzw. angepasst werden. Es lohnt sich darüber gut nachzudenken. Wie sehen sie das z.B. mit der Schulpflicht! Also, bleiben wir bitte auf dem Teppich der Tatsachen, überhöhen wir nicht, was längst von einer juristischen Praxis eingeholt wird.

    Zu ihrem Verständnis – ich würde es sehr begrüßen, wenn die Mehrheit der jüdischen und islamischen Gemeinden zu einem anderen Initiationsritus übergehen würden. Statt der Brit Mila eine Brit Shalom. Doch solche Prozesse erfolgen erst, wenn die Gelassenheit zurück gekehrt ist, die uns offenbart, dass wir unsere Ziele auch auf anderem Wege erreichen. Shalom.

  591. #593 Name auf Verlangen entfernt
    27. September 2012

    Be`Ruben: Dialog kann aber nicht bedeuten, wie Gil Bachrach es formuliert, dass man “schon ein paar tausend Jahre lang beschneidet”, und nun gedenkt, noch ein “paar tausend Jahre lang Säuglinge zu beschneiden”.

    Begründung: Familienbande, Liebe.

    Die historischen Beschneidungsszenen aus Ägypten – Quellen sind hier offen – zeigen junge Erwachsene, die sich gegenseitig beschneiden, keine Babys.

    Es kann auch von Dialog keine Rede sein, wenn der Gesetzesentwurf der Bundesregierung die Kindsrechte ausblendet.

    Gerade die Rücksicht auf den Ritualcharakter kann die Ritualgemeinschaft von Außenstehenden nicht unbedingt erwarten. Wir hingegen schon, dass man sich innerhalb der Ritualgemeinschaft damit auseinandersetzt – wo, bitte, passiert das?

  592. #594 Stefan W.
    27. September 2012

    @Be’ Ruben:

    Da die Schulpflicht kein Eingriff in die körperliche Integrität der Schüler ist nehme ich an, Sie beziehen sich auf das Recht mancher Eltern die Kinder vom Schulunterricht aus religiösen Gründen zu befreien, damit sie dort nichts abweichendes zur Bibel lernen müssen?

    Das lehne ich ab. 🙂
    Das kann ich aber nicht auf die körperl. Unversehrtheit stützen, oder die Menschenwürde. Ich bin auch kein Jurist und sehe auch die Relevanz für die aktuelle Diskussion nicht.

    Manchmal kann ein Beispiel aus einem bekannten Bereich Fragen in einem weniger bekannten zu beantworten helfen. Wenn das Beispiel aber so weit weg ist, und es in dem Bereich auch kein allgemein verbreitetes Wissen über die Grundrechtslage gibt dient es doch mehr der Vernebelung.

    Wollen Sie denn einen Dialog mit den jüdischen und islamischen Gemeinden?

    Ich persönlich will keinen Dialog mit irgendeiner Religion, weil ich keine Fragen an die Religion habe. Zusammen mit Marx möchte ich sagen, dass ich mit dem Gegenstand der Kritik im Reinen bin.

    Bezüglich der Riten kann es meines Erachtens keinen Dialog mit der Religion geben. Wenn eine religiöse Gruppe eine Moschee oder Synagoge bauen will oder eine Kirche, dann kann die Stadt mit den Religionsvertretern in einen Dialog treten, etwa in der Frage, ob eine U-Bahnstation einen Zugang in der Nähe mit Aufzug gebaut wird.

    Aber die Vorhautentfernung ist ein Verstoß gegen ein Menschenrecht – da gibt es keinen Verhandlungsspielraum für einen Dialog. Natürlich – wenn die Juden etwa stattdessen die Brit Shalom – soweit ich verstanden habe eine symbolische Beschneidung ohne Körperverletzung – praktizieren wollen; das können die Juden ab sofort ohne Rückfrage, ohne Dialog tun.

    Es gibt ja keine staatlichen Zertifikate für religiöse Bräuche. Man tun und lassen was man will, solange man nicht unzulässig in die Rechte anderer eingreift.

    Also welche staatliche Stelle sollte mit welcher jüdischen in einen Dialog treten? Man kann den Bundespräsidenten zu einer solchen symbolischen Beschneidung schicken, wo er mit großem Medienauftrieb noch mal unterstreicht, dass Juden, die ihren Glauben praktizieren, hier sehr willkommen sind – das kann, und soll man dann ruhig machen, um mögliche Zweifel auszuräumen. Auch wenn ich selbst gegen Religionen bin sollte man sowas wirklich machen, wenn es möglich ist, einflussreiche Sprecher der jüdischen Gemeinden für eine solche Haltung zu gewinnen, weil ja viele einfach gestrickte Naturen offenbar die aktuelle Debatte als Signal verstehen ihre Vorurteile zur Schau zu stellen.

    Dass man gegen Religion sein kann, aber für das Recht des einzelnen eine Religion zu haben überfordert ja manch einen, und denen sagt man es besser 3x als 1x.

    ich sehe auch keine Raum für einen Veränderungsprozess, sondern nur die Möglichkeit des Bruchs mit alten Traditionen.

    Der Rechtsstaat kann nicht sagen: “Die Abtrennung der Vorhaut ist ein so schwerer Eingriff in das Recht des jungen Jungen, dass er nicht mit religiösem Brauch toleriert werden kann” und dann zu sagen “Wir erlauben es aber für ein weiteres Jahr, und dann darf nur noch … praktiziert werden, und in 2 Jahren … und in 3 Jahren dann gar nicht mehr beschnitten.”

    Wenn man das Recht des Kindes ernst nimmt, und es ist ja ein Recht jedes einzelnen Kindes, dann kann es auch nicht der Staatsraison unterworfen werden und als Kompromiss geopfert werden.

  593. #595 Be' Ruben
    28. September 2012

    Berlin, 28. September 2012

    Expertenanhörung im Bundesjustizministerium zur geplanten Regelung zu Beschneidungen:
    Verfassungswidriges Sondergesetz

    Die Deutsche Kinderhilfe nimmt heute an der Expertenanhörung im Bundesjustizministerium zum Eckpunktepapier für eine Beschneidungsregelung für Jungen teil. Sie wird dort nachdrücklich gegen diesen gesetzlichen Schnellschuss argumentieren. Es liegt nun eine Regelung auf dem Tisch, die dazu führt, dass medizinische Laien an Jungen unter 6 Monaten operative Eingriffe durchführen dürfen. Dabei soll im „Einzelfall die gebotene Schmerzbehandlung“ durchgeführt werden. Im Gegensatz zum ausdrücklich in dem Papier erklärten Willen, es solle keine Sonderregelung für religiös motivierte Beschneidungen geschaffen werden, wird hier mit dem Privileg der Religionsgemeinschaften, Nichtmediziner benennen zu dürfen, ein Sondergesetz geschaffen – es geht konkret um Mohels, die nach dem Willen des Gesetzgebers Vorhautamputationen durchführen sollen.

    Die größte Schwachstelle ist die dem Entwurf zugrundeliegende Annahme, Säuglinge hätten nur ein geringes Schmerzempfinden. Dazu der Leiter des Deutschen Kinderschmerzzentrums Prof. Dr. Zernikow: „Es ist das Gegenteil von der Meinung, es gäbe ein nur geringes Schmerzempfinden, der Fall: Das schmerzunterdrückende System ist erst einige Monate nach der Geburt funktionstüchtig. Sie empfinden mehr Schmerz als Erwachsene.“ Gleiches publiziert die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin in ihrer Stellungnahme vom Juli 2012, die als Anlage beigefügt ist.

    Es ist ein Irrglaube, mit Zäpfchen oder einer Salbe diese erheblichen Schmerzen und ihre Auswirkungen auf das Schmerzempfinden im späteren Leben lindern zu können. Dazu reicht nicht einmal eine generelle Narkose, die an sich ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist. Darüber hinaus müssen mit einer betäubenden Spritze die vom Penis ins Gehirn führenden Nervenbahnen direkt blockiert werden. In Kliniken, so Prof. Dr. Zernikow, gelingt dies selbst guten Anästhesisten in 5 bis 10 % der Fälle nicht ausreichend. Auch die hohe Komplikationsrate von 6 % verbietet den Einsatz von medizinischen Laien. Die Deutsche Kinderhilfe bringt den Kölner Fall in Erinnerung: Dieser Junge wurde fachgerecht und ärztlich beschnitten; es folgten schwere Nachblutungen, mehrere Nachoperationen und ein Aufenthalt auf der Intensivstation.

    Die Deutsche Kinderhilfe lehnt Beschneidungen im Säuglingsalter ebenso wie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte als unzumutbare Körperverletzung ab. Es scheint aber der erklärte Wille des Gesetzgebers zu sein, eine gesetzliche Regelung „durchpeitschen“ zu wollen.
    Wenn es denn schon ein Gesetz geben wird, dann ein solches, welches den Einstieg in den Ausstieg bedeutet. Ein Gesetz, das sicherstellt, dass Beschneidungen nur noch von Fachärzten und unter qualifizierter Anästhesie in Kliniken durchgeführt werden dürfen. Ein Gesetz, das die Altersschwelle für die Zulässigkeit des Eingriffs hochsetzt und ein Gesetz, in dem eine objektive und umfassende Aufklärung der Eltern verbindlich vorgeschrieben wird.

    Bei allem Respekt vor der jüdischen Tradition und in Anbetracht der Problematik, dass der Umgang damit gerade vor der deutschen Vergangenheit ausgesprochen belastet ist und sensibel zu sein hat: Es geht bei diesem Gesetz konkret um die Frage, ob das Justizministerium einen Gesetzesvorschlag einbringt, der ein Sondergesetz für die Legitimierung einer religiösen Tradition darstellt. Sehenden Auges soll die erhebliche Körperverletzung von Säuglingen legitimiert werden und zwar gegen das Grundgesetz. Die Würde des Menschen und damit auch die des Säuglings wird hier für unantastbar erklärt, Art 2 schützt die körperliche Unversehrtheit und Art 6 konstituiert das staatliche Wächteramt zum Schutz der Kinder vor ihren Eltern. Ferner geht es um die Frage, ob ein derartiges Gesetz vor der in Deutschland rechtsverbindlich geltenden UN Kinderrechtskonvention, die bestimmt, diejenigen Bräuche zu überwinden, die Kindern schaden, aber auch im Kontext der bestehenden Gesetzessystematik, wer in Deutschland unter welchen Voraussetzungen medizinische Eingriffe vornehmen darf, in Kraft treten darf.

    Die Deutsche Kinderhilfe erneuert ihren Appell, diese wirklich schwierige und nicht in Wochen lösbare Problematik – wie lange wurde um das Recht auf gewaltfreie Erziehung und dessen Festschreibung im BGB gerungen – gründlich in einem Dialog an einem Runden Tisch zu diskutieren. Ein Schnellschuss und dieser Entwurf bestätigt die schlimmsten Befürchtungen, bringt unter Umständen, was die Politik verständlicherweise ja möchte: Ruhe in die Debatte und besänftigt die Religionslobbyisten sowie die aus dem Ausland artikulierte Kritik. Der Preis aber ist hoch: Zum einen werden weiter Kinder täglich in Deutschland in ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit verletzt, zum anderen würde ein solches, die Körperverletzung von Kindern legitimierendes Sondergesetz, die Bemühungen um die Stärkung der Kinderrechte in Deutschland um Jahrzehnte zurückwerfen.

    Für Rückfragen steht Ihnen der Vorstandsvorsitzende, Georg Ehrmann, unter der Rufnummer 0160 3645685 zur Verfügung.

  594. #596 Adent
    28. September 2012

    Und, was sagt der Physiker dazu? Ist ja alles gar nichts so schlimm und es schützt ja vor AIDS und Harnweginfektionen? Aber es ist ja auch nicht peer reviewed wenn es nur der Leiter des Deutschen Kinderschmerzzentrums sagt.
    Bringt sie das eigentlich irgendwie zum Nachdenken Physiker?

  595. #597 Name auf Verlangen entfernt
    29. September 2012

    @ Be´ Ruben: Sie lesen Thomas Mann?

  596. #598 Physiker
    1. Oktober 2012

    Ich habe den Gesetzesentwurf noch nicht gelesen (ist er überhaupt schon allgemein zugänglich?), laut Kurzmeldung des Bundesjustizministeriums ist wohl eine clevere Lösung gefunden worden. Denn

    Das Bundesjustizministerium stellt klar, was ohnehin schon möglich ist […]

    kann man wohl so interpretieren, dass die bisherige Gesetzeslage ausreichend ist. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen dienen anscheinend lediglich der Beseitigung der “Verunsicherung, die durch das Urteil des Landgerichts Köln entstanden ist” – an der aktuellen Rechtslage ändert sich anscheinend durch die vorgeschlagenen Änderungen so gut wie nichts (“Klarstellung”). Insbesondere scheint der Entwurf auch kein (religiöses) Sondergesetz zu sein – denn alle Forderungen leiten sich ja bereits aus der aktuellen Gesetzeslage (siehe obigen Blog-Artikel) ab. Wenn diese Ankündigung des BMJ einigermassen zutreffend sein sollte, dann dürften Verfassungsbeschwerden gegen eine solche Gesetzesänderung praktisch aussichtslos sein.

  597. #599 Name auf Verlangen entfernt
    1. Oktober 2012

    @ Physiker: da muss man nur in die Sonntag-FAZ gucken, um zu finden, dass das sicher nicht so laufen wird.

    Schon von den zwei Babys gelesen, die in New York an Herpes gestorben sind? Zwei weitere haben schwere Hirnschäden. (Matthias Rüb, Sonntags-FAZ).

    Mindestens die von den Kinder- und Jugendärzten angekündigte Verfassungsklage (Wolfram Hartmann) wird die “Arbeit” von Laien hierzulande unmöglich machen.

    Schließlich wäre es auch denkbar, dass vor allem aufgeklärte Juden durch die öffentliche Diskussion dazu inspiriert werden, ihre Gewohnheiten zu überdenken: Religionsmündigkeit, me thinks … Muslime können sich danach sowieso richten.

  598. #600 s.s.t.
    2. Oktober 2012

    @Physiker

    Wenn diese Ankündigung des BMJ einigermassen zutreffend sein sollte, dann dürften Verfassungsbeschwerden gegen eine solche Gesetzesänderung praktisch aussichtslos sein.

    Wenn es dem BVerfG tatsächlich ausreichen sollte, “Eltern dürfen schnibbeln wie sie wollen und egal wer es wie macht”, dann mögen Sie recht haben.

    Riligöse Begründung: Iss nich
    Medizinische Begründung: Bestenfalls verschämt, nach dem Motto “könnte ja sein oder auch nicht, ist aber auch egal.”
    Elternwille: Der einzige Grund der zählt, es sei denn der Säugling sagt laut und vernehmlich: “Einspruch, Euer Ehren!”

    Wie Herr Merkel richtigerweise betont hat:

    Aber man stelle sich nur einmal vor, die Beschneidung wäre kein Ritus der beiden großen Religionen, sondern die neue Idee einer kleinen christlichen Sekte, die nun ihr entsprechendes Recht einfordern wollte. Man würde ihr die Beschneidung auf der Stelle verbieten und kein Verfassungsgericht käme ihr dagegen zu Hilfe.

    Ein kläglicher Gesetzentwurf: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-10/beschneidung-ethikrat-reinhard-merkel/seite-2

    Falls das nicht ausreicht, finden sich bei der FAZ und der Süddeutschen vergleichbare Artikel.

    Es gibt immer mal wieder Momente im Leben, @Physiker, an denen man sich fragen sollte, wer der Geisterfahrer ist.

    Ach übrigens, wie würden Sie eigentlich “nötige Schmerzen” definieren wollen? Und das auch noch geschlechtsspezifisch?

  599. #601 Stefan W.
    3. Oktober 2012

    Das Religionsprivileg soll nicht rein, aber die Männerdiskriminierung schon. Ganz konsequent ist das ja nicht.

    Ich werde eine Initiative gründen, um unreligiöse, sozial prekären Familien anzubieten, dass diese ihre Söhne beschneiden, und dafür eine erkleckliche Summe bekommen. Die Summe kommt durch – sagen wir: Interessierte, dem Sadismus nicht abgeneigte Kreise zustande, die zusammenlegen, um zu der Veranstaltung eingeladen zu werden. Für Videorechte wird nochmal extra gelöhnt.

    Wenn die Eltern nett sind legen sie einen Teil der Kohle zur Seite, um dem jungen Mann später ein Studium zu finanzieren. 😉

    Mit etwas diplomatischem Geschick gelingt es, statt einer ordentlichen Operation ein kleines Schauspiel mit spektakulär viel Blut zu inszenieren – natürlich reiner Fake. Statt eine spezielle Religion auf’s Korn zu nehmen nimmt man verfremdete Versatzstücke von Religionen, um eine düstere Atmo zu verbreiten – etwas zwischen Helnwein und Ramstein, CD Friedrich und Meese.

    Da läßt sich sicher ein hübscher Kommerz rausschlagen, und verboten ist es auch nicht – gibt es doch keinen Religionsvorbehalt um sich derart an der Vorhaut kl. Jungs auszutoben.

  600. #602 Adent
    3. Oktober 2012

    Irgendwie seltsam, ein Physiker schafft es sämtliche Argumente gegen die Beschneidung zu ignorieren und anderen ebendieses für die Beschneidung vorzuwerfen. Mitnichten ist es so und ich komme gern darauf zurück, die Beschneidung ist sicherlich sinnvoll in Gebieten wo ein hohes Risiko besteht sich im Laufe des jungen Lebens mit AIDS anzustecken, aber selbst dort muß man nicht wirklich 8 Tage alte Säuglinge beschneiden und ich wette keiner der UNAIDS Mitarbeiter (es sei denn er gehörte der jüdischen Religion an) meinte dies so. Aber egal was man hier postet, dem Physiker ist es schnurz und er ignoriert alles was er nicht begreifen bzw. wahrnehmen möchte, das nenn ich echt wissenschaftliches Arbeiten, Chapeau. Ironie off

  601. #603 Name auf Verlangen entfernt
    3. Oktober 2012

    @ adent … “die Beschneidung ist sicherlich sinnvoll in Gebieten wo ein hohes Risiko besteht sich im Laufe des jungen Lebens mit AIDS anzustecken” … – das wurde nun schon ausreichend auseinandergenommen: es stimmt nicht. Ausgerechnet in den von Aids am stärksten betroffenen Ländern Afrikas wird ohnehin traditionell fast jeder beschnitten: solches widerlegt diesen Schwachsinn ohnehin.

  602. #604 Physiker
    3. Oktober 2012

    @s.s.t.:

    Es gibt immer mal wieder Momente im Leben, @Physiker, an denen man sich fragen sollte, wer der Geisterfahrer ist.

    Alle Parteien sind sich einig dass die Beschneidung nicht Verboten werden soll. So gut wie alle Juristen halten das Kölner Urteil für – nennen wir’s mal vorsichtig – nicht sonderlich gelungen. So gut wie alle medizinischen Fachartikel attestieren der Beschneidung einen positiven Effekt für die Gesundheit (mit oben vorgestellten nicht ernst zu nehmenden Ausnahmen). Nur die Verbände der Kinder- und Jugendärzte sind sich absolut uneinig (USA vs. Deutschland). Eine Geisterfahrt sieht anders aus.
    Denn gerade weil sich verschiedene Verbände der Kinder- und Jugendärzte uneinig sind, sollte man doch überprüfen worauf sich die Meinungen stützen. Und es ist ja nun wirklich unübersehbar, dass die amerikanische Stellungnahme ohne Ende Fachliteratur zitiert, während die deutschen Verbände das anscheinend nicht nötig haben – offensichtlich glaubt man ihnen auch so…

  603. #605 Physiker
    3. Oktober 2012

    @Name auf Verlangen entfernt:

    Ausgerechnet in den von Aids am stärksten betroffenen Ländern Afrikas wird ohnehin traditionell fast jeder beschnitten

    Es ist genau anders herum, siehe Abb.1 in diesem WHO-Dokument.

  604. #606 Name auf Verlangen entfernt
    4. Oktober 2012

    @Physiker: nun lassen Sie mal Ihr Gemurkse: wieviel Geld bekommt die WHO (mit Unterabteilungen) von Gates, dessen persönliches Interesse die Beschneidung zu sein scheint?

    An Ihrer Grafik stimmt rein gar nichts. Die WHO ist sicher keine seriöse Quelle. Da können sie gleich den CIA oder die FDA fragen – oder die Atomlobby: ob Kernkraft nicht vielleicht ungefährlich und harmlos sei?

  605. #607 circonia
    4. Oktober 2012

    @Name auf Verlangen entfernt
    endlich erkennt mal ein Astrologe die globalen Verschwörungszusammenhänge. Ich habe bereits am 08.01.2001 diese Verschwörung auf uns zukommen sehen. Es zeigt sich immer wieder und das ist der Beweis: nur die Sterne sind seriös – The serious starlight.

  606. #608 Kesselflicker
    4. Oktober 2012

    @ Physiker
    “So gut wie alle medizinischen Fachartikel attestieren der Beschneidung einen positiven Effekt für die Gesundheit

  607. #609 Kesselflicker
    4. Oktober 2012

    Sind das die Publikationen, von 1873?

  608. #610 Kesselflicker
    4. Oktober 2012

    Sind das die Publikationen, von 1873?

  609. #611 MartinB
    6. Oktober 2012

    @Kesselflicker
    Der Physiker hat gestern drüben bei mir folgendes geäußert:
    “Können Sie wirklich belegen, dass seit 2000 Jahren medizinische Argumente keine Rolle bei der Entstehung/Beibehaltung dieser Glaubensvorschrift gespielt haben? Ist es wirklich unvorstellbar, dass sich unter den damaligen hygienischen Zuständen (z.B. Wassermangel) eine Beschneidung viel vorteilhafter auf die Gesundheit ausgewirkt hat als heute? Simple Infektionen (wie z.B. Harnwegsinfektionen) waren während 95% dieser Zeitspanne eine ernste und z.T. tödliche Gefahr. Ich denke es ist sehr plausibel, dass viele Menschen die religiöse Tradition nur respektieren und respektiert haben, weil sie vermuten, glauben oder wissen dass damit auch gesundheitliche Vorteile für ihr Kind verbunden sind.”
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2012/09/22/schlechte-argumente-fur-die-beschneidung-zwei-textanalysen/#comment-12408

    Ich glaube nicht, dass man jemanden, der so argumentiert, wirklich ernst nehmen kann.

  610. #612 Name auf Verlangen entfernt
    6. Oktober 2012

    @ Martin B.: Im Gegenteil, so jemanden muss man unbedingt ernst nehmen – er führt das hygienische Argument bis ins Extrem – hier gilt es aber, das religiöse zu verstehen.

    In einem Punkt hat @Physiker 100 % Recht: auch die total- , d.h. pharanonisch beschneidenden Ägypterinnen, Sudanesinnnen, Äthioperinnen, Eritrerinnen und Somalierinnen sind davon überzeugt ihre Töchter für gut zu verstümmeln, “weil sie vermuten, glauben oder wissen dass damit auch gesundheitliche Vorteile für ihr Kind verbunden sind.”

  611. #613 MartinB
    7. Oktober 2012

    @Termin
    Dass die Leute das glauben, ist eine Sache.
    Dass der “Physiker” aber glaubt, dass sie das zu Recht glauben (weil sich die Beschneidung damals so unglaublich viel vorteilhafter auf die gesundheit ausgewirkt hat als heute – na klar, wenn eine Harnwegsinfektion unglaublich gefährlich ist, dann ist eine Operation mit offener Wunde bestimmt vom Infektionsrisiko harmlos und das Mittel der Wahl…), das hindert mich daran, ihn noch ernst zu nehmen.
    Und wie drüben von mir angemerkt kann man sogar in der Bibel nachlesen, dass die Beschneidung standardmäßig starke Nebenwirkungen hatte (immerhin hatte ein so signifikanter Anteil der Hiwiter Nebenwirkungen, dass es sich lohnte, sie erst zur Beschneidung zu überreden und dann zu überfallen, weil sie sich nicht wehren konnten).

  612. #614 Name auf Verlangen entfernt
    7. Oktober 2012

    @ MartinB: gewiss – nur eben, angesichts der Tatsache, dass nahezu alle gesellschaftlichen Kräfte des Physikers Ansichten teilen und das “Schnellschuss”-Gesetz in Arbeit und Auftrag für beschlossene Sache halten – also offenbar ein (vor der Hand) irrationales Nicht-wissen-wollen zugrunde liegt – ist das – wie ich finde – sehr ernst zu nehmen.

  613. #615 s.s.t.
    7. Oktober 2012

    In dem Gesetzesentwurf spielen weder medizinische noch religöse Gründe ein Rolex.

    Die ersteren, weil sie bestenfalls von marginalem Nutzen sind, wenn überhaupt, und die zweiten, weil so eine Begründung hier, Gott sei Dank, nicht statthaft ist.

    Dass die latente Begründung dennoch eine religiöse ist, liegt an dem Kotau vor der unheiligen Dreifaltigkeit der sog. Buchreligionen. Nach dem Motto: “Lieber opfern wir das GG, als dass es wir uns mit irgendeiner relevanten(!!) Kirche/Religion verderben.”

    Sofern es tatsächlich ernsthafte med. Gründe geben würde, wären Komiker-Merkel & Co. längst auf diesen Zug aufgesprungen, denn der wäre wenigstens in Richtung rationaler Ausweg abgefahren.

    Da es das eine nicht gibt (medizinisch) und das andere nicht möglich ist (religiös), wird als Ausweg das Elternrecht straperziert: Also, auch wenn Ohrfeigen nicht erlaubt sind und strafrechtlich verfolgt werden, ist das Abschnibbeln von Körperteilen statthaft, sofern diese männlich sind.

    Das Kupieren von Hunden ist selbstredend weiterhin strafbewehrt. Ein Schächt-Verbot könnte evtl. gewisse Relis stören, daher ist Schächten in gewissen Kreisen statthaft.

    Nein, wir küssen nicht nur Bishofsringe, wir küssen auch gleich die Füsse und den Anus derselben und der derselselbst ernannten.

    Sofern das BVerfG diese Pirouette tatsächlich hinbekommen sollte, bin ich auf die Begründung gespannt.

    Na ja, Ihr Verstümmeler Ihr, sonnt Euch doch nur im Schatten von Broder und Schwarzer, denen es genau so wenig wie überhaupt um Medizin und Recht geht.

    @Physiker
    Deine medizinischen ‘Argumente’ sind völlig irrelevant und tragen Null Komma Nichts zur Diskussion bei. Das habe ich schon mehrfach versucht es Dir zu verklickern, offensichtlich erfolglos. Hier geht es um andere Dinge, ganz ganz weit entfernt von Sachlichkeit und peer rewieved Artikeln.

    Du magst ein großer Wissenschaftler sein, aber mit dem realen Leben hast Du nix am Hut?

  614. #616 Physiker
    8. Oktober 2012

    @MartinB:

    Dass der “Physiker” aber glaubt, dass sie das zu Recht glauben (weil sich die Beschneidung damals so unglaublich viel vorteilhafter auf die gesundheit ausgewirkt hat als heute – na klar, wenn eine Harnwegsinfektion unglaublich gefährlich ist, dann ist eine Operation mit offener Wunde bestimmt vom Infektionsrisiko harmlos und das Mittel der Wahl…), das hindert mich daran, ihn noch ernst zu nehmen.

    Ich habe das bewusst vorsichtiger formuliert und halte die gesundheitlichen Vorteile nur für möglich. Ob es zu Recht geglaubt wurde oder nicht, das muss die Fachliteratur entscheiden – oder ggf. mangels Belegen ungeklärt bleiben. Aber alleine die Möglichkeit, dass die Beschneidung damals insgesamt gesundheitlich von Vorteil gewesen sein könnte, reicht aus um Ihnen zu widersprechen:

    “Sie würden dann den religiösen Eltern vorwerfen selbst dann noch an einem Ritual festzuhalten, wenn sie definitif wüssten, dass die Beschneidung dem Kind gesundheitlich schadet. Das ist aber reine Spekulation”
    Ich habe dann deutlich gemacht, dass das keine Spekulation.ist, sondern 2000jährige Praxis.

    (der Text in Anführungszeichen war von mir)

    Und wie drüben von mir angemerkt kann man sogar in der Bibel nachlesen, dass die Beschneidung standardmäßig starke Nebenwirkungen hatte (immerhin hatte ein so signifikanter Anteil der Hiwiter Nebenwirkungen, dass es sich lohnte, sie erst zur Beschneidung zu überreden und dann zu überfallen, weil sie sich nicht wehren konnten).

    Alles was wirkt hat auch Nebenwirkungen. Das Auftreten von Nebenwirkungen ist doch kein Beweis dafür, dass die Operation damals insgesamt schädlich für die Gesundheit war. Ich verstehe nicht worauf Sie mit diesem Bibelzitat hinaus wollen. Es bestreitet doch niemand die geschilderten Schmerzen – auch wenn es sich aus dramaturgischer Sicht lohnen dürfte sie in einem solchen Szenario vielleicht nicht ganz so realistisch darzustellen… man denke sich nur eine moderne Version dieser Legende vor, in der Sie Ihre Studenten vor einer Prüfung zur Grippeschutzimpfung schicken.

  615. #617 s.s.t.
    8. Oktober 2012

    @Pysiker

    Ich habe das bewusst vorsichtiger formuliert und halte die gesundheitlichen Vorteile nur für möglich.

    Kapieren Sie es doch mal endlich: Der Gesetzesentwurf hat genau nix mit irgendwelchen “gesundheitlichen Vorteile(n)” am Hut. Diese wären genau der Rettungsring gewesen.

    Das Argument lautet “Elternrecht”. Oder anders ausgedrückt: Kinder sind Eigentum ihrer Eltern.

    Das Ganze ist so schlampig zusammen gestrickt, dass es offensichtlich ist, dass das BVerfG die Drecksarbeit übernehmen soll, die aber ach so hehre und verständnisvolle Politik reine Pfoten hat.

    Man kriecht den sog. Buchreligionen in den Ar… und fühlt sich wohl dabei.

    Und wenn das BVerfG ein Veto einlegen sollte (vermutlich sogar von einigen Entscheidern erhofft), dann steht man ja trotzdem primig da.

  616. #618 s.s.t.
    8. Oktober 2012

    @Physiker

    Sie sollten mal Ihre Rechtsauffassung den aktuellen Gegebenheiten anpassen. Wie sehen Sie bespielsweise, wohlgemerkt als Experte, Elternrecht?

  617. #619 MartinB
    9. Oktober 2012

    @Physiker
    “man denke sich nur eine moderne Version dieser Legende vor, in der Sie Ihre Studenten vor einer Prüfung zur Grippeschutzimpfung schicken.”
    Huh? ich erzähle dann “Ich schickte meine Studis zur Grippeschutzimpfung, und als sie drei Tage später darniederlagen, überraschte ich sie mit einer prüfung”? Und dann versteht jeder, dass sie wegen der Impfung “darniederlagen”, weil das ja der Standard ist, dass man nach einer Grippeimpfungen keine Prüfungen schreiben kann? Oder wie?

    Die Bibelstellen belegen, dass die beschneidung damals
    1. so starke nebenwirkungen hatte, dass sie es unmöglich machte, weiterzureisen oder zu kämpfen, selbst wenn das eigene Leben bedroht war (und damit zweiteres funktioniert, muss diese nebenwirkung bei einem signifikanten teil der Bevölkerung auftreten)
    2. dass das so allgemein bekannt und offensichtlich war, dass man das nicht näher erklären musste.

    Wie schon anderswo gesagt: Es gibt unendlich viele religiöse Rituale, die mehr oder weniger gesundheitsschädlich sind – warum sollte ausgerechnet die Beschneidung da aus medizinischen Gründen eingeführt worden sein?

  618. #620 Physiker
    10. Oktober 2012

    @MartinB:
    Naja, dass Impfungen “leichte Allgemeinbeschwerden wie Fieber, Gliederschmerzen, Mattigkeit usw.” auslösen können (die meistens nach wenigen Stunden wieder vergehen), ist doch wohl allgemein bekannt. Was meinen Sie wie überhöht die Studenten diese Nebenwirkungen wohl darstellen würden, um gegen schlechte Ergebnisse zu protestieren. Genauso Ihre Bibelstelle – wir werden doch nicht anfangen alles was in der Bibel steht für bare Münze zu halten. Es handelt sich um eine Legende die aus nachvollziehbaren Gründen (nämlich aus dramaturgischen) die Nebenwirkung der Beschneidung wohl übertrieben darstellt. Abgesehen davon ist die von Ihnen zitierte Geschichte nicht einmal Teil der jüdischen Bibel… und wie gesagt, die Nebenwirkungen gab es, sie werden auch von niemanden bestritten, und sie sind laut Fachliteratur im Erwachsenenalter (siehe alle von Ihnen zitierten Bibelstellen) deutlich schlimmer als im Säuglingsalter.
    Aber wir driften ab, wenn jetzt schon die Geschichten über die Erwachsenenbeschneidung aus einer Spezialversion der Bibel argumentativ für die traditionelle Säuglingsbeschneidung herhalten müssen.

  619. #621 Physiker
    10. Oktober 2012

    @s.s.t.:
    1. Ich bin kein Rechtsexperte, ich habe im obigen Blog-Beitrag nur eine Zusammenfassung einiger Artikel von Rechtsexperten gegeben.

    2. Dass im Gesetzesentwurf des BMJ nicht auf gesundheitliche Aspekte Bezug genommen wird, stimmt nicht ganz. Denn “Eine Ausnahmeregelung greift, wenn im Einzelfall das Kindeswohl gefährdet wird, z.B. bei gesundheitlichen Risiken.” heisst ja nichts anderes, als dass weiterhin das Kindeswohl entscheidend ist und dass sich nichts gegenüber der bisherigen Gesetzeslage (siehe obigen Artikel) ändert, weil auch weiterhin eine Risikoabwägung stattfinden muss. Aber bevor der Gesetzesentwurf veröffentlicht ist, ist das alles sowieso nur Spekulation.

    3. Dass medizinische Aspekte bei der Beurteilung einer Operation keine Rolle spielen sollen, wird durch permanentes wiederholen auch nicht wahrer.

  620. #622 MartinB
    10. Oktober 2012

    @Physiker
    Sie haben es immer noch nicht verstanden:
    Die BEschwerden zu übertreiben wäre ja sinnlos, denn jeder, an den sich die Geschichte richtet, weiß ja um die folgen der Beschneidung. (Und wenn meine Studis alle erzählen, dass sie alle wegen der Impfung keinen klaren Gedanken fassen konnten und alle ausnahmslos krank darniederlagen, dann würde ihnen das auch keiner glauben, weil eben jeder weiß wie es um die Nebenwirkungen bestellt ist.)

    “Es handelt sich um eine Legende die aus nachvollziehbaren Gründen (nämlich aus dramaturgischen) die Nebenwirkung der Beschneidung wohl übertrieben darstellt”
    Die Bibelstelle hat aber gerade keine überzeicnete, drastische Schilderung der Nebenwirkung, sondern nur einen lakonischen Satz. Warum wohl?

    Im übrigen ist es nach Ihren vollkommen unbegründeten Spekulationen, dass die beschneidung aus medizinischen Gründen eingeführt wurde, schon amüsant, wenn Sie jetzt meine immerhin durch eine Bibelstelle belegte Aussage als Spekulation abtun.

    Und ich frage noch einmal: Angesichts der vielen Rituale etc. die es in allen möglichen Weltreligionen gibt: Was ist der Grund, anzunehmen, dass ausgerechnet und gerade die Beschneidung im jüdischen Glauben auf medizinischer Kenntnis basierte? Oder war das Herzrausschneiden bei den Azteken auch ursprünglich als Mittel gegen Herzrhythmusstörungen eingeführt worden?

    Und da die Beschneidung ja generell so harmlos ist – was war noch mal der Auslöser der ganzen Debatte?

  621. #623 s.s.t.
    10. Oktober 2012

    @Physiker

    2. Dass im Gesetzesentwurf des BMJ nicht auf gesundheitliche Aspekte Bezug genommen wird, stimmt nicht ganz. Denn “Eine Ausnahmeregelung greift, wenn im Einzelfall das Kindeswohl gefährdet wird, z.B. bei gesundheitlichen Risiken.” heisst ja nichts anderes, als dass weiterhin das Kindeswohl entscheidend ist und dass sich nichts gegenüber der bisherigen Gesetzeslage (siehe obigen Artikel) ändert, weil auch weiterhin eine Risikoabwägung stattfinden muss. Aber bevor der Gesetzesentwurf veröffentlicht ist, ist das alles sowieso nur Spekulation.

    Das wär ja auch noch schöner, wenn durch die Verstümmelung zusätzliche, massive Schädigungen eintreten würden. Und ansonsten ist das ein alter Hut, auch im Judentum wird z.B. von der Beschneidung von Bluter-Babys Abstand genommen. Selbst ein indizierte, also wichtige Operation wird kaum Jemand durchführen, wenn dabei mit schwersten Schäden bis hin zum Tod zu rechnen ist. Eine Behandlung, die mehr schadet als nützt, kann kaum lege artis sein.

    Dieser Passus ist einzig das süße Bonbon, um zu zeigen wie wichtig einem doch das Kindeswohl angeblich ist. Lächerlich; jedenfalls hat das nichts, aber auch gar nichts mit irgendwelchen medizinischen Vorteilen einer Beschneidung zu tun.

    Und zur rechtlichen Lage der Beschneidung lassen wir doch mal den Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Rolf Dietrich
    Herzberg zu Wort kommen:

    Fateh-Moghadam hat also recht daran getan, mit dem Aspekt der Religionsfreiheit nur zu liebäugeln, aber es mit einer Rechtfertigung über Art. 4 GG gar nicht erst zu versuchen. Entscheidend ist in der Tat, ob dann, wenn es an der kurativmedizinischen Indikation fehlt, die elterliche Entscheidung für die Zirkumzision aus anderen Gründen als „zum Wohl des Kindes“ getroffen bewertet werden kann.

    Die Vereinbarkeit mit dem Kindeswohlerfordernis ergäbe sich ihm (Fateh-Moghadam) aus dem „signifikant niedrigeren Risiko“ des Kindes, in der Zukunft irgendwann einmal „an Harnweginfektionen, Peniskrebs, Syphilis und weichem Schanker zu erkranken sowie sich durch heterosexuelle Sexualkontakte [warum nicht auch homosexuelle? R.D.H.] mit HIV zu infizieren“. Die Vorteile anderer Personen (die im Beurteilungszeitpunkt noch ganz unbekannt und vielleicht noch gar nicht geboren sind) wirft er gleich mit in die Waagschale: „Zudem vermindert die Beschneidung die Übertragung von humanen Papillomaviren und senkt damit das Risiko von Gebärmutterhalskrebs bei den weiblichen Sexualpartnern beschnittener Männer.“
    Ich halte diese Argumentation für verfehlt. M.E. ist die stellvertretende (elterliche) Einwilligung in eine kurativmedizinisch nicht indizierte Zirkumzision selbst dann unwirksam, wenn die Eltern die Operation – was selten der Fall sein wird – ganz bewusst um der „präventiv-medizinischen Vorteile“ willen veranlassen. Die Gründe für diese rechtliche Bewertung liegen auf der Hand. Erstens: Die Eltern dienen nicht dem Wohl ihres Kindes, wenn sie zugunsten Dritter ein gesundes Stück seines Körpers amputieren lassen, nämlich zu dem Zweck, dass sich in zwanzig Jahren für etwaige Sexualpartnerinnen das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, theoretisch-statistisch um ein Beinahe-Nichts verringere. Zweitens: Die Vorteile für das Kind selbst sind uneingeschränkt
    zu haben, ohne dass man ihm die Beschneidung aufzwingen und es vor vollendete Tatsachen stellen müsste;
    nämlich durch das ohnehin gebotene gründliche Waschen von Anfang an (Vermeidung von Entzündungen, Harnweginfektionen, Peniskrebs) und durch eine spätere Beschneidung, die der gereifte junge Mensch in autonomer Entscheidung an sich vornehmen lässt (Verminderung des Risikos von HIV und Geschlechtskrankheiten).

    Nichts gegen die Beschneidung! Nur verlangt das geltende Recht, dass man sie beim Kind auf die Fälle – wirklicher
    und nicht nur vorgeschützter – medizinischer Notwendigkeit beschränkt und sie im Übrigen der eigenverantwortlichen Entscheidung dessen überlässt, der sie erleiden würde. Diese Rechtslage und die Strafbarkeit der davon nicht gedeckten Zirkumzisionen muss jeder Jurist erkennen, der sich sein Urteil unvoreingenommen bildet und es keinem Interesse, auch keinem Streitvermeidungsinteresse, erlaubt, seine Erkenntnis zu leiten. Die „Sorge um den religiösen Frieden“, die Putzke seinen Meinungsgegnern zubilligt,20 ist eine gute Sache. Aber sie darf die rationale Beurteilung der Rechtslage nicht verfälschen und nicht bewirken, dass die Verstümmelung von Kindern toleriert wird, nur weil sie religiöse Tradition ist.

    https://www.zis-online.com/dat/artikel/2010_7-8_468.pdf

    Kein Wunder, dass das LG Köln so entschieden hat, wie es entschieden hat.

  622. #624 Physiker
    11. Oktober 2012

    @s.s.t. (Oktober 10, 2012):

    Dieser Passus ist einzig das süße Bonbon, um zu zeigen wie wichtig einem doch das Kindeswohl angeblich ist. Lächerlich; jedenfalls hat das nichts, aber auch gar nichts mit irgendwelchen medizinischen Vorteilen einer Beschneidung zu tun.

    Zur Abwägung des Kindeswohls gehören eindeutig die medizinischen Vor-/Nachteile.

    Und zur rechtlichen Lage der Beschneidung lassen wir doch mal den Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Rolf Dietrich Herzberg zu Wort kommen

    Dass es unterschiedliche Meinungen unter den Juristen gibt, habe ich bereits im Blog-Artikel betont. Siehe das Paper von Beulke und Dießner für vernichtende Kritik an Herzbergs Argumentation (und am Kölner Urteil, dass sich ja einseitig nur auf die Argumentation von Herzberg und Co. stützt, ohne die ebenfalls umfangreichen Publikationen der Gegenseite zu berücksichtigen). Abgesehen davon zeugen die medizinischen Aussagen in diesem Paper von Ignoranz gepaart mit einer gehörigen Portion Kompetenzüberschreitung. Um das festzustellen reicht ein kurzer Blick in den Morris-Review.

  623. #625 Physiker
    11. Oktober 2012

    @MartinB (Oktober 10, 2012):

    Die BEschwerden zu übertreiben wäre ja sinnlos, denn jeder, an den sich die Geschichte richtet, weiß ja um die folgen der Beschneidung.

    Darüber ob die geschilderten Beschwerden in einem apokryphischen Text – der nicht Teil der jüdischen Bibel ist (an wen richtet sich diese Geschichte?) und von Erwachsenenbeschneidung handelt, die laut jüdischer Tradition nicht vorgesehen ist (wer weiss also von den Folgen der Erwachsenenbeschneidung?) – übertrieben sind oder nicht, werden wir uns wohl kaum einig werden. Ich sehe auch weiterhin keine Relevanz – aber Sie dürfen mich gerne vom Gegenteil überzeugen.

    Im übrigen ist es nach Ihren vollkommen unbegründeten Spekulationen, dass die beschneidung aus medizinischen Gründen eingeführt wurde, schon amüsant, wenn Sie jetzt meine immerhin durch eine Bibelstelle belegte Aussage als Spekulation abtun.

    Ich habe 3 Fachartikel zitiert, laut denen sowohl die Einführung der Beschneidung im späten 19.Jhd. in USA/England als auch die jüdische Beschneidungstradition auf medizinische Argumente zurückgeführt werden kann. Und ich wundere mich, wenn Sie meinen das alles durch “Bibel”-Zitate beiseitewischen zu können.

    Was ist der Grund, anzunehmen, dass ausgerechnet und gerade die Beschneidung im jüdischen Glauben auf medizinischer Kenntnis basierte?

    Nochmal: Auch diese Annahme wäre nach den bisher ausgetauschten Argumenten spekulativ. Der Punkt ist – wie ich bereits schrieb – folgender:

    Ich finde hingegen, dass man in einer vernünftigen Diskussion immer von der “Unschuldsvermutung” ausgehen sollte. Insbesondere sollte man also nicht Juden/Muslimen vorwerfen, sie würden seit Jahrhunderten/Jahrtausenden die Gesundheit ihrer Kinder schädigen, wenn man das nicht belegen kann/will.

  624. #626 Adent
    11. Oktober 2012

    @Physiker

    Abgesehen davon zeugen die medizinischen Aussagen in diesem Paper von Ignoranz gepaart mit einer gehörigen Portion Kompetenzüberschreitung.

    Wenn Sie jetzt nur noch “in diesem Paper” durch “nach ihrer Meinung allein gründend auf das geheiligte Morris-Review” ersetzen, dann stimmt der Satz.
    Es ist wirklich wie in der Klimadebatte, nur scheinen sie das anders wahrzunehmen als andere hier. Ich wäre für die Einführung eines neuen Begriffes, dem des Beschneidungsleugners.

  625. #627 Physiker
    11. Oktober 2012

    @Adent:

    Ich wäre für die Einführung eines neuen Begriffes, dem des Beschneidungsleugners.

    Diesen Begriff gibt es bereits – und zwar in der Fachliteratur.

  626. #628 Adent
    11. Oktober 2012

    @Physiker
    Danke, paßt schon.

  627. #629 MartinB
    11. Oktober 2012

    @Physiker
    “Und ich wundere mich, wenn Sie meinen das alles durch “Bibel”-Zitate beiseitewischen zu können.”
    Naja, da gab’s ja auch den entsprechenden Gegentext…

    “Sie dürfen mich gerne vom Gegenteil überzeugen.”
    Das dürfte – wie bei jedem denialisten – unmöglich sein, deswegen gebe ich auch auf.

  628. #630 s.s.t.
    11. Oktober 2012

    @Physiker
    Zur Abwägung des Kindeswohls gehören eindeutig die medizinischen Vor-/Nachteile.
    Blödsinn, eine Beschneidung bringt weder einem Säugling noch einem Kleinkind irgendwelche Vorteile, wohl aber nachgewiesenermaßen Nachteile und Riskien.

    Abgesehen davon zeugen die medizinischen Aussagen in diesem Paper von Ignoranz gepaart mit einer gehörigen Portion Kompetenzüberschreitung. Um das festzustellen reicht ein kurzer Blick in den Morris-Review.

    Was, bitteschön, hat um alles in der Welt irgendein Paper mit der hiesigen Rechtslage zu tun? Herzberg stellt die hiesige Rechtslage dar, zu der Frage, ob eine Beschneidung medizinsche Vorteile bringt oder nicht, äußert er sich nur am Rande. Das Kernargument ist: Sofern man von den medizinischen Vorteilen überzeugt ist, kann die Beschneidung auch ohne Nachteil in einem entscheidungsfähigen Alter durchgeführt werden.

    Frage eins:Warum soll sich in ihren Augen nicht Jeder selbst entscheiden dürfen, ob er beschnitten werden will oder nicht?

    Nach hiesigem Recht ist nun mal eine nicht indizierte Behandlung nicht lege artis; nichts anderes sagt Herzberg. Ich kann sehr wohl meinen Arzt verklagen, wenn er an mir eine offenkundig unnötige Behandlung, als welchem Motiv auch immer, vornimmt. (In den USA laufen ja schon die ersten Klagen gegen Schnibbel-Ärzte.) Und da werden möglicherweise auch hier noch ein paar Ärtze (und Laien!) ins Schleudern kommen, wenn sie anfangen nach Lust und Laune, aber nicht lege artis herum zu schnibbeln. Wie soll eigentlich ein Laie für eine Schmerzbehandlung sorgen, um mal von einer Narkose ganz zu schweigen?

    Aber nochmals: In dem Gesetzentwurf geht es genau Null Komma Null um irgendwelche Motive oder gar medizinische Fragen. Der Entwurf gibt Eltern das Recht den Penis von ihren männlichen Kindern nach reiner Beliebigkeit zu verstümmeln. Ferner darf diese Verstümmelung auch durch medizinische Laien durchgeführt werden. Und solange das Kind nicht in der Lage ist, dieser Verstümmelung nachhaltig zu widersprechen, kann sie allein auf Elternwunsch hin durchgeführt werden. Die Diskussion über gesundheitliche Vorteile ist hier in Dt. völlig luftleer und spielt für die Legeslative nicht die geringste Rolle. Das wahre Motiv, auch wenn es nicht erwähnt wird, ist der Kotau vor dem religiösen Skatverein; nur so ist auch das blitzschnelle Durchwinken des Entwurfs erklärlich.

    Kurz und höchst polemisch zusammengefasst: Kinder sind solange das persönliche Eigentum ihrer Eltern, bis diese Kinder alt und stark genug sind, um sich gegen diese zu wehren (eigentlich wollte ich schreiben: “um diesen einen in die Fresse zu hauen”, aber ich lass das mal).

    Und noch ne Frage: Wieviele Eltern glauben Sie führen Beschneidungen durch, um damit ausschließlich Krankheitsrisiken ihrer Söhne zu veringern?

    Sehen Sie eigentlich nicht die Diskrepanz oder wollen Sie sie nicht sehen? Es ist in Dt. strengstens verboten Hunde zu kupieren, auch nicht unter optimalen Bedingungen. Aber nach Ihrer Ansicht soll es erlaubt werden, Säuglinge von Laien kupieren zu lassen? Übrigens, Hängeohren führen bei Hunden nicht selten zu erheblichen gesundheitlichen Problemen der Ohren (Hängeohren sind bei Canniden außerdem auch noch ‘unnatürlich’); nach Ihrer Logik sollte das Kupieren der Ohren eigentlich zwingend vorgeschrieben werden.

    Dritte Frage: Halten Sie das Verbot Hund zu kupieren für richtig oder nicht? Falls Sie mit “Ja” antworten, wäre eine Begründung nicht schlecht.

  629. #631 Physiker
    12. Oktober 2012

    @s.s.t. (Oktober 11, 2012) Teil I:

    Zur Abwägung des Kindeswohls gehören eindeutig die medizinischen Vor-/Nachteile.

    Blödsinn, eine Beschneidung bringt weder einem Säugling noch einem Kleinkind irgendwelche Vorteile, wohl aber nachgewiesenermaßen Nachteile und Riskien.

    Wenn Sie mich schon zitieren, dann nehmen Sie bitte auch darauf Bezug. Wenn Sie mit “Blödsinn…” auf meine Aussage antworten, dass zur Abwägung des Kindeswohls eindeutig die medizinischen Vor-/Nachteile gehören, dann hört sich das wie ein Widerspruch an – und Sie wollen doch nicht ernsthaft dieser Aussage widersprechen (falls doch, sollten wir erstmal diese Frage diskutieren)? Immerhin lässt sich die gleiche Aussage auch aus Herzbergs Artikel herauslesen. Also bitte: lehnen Sie sich etwas zurück und argumentieren Sie nüchtern und gelassen. Ich werde Ihnen aus keiner Ihrer (vergangenen) Aussagen einen argumentativen Strick drehen oder eine Meinungsänderung zum Vorwurf machen – aber bitte formulieren Sie Ihren Widerspruch präzise oder nehmen Sie wenigstens keinen irreführenden Bezug auf eine Aussage der Sie eigentlich zustimmen. In einer Diskussion geht es nicht darum, den Gegenüber in allen Aussagen zu widersprechen, sondern zuerst darum die eigene Position zu erläutern und die Gegenposition zu verstehen. Alles darüber hinaus ist Kür.

    So, und um die Diskussion weiterzuführen vermute ich mal, dass Sie eigentlich meiner zitierten Aussage zustimmen, aber im Gegensatz zu mir die gesundheitlichen Vorteile der Beschneidung (zumindest im Kindesalter) abstreiten. Dem setze ich zum wiederholten Male entgegen, dass
    a) das Kindeswohl nicht wortwörtlich zu verstehen ist (also nicht als Wohl im Kindesalter sondern als Wohl der Person die zu dem Zeitpunkt noch ein Kind ist) und damit auch Vorteile zählen die sich erst im Erwachsenenalter entfalten und
    b) es laut Morris-Review (Abschnitt 3.13) sehrwohl spezifische Vorteile selbst im Kindesalter gibt die ich bereits mehrfach zitiert habe.

    Einfach zu schreiben, es gäbe keine Vorteile, reicht nicht. Wenn Sie mir widersprechen wollen, dann müssen Sie sich schon mit den Gegenargumenten auseinandersetzen.

    Was, bitteschön, hat um alles in der Welt irgendein Paper mit der hiesigen Rechtslage zu tun?

    Laut deutschem Recht ist die Frage ob bei einer Operation von Kindern die Vor-/Nachteile überwiegen essentiell. Wenn Herzbergs Aussagen über die Vorteile (die Sie weiter oben ausführlich zitiert haben) nicht durch die medizinische Fachliteratur gedeckt sind, dann ist das ein K.O.-Kriterium.

    Das Kernargument ist: Sofern man von den medizinischen Vorteilen überzeugt ist, kann die Beschneidung auch ohne Nachteil in einem entscheidungsfähigen Alter durchgeführt werden.

    Dem stehen zum einen schwere verfassungsrechtliche Argumente gegenüber (siehe 4. Punkt in der Diskussion zum Artikel von Beulke und Dießner im obigen Blog-Artikel). Und zum anderen zeigt sich gerade hier die Unkenntnis von Herzberg über die medizinischen Aspekte. Denn laut medizinischer Fachliteratur gibt es sehrwohl signifikante gesundheitliche Nachteile, wenn man die Beschneidung aufschiebt. Und dazu muss ich nicht einmal den Morris-Review bemühen, denn darüber dass die Beschneidung im fortgeschrittenerem Alter mit deutlich mehr Komplikationen verbunden ist, gibt es einen sehr breiten Konsens in der Fachliteratur. (Für weitere medizinische Details die Herzbergs Auffassung widersprechen siehe Abschnitt 3.13 im Morris-Review.)

    Wenn Sie wirklich an einer Diskussion interessiert sind, dann würde ich es begrüssen, wenn Sie auf diese bereits vielfach wiederholten Argumente eingehen.

  630. #632 Physiker
    12. Oktober 2012

    @s.s.t. (Oktober 11, 2012) Teil II:

    Frage eins:Warum soll sich in ihren Augen nicht Jeder selbst entscheiden dürfen, ob er beschnitten werden will oder nicht?

    Es darf jeder selbst entscheiden – und jeder der nicht einwilligungsfähig ist, kann nicht selbst entscheiden. Ihre Frage ist schlecht gestellt. Ich vermute, Sie wollten eigentlich fragen, warum es Eltern erlaubt sein sollte solche folgenreichen Entscheidungen für ihre Kinder treffen zu dürfen.

    Nach hiesigem Recht ist nun mal eine nicht indizierte Behandlung nicht lege artis; nichts anderes sagt Herzberg.

    Nein. Es wurde sogar explizit vom Kölner Gericht festgestellt, dass die Beschneidung lege artis (d.h. fachlich einwandfrei) durgeführt wurde – ich zitiere:

    Aufgrund des von der Kammer eingeholten Sachverständigengutachtens steht fest, dass der Angeklagte fachlich einwandfrei gearbeitet hat. Ein
    Behandlungsfehler liegt nicht vor.

    Ich vermute also, Sie wollten eigentlich sagen, dass eine nicht indizierte Beschneidung nicht dem Kindeswohl dient und deshalb nicht durch die elterliche Fürsorgepflicht gedeckt ist. So argumentiert nämlich Herzberg (und auch das LG Köln – und im übrigen auch ich). Der entscheidende Punkt ist nun der, ob man die Beschneidung für indiziert hält oder nicht – und dazu gibt es nun verschiedene Meinungen die entweder durch die medizinische Fachliteratur gedeckt sind oder auch nicht.

    Ich kann sehr wohl meinen Arzt verklagen, wenn er an mir eine offenkundig unnötige Behandlung, als welchem Motiv auch immer, vornimmt.

    Es ist wahrscheinlich ein wenig komplizierter, aber im Prinzip stimme ich Ihnen zu. Der Punkt ist aber dass laut Morris-Review (und Mehrheit der Fachliteratur) eine Beschneidung eben nicht unnötig ist (siehe zitiertes Fazit).

    Aber nochmals: In dem Gesetzentwurf geht es genau Null Komma Null um irgendwelche Motive oder gar medizinische Fragen.

    Jetzt verstehe ich. Sie wollten sagen, dass im Gesetzesentwurf keine konkreten medizinischen Fragen geklärt werden. Das ist auch pure Absicht, denn das wäre ja verfassungswidrig, genauso wie eine Diskriminierung nach Motiven (siehe dazu Abschnitt “Diskriminierungsverbot” im obigen Blog-Artikel oder Text des BMJ). Genau deshalb nannte ich die Lösung des BMJ clever.

    Der Entwurf gibt Eltern das Recht den Penis von ihren männlichen Kindern nach reiner Beliebigkeit zu verstümmeln.

    Den Informationen des BMJ zufolge nicht. Denn es ist ausdrücklich immer noch das Kindeswohl entscheidend. Und wenn die Meinung in der Fachliteratur umschwenken sollte (was ich sogar für gar nicht so unwahrscheinlich halte), dann wird immer noch das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort haben.

    Und noch ne Frage: Wieviele Eltern glauben Sie führen Beschneidungen durch, um damit ausschließlich Krankheitsrisiken ihrer Söhne zu veringern?

    Diese Frage ist nicht relevant (es gibt aber wissenschaftliche Publikationen dazu – wenn Sie wollen, suche ich Sie Ihnen raus). Wenn wir einen Eingriff an Kindern verbieten wollen, dann sind medizinische Gründe relevanter als die Motive der Eltern. Beispiel “Ohrfeige/Prügelstrafe”: Die Eltern können durchaus aus gut gemeinten, erzieherischen Motiven den Kindern eine Ohrfeige verpassen – solange die Fachliteratur aber eindeutig belegt, dass eine Ohrfeige aus medizinisch/psychologischen Gründen schädlich für das Kind ist, solange sind die Motive der Eltern irrelevant.

    Es ist in Dt. strengstens verboten Hunde zu kupieren, auch nicht unter optimalen Bedingungen.

    Der Vergleich hinkt, weil Sie wohl keine Fachliteratur finden werden, die dem Verstümmeln von Hunden einen positiven Nutzen abgewinnt (womit Ihre dritte Frage auch beantwortet sein sollte). Im übrigen sind Kinder laut Gesetz deutlich besser gestellt als Tiere. Denn bei Kindern entscheidet sich alles daran ob es zu ihrem Wohl geschieht – laut Tierschutzgesetz reicht aber bereits ein “vernünftiger Grund” um einem Tier Schmerz, Leid oder Schaden zuzufügen. Und ein “vernünftiger Grund” muss nicht zwingend dem Tierwohl dienen (Beispiel: Tierversuche). Fazit: Kinder sind deutlich besser gestellt als Tiere. Das Kupieren von Hunden ist verboten, weil es keinen vernünftigen Grund für diese Verstümmelung gibt. Für die Beschneidung von Kleinkindern ist es nicht ausreichend einen vernünftigen Grund zu finden – es muss darüber hinaus zum Wohl des Kindes geschehen, womit also wieder die medizinischen Argumente im Vordergrund stehen.

  631. #633 Name auf Verlangen entfernt
    12. Oktober 2012

    @ Physiker: beim “Hunde, dem Gott der Ägypter”, wie Sokartes zu sagen beliebt (man verwechselte den Hundspavian mit dem Hund) – es gibt kein Wohl des Kindes – weder männlich noch weiblich – für Verstümmelung.

    Unerträglich ist ihre pseudo-gediegene Penetrans – um so mehr, als dass es scheint, die Kräfteverhältnisse sind auf ihrer Seite. Eigentlich sollte es angesichts Ihres Nick-names einen Aufstand der echten Physiker geben.

    Dennoch müssen wir für alle, die hier mitlesen, dankbar sein, durch Sie auf eine tiefe, unerträgliche und fürwitzige Perversion der Wahrheit gestoßen zu sein.

  632. #634 Stefan W.
    16. Oktober 2012

    Die Geschichte der rituellen Beschneidung, wie Antje Yael Deusel sie in ihrem informativen Buch aus den heiligen Texten des Judentums filtert, ist voll von patriarchaler Gewalt und Unterwerfung, voller drakonischer Strafen und Forderungen des Allmächtigen an sein Volk Israel. Der Talmud überliefert die Tragödie von vier Schwestern, von denen drei ihre Erstgeborenen durch die Beschneidung verloren und einer Mutter, der bereits zwei Söhne an Komplikationen starben und die nun den dritten beschneiden lassen will – der Rat eines verständigen Rabbiners, noch zu warten, rettet das Kind.

    Quelle:
    https://www.tagesspiegel.de/kultur/der-entscheidende-schnitt/7253116.html?ajaxelementid=%23commentInput&pageNumber=0

    Wenn wir indes die religiöse und politische Rhetorik beiseite lassen, bleibt die Beschneidung von Jungen so schlicht wie klar eine sexuelle Verstümmelung. Ich weiß das, weil ich selbst als Erwachsener beschnitten worden bin. Ich hatte ein Sexualleben vor meiner Beschneidung und habe eins danach – ich kann vergleichen.

    Quelle: https://www.taz.de/!101655/

    Bitte beide Artikel in Gänze würdigen – ich habe natürlich verkürzend zitiert.

  633. #635 nimm2
    19. Oktober 2012

    Vielen Dank, Dr. Klam, guter Artikel. Leider habe ich nicht die Zeit, die mehr als 600(!) Artikel durchzulesen, deswegen vorab sorry, wenn es bereits erwähnt wurde: die amerikanische Akademie für Kinderheilkunde hat die umfassendste Übersicht zum Thema veröffentlicht, die bisher zu lesen war. Das PDF ist hier abrufbar: https://pediatrics.aappublications.org/content/130/3/e756.full.pdf+html

    Die Lektüre ist zu empfehlen.

  634. #636 nimm2
    19. Oktober 2012

    “… mehr als 600 Kommentare” wollte ich schreiben 🙂

  635. #637 s.s.t.
    20. Oktober 2012

    @Physiker

    Der Kuchen ist hier in Dt. schon lange gegessen. Ich finde es löblich, dass Sie Ihre Entscheidung Pro-Beschneidung auf rationale Grundlagen stellen möchten, auch wenn ich diese Ihre Grundlagen, sowohl in medizinischer als auch juristischer Hinsicht, nicht teile. Evtl. haben Sie mit dem Argument, dass eine Beschneidung von Säuglingen komplikationsloser ist als die von Erwachsenen, recht. Allerdings drängt sich da bei mir der Verdacht auf, dass Sie Komplikationslosigkeit mit Wehrlosigkeit verwechseln. In der FAZ finden Sie unter “Jacobs Beschneidung” einen Apparat, der eben genau diese Wehrlosigkeit garantiert.

    Das alles, und auch Ihr langer Artikel, spielt bei dem Gesetzentwurf genau 0,0-Rolle. Es geht nicht um medizinische Vorteile, da diese, for the sake of the argument, bestenfalls marginal sind und es geht nicht explizit(!) um Religion, da dieses verfassungswidrig wäre.

    Dass dennoch Religion der treibende Faktor ist, ist aus der Formulierung des Entwurfs klar ersichtlich. Wie ich schon mehrfacht betont habe, der einzige rationale Grund für eine m-Beschneidung ist ein irrationaler Grund, nämlich Religion. Oder warum würden Sie vermuten, dass die christlichen Kirchen, die sonst nix mit Beschneidung am Hut haben, auf diese Linie einschwenken?

    Sie und andere haben mit heißem Bemühn versucht rationale Argumente zu finden, Pro und Contra. Nicht eines dieser Argumente ist auch nur ein einziges Bit wert in der aktuellen Lage. Anders ausgedrückt: Sie haben für den Papierkorb gearbeitet.

    Das Elternrecht wird ganz einfach mit heißer Nadel auf eine ganz spezielle Misshandlung ganz spezieller Schutzbefohlener erweitert, ohne dass ein Grund dafür genannt wird. Und das Gesetz wird durchgepeitscht werden, wider aller Vernunft, wider aller Aufklärung, wider allem Sinn und Verstand, und selbstredend ohne dass erklärt werden wird, warum eine m-Verstümmelung gut und eine w-Verstümmelung böse ist.

    Tja, so ist das eben, wenn Religionen das Zepter in der Hand halten, Medizin und Jura spielen daneben absolut keine Rolle.

  636. #638 Physiker
    24. Oktober 2012

    @nimm2:
    Danke nochmal für den Link zum Artikel der AAP, der völlig unabhängig zum qualitativ gleichen Ergebnis kommt wie der Morris-Review. Wenn ich meinen Artikel später geschrieben hätte, hätte ich ihn genausogut auf den AAP-Artikel anstelle des Morris-Reviews stützten können.

  637. #639 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom/beschneidung/index.html
    25. Oktober 2012

    Heute fand in Berlin eine Veranstaltung der HU (Humanistische Union) an der HU (Humboldt-Uni) statt, “Legalisierung einer Körperverletzung” und zwar mit

    Hr. Stephan Thomae, Berichterstatter der FDP in familienpol. Fragen und MdB
    Prof. Dr. Reinhard Merkel, ein Teilnehmer im dt. Ethikrat der mit der Frage befasst war, und Jurist
    Dr. Kirsten Wiese, die die Veranstaltung leitete
    Dr. Wilhelm Hartmann, Kinderarzt und auch in ein, zwei Ärztegremien aktiv
    Rhabbi Teichad

    alles improvisiert protokolliert und sicher mit Fehlern und Auslassungen behaftet. Die Veranstaltung wurde akustisch aufgezeichnet, und soll in etwa 5 Tagen auf den Seiten der HU verfügbar sein.

    Dort äußerte sich Hr. Dr. Hartmann derart, dass es in Deutschland keine prophylaktischen Beschneidungen gäbe. Des weiteren, dass es in keinem Industriellen Land prophylaktische Beschneidungen durch Ärzte gäbe – auch nicht in den USA oder Australien.

    Etwa 100 Leute lauschten den Eingangsstatements, die etwa eine halbe Stunde in Anspruch nahmen, dann folgte eine Podiumsdiskussion.

    Das Publikum, vornehmlich junge Erwachsene beiderlei Geschlechts, bestand wohl zum Teil aus Jurastudenten der gastgebenden Fakultät. Anwesend war auch Hr. Bahls von MOGIS, welcher die Diskussion nutzte, um seinen Protest dagegen zu formulieren, dass kein Betroffener aufs Podium gesetzt worden war, wie auch die Politik ja allen Betroffenen die Anhörung verweigert hat.

    Insbesondere sei dies deswegen zu kritisieren, weil im Gesetzentwurf auf jeden Bezug auf die Religion verzichtet worden sei, so dass es eine Zeitverschwendung darstellt, sich (in der Diskussion) so lange mit der Religion zu beschäftigen.

    Formal ist das natürlich richtig, und die Nichteinladung Betroffener ein Affront, aber es ist ja kein Geheimnis dass die Verschweigung der Religion im Gesetzesvorschlag nicht bedeutet, dass man es ausschließlich der Religion wegen tut.

    Ein weiterer Punkt aus den Argumenten, rund ums medizinische war das Datum, dass (in den USA, wenn ich richtig verstanden habe) nur 4% aller Beschneidungen medizinisch indiziert ist, und es eine Studie gibt, wonach von 9000 Kinderurologischen Eingriffen 500 durch Beschneidungskomplikationen indiziert waren. Es kann also nicht davon gesprochen werden, dass der Eingriff – von der Amputation gesunden, empfindsamen Gewebes abgesehen – ein harmloser Eingriff sei.

    Ein Gast im Publikum hatte dieses Argument falsch aufgefasst, nämlich so, dass darunter ja auch medizinisch indizierte Beschneidungen seien, die man abziehen müsse, aber es ging ja um die Risiken des Eingriffs, die natürlich so oder so gegeben sind, so dass man nicht sagen kann, der Eingriff sei harmlos – jedenfalls brachte da Dr. Hartmann die Zahl von 4% ins Spiel, die man auch abziehen könne.

    Außerdem war die Rede davon, dass der Eingriff ‘lege artis’ zu erfolgen habe, was nach ärztlicher Meinung einen für operative Eingriffe geeigneten Raum, einen Arzt und Vollnarkose bedeuten würde, sowie eine ausführliche Aufklärung über die Risiken der Operation. Diese sei im Gesetzentwurf aber praktisch nicht vorgesehen. Ausgerechnet bei unter Halbjährigen kann ein religiöser Praktiker zum Messer greifen und wirksame Betäubung entfallen.

    Eine fachgerechte Aufklärung würde bedeuten, dass man das Kind auf Gegenanzeigen untersucht. Solche Untersuchungen finden aber praktisch nicht statt – weder sei ihm, noch einem seiner Kollegen, die er befragt hätte, auch nur ein einziger Fall bekannt, wo das Kind vor einer Beschneidung auf Gegenanzeigen untersucht worden wäre. Auch aus dem jüdischen Krankenhaus sei ihm von den dortigen Kollegen bestätigt worden, dass nie jemand vorab eine Untersuchung vornimmt.

    Gerade bei 8 Tage alten Säuglingen sei dies aber einerseits dringend geboten, weil man dann in der Regel noch nicht weiß, ob eine Bluterkrankheit oder ein Antikörpermangelsyndrom vorliegt.

    Derartige Untersuchungen erfordern aber eine Blutabnahme, und diese ist Ärzten ohne medizinische Indikation gar nicht erlaubt.

    Nichtdestotrotz beharrte der Rhabbi darauf, dass jüdische Eltern nie etwas täten, was ihrem Kind schaden könnte, und behauptete auch auf Nachfrage, dass Beschneidungen unterbleiben, wenn Kontraindikationen vorliegen. Dass nicht erforscht wird und nicht erforscht werden kann ob solch eine Kontraindikation vorliegt focht ihn nicht an, wie er, ich denke auch für neutralere Beobachter als ich es war, eine wenig respektable Rolle abgab, während er gleichzeitig lautstark Respekt einklagte.

    War das jüdische Ritual anfangs noch 3500 Jahre alt so wurde es später 4000 Jahre alt. Mantraartig leierte er sein “seit Generationen und Generationen” herunter, was mich zum Vergleich des Judentums mit einem Stuhl drängt:

    Stühle gibt es auch seit Tausenden Jahren. Beweist das die Qualität der Stühle? Die vielleicht überraschende Antwort lautet hier: “Ja, wobei …”. Stühle wurden von Generation zu Generation verbessert. Sicher gab es einige kuriose Experimente, die sich als Sackgassen erwiesen, aber die Produktionsweise wurde verbessert und verbessert, Erfahrungen flossen in die nächste Generation Stühle ein. Ist das Bein zu dünn bricht es, ist es zu dick ist der Stuhl unangenehm schwer und teuer in Produktion und Versand. Eine bequeme Sitzfläche ist sicher nicht sofort entstanden, sondern erst rauhes Material, dann geschliffen, schließlich lackiert, gebogen usw.

    Demgegenüber das Judentum und andere Religionen, die glauben, dass 4000 Jahre Stillstand ein Gütebeweis wären. Dieses Beharren liegt ja nicht daran, dass man dank göttlicher Fügung gleich auf Anhieb die optimale Form gefunden hat – ach so, ja doch – also liegt daran, dass geglaubt wird, eine ewig wahre Offenbarung würde jede Anpassung verbieten. Der Appell unterschlägt aber, dass hier 4000 Jahre Tabu und nicht 4000 Jahre Kritik am Werk sind. Es findet also überhaupt keine Verbesserung statt. Nur Kulte wie Massenselbstmord vor der Geschlechtsreife würden auf diese Weise rasch von der Bühne verschwinden. Aller anderer Unfug kann sich leicht 4000 Jahre halten.

    Offenbar glaubt Hr. Teichad auch, dass Gott bei jeder Kontraindikation persönlich den Seinen ein Zeichen gibt, so dass Untersuchungen vorab entfallen können.

    Hr. Thomae aus der Politik war m.E. ebenso ein Totalausfall. Dem Wohl des Kindes auf körperliche Unversehrtheit stellte er das Wohl des Kindes auf seelisches Wohl entgegen, ein sehr spekulatives Wohl, wenn man mich fragt, und in einer Gesellschaft, wo viele Kinder nicht die Religion ihrer Eltern übernehmen wollen sondern abtrünnig werden kein vertretbares Risiko von einem Einzelfall unter Tausend.

    Gegen Ende legte Herr Merkel dann eine Vollbremsung hin, und brachte eine Art diplomatischen Notstand ins Spiel, der es gebietet, dass Deutschland sich nicht an die Spitze einer konfrontativen Reformbestrebung stellt. Mit juristischen Grundrechten war das aber nicht vermittelt, aber leider war die Zeit schon arg überschritten, die sich der Veranstalter gegeben hatte, und so konnte da nicht weiter nachgefragt werden, was denn die Menschenwürde und das Recht auf körperl. Unversehrtheit aussticht.

    Auch wenn zwischendurch das Thema Frauenbeschneidung angeschnitten wurde – es gibt ja auch die Praxis nur die Vorhaut einzuritzen, und das wäre durchaus ein vergleichbarer, eher sogar milderer Eingriff, so wurde die Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht weiter diskutiert.

    Auch andere Bräuche, wie das rituelle Einritzen der Haut, wie es in Afrika verbreitet ist, wurden nicht thematisiert. Ich hege den Verdacht, dass die Großreligionen des Buches sich hier einig sind, dass alles andere außer Wüstenreligionen sowieso keine richtige Religion ist, und dass der Vergleich eine Beleidigung darstellt.

    Herr Hartmann hatte in seinem Beitrag versucht etwaigen Verweisen auf Deutschland als Tätervolk zuvorzukommen, in dem er einen Kommentar i.d. SZ kritisierte, der sinngemäß gelautet hatte, dass Ärzte, die sich jetzt für das Kindeswohl engagieren erst mal die Verstrickung ihres Berufsstandes i.d. Holocaust aufarbeiten sollten. Dem hielt er entgegen, dass der Ärzteverband der erste Berufsverband Deutschlands war, der die eigene Vergangenheit aufgearbeitet habe.

    Dies hielt den Rhabbiner aber nicht davon ab, mit “gerade Deutschland” an das Schuldbewußtsein eines Publikums zu appelieren, welches größtenteils nach 1970 geboren worden sein dürfte.

    Diese Eindrücke von der Veranstaltung lassen die juristischen Ausführungen von Herrn Prof. Dr. Merkel zu klein erscheinen, und stellen eine recht willkürliche Auswahl dessen dar, was mir besonders aufgefallen ist. Aber da ich Herrn Merkel bereits in mindestens einer Fernsehdiskussion erlebt habe, als auch mindestens einen Aufsatz in einer gr. dt. Zeitung gelesen habe, hatte er mir nichts überraschend Neues mehr zu bieten.

    Ein wenig rätsle ich noch über zwei Fragen: Seine Kritik, die er ungeachtet seiner Vollbremsung vor der diplomatischen Frage aufrecht hält, hat er explizit soweit konkretisiert, als er meint, dass im Prozess der Zivilisation wohl notwendig eine Abkehr von diesem blutigen Ritual stattfinden wird, dass diese, wenn auch nicht dieses Jahr begonnen, so doch an Fahrt aufgenommen hat, und dass man nicht glauben soll, man könnte eine 180°-Gradwendung von heute auf morgen erzwingen. Er habe aber vom Gesetzgeber erwartet, dass dieser den Religionen mehr abverlangt als dies mit dem Gesetzentwurf geschehen sei. Dies führte er nicht weiter aus, und ich finde die Sache heikel: Wenn die Menschenwürde unteilbar ist, wie kann man dann etwa Beschneidung dann gestatten, wenn eine ausführliche, ärztliche Beratung stattfindet, wenn nur in Operationssälen mit Fachärzten operiert werden darf? Oder was schwebt ihm vor? Beschneidung mit 14, bei Religionsmündigkeit und Einwilligung?

    Nachvollziehbar dagegen, dass er angab, dass der Gesetzgeber nicht den Religionen die konkrete Ausgestaltung ihre Rituale diktieren kann.

    Ich schätze er setzt ein wenig darauf, dass in den religiösen Gemeinschaften, insbesondere dem Judentum, ein Disput einsetzt, bei dem zumindest langfristig die humanitären Kräfte die Oberhand gewinnen werden, und dass es den Gemeinden wesentlich leichter fällt eine selbst entwickeltes Ersatzritual zu akzeptieren, als wenn man ihnen von außen ein solches nahe bringt. Sowas ist ja eine Frage des Stolzes – man kann oft Vorschläge nicht annehmen, nicht weil sie schlecht sind, oder schlecht vermittelt sind, sondern weil sie von den falschen Leuten kommen.

    Wenn in einigen Tagen die Audiodokumentation des Ereignisses verfügbar ist werde ich nicht zurückschrecken, darauf zu linken. Bis dahin verbleibe ich mit der Erkenntnis des Abends: Es gibt keine prophylaktische Beschneidung in Industrienationen. Es mag jemandem denkbar scheinen, aber es gibt sie, so zumindest der Kinderurologe des Abends, nicht.

  638. #640 Physiker
    25. Oktober 2012

    @Stefan W.:
    Danke für die Zusammenfassung!

    An solchen Diskussionsrunden (wie sie auch mehrfach im TV zu sehen waren) finde ich folgendes kritikwürdig:

    1. Sie orientieren sich so gut wie immer an Stereotypen.
    2. Von den Religionsvertretern wird zuviel erwartet.
    3. Insbesondere die Religionsvertreter zeigen sich von ihrer dogmatischen Seite.

    zu 1.:
    Es werden immer die extremsten und z.T. sogar fundamentalistische Positionen präsentiert. Der Jurist vertritt in Anlehnung an das Kölner Urteil immer einen beschneidungskritischen Standpunkt. Ebenso der Arzt – es sei denn, er ist streng religiös. Wie ich im Artikel zeige, wird in der öffentlichen Diskussion die Hälfte der Juristen (nämlich die mit gegenteiliger Auffassung) ausgeklammert, und die medizinische Forschung totgeschwiegen (praktizierende Kinderärzte haben meistens wichtigeres zu tun als zu forschen). Das sind von der Zusammensetzung der Diskussionsteilnehmer her bereits reine Klischeeshows, die nur unsere Vorurteile bestätigen sollen.

    zu 2.:
    Von den Religionsvertretern wird zu unrecht erwartet, dass sie die religiöse Praktik rechtfertigen. Das ist eine völlig überzogene Erwartung, denn es sind ja keine Medizinier (und nur Medizinier haben die Kompetenz eine Operation zu beurteilen). Natürlich können die Religionsvertreter Hintergrundinformationen liefern, wie sich der Ritus entwickelt hat und welche Bedeutung ihm zukommt. Eine Rechtfertigung aber von ihnen zu erwarten kommt der Forderung nach einem Gottesbeweis ziemlich nahe.

    zu 3.:
    Das hat auch wieder mit Punkt 1 zu tun. Offensichtlich werden in derartigen Diskussionen immer besonders dogmatische Religionsvertreter eingeladen. Ich würde mir wünschen, dass Religionsvertreter medizinischen Argumenten mehr Beachtung schenken würden um damit das Wohl des Kindes in den Vordergrund zu stellen. Aber das ist hier nicht das Thema.

  639. #641 nimm2
    26. Oktober 2012

    @Physiker

    Ich vermute mal, dass der Technical Report der AAP von anderer (höherer) Qualität ist als die Review von Morris et al. Es wurden mehr Arbeiten sowohl in der ersten Runde als auch in der Endauswahl berücksichtigt, und der Technical Report wirkt weniger glattpoliert als die Morris-Review.

    Warum ist das ein Vorteil? Nun, es gibt Kritik an Morris wegen seiner Voreingenommenheit, die er auch gar nicht verhehlt. Im TR dagegen stehen teils gegensätzliche Ergebnisse aus verschiedenen Studien recht unvermittelt nebeneinander. Ich vermute, es war mindestens ein expliziter Beschneidungsgegner in der achtköpfigen Task Force, der mit Argusaugen darüber wachte, dass die Auswahl fair war.

    Das heisst, auch Beschneidungsgegner können dem TR Argumente für ihre Haltung entnehmen, wenn auch weniger als Beschneidungsbefürworter.

  640. #642 nimm2
    26. Oktober 2012

    Was mir am AAP-Report auffällt: Lediglich drei technische Werkzeuge werden besprochen, nämlich zwei verschiedene Klemmen und die sogenannte Plastibell. Die beiden ersten sind offenbar unfassbar schmerzhaft, wenn nicht oder nicht fachgerecht betäubt wird. Die neuesten Betäubungsmethoden sind aber wohl ausreichend für ihren Zweck und auch sicher, wie im Report beschrieben.

    Religiöse Beschneider dürfen aber nach der aktuellen Rechtslage in Deutschland keine Spritzen setzen. Damit stehen ihnen nur begrenzte Möglichkeiten zur Schmerzminderung zur Verfügung, sie können nicht örtlich betäuben. Also müsste nach meinem Dafürhalten sichergestellt werden, dass sie keine Klemmvorrichtungen sondern nur das Skalpell verwenden, dass sie nicht ohne “Schutzvorrichtung” (Schild o.ä.) beschneiden, und dass sie zügig (um die Schmerzdauer zu minimieren) und gleichzeitig sicher arbeiten. Das nur von mir auf die Schnelle, natürlich müssen noch ganz viele weitere Anforderungen erfüllt sein, damit die Beschneidung genauso ungefährlich ist wie bei einem urologischen Chirurgen.

    Ich halte es für möglich, dass alle Einzelanforderungen von religiösen Beschneidern erfüllt werden, bis auf eine: weitgehende Schmerzfreiheit. Daher wünsche ich mir Forschungen, die die Traumatisierung (ich benutze das Wort im neutralen, physiologischen Sinn) von medizinisch bzw. religiös beschnittenen Neugeborenen mit einer Kontrollgruppe unbeschnittener Kinder in regelmäßigen Abständen über einen Zeitraum von mehreren Jahren vergleicht.

    Ausgehend von dem AAP-Report rechne ich nicht mit Erkenntnissen, die eine nachhaltige Traumatisierung von medizinisch beschnittenen und fachgerecht betäubten Neugeborenen aufzeigen. Nach Auswertung der Ergebnisse zu religiös als Neugeborene beschnittenen Jungen (im Alter von 2 Jahren?) müsste evtl. noch einmal über das Gesetz in diesem Punkt nachgedacht werden. Oder man stellt sich auf den Standpunkt, dass das neue Gesetz bereits so formuliert ist, dass bei Auftreten einer neuen Datenlage die Erlaubnis für religiöse Beschneider hinfällig werden kann.

    Schließlich bestünde noch die Möglichkeit, religiösen Beschneidern auch die Erlaubnis und Verpflichtung zum Setzen der Betäubungsspritzen zu geben. Oder man beauftragt einen Anästhesisten (Arzt) nur für das Setzen der Spritzen. Auf mittlere Sicht (in 10 bis 20 Jahren) vermute ich aber, dass religiöse Beschneidungen nur noch von Personen ausgeführt werden, die eine “Doppelqualifikation” als urologischer Chirurg und religiöser Beschneider haben. Dies sofort durchzusetzen, halte ich für praktisch unmöglich.

  641. #643 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom/beschneidung/index.html
    10. November 2012

    Tut mir leid, dass ich so spät erst antworte, aber ohne Notifications fällt es mir schwer neue Antworten aufzuspüren.

    An solchen Diskussionsrunden (wie sie auch mehrfach im TV zu sehen waren) finde ich folgendes kritikwürdig:
    1. Sie orientieren sich so gut wie immer an Stereotypen.
    2. Von den Religionsvertretern wird zuviel erwartet.
    3. Insbesondere die Religionsvertreter zeigen sich von ihrer dogmatischen Seite.

    Im Gegensatz zu Fernsehsendungen konnte an der juristischen Fakultät der Humbold-Uni das Publikum frei mitreden.

    Man wurde aber vorher nicht gefragt, welche Stereotypen man mitbringt, um diesen entsprechen zu können. Den Vorwurf halte ich für unbegründet. Weder der FDP-Mensch hat irgendwas erwartbares von sich gegeben, noch Herr Teichtal.

    In den Diskussionen bislang habe ich Herrn Merkel in der Tat jetzt zum wiederholten Male gehört, aber als einzige abweichende, gleichwohl wichtige Stimme im Ethikrat dürfte es schwer sein einen kompetent Ersatz zu finden, zumal es ein Genuß war seinen elaborierten Stehgreifäußerungen zu folgen, nicht nur dem vorbereiteten Vortrag.

    Zu 2) Als jüdische Amputationsbefürworter habe ich bislang verschiedenste Personen erlebt: Vom Mohel (dem jüdischen Beschneider) also Praktiker, über Rhabbiner, also Religionsvertreter bis hin zu Vertretern der jüdischen Gemeinde, also eher politisch orientierten Gruppenvertretern und einem Literaten oder Journalisten, wenn ich mich recht entsinne, dessen Name ich leider im Kopf verlegt habe.

    Es war in jedem Fall noch eine Ernüchterung. Bedenkt man, welche aufgeklärten Geistesgrößen aus der jüdischen Kultur hervorgegangen sind, von Marx zu Freud, von Einstein zu Adorno, so war es beschämend zu erleben, welchen Tiefpunkt an Debattenkultur man hier anstrebte.

    Es war mir bislang lange nicht bekannt, dass es Young-Earth-Creationism auch im Judentum gibt. Im Religionsunterricht hatte auch ich gelernt, dass das Judentum rund 6000 Jahre alt sei. Das war auch die Tendenz des Herrn Teichtal, dabei scheint es doch so zu sein, dass die ältesten Belege auf die Zeit um 600 v.u.Z. datieren.

    Als Religionsvertreter darf man auch die Fakten zur Kenntnis nehmen. Er hätte sich beispielsweise dazu äußern können, wieso das Steinigen von Ehebrechern aus der Mode kommen konnte, er hätte erklären können, dass das Judentum geneigt ist sich jüngere Forschungen zum Schmerzerleben und zu Traumata bei Kleinkindern anzuschauen.

    Natürlich kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass das alles undiskutierbar ist, weil von Gott für die Ewigkeit diktiert. Der rhetorische Trick die Religionsfreiheit ins Spiel zu bringen, und dann zu sagen, dass die jüdische Gemeinde dem einzelnen Mitglied keinerlei Freiheit in der Interpretation der Thora zugesteht, das ist dagegen gelungen und entlarvt den eigenen Standpunkt als demokratiefeindlich. Außerdem unterstrich auch er, dass es ein kultureller, kein religiöser Ritus sei, der von Juden auch dann noch praktiziert wird, wenn sie sich längst von der Gemeinde entfernt haben. Ich fasse das so auf, wie bei uns jedermann Weihnachten feiert, auch wer nicht in die Kirche geht. Nur dass dabei niemand verstümmelt wird, natürlich.

    Insbesondere die Religionsvertreter zeigen sich

    Sie zeigen sich so, wie sie sich zeigen wollen. Die säkularen Vertreter reden sich auf die Religion raus, und die religiösen Vertreter auf die Kultur. Wenn nichts für die Beschneidung spricht, und wenn es keine Kompromissbereitschaft gibt, dann gibt es nicht viel zu sagen.

    Man hat der Seite die Gelegenheit gegeben für sich zu werben – es ist misslungen. Das war deren Entscheidung.

    Ich verstehe nicht wie Du sagen kannst, nur ein Mediziner könne die religiöse Praxis rechtfertigen. Wenn es eine medizinische Praxis wäre – die könnte ein solcher rechtfertigen. Aber eine religiöse Praxis kann natürlich nur eine religiöse Argumentation rechtfertigen.

    Ein neutraler Religionswissenschaftler würde der Allgemeinbildung mal zur Abwechslung guttun, der Überblick über räumliche und zeitliche Verstümmelungspraktiken im internationalen Vergleich berichtet. Wer hat wann was mit wem gemacht – wo kam es her, wie wurde es transformiert, was hat es früher bedeutet, was bedeutet es heute.

    Wenn es ein Opfer ist – muss es dann auch wehtun? Ist es deshalb ein Opfer des Vaters, weil es ihn via Mitleid doch mitschmerzt? Weil ihm so die eigene Verletzung erneut bewusst wird?

    Ich habe es schon mal angesprochen: Der Loyalitätsbeweis gegenüber dem eigenen Vater, dem damit bescheinigt wird, das richtige getan zu haben. Es ist ja ein Zeichen der Zugehörigkeit zur Gemeinde, und damit der Ausschluss der anderen, der Unbeschnittenen.

    Auch was es heißt, dass Frauen nicht beschnitten werden, bzw. das Verhältnis dazu, wo es eben doch geschieht würde mich mal interessieren.

    Auf religiöser Seite herrscht hier aber offenbar eine große Aversion sich zu informieren – man will quälen und will nichts weiter dazu wissen. Zudem will man auch nicht, dass andere etwas dazu wissen und beschwert sich darüber, dass es überhaupt diskutiert wird. Es gibt also eine imperialistische Tabuwirkung. Man möchte das Tabu auch denen aufzwingen, die als Unbeschnittene nicht zum eigenen Club dazugehören.

    Deine Versuche, die Geschichte zu einer medizinischen umzudeuten sind ja in ihrer Beharrlichkeit beachtlich und ignorieren, dass in England nach dem 2. Weltkrieg diese Idee verworfen wurde. Sie ignorieren auch die Geschichte dieser Idee von medizinischer Prophylaxe, die sich auf die sprichwörtliche Gefahr des Rückenmarkschwundes beim Onanieren zurückzuführen sind. Selbst die puritanen Engländer wollten diesem Quatsch nicht länger Vorschub leisten – mehr als 50 Jahre ist das jetzt her!

    Sie können ja einen undogmatischen Religionsvertreter versuchen ausfindig zu machen, der sich für die Vorhautamputation ausspricht, wenn Sie meinen, dass es etwas derartiges gibt.

    M.E. kann man ohne Dogmatismus nicht an der Beschneidung festhalten wollen. Das Operationsrisiko ist zu hoch, um es außer Acht zu lassen. Der Schaden, der mit Gewissheit entsteht, ist enorm. Die Schmerzen sind gewaltig und nur unter unverantwortlichen weiteren Risiken bei Babys einzudämmen. Die vorgebrachten medizinischen Argumente haben sich allesamt als Humbug entpuppt.

    Die Absicht des Rituals ist es, den Nachwuchs ins Judentum zu zwingen. Dass diese nicht mit Sicherheit verfängt ändert an der Absicht nichts. Nicht die geheuchelte Religionsfreiheit, sondern ihr Gegenteil ist die treibende Kraft.

    Dass es nicht zum Wohle des Kindes sei, wenn es von chauvinistischen Dogmatikern ausgegrenzt wird, weil ihm der Penis nicht beschnitten wurde, ist eine groteske Verrenkung der Verantwortlichkeiten: “Weil wir nicht bereit sind Toleranz zu üben muss uns das Recht gegeben werden, der Körper von Kindern zu verletzen!” Niemand zwingt die Juden unbeschnittene Kinder auszugrenzen.

    Außer ihr Gott. Der zwingt sie vielleicht.

    Und wieso halten sie an diesem Despotengott dann fest? Zentral für ihren Glauben ist die Beschneidung, heißt es. Sie halten an diesem Gott also fest, um weiter Babyhaut opfern zu dürfen. Damit ist die zyklische Argumentation komplett.

  642. #644 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom/beschneidung/index.html
    19. November 2012

    Hier sind mir noch Links zu Komplikationen begegnet, die es bislang nicht in die Diskussion geschafft haben:

    Düsseldorf, 2010: 10jähriger wird nie eine normale Sexualität leben können:
    https://www.express.de/duesseldorf/horrorerlebnis-eines-zehnjaehrigen-bei-beschneidung-schlimm-verstuemmelt,2858,4742926.html

    Texas, 2011: 4jähriger will nach missglückter Zirkumzision lieber ein Mädchen sein: https://www.courthousenews.com/2012/11/09/52144.htm

  643. #645 Balanus
    19. November 2012

    @ Physiker – 25. Oktober 2012

    »Ich würde mir wünschen, dass Religionsvertreter medizinischen Argumenten mehr Beachtung schenken würden um damit das Wohl des Kindes in den Vordergrund zu stellen. «

    Wer würde sich das nicht wünschen… 😉

    Aber das läuft halt den Interessen der meisten Religionsvertreter diametral entgegen, denn sie wollen ja an dem Beschneidungs-Ritus festhalten.

    @Stefan W.

    Kennen Sie den Aufsatz: “Religious vs. secular ethics and a note about respect” von Brian D. Earp? Sehr lesenswert, auch viele der Kommentare:

    https://blog.practicalethics.ox.ac.uk/2012/10/religious-vs-secular-ethics-and-a-note-about-respect/

  644. #646 Balanus
    20. November 2012

    @nimm2, 26. Oktober 2012

    »@Physiker

    Ich vermute mal, dass der Technical Report der AAP von anderer (höherer) Qualität ist als die Review von Morris et al.«

    Hierzu aus der Stellungnahme von Dr.med. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, zur Anhörung am 26. November 2012 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung:

    »Die immer wieder zitierte Stellungnahme der AAP (DOI: 10.1542/peds.2012-1989 Pediatrics; originally published online August 27, 2012) widerspricht früheren Stellungnahmen der gleichen Organisation, ohne sich auf neue Forschungsergebnisse berufen zu können. Diese Stellungnahme der AAP wird inzwischen von nahezu allen anderen pädiatrischen Gesellschaften und Verbänden der Welt als wissenschaftlich nicht haltbar eingestuft. Eine entsprechende Gegenstellungnahme ist verfasst und wird Anfang 2013 ebenfalls in der renommierten Zeitschrift Pediatrics publiziert.«

    https://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/31_Beschneidung/04_Stellungnahmen/Stellungnahme_Hartmann.pdf

  645. #647 Physiker
    20. November 2012

    @Stefan W.:

    Ich verstehe nicht wie Du sagen kannst, nur ein Mediziner könne die religiöse Praxis rechtfertigen. Wenn es eine medizinische Praxis wäre – die könnte ein solcher rechtfertigen. Aber eine religiöse Praxis kann natürlich nur eine religiöse Argumentation rechtfertigen.

    Eine Beschneidung ist eine Operation. Und ob eine bestimmte Operation dem Kind nützt oder schadet ist eine medizinische Frage, die von der Fachliteratur zu klären ist. Ich finde es unverantwortlich eine solche medizinische Frage Religionsvertretern anzuvertrauen. Und nur weil die Operation (in einigen Fällen) in ein religiöses Ritual eingebettet ist, muss man doch nicht nur noch über Religion/Gott sprechen. Sorry, ich bin dafür zuerst die Fragen zu klären, die man wenigstens wissenschaftlich untersuchen kann – anstatt das Gespräch immer wieder in Richtung Gott und die Welt und angestaute Aversionen entgleiten zu lassen.

    Auf religiöser Seite herrscht hier aber offenbar eine große Aversion sich zu informieren – man will quälen und will nichts weiter dazu wissen.

    So pauschal ist diese Aussage antisemitisch und antiislamisch. Ich glaube nicht, dass es Juden und Muslime darum geht, ihre Kinder zu quälen. Ich hoffe, dass Sie diese Aussage so nicht gemeint haben.

    Deine Versuche, die Geschichte zu einer medizinischen umzudeuten sind ja in ihrer Beharrlichkeit beachtlich und ignorieren, dass in England nach dem 2. Weltkrieg diese Idee verworfen wurde.

    Das ändert nichts am Wahrheitsgehalt meiner Aussage, nämlich dass damals in den zitierten Beispielen medizinische Gründe ausschlaggebend waren. Wie fundiert die damalige Argumentation war (oder wie absurd sie uns aus der heutigen Perspektive z.T. erscheinen mag), steht auf einem ganz anderem Blatt. Denn wissenschaftliches Vorgehen definiert sich ja gerade dadurch, dass man den jeweils aktuellen Stand des Wissens zugrunde legt – und das ist auch gut so.

    M.E. kann man ohne Dogmatismus nicht an der Beschneidung festhalten wollen. Das Operationsrisiko ist zu hoch, um es außer Acht zu lassen. Der Schaden, der mit Gewissheit entsteht, ist enorm. Die Schmerzen sind gewaltig und nur unter unverantwortlichen weiteren Risiken bei Babys einzudämmen. Die vorgebrachten medizinischen Argumente haben sich allesamt als Humbug entpuppt.

    Das ist Ihre persönliche Meinung. Diese ist aber nicht relevant. Relevant ist die Fachliteratur – und die behauptet mit grosser Mehrheit das genaue Gegenteil. Das können Sie nicht einfach ignorieren oder bei Seite wischen, indem Sie einfach behaupten es sei “Humbug”. Ja selbst wenn Sie Experte auf dem Gebiet wären, müssten Sie immer noch anerkennen, dass Sie eine Minderheitenmeinung in der Fachliteratur vertreten. Und Sie können doch nicht ernsthaft verlangen, dass man bei medizinischen Fragen die Mehrheitsmeinung nicht brücksichtigt.

  646. #648 Physiker
    20. November 2012

    @Balanus:

    »Die immer wieder zitierte Stellungnahme der AAP (DOI: 10.1542/peds.2012-1989 Pediatrics; originally published online August 27, 2012) widerspricht früheren Stellungnahmen der gleichen Organisation,

    Was für ein Wunder: wenn die AAP eine Neubewertung vornimmt (“update the AAP’s 1999 recommendations”), dann kann auch mit einem neuen Ergebnis gerechnet werden – das ist das normalste der Welt. Und geänderte Empfehlungen aufgrund von neuen Studienergebnissen als Widerspruch zu älteren Empfehlungen zu präsentieren, ist doch leicht zu durchschauende Rhetorik.

    […] ohne sich auf neue Forschungsergebnisse berufen zu können.

    Diese Behauptung lässt sich leicht anhand des AAP-Dokuments überprüfen. Und wenn man die knapp 250 Zitate übfliegt, stellt man relativ schnell fest, dass fast alle nach 1999 (also der vorausgehenden Stellungnahme) verfasst wurden. Diese Aussage von Wolfram Hartmann ist also nachweislich falsch.

    Eine entsprechende Gegenstellungnahme ist verfasst und wird Anfang 2013 ebenfalls in der renommierten Zeitschrift Pediatrics publiziert.«

    Das ist schon wieder ein rhetorischer Trick: Die Stellungnahme der AAP ist ein Review und fasst die gesamte Fachliteratur zu einem bestimmten Thema zusammen. Wolfram Hartmann vermittelt den Eindruck, es handelt sich bei dieser Publikation nur um eine Einzelmeinung, die einfach so durch eine “Gegenstellungnahme” widerlegt werden könnte. Das ist aber nicht der Fall. Der IPCC-Bericht kann auch nicht einfach so durch eine Gegenstellungnahme widerlegt werden. Hier redet Wolfram Hartmann den wissenschaftlichen Wert von Reviews herunter – denn immerhin hat eine Task Force 5 Jahre an der Durchsicht und Bewertung der wissenschaftlichen Literatur zu dem Thema gearbeitet. Mal sehen, ob der in nur wenigen Monaten verfasste und angekündigte Artikel, wirklich nur wie angekündigt eine Meinungsäusserung beinhaltet, oder die formalen Kriterien eines Reviews erfüllt. Also ich bin da skeptisch.

  647. #649 Balanus
    20. November 2012

    @Physiker

    »Und wenn man die knapp 250 Zitate übfliegt, stellt man relativ schnell fest, dass fast alle nach 1999 (also der vorausgehenden Stellungnahme) verfasst wurden. Diese Aussage von Wolfram Hartmann ist also nachweislich falsch.«

    Hartmann spricht von neuen Studienergebnissen, Sie aber sprechen von neuen Studien.

    Soweit ich das sehe, werden im Abstract des AAP-Reports auch nicht die neuen Evidenzen benannt, die zu der Neubewertung der Knabenbeschneidung geführt haben.

    Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich daher davon aus, dass es nach 1999 keine neuen Forschungsergebnisse gegeben hat, die es ratsam erscheinen lassen, Kinder zu beschneiden. Oder die zumindest nahelegen, dass man die Eltern darüber entscheiden lassen sollte.

    Denn wie sagte Dr. Douglas S. Diekema, einer der Autoren, in einem Interview:

    “This is not really pro-circumcision. It falls in the middle. It’s pro-choice, for lack of a better word. Really, what we’re saying is, ‘This ought to be a choice that’s available to parents.’ ”

    »Das ist schon wieder ein rhetorischer Trick: Die Stellungnahme der AAP ist ein Review und fasst die gesamte Fachliteratur zu einem bestimmten Thema zusammen. Wolfram Hartmann vermittelt den Eindruck, es handelt sich bei dieser Publikation nur um eine Einzelmeinung, die einfach so durch eine “Gegenstellungnahme” widerlegt werden könnte. Das ist aber nicht der Fall.«

    Die Bewertung der vorliegenden Fachliteratur durch die AAP und vor allem deren Schlussfolgerung ist in der Tat eine „Einzelmeinung“, die fast in der ganzen westlichen Welt nicht geteilt wird.

    »Mal sehen, ob der in nur wenigen Monaten verfasste und angekündigte Artikel, wirklich nur wie angekündigt eine Meinungsäusserung beinhaltet, oder die formalen Kriterien eines Reviews erfüllt.«

    Ich vermute, dass vor allem die Fehler und Kurzschlüsse des AAP-Reports thematisiert werden.

    Das genügt ja auch, die Literatur ist ja allgemein bekannt.

  648. #650 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom/beschneidung/index.html
    21. November 2012

    Auf religiöser Seite herrscht hier aber offenbar eine große Aversion sich zu informieren – man will quälen und will nichts weiter dazu wissen.

    So pauschal ist diese Aussage antisemitisch und antiislamisch. Ich glaube nicht, dass es Juden und Muslime darum geht, ihre Kinder zu quälen. Ich hoffe, dass Sie diese Aussage so nicht gemeint haben.

    Der Versuch mir mit dem Schlagwort “Antisemitismus” Angst zu machen ist primitiv und durchschaubar.

    Dass die Beschneidung bei Kindern, die üblicherweise keine Narkose die den Namen verdient, erfahren, eine Qual ist, ist eine objektive Tatsache – da hilft Ihnen auch Ihr Morris nicht raus.

    Diese Qual auszuüben ist die Absicht der Eltern, die ja, weil es eine Familienfeier ist, in aller Regel wissen, was auf sie zukommt, auch schon beim ersten Sohn, schließlich haben sie Brüder, Neffen und Cousins, und die es trotzdem tun. Sie wollen diese Qual ausüben – das muss so klar gesagt werden, denn der religiöse Geist will gerade das nicht, sondern er will sich benebeln und das Thema tabuisieren.

    Er will es tabuisieren, weil es den, der das Ritual an wehrlosen Kindern ausübt als brutal erscheinen lässt, und er erscheint brutal, weil er brutal ist.

    Da ich nicht Mitglied in deren Club bin, nicht in dem einen, und nicht in dem anderen, ist es mein Recht meine Empfindungen dazu zu äußern.

    Sie mögen einwenden, dass die Qual lediglich in Kauf genommen wird, aber nicht selbst fester Bestandteil der Prozedur sein muss. Bei den Juden würde alleine deshalb keine Vollnarkose vorgenommen, weil es bei einem 8 Tage alten Baby lebensgefährlich ist, und zur Zeit der Etablierung dieser Pflicht Vollnarkose ohnehin unbekannt war – das Alter von 8 Tagen aber unverrückbar ist, weil Jahwe es so angeordnet hat.

    Die kompromisslosen Vertreter des Blutopfers die man aber bislang in den Diskussionsrunden hat sprechen lassen zeigen gar kein Interesse an einer rationalen Einmischung mit so profanen Ideen wie Schmerzprophylaxe. Sie lassen das Baby in ein Tuch beißen, welches in Wein getaucht wurde – das war schon immer so und muss so bleiben. Der Opferkult wäre auch ein seltsames Opfer, wenn der Säugling nicht etwas wertvolles einbüßte, und wenn er nicht leiden müsste dabei. Wenn die Eltern sich erfreut die Hände reiben könnten, dass sie dem Kind nun wirklich etwas gutes getan haben, dann wäre es kein Opfer.

    Aus dem chauvinistischen Initiationsgeschehen machen auch die Moslems kein Geheimnis. Natürlich soll es weh tun, und ein kleiner Mann muss da durch.

    Die Ansicht, es ginge den Beschneidern nicht darum den kleinen Nachwuchs mit einem schmerzhaften Eingriff auf immer an die eigene Clique zu binden, und ihm gehörig das Masturbieren zu erschweren, sowie den Spaß am Sex zu reduzieren, ist naiv. Mag sein, dass der ein oder andere Jude und Moslem sich keinen Kopf darum gemacht hat, und wünscht, es wäre keine Qual für sein Kind. Dann muss er aufstehen, und sagen “Mit mir nicht!”

    Denn von alleine verschwindet die Quälerei sicher nicht. Eine romantisch-sentimentale Verklärung von Judentum und Islam kann nicht im Sinne der beiden Religionen sein. Sie sollen einen klaren Spiegel vorgehalten bekommen, und man soll Ihnen nicht bei der Verdrängung der Quälerei behilflich sein.

    Aufklärung ist nicht immer angenehm.

    Wenn Juden und Moslems ihre Söhne quälen und verstümmeln, dann ist das deren Problem – nicht das Problem dessen, der es als Qual benennt. In erster Linie ist es natürlich das Problem wehrloser Kinder.

    Wenn diese Kinder als Erwachsene immer noch Juden oder Moslem sein wollen, und sich dann beschneiden lassen – bitte. Auch wenn sie meinen, es würde ihre Chancen an AIDS zu erkranken signifikant mindern, und ihre Partnerinnen vor Gebärmutterhalskrebs – was ja doch sehr zweifelhaft ist – oder Peniskrebs – auch keine Krankheit die ein Kind befällt.

    Ja, ja – das könnte man alles beim Kleinkind durchführen, wenn es eine harmlose, schmerzlose Impfung wäre. Aber hier geht es ja ums Eingemachte.

    Die Amputation wird ja nicht zufällig an Wehrlosen vorgenommen. Wie schrieb Marx so pointiert über die dt. Ideologie?

    Die Kritik, die sich mit diesem Inhalt befaßt, ist die Kritik im Handgemenge, und im Handgemenge handelt es sich nicht darum, ob der Gegner ein edler, ebenbürtiger, ein interessanter Gegner ist, es handelt sich darum, ihn zu treffen. Es handelt sich darum, den Deutschen keinen Augenblick der Selbsttäuschung und der Resignation zu gönnen. Man muß den wirklichen Druck noch drückender machen, indem man ihm das Bewußtsein des Drucks hinzufügt, die Schmach noch schmachvoller, indem man sie publiziert. Man muß jede Sphäre der deutschen Gesellschaft als die partie honteuse |den Schandfleck| der deutschen Gesellschaft schildern, man muß diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, daß man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt! Man muß das Volk vor sich selbst erschrecken lehren, um ihm Courage zu machen. Man erfüllt damit ein unabweisbares Bedürfnis des deutschen Volks, und die Bedürfnisse der Völker sind in eigner Person die letzten Gründe ihrer Befriedigung.

    ‘Deutsch’ bitte selbst durch ‘Beschneider’ u.ä. ersetzen.

    Das ändert nichts am Wahrheitsgehalt meiner Aussage, nämlich dass damals in den zitierten Beispielen medizinische Gründe ausschlaggebend waren.

    Damals? Von welchem ‘damals’ reden wir denn?

    Wenn wir davon reden würden, dass massig Mediziner in dt. Krankenhäusern junge Mütter zur Verstümmelung ihrer Söhne drängen würden, um sie vor drohenden Gefahren zu bewahren – ja, dann wäre eine in erster Linie medizinische Diskussion angeraten.

    Das ist aber erkennbar nicht der Fall.

    Das können Sie nicht einfach ignorieren oder bei Seite wischen, indem Sie einfach behaupten es sei “Humbug”.

    Richtig – wenn ich nur “Humbug” gesagt hätte, dann wäre das etwas dünn.

    Ich kann auch nochmal die 4 Trümpfe spielen, die ich schon 10x gespielt habe:

    a) Braucht man für Phimosen keine Prophylaxe. Man kann sie behandeln wenn sie da sind, und gewinnt nichts, vorzeitig aktiv zu werden. Zudem wächst sich eine Phimose meist von selbst aus. Wo nicht hilft heute eine Behandlung mit Salbe oft aus. Den ganzen Penis zu verstümmeln ist beileibe nicht nötig und nicht State of the art.

    Wer dennoch diese Phimosezahlen in solch eine Abwägung aufnimmt enttarnt sich damit m.E. schon hinreichend.

    b) Peniskrebs den man im Alter bekommt.
    c) HIV, welches auch, so man es nicht über Geschlechtsverkehr oder geteiltes Spritzbesteck erwirbt, was auch Kleinkindern kaum passiert und in Westeuropa schon gleich kaum … – wie oft sollen wir das noch durchgehen?

    Dagegen bringst Du in Anschlag, dass das Vorteile wären, die zweifelsfrei der Person zugute kommen, die zwar als Kind nicht davon profitiert, die aber — ja was? So von den Eltern zu ihrem Glück gezwungen werden kann? Unter Opferung der Vorhaut?

    Wenn das Opfer läppisch wäre, und die Operation schmerzlos – sind sie aber nicht. Wenn sie medizinisch indiziert wäre. Was sie nicht sind. Kein Arzt in deutschen Krankenhäusern empfiehlt Beschneidung als Prophylaxe für irgendwas.

    Es soll als faule Ausrede herhalten – mehr nicht.

    d) Hochrisiko-HPV – das klingt beeindruckend! Handelt sich aber, welch Pech, um eine Erkrankung die Männer gar nicht betrifft, sondern Frauen, und es gibt eine schlechte Studie, die zum Schluss kam, der Errger würde verstärkt von Männern mit Vorhaut übertragen. Die Studie ist umstritten.

    Nicht bestritten ist, dass man einen Menschen nicht gegen dessen Willen verletzen darf, um einen anderen zu schützen.

    Wenn eine Person intentional eine andere verletzen will, dann ist Nothilfe erlaubt. Aber um noch unidentifizierte Frauen vor HPV zu schützen einem Mann die Vorhaut zu amputieren – der womöglich homosexuell werden wird, oder ein abstinent lebender Mönch, oder eine Person, die sich täglich den Schwanz wäscht… – zudem, auch hier im Kindesalter, wo man nicht weiß, was die Medizin in den nächsten 10, 15 Jahren noch vorbringen wird.

    Eine bessere Prophylaxe als Beschneidung ist für AIDS auch bekannt.

    Diese ganze Morristüte ist eine Knalltüte. Das ist wirklich erschreckend, dass man hier kein Mediziner sein muss, um die Knalltütigkeit der ganzen Veranstaltung zu durchschauen.

    Wir haben eine Erkrankung, die ohne Nachteil, sondern im Gegenteil mit vielen Vorteilen, also i.d.R. ohne Beschneidung behandelt werden kann, wenn sie da ist.

    Und wir haben Krankheiten, für die es keinen Grund gibt, sie an einem nicht zustimmungsfähigen Baby oder Kind vorzunehmen.

    In Deutschland kann ein Nichterwachsener auch nicht wirksam in eine Sterilisierung einwilligen. Der Eingriff ist unumkehrbar und dramatisch wie die Beschneidung. Wieso sollte man mit der Universalprophylaxe nicht warten, bis das Kind erwachsen geworden ist?

    Der islamische Vertreter hat in einer Diskussionssendung unfreiwillig freimütig zugegeben wieso: “Dann würd’s doch keiner machen!”.

  649. #651 Stefan W.
    21. November 2012

    Balanus 19. November 2012
    @Stefan W. Kennen Sie den Aufsatz: “Religious vs. secular ethics and a note about respect” von Brian D. Earp
    https://blog.practicalethics.ox.ac.uk/2012/10/religious-vs-secular-ethics-and-a-note-about-respect/

    Kannte ich noch nicht. Wer soll das denn lesen? So viel Text und dann noch auf Englisch!
    (Stunden später)
    Ja doch, hat sich gelohnt.

    Es wird dargestellt, was alles billige Ausflucht ist, und wie eine religiöse Position die geradeheraus vertreten wird aussehen kann.

  650. #652 nimm2
    21. November 2012

    »Die immer wieder zitierte Stellungnahme der AAP (DOI: 10.1542/peds.2012-1989 Pediatrics; originally published online August 27, 2012) widerspricht früheren Stellungnahmen der gleichen Organisation, ohne sich auf neue Forschungsergebnisse berufen zu können. Diese Stellungnahme der AAP wird inzwischen von nahezu allen anderen pädiatrischen Gesellschaften und Verbänden der Welt als wissenschaftlich nicht haltbar eingestuft. Eine entsprechende Gegenstellungnahme ist verfasst und wird Anfang 2013 ebenfalls in der renommierten Zeitschrift Pediatrics publiziert.«

    Peinlich, peinlich, wie Dr. Hartmann argumentiert (das Verb “argumentieren” ist hier ein Euphemismus).

    1. Er verwechselt (in Täuschungsabsicht oder aus Unwissenheit) das “Policy Statement” der AAP (kann man als “Stellungsnahme” übersetzen) mit ihrem mehr als 30-seitigen “Technical Report”.

    2. Wie “Physiker” oben erwähnt, liegt der Schwerpunkt der im Technical Report (2012) ausgewerteten mehr als 200 Studien auf den letzten zehn Jahren.

    3. Lächerlich die Spitzfindigkeit von “Balanus”, zwischen Studien und Studienergebnissen unterscheiden zu wollen, als hätte der Technical Report Studien ausgewertet und dabei deren Ergebnisse gleichzeitig ignoriert!

    4. Das neue Policy Statement steht nicht “im Widerspruch” zum vorherigen Policy Statement von 1999, es sei denn, man bewertet eine Verschiebung von “komplett neutral” zu “neutral bis vorsichtig befürwortend” als einen Widerspruch.

    5. Kommentator Stefan W. hat in seinem letzten Posting den Verdacht, antisemitische und antimuslimische Äußerungen abzusondern, bekräftigt und bestätigt. Aus Gründen der Selbstreinigung sollte Scienceblogs.de diesen Kommentator hinfort blockieren.

    6. Wie “Physiker” mit anderen Worten schon erwähnt, ist es lachhaft von Dr. Hartmann, eine “Gegenstellungnahme” anzukündigen, als handle es sich beim Technical Report um eine bloße Stellungnahme. Auf die angekündigte “Gegenstellungnahme” (ich erwarte mir nicht mehr als einen bloßen Leserbrief) Anfang 2013 darf man gespannt sein.

    7. “Diese Stellungnahme der AAP wird inzwischen von nahezu allen anderen pädiatrischen Gesellschaften und Verbänden der Welt als wissenschaftlich nicht haltbar eingestuft. “ Das ist natürlich frech gelogen, und Dr. Hartmann macht ja auch keinen Versuch, diese Falschbehauptung entsprechend zu belegen.

    Wie steht es um die Ärzteschaft in Deutschland, wenn eine Figur wie Dr. Hartmann eine so exponierte Stellung einnehmen darf? Gibt es keinen Widerstand aus den eigenen Reihen, keine Scham darüber, derart von einem gewählten Vertreter blamiert zu werden?

  651. #653 Balanus
    21. November 2012

    @nimm2, 21. November 2012

    Danke für Ihren Kommentar. Zu einigen Punkten möchte ich kurz Stellung nehmen:

    »Peinlich, peinlich, wie Dr. Hartmann argumentiert…«

    Er und 37 weitere Ärzte oder Standesvertreter aus Deutschland, Frankreich, Schweden, Finnland, Österreich, Litauen, Tschechische Republik, Großbritannien, Island, Dänemark, Polen, Norwegen und Estland. Die alle aufgrund der vorliegenden Fachliteratur zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt sind als der US-Amerikanische Kinderärzteverband.

    »1. Er verwechselt (in Täuschungsabsicht oder aus Unwissenheit) das “Policy Statement” der AAP (kann man als “Stellungsnahme” übersetzen) mit ihrem mehr als 30-seitigen “Technical Report”«

    Das „Policy Statement“ basiert bekanntlich auf dem Technical Report. Da gibt es nichts zu verwechseln.

    »3. Lächerlich die Spitzfindigkeit von “Balanus”, zwischen Studien und Studienergebnissen unterscheiden zu wollen, als hätte der Technical Report Studien ausgewertet und dabei deren Ergebnisse gleichzeitig ignoriert! «

    Von wegen “Spitzfindigkeit” :-). Es kommt allein darauf an, ob die Studien nach 1999 bezüglich der Knabenbeschneidung andere Ergebnisse brachten als die vor 1999. Und das ist meines Wissens nicht der Fall. Denn wenn man nach den neuen Erkenntnissen seit 1999 fragt, herrscht Schweigen im Walde.

    »7. “Diese Stellungnahme der AAP wird inzwischen von nahezu allen anderen pädiatrischen Gesellschaften und Verbänden der Welt als wissenschaftlich nicht haltbar eingestuft.“ Das ist natürlich frech gelogen, und Dr. Hartmann macht ja auch keinen Versuch, diese Falschbehauptung entsprechend zu belegen.«

    Siehe oben.

  652. #654 Physiker
    21. November 2012

    @Balanus:

    Von wegen “Spitzfindigkeit” . Es kommt allein darauf an, ob die Studien nach 1999 bezüglich der Knabenbeschneidung andere Ergebnisse brachten als die vor 1999. Und das ist meines Wissens nicht der Fall. Denn wenn man nach den neuen Erkenntnissen seit 1999 fragt, herrscht Schweigen im Walde.

    Das ist Unsinn. Denn Studien, die keine neuen Ergebnisse bringen, schaffen es nicht durch den Peer-Review Prozess. Kein einziger der Zusammenhänge zwischen Beschneidung und den oben aufgelisteten Krankheiten (ausgenommen Phimose) war 1999 bereits etabliert. Inzwischen gibt es zahlreiche randomisierte Kontrollstudien und zahlreiche weitere Studien inclusive vieler Reviews und sogar in einem Fall einen Cochrane-Review, die Kausalzusammenhänge zwischen der Beschneidung und dem geringeren Erkrankungsrisiko (z.B. zu Harnwegsinfektionen bei Kindern, Balanitis, hoch-risiko HPV, Genitalherpes, Syphilis, HIV, Peniskrebs und beim Partner Gebärmutterhalskrebs und bakterielle Vaginose) nahelegen. Dazu gibt es hunderte von Publikationen, die alle im verlinkten AAP-Report (oder im van Howe Review) zu finden sind. Die Existenz dieser Fach-Publikationen zu leugnen, ist unwissenschaftlich.

    »7. “Diese Stellungnahme der AAP wird inzwischen von nahezu allen anderen pädiatrischen Gesellschaften und Verbänden der Welt als wissenschaftlich nicht haltbar eingestuft.“ Das ist natürlich frech gelogen, und Dr. Hartmann macht ja auch keinen Versuch, diese Falschbehauptung entsprechend zu belegen.«
    Siehe oben.

    Die Ärztevereinigungen in Australien und Neu Zeeland nehmen die selbe Position wie die AAP in den USA ein (nämlich dass die Eltern entscheiden sollen, weil den Risiken sehrwohl gesundheitliche Vorteile gegenüberstehen). In Grossbritannien wird die Entscheidung ebenfalls den Eltern überlassen, mit dem Hinweis darauf, dass sich die Experten/Fachliteratur uneinig wäre(n). Die WHO als weltweite Organisation spricht sich auch eindeutig dafür aus, die Entscheidung den entsprechend informierten Eltern zu überlassen.
    Es gibt also keinen weltweiten Konsens darüber, dass die AAP falsch liegt. Deshalb halte ich auch Dr. Hartmanns Aussage für reine Propaganda, die jeder mit einfachsten Mitteln selbst entlaven kann.

  653. #655 Balanus
    21. November 2012

    @Physiker

    »Denn Studien, die keine neuen Ergebnisse bringen, schaffen es nicht durch den Peer-Review Prozess.«

    Na, da wäre ich mir nicht so sicher. Die Knaben peer-reviewen sich doch alle gegenseitig. Davon abgesehen: Es werden sehr häufig viele klinische Studien von unterschiedlichen Forschungsgruppen zu einem bestimmten Sachverhalt durchgeführt, die dann oft recht unterschiedlich ausfallen. Dann erlaubt erst eine Metastudie, in die alle bisherigen Studienergebnisse einfließen, eine valide Aussage zu eben diesem Sachverhalt.

    »Kein einziger der Zusammenhänge zwischen Beschneidung und den oben aufgelisteten Krankheiten (ausgenommen Phimose) war 1999 bereits etabliert.«

    Ach, und womit bitteschön wurde vor 1999, also bevor die AAP von der Empfehlung zur Zirkumzision Abstand nahm, diese Prozedur empfohlen?

    Wenn ich also meinen (hypothetischen amerikanischen) Kinderarzt frage, was heute im Gegensatz zu vor fünf Jahren für eine Zirkumzision meines Jungen spricht, was wird er mir aufgrund des AAP-Technical-Reports antworten? (Ich hoffe, er drückt mir nicht einfach den Report der AAP in die Hand und sagt: Lies selber).

    »Die Ärztevereinigungen in Australien und Neu Zeeland nehmen die selbe Position wie die AAP in den USA ein (nämlich dass die Eltern entscheiden sollen, weil den Risiken sehrwohl gesundheitliche Vorteile gegenüberstehen).«

    So kann man das nicht sagen. Das Royal Australian College of Physicians sieht keinen Grund, für Australien und Neuseeland die Knabenbeschneidung zu empfehlen. Überlässt aber gleichwohl die Entscheidung den Eltern.

    »In Grossbritannien wird die Entscheidung ebenfalls den Eltern überlassen, mit dem Hinweis darauf, dass sich die Experten/Fachliteratur uneinig wäre(n).«

    In der Tat widersprechen (a) das Children’s Surgical Forum of the Royal College of Surgeons of England, (b) die British Association of Paediatric Urologists und (c) die British Association of Paediatric Surgeons der AAP.

    So positiv wie die AAP sieht man die Zirkumzision in kaum einem anderen westlichen Land. Da hat Hartmann völlig Recht.

  654. #656 Physiker
    22. November 2012

    @Stefan W.:

    a) Braucht man für Phimosen keine Prophylaxe.

    Bitte belegen Sie diese Behauptung. Für mich klingt das nach sadistischem alternativmedizinischem-Geschwätz, demzufolge es grundsätzlich besser für das Kind sei, eine Krankheit durchzumachen.

    Man kann sie behandeln wenn sie da sind, und gewinnt nichts, vorzeitig aktiv zu werden. Zudem wächst sich eine Phimose meist von selbst aus.

    Man gewinnt, dass dem Kind die Schmerzen erspart bleiben. Und nur zur Erinnerung: Eine Phimose definiert sich ja genau durch Schmerzen. Sie muten dem Kind also jahrelange Schmerzen zu – das sollte man in einer Abwägung sehrwohl berücksichtigen.
    welches auch, so man es nicht über Geschlechtsverkehr oder geteiltes Spritzbesteck erwirbt, was auch Kleinkindern kaum passiert und in Westeuropa schon gleich kaum … – wie oft sollen wir das noch durchgehen?Anstatt sich (unverständlich) zu wiederholen, gehen Sie doch einfach mal zur Abwechslung auf meine Gegenargumente ein:
    1.) Peniskrebs und HIV ist in Deutschland für die Beschneidungsdiskussion so gut wie irrelevant, da die gesundheitlichen Prophylaxevorteile sehr klein sind (evtl. ausgenommen HIV-Risikoregionen wie Berlin und Hamburg). Obwohl das oben im Artikel steht und in gefühlt jedem zweiten Kommentar von mir, ignorieren Sie weiterhin die sehr viel relevanteren Vorteile (nämlich bei Harnwegsinfektionen und weiteren Entzündungen, Genitalherpes, Prostatakrebs, Syphilis, etc.).
    2.) dürfen Eltern Entscheidungen treffen, die ihren Kindern auch erst sehr viel später (also auch im hohen Alter) zu gute kommen. Eltern treffen ständig solche (in vielen Fällen auch unumkehrbare) Entscheidungen. Wenn Sie das kritisieren, dann argumentieren Sie gegen die Menschenrechte/das Grundgesetz und müssen das schon sehr gut begründen.
    3.) Prophylaxe heisst, dass man vorbeugend Massnahmen ergreift um ein späteres Risiko zu minimieren/vermeiden. Und ein Risiko gehört zu einem Ereignis, das gerade dadurch definiert ist, dass es nicht mit Sicherheit eintritt. Wenn man aber genau diese Unsicherheit kritisiert, dann lehnt man Prophylaxe generell ab, was wohl kein vernünftiger Mensch tut. Wenn Sie also kritisieren, dass die Prophylaxe-Massnahme zu wenigen Menschen zugute kommt, dann müssen Sie schon die Zahlen in Relation zu anderen gemeinhin akzeptierten Prophylaxemassnahmen setzen und dies gut begründen.

    Wenn sie medizinisch indiziert wäre. Was sie nicht sind. Kein Arzt in deutschen Krankenhäusern empfiehlt Beschneidung als Prophylaxe für irgendwas.

    Die Argumentation über die angeblich fehlende Indikation ist ein Zirkelschluss, denn wir diskutieren hier ja genau die Frage, ob eine Beschneidung medizinisch indiziert ist. Die deutsche Ärztevereinigung sagt dazu Nein, die amerikanische sagt (vorsichtig) Ja. Das ist der Ausgangspunkt der Diskussion – was fast genau so oben im Artikel steht. Nach mehr als 600 Kommentaren wieder die Scheuklappen aufzusetzen und alles ausserhalb von Deutschland zu ignorieren, ist mir eine zu nationalistische Perspektive.

    d) Hochrisiko-HPV – das klingt beeindruckend! Handelt sich aber, welch Pech, um eine Erkrankung die Männer gar nicht betrifft, sondern Frauen

    1. ist das falsch und
    2. ist das kein Grund, diese Prophylaxemassnahme zu verschweigen. Warum soll das Wohl einer möglichen zukünftigen Partnerin nicht ebenfalls berücksichtigt werden? Ist es nicht auch zum Wohle d

    Wo nicht hilft heute eine Behandlung mit Salbe oft aus. Den ganzen Penis zu verstümmeln ist beileibe nicht nötig und nicht State of the art.

    Das ist falsch. Und ich habe das entsprechende Dokument der Gesellschaft für Kinderchirurgie(!) bereits weiter oben verlinkt, das Ihre Ansicht widerlegt. Die “state of the art”-Behandlung bei einer Phimose ist die Beschneidung. Nur bei grenzwertigen Befunden wird eine langwierige(!) Corticoid(!)-Therapie als Alternative erwähnt, die in 25% der Fällen nicht erfolgreich ist.

    b) Peniskrebs den man im Alter bekommt.

    Eltern dürfen Entscheidungen treffen, die dem Kind ein längeres/gesünderes Leben ermöglichen.

    c) HIV, es Kindes, wenn in seinem späteren Leben eine Partnerschaft ermöglicht wird, die durch höhere Gesundheit gerade des Partners geprägt ist?

    und es gibt eine schlechte Studie, die zum Schluss kam, der Errger würde verstärkt von Männern mit Vorhaut übertragen. Die Studie ist umstritten.

    Es gibt nicht eine Studie, es gibt mehrere systematische Reviews zu dem Thema, inkluse mindestens zweier randomisierter Kontrollstudien und mehr als 17 Beobachtungsstudien. Die überwältigende Mehrheit kommt zum gleichen pro-Beschneidung Ergebnis. Das zu leugnen, wäre Denialismus.

    Nicht bestritten ist, dass man einen Menschen nicht gegen dessen Willen verletzen darf, um einen anderen zu schützen.

    So ein Unsinn. Die Polizei macht genau das zum Glück jeden Tag indem sie Blutalkoholkontrollen im Strassenverkehr vornimmt. Ihre Rechtsvorstellungen sind abenteuerlich.

    Aber um noch unidentifizierte Frauen vor HPV zu schützen einem Mann die Vorhaut zu amputieren – der womöglich homosexuell werden wird, oder ein abstinent lebender Mönch, oder eine Person, die sich täglich den Schwanz wäscht…

    Waschen hilft bei HPV nicht – informieren Sie sich bitte über Geschlechtskrankheiten, bevor Sie wegen Ihrer abenteuerlichen Vorstellungen noch zu einer Gefahr werden. Homosexuelle profitieren in Bezug auf HPV übrigens ebenfalls von einer Beschneidung, dazu gibt es auch einen Haufen Literatur. Und zu dem von Ihnen falsch verstandenem Prophylaxe-Begriff siehe Punkt 3 weiter oben.

    zudem, auch hier im Kindesalter, wo man nicht weiß, was die Medizin in den nächsten 10, 15 Jahren noch vorbringen wird.

    Eine solche Argumentation ist grob fahrlässig.

    Eine bessere Prophylaxe als Beschneidung ist für AIDS auch bekannt.

    Die gesamte Fachliteratur, die WHO und alle NGOs sind sich einig, dass HIV nur durch Kombination möglichst vieler Massnahmen erreicht werden kann. Momentan spielt HIV-Prävention bei der Beschneidungsentscheidung in Deutschland aber noch keine Rolle, aber wenn die HIV-Prävalenz in Deutschland weiterhin so wie bisher ansteigt, dann zählt bald nicht nur Afrika zu den Hochrisiko-Gebieten, sondern auch Berlin, Hamburg, etc.

    Wieso sollte man mit der Universalprophylaxe nicht warten, bis das Kind erwachsen geworden ist?

    Und wieso soll man es den Eltern verbieten, auch wenn Sie wissen, dass die spätere Beschneidung mit eindeutigen Nachteilen verbunden ist, die Sie penetrant ignorieren: Die gesundheitlichen Vorteile im Kindesalter gehen verloren, die Beschneidung im Erwachsenenalter ist mit deutlich mehr und schwereren Nebenwirkungen, Schmerzen und Unannehmlichkeiten verbunden.

    Der islamische Vertreter hat in einer Diskussionssendung unfreiwillig freimütig zugegeben wieso: “Dann würd’s doch keiner machen!”.

    Eben. Warum soll man eine Gesundheitsmassnahme hinauszögern, wenn damit gesundheitliche Nachteile verbunden sind?

    P.S.: Auf Ihre antisemitischen und antiislamischen Auslassungen gehe ich nicht ein. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass man Minderheiten nicht beleidigt. Und der Vorwurf, Juden und Muslime würden absichtlich und aus reinem Selbstzweck ihre Kinder quälen, ist eindeutig rassistisch.

  655. #657 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom/beschneidung/index.html
    23. November 2012

    @Physiker: “Aus reinem Selbstzweck” haben Sie gesagt – dass die Amputation unabsichtlich, also fahrlässig geschieht wollen Sie ja wohl nicht behaupten.

    Natürlich geschieht sie absichtlich. Und wie ich weiß geschieht dies in den USA auch bei Nichtjuden, und außerdem halte ich es nicht für einen Fehler, der untrennbar mit Juden oder Muslimen verbunden ist. Im Gegenteil sind ja viele prominente Juden bekannt, die ihre Söhne nicht haben beschneiden lassen, etwa Freud, und der Gründer des Staates Israel. Also gehen Sie mir weg mit dem dummen Antisemitismusvorwurf.

    Ach so – Sie werfen mir Auslassungen vor? Na, dass man dafür kritisiert wird – soweit kommt’s noch!

    Das gilt mehr noch für nimm2: Ich habe keinen Verdacht abgesondert, aber nimm2 hat meinen Verdacht bekräftigt und bestätigt, dass Leute die nicht lesen auch nicht schreiben können.

    Kommen wir zu den Polizisten, die im Straßenverkehr Blutalkoholkontrollen veranstalten. Polizisten, ja? Blutalkohol? Welches Bundesland? Ostfriesland?

    Punkt 2.: Dürfen Eltern Entscheidungen treffen, die ihren Kindern auch erst sehr viel später (also auch im hohen Alter) zu gute kommen?

    Ja, klar. Einer Körperverletzung dürfen sie aber nur zustimmen, wenn sie dem Wohle des Kindes dient. Nicht, wenn sie dem Wohl eines dritten dient.

    Und es muss ja nach dem Sinn dieser Vorschrift vom Wohl und von der elterlichen Entscheidung her gedacht werden: Es geht darum, eine unaufschiebbare Entscheidung zu treffen, und das Wohl muss natürlich in einer vernünftigen Relation zu Schmerz und anderen Opfern liegen, etwa dem später entgehenden Lustgewinn.

    Wenn die Eltern also ein sehr kleines Risiko im Alter vor Auge haben, dann dürfen sie vernünftigerweise keiner Tortur am Kind zustimmen, wenn die Entscheidung vom Kind auch selbst getroffen werden kann, wenn es kein Kind mehr ist.

    Eine Zwickmühle gäbe es, wenn die Qual gering wäre, und im Erwachsenenalter enorm. Aber nach dem Studium 2er Videos kann mir niemand mehr erzählen die Qual wäre gering. Und was ich von Experten gehört habe ist gerade strittig, ob nicht das Kleinkind, weil es noch nicht weiß was passiert, und noch keine Schmerzverarbeitung gelernt hat, nicht besonders und mehr leidet.

    Umgekehrt ist aber bekannt, dass das Vorliegen von Risiken bei 8 Tage alten Babies, etwa die Bluterkrankheit, oft noch unbekannt ist. Zudem ist eine Narkose sehr viel schwieriger – man kann ein Baby schlicht schlecht fragen, ob es noch etwas spürt, bzw. fragen kann man natürlich schon…

    Zu Phimose und schmerzhafter Phimose und Behandlungsbedürfnis ist vieles schon wiederholt gesagt: Sehr oft ist die Vorhaut verengt, und es ist dann schmerzhaft die Vorhaut zurückzuziehen, aber das muss man ja nicht machen (noch nicht. 🙂 ). Meist wächst sich die Phimose aus, oder sie läßt sich mit einer Salbenbehandlung heilen, oder mit einem kleinen Einschnitt.

    Beim Beschneiden dagegen:

    Neugeborenbeschneidungen führen häufig zu einer Post-Zirkumzision-Phimose, da sich die Beschneidungsnarbe vor der Eichel zusammenziehen kann, sodass die Eichel hinter dem phimotischen Ring eingeklemmt wird. BLALOCK et al. (2003) zeigen, dass Phimose bei 2.9 Prozent aller Beschneidungspatienten auftritt.(10) Das übersteigt –um das Dreifache– die von ØSTER (1968) angegebene Häufigkeit einer nicht-zurückschiebbaren Vorhaut am Ende der Pubertät. Es ist folglich klar, dass die Beschneidung nicht zur Prävention von Phimose empfohlen werden kann.

    Quelle: https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/argumente-fuer-beschneidung/vorteile-der-beschneidung.html#phimose

    Wenn es eine Verklebung der Vorhaut mit der Eichel gibt, was ja gerade bei jungen Kindern sehr viel häufiger ist, dann wird gerade bei der Beschneidung die Vorhaut auf schmerzhafte Weise abgerissen.

    @Stefan W.: a) Braucht man für Phimosen keine Prophylaxe.

    Bitte belegen Sie diese Behauptung. Für mich klingt das nach sadistischem alternativmedizinischem-Geschwätz, demzufolge es grundsätzlich besser für das Kind sei, eine Krankheit durchzumachen.

    Man kann die Schmerzen behandeln, wenn sie auftreten. Man muss weder vorbeugend tätig werden, noch das Kind Schmerzen ertragen lassen.

    Ist das so schwer zu verstehen? Das ist eben keine Art Impfung, die man durchführen muss, bevor das Leiden da ist. Man behandelt es, wenn es da ist.

    Peniskrebs und HIV ist in Deutschland für die Beschneidungsdiskussion so gut wie irrelevant, da die gesundheitlichen Prophylaxevorteile sehr klein sind (evtl. ausgenommen HIV-Risikoregionen wie Berlin und Hamburg). Obwohl das oben im Artikel steht und in gefühlt jedem zweiten Kommentar von mir,

    Wenn Sie unablässig wiederholen, dass das Gefahren sind, dann schmier ich es auch immer auf’s neue auf’s Brot. Und Hamburg-Berlin als Horte, wo Babies und Kleinkinder HIV erwerben, das ist nun doch ein neuer Hinweis.

    Zu Harntracktsinfekten zitiere ich:

    Ginsburg & McCracken (1982), die Harntraktinfektionen bei männlichen Säuglingen am Parkland Hospital in Dallas untersuchten, merkten in ihrer Studie an, dass 95% der männlichen HTI-Patienten nicht beschnitten waren (42). Sie mutmaßten, dass die fehlende Beschneidung, auf irgendeine Weise die Infektion begünstigt hatte. Das Parkland Hospital jedoch, ein öffentliches Krankenhaus, führte damals keine Neugeborenbeschneidungen aus, selbst wenn die Eltern danach verlangten (43), so dass der Großteil der Klientenpopulation am Parkland Hospital unbeschnitten gewesen sein muss—eine Tatsache die von Ginsburg & McCracken anscheinend übersehen wurde.
    (…)
    Bislang wurde nur eine randomisierte kontrollierte Studie über die Beziehung zwischen der Zirkumzision und Harntraktinfektionen durchgeführt. Diese Studie von Kwak et al. (2004) stellte fest, dass die Zirkumzision weder ein wirksames zur Prävention noch zur Behandlung von Harnwegsinfektionen ist und entkräftete damit die Ergebnisse von Wiswells retrospektiver Studien, denen zufolge die Beschneidung das Risiko von Jungen, an Harnwegsinfekten zu erkranken, reduzieren würde (60).
    (…)
    Ja genau- die Feuchtigkeit auf der inneren Vorhaut und der Eichel, die immer zu Unrecht als Nährboden für Keime und Viren dargestellt wird, obwohl sie genau diese abtötet,- Wir legen uns auch nicht die Mund- oder die Nasenschleimhaut trocken, um oralen oder nasalen Infektionen vorzubeugen; Wenn wir es täten würden wir das Infektionsrisiko drastisch erhöhen. -Nicht anders ist es, wenn wir die Schleimhaut auf der Eichel und der Inneren Vorhaut durch Beschneidung zerstören

    https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/argumente-fuer-beschneidung/vorteile-der-beschneidung.html#harnwegsinfektionen
    und
    https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/argumente-fuer-beschneidung/schutz-vor-harntraktinfektionen/beschneidung-und-hti.html

    zudem, auch hier im Kindesalter, wo man nicht weiß, was die Medizin in den nächsten 10, 15 Jahren noch vorbringen wird.

    Eine solche Argumentation ist grob fahrlässig.

    Eine solche Argumentation ist überhaupt nicht fahrlässig, wenn alle Risiken erst im fortgeschrittenen Alter entstehen, und nur heuchlerisch vorgebracht werden, um eine Entscheidung im eigenen Sinne zu präjudizieren.

    Wenn ich glaube meinem Kind täte Klavierunterricht gut darf ich es auch nicht gewaltsam dazu zwingen.

    Auch zu anderen Erkrankungen bitte mal die vielen Links besuchen und dortige Studien und Kritik berücksichtigen.

    Es ist ja beispielsweise denkbar, dass Personen, denen aufgrund ihrer Beschneidung die Spaß am Sex vergeht, auch seltener Sex mit wechselnden Geschlechtspartnern haben, und daher seltener an Geschlechtskrankheiten erkranken.

    Eigentlich warte ich noch darauf, dass gezeigt wird, dass die Genitalverstümmelung gut für’s Rückenmark ist.

  656. #658 Adent
    23. November 2012

    @Physiker
    Ähem, seit wann sind denn Juden und Muslime eine Rasse?

    aber wenn die HIV-Prävalenz in Deutschland weiterhin so wie bisher ansteigt, dann zählt bald nicht nur Afrika zu den Hochrisiko-Gebieten, sondern auch Berlin, Hamburg, etc.

    So ein Unsinn. Die Polizei macht genau das zum Glück jeden Tag indem sie Blutalkoholkontrollen im Strassenverkehr vornimmt.

    Ihre Rechtsvorstellungen sind nicht weniger abenteuerlich.
    Also Impfungen (weiter oben) Blutentnahme zur Alkoholkontrolle und was weiß ich noch heranzuziehen, und sie mit der Beschneidung eines 8jährigen zu vergleichen empfinde ich als, nun ja, geschmacklos.
    Aber wie ich sehe dreschen Sie auch nach 600 Kommentaren immer noch auf die gleichen Strohmänner ein. Danach dann von StefanWs Scheuklappen zu reden ist ebenfalls sehr abenteuerlich.
    Diese Argumentation ist grob fahrlässig.

    Eltern dürfen Entscheidungen treffen, die dem Kind ein längeres/gesünderes Leben ermöglichen.

    Genau an dem scheitert ihre bisherige Argumentation. Wenn ich meinem Sohn die Vorhaut amputiere, dann hat das keine signifikante positive Auswirkung auf ein längeres Leben. Ob es sich um ein gesünderes Leben handelt ist im besten Fall umstritten.

    Die deutsche Ärztevereinigung sagt dazu Nein, die amerikanische sagt (vorsichtig) Ja.

    Und was sagt die holländische, die englische, die australische, die französische etc. pp. Wenn hier einer unidirektional argumentiert dann sind sie das.

  657. #659 Adent
    23. November 2012

    Ups, es gehört so:

    aber wenn die HIV-Prävalenz in Deutschland weiterhin so wie bisher ansteigt, dann zählt bald nicht nur Afrika zu den Hochrisiko-Gebieten, sondern auch Berlin, Hamburg, etc.

    Diese Argumentation ist grob fahrlässig.

  658. #660 Physiker
    23. November 2012

    @Balanus:

    Die Knaben peer-reviewen sich doch alle gegenseitig.

    Das sagen die Klimawandelskeptiker auch ständig. Ich halte das für eine erbärmlich unwissenschaftliches Argument, was alle Bemühungen hier auf den Scienceblogs für wissenschaftliches Vorgehen zu werben, untergräbt.

    Dann erlaubt erst eine Metastudie, in die alle bisherigen Studienergebnisse einfließen, eine valide Aussage zu eben diesem Sachverhalt.

    Wie gesagt, es gibt ein gutes Dutzend Metastudien, Reviews und systematische Reviews (und ein Cochrane-Review) zu dem Thema, die alle feinsäuberlich in den genannten Quellen zitiert werden. Dr. Hartmann ignoriert das aber.

    Ach, und womit bitteschön wurde vor 1999, also bevor die AAP von der Empfehlung zur Zirkumzision Abstand nahm, diese Prozedur empfohlen?

    Die Beschneidung wurde vorher nicht von der AAP empfohlen, wie Sie hier nachlesen können. Damals gab es einfach noch nicht genug Belege (“Existing scientific evidence demonstrates potential medical benefits of newborn male circumcision; however, these data are not sufficient to recommend routine neonatal circumcision. “) – heute ist das anders (“Evaluation of current evidence indicates that the health benefits of newborn male circumcision outweigh the risks;”).

    Wenn ich also meinen (hypothetischen amerikanischen) Kinderarzt frage, was heute im Gegensatz zu vor fünf Jahren für eine Zirkumzision meines Jungen spricht, was wird er mir aufgrund des AAP-Technical-Reports antworten?

    Laut dem neuen AAP-Report hat sich folgendes (im Vergleich zum vorherigen Report von 1999) geändert (wichtigste Änderungen zuerst):
    1.) HIV kommt in diesem Report eine grosse Bedeutung zu. Die Belege zur Wirksamkeit der Beschneidung (randomisierte Kontrollstudien) sind alle erst deutlich nach 1999 gefunden worden. Laut Report ist bereits die HIV-Prophylaxe durch Beschneidung in den USA kosteneffektiv (ohne die weiteren anderen Vorteile zu berücksichtigen). D.h. alleine der Nutzen durch ein geringeres HIV-Infektionsrisiko rechtfertigt die Beschneidungsempfehlung.
    2.) Neu sind auch die Ergebnisse zu anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. Wobei inzwischen der Wirkmechanismus auch plausibel erklärt werden kann. Allen voran wird hier HPV und hoch-risiko-HPV genannt, gefolgt von Genitalherpes und bakterielle Vaginose in weiblichen Partnern.
    3.) Das verminderte Harnwegsinfektionsrisiko war bereits 1995 etabliert (hier muss ich meine obige Aussage also leicht korrigieren) . Hinzugekommen sind aber viele weitere Studien, zwei Metastudien und eine Kohortenstudie die den Zusammenhang bestätigen.
    (Diese Aufzählung ist nicht vollständig.)

    »Die Ärztevereinigungen in Australien und Neu Zeeland nehmen die selbe Position wie die AAP in den USA ein (nämlich dass die Eltern entscheiden sollen, weil den Risiken sehrwohl gesundheitliche Vorteile gegenüberstehen).«
    So kann man das nicht sagen. Das Royal Australian College of Physicians sieht keinen Grund, für Australien und Neuseeland die Knabenbeschneidung zu empfehlen.

    Ich habe nicht von einer Empfehlung gesprochen, ich habe nur behauptet, dass diese Ärztevereinigungen gesundheitliche Vorteile (und Risiken) sehen – ich zitiere aus der Zusammenfassung: “The most important conditions where benefits may result from circumcision are recurrent urinary tract infections in children; and Human Immunodeficiency Virus (HIV) plus some other sexually transmitted infections […]”
    Ich habe die Stellungnahme dieser Organisation also sehrwohl richtig zusammengefasst. Den Hinweis darauf, dass die Beschneidung nicht empfohlen würde, finde ich irreführend weil doppeldeutig. Keine Empfehlung auszusprechen (im Sinne von weder pro noch contra Stellung beziehen) ist nicht das gleiche wie etwas aktiv nicht zu empfehlen (d.h. von der Massnahme abzuraten).

    In der Tat widersprechen (a) das Children’s Surgical Forum of the Royal College of Surgeons of England, (b) die British Association of Paediatric Urologists und (c) die British Association of Paediatric Surgeons der AAP.

    Könnten Sie diese Aussage bitte belegen, und nachprüfen ob die genannten Organisationen inzwischen wirklich schon dazu Stellung genommen haben. Ich finde nur Statements von Anfang 2007, als z.B. die Ergebnisse zu HIV noch gar nicht bekannt waren. Nur dass wir uns über elementare Logik einig sind: Eine veraltete Stellungnahme kann keiner neueren widersprechen.
    So positiv wie die AAP sieht man die Zirkumzision in kaum einem anderen westlichen Land. Da hat Hartmann völlig Recht.Wenn man für eine evidenzbasierte Medizin eintritt, dann sollte der Fachliteratur mehr Bedeutung zukommen als dem Mehrheitsvotum “westlicher Länder”. Selbst wenn alle westlichen Länder die Homöopathie hoffähig machen, ist das noch lange kein Argument für deren Wirksamkeit.

  659. #661 Physiker
    23. November 2012

    @Adent:

    “aber wenn die HIV-Prävalenz in Deutschland weiterhin so wie bisher ansteigt, dann zählt bald nicht nur Afrika zu den Hochrisiko-Gebieten, sondern auch Berlin, Hamburg, etc.”
    Diese Argumentation ist grob fahrlässig.

    Die HIV-Prävalenz in Berlin liegt laut den Zahlen des Robert-Koch Instituts momentan etwa bei 0,4% (Zahl der HIV-Infizierten geteilt durch die Einwohnerzahl). Das Robert-Koch Institut spricht von einem Hochrisikogebiet sobald die Prävalenz grösser als 1% ist. In Deutschland steigt die Zahl der HIV-Infizierten in letzter Zeit linear an. Ob der aktuell gefeierte Rückgang bei der Zunahme der Infizierten einen Wendepunkt darstellt, steht in den Sternen. Aber selbst wenn die Zahl der Neuinfektionen eben nicht mehr weiter ansteigt, steigt die Zahl der Infizierten weiterhin linear an. In den USA gibt es bereits Städte die zu HIV Hochrisikogebieten gerechnet werden müssen, bis Berlin dazuzählt ist also nur noch eine Frage der Zeit bzw. der Definition (sich wegen einem Faktor 2-3 in Sicherheit zu wägen, ist nämlich schlicht naiv).

    Also Impfungen (weiter oben) Blutentnahme zur Alkoholkontrolle und was weiß ich noch heranzuziehen, und sie mit der Beschneidung eines 8jährigen zu vergleichen empfinde ich als, nun ja, geschmacklos.

    Ein Gegenbeispiel ist kein Vergleich, sondern ein logisches Argument. Wollen Sie argumentieren oder über Geschmack streiten?

    “Eltern dürfen Entscheidungen treffen, die dem Kind ein längeres/gesünderes Leben ermöglichen.”
    Genau an dem scheitert ihre bisherige Argumentation. Wenn ich meinem Sohn die Vorhaut amputiere, dann hat das keine signifikante positive Auswirkung auf ein längeres Leben.

    Wenn das Erkrankungsrisiko signifikant gesenkt wird und wenn mit der Einzelerkrankung eine endliche Sterblichkeit verbunden ist, dann ist auch die positive Auswirkung auf ein längeres Leben signifikant. Natürlich muss man bei dieser Rechnung auch die Nebenwirkungen der Beschneidung mit berücksichtigen. Solche Rechnungen sind in der medizinischen Fachliteratur Standard – wie kommen Sie dazu, sich die Kompetenz für so eine Einschätzung zuzuschreiben?

    Ob es sich um ein gesünderes Leben handelt ist im besten Fall umstritten.

    Nicht in der Fachliteratur. Und selbst wenn es umstritten wäre, wäre das kein Grund die Beschneidung bei Neugeborenen de facto zu verbieten. Oder kennen Sie igendeinen medizinischen Eingriff der durch ein Gericht de facto verboten wurde, weil sich die Medizin uneinig über den Nutzen ist?

    Und was sagt die holländische, die englische, die australische, die französische etc. pp. Wenn hier einer unidirektional argumentiert dann sind sie das.

    Siehe dazu meine letzten Antworten an Belanus.

  660. #662 Adent
    23. November 2012

    Also lieber Physiker ich wiederhole kurz: Die Aussage von Stefan man wisse nicht, was die Medizin in den nächsten 10-15 Jahren bringe ist laut ihrer Replik grob fahrlässig. Meine Gegendarstellung ihre Aussage, dann wären Berlin und Hamburg bald ein Hochrisikogebiet ist genauso eine grob fahrlässige Aussage wird in ihren Augen dann naiv.
    Danke, solche Gespräche kann ich auch mit meinem Schirmständer führen.
    Merken Sie eigentlich nicht wie sie ihre Argumente je nach Bedarf als eigens qualifiziert, die gleichen bei anderen aber als naiv oder unwissenschaftlich abqualifizieren?
    Wie ich schon weiter oben sagte, der der hier das exessivste Cherry picking betreibt sind Sie.
    Sie sind so derartig verbohrt in ihrer Ansicht, das sie noch kein einziges der in den >600 Kommentaren angebrachtes Argument auch nur zur Kenntnis genommen haben.
    Sie zeigen wirklich alle Symptome des Denialismus, die sie flugs immer anderen vorwerfen.
    Zu ihrer hanebüchenen Argumentation bezüglich längeres Leben durch eine Vorhautbeschneidung ist nichts weiter zu sagen.
    Warum halten ausgerechnet Sie sich für kompetent, diese Frage tauchte auch schon öfter auf und wurde nicht beantwortet. Sie sind weder Jurist noch Mediziner, meinen aber in beiden Gebieten kompetent zu sein. Sie kennen vielleicht auch die Herren Duning und Kruger?

  661. #663 nimm2
    23. November 2012

    Lieber Herr Reinboth, da die Redaktion bisher nicht auf meine Forderung, Stefan W. zu blockieren, reagiert hat, meine Bitte an Sie: Könnten Sie nicht wenigstens auf Ihrem persönlichen Weblog diesem Dauerhasser und -hetzer die Tür weisen?

    Lesen Sie sich nur einmal seinen längeren Beitrag vom 21. November durch. Durch diese Hassrede bestätigte und untermauerte er den Verdacht, dass er antisemitische und antimuslimische Äußerungen absondert. (Ich erspare mir an dieser Stelle Zitate daraus.)

    Meinungsfreiheit auch für extreme, abwegige Ansichten, auch für dreistes, fortgesetztes Verleumden ist ja eine feine Sache, aber muss sie denn auch im eigenen “Wohnzimmer” eingeräumt werden?

    Er hat ja seine eigene Website und ist als Kommentator von früh bis spät auf vielen Websites unterwegs. Der Verlust für ihn wäre also gering, der Gewinn für das Diskussionsklima hier bedeutend.

  662. #664 s.s.t.
    23. November 2012

    Ihr streitet immer noch über irgendwelche medizinischen Gründe, doch die spielen hier in der BRD eben gar keine Rolle:

    Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hob bei der Einbringung des Gesetzentwurfes hervor, Eltern seien „grundsätzlich frei“ in Ziel, Inhalt und Methoden der Erziehung. Ihre Stellung, die ihnen die Personensorge über ihre Nachkommen verleihe, berechtige sie auch, die Entscheidung zugunsten der Beschneidung ihrer Kinder zu treffen. Sie nannte ein weiteres Ziel des Entwurfs: Die Bundesregierung wolle auch zum Ausdruck bringen, „dass jüdisches und muslimisches Leben in Deutschland ausdrücklich erwünscht ist“.

    https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/beschneidungen-bundestag-einig-ueber-gesetzentwurf-zu-beschneidungen-11968819.html
    Oder wie es in der taz auf den Punkt gebracht wird:

    Religion vs. Kinderrechte

    https://www.taz.de/Diskussion-im-Bundestag/!106057/

    Statt sich über angebliche medizinische Vorteile zu streiten, die irgendwas von so 3,4% auf rund 2,8% drücken sollen, sollte man lieber mal die religiösen Motive beleuchten, die in Wirklichkeit hinter der Initiative Pro-Verstümmelung stecken.

  663. #665 Balanus
    23. November 2012

    @Physiker /23. November 2012

    Danke für die Antwort!

    Die Knaben peer-reviewen sich doch alle gegenseitig.

    »Das sagen die Klimawandelskeptiker auch ständig. Ich halte das für eine erbärmlich unwissenschaftliches Argument, was alle Bemühungen hier auf den Scienceblogs für wissenschaftliches Vorgehen zu werben, untergräbt. «

    Na, na, nun lassen Sie mal die Kirche im Dorf. Da Sie so stark auf das peer-review-Verfahren abgehoben haben, wollte ich nur dezent darauf hinweisen, dass peer-review alleine noch keine Garantie für eine valide, aussagekräftige Studie ist. Ich muss wohl keine Beispiele nennen.

    Und mit meiner Erwähnung der Metastudien wollte ich lediglich Ihre Aussage, dass »Studien, die keine neuen Ergebnisse bringen, es nicht durch den Peer-Review Prozess [schaffen]«, widerlegen.

    »Die Beschneidung wurde vorher nicht von der AAP empfohlen, wie Sie hier nachlesen können. «

    Ok, „empfohlen“ vielleicht nicht gerade, aber sie stand dem Ganzen doch recht positiv gegenüber, bis eben 1999, wo es dann hieß: „…however, these data are not sufficient to recommend routine neonatal circumcision.“

    »Laut dem neuen AAP-Report hat sich folgendes (im Vergleich zum vorherigen Report von 1999) geändert (wichtigste Änderungen zuerst):
    1.) HIV kommt in diesem Report eine grosse Bedeutung zu. […]. D.h. alleine der Nutzen durch ein geringeres HIV-Infektionsrisiko rechtfertigt die Beschneidungsempfehlung.
    2.) Neu sind auch die Ergebnisse zu anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. […].
    3.) Das verminderte Harnwegsinfektionsrisiko […]«

    Punkte 1) und 2) wären für meine Entscheidung (pro oder contra Beschneidung meines Kindes) irrelevant (erstens hat es keinen Sex und zweitens hat es keinen Sex und drittens gibt es effektivere Methoden des Schutzes). Nebenbei und abgesehen von den methodischen Mängeln dieser drei randomisierten Studien: es wird insgesamt eine Verminderung der Infektionsrate von 2,49% (Kontrolle) auf 1,18% (Beschnittene) berichtet; diese Differenz von 1,31% dürfte klinisch irrelevant sein.

    (https://xa.yimg.com/kq/groups/23477339/1441224426/name/JLM_boyle_hill.pdf)

    Bleibt also Punkt 3), und da würde ich nach wie vor eine Pharmakotherapie der prophylaktischen Zirkumzision vorziehen.

    Unterm Strich hat die neue AAP-Stellungnahme (“Evaluation of current evidence indicates that the health benefits of newborn male circumcision outweigh the risks;”) also keine für mich (als hypothetischen Vater) relevanten neuen Erkenntnisse gebracht. Zudem interessieren statistische Signifikanzen nur insoweit, als sie a) klinisch relevant sind und b) für mein Kind einen deutlichen Nutzen versprechen (etwa wie bei einer Schutzimpfung).

    »Den Hinweis darauf, dass die Beschneidung nicht empfohlen würde, finde ich irreführend weil doppeldeutig. Keine Empfehlung auszusprechen (im Sinne von weder pro noch contra Stellung beziehen) ist nicht das gleiche wie etwas aktiv nicht zu empfehlen (d.h. von der Massnahme abzuraten). «

    Das stimmt, aber das Royal Australasian College of Physicians tut m. E. genau das, es empfiehlt die routinemäßige Zirkumzision nicht, im Sinne von „rät ab“. Denn wenn die Datenlage es nicht rechtfertigt, Knabenbeschneidungen durchzuführen, kann das doch nur heißen, dass man im Regelfall nicht beschneiden soll.

    „After reviewing the currently available evidence, the RACP believes that the frequency of diseases modifiable by circumcision, the level of protection offered by circumcision and the complication rates of circumcision do not warrant routine infant circumcision in Australia and New Zealand.”

    (© The Royal Australasian College of Physicians
    September 2010
    Paediatrics & Child Health Division)

    Und nur zwei Jahre später kommt man in den USA zu einem ganz anderen Schluss (Nutzen überwiegt das Risiko). Ist doch merkwürdig, oder?

    »Könnten Sie diese Aussage bitte belegen, und nachprüfen ob die genannten Organisationen inzwischen wirklich schon dazu Stellung genommen haben. «

    Die entsprechende Publikation soll Anfang 2013 in Pediatrics erscheinen (siehe die Stellungnahme zur Anhörung am 26. Nov. 2012 von Wolfram Hartmann).

    Aus dem Abstract:

    “Seen from the outside, cultural bias reflecting the normality of non-therapeutic male circumcision in the US seems obvious, and the report’s conclusions are different from those reached by doctors in other parts of the Western world, including Europe, Canada, and Australia. In this commentary, a quite different view is presented by non-US-based doctors and representatives of general medical associations and societies for pediatrics, pediatric surgery and pediatric urology in Northern Europe.” (Hvm)

    »Wenn man für eine evidenzbasierte Medizin eintritt, dann sollte der Fachliteratur mehr Bedeutung zukommen als dem Mehrheitsvotum “westlicher Länder”.«

    Nun ja, das Mehrheitsvotum basiert doch auf der gleichen Fachliteratur wie die Mindermeinung. Man hat die verfügbare Literatur kritisch gesichtet und die entsprechenden Schlüsse gezogen. Glauben Sie im Ernst, nur die Amerikaner könnten die „Bedeutung“ der Fachliteratur richtig einschätzen?

  664. #666 Balanus
    23. November 2012

    Hallo s.s.t., Sie schreiben:

    »Ihr streitet immer noch über irgendwelche medizinischen Gründe, doch die spielen hier in der BRD eben gar keine Rolle:«

    Das sehe ich anders. Ich denke schon, dass sie eine wichtige Rolle spielen. Denn alle Befürworter des Gesetzentwurfs müssen unterstellen, dass dem Jungen durch die Beschneidung kein Schaden zugefügt wird. Eine (kleine!) Verletzung, ja, aber kein bleibender Schaden. Das Kindeswohl wird also nicht gefährdet. Denn würde es gefährdet, könnte man dieses Gesetz so nicht beschließen. Und müsste die Beschneidung vielleicht sogar als Straftat werten.

    Doch, ich denke wirklich, das ganze Gesetzgebungsverfahren ist nur möglich, indem man den Eingriff bagatellisiert und fest daran glaubt, dass er vielleicht sogar einen Nutzen bringt. Und wer besonders kurz denkt, der meint, für eine Beschneidungserlaubnis genüge schon, dass sich die Mediziner über den potentiellen Nutzen nicht einig sind. Ist das nicht irre?

    »Statt sich über angebliche medizinische Vorteile zu streiten, […] sollte man lieber mal die religiösen Motive beleuchten, die in Wirklichkeit hinter der Initiative Pro-Verstümmelung stecken.«

    Das finde ich nun ziemlich witzlos.

    Ich habe alle Stellungnahmen der „Experten“, die bislang dem Rechtsausschuss des Bundestages zugegangen sind, mit Interesse gelesen, mit einer Ausnahme: die von der Rabbinerin Antje Yael Deusel, die habe ich nur kurz überflogen, weil ich mit den religionsinternen Details wenig anfangen kann.

    Spannend finde ich allerdings, dass es vielen Menschen unglaublich schwerfällt, sich dem gesellschaftlichen Druck zu widersetzen und einfach auf die eigene innere Stimme zu hören (in Bezug auf die Beschneidung, nicht auf das Gesetzgebungsverfahren – die armen Abgeordneten müssen ja auch noch den sozialen Frieden im Auge haben und zudem aufpassen, dass Deutschland nicht zur „Komikernation“ wird).

  665. #667 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com
    24. November 2012

    @nimm2:

    Statt den Vorwurf, ich hätte mich antisemitisch geäußert, in schriller Stimmlage zu wiederholen, womöglich in der Hoffnung es würde geglaubt, wenn nur oft genug wiederholt, sollten Sie mal zeigen, dass Sie wissen, was Antisemitismus überhaupt ist.

    Ich wette, das bringen Sie schon nicht zuwege.

    Das zweite wäre dann schlüssig zu zeigen, inwieweit mein Text Ihren Kriterien entspricht. Man kann sich dann darüber streiten, ob unsere Vorstellungen über Antisemitismus auseinandergehen, oder ob es am Verständnis meines Textes hapert.

    Denn ich habe nichts gegen Jüdinnen und Juden, ob beschnitten oder nicht – ich habe nur etwas dagegen wenn jemand beschnitten wird, ohne medizinische Notwendigkeit. Und das ganz unabhängig davon, ob aus religiösen Gründen, kosmetischen oder solchen der Prüderie.

    Nebenbei möchte ich auf meinen frisch eröffneten Blog verweisen, in dem ich einige Argumente und Sätze aus Redebeiträgen analysiere, die dort gefallen sind, und die mich besonders aufgewühlt haben.

    https://demystifikation.wordpress.com/2012/11/23/beschneidungsdebatte-im-dt-bundestag/

  666. #668 Physiker
    24. November 2012

    @s.s.t.:

    Ihr streitet immer noch über irgendwelche medizinischen Gründe, doch die spielen hier in der BRD eben gar keine Rolle:

    Interessant. Medizinische Gründe, die in den USA eine Rolle spielen, sollen also in Deutschland irrelevant sein? Wie gesagt, das ist mir zu nationalistisch gedacht.

  667. #669 Balanus
    24. November 2012

    @Physiker /24. November 2012

    »Medizinische Gründe, die in den USA eine Rolle spielen, sollen also in Deutschland irrelevant sein? Wie gesagt, das ist mir zu nationalistisch gedacht. «

    Es hat seine guten bzw. schlechten Gründe, warum die nationale deutsche Politik die medizinischen Gründe praktisch ausklammert. Denn dann wäre man möglicherweise gezwungen, den zahlreichen europäischen medizinischen Gesellschaften zu folgen, die die gesunde Penisvorhaut nicht als gesundheitsgefährdendes, überflüssiges Körperteil einschätzen.

  668. #670 nimm2
    24. November 2012

    Balanus — sind Sie eigentlich in Klein-Bonum stationiert? Grüßen Sie mir bitte Ihre Kollegen Taubenus und Hochgenus — wenn Sie sich die Begründung des Justizministeriums für den Gesetzesentwurf durchlesen, werden Sie feststellen, dass medizinische Aspekte mitnichten “praktisch ausgeklammert” wurden; auf den Technical Report der AAP wird ausdrücklich Bezug genommen.

  669. #671 nimm2
    24. November 2012

    Leider haben weder die SB-Redaktion noch der Blogger auf meine Bitte geantwortet, den Kommentator Stefan W. auszuschließen. Damit ist meines Bleibens nicht länger. Das hat etwas mit Psychohygiene zu tun.

    Natürlich werden die Hesser und Hatzer auch nach Inkrafttreten des Gesetzes, auch nach einer eventuellen späteren höchstrichterlichen Bestätigung nicht nachlassen. Eine weitere Geräuschq

  670. #672 nimm2
    24. November 2012

    (nanu, habe gar nicht auf “Kommentar abschicken” geklickt? also weiter…)

    Eine weitere Geräuschquelle im Grundrauschen der Republik. Richtig schlimm wird es möglicherweise, wenn ihnen bewusst wird, dass ihnen keine Mehrheiten folgen. Eventuell würden sie eine Telefonumfrage unter der Bevölkerung gewinnen. Aber sollte tatsächlich, wie vom Grünen-Bundestagsabgeordneten Montag, angedacht, eine Volksbefragung zum Thema durchgeführt werden, würde das kaum einen Hund hinterm Ofen vorholen: das Quorum würde weit verfehlt.

    Bleibt nur zu hoffen, dass diese Fanatiker nicht dieselbe Konsequenz wie z.B. die Abtreibungsgegner in den USA ziehen und von verbaler zu physischer Gewalt fortschreiten.

  671. #673 s.s.t.
    24. November 2012

    @Balanus, @Physiker

    Ihr habt es augenscheinlich wirklich nicht verstanden: In dem Gesetzentwurf spielen irgendwelche gesundheitlichen Vorteile nun mal keine Rolle. Und nein, wenn da irgendwas von “Kindeswohl” gefaselt wird, dann hat das (da) nix mit einer medizinischen Indikation am Hut.

    Die Fristenlösung und die Zulassung von medizinischen Laien als Chirurgen sind vielmehr glasklar auf religiöse Bedürfnisse abgestellt; eine objektive Begründung gibt es nämlich ansonsten für beides nicht.

    @Physiker

    Interessant. Medizinische Gründe, die in den USA eine Rolle spielen, sollen also in Deutschland irrelevant sein? Wie gesagt, das ist mir zu nationalistisch gedacht.

    Wenn Ihnen das zu “nationalistisch” ist, beschweren Sie sich bitte beim Gesetzgeber hier in der BRD. Der hat dummerweise nämlich völlig unterlassen diese (für Sie ach so) wichtige Gründe im Gesetz zu erwähnen. Sofern ich die Debatte im Bundestag verfolgt habe, spielten die dort auch keine Rolle; Religion hingegen spielte eine große Rolle.

  672. #674 s.s.t.
    24. November 2012

    @nimm2

    Bleibt nur zu hoffen, dass diese Fanatiker nicht dieselbe Konsequenz wie z.B. die Abtreibungsgegner in den USA ziehen und von verbaler zu physischer Gewalt fortschreiten.

    Auch ich halte Fanatiker, nicht zuletzt religiös motivierte, für gefährlich in ihrem Wahn. In der Hinsicht ist es vielleicht sogar gut, wenn der Entwurf tatsächlich zum Gesetz wird.

  673. #675 Physiker
    24. November 2012

    @Stefan W. (23. November 2012)- Teil I:

    @Physiker: “Aus reinem Selbstzweck” haben Sie gesagt […]

    Sie haben es so dargestellt, als ob das Quälen um des Quälens Willen geschieht. Eine solcher Vorwurf ist rassistisch. Deshalb hoffe ich immer noch, dass Sie es nicht so gemeint haben.

    Ach so – Sie werfen mir Auslassungen vor?

    Ja sicher. Wenn Sie fast ausschliesslich mit HIV und Peniskrebs agrumentieren, obwohl die NNT-Zahlen dort am grössten sind, dann verfolgen Sie eine klassische Strohmann-Argumentation. Wobei ich hier anmerken muss, dass laut dem neuen AAP-Review die HIV-Prophylaxe sogar trotz hoher NNT-Zahl bereits die Beschneidungs-Empfehlung rechtfertigt. Das bekräftigt allerdings nur noch einmal meine Kritik: Wenn bereits NNTs von 1000 empfehlungsrelevant sind, warum ignorieren Sie dann Präventionsvorteile, die um einen Faktor 10-500 effizienter sind?

    Kommen wir zu den Polizisten, die im Straßenverkehr Blutalkoholkontrollen veranstalten. Polizisten, ja? Blutalkohol? Welches Bundesland? Ostfriesland?

    Die Entnahme einer Blutprobe kann in Deutschland erzwungen werden. Damit ist Ihre Behauptung (“Nicht bestritten ist, dass man einen Menschen nicht gegen dessen Willen verletzen darf, um einen anderen zu schützen.”) widerlegt.

    Punkt 2.: Dürfen Eltern Entscheidungen treffen, die ihren Kindern auch erst sehr viel später (also auch im hohen Alter) zu gute kommen?
    Ja, klar. Einer Körperverletzung dürfen sie aber nur zustimmen, wenn sie dem Wohle des Kindes dient. Nicht, wenn sie dem Wohl eines dritten dient.

    Das ist zwar richtig, aber wie ich bereits schrieb dient die HPV-Risikoreduktion dem Wohl des Kindes. Zum einen indirekt und zum anderen direkt. Direkt über die bereits verlinkten gesundheitlichen Vorteile und indirekt über eine grössere Lebensqualität. Oder wollen Sie es bestreiten, dass ein erkrankter Lebenspartner das eigene Wohl mindert? Werfen Sie mal einen Blick in die im Artikel verlinkte juristische Literatur (z.B. Fateh-Moghadam), dort wird nämlich sehr nachvollziehbar argumentiert, warum das Wohl des Kindes auch mehr beinhalten muss als nur die reine medizinische Abwägung für den Menschen selbst (denn sonst führt man die elterliche Fürsorgepflicht ad absurdum). Zweiffellos stehen die medizinischen Argumente für die betroffene Person selbst an erster Stelle, aber gleich danach kommen eben auch indirekte Vorteile.

    Und es muss ja nach dem Sinn dieser Vorschrift vom Wohl und von der elterlichen Entscheidung her gedacht werden: Es geht darum, eine unaufschiebbare Entscheidung zu treffen, und das Wohl muss natürlich in einer vernünftigen Relation zu Schmerz und anderen Opfern liegen, etwa dem später entgehenden Lustgewinn.

    Wenn Sie die “Aufschiebbarkeit” und die medizinische Abwägung zum alleinigen Massstab erklären, dann gibt es nichts mehr worüber die Eltern entscheiden können. Die Fürsorgepflicht der Eltern liesse sich dann bei allen Entscheidungen der Eltern in Frage stellen. Abgesehen davon gibt es keinen entgangenen Lustgewinn. Da ist sich die Fachliteratur absolut einig (AAP-Report, Morris-Review, Perera-Review, etc.).

    Eine Zwickmühle gäbe es, wenn die Qual gering wäre, und im Erwachsenenalter enorm.

    Die Beschneidung im Kindesalter ist deutlich komplikationsärmer (ca. eine Grössenordnung), ist nicht mit sexueller Abstinenz und Erektionsschmerzen verbunden, und büsst nicht ihren Hauptvorteil ein, nämlich die deutliche Reduktion von Harnwegsinfektionen in der Kindheit.

    Aber nach dem Studium 2er Videos kann mir niemand mehr erzählen die Qual wäre gering.

    Ich weiss nicht welche Horror/Propaganda-Videos Sie angeschaut haben, aber ich argumentiere für die Möglichkeit state-of-the-art Operationen von Medizinern zuzulassen. Und wenn Sie bereits die lege artis ausgeführten Beschneidungen als Quälerei verurteilen, dann ist jede weitere Diskussion sinnlos.

    Und was ich von Experten gehört habe ist gerade strittig, ob nicht das Kleinkind, weil es noch nicht weiß was passiert, und noch keine Schmerzverarbeitung gelernt hat, nicht besonders und mehr leidet.

    Wenn das stimmen sollte, was spricht dagen, den Eltern dies in einem Aufklärungsgespräch mitzuteilen und ihnen dann die Entscheidung zu überlassen – so wie es in der Mehrheit der Fachliteratur empfohlen wird?

  674. #676 Physiker
    24. November 2012

    @Stefan W. (23. November 2012)- Teil II:

    Umgekehrt ist aber bekannt, dass das Vorliegen von Risiken bei 8 Tage alten Babies, etwa die Bluterkrankheit, oft noch unbekannt ist.

    Soweit ich informiert bin, gab es den Vorschlag, dass Kontraindikationen vorher abgeklärt werden müssen (was im übrigen auch mit der jüdischen Vorschrift vereinbar ist – dort sind explizit bei gesundheitlichen Problemen Aussahmen vorgesehen).

    Zudem ist eine Narkose sehr viel schwieriger […]

    Die Medizin hat doch darauf schon längst Antworten gefunden. Man kann sich nur noch darüber streiten ob die Schmerzen vollständig oder nur fast vollständig reduziert werden können (siehe meine Diskussion mit MartinB).

    Zu Phimose und schmerzhafter Phimose […]: Sehr oft ist die Vorhaut verengt, und es ist dann schmerzhaft die Vorhaut zurückzuziehen, aber das muss man ja nicht machen (noch nicht. ).

    Sagen Sie das mal pubertierenden Jugendlichen. Und darauf wie Sie phimosebedingte Schmerzen bei Erektionen/beim Wasserlassen vermeiden wollen, bin ich auch gespannt. Das sind ja mittelalterliche Vorstellungen – bitte informieren Sie sich doch erst mal, z.B. bei den Indikationsrichtlinien der dt. Gesellschaft für Kinderchirurgie (die ja sonst so prominent gegen die Beschneidung Stellung bezieht).

    Meist wächst sich die Phimose aus, oder sie läßt sich mit einer Salbenbehandlung heilen, oder mit einem kleinen Einschnitt.

    Warum ignorieren Sie die Dokumente auf die ich verweise?
    a) Das was sich auswächst, nennt sich “physiologische Phimose” und ist hier nicht das Thema, es geht um die pathologische Phimose die sich eben nicht auswächst.
    b) Die Salben-, d.h. Corticoidbehandlung wird nur bei grenzwertigen Diagnosen empfohlen, ist langwierig, schmerzhaft (solange die Phimose noch besteht), Intimsphäre verletzend, in mehr als 25% der Fälle nicht erfolgreich und ist bei weitem nicht so sanft wie Sie das darstellen sondern ebenfalls mit Nebenwirkungen verbunden.
    c) Ein “kleiner Einschnitt” wird explizit nicht empfohlen.

    “Neugeborenbeschneidungen führen häufig zu einer Post-Zirkumzision-Phimose, […]”
    Quelle: https://www.beschneidung-von-jungen.de/home/argumente-fuer-beschneidung/vorteile-der-beschneidung.html#phimose

    Deshalb empfiehlt der AAP-Report auch nicht die dort verwendete Gomco-Methode. In Ihrer dubiosen Internetquelle wird auf die unterschiedlichen Komplikationsraten bei unterschiedlichen Methoden aber nicht eingegangen. Warum auch – in diesem Pamphlet geht es doch den fachfremden Autoren nur um Propaganda. Wenn Sie sich seriös informieren wollen gehen Sie lieber von Fachpublikationen aus.

    Man kann die Schmerzen behandeln, wenn sie auftreten. Man muss weder vorbeugend tätig werden, noch das Kind Schmerzen ertragen lassen.

    Irgendwie widersprüchlich (wenn Schmerzen auftreten, dann muss das Kind diese doch ertragen) und praxisfern. Pubertierende Jungs posaunen ja sofort Schmerzen im Intimbereich heraus. Sorry, für die Ironie, aber Ihre Vorstellungen sind schon ein wenig weltfremd.

    Ist das so schwer zu verstehen? Das ist eben keine Art Impfung, die man durchführen muss, bevor das Leiden da ist. Man behandelt es, wenn es da ist.

    Ich glaube, Sie haben nicht verstanden, was Prophylaxe ist. Prophylaxe soll gerade eben vermeiden, dass es zu einer behandlungsbedürftigen Situation kommt. Und bevor eine Krankheit von einem Arzt erkannt wird, leidet vor allem in diesem Fall der Patient.

    Und Hamburg-Berlin als Horte, wo Babies und Kleinkinder HIV erwerben […]

    Weiter oben haben Sie mir noch zugestimmt (“Ja, klar”), dass das Kindeswohl auch das zukünftige Wohl mit einschliesst – haben Sie jetzt plötzlich wieder Ihre Meinung geändert?

    Zu Harntracktsinfekten zitiere ich:

    Ich habe keine Lust, weiter diese Internet-Propaganda zu debunken. Wenn Sie Cherrypicking, verfälschendes Zitieren und unwissenschaftliches Vorgehen lernen wollen, dann ist diese Quelle perfekt.

    Eine solche Argumentation ist überhaupt nicht fahrlässig, wenn alle Risiken erst im fortgeschrittenen Alter entstehen, und nur heuchlerisch vorgebracht werden, um eine Entscheidung im eigenen Sinne zu präjudizieren.

    Diese Heuchelei-Vorwurf ist nichts anderes als eine Beleidigung. Bitte nehmen Sie diese zurück.

    Wenn ich glaube meinem Kind täte Klavierunterricht gut darf ich es auch nicht gewaltsam dazu zwingen.

    Diese zusammenhanglose Analogie hilft in der Argumentation nicht weiter. Wenn ich richtig informiert bin, wird ja genau ein Vetorecht des Kindes gegen die Beschneidung diskutiert, was ich sehr begrüssen würde.

    Auch zu anderen Erkrankungen bitte mal die vielen Links besuchen und dortige Studien und Kritik berücksichtigen.

    Cherrypicking ist kein wissenschaftliches Vorgehen. Nur Reviews und Metastudien können ein wissenschaftliches Bild vom aktuellen Stand der Forschung vermitteln.

    Es ist ja beispielsweise denkbar, dass Personen, denen aufgrund ihrer Beschneidung die Spaß am Sex vergeht, auch seltener Sex mit wechselnden Geschlechtspartnern haben, und daher seltener an Geschlechtskrankheiten erkranken.

    Wenn ich mich richtig erinnere wurde auch das wissenschaftlich untersucht. Wenn Sie wünschen, suche ich Ihnen die Literatur dazu heraus.

  675. #677 nimm2
    24. November 2012

    Einmal nur werde ich “rückfällig”. Für Dr. Klam dieser Link — https://www.verfassungsblog.de/das-kolner-beschneidungsurteil-und-das-judentum-teil-1-unbeschnittene-juden/#comment-21781 — zu einem Kommentar auf Verfassungsblog.de, in dem ein Video einer weitestgehend schmerzfrei durchgeführten Beschneidung verlinkt wird.

  676. #678 Physiker
    24. November 2012

    @s.s.t.:

    Und nein, wenn da irgendwas von “Kindeswohl” gefaselt wird, dann hat das (da) nix mit einer medizinischen Indikation am Hut.

    Doch. Aber natürlich. Lesen Sie bitte nochmal den obigen Blogartikel – dass das Kindeswohl in erster Linie eine Abwägung der medizinischen Vor- und Nachteile beinhaltet, darin sind sich alle Mediziner und sogar alle Juristen einig. Gerade auch die beschneidungskritischen Juristen, die im Kölner Urteil zitiert werden (siehe auch den Ärzteblatt-Artikel). Sorry, aber für diese unüberlegte Behauptung gibt’s einen Facepalm.

  677. #679 Stefan W.
    25. November 2012

    @Physiker:

    Ich habe keine Zeit für eine ausführliche Entgegnung. Die Zeit, um auf den Vorwurf zu reagieren, ich hätte Sie beleidigt muss ich mir aber wohl nehmen.

    Ich schrieb “Eine solche Argumentation ist überhaupt nicht fahrlässig, wenn alle Risiken erst im fortgeschrittenen Alter entstehen, und nur heuchlerisch vorgebracht werden…”
    Das ist keine Beleidigung gegen Sie, sondern ein Konditionalsatz: A ist B wenn C und D. Dass Sie sich angesprochen fühlen könnten, wenn ich von heuchlerischen Vorbringungen schreibe, habe ich für ausgeschlossen gehalten.

    Ihre Motivation ist mir zwar rätselhaft, denn Sie schrieben, wenn ich mich recht entsinne, dass Sie nicht beschnitten sind, und das, obwohl die medizinische Forschung so nachhaltig und eindrucksvoll zeigt, dass Beschneidung eine Art Allheilmittel ist, besser als in Granderwasser gewachsene Bachblüten plus Lichtnahrung.

    Und ich meine mich zu erinnern, dass Sie auch nicht religiös zu sein behaupten.

    Nun gut – ich muss nicht alles verstehen. Dass man ernsthaft glauben kann, man verweigert einem Jungen eine Wohltat, wenn man ihn nicht beschneidet, das geht nach wie vor nicht in meinen Kopf, und diesem Review traue ich nicht über den Weg. Die Beschneidungsnachteile sind m.E. so offensichtlich und herb, dass seltene Risiken dazu in keinem Verhältnis stehen.

    Die Zweifel an der Wohltätigkeit der Beschneidung erlauben es meiner Meinung nach nicht der Entscheidung des Betroffenen vorzugreifen. Ein mögliches Einverständnis von Vielen erlaubt nicht, dass die Eltern nach Gusto entscheiden, und Ihre Sichtweise zum Kindeswohl erklären.

    Da die geplante Gesetzesfassung von einer Bindung des Rechts zu Verstümmeln an religiöse Überzeugungen absieht kann ich mir leicht die Frage stellen, ob mir Recht wäre, dass meine Eltern mich beschnitten hätten, und Nein! – es wäre mir nicht recht. Ich würde es nicht als mein Wohl betrachten.

  678. #680 Balanus
    25. November 2012

    @ s.s.t.

    »In dem Gesetzentwurf spielen irgendwelche gesundheitlichen Vorteile nun mal keine Rolle.«

    Wenn man den Argumenten etlicher, vielleicht sogar der meisten Juristen folgt, dann stand die Knabenbeschneidung in der Bundesrepublik immer schon im Einklang mit dem GG (nur am Kölner Landgericht war davon nichts bekannt). Wenn das Verbot der Mädchenbeschneidung ebenfalls GG-konform ist, dann muss es einen substantiellen Unterschied zwischen diesen beiden Beschneidungsformen geben.

    Und eben diesen Unterschied glauben viele in den (vermeintlichen) medizinischen Vorteilen der Knabenbeschneidung zu sehen.

    Und genau deshalb ist der medizinische Aspekt m. E. im Gesetzgebungsverfahren und auch überhaupt sehr wohl relevant für die Begründung und Rechtfertigung der Zulässigkeit der Verletzung der körperlichen Integrität des Kindes.

    Andererseits gibt die medizinische Literatur, wie inzwischen alle wissen könnten, nichts her, womit man die routinemäßige Knabenbeschneidung rechtfertigen könnte. Deshalb verweist man u.a. auf die wissenschaftlich erscheinende Stellungnahme der AAP und deren Report, weil man Laien damit leicht beeindrucken kann.

    Und insofern haben Sie, s.s.t., wieder Recht mit der Behauptung, dass die Medizin (eigentlich) keine Rolle spielt. Denn würde sie eine Rolle spielen, müsste man nicht-therapeutische Knabenbeschneidungen verbieten.

  679. #681 Balanus
    25. November 2012

    @Stefan W.

    »Da die geplante Gesetzesfassung von einer Bindung des Rechts zu Verstümmeln an religiöse Überzeugungen absieht kann ich mir leicht die Frage stellen, ob mir Recht wäre, dass meine Eltern mich beschnitten hätten, und Nein! – es wäre mir nicht recht. Ich würde es nicht als mein Wohl betrachten.«

    Das ist ein wichtiger Punkt. Ich glaube, den meisten Abgeordneten ist gar nicht klar, welche weitreichenden rechtlichen und ethischen Konsequenzen das neue Gesetz hat.

  680. #682 s.s.t.
    25. November 2012

    @Physiker

    Angela Merkel bei der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden:

    Die Auseinandersetzung über die Beschneidung gebe Anlass zum Nachdenken, was die Toleranz gegenüber Religionen betreffe. Neben dem Kindeswohl sei auch die Lebbarkeit religiöser Rituale ein hohes Gut.

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article111487192/Merkel-warnt-vor-hohem-Mass-an-Antisemitismus.html

    Religiöse Gründe vs. medizinische Gründe: Zwei zu Null

    Nicht nur, dass Sie nach eigenen Worten keine Ahnung von Jura und Medizin haben, Sie haben auch nicht den blassesten Schimmer davon, wie derartige Gesetze durchgebracht werden. Ihre Facepalms dürfen Sie daher gerne jederzeit für sich selbst verwenden.

    Nein, es gibt keinen medizinischen Grund dafür einen acht Tage alten männlichen Säugling zu beschneiden. Jedenfalls haben Sie bisher keinen einzigen nennen können und kommen Sie jetzt nicht wieder mit ihrem Peniskrebs- und HIV-Bullshit. Und selbst sofern es zuträfe, dass die Anzahl von Harnwegsinfektionen geringer werden, rechtfertigt das in keinster Weise solche medizinische Eingriffe durch Laien und unter fragwürdigen Bedingungen.

    Ja, blöd für Sie und für Ihre Mühe mit ihrem langen Artikel mit den ‘wundersamen’ Literaturstellen: Nichts davon ist in den Entwurf eingeflossen. Und dass “Kindeswohl” in diesem Zusammenhang nur als Floskel dient, liegt ebenfalls über ihrem Horizont.

    Es gibt hier nun mal nur einen nachvollziebaren Grund dafür, warum hier in der BRD die Säuglingsbeschneidung, wie und von wem auch immer, legal gemacht werden soll, und dieser Grund lautet Religion.

  681. #683 s.s.t.
    25. November 2012

    @Balanus

    Das ist ein wichtiger Punkt. Ich glaube, den meisten Abgeordneten ist gar nicht klar, welche weitreichenden rechtlichen und ethischen Konsequenzen das neue Gesetz hat.

    Ich fürchte, dass ist den (meisten) Abgeordneten schon ganz genau klar, nur haben sie sich augenscheinlich aus Gründen vermeintlicher Staatsräson anders entschieden.

  682. #684 Adent
    26. November 2012

    @Physiker
    Also soweit ich es jetzt gefunden habe ist allein die AAP neutral/positiv in Bezug auf die frühkindliche Beschenidung als Prophylaxe. Nicht befürwortend sind: Kanada, Australien, Deutschland, England Finnland, Holland und Schweden.
    Sie dürfen gern raussuchen ob ausser den Amerikanern (und wahrscheinlich Israel) noch jemand die oben genannte frühe Beschneidung befürwortet.

  683. #685 s.s.t.
    27. November 2012

    Wer noch immer an das Märchen glaubt, dass bei dem hiesigen Gesetzesentwurf medizinische Indikationen und nicht religiöse Gründe die erste Geige spielen, der werfe heute mal einen Blick in die Presseartikel z.B. von taz, fr, welt oder in den verfassungsblog. Und in den dortigen Kommentaren geht es, wenn überhaupt Medizin angesprochen wird, um mögliche Komplikationen der Beschneidung.

  684. #686 Adent
    27. November 2012

    @sst
    Also ich glaube nicht daran, habs auch noch nie, aber der Verfasser dieses Gastartikels hier glaubt seit Anfang an, er könne hier quasi aus dem Nichts eine medizinische Indikation für Beschneidungsprophylaxe herbeireden, um damit die religiöse Begründung überflüssig zu machen. Dabei hat er sich allerdings verrechnet. Ich will mich aber nicht länger über das seltsame Verständnis von religiöser Fürsorge, daß der Physiker hier und anderswo gezeigt hat aufregen, sobald die Religion ins Spiel kommt scheint er irgendwie empfindlich zu werden. Das zeigt sich gerade wieder drüben bei Martin B.

  685. #687 Physiker
    27. November 2012

    @Balanus (23. November 2012):
    Sorry, für die verspätete Antwort.

    Da Sie so stark auf das peer-review-Verfahren abgehoben haben, wollte ich nur dezent darauf hinweisen, dass peer-review alleine noch keine Garantie für eine valide, aussagekräftige Studie ist.

    Da sind wir uns einig. Deshalb ist es aber auch so wichtig, sich auf (systematische) Reviews, Metastudien und Cochrane-Reviews zu stützen – und nicht mit Einzelstudien (wie z.B. Boyle und Hill) zu argumentieren. Denn abweichende Meinungen gibt es immer und überall.

    Punkte 1) und 2) wären für meine Entscheidung (pro oder contra Beschneidung meines Kindes) irrelevant (erstens hat es keinen Sex und zweitens hat es keinen Sex und drittens gibt es effektivere Methoden des Schutzes).

    Wie könnten Sie Entscheiden (Hervorhebung von mir), wenn Sie keine Wahl hätten und der Staat eine Beschneidung von Kindern de facto verbietet? Ich argumentiere nicht pro Beschneidung (siehe obigen Disclaimer) sondern dafür, dass die Eltern die Wahlfreiheit haben. Und ob die Eltern nur das Wohl im Kindesalter oder darüber hinaus auch das spätere Wohl ihrer Nachkommen als Entscheidungsgrundlage heranziehen, soll meiner Meinung nach den Eltern überlassen werden.

    es wird insgesamt eine Verminderung der Infektionsrate von 2,49% (Kontrolle) auf 1,18% (Beschnittene) berichtet; diese Differenz von 1,31% dürfte klinisch irrelevant sein.

    Für Kondome werden Sie ähnliche Zahlen erhalten. Weiter oben müssten Artikel mit konkreten Zahlen verlinkt sein. Relevant ist aber die Risikoreduktion, die bei sachgemässem Kondomgebrauch bei ca. 80% liegt und bei der Beschneidung irgendwo zwischen 50% und 70%. Beides ist hoch signifikant und auch klinisch relevant. Die kleinen absoluten Risiken dienen meiner Meinung in der Dikussion nur dazu, bei Laien Verwirrung zu stiften da sie stark von der HIV-Prävalenz abhängen. Es ist also richtig, dass Kondome (bei sachgemässer Anwendung) effizienteren Schutz bieten, aber wenn man gerade den weiteren Anstieg der HIV-Infizierten in den Entwickelten Ländern im Blick hat, dann ist es doch geradezu unverantwortlich, wenn man eine weitere zur Verfügung stehende Präventionsmassnahme verbietet, anstatt den Eltern die Entscheidung zu überlassen. Und nochmal: Ich habe vollstes Verständnis dafür, wie Sie sich (auch im Hinblick auf die anderen Punkte) entscheiden würden – ja ich würde sogar Ihre Entscheidung teilen. Der Punkt ist aber, dass es möglich sein muss, sich auch anders zu entscheiden und dass der Staat hier kein Recht hat andere Entscheidungen zu sanktionieren, die eine medizinische Option darstellen.

    Zudem interessieren statistische Signifikanzen nur insoweit, als sie a) klinisch relevant sind und b) für mein Kind einen deutlichen Nutzen versprechen (etwa wie bei einer Schutzimpfung).

    Ich habe wohl in einem anderen Thread schon mal die NNT bei HIV (Beschneidung) mit der der Tetanus- und/oder FSME-Impfung verglichen. Natürlich ist das nur eine grobe Abschätzung gewesen, aber bereits alleine bei der HIV-Risikoreduktion war die Beschneidung wirkungsvoller als diese Standardimpfung. Und die NNTs sind bei den anderen aufgelisteten Krankheiten nochmal einen Faktor 10-500 kleiner. Da ich aber kein Experte auf diesem Gebiet bin, überlasse ich es eher den Experten ab welcher NNT man von einem deutlichen Nutzen sprechen kann. Im AAP-Review findet sich übrigens ein ganzer Abschnitt der sich mit solchen Fragen beschäftigt, unter anderem auch, dass die Beschneidung bereits nur in Hinblick auf HIV kosteneffizient ist (was eine nochmal deutlich strengere Anforderung darstellt).

    Das stimmt, aber das Royal Australasian College of Physicians tut m. E. genau das, es empfiehlt die routinemäßige Zirkumzision nicht, im Sinne von „rät ab“. Denn wenn die Datenlage es nicht rechtfertigt, Knabenbeschneidungen durchzuführen, kann das doch nur heißen, dass man im Regelfall nicht beschneiden soll.

    Der Punkt ist aber, dass für eine routinemässige Empfehlung strengere Kriterien erfüllt sein müssen als einfach nur eine (geringfügig) positive Nutzen-/Schadens-Abwägung. Für eine routinemässige Empfehlung müssen z.B. alle Behandlungsalternativen inclusive ihrer Kosteneffektivität gegeneinander abgewogen werden. Für eine Abwägung des Kindeswohls spielt aber zumindest die Kosteneffektivität keine Rolle. Deshalb bin ich immer noch der Meinung, dass man sehr genau unterscheiden sollte. Wenn die Organisationen von der prophylaktischen Beschneidung generell abraten würden, dann würden wir eine andere Formulierung ohne das Wort “routine” lesen. Ansonsten würde auch der darauf folgende Satz keinen Sinn machen, der den Eltern die Entscheidung überlässt. Denn wie sollte man es verantworten, den Eltern eine Entscheidung zu überlassen, die dem Kind schadet?

    Und nur zwei Jahre später kommt man in den USA zu einem ganz anderen Schluss (Nutzen überwiegt das Risiko). Ist doch merkwürdig, oder?

    Oder es liegt einfach nur an einer besseren Studienlage. Nur zur Erinnerung: die Studien zu HIV kamen erst 2007 (WHO/UNAIDS) heraus – Nachfolgestudien, Reviews und Metastudien logischerweise erst später (bei den anderen STDs ist die Situation ähnlich). Die Stellungnahme von Australien (2010) ist damit noch vergleichsweise aktuell, während die Stellungnahmen von Kanada (1996) und England (2000 und 2004) damit eigentlich schon etwas hinterherhinken. Ein eigenes Thema ist die Niederländische Stellungnahme (2010) – siehe dazu weiter oben.
    Übrigens hat die American Urological Association 2007 auch schon die Beschneidung empfohlen. Eine schöne Übersicht über vorhandene Stellungnahmen findet sich im Artikel der Australischen Ärztevereinigung: Von den 8 existierenden Stellungnahmen sind 3 pro Beschneidung (WHO/UNAIDS, AAP und AUA). Dr. Hartmann hat also Märchen erzählt.

    Nun ja, das Mehrheitsvotum basiert doch auf der gleichen Fachliteratur wie die Mindermeinung.

    Also wenn man sich mal alle Stellungnahmen durchliest (so viele sind es – wie gesagt – gar nicht), dann kann man fast den gegenteiligen Eindruck gewinnen: anders als durch Cherry-Picking kann man z.B. die Niederländische Stellungnahme gar nicht erklären.

    Glauben Sie im Ernst, nur die Amerikaner könnten die „Bedeutung“ der Fachliteratur richtig einschätzen?

    Ich glaube, dass die Fachliteratur am besten in der Fachliteratur selbst in der Form von Reviews richtig zusammengefasst wird.

  686. #688 Stefan W.
    28. November 2012

    Angela Merkel bei der Ratsversammlung des Zentralrats der Juden:

    Die Auseinandersetzung über die Beschneidung gebe Anlass zum Nachdenken, was die Toleranz gegenüber Religionen betreffe. Neben dem Kindeswohl sei auch die Lebbarkeit religiöser Rituale ein hohes Gut.

    Sobald diese Floskel von der “Lebbarkeit der Religion” in der Welt war verbreitete sie sich wie ein Lauffeuer.

    Es werden nicht Rituale praktiziert, sondern gelebt. Diese Sprache kennt man von Esoterikern und religiösen Dogmatikern. Der Konflikt wird zum Leben aufgeblasen, um den Gegnern implizit anzuhängen, man wäre gegen jüdisches Leben.

    Sie sollen in ihre Moscheen gehen und ihre Synagogen. Sie sollen den Sabbat heiligen wenn sie wollen und nach Mekka pilgern. Sie sollen sich auch beschneiden lassen, wenn sie mit 18 noch wollen.

    Nur die Frage ob die Religion das Grundgesetz sticht, oder ob die gemeinsame Basis des Zusammenlebens das Grundgesetz ist, da gehen die Meinungen auseinander.

    Beim SWR2 fand ich übrigens eine Betrachtung des Rituals aus religionskritisch-historischer Sicht, die mir bislang noch gefehlt hat: https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/essay/-/id=659852/nid=659852/did=10480702/cr1p1c/index.html

    5 Stichpunkte nennt der Autor: Fruchtbarkeitsritus, Wiedergeburt, Opfer, Reinheit und Gruppenzwang. 18 kurze Seiten, gut lesbar.

  687. #689 Physiker
    28. November 2012

    @Balanus (25. November 2012):

    Andererseits gibt die medizinische Literatur, wie inzwischen alle wissen könnten, nichts her, womit man die routinemäßige Knabenbeschneidung rechtfertigen könnte.

    Kleine Anmerkung: Es gibt in der Fachliteratur durchaus Stimmen, die sich für eine routinemässige Beschneidung aussprechen – wenn Sie wollen, kann ich gerne nach diesen Publikationen suchen. Meiner Meinung nach bilden diese Artikel aber eine Minderheit (genauso wie diejenigen Artikel die die medizinischen Vorteile der Beschneidung komplett leugnen). Die grosse Mehrzahl der Fachartikel argumentiert für eine informierte und freie Entscheidung der Eltern, da die Vorteile die Nachteile überwiegen (aber eben nicht so belastbar, dass zur Beschneidung als Routinemassnahme geraten würde). N.B. selbst die AAP (2012) empfielt nicht die routinemässige Beschneidung (im Sinne von “bezieht dazu keine Stellung”).

  688. #690 Physiker
    28. November 2012

    Den Gesetzesvorschlag zur Regelung der Beschneidung findet man hier. Ich empfehle vor allem die ausführliche Begründung.
    Danke @s.s.t. für den Hinweis zum Volltext!

    @s.s.t.:
    Ich vermute Sie haben die subtile Kritik im – wie immer zu empfehlenden – Verfassungsblog nicht ganz verstanden. Der Hauptvorwurf ist nämlich der, dass das Versagen der Kölner Justiz nicht als solches benannt wurde. Ich kann das – auch hinsichtlicher der vorausgehenden Artikel im Verfassungsblog – gut verstehen. Andererseits sollte sich der Gesetzgeber mit Kritik an Urteilen in einem Rechtsstaat zurückhalten, weshalb ich die Begründung des Gesetzentwurfs für sehr gelungen (und diplomatisch) halte.

  689. #691 Physiker
    28. November 2012

    @s.s.t. (25. November 2012):

    Ja, blöd für Sie und für Ihre Mühe mit ihrem langen Artikel mit den ‘wundersamen’ Literaturstellen: Nichts davon ist in den Entwurf eingeflossen.

    Lesen Sie bitte die oben verlinkte Begründung zum Gesetzentwurf. Die Quellen aus denen ich zitiere und die im Gesetzesentwurf zitiert werden sind praktisch identisch.

    @Balanus (25. November 2012):

    Ich glaube, den meisten Abgeordneten ist gar nicht klar, welche weitreichenden rechtlichen und ethischen Konsequenzen das neue Gesetz hat.

    Das neue Gesetz ändert nichts, sondern stellt nur die Rechtssicherheit wieder her. Wenn nach Inkrafttreten des Gesetzes der medizinische Konsens in der Fachliteratur etabliert wäre, dass bei der Beschneidung die Nachteile die Vorteile überwiegen, dann wäre die Beschneidung nicht zum Wohl des Kindes und auch dem neuen Gesetz zufolge nicht erlaubt. Insofern halte ich den Gesetzesvorschlag für eine clevere Lösung, die den Ball wieder an die Justiz zurückspielt – wo er ja letztlich auch hingehört. Denn meiner Meinung nach ist das Bundesverfassungsgericht die Instanz, die genau solche Fragen zu klären hat, und nicht die Politik.

  690. #692 Balanus
    28. November 2012

    @Physiker /27. November 2012

    Danke für die ausführliche Replik.

    »Wie könnten Sie Entscheiden (Hervorhebung von mir), wenn Sie keine Wahl hätten und der Staat eine Beschneidung von Kindern de facto verbietet?«

    Das ist richtig, in die Verlegenheit, hier eine Entscheidung treffen zu müssen, käme ich nur, wenn Knabenbeschneidungen routinemäßig auf Wunsch durchgeführt würden.

    Aber mir ging es ja nur darum, ob mir ein beratender Arzt überzeugende Argumente für eine Knabenbeschneidung nennen könnte. Das ist ganz offensichtlich nicht der Fall, trotz AAP-Report.

    »Relevant ist aber die Risikoreduktion, die bei sachgemässem Kondomgebrauch bei ca. 80% liegt und bei der Beschneidung irgendwo zwischen 50% und 70%.«

    Ich fürchte, hier vergleichen Sie Zahlen, die so nicht verglichen werden können. Ein Kondom verhindert in mehr als 99 von 100 Fällen die Übertragung von HI- oder anderen Viren. Eine Beschneidung hingegen bietet offenbar keinen vergleichbar verlässlichen Schutz, — wie die Verbreitung von HI-Viren in den beschnittenen und unbeschnittenen Bevölkerungsteilen etlicher Länder zeigt. Das alles ist aber für die Knabenbeschneidung ohnehin irrelevant.

    »Der Punkt ist aber, dass es möglich sein muss, sich auch anders zu entscheiden und dass der Staat hier kein Recht hat andere Entscheidungen zu sanktionieren, die eine medizinische Option darstellen.«

    Selbst wenn es eine „medizinische Option“ wäre, was ja überwiegend bezweifelt wird, wäre das noch kein Argument für eine Beschneidung im Kindesalter. Im Gegenteil ist es ja so, dass bei unklarer Datenlage von schwerwiegenden, irreversiblen Eingriffen abgesehen werden muss. Das wird regelmäßig übersehen. Im Gesetzgebungsverfahren wird vielfach so argumentiert, dass aufgrund der Tatsache, dass es zum medizinischen Nutzen der Knabenbeschneidung unterschiedliche Meinungen gibt, die Beschneidung erlaubt sein müsse. Was für ein Unsinn.

    »Der Punkt ist aber, dass für eine routinemässige Empfehlung strengere Kriterien erfüllt sein müssen als einfach nur eine (geringfügig) positive Nutzen-/Schadens-Abwägung. Für eine routinemässige Empfehlung müssen z.B. alle Behandlungsalternativen inclusive ihrer Kosteneffektivität gegeneinander abgewogen werden.«

    Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Es geht doch darum, ob eine Vorhautamputation ohne bestehende Indikation generell einen späteren medizinischen Nutzen verspricht, der den Verlust der Vorhaut überwiegen kann. Im Einzelfall kann man das sowieso nicht wissen. Und die Meinung der Australier ist nun, dass eine Knabenbeschneidung nicht mit einer etablierten Schutzimpfung zu vergleichen ist, denn letztere wird als routinemäßigen Eingriff empfohlen.

    »Ansonsten würde auch der darauf folgende Satz keinen Sinn machen, der den Eltern die Entscheidung überlässt. Denn wie sollte man es verantworten, den Eltern eine Entscheidung zu überlassen, die dem Kind schadet?«

    Das frage ich mich auch, wie man das tun kann. Denn der Schaden (Verlust der sensiblen Vorhaut und die damit einhergehenden funktionalen und anatomischen Veränderungen des Genitals) ist ja nicht von der Hand zu weisen. Ich denke, hier spielt einfach die überkommene Tradition eine Rolle. So wie bei uns ja auch. Dass der Mann auch ohne Vorhaut ein glückliches Leben führen kann, ist ja unbestritten. Nur, man sollte es der betreffenden Person selbst überlassen, ob er lieber ohne oder lieber mit Vorhaut leben will.

    »Oder es liegt einfach nur an einer besseren Studienlage [dass die AAP zu einem anderen Schluss kommt].«

    Genau dafür gibt es, wie oben bereits ausgeführt, keine Anhaltspunkte. Wenn es wichtige neue Befunde gäbe, dann hätte man sie im AAP-Report auch besonders herausgestellt. Und die HIV-Studien betreffen erstens nicht die Knabenbeschneidung und sind zweitens aus methodischen Gründen ohnehin fragwürdig.

    Im Übrigen gehen die im Nachhinein stattfindenden Untersuchungen zum „Nutzen“ der Knabenbeschneidung völlig an dem Problem vorbei, dass man ohne jeden pathologischen Befund einen chirurgischen Eingriff, sprich eine Amputation, vornimmt. Um so etwas medizinisch und ethisch zu rechtfertigen, braucht es schon starke Gründe. Der Verweis auf einen möglichen Nutzen in der Zukunft ist da m. E. nicht hinreichend.

    »Cherry-Picking«

    Zu diesem Vorwurf, egal von welcher Seite, kann es nur kommen, weil das Kind schon in den Brunnen gefallen, also beschnitten worden ist. Gäbe es nicht die Beschneidung aus nicht-medizinischen Gründen, hätte man nicht nachträglich nach guten medizinischen Gründen suchen müssen.

    »Dr. Hartmann hat also Märchen erzählt.«

    Hartmann bezieht sich auf die zahlreichen nordeuropäische Ärzteverbände, die an der Antwort auf die AAP-Stellungname mitgewirkt haben. Das ist kein Märchen.

  691. #693 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom/beschneidung
    29. November 2012

    Bin ich eigentlich richtig unterrichtet wenn ich sage, dass die HIV-Infektionen in unseren Breiten (Hamburg, Berlin) v.a. Homosexuelle betrifft und Drogenabhängige, die das Spritzbesteck teilen, während in Afrika die Ansteckung v.a. über heterosexuelle, weibliche Prostituierte läuft? Auch das wegen der Übertragbarkeit von Erkenntnissen.

    Die These dass den beschnittenen Männern einfach der Sex verleidet wurde – ist das durch die Studie ausgeschlossen worden? Oder dass sich nur Menschen beschneiden ließen, die recht fromm waren, und vielleicht älter, und/oder weniger promiskuitiv aktiv? Das ist nicht die Studie, bei der anfangs die eine Gruppe beschnitten wurde, und die Kontrollgruppe nicht – sich dann die Beschnittenen erstmal keusch verhalten mussten, damit die Wunde verheilt, und wo dann die Studie abgebrochen wurde, als sich die Zahl der Infizierten anzugleichen begann?

  692. #694 Adent
    29. November 2012

    Ja eine solche Studie wird im geheiligten Morris-Review gern zweckentfremdet…

  693. #695 s.s.t.
    29. November 2012

    @Physiker

    Lesen Sie bitte die oben verlinkte Begründung zum Gesetzentwurf. Die Quellen aus denen ich zitiere und die im Gesetzesentwurf zitiert werden sind praktisch identisch.

    Wo?

    Entwurf eines Gesetzes über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes
    Vom …
    Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
    Artikel 1
    Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
    Nach § 1631c des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fas- sung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel … des Gesetzes vom … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird folgender § 1631d eingefügt:
    „§ 1631d Beschneidung des männlichen Kindes
    (1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht ein- sichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchge- führt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschnei- dung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kin- deswohl gefährdet wird.
    (2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.“
    Artikel 2
    Inkrafttreten
    Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft

    Auch in den einleitenden Worten hierzu (u.a. “B. Lösung”) findet sich nur:

    Vorgesehen ist, im Recht der elterlichen Sorge (§§ 1626 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB) klarzustellen, dass die Personensorge der Eltern grund- sätzlich auch das Recht umfasst, bei Einhaltung bestimmter Anforderungen in eine nicht medizinisch indizierte Beschneidung ihres nicht einsichts- und ur- teilsfähigen Sohnes einzuwilligen.

    In der ausführlichen Begründung (medizinischer Teil) liest man dann:

    Unter deutschen Medizinern besteht weitgehend Einigkeit, dass angesichts der guten hygienischen Situation in Deutschland eine prophylaktische routinemäßige Beschnei- dung Neugeborener nicht indiziert ist (vgl. Schramm u. a., a. a. O., 872; Stehr/Schuster/Dietz/Joppich, Klin Pädiatr 2001; 213:50 ff.). Im Übrigen gehen die Ansichten über die Frage, inwieweit die Beschneidung geeignet sein kann, Ri- sikofaktoren für die spätere Entstehung anderer Krankheiten auszuschalten, weit auseinander.

    https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/112/1711295.pdf
    Kein Wunder, dass im dem Gesetzentwurf ausschließlich von einer “nicht medizinisch indizierten Beschneidung” die Rede ist.

    Und auch der letzte Artikel im Verfassungsblog zu dieser Frage beschäftigt sich bezüglich der Motivation zur Beschneidung nahezu ausschließlich mit religiösen Aspekten.

    Wie ein Gesetz formuliert wird, bei dem es in der Tat um medizinische Aspekte geht, kann man mal bei einem Blick in das “Infektionsschutzgesetz” feststellen.

    Märchenonkel

  694. #696 Adent
    29. November 2012

    @Physiker

    Die grosse Mehrzahl der Fachartikel argumentiert für eine informierte und freie Entscheidung der Eltern,

    Das impliziert ja direkt, daß Eltern die einer Religionsgemeinschaft angehören, in der die Beschneidung unverzichtbar ist zwar eine informierte aber keine freie Entscheidung treffen können. Womit wir dann wieder bei dem eigentlichen Thema wären, darf die Religion das Grundgesetz ausser Kraft setzen.

  695. #697 Balanus
    29. November 2012

    @Physiker /28. November 2012

    »Das neue Gesetz ändert nichts, sondern stellt nur die Rechtssicherheit wieder her.«

    Das wird nach meinem Dafürhalten nur behauptet. Wohl um die Tragweite des neuen Gesetzes herunterzuspielen, oder um den Beschneidern das Gefühl zu geben, sie hätten nicht rechtswidrig gehandelt. Zumindest ist, so scheint’s, einem Nichtjuristen kaum zu vermitteln, wieso ein angeblich fehlerhaftes Urteil eines LG es erforderlich machen soll, „Rechtssicherheit“ durch eine Ergänzung und Erweiterung des bestehenden Gesetzestextes „wiederherzustellen“.

    »Wenn nach Inkrafttreten des Gesetzes der medizinische Konsens in der Fachliteratur etabliert wäre, dass bei der Beschneidung die Nachteile die Vorteile überwiegen, dann wäre die Beschneidung nicht zum Wohl des Kindes und auch dem neuen Gesetz zufolge nicht erlaubt.«

    Einen solchen Konsens wird es so schnell nicht geben. Schon deshalb nicht, weil Mediziner aus Beschneidungskulturen kaum plötzlich umschwenken und die Vorhaut als das sehen werden, was sie ist, ein funktionaler, für den Mann nützlicher Teil des Körpers, der hin und wieder auch mal Probleme bereiten kann.

    Und „Kindeswohl“ ist, wie wir inzwischen gelernt haben, ein höchst dehnbarer Begriff. So kann es schon genügen, wenn die Eltern vom medizinischen oder gesellschaftlichen Nutzen der Beschneidung überzeugt sind, um rechtlich eine Gefährdung des Kindeswohls auszuschließen.

    Ich halte es für bedenklich, dass dem Gesetzgeber die körperliche Integrität einer unmündigen Person nachrangig erscheint und dessen Rechte den Forderungen und Ansprüchen der Gesellschaft untergeordnet werden. Das ist eine ungute Entwicklung.

  696. #698 Balanus
    29. November 2012

    @Adent

    »Das impliziert ja direkt, daß Eltern die einer Religionsgemeinschaft angehören, in der die Beschneidung unverzichtbar ist zwar eine informierte aber keine freie Entscheidung treffen können.«

    Nun ja, man geht schon davon aus, dass der mündige Mensch freiwillig die Regeln seiner sozialen Gruppe befolgt. Nur dem Kind wird etwas gegen dessen Willen aufgezwungen.

    Aber die Aufklärung ist ein interessanter Punkt. In der ‚Stellungnahme Graf‘ des jüdischen Krankenhauses Berlin zum Gesetzentwurf (https://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/archiv/31_Beschneidung/04_Stellungnahmen/index.html) kann man nachlesen, was bislang an „Aufklärung“ für die „informierte Einwilligung“ erfolgte:

    – eine Information über die Art und Technik der geplanten Operation,
    – eine ausführliche Darstellung der Komplikationen, insbesondere der Nachblutungen bei Neugeborenen,
    – bei den älteren Jungen das Risiko einer Infektion.

    Also nichts über die natürliche Funktion der Vorhaut und die nachfolgenden physiologischen Veränderungen im Vergleich zum intakten Penis.

    Es ist wirklich frappierend zu sehen, wie fest die Vorstellung, bei der Vorhaut handele es sich um ein überflüssiges, beliebiges Stück Haut, bei den meisten orthodoxen Religionsvertretern verankert ist bzw. wie vehement diese Vorstellung verteidigt wird. Was wiederum verständlich ist, denn sonst müsste man sich ja eingestehen, man hätte durch die Beschneidung einen Verlust erlitten.

  697. #699 Physiker
    29. November 2012

    @Balanus (28. November 2012):

    Aber mir ging es ja nur darum, ob mir ein beratender Arzt überzeugende Argumente für eine Knabenbeschneidung nennen könnte. Das ist ganz offensichtlich nicht der Fall, trotz AAP-Report.

    Objektive Kriterien sind mir lieber.

    Ein Kondom verhindert in mehr als 99 von 100 Fällen die Übertragung von HI- oder anderen Viren. Eine Beschneidung hingegen bietet offenbar keinen vergleichbar verlässlichen Schutz, — wie die Verbreitung von HI-Viren in den beschnittenen und unbeschnittenen Bevölkerungsteilen etlicher Länder zeigt.

    Sie wiegen sich in falscher Sicherheit – keine Ahnung unter welchen Laborbedingungen es zu den von Ihnen behaupteten Zahlen kommt, tatsächliche Studien kommen zu anderen Ergebnissen: Hier ist ein Cochrane-Review (das non-plus-ultra in der Medizin), der die Risikoreduktion von 80% bestätigt. Wie gesagt, dass fällt grössenordnungsmässig in die gleiche Risikoreduktion wie die Beschneidung – mit dem Unterschied, dass man das Eine jedes Mal andwenden muss und das Andere eine Einmalmassnahme ist. Ausserdem sind beide Massnahmen auch z.T. komplementär – in einer Partnerschaft und bei Kinderwunsch wird ja durchaus auf das Kondom verzichtet, und gerade in einer festen Partnerschaft kommt es zu den meisten Ansteckungen mit HIV unter Heterosexuellen.

    Das alles ist aber für die Knabenbeschneidung ohnehin irrelevant.

    Warum? Ich habe bereits sehr viele Argumente vorgebracht, die dagegensprechen – bisher ist noch niemand darauf eingegangen. Schade.

    Selbst wenn es eine „medizinische Option“ wäre, was ja überwiegend bezweifelt wird,

    Die WHO schreibt dazu: “There is compelling evidence that male circumcision reduces the risk of heterosexually acquired HIV infection in men by approximately 60%.” Nur zur Info, “compelling” heisst auf deutsch “zwingend/überwältigend”. Und dementsprechend ist auch das Bild, das sich ergibt, wenn man eine Literatursuche macht: Unter Tausend Publikationen findet sich nur eine Handvoll, die das anzweifelt. Eine Antwort auf Boyle und Hill findet sich übrigens auch sofort. Die Situation ist zu dem speziellen Punkt genauso etabliert wie zum Klimawandel – was aber Nörgler nicht weiter davon abhalten wird Meinungsartikel zu schreiben.

    Im Gesetzgebungsverfahren wird vielfach so argumentiert, dass aufgrund der Tatsache, dass es zum medizinischen Nutzen der Knabenbeschneidung unterschiedliche Meinungen gibt, die Beschneidung erlaubt sein müsse. Was für ein Unsinn.

    Stimmt. Es gibt immer unterschiedliche Meinungen, deshalb kommt es meiner Meinung nach darauf an, wie die Mehrheitsverhältnisse (in der Fachliteratur) aussehen. Aber genau um diese Frage drückt sich ja Dr. Hartmann und Co. indem sie meinen, irgendwelche Kommentare (“In this commentary, a quite different view is presented […]”) die von vielen Ärzten unterschrieben würden, hätten irgendeine Beweiskraft. Zum “Nutzen” der Homöopathie liessen sich noch viel mehr Unterschriften sammeln – randomisierte Kontrollstudien wird das aber nicht ersetzen.

    »Der Punkt ist aber, dass für eine routinemässige Empfehlung strengere Kriterien erfüllt sein müssen als einfach nur eine (geringfügig) positive Nutzen-/Schadens-Abwägung. Für eine routinemässige Empfehlung müssen z.B. alle Behandlungsalternativen inclusive ihrer Kosteneffektivität gegeneinander abgewogen werden.«
    Das verstehe ich jetzt nicht ganz.

    Für die genauen Kritieren, ab wann eine Behandlung als Routineeingriff empfohlen werden kann, müssen Sie einen Arzt fragen (das ist wahrscheinlich auch noch von Land zu Land unterschiedlich). Ein Kriterium ist aber sicher, dass der Eingriff hinreichend billig sein muss. Darüber hinaus gibt es sicherlich noch weitere Kriterien. Deshalb kann man aus einer fehlenden Empfehlung (oder dem Abraten) von einen Routineeingriff nicht schliessen, dass die Vorteil-Nachteil-Abwägung zu Ungunsten des Patienten wäre. Leider drückt sich die Australische Ärztevereinigung um die Abwägung der medizinischen Vorteile gegen die Nachteile, führt darüberhinaus aber noch weitere soziokulturelle Vorteile/Nachteile an, die am besten von den Eltern beurteilt werden können. Ich empfehle Ihnen wirklich die Lektüre des Artikels.

    Nur, man sollte es der betreffenden Person selbst überlassen, ob er lieber ohne oder lieber mit Vorhaut leben will.

    Man könnte das bei vielen stellverstretenden Entscheidung der Eltern fordern und damit die elterliche Fürsorgepflicht beschneiden. Solange die Vorteil-Nachteil-Abwägung nicht klar negativ ausfällt, ist ein solcher staatlicher Eingriff laut Grundgesetz/Menschenrechte aber nicht zulässig.

    Wenn es wichtige neue Befunde gäbe, dann hätte man sie im AAP-Report auch besonders herausgestellt.

    Sorry, langsam gewinne ich den Eindruck, dass Sie kein einziges der diskutierten Dokumente gelesen haben, gibt es doch ein ganzes Kapitel im AAP-Report, dass durch den folgenden Satz eingeleitet wird “The most notable research contributions to the literature since 1995 are studies of […]”.

    Um so etwas medizinisch und ethisch zu rechtfertigen, braucht es schon starke Gründe. Der Verweis auf einen möglichen Nutzen in der Zukunft ist da m. E. nicht hinreichend.

    Ganz egal wie gross der mögliche Nutzen ist? Prophylaxe bedeutet nämlich genau das: ein möglicher Nutzen in der Zukunft. Und diesen Nutzen kann man mit Hilfe von Zahlen (NNTs) quantifizieren – warum gehen Sie nicht darauf ein?

    »Cherry-Picking«
    Zu diesem Vorwurf, egal von welcher Seite, kann es nur kommen, weil das Kind schon in den Brunnen gefallen, also beschnitten worden ist. Gäbe es nicht die Beschneidung aus nicht-medizinischen Gründen, hätte man nicht nachträglich nach guten medizinischen Gründen suchen müssen.

    Cherry-Picking ist ein wissenschaftliches Fehlverhalten, dass objektiv (und sogar ziemlich einfach) nachweisbar ist. Über Motivationen zu spekulieren, bringt uns in der Diskussion nicht weiter (und verleitet nur zu diskriminierenden Äusserungen).

    Hartmann bezieht sich auf die zahlreichen nordeuropäische Ärzteverbände, die an der Antwort auf die AAP-Stellungname mitgewirkt haben.

    Die zahlreichen nordeuropäischen Ärzteverbände tolerieren auch die Homöopathie. Man kann ruhig auch mal Autoritäten hinterfragen, besonders dann, wenn die WHO fundiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen gegenteiliger Ansicht ist und die Ärzteverbände gerade mal einen “Leserbrief” bzw. Kommentar zustande bringen. Nochmal: Wissenschaft stützt sich auf Reviews und nicht auf Meinungen; und in den Reviews ist die vorherrschende Auffassung, dass eine prophylaktische Beschneidung medizinisch von Vorteil ist.

  698. #700 Physiker
    29. November 2012

    @Stefan W.:
    Informationen zu HIV-Übertragungswege in Deutschland finden Sie auf der Webseite des Rober-Koch-Instituts.
    Die HIV-Studien in Afrika drehten sich um die Übertragung bei Heterosexuellen, insofern spielen die verschiedenen anderen Übertragungswege keine Rolle. Details gibts bei der WHO.

    Die These dass den beschnittenen Männern einfach der Sex verleidet wurde – ist das durch die Studie ausgeschlossen worden? Oder dass sich nur Menschen beschneiden ließen, die recht fromm waren, und vielleicht älter, und/oder weniger promiskuitiv aktiv? Das ist nicht die Studie, bei der anfangs die eine Gruppe beschnitten wurde, und die Kontrollgruppe nicht – sich dann die Beschnittenen erstmal keusch verhalten mussten, damit die Wunde verheilt, und wo dann die Studie abgebrochen wurde, als sich die Zahl der Infizierten anzugleichen begann?

    Laut WHO gibt es inzwischen knapp 50 Studien, einen systematischen Review und eine Metastudie zu dem Thema. Unter anderem Studien mit Erwachsenen-Beschneidung, Beschneidung in der Kindheit, Nachfolgestudien und auch Studien in anderen Ländern (u.a. auch USA) – da wurde mehr berücksichtigt als Sie sich vorstellen können.

  699. #701 Physiker
    29. November 2012

    @s.s.t.:
    Sie müssen schon die Begründung lesen – dort wird detailliert auf die medizinischen Aspekte der “medizinisch nicht erforderliche[n]” Beschneidung eingegangen. Die Bezeichnung “medizinisch nicht erforderlich” halte ich auch für verwirrend/irreführend – eigentlich gehören diese drei Worte gestrichen. Denn nur dann würde auch die dort genannte medizinische Begründung einen Sinn ergeben.

  700. #702 s.s.t.
    29. November 2012

    @Physiker

    In der Begründung wird auf vieles eingegangen, u.a. auch auf die Historie, die Gesetzeslage in anderen Ländern u.v.a.m., was primär für die Gesetzgebung hier kaum oder gar keine Relevanz hat. (Das Fazit bei dem Punkt Gesundheitliche Aspekte lautet übrigens: Nix genaues weiß man nicht, auf jeden Fall, was die BRD angeht.)

    Im Gesetzentwurf steht jedoch wortwörtlich, ebenso wie in den voran gestellten Bemerkungen, worum es geht: Es geht um die “medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes”, egal was Sie persönlich lieber hätten. Das sind nun mal die Fakten und das ist das, worüber im Bundestag beraten wird.

    Wenn Ihnen die Tatsachen nicht passen, suchen Sie sich doch eine andere Regierung oder konstruieren Sie sich besser gleich eine komplett andere Welt nach Ihrem Gusto, mit oder ohne Widewidewitt bum bum.

  701. #703 Anton
    29. November 2012

    Physiker hat schon recht, “medizinisch nicht erforderlich” ist unpräzise. Das ist nicht weiter schlimm, in jedem längeren Text kommen solche sprachlichen Schludrigkeiten vor. Korrekt wäre natürlich, “nicht-therapeutisch” zu schreiben. Damit sind einerseits die Akutindikationen wie Phimose uws. ausgeklammert und alle übrigen Gründe, seien sie nun prophylaktisch, religiös oder kultureller Natur, inbegriffen.

  702. #704 Balanus
    30. November 2012

    @Physiker / 29. November 2012

    »Sie wiegen sich in falscher Sicherheit – keine Ahnung unter welchen Laborbedingungen es zu den von Ihnen behaupteten Zahlen kommt, tatsächliche Studien kommen zu anderen Ergebnissen: Hier ist ein Cochrane-Review (das non-plus-ultra in der Medizin), der die Risikoreduktion von 80% bestätigt.«

    Genau auf die hatte ich mich bezogen. Die 80% aus dem Cochrane-Review basieren auf Schätzungen der HIV-Inzidenzen per 100 Personenjahre. Die afrikanischen HIV-Studien basieren auf den beobachteten Inzidenzen während zwei Jahren. Ich bin mir nicht sicher, aber das scheint mir ein wesentlicher Unterschied zu sein.

    Wenn Risiko-Reduktion durch Beschneidung wirklich vergleichbar wäre mit der Risiko-Reduktion durch Kondombenutzung, also 80% vs. 60%, dann müsste global gesehen in den beschnittenen Bevölkerungsteilen die HIV-Inzidenz bzw. Prävalenz deutlich geringer sein als in der intakten Bevölkerung. Das ist aber nicht der Fall.

    » Das alles ist aber für die Knabenbeschneidung ohnehin irrelevant.

    Warum? Ich habe bereits sehr viele Argumente vorgebracht, die dagegensprechen – bisher ist noch niemand darauf eingegangen. Schade.«

    Ich habe doch weiter oben schon ausgeführt, dass Säuglinge und Knaben keinen Geschlechtsverkehr haben. Deshalb verbietet sich die Amputation der gesunden Vorhaut aus Gründen eines (unzureichenden/fraglichen) HIV-Infektionsschutzes – schon aus rein medizinethischen Gründen. Das ist nicht verhandelbar, auch nicht mit dem Hinweis, dass man Säuglingen die Vorhaut leichter amputieren kann als Jugendlichen oder Erwachsenen.

    » Selbst wenn es eine „medizinische Option“ wäre, was ja überwiegend bezweifelt wird,

    Die WHO schreibt dazu: “There is compelling evidence that male circumcision reduces the risk of heterosexually acquired HIV infection in men by approximately 60%.”«

    Nein, ich sprach vom (hierzulande) allgemein bezweifelten überwiegenden Nutzen der Knabenbeschneidung in Bezug auf eine anstehende Entscheidung der Eltern für oder gegen die Beschneidung. Dazu schreibt die WHO meines Wissens nichts.

    »Aber genau um diese Frage [Mehrheitsverhältnisse in der Fachliteratur] drückt sich ja Dr. Hartmann und Co. indem sie meinen, irgendwelche Kommentare (“In this commentary, a quite different view is presented […]“) die von vielen Ärzten unterschrieben würden, hätten irgendeine Beweiskraft.«

    Bis zum Beweis des Gegenteils dürfen wir davon ausgehen, dass die Vertreter der europäischen Ärzteverbände die relevante Fachliteratur ebenso gut kennen wie die der AAP. Und für eine kritische Kommentierung ist es absolut nicht notwendig, sämtliche Studien ein zweites Mal zu referieren. Was wäre damit auch gewonnen?

    »Für die genauen Kritieren, ab wann eine Behandlung als Routineeingriff empfohlen werden kann, müssen Sie einen Arzt fragen […]. Ein Kriterium ist aber sicher, dass der Eingriff hinreichend billig sein muss.«

    Geld spielt sicher auch eine Rolle, aber bei der Knabenbeschneidung dürften die Kosten nicht ausschlaggebend sein. Ich bin mir auch nicht sicher, ob bei einer Empfehlung zur routinemäßigen Beschneidung (aus prophylaktischen Gründen) die Krankenversicherungen automatisch in der Pflicht wären (ich glaube, Messungen des Augeninnendrucks werden auch empfohlen, deren Kosten aber dennoch nicht erstattet).

    Dass die Australier trotz fehlender (überwiegender) medizinischer Vorteile der Knabenbeschneidung die Entscheidung den Eltern überlassen will, hat in der Tat soziokulturelle Gründe. Zum einen ist tatsächlich zu befürchten, dass nicht wenige Eltern ein Problem damit hätten, wenn ihr Sohn nicht beschnitten wäre. Zum anderen gibt es immer noch die Vorstellung vor, Kinder müssten geformt und der Gesellschaft angepasst werden, so als seien sie keine autonomen Individuen, die sich die Welt eigenständig erobern.

    »Man könnte das bei vielen stellverstretenden Entscheidung der Eltern fordern und damit die elterliche Fürsorgepflicht beschneiden.«

    Bei der Mädchenbeschneidung pfeift der Gesetzgeber auf die Entscheidungsfreiheit der Eltern, und zwar unabhängig vom Schweregrad des Eingriffs. Aber ist ja klar, da werden auch keine medizinischen Vorteile diskutiert.

    »Solange die Vorteil-Nachteil-Abwägung nicht klar negativ ausfällt, ist ein solcher staatlicher Eingriff laut Grundgesetz/Menschenrechte aber nicht zulässig.«

    Jenseits der AAP ist die Vorteil-Nachteil-Abwägung immerhin zuungunsten der routinemäßigen Beschneidung ausgefallen.

    »Sorry, langsam gewinne ich den Eindruck, dass Sie kein einziges der diskutierten Dokumente gelesen haben, gibt es doch ein ganzes Kapitel im AAP-Report, dass durch den folgenden Satz eingeleitet wird “The most notable research contributions to the literature since 1995 are studies of […]“.«

    Und wenn schon, Fakt ist, dass die AAP in ihrem Policy Statement als Quintessenz folgendes herausstreicht:

    Benefits include significant reductions in the risk of urinary tract infection in the first year of life and, subsequently, in the risk of heterosexual acquisition of HIV and the transmission of other sexually transmitted infections.

    Das ist, bis auf die HIV-Geschichte, nichts Neues, allenfalls besser statistisch gesichert.

    »Prophylaxe bedeutet nämlich genau das: ein möglicher Nutzen in der Zukunft. Und diesen Nutzen kann man mit Hilfe von Zahlen (NNTs) quantifizieren – warum gehen Sie nicht darauf ein?«

    Das Problem ist, dass hierzu die Amputation eines gesunden, für viele Menschen wichtigen Körperteils durchgeführt werden muss. Bei Impfungen ist das nicht der Fall. Damit entfallen derartige Berechnungen schon aus rein medizinethischen Gründen, meiner Meinung nach.

    »Man kann ruhig auch mal Autoritäten hinterfragen, besonders dann, wenn die WHO fundiert…«

    Ich hinterfrage die Autorität der WHO in dieser Frage. Wer bietet mehr?


    Am Rande bemerkt: Die Verweise auf Klimawandelskeptiker und Homöopathie-Verfechter sind hier fehl am Platze.

  703. #705 Physiker
    30. November 2012

    @Balanus:

    Genau auf die hatte ich mich bezogen. Die 80% aus dem Cochrane-Review basieren auf Schätzungen der HIV-Inzidenzen per 100 Personenjahre. Die afrikanischen HIV-Studien basieren auf den beobachteten Inzidenzen während zwei Jahren. Ich bin mir nicht sicher, aber das scheint mir ein wesentlicher Unterschied zu sein.

    Das kann man einfach ineinander Umrechen: Multiplizieren Sie einfach die zwei Jahre mit der Anzahl der Teilnehmer und sie erhalten ebenfalls HIV-Inzidenzen per Personenjahre – für die Ermittlung der Risikoreduktion spielen die verwendeten Einheiten keine Rolle, da die Risikoreduktion dimensionslos ist.

    Wenn Risiko-Reduktion durch Beschneidung wirklich vergleichbar wäre mit der Risiko-Reduktion durch Kondombenutzung, also 80% vs. 60%, dann müsste global gesehen in den beschnittenen Bevölkerungsteilen die HIV-Inzidenz bzw. Prävalenz deutlich geringer sein als in der intakten Bevölkerung. Das ist aber nicht der Fall.

    Doch das ist sehrwohl der Fall: sehen sie mal auf die Abb. 1 und 2 in diesem WHO Dokument. Es gibt nur noch Cranks, die das bezweifeln, oder nochmal in den Worten der WHO: “In 2007, UNAIDS and WHO concluded that the efficacy of male circumcision in reducing female to male transmission of HIV had been proved beyond reasonable doubt.”

    Ich habe doch weiter oben schon ausgeführt, dass Säuglinge und Knaben keinen Geschlechtsverkehr haben. Deshalb verbietet sich die Amputation der gesunden Vorhaut aus Gründen eines (unzureichenden/fraglichen) HIV-Infektionsschutzes – schon aus rein medizinethischen Gründen. Das ist nicht verhandelbar, auch nicht mit dem Hinweis, dass man Säuglingen die Vorhaut leichter amputieren kann als Jugendlichen oder Erwachsenen.

    Das ist reiner Dogmatismus (Hervorhebung von mir). Die Beschneidung bietet nämlich gerade während der Kindheit medizinische Vorteile (Vermeidung von Phimosen und Harnwegsinfektionen) und ist in der Kindheit mit deutlich weniger Nebenwirkungen und Unannehmlichkeiten verbunden. Und warum Eltern das nicht zum Anlass nehmen dürfen um dem Kind auch noch eine Zukunft mit deutlich weniger Geschlechtskrankheiten zu ermöglichen, haben Sie auch noch nicht schlüssig begründet.

    Bis zum Beweis des Gegenteils dürfen wir davon ausgehen, dass die Vertreter der europäischen Ärzteverbände die relevante Fachliteratur ebenso gut kennen wie die der AAP. Und für eine kritische Kommentierung ist es absolut nicht notwendig, sämtliche Studien ein zweites Mal zu referieren. Was wäre damit auch gewonnen?

    Also ist auch der IPCC falsch, wenn ich eine kritische Kommentierung finde (und glauben Sie mir: ich finde kritische Kommentierungen die von deutlich mehr Wissenschaftler unterzeichnet sind als das präsentierte Abstract)? Wissenschaft funktionniert nicht über Kommentare und blindes Vertrauen in die Kompetenz.

    Geld spielt sicher auch eine Rolle, […]

    Das ist nicht der Punkt. Ich kritisiere, dass Sie in Ihrer Argumentation immer noch das Abraten von einer Routinemassnahme mit einer negativen Aussage zum Nutzen-/Schadens-Verhältnis verbinden.

    Bei der Mädchenbeschneidung pfeift der Gesetzgeber auf die Entscheidungsfreiheit der Eltern, und zwar unabhängig vom Schweregrad des Eingriffs. Aber ist ja klar, da werden auch keine medizinischen Vorteile diskutiert.

    Lesen Sie mal Abschnitt “IV. Abgrenzung von der Verstümmelung weiblicher Genitalien” im verlinkten Gesetzentwurf zur Beschneidung. Die Argumentation geht dort ausschliesslich über die fehlenden medizinischen Vorteile und gravierenden Nachteile: “Die Genitalverstümmelung ist mit keinerlei medizinischen Vorteilen verbunden, es besteht aber die Gefahr schwerwiegender Gesundheitsrisiken und weitreichender Folgen.” Sie liegen mit Ihrer Vermutung also komplett falsch. Der Gesetzgeber argumentiert ganz genauso wie ich – alles andere wäre auch sehr verwunderlich, schliesslich gehen wir ja alle von der Verfassung aus.

    Jenseits der AAP ist die Vorteil-Nachteil-Abwägung immerhin zuungunsten der routinemäßigen Beschneidung ausgefallen.

    Nein. Wie gesagt die AUA spricht sich auch für die routinemässige Beschneidung aus und die WHO (unter bestimmten Rahmenbedingungen) ebenfalls. Die Vorteil-Nachteil-Abwägung wird in vielen Stellungnahmen den Eltern überlassen. Die medizinischen Fakten sind aber eindeutig und sprechen für sich. Wenn die Komplikationsrate laut WHO nur 1:500 beträgt (und das zum grössten Teil auch noch leicht behebbare Komplikationen sind), und dem Vorteile z.B. bei den vermiedenen Harnwegsinfektionen (alleine in der Kindheit) von 1:100 gegenüberstehen, dann wiegt bereits dieser medizinische Vorteil für sich alleine genommen die Nachteile auf. Vergleichen Sie doch endlich mal die von der Fachliteratur ermittelten NNTs.

    Das ist, bis auf die HIV-Geschichte, nichts Neues, allenfalls besser statistisch gesichert.

    Dass Unsicherheiten reduziert werden müssen, um Empfehlungen herauszugeben, haben Sie doch in einem vorausgehenden Kommentar extra betont (“Im Gegenteil ist es ja so, dass bei unklarer Datenlage von schwerwiegenden, irreversiblen Eingriffen abgesehen werden muss.”). Und wenn laut AAP-Report die Beschneidungsempfehlung schon alleine auf die HIV-Risikoreduktion begründet werden kann, dann ist das sehrwohl neu. Das was Sie schreiben ist widersprüchlich.

    Das Problem ist, dass hierzu die Amputation eines gesunden, für viele Menschen wichtigen Körperteils durchgeführt werden muss. Bei Impfungen ist das nicht der Fall. Damit entfallen derartige Berechnungen schon aus rein medizinethischen Gründen, meiner Meinung nach.

    Wenn das Entfernen eines Körperteils (z.B. Blinddarm, Polypen, Mandeln, Weisheitszähne, Tumore, Leberflecken, Warzen, etc.) grundsätzlich anders beurteilt werden müsste als Medikamentengaben dann nennen Sie mir doch die Kriterien. Ansonsten wäre eine solche Argumentation eine Bankrotterklärung der evidenzbasierten Medizin.
    Wenn Sie den oben in meinem Gastbeitrag verlinkten Artikel in der Ärztezeitung lesen, dann werden Sie feststellen, dass es eine solche von Ihnen vermutete Unterscheidung nicht gibt – selbst das Haareschneiden wird als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit nach genau den gleichen Kriterien beurteilt wie eine hochriskante Operation. Und ich finde das auch ganz gut so, denn sonst wäre man in der absurden Situation Körperteilen einen Wert zuweisen zu müssen (etwa. ein Weisheitszahn ist soviel Wert wie zwei Rachenmandeln und ein halber Nasenpolyp).

    Ich hinterfrage die Autorität der WHO in dieser Frage.

    Und sind dabei auch noch stolz darauf, vorher keinen Blick in die Fachliteratur geworfen zu haben (“Und wenn schon […]”). Na toll. Sie haben Recht – der Verweis auf die Klimaskeptiker war unangebracht – die schauen sich wenigstens vorher die Literatur (wenn auch nur ausschnittsweise) an.

  704. #706 Evchen
    Eltville
    30. November 2012

    Verzeihung, aber Morris Studie als valide zu bezeichnen ist außerordentlich mutig. Morris hat einen Fetisch und das ist die Beschneidung. Auf seiner Seite circinfo.net bildet er einen Säugling in fieser sexistischer Pose ab, dessen Penis in einem Bleistiftspitzer steckt. Und seine Organisation, die Gilgal Society veröffentlichte folgendes Buch:

    https://www.circleaks.org/images/d/d6/Gilgal_porn.pdf

    https://web.archive.org/web/20110518091524/https://www.circinfo.net/pdfs/GFP-ENAU.pdf

    Was wird wohl herauskommen, wenn so einer ein Review über Beschneidung schreibt.

  705. #707 Evchen
    Eltville
    30. November 2012

    Gegen HPV wird übrigens neuerdings geimpft, so daß – wenn ein Schutz gewünscht wird – die Beschneidung ‘gegen Peniskrebs’ sich erübrigt. Und Harnwegsinfektionen sind vor allem bei Säuglingsbeschneidungen bei Jungs häufiger als sie üblicherweise bei Mädchen vorkommen:

    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20929075

    Im Gegensatz zu den Harnwegsinfekten bei älteren Kindern, sind Harnwegsinfekte bei Säuglingen sehr kritisch, weil sie oft viel zu spät entdeckt werden und die Infektion sehr schnell die Niere angreift. Spätere unkomplizierte Harnwegsinfekte sind bei Jungen ausgesprochen selten und so ziemlich die am einfachsten und billigsten bekämpfbare bakterielle Infektion auf diesem Planeten. Es mag vielleicht sinnvoll sein, die in Afrika zu vermeiden – wo es einen schlechteren Zugang zu Ärzten gibt – aber ganz bestimmt nicht in einem westlichen Land.

  706. #708 Steve
    30. November 2012

    Diese ad hominems, wie eben gegen Dr. Morris, kann man zur Kenntnis nehmen, wichtiger aber bleibt die nüchterne Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen Gehalt.

    Im übrigen sitzt die Gegenseite — die Aktivisten gegen Beschneidung — im Glashaus und wirft mit Steinen. Auf einem anderen Thread hier auf SB wurden bereits die “Studien”, die immer wieder von den Aktivisten wie Monstranzen ins Feld geführt werden, als Humbug entlarvt (am krassesten Herr (kein Dr.) Dan Bollinger, aber es gab noch weitere Beispiele). Selbst die qualitativ beste (nach formalen Kriterien beurteilt) und neueste von den Aktivisten angeführte Studie hat so ihre Merkwürdigkeiten.

    Also Vorsicht mit diesem Schwert, es ist zweischneidig.

  707. #709 Balanus
    30. November 2012

    Dies ist ein Test, um zu schauen, ob die Kommentarfunktion noch funktioniert.

  708. #710 Balanus
    30. November 2012

    Ah ja, funktioniert noch. Ist mein Kommentar im Spam-Filter hängen geblieben? Oder gibt es eine Längenbegrenzung?

  709. #711 s.s.t.
    1. Dezember 2012

    Halten wir doch mal ein paar Fakten fest:

    – Im aktuellen Gesetzentwurf wird ausdrücklich betont, dass es sich um eine “nicht medizinisch indizierte Beschneidung” handelt, und es spielt absolut keine Rolex, wenn sich ein paar Realitätsverweigerer ein paar Worte wegwünschen.

    – Mal angenommen, eine Beschneidung wäre in der Tat eine prophylaktische Maßnahme, so spielt für das (Klein-)Kind bestenfalls die Indikation “Harnwegswegsinfektion” ein Rolle. Harnwegsinfektionen sind üblicherweise gut behandelbar und verlangen grundsätzlich keinen chirurgischen Eingriff. Weiterhin sind davon mehr Frauen als Männer betroffen, evtl. würde ja eine w-Beschneidung Abhilfe schaffen (wo ist da die AAP, wenn man sie mal braucht?)

    – Nebenwirkungen Wie bei jedem Eingriff gibt es Nebenwirkungen. Mir pers. ist jemand bekannt, der seitdem nur noch dicke Wollunterhosen tragen kann (+ weitere pers. Details). Eine Anekdote, ach, aber eben eine Anekdote, die eben genauso beweist , dass es Nebenwirkungen gibt.

    – Die gesundheitlichen Vorteile einer Beschneidung sind, vorsichtig ausgedrückt, hier bestenfalls umstritten. Dass die Beschneidung auch massive Probleme mit sich bringen kann, wird von Ihnen, @Physiker, komplett ausgeblendet. Realitätsverweigerer und Märchenonkel trifft auf Sie bedauerlicherweise perfekt zu.

    Nein, das vorgeschlagene Gesetz hat nix mit Medizin am Hut, sondern nur mit Religion, wie es auch in den Medien und den diversen Blogs (inklusive Verfassungsblog) klar erkannt wurde. Sie sind nun mal der Geisterfahrer und nicht die Tausende, die Ihnen entgekommen.

    Und eben genau deswegen, weil keine sinnvolle med. Ind. existiert, spielt sie im Entwurf keine Rolle. Denn wäre sie vorhanden, wäre es ein gutes Argument Pro-Beschneidung.

    – Zusammenfassung: Sie haben keinen Dunst von Jura, keinen Dunst von Medizin, keinen von Gesetzgebung, aber geben ihren Senf gerne zu allen Themen bei. Na ja, suum cuique.

    Nun, man findet immer mal wieder nützliche Idioten, wie @Christian Reinboth, die solchem Dummfug gerne ein Podium einräumen.

  710. #712 Balanus
    1. Dezember 2012

    @Physiker (30. November 2012)

    »Das ist reiner Dogmatismus […] Die Beschneidung bietet nämlich gerade während der Kindheit medizinische Vorteile […]. Und warum Eltern das nicht zum Anlass nehmen dürfen um dem Kind auch noch eine Zukunft mit deutlich weniger Geschlechtskrankheiten zu ermöglichen, haben Sie auch noch nicht schlüssig begründet.«

    Ich hätte gedacht, das sei inzwischen klar geworden:

    Ich handele da nach dem Motto: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg‘ auch keinem andern zu (man stelle sich vor, meine Eltern hätten mich meiner Vorhaut beraubt, nicht auszudenken…brrr).

    Eltern haben m. E. nicht das Recht, solche weitreichenden Entscheidungen für das Kind zu treffen. Es ist der Respekt vor dem anderen Leben. Mit mir darf ich machen, was ich will, aber das Kind ist eine eigenständige Person, die so heranwachsen darf, wie die Natur es vorgesehen hat – mit allen seinen Körperteilen (und nein, das ist kein naturalistischer Fehlschluss). Eine Amputation ist keine Impfung. Es mag sein, dass Sie das nicht als schlüssig empfinden, aber so abwegig ist meine Haltung in dieser Frage nun auch wieder nicht, wenn man sich die Empfehlungen diverser Ärzteverbände ansieht.

  711. #713 Balanus
    1. Dezember 2012

    @Physiker (30. November 2012)

    Ad Risiko-Reduktion:

    »Das kann man einfach ineinander Umrechen:«

    Bleibt immer noch, dass es sich in dem einen Fall um epidemiologische Erhebungen handelt (Kondome), im anderen Fall (Zirkumzision) aber um Beobachtungen aus drei klinische Studien. Wenn die Quelle der Daten unterschiedlich ist, ist beim Vergleichen Vorsicht angebracht.

    Das Kondom, so heißt es, verhindert in rund 99% der Anwendungen eine Übertragung von HIV (Primärquelle unbekannt). Wären es nur 80%, wenn also bei einer von fünf Anwendungen das Virus übertragen würde, dann wäre die gesamte Anti-AIDS-Kampagne doch höchst fragwürdig.

    Ich vermute mal, die genannten 80% ergeben sich aus dem Umstand, dass es auch andere Übertragungswege für HIV gibt.

  712. #714 Balanus
    1. Dezember 2012

    @Physiker (30. November 2012)

    Ad HIV-Prävalenz:

    »Doch das ist sehrwohl der Fall [in den beschnittenen Bevölkerungsteilen die HIV-Inzidenz bzw. Prävalenz deutlich geringer als in der intakten Bevölkerung]: sehen sie mal auf die Abb. 1 und 2 in diesem WHO Dokument. Es gibt nur noch Cranks, die das bezweifeln, oder nochmal in den Worten der WHO: “In 2007, UNAIDS and WHO concluded that the efficacy of male circumcision in reducing female to male transmission of HIV had been proved beyond reasonable doubt.”«

    Und wie erklärt es sich, dass laut dem UNAID Report 2009 in 10 von 18 Ländern die HIV-Prävalenz in der beschnittenen Bevölkerungsgruppe höher war oder ist als in der intakten? (Ab Seite 109 im 138-seitigen Bericht)

    Irgendwie ist die Lage unübersichtlich.

  713. #715 Balanus
    1. Dezember 2012

    @Physiker / 30. November 2012

    »Also ist auch der IPCC falsch, wenn ich eine kritische Kommentierung finde…«

    Nochmal: Im AAP-Report sind sicherlich viele gute Studien neben weniger guten bis schlechten aufgeführt. Von der Gesamtschau all dieser Studien bis zu der AAP-Stellungnahme ist es aber ein großer Schritt, will sagen, die Stellungnahme der AAP ist keineswegs zwingend. Ich weiß, dass Sie und viele andere das anders sehen, sei’s drum, ist wohl nicht zu ändern.

    » Geld spielt sicher auch eine Rolle, […]

    Das ist nicht der Punkt. Ich kritisiere, dass Sie in Ihrer Argumentation immer noch das Abraten von einer Routinemassnahme mit einer negativen Aussage zum Nutzen-/Schadens-Verhältnis verbinden.«

    Dann geben Sie doch mal einen Tipp, was sonst der Grund sein könnte, von einer routinemäßigen Beschneidung abzuraten. Wenn die männliche Bevölkerung von einer bestimmten Maßnahme unterm Strich profitieren würde, wäre es doch verrückt, auf diese Maßnahme zu verzichten.

    »Lesen Sie mal Abschnitt “IV. Abgrenzung von der Verstümmelung weiblicher Genitalien” im verlinkten Gesetzentwurf zur Beschneidung. Die Argumentation geht dort ausschliesslich über die fehlenden medizinischen Vorteile und gravierenden Nachteile:«

    Auch dieser Text ist mir bereits bekannt, und genau das habe ich gemeint: es werden keine medizinischen Vorteile diskutiert, was heißt, es gibt kaum jemanden, der bezüglich der Mädchenbeschneidung medizinische Vorteile behauptet. Sie haben mich da einfach missverstanden.

    »…dann wiegt bereits dieser medizinische Vorteil für sich alleine genommen die Nachteile auf. Vergleichen Sie doch endlich mal die von der Fachliteratur ermittelten NNTs.«

    Frage: Wie viel ist denn in diesen Berechnungen eine intakte, funktionsfähige, hochsensible Vorhaut wert? (Vermutlich nicht viel, oder?)

    »Und wenn laut AAP-Report die Beschneidungsempfehlung schon alleine auf die HIV-Risikoreduktion begründet werden kann, dann ist das sehrwohl neu.«

    Das habe ich nie bestritten, dass das was Neues war im letzten AAP-Statement. Der neue Befund verleitete aber zu einer falschen Schlussfolgerung.

    »Wenn das Entfernen eines Körperteils (z.B. Blinddarm, Polypen, Mandeln, Weisheitszähne, Tumore, Leberflecken, Warzen, etc.) grundsätzlich anders beurteilt werden müsste als Medikamentengaben dann nennen Sie mir doch die Kriterien.«

    Jeder Eingriff in den Körper zu Therapiezwecken muss so erfolgen, dass möglichst wenig Schaden angerichtet wird. Da kann mal das Medikament, mal der chirurgische Eingriff die bessere Wahl sein. Hier hilft eine Nutzen-Risiko-Analyse, dafür gibt es sie, wenn eben therapeutische Maßnahmen erforderlich sind.

    Die routinemäßige Knabenbeschneidung ist aber per Definition nicht-therapeutisch. Ergo gibt es auch keine Veranlassung, für diesen chirurgischen Eingriff eine solche Nutzen-Risiko-Abwägung vorzunehmen. Kein pathologischer Befund, keine Nutzen-Risiko-Analyse – so einfach ist das.

    Der einzig mögliche Vergleich ist eine Impfung. Und da stellt sich eben die Frage, wie hoch wir den Wert der Vorhaut bemessen wollen. Schwierig, schwierig…

    (Wir sollten aufpassen, dass wir nicht in eine Endlosschleife geraten… 😉 )

  714. #716 Balanus
    1. Dezember 2012

    @s.s.t. (01.12.12)

    »Halten wir doch mal ein paar Fakten fest:

    – Im aktuellen Gesetzentwurf wird ausdrücklich betont, dass es sich um eine “nicht medizinisch indizierte Beschneidung” handelt, […]«

    Völlig richtig. „Nicht medizinisch indiziert“ heißt vor allem, dass kein pathologischer Befund, keine Erkrankung vorliegt. Dennoch könnten medizinische Gründe für eine medizinisch nicht indizierte Beschneidung sprechen, etwa zur Prophylaxe.

    Deshalb kann man m.E. den medizinischen Aspekt bei dieser Geschichte nicht einfach beiseite wischen, er ist gewissermaßen Teil des nicht sichtbaren Fundaments des Gesetzentwurfs. Und es ist ein unsicheres, schwaches Fundament, keine Frage. Gleichwohl könnte es tragen und auch vor dem BVG Bestand haben.

  715. #717 s.s.t.
    2. Dezember 2012

    @Balanus

    Dennoch könnten medizinische Gründe für eine medizinisch nicht indizierte Beschneidung sprechen, etwa zur Prophylaxe.

    Nein,
    denn dann hätten sie Erwähnung gefunden, wenigstens in der ausführlichen Begründung zum Gesetzestext. Doch da steht bestenfalls nur ‘was Genaues weiß man nicht.’

    Desweiteren würden rein prophylaktische Maßnahmen ebenfalls eine Indikation verlangen, um rechtlich in diesem Sinne überhaupt zulässig zu sein. Rechtlich fragwürdig wird es vor allem dann, wenn sich der potentielle Nutzen auf Dritte bezieht. Ferner wird es fragwürdig, wenn der angebliche Nutzen im wesentlichen erst nach der Pupertät zum tragen kommt.

    Selbst für prophylaktische Maßnahmen, wie Impfungen, die zweifelsfrei auch dem jeweiligen Individuum von Nutzen sind und die nahezu nebenwirkungsfrei (im Gegensatz zur Beschneidung) sind, besteht keine (elterliche) Verpflichtung.

    Das Gesetz ist eindeutig auf die religösen Bedürfnisse von Juden und Moslems zugeschnitten worden. Das BVerfG, sofern es sich überhaupt damit beschäftigt, wird sich hüten auf strittige medizinische Fragen einzugehen; es wird höchstens die Frage entscheiden, ob die m-Beschneidung vom elterlichen Sorgerecht gedeckt ist oder nicht.

  716. #718 s.s.t.
    2. Dezember 2012

    Zum xyz-ten Male: Hätte die m-Beschneidung einen medizinischen Nutzen, einen, der über irgendetwas von 3,4% vs. 2,8% hinausgeht und einen, der nicht von hygienischen Maßnahmen bzw. von nicht invasiven Eingriffen (Kondom) gleich gut (oder besser) hinausgeht, wäre das in der Tat ein sehr gutes Argument pro m-Beschneidung.

    Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so.

    Die Fachleute, dt. Kinderärzte, lehnen die (prophylaktische) Beschneidung nahezu unisono ab (Nicht-Fachleute fordern sie).

    Die christlichen Kirchen fordern das Recht auf Verstümmelung. Ein Schelm…

    An alle, die sich gerne im gleichen Boot befinden, wie Broder und Schwarzer.

  717. #719 Balanus
    2. Dezember 2012

    @s.s.t. (02.12.12)

    » Dennoch könnten medizinische Gründe für eine
    medizinisch nicht indizierte Beschneidung sprechen,
    etwa zur Prophylaxe.

    Nein,
    denn dann hätten sie Erwähnung gefunden, wenigstens in der ausführlichen Begründung zum Gesetzestext.
    «

    Ich schrieb „könnten“! Rein theoretisch, Sie verstehen?

    »Desweiteren würden rein prophylaktische Maßnahmen ebenfalls eine Indikation verlangen, […]«

    Nein!

    Der Einfachheit halber zitiere ich mal Wikipedia:

    Der medizinische Begriff Indikation (Syn. Heilanzeige) leitet sich von lateinisch indicare (= ‚anzeigen‘) ab. Er steht grundsätzlich dafür, welche medizinische Maßnahme bei einem bestimmten Krankheitsbild angebracht ist und zum Einsatz kommen soll: Bei Krankheitsbild ‚X‘ ist das Heilverfahren ‚Y‘ indiziert, also angebracht.

    Bei einer rein prophylaktischen Maßnahme liegt also kein bestimmtes Krankheitsbild vor. Also gibt es auch keine Indikation.

    Das alles hat nix mit der Knabenbeschneidung zu tun.

  718. #720 s.s.t.
    2. Dezember 2012

    @Balanus

    Ich schrieb „könnten“! Rein theoretisch, Sie verstehen?

    Ich hatte verstanden und daher auch begründet, warum das BVerfG noch nicht einmal werden “könnte”, und eben nicht einmal theoretisch.

    Wenn Sie Probleme mit dem Wort “Indikation” haben, ersetzen Sie es einfach durch “Grund/Begründung”. Im übrigen gibt es, auch rein medizinisch gesehen, die soziale Indikation, und eben genau diese liegt dem aktuellen Gesetzentwurf zugrunde. Von mir aus kann man das Ganze auch unter “Prävention” laufen lassen, was aber nichts daran ändert, dass auch Präventions-Eingriffe tunlichst sauber begründet, also ‘angezeigt’ sein müssen. Ohne entsprechende ‘Heilanzeige’ sind auch präventiv motivierte Eingriffe nicht statthaft.

    Weshalb Sie und der Herr Physiker auf dem falschen Dampfer mit dem ganzen medizinischen Brimborium sind, liegt augenscheinlich an Ihrer beiden kindlichem Glauben, dass auch ein rational nachvollziehbarer Sinn (in wissenschaftlicher Hinsicht) bei gesetzgeberischen Worten dabei sein muss. Bedauerlicherweise ist das gerade bei Fragen, die im weitesten Sinne Ethik betreffen, keineswegs der Fall. Und im übrigen haben auch unsere Höchstgerichte mit hehrer Wissenschaft nachweislich nicht allzu viel am Hut.

    Bei einer rein prophylaktischen Maßnahme liegt also kein bestimmtes Krankheitsbild vor. Also gibt es auch keine Indikation.

    Dann lesen Sie doch mal bitte den Wiki-Artikel zur Krankheitsprävention (Prophylaxe). https://de.wikipedia.org/wiki/Krankheitspr%C3%A4vention Offensichtlich gibt es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als Sie sich vorstellen können. Nur ein Satz daraus: Sekundärprävention setzt beim Frühstadium einer Krankheit an.

  719. #721 Balanus
    3. Dezember 2012

    @s.s.t. (02.12.12)

    »Von mir aus kann man das Ganze auch unter “Prävention” laufen lassen, was aber nichts daran ändert, dass auch Präventions-Eingriffe tunlichst sauber begründet, also ‘angezeigt’ sein müssen.«

    Dem kann ich zustimmen.

    »Ohne entsprechende ‘Heilanzeige’ sind auch präventiv motivierte Eingriffe nicht statthaft.«

    Das ist wieder nur halb richtig.

    Der Prävention soll ja eben gerade verhindern, dass es irgendwann einmal zu einem Krankheitsbild und damit zu einer ‘Heilanzeige’ kommt.

    » Das BVerfG, sofern es sich überhaupt damit beschäftigt, wird sich hüten auf strittige medizinische Fragen einzugehen; es wird höchstens die Frage entscheiden, ob die m-Beschneidung vom elterlichen Sorgerecht gedeckt ist oder nicht.«

    Die Knabenbeschneidung ist nun mal die Komplettamputation der Penisvorhaut, da beißt die Maus keinen Faden ab. Das kann auch das BVerG, sollte es sich damit befassen müssen, nicht einfach ausblenden. Wenn dieser medizinische Eingriff als harmlos und eher nützlich als schädlich angesehen wird (wie aktuell durch den Gesetzgeber und viele „schreckliche Juristen“), dann kann er durch das elterliche Sorgerecht gedeckt sein. Wenn nicht, dann nicht. So sehe ich das als Nichtjurist.

  720. #722 Physiker
    3. Dezember 2012

    @Evchen (30. November 2012):
    zu Morris:
    Ich habe mir nur die wissenschaftlichen Publikationen und nicht das Privatleben der Autoren angesehen. Wenn Sie meinen, dass wiss. Publikationen mit Hilfe von persönlichen “Fetisch”-Vorwürfen so einfach beiseite gewischt werden können, dann haben Sie nicht verstanden wie Wissenschaft funktioniert. Ausserdem, falls Ihnen der Morris-Review nicht gefällt, nehmen Sie halt einen beliebigen anderen (z.B. den AAP-Review) – über die medizinischen Vorteile und Nachteile der Beschneidung herrscht in der Literatur praktisch ein Konsens.

    zu HPV:
    Sie haben Recht, inzwischen gibt es eine HPV-Impfung (die übrigens auch für Jungen empfohlen wird). Diese Impfung wirkt sehr effizient gegen zwei Subtypen von insgesamt sehr vielen HPV Varianten – die Beschneidung minimiert das Risiko bei allen HPV Varianten (dafür aber auch nicht so effizient). Allerdings gibt es auch eine Behandlungsfreiheit: Eltern haben das Recht, zwischen Alternativen zu entscheiden.

    Und Harnwegsinfektionen sind vor allem bei Säuglingsbeschneidungen bei Jungs häufiger als sie üblicherweise bei Mädchen vorkommen:
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20929075

    Die zitierte Studie passt nicht zu Ihrer Aussage – generell müsste man eher Ergebnisse von beschnitten mit unbeschnittenen Jungs vergleichen (und solche Studien gibt es!). Dass es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt, ist sowieso klar.

  721. #723 Physiker
    3. Dezember 2012

    @s.s.t. (1. Dezember 2012):

    Im aktuellen Gesetzentwurf wird ausdrücklich betont, dass es sich um eine “nicht medizinisch indizierte Beschneidung” handelt, und es spielt absolut keine Rolex, wenn sich ein paar Realitätsverweigerer ein paar Worte wegwünschen.

    Naja, Sie müssen schon zugeben, dass es paradox klingt, wenn “eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung” zum Teil eben doch medizinisch begründet wird – ich zitiere “zudem wird sie [Anm. die Beschneidung] verschiedentlich als prophylaktische Maßnahme empfohlen”.

    Harnwegsinfektionen sind üblicherweise gut behandelbar und verlangen grundsätzlich keinen chirurgischen Eingriff.

    Selbst die dt. Gesellschaft für Kinderchirurgie (die ja momentan so gegen die Beschneidung wettert) sieht Harnwegsinfektionen durchaus als relative Indikation für eine Beschneidung.

    Weiterhin sind davon mehr Frauen als Männer betroffen, […]

    Da müssen Sie etwas durcheinander gebracht haben: das von Evchen verlinkte Paper zeigt doch, dass es genau anders herum ist.

    Die gesundheitlichen Vorteile einer Beschneidung sind, vorsichtig ausgedrückt, hier bestenfalls umstritten. Dass die Beschneidung auch massive Probleme mit sich bringen kann, wird von Ihnen, @Physiker, komplett ausgeblendet.

    Wenn die WHO von “beyond reasonable doubt” spricht, dann ist gar nichts mehr “umstritten”. Und die Komplikationen bei Beschneidungen blendet hier auch niemand aus.
    Bitte reissen Sie sich zusammen, und lassen Sie die Beleidigungen sein.

  722. #724 Wolf
    3. Dezember 2012
  723. #725 Physiker
    3. Dezember 2012

    @Balanus (1. Dezember 2012):

    Mit mir darf ich machen, was ich will, aber das Kind ist eine eigenständige Person, die so heranwachsen darf, wie die Natur es vorgesehen hat – mit allen seinen Körperteilen (und nein, das ist kein naturalistischer Fehlschluss).

    Ich halte es genau für das: einen naturalistischen Fehlschluss. Ich finde, medizinische Eingriffe zum Vorteil der Kinder müssen erlaubt sein – ganz egal ob und wieviel wegoperiert wird, denn in der Vorteil-/Nachteils-Abwägung müssen ja genau diese Konsequenzen berücksichtigt werden. Wenn man anfängt den Körper für heilig zu erklären oder Körperteilen einen Wert zuzuweisen, kommt man argumentativ in Teufels Küche.

  724. #726 Physiker
    3. Dezember 2012

    @Balanus (1. Dezember 2012):
    zur Risikoreduktion von Kondomen:

    Das Kondom, so heißt es, verhindert in rund 99% der Anwendungen eine Übertragung von HIV (Primärquelle unbekannt).

    Ich frage mich wirklich, woher Sie das haben, denn selbst in Wikipedia finden sich die 80%. Dass in Aufklärungsbroschüren vielleicht tendentiell ein höherer Wert innerhalb des Konfidenzintervalls angegeben wird (oder der Wert ganz verschwiegen wird – und stattdessen irgendwelche Durchlässigkeitsangaben von Herstellern promotet werden), ist ja verständlich, denn momentan sind selbst diese 80% das beste, was es gibt.

    Wären es nur 80%, wenn also bei einer von fünf Anwendungen das Virus übertragen würde, dann wäre die gesamte Anti-AIDS-Kampagne doch höchst fragwürdig.

    Tja, das Leben ist halt mit Risiken verbunden. Und 80% Risikoreduktion ist besser als nichts. Was meinen Sie, weshalb die WHO/UNAIDS soviel Wert auf die Kombination möglichst vieler HIV-Präventionsstrategien setzt? Denn wenn Sie diese 80% (Kondom) mit den ca. 60% (Beschneidung) kombinieren, erhalten Sie immerhin eine Risikoreduktion von 92%. Und nicht einmal dieser Wert liegt in der Grössenordnung (99%), die man sich gerne wünschen würde…

    Ich vermute mal, die genannten 80% ergeben sich aus dem Umstand, dass es auch andere Übertragungswege für HIV gibt.

    Ich vermute eher, die Autoren haben ihre Hausaufgaben gemacht und diese Faktoren herausgerechnet. Dafür spricht auch, dass das Ergebnis ähnlich gross wie bei der Empfängnisverhütung ausfällt (“Thus, condom effectiveness is similar to, although lower than, that for contraception”).

  725. #727 Physiker
    5. Dezember 2012

    @Balanus (1. Dezember 2012):

    Ad HIV-Prävalenz:
    […]
    Und wie erklärt es sich, dass laut dem UNAID Report 2009 in 10 von 18 Ländern die HIV-Prävalenz in der beschnittenen Bevölkerungsgruppe höher war oder ist als in der intakten? (Ab Seite 109 im 138-seitigen Bericht)

    Können Sie diesen UNAID Report näher spezifizieren/verlinken? Ich kann leider keinen 138-seitigen Bericht von 2009 finden (meinten Sie eine anderes Jahr?).

    Dann geben Sie doch mal einen Tipp, was sonst der Grund sein könnte, von einer routinemäßigen Beschneidung abzuraten. Wenn die männliche Bevölkerung von einer bestimmten Maßnahme unterm Strich profitieren würde, wäre es doch verrückt, auf diese Maßnahme zu verzichten.

    Die Kanadische Stellungnahme z.B. gibt explizit die Kosten als Verhinderungsgrund an (“estimates of the costs“), d.h. eine Beschneidung ist teurer als später die Behandlungskosten zu übernehmen. Ausserdem ist es – wie bereits gesagt – wichtig für eine Empfehlung, dass die entsprechende Massnahme auch die beste unter den Behandlungsalternativen ist. Nehmen wir z.B. die Harnwegsinfektionen (UTI), dann liesse sich eine ähnliche Risikoreduktion durch eine verbesserte Hygiene (gegenüber der Situation in entwickelten Ländern – denn dort wurden ja die Studien gemacht -) erreichen. Beide Massnahmen haben nun wieder ihre Vor- und Nachteile, wobei logischerweise die wenigerinvasive Massnahme eher empfohlen wird. Das ändert aber nichts an der Effektivität der Beschneidung zur Vermeidung von UTIs – und Eltern haben nun mal das Recht unter Behandlungsalternativen frei zu entscheiden. Das wird übrigens auch in der juristischen Literatur (siehe z.B. Absatz 2.a) auf der zweiten Seite bei Prof. Herzberg – einem erklärten Beschneidungsgegner) gut erklärt.

    Frage: Wie viel ist denn in diesen Berechnungen eine intakte, funktionsfähige, hochsensible Vorhaut wert? (Vermutlich nicht viel, oder?)

    Wie bereits geschrieben hat in einer rationalen Diskussion eine solche Wertzuweisung nichts zu suchen. Stattdessen sind die Konsequenzen entscheidend: Falls die Vorhaut eine wichtige Funktion hat und die Beschneidung die Senibilität ändert, dann ist doch die wissenschaftlich zugängliche Frage die, ob diese Veränderung zum Vor- oder Nachteil des Patienten ist. Und dazu gibt es einen ganzen Haufen Studien mit dem eindeutigen Ergebnis (siehe Perera-, Morris-, AAP-Review, etc.), dass die Beschneidung nicht die sexuelle Befriedigung und Funktion beeinflusst. Der Vorwurf, dass der Wert eine Körperteils nicht berücksichtigt wird, enspringt also einer religiösen und/oder naturalistischen Vorstellung und hat in der Evidenzbasierten Medizin nichts verloren.

    Die routinemäßige Knabenbeschneidung ist aber per Definition nicht-therapeutisch. Ergo gibt es auch keine Veranlassung, für diesen chirurgischen Eingriff eine solche Nutzen-Risiko-Abwägung vorzunehmen. Kein pathologischer Befund, keine Nutzen-Risiko-Analyse – so einfach ist das.
    Der einzig mögliche Vergleich ist eine Impfung. […] Schwierig, schwierig…

    Ja was jetzt: einfach oder schwierig? Wie ich oben schrieb wird ja die prophylaktische Beschneidung gerade in der Fachliteratur mit der Impfung verglichen wird (“The ethics of infant MC and childhood vaccination are comparable.”). Und Nutzen-Risiko-Abwägungen werden auch für Impfungen und andere Prophylaxe-Massnahmen vorgenommen.

  726. #728 Adent
    5. Dezember 2012

    Also weil der schon weiter oben gern zitierte Herr Brian J Morris es sagt ist es so, daß man Impfungen und MC vergleichen kann. Na, ich danke für diese klare und von mir nicht weiter kommentierte Darstellung ihrer Gedankenwege.

  727. #729 Balanus
    5. Dezember 2012

    @Physiker:

    »Können Sie diesen UNAID Report näher spezifizieren/verlinken? Ich kann leider keinen 138-seitigen Bericht von 2009 finden (meinten Sie eine anderes Jahr?).«

    Sorry, es handelt sich um einen USAID Report: Hier wäre der Link zur PDF:

    …wenn es denn funktionieren würde… 😉

    Ist aber nicht so wichtig. Die Sache mit den anteiligen HIV-Prävalenzen in den einzelnen Ländern mit unterschiedlichen Anteilen an Beschnittenen und Intakten ist kompliziert, diese Statistiken tragen wohl doch eher wenig zu der Frage bei. Dennoch finde ich es erstaunlich, dass der Beschneidungseffekt (ca. 60% Risiko-Reduktion) sich nicht eindeutiger in den epidemiologischen Studien abbildet. Aber wie gesagt, es gibt da anscheinend viele Einflussfaktoren, wir müssen das nicht vertiefen.

  728. #730 Balanus
    5. Dezember 2012

    Vielleicht geht es so:

    “https://”, dann kommt
    “www.”, und dann
    “measuredhs.”, gefolgt von
    “com/pubs/pdf/CR22/CR22.pdf”

  729. #731 Balanus
    5. Dezember 2012

    @Physiker:

    » Der Vorwurf, dass der Wert eine Körperteils nicht berücksichtigt wird, enspringt also einer religiösen und/oder naturalistischen Vorstellung und hat in der Evidenzbasierten Medizin nichts verloren.«

    Das schreiben Sie, weil Sie meinen, die biologische Funktion der Vorhaut sei zu vernachlässigen – was nicht stimmt. Und weil Sie offenbar meinen, Sie dürften an Stelle des Betroffenen entscheiden, welches Körperteil ihm wichtig zu sein habe und welches nicht – was man nicht darf. So etwas zu meinen hat mit evidenzbasierter Medizin absolut nichts zu tun.

    An anderer Stelle haben Sie geschrieben:

    »Wenn man anfängt den Körper für heilig zu erklären oder Körperteilen einen Wert zuzuweisen, kommt man argumentativ in Teufels Küche.«

    Keineswegs, genau darum, weil der Körper (des anderen) sozusagen „heilig“ ist, gibt es ja den Straftatbestand der Körperverletzung. Wenn Sie jemandem aus Versehen den kleinen Finger abhacken, werden Sie merken, wie viel der wert ist (monetär). Wie schon tausendmal geschrieben, ist jeder ärztliche Eingriff eine Körperverletzung, die einer Rechtfertigung bedarf. Noch nicht mal die Haare darf ich einer anderen Person ohne deren Einwilligung einfach abschneiden.

    Nein, es ist schon so, je gravierender der Eingriff in die körperliche Integrität, umso größer der Rechtfertigungsaufwand, der geleistet werden muss.

    Mit anderen Worten: Wenn man anfängt, den Körper für nicht schützenswert zu erklären oder Körperteilen ihren Wert abzusprechen, kommt man gesellschaftlich in Teufels Küche.

    »Ja was jetzt: einfach oder schwierig?«

    Einfach ist, dass es ohne pathologischen Befund keine Therapie und ohne Therapie keine Nutzen-Risiko-Abwägung gibt.

    Schwierig ist der Vergleich einer Amputation mit einer Impfung.

  730. #732 Adent
    6. Dezember 2012

    @Balanus
    Ach was, für den Physiker ist es nicht so schwierig z.B. die erzwungene Blutentnahme mit der Beschneidung zu vergleichen, das passt schon …

  731. #733 Wolf
    6. Dezember 2012

    @Physiker:
    “[…]Wenn man anfängt den Körper für heilig zu erklären oder Körperteilen einen Wert zuzuweisen, kommt man argumentativ in Teufels Küche.[…]”

    Mit dem Judentum kennen Sie sich auch nicht sonderlich gut aus, was?
    https://www.j-zeit.de/archiv/artikel.2145.html

    War aber nicht anders zu erwarten.

  732. #734 Physiker
    6. Dezember 2012

    @Balanus:
    Zu den 10 von 18 Ländern laut USAID-Report, in denen die HIV-Prävalenz in der beschnittenen Bevölkerungsgruppe höher war:

    Aber wie gesagt, es gibt da anscheinend viele Einflussfaktoren, wir müssen das nicht vertiefen.

    Ich denke, Sie haben bereits die Erklärung (viele Einflussfaktoren) gegeben. Denn wenn Sie weiter oben schauen, werden Sie auch feststellen, dass in 10 von den 19 untersuchten Ländern die Gruppe mit konsequenter Kondombenutzung eine höhere HIV-Prävalenz aufwies (S.106). Offensichtlich sind diese Rohdaten also zumindest in der Form ungeeignet um die Risikoreduktion direkt abzulesen.

  733. #735 Physiker
    6. Dezember 2012

    @Balanus (5. Dezember 2012):
    Jetzt dreht sich die Diskussion tatsächlich im Kreis, da Sie alle vorausgesetzten Gegebenheiten plötzlich ignorieren und auch noch das Strafrecht in die Diskussion hereinbringen, obwohl es überhaupt nichts hier verloren hat.
    Wir diskutieren hier nicht den Fall, dass jemandem gegen seinem Willen die Haare geschnitten werden und wir diskutieren auch nicht den Fall, dass jemand entgegen seinem Willen ein Körperteil entfernt wird. Wir diskutieren hier Gesundheitsmassnahmen für nicht-einwilligungsfähige Kleinkinder/Neugeborene. Und es ist nun einmal eine Tatsache, dass Neugeborene keinen Willen haben/äussern können und deshalb andere in ihrem Interesse entscheiden müssen. Wie das funktioniert erkläre ich im obigen Blogartikel. Hätte jedes Körperteil einen Wert, und bedürfte es der Einwilligung eines Kleinkindes, dann wäre ja Ihrer Argumentation zufolge selbst das Haareschneiden bei Kleinkindern verboten. Also bitte: berücksichtigen Sie bei Ihrer Argumentation die Rahmenbedingungen. Und denen zufolge gibt es eine Einwilligung, und zwar der Eltern (und wenn das Kind alt genug ist, auch eine Einwilligung des Kindes). Die Frage, die geklärt werden muss, ist ausschliesslich die, ob das Wächteramt des Staates die Einwilligung der Eltern zu Fall bringen muss, um das Wohl des Kindes zu schützen. Oder um Beulke/Diessner zu zitieren:

    Dass eine Operation eine tatbestandsmäßige Körperverletzung darstellt, die zu ihrer Rechtfertigung einer wirksamen Einwilligung bedarf, lernt jeder Student der Rechtswissenschaften in den ersten Semestern. Auch dass im Falle einsichts- und damit einwilligungsunfähiger Kinder die Einwilligung der personensorgeberechtigten Eltern an die Stelle der Einwilligung des Kindes tritt, gehört zum kleinen Einmaleins des Juristen, ebenso der Umstand, dass sich die Einwilligung als Ausdruck der elterlichen Sorge ausweislich § 1627 S. 1 BGB am Wohl des Kindes orientieren muss.

    Das schreiben Sie, weil Sie meinen, die biologische Funktion der Vorhaut sei zu vernachlässigen – was nicht stimmt.

    Nein. Meine Argumentation berücksichtigt ausdrücklich die Funktion der Vorhaut: die Konsequenzen eines Verlustes müssen nämlich genau deshalb bei der Abwägung der Vor-/Nachteil für das Wohl des Kindes berücksichtigt werden.

    Und weil Sie offenbar meinen, Sie dürften an Stelle des Betroffenen entscheiden, welches Körperteil ihm wichtig zu sein habe und welches nicht – was man nicht darf.

    Das ist aber jetzt schon fast polemisch: Ich habe mehrfach betont, dass ich zugunsten der Entscheidungsfreiheit der Eltern argumentiere – und eben nicht anstelle der Betroffenen entscheiden will. Bitte unterlassen Sie diese rhetorischen Unterstellungen.

    Keineswegs, genau darum, weil der Körper (des anderen) sozusagen „heilig“ ist, gibt es ja den Straftatbestand der Körperverletzung. Wenn Sie jemandem aus Versehen den kleinen Finger abhacken, werden Sie merken, wie viel der wert ist (monetär). Wie schon tausendmal geschrieben, ist jeder ärztliche Eingriff eine Körperverletzung, die einer Rechtfertigung bedarf. Noch nicht mal die Haare darf ich einer anderen Person ohne deren Einwilligung einfach abschneiden.

    Ja. Da haben Sie völlig Recht. Aber das ist auch eine völlig andere Situation. Sie beschreiben einen Straftatbestand, gerade weil er entgegen dem Willen des Betroffenen geschieht – damit setzen Sie eine Willensäusserung voraus. Das ist genau das Missverständnis, das ich im 1. Teil des Blogartikels zu den (in-)disponiblen Rechtsgütern ausräume.

    Mit anderen Worten: Wenn man anfängt, den Körper für nicht schützenswert zu erklären oder Körperteilen ihren Wert abzusprechen, kommt man gesellschaftlich in Teufels Küche.

    Ich rede von einem viel subtileren Unterschied: Nämlich genau dem Unterschied zwischen der naturalistischen/religiösen Vorstellung von einer absoluten körperlichen Unversehrtheit und dem Verständnis der körperlichen Unversehrtheit, die den Menschenrechten/dem Grundgesetz zugrunde liegt. Das eine ist absolut (und wird genau deshalb von Juristen kritisiert) und das andere beruht auf einer Willensbekundung (die auch stellverstretend von den Eltern geäussert werden kann, sofern das Kindeswohl nicht missachtet wird). Sie werden niemanden finden, der die Menschenrechte/das Grundgesetz so interpretiert dass “der Körper (des anderen) sozusagen „heilig“ ist” – und daraus irgendwie folgen sollte, dass Eltern auch nicht schwerwiegenderen medizinischen Eingriffen an ihrem einwilligungsunfähigen Kind zustimmen könnten. Entscheidend ob die Eltern zustimmen können oder nicht, ist immer das Kindeswohl, d.h. die Frage ob die Vorteile die Nachteile überwiegen – und eben nicht irgendein willkürlicher (monetärer) Wert dem man irgendeinem Körperteil zumisst um nach gusto einen medizinischen Eingriff abzulehnen oder zu befürworten. Und genau das kritisiere ich an Ihrer Argumentation: Sie wollen einem Körperteil einen (Geld-)Wert zuordnen um ihn bei der Vorteil-/Nachteil-Bestimmung mit in die Waagschale zu werfen. Das ist aber nichts anderes als reine Willkür und hat mit Evidenzbasierter Medizin nichts zu tun. Evidenzbasierte Medizin wägt die gesundheitlichen Konsequenzen der verschiedenen Optionen gegeneinander ab und berücksichtigt dabei keine Versicherungs- oder Schadensersatz-Summen von Körperteilen. Ich hoffe, es ist jetzt klarer geworden, was ich mit “Teufels Küche” meinte.

    Einfach ist, dass es ohne pathologischen Befund keine Therapie und ohne Therapie keine Nutzen-Risiko-Abwägung gibt.

    Als Gegenbeispiel zu dieser Aussage haben Sie doch selbst schon die Impfung genannt, für die sehrwohl eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden muss. Für alle Prophylaxe-Massnahmen muss eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden, bevor Eltern einer solchen für ihr Kind (wirksam) zustimmen können. Das verlangt unser Gesetz, indem es dem Kindeswohl Verfassungsrang zukommen lässt.

  734. #736 Stefan W.
    6. Dezember 2012

    @Physiker: Sie begehen einen logischen Fehlschluss. Wenn die Amputation d. Vorhaut einen Vorteil haben soll, etwa Schutz der Gesundheit vor gewissen Krankheiten, dann messen Sie den Krankheiten einen ebenso objektiven Schaden zu, setzen also einen objektiven Vorteil von Gesundheit nicht weniger vorraus.

  735. #737 Balanus
    7. Dezember 2012

    @Physiker (06.12.12):

    » […] und wir diskutieren auch nicht den Fall, dass jemand entgegen seinem Willen ein Körperteil entfernt wird.«

    Doch, nach meinem Verständnis schon. Und nicht wenige Eltern, die ihren Sohn beschneiden lassen, spüren das auch ganz genau.

    »Und es ist nun einmal eine Tatsache, dass Neugeborene keinen Willen haben/äussern können […]«

    Ich denke, es liegt klar auf der Hand, dass ein Säugling nicht beschnitten werden will. Das merkt man an seinen Reaktionen. Ist eigentlich ganz eindeutig. Wird auch kaum bestritten. Natürlich kann man nun sagen, ja, aber der Säugling weiß ja gar nicht, was gut für ihn ist, also wirklich für ihn konkret und nicht für die Grundgesamtheit aller Säuglinge. Das stimmt, aber wer weiß das in diesem Fall schon? Ich nicht, der Arzt nicht, und die Eltern auch nicht. Also lässt man die Amputation besser bleiben.

    »Hätte jedes Körperteil einen Wert, und bedürfte es der Einwilligung eines Kleinkindes, dann wäre ja Ihrer Argumentation zufolge selbst das Haareschneiden bei Kleinkindern verboten.«

    Hautanhänge wie Haare und Nägel sind gewissermaßen Ausscheidungen der Haut. So etwas ist also etwas völlig anderes als die Haut selber.

    Physiker: „Der Vorwurf, dass der Wert eine Körperteils nicht berücksichtigt wird, enspringt also einer religiösen und/oder naturalistischen Vorstellung und hat in der Evidenzbasierten Medizin nichts verloren.“

    Balanus: „Das schreiben Sie, weil Sie meinen, die biologische Funktion der Vorhaut sei zu vernachlässigen – was nicht stimmt.“

    Physiker: „Nein. Meine Argumentation berücksichtigt ausdrücklich die Funktion der Vorhaut: […]“

    Tja, dann ist mir das irgendwie entgangen… sorry.

    » Und weil Sie offenbar meinen, Sie dürften an
    Stelle des Betroffenen entscheiden, welches Körperteil
    ihm wichtig zu sein habe und welches nicht – was man
    nicht darf.

    Das ist aber jetzt schon fast polemisch: Ich habe mehrfach betont, dass ich zugunsten der Entscheidungsfreiheit der Eltern argumentiere – und eben nicht anstelle der Betroffenen entscheiden will.«

    Wenn Sie (oder ich) als Elternteil über das Schicksal der Vorhaut des betroffenen Sohnes entscheiden, treffen Sie (oder ich) zwangsläufig eine Wertentscheidung an Stelle des Kindes. Das ist kein bisschen polemisch.

    » Noch nicht mal die Haare darf ich einer anderen
    Person ohne deren Einwilligung einfach abschneiden.

    Ja. Da haben Sie völlig Recht. Aber das ist auch eine völlig andere Situation. Sie beschreiben einen Straftatbestand, gerade weil er entgegen dem Willen des Betroffenen geschieht – damit setzen Sie eine Willensäusserung voraus.«

    Die Situation ist nicht völlig anders. Es geht jeweils um Eingriffe in die körperliche Integrität einer Person ohne deren Zustimmung. Nur das Alter der jeweils Betroffenen ist verschieden.

    »Ich rede von einem viel subtileren Unterschied: Nämlich genau dem Unterschied zwischen der naturalistischen/religiösen Vorstellung von einer absoluten körperlichen Unversehrtheit und dem Verständnis der körperlichen Unversehrtheit, die den Menschenrechten/dem Grundgesetz zugrunde liegt.«

    Sie hatten mir, wenn ich mich recht entsinne, naturalistisch/religiöse Vorstellungen von der körperlichen Unversehrtheit unterstellt. Dem habe ich widersprochen. Mir geht es nur um das grundsätzliche Verbot, andere ohne guten Grund und/oder ohne deren Einwilligung zu verletzen. Bei der Beschneidung liegt eine (informierte) Einwilligung des Betroffenen eher selten vor, und ob es einen guten Grund gibt, ist eben die Frage.

    Aus ihrem verlinkten Artikel:

    Die Problematik des Kölner Urteils liegt allerdings auf der Hand. Es verabsolutiert die körperliche Unversehrtheit eines Kindes, das aufgrund seines Alters nicht wirksam in den Eingriff einwilligen kann, gegenüber den religiösen Grundregeln seiner Eltern und deren (grundsätzlich zu achtenden) Wunsch, das Kind ebenfalls in dieser Religion zu erziehen.

    Völlig richtig, das Gericht hat die körperliche Unversehrtheit eines Kindes höher bewertet als die Interessen der Eltern. Wie hätte es auch anders entscheiden können?

    »Und genau das kritisiere ich an Ihrer Argumentation: Sie wollen einem Körperteil einen (Geld-)Wert zuordnen um ihn bei der Vorteil-/Nachteil-Bestimmung mit in die Waagschale zu werfen.«

    Das „Geld“ können Sie streichen, „Wert“ im weitesten Sinne ist korrekt. Die Haut ist das größte Sinnesorgan des Menschen. Wenn von diesem Sinnesorgan ein besonders empfindsamer Teil entfernt werden soll, gehört das m. E. definitiv in die Waagschale einer nicht-monetären Kosten/Nutzen-Abwägung.

    »Das ist aber nichts anderes als reine Willkür[…]«

    Diese Wert- bzw. Unwert-Zumessung ist subjektiv, keine Frage. Und es ist für Beschnittene sicher nicht angenehm, ständig zu hören, wie wertvoll die Vorhaut dem intakten Mann erscheint. Aber dass es sich bei der Vorhaut um ein sehr empfindsames Teil des Sinnesorgans Haut handelt, ist evident.

    »Ich hoffe, es ist jetzt klarer geworden, was ich mit “Teufels Küche” meinte.«

    So in etwa war mir schon klar, was Sie meinten, aber überzeugen tun mich Ihre diesbezüglichen Argumente halt nach wie vor nicht. Was ja nicht weiter schlimm ist.

    Physiker:
    „Wenn das Entfernen eines Körperteils (z.B. Blinddarm, Polypen, Mandeln, Weisheitszähne, Tumore, Leberflecken, Warzen, etc.) grundsätzlich anders beurteilt werden müsste als Medikamentengaben dann nennen Sie mir doch die Kriterien.“

    Balanus:
    „Jeder Eingriff in den Körper zu Therapiezwecken muss so erfolgen, dass möglichst wenig Schaden angerichtet wird. Da kann mal das Medikament, mal der chirurgische Eingriff die bessere Wahl sein. Hier hilft eine Nutzen-Risiko-Analyse, dafür gibt es sie, wenn eben therapeutische Maßnahmen erforderlich sind.
    Die routinemäßige Knabenbeschneidung ist aber per Definition nicht-therapeutisch. Ergo gibt es auch keine Veranlassung, für diesen chirurgischen Eingriff eine solche Nutzen-Risiko-Abwägung vorzunehmen. Kein pathologischer Befund, keine Nutzen-Risiko-Analyse – so einfach ist das.
    Der einzig mögliche Vergleich ist eine Impfung. Und da stellt sich eben die Frage, wie hoch wir den Wert der Vorhaut bemessen wollen. Schwierig, schwierig…“

    Physiker:
    „Ja was jetzt: einfach oder schwierig?“

    Balanus:
    „Einfach ist, dass es ohne pathologischen Befund keine Therapie und ohne Therapie keine Nutzen-Risiko-Abwägung gibt.
    Schwierig ist der Vergleich einer Amputation mit einer Impfung.“

    Physiker:
    „Als Gegenbeispiel zu dieser Aussage haben Sie doch selbst schon die Impfung genannt, für die sehrwohl eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden muss.“

    Wie gesagt: Der einzig mögliche Vergleich ist eine Impfung. Und da stellt sich eben die Frage, wie hoch wir den Wert der Vorhaut bemessen wollen. Schwierig, schwierig…“

    Belassen wir es dabei?

  736. #738 Balanus
    7. Dezember 2012

    Sorry, ich habe bei der Formatierung gepatzt 😉

  737. #739 Wolf
    9. Dezember 2012

    https://pro-kinderrechte.de/schwerstbehindert-nach-beschneidung/

    Jeder einzelne aufgrund einer medizinisch nicht indizierten Bescneidung.

    Aber egal: Hauptsache die Eltern besitzen weiterhin das “gottgegebene” Recht Ihre Kinder zu verstümmeln oder anderweitig zu mißhandeln.

  738. #740 s.s.t.
    9. Dezember 2012

    @Balanus

    Die Knabenbeschneidung ist nun mal die Komplettamputation der Penisvorhaut, da beißt die Maus keinen Faden ab. Das kann auch das BVerG, sollte es sich damit befassen müssen, nicht einfach ausblenden.

    Dass Sie in der Sache recht haben, ist völlig unstreitig. Bedauerlicherweise ist es auch unstreitig, dass die dt. Höchstgerichte mitunter zu etwas merkwürdigen Entscheidungen kommen (betrift u.a. meine Tätigkeit, wäre jedoch hier viel zu O.T. um es weiter auszuführen). Jedenfalls teile ich nicht Ihren Optimismus in dieser Frage, denn Juristen können so ungefähr alles, außer (nachweislich!) Prozentrechnen.

    Das ist wieder nur halb richtig.

    Nöö, den Präventionsmaßnahmen, die jenseits von Fliegengittern liegen, verlangen schon eine Indikation. Angefangen bei der Penisverstümmelung (s. Ihr Zitat oben), via Blinddarmentfernung bis zum prophylaktischen Ziehen der Weisheitszähne. Die beiden letzteren werden wohl nur noch von Medizinmännern in Hinterschwartenkrachdorf durchgeführt, auch wenn hier @”Frischer-Wind” anderer Meinung ist, jedenfalls was die Zähne angeht.

    Leute wie @Physiker wollen gerne diese guten alten Zeiten ins Leben rufen und mittels Verstümmelungs-OPs Volksgesundheit erzeugen, mit Prozentzahlen, die in Afrika(!) so zwischen 3,4% und 2,8% absolut liegen, aus denen dann, Rhetorik sei dank, 60% relativ werden.

    Na ja, meine Prognose ist weiterhin: Dt. Höchstrichter werden in der Sache kneifen und politisch, als Kotau vor den drei sog. Buchreligionen, sehr korrekt entscheiden.

  739. #741 s.s.t.
    9. Dezember 2012

    @Physiker

    Weder der Gesetzentwurf noch irgendwelche zukünftigen Gerichtsentscheidungen haben etwas mit Medizin am Hut oder werden es haben. Die Entscheidungen sind rein politisch und momentan sehr korrekt. Ihre Rationalität in Ehren, aber hier völlig deplatziert, hier geht es um andere ‘Werte’, und Ihre sind nun mal nicht ein Teil davon.

    Sie und @Andere sollten sich die Suche nach rationalen Argumenten einfach schenken, denn Pro-Beschneidung gibt es sie nicht und Contra-Beschneidung werden sie ignoriert (werden).

  740. #742 Balanus
    9. Dezember 2012

    @s.s.t.

    »Na ja, meine Prognose ist weiterhin: Dt. Höchstrichter werden in der Sache kneifen und politisch, als Kotau vor den drei sog. Buchreligionen, sehr korrekt entscheiden.«

    Das denke ich auch. Sie (die Richter) werden die Knabenbeschneidung als einen minimalen Eingriff werten—entgegen jeglicher Vernunft.

  741. #743 Physiker
    10. Dezember 2012

    @s.s.t.:

    Ihre Rationalität in Ehren, aber hier völlig deplatziert, […]
    Sie und @Andere sollten sich die Suche nach rationalen Argumenten einfach schenken, […]

    Wenn Sie nicht am rationalen Argumentieren interessiert sind, dann sind Sie hier auf den Scienceblogs falsch.

  742. #744 Wolf
    10. Dezember 2012
  743. #745 Physiker
    11. Dezember 2012

    @Balanus (7. Dezember 2012):

    Ich denke, es liegt klar auf der Hand, dass ein Säugling nicht beschnitten werden will. Das merkt man an seinen Reaktionen. Ist eigentlich ganz eindeutig. Wird auch kaum bestritten. Natürlich kann man nun sagen, ja, aber der Säugling weiß ja gar nicht, was gut für ihn ist, also wirklich für ihn konkret und nicht für die Grundgesamtheit aller Säuglinge. Das stimmt, aber wer weiß das in diesem Fall schon? Ich nicht, der Arzt nicht, und die Eltern auch nicht. Also lässt man die Amputation besser bleiben.

    Ich sprach vom “Willen” im juristischen Sinne. Natürlich kann man beim Schreien eines Kindes alles Mögliche hineininterpretieren – im juristischen Sinne stellt es aber keine Willensbekundung dar. Und genau das ist der springende Punkt: Kleinkinder sind nicht einwilligungsfähig. Deshalb müssen andere Personen stellverstretend für das Kind Entscheidungen treffen – und das sind laut Grundgesetz in erster Linie die Erziehungsberechtigten. Juristisch liegt also eine Einwilligung vor – ganz im Gegensatz zu Ihren Beispielen. Deshalb ist das Strafrecht hier off-topic (siehe auch Zitat von Beulke-Diessner). Und das ist der zentrale Punkt in meiner Argumentation.

    Hautanhänge wie Haare und Nägel sind gewissermaßen Ausscheidungen der Haut. So etwas ist also etwas völlig anderes als die Haut selber.

    Juristisch ist das völlig irrelevant. Das Haareschneiden bleibt trotzdem eine Körperverletzung und wäre dann gemäss Ihrer Argumentation unzulässig – insbesondere dann, wenn das Kind dabei schreit/weint oder sonstwie scheinbar zu erkennen gibt, dass es das nicht will.

    “»Und weil Sie offenbar meinen, Sie dürften an
    Stelle des Betroffenen entscheiden, welches Körperteil
    ihm wichtig zu sein habe und welches nicht – was man
    nicht darf.«
    Das ist aber jetzt schon fast polemisch: Ich habe mehrfach betont, dass ich zugunsten der Entscheidungsfreiheit der Eltern argumentiere – und eben nicht anstelle der Betroffenen entscheiden will.”
    Wenn Sie (oder ich) als Elternteil über das Schicksal der Vorhaut des betroffenen Sohnes entscheiden, treffen Sie (oder ich) zwangsläufig eine Wertentscheidung an Stelle des Kindes. Das ist kein bisschen polemisch.

    Sorry, das war ein Missverständnis: Für mich sind die Betroffenen (siehe obige Argumentation) die Eltern, denn nur diese können Entscheidungen treffen und sind laut Grundgesetz auch dazu berechtigt.

    Die Situation [Anm.: Haareschneiden ohne Einwilligung] ist nicht völlig anders. Es geht jeweils um Eingriffe in die körperliche Integrität einer Person ohne deren Zustimmung. Nur das Alter der jeweils Betroffenen ist verschieden.

    Und dieses unterschiedliche Alter macht einen gewaltigen juristischen Unterschied, wenn dadurch eine Person nicht Einwilligungsfähig ist. Denn dann hat die Zustimmung automatisch von den Sorgeberechtigten zu kommen. Und wie ich bereits schrieb, nehmen wir in der gesamten Diskussion an, dass eine Einwilligung der Eltern in die Beschneidung vorliegt. Nochmal: Wir kommen in der Diskussion keinen Schritt weiter, solange Sie diese trivialen juristischen Fakten ausblenden.

    Sie hatten mir, wenn ich mich recht entsinne, naturalistisch/religiöse Vorstellungen von der körperlichen Unversehrtheit unterstellt. Dem habe ich widersprochen. Mir geht es nur um das grundsätzliche Verbot, andere ohne guten Grund und/oder ohne deren Einwilligung zu verletzen. Bei der Beschneidung liegt eine (informierte) Einwilligung des Betroffenen eher selten vor, und ob es einen guten Grund gibt, ist eben die Frage.

    Laut Ihrer Argumentation fordern Sie, dass ein Säugling eine informierte Einwilligung abgeben müsste. Das ist unmöglich – und zwar grundsätzlich. Sie fordern also etwas grundsätzlich Unmögliches und wollen daraus eine argumentativen Schluss ziehen? Das ist hochgradiger Unsinn. Ihrer Argumentation folgend wären dann nämlich auch Impfungen bei Kleinkindern und alle anderen invasiven Gesundheitsmassnahmen grundsätzlich verboten, da eine (informierte) Einwilligung des Kleinkindes grundätzlich nicht möglich ist. Der “gute Grund” (hervorhebung von mir) ist aus juristischer Sicht aus gutem Grund nur im Tierrecht (siehe Kommentar an s.s.t. vom 12. Oktober 2012) und nicht beim Menschen vorgesehen. Es wäre ja noch schöner, wenn man die körperliche Unversehrtheit von jemandem nur gut begründen müsste. Nein, das einzige was zählt, ist eine gültige Einwilligung. Und wenn Sie irrtümlicherweise auf eine Einwilligung von nicht-einwilligungsfähigen Personen bestehen, dann gilt die körperliche Unversehrtheit absolut und die dahinterliegende Vorstellung ist naturalistisch/religiös. Und genau diese “Verabsolutierung” wird im verlinkten Law-Blog-Artikel kritisiert.

    Völlig richtig, das Gericht hat die körperliche Unversehrtheit eines Kindes höher bewertet als die Interessen der Eltern. Wie hätte es auch anders entscheiden können?

    Für eine Schelte des Kölner Gerichts, siehe das Verfassungsblog oder den Beulke/Diessner-Artikel. Das Gericht hätte zuallererst auch mal begreifen können, dass laut unserem Grundgesetz an oberster Stelle das Kindeswohl steht. Und dass das Kindeswohl zu allererst durch eine Abwägung der Nutzen und Risiken einer prophylaktischen Beschneidung ermittelt wird und dann erst zweitrangig soziale, religiöse oder ästhetische Gründe folgen. Stattdessen hat das Kölner Gericht die medizinischen Aspekte einer Operation ignoriert. Für mich ist das der Facepalm des Jahres 2012.

    Diese Wert- bzw. Unwert-Zumessung ist subjektiv, keine Frage. Und es ist für Beschnittene sicher nicht angenehm, ständig zu hören, wie wertvoll die Vorhaut dem intakten Mann erscheint. Aber dass es sich bei der Vorhaut um ein sehr empfindsames Teil des Sinnesorgans Haut handelt, ist evident.

    Subjektiv heisst nichts anderes als Willkür und nicht Evidenz-basiert. Deshalb sind subjektive Wert-Zumessungen bei der Beurteilung von ärztlichen Eingriffen nicht akzeptabel.

    Wie gesagt: Der einzig mögliche Vergleich ist eine Impfung. Und da stellt sich eben die Frage, wie hoch wir den Wert der Vorhaut bemessen wollen. Schwierig, schwierig…“

    Nein. Diese Frage stellt sich nur, wenn man an einer subjektiven Bewertung festhält und die in der Medizin üblichen Bewertungskriterien ignoriert. Ich halte überhaupt nichts von dieser Subjektivierung der Diskussion. Eine Beschneidung muss aus medizinischer Sicht nach den gleichen objektiven und evidenzbasierten Kriterien beurteilt werden, wie jede andere Operation auch.

  744. #746 Balanus
    11. Dezember 2012

    @Physiker (11.12.12):

    Nur zu diese zwei Punkten, ich will mich nicht ständig wiederholen:

    » Laut Ihrer Argumentation fordern Sie, dass ein Säugling eine informierte Einwilligung abgeben müsste. Das ist unmöglich – und zwar grundsätzlich. «

    Was Sie nicht sagen, wer hätte das gedacht…

    Es geht darum, dass jeder mitfühlende Mensch erkennen könnte, dass es nicht im besten Interesse des Kindes ist, seiner Vorhaut beraubt zu werden. Das erkennt man schon daran, dass manche schreien, als würden sie abgeschlachtet. Oder in eine Schockstarre verfallen.

    Wenn man also in Kenntnis dieser Dinge dennoch sein Kind beschneiden lassen will, dann braucht es gute Gründe, und da ist der Verweis auf eine geringere Wahrscheinlichkeit für bestimmte, leichte therapierbare Erkrankungen keinesfalls hinreichend.

    »Deshalb sind subjektive Wert-Zumessungen bei der Beurteilung von ärztlichen Eingriffen nicht akzeptabel.«

    Ein Glück, dass Sie Physiker sind…

  745. #747 Balanus
    11. Dezember 2012

    » Ein Glück, dass Sie Physiker sind…«

    Normalerweise werde ich nicht persönlich, aber das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen. ‚tschuldigung!

  746. #748 Balanus
    12. Dezember 2012

    @Physiker (11.12.12):

    Nachtrag, eine Anmerkung hab‘ ich noch:

    » „Hautanhänge wie Haare und Nägel sind gewissermaßen Ausscheidungen der Haut. So etwas ist also etwas völlig anderes als die Haut selber.“ «

    Juristisch ist das völlig irrelevant. Das Haareschneiden bleibt trotzdem eine Körperverletzung und wäre dann gemäss Ihrer Argumentation unzulässig – insbesondere dann, wenn das Kind dabei schreit/weint oder sonstwie scheinbar zu erkennen gibt, dass es das nicht will. «

    Das ist alles ziemlicher Unsinn. Juristisch ist die Schwere der Körperverletzung sehr wohl relevant. Und wenn Kinder beim Haareschneiden weinen, dann bestimmt nicht wegen der dabei verursachten Schmerzen. Oder behauptet da die evidenz-basierte Medizin etwas anderes?

  747. #749 Physiker
    12. Dezember 2012

    @Balanus:

    […], ich will mich nicht ständig wiederholen:

    Wiederholungen bekräftigen kein Argument. Wenn Sie auf Rhetorik verzichten wollen, bleibt Ihnen nichts anderes übrig als sich mit der gültigen Rechtslage auseinanderzusetzen.

    » Laut Ihrer Argumentation fordern Sie, dass ein Säugling eine informierte Einwilligung abgeben müsste. Das ist unmöglich – und zwar grundsätzlich. «
    Was Sie nicht sagen, wer hätte das gedacht…

    Und warum ignorieren Sie dann, dass genau deshalb laut Grundgesetz die Einwilligung von den Eltern auszugehen hat? Ich habe Ihnen detailliert erklärt, warum Ihr Vergleich mit einer Straftat (Körperverletzung ohne Einwilligung) aus juristischer Sicht hinkt – eigentlich ist das sogar einer der Hauptanliegen des obigen Blogartikels. Wenn Sie vernünftig diskutieren wollen, sollten Sie entweder diese juristische Tatsache zur Kenntnis nehmen, gegen diese Interpretation argumentieren oder sonstwie dazu Stellung beziehen.

    Es geht darum, dass jeder mitfühlende Mensch erkennen könnte, dass es nicht im besten Interesse des Kindes ist, seiner Vorhaut beraubt zu werden. Das erkennt man schon daran, dass manche schreien, als würden sie abgeschlachtet. Oder in eine Schockstarre verfallen.

    So, so, jetzt muss also der “mitfühlende Mensch” gegen medizinische Studienergebnisse ausgespielt werden. Sorry, aber das ist doch nichts anderes als antroposophisch-alternativmedizinisches Geschwätz. Die medizinische Fachliteratur ist genau dafür da, solche Fachfragen zu beantworten. Und sie tut es auch – und das auch noch praktisch unisono. Wie ich bereits schrieb ist die herrschende Auffassung in der Fachliteratur, dass die Schmerzen praktisch vollständig beseitigt werden können und sollen: “This study shows that painless circumcision is possible in almost all newborns if it is performed during the first week after birth.

    Wenn man also in Kenntnis dieser Dinge dennoch sein Kind beschneiden lassen will, dann braucht es gute Gründe,

    Offensichtlich wollen Sie dass sich die Diskussion im Kreis dreht, denn wir diskutieren hier doch genau die Gründe.

    und da ist der Verweis auf eine geringere Wahrscheinlichkeit für bestimmte, leichte therapierbare Erkrankungen keinesfalls hinreichend.

    Sie halten HIV, Genitalherpes, Syphilis, Prostatakrebs und HPV für leicht therapierbare Erkrankungen? Sorry, aber Ihre Ansichten zu Geschlechtskrankheiten und deren Prävention und Therapierbarkeit sind erschreckend. Bitte, bitte, informieren Sie sich, bevor Sie derartigen Unsinn von sich geben.

    »Deshalb sind subjektive Wert-Zumessungen bei der Beurteilung von ärztlichen Eingriffen nicht akzeptabel.«
    Ein Glück, dass Sie Physiker sind…

    Zur Erinnerung, wir sprechen davon ob ein medizinischer Eingriff verboten oder erlaubt werden soll. Willkürliche Wert-Zumessungen sind dabei inakzeptabel, da sich Evidenzbasierte Medizin nicht mit Willkür verträgt. Das hat nichts mit der individuellen (und auch z.T. subjektiven) Entscheidung eines Arztes im Einzelfall zu tun.

  748. #750 Physiker
    12. Dezember 2012

    @Balanus:

    Das ist alles ziemlicher Unsinn. Juristisch ist die Schwere der Körperverletzung sehr wohl relevant.

    Für das Strafmass sicher. Dafür ob das Strafrecht anwendbar ist, im konkreten Fall ganz sicher nicht. Genau um das zu erklären habe ich den obigen Artikel geschrieben. Wenn Sie nicht-einwilligungsfähigen Kindern ohne Einwilligung der Eltern die Haare schneiden, sind Sie dran.

  749. #751 Wolf
    12. Dezember 2012

    @Balanus:
    Noch nicht bereit aufzugeben?
    Sheldon akzeptiert nicht gerne, dass er Blödsinn spricht.
    Aber gut ist es wirklich, dass er niemals Arzt wurde. Manche Menschen sind dafür einfach nicht geeignet, bedarf es doch eines so unmeßbaren “Dinges” namens Empathie.
    Quanten, Strings und Elektronen scheren sich ja einen feuchten Kehrichthaufen darum, insofern ist er dort gut aufgehoben.

  750. #752 Physiker
    13. Dezember 2012
  751. #753 Stefan W.
    13. Dezember 2012

    Gemeinsam mit https://www.fr-online.de/kultur/beschneidungsgesetz-zugestaendnis,1472786,21079228.html lehne ich nach wie vor ab, die Religion über den Rechtsstaat zu stellen – auch wenn es die Religion von Juden und Moslems ist.

    Da Extrawürste zu braten ist eine naive Form der Toleranz, die ihre eigene Courage fürchtet.

  752. #754 Adent
    13. Dezember 2012

    @Stefan W
    Ich möchte es mal so sagen, was ein Professor für Philosophie und Ethik über die rechtliche Aktzeptanz der Gesetzesvorlage schreibt kann doch der immer zu 100% richtigen Ansicht des Physikers nicht das Wasser reichen. Wie ich schon sehr viel weiter oben sagte, der Physiker drischt hier seitenlang auf Strohmänner ein und er wird im Leben nie zugeben, daß er für eine eigentliche Interpretation der Beschneidungs-Gesetzgebung nicht kompetent ist.
    Bezeichnend war auch sein Versuch die Beschneidung als Hygieneprophylaxe vor 2-3000 Jahren einzuführen. Das er sich dabei ein blutige Nase holte hat er im folgenden sauber verschwiegen.

  753. #755 Physiker
    14. Dezember 2012

    @Adent, Stefan W.:
    Prof. Tiedemann wägt in seinen Überlegungen gar nicht die medizinischen Vor-/Nachteile der Beschneidung gegeneinander ab, sondern geht wie selbstverständlich davon aus, dass die Beschneidung einen gesundheitlichen Nachteil für das Kind darstellt. Laut Fachliteratur ist das aber nicht der Fall. Die Komplikationsrate des Eingriffs wird mit 1:500 angegeben (übrigens auch in der Begründung des Gesetzes), was bereits durch die Risikominderung bei HIV und Peniskrebs mehr als ausgeglichen wird (je 1:1000, d.h. zusammen ebenfalls 1:500) – zumal die Komplikationen überwiegend unproblematisch sind, HIV aber nach wie vor tödlich ist. Und alleine dieses Zahlen werden auch von den Beschneidungsgegnern genannt. Darüber hinaus gibt es sehr viele Vorteile für die Gesundheit die ein bis drei(!) Grössenordnungen grösser sind als die Komplikationen (siehe obige Liste, AAP-Review oder beliebige andere Reviews zu dem Thema, die konkrete Zahlen benennen).
    Die Schmerzen des Eingriffs sind laut Fachliteratur praktisch vollständig vermeidbar und eine negative Auswirkung auf die sexuelle Empfindsamkeit/Befriedigung/Funktion ist laut Studienergebnissen nicht vorhanden. Für jeden, der zwei Zahlen vergleichen kann, ist offensichtlich, dass die medizinischen Vorteile der Beschneidung überwiegen.

  754. #756 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com/2012/12/14/komikernation/ 18:52 Uhr
    14. Dezember 2012

    Wir haben bei Beschneidungen 100% Vorhautverlust. Die Betroffenen, soweit sie als Kind vor der Geschlechtsreife beschnitten werden, haben gar keinen Vergleich, den sie anstellen könnten.

    Dass Sie eine schmerzfreie Operation empfehlen ehrt Sie, aber bringt Sie in eine einsame Position, die sonst niemand teilt.

    Im Zuge der Beschneidungsdebatte führte die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) eine internetbasierte Befragung zum Thema durch, an der sich etwa 10 Prozent der Kinder- und Jugendarztpraxen in Deutschland beteiligten (siehe hierzu den Bericht des Präsidenten des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Dr.med. Wolfram Hartmann, vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags). In diesen 458 Praxen wurden im Zeitraum vom 01. Januar 2010 bis zum 10. November 2012 insgesamt 1858 Kinder wegen Komplikationen nach der Beschneidung behandelt. 1832 dieser Kinder litten unter lokalen oder systemischen Infektionen, bei 737 Kindern war das Ergebnis der Beschneidung kosmetisch nicht zufriedenstellend, bei 249 war eine zweite Beschneidung erforderlich.

    Quelle: https://hpd.de/node/14586

    Wenn in knapp 2 Jahren knapp 2000 Fälle auftreten in 10% der Praxen, dann entspricht das 10 000 Fällen in einem Jahr bei 100% Praxen – was, zugegeben, eine sehr saloppe Form der Schätzung ist.

    Wäre die Komplikationsrate 1:500 so würde das für 5 Millionen Beschneidungen in einem Jahr sprechen. Auf beiderlei Geschlecht hochgerechnet wären das 10 Millionen Kinder aus beschneidungslustigen Familien. Bei 2 Eltern pro Familie und 2 Kindern in 30 Jahren pro Familie würde man 150 Millionen konservative junge Juden und Moslems in Deutschland erwarten.

    Das sieht nicht so plausibel aus.

    Das sähe so gerechnet eher nach einer Komplikationsrate von 1:10 bis 1:30 aus.

    Naja – und dass ich AIDS-Prophylaxe bei nicht geschlechtsreifen Jungen für eine abenteuerliche Begründung halte scheint ja doch bei jedem Posting aufs neue nötig zu wiederholen.

    Dann zu den Schmerzen, doch noch: Wenn teilweise berichtet wird, dass muslimische Jungen von einer Woche lang Schmerzen berichten (obwohl die Tradition gebietet Schmerzen mannhaft zu ertragen), dann frage ich mich, ob man die wirklich eine Woche unter Morphium setzen kann, oder wie das gemacht werden soll, mit der schmerzfreien Behandlung.

  755. #757 s.s.t.
    14. Dezember 2012

    @Physiker

    Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, wo um alles in der Welt sind denn Ihre ach so rationalen (med.) Gründe geblieben? Man findet nix, aka Null,Null, davon weder im Bundestag, im Verfassungsblog noch in der FR und anderen Zeitungen.

    Die einzigen relevanten Gründe, die dort und anderswo, pro-Verstümmelung vorgebracht werden, beziehen sich auf Religion und vergleichbares, also auf offensichtlich höchst irrationale Grundlagen. Sie haben übrigens in gewisser Hinsicht sogar recht: Nicht nur einzelne Meinungen hier sind in einem Wissenschaftsblog fehl am Platze, das ganze Thema wäre in einem Reli-Forum (o.ä.) wesentlich besser aufgehoben.

    Nehmen Sie es einfach zur Kenntnis: Evtl. Vorteile einer m-Beschneidung vs. Nicht-Beschneidung sind in Dt. bestenfalls ein Randthema, und selbst das nur aller höchst selten., wobei diesen von kompetenten Fachleuten vehement widersprochen wird.

    Ihre ganze med. Argumentation, auf dem sich ganz wesentlich Ihr Artikel aufbaut, ist schlicht und einfach für die Tonne.

    Ob das BVerfG dem Spuk ein Ende macht, steht in den Sternen; Recht ist mitunter mit Räson und Politik eng verpflochten.

    @Stefan W.

    Sehr guter Beitrag zur Komplikationsrate, aber auch das spielte bei der Verabschiedung des Gesetzes keine Rolle, denn auch rationale Gegenargumente wurden nicht wahrgenommen bzw. wissentlich ignoriert, denn solange keine ‘echten’ Leichen herumliegen, lassen sich Unannehmlichkeiten Dritter leicht ausblenden.

    Fazit: Das Gesetz wurde auf Druck der unheiligen Dreieinfältigkeit verabschiedet (und aus deren Gründen, und nicht denen von med. Fachleuten) und trägt impliziet schon fast rassistische Züge.

  756. #758 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com/2012/12/14/komikernation/ 18:04 Uhr
    15. Dezember 2012

    @s.s.t.: Ich habe die Debatte auf Phönix verfolgt, und die Kinderbeauftragte der SPD als auch eine Vertreterin der Linken haben sehr deutlich rational Stellung bezogen.

    Abgesehen davon lasse ich mir durch empirische Fakten der Diskussion der politischen Elite die Grenze meines Diskurses nicht diktieren und stehe hier auch auf der Seite von Physiker: Wir diskutieren über das, was wir für richtig halten und brauchen niemanden, der uns einen Laufstall einrichtet.

  757. #759 Physiker
    18. Dezember 2012

    @Stefan W.:
    Erstmal Danke, das sehe ich auch so. Mit eine Hauptaussage im obigen Blogartikel war ja gerade, dass “d]ie Argumentation aus Sicht der Ärzte, sowie die wissenschaftliche Fachliteratur und damit der Standpunkt der Evidenzbasierten Medizin […] in der öffentlichen Diskussion zur Beschneidungsfrage so gut wie komplett ignoriert” wird. Deshalb finde ich den Vorwurf (@s.s.t.) dass auch ich mich damit nicht beschäftigen solle, etwas seltsam.

    zu den einzelnen Punkten:

    Die Betroffenen, soweit sie als Kind vor der Geschlechtsreife beschnitten werden, haben gar keinen Vergleich, den sie anstellen könnten.

    Das ist so bei allen prophylaktischen Massnahmen, die die Eltern anstelle Ihrer Kinder treffen: Nach einer Korrektur einer Zahnfehlstellung erfahren die Kinder auch nicht mehr, wie es sich anfühlt gehänselt zu werden; nach einer Windpockenimpfung werden die Kinder auch nie mehr erfahren, ob eine durchmachte Kinderkrankheit mehr ihr Immunsystem gestärkt hätte. Wie gesagt, das Grundgesetz rechtfertigt gerade mit Art. 6 genau solche (unumkehrbaren) Eingriffe, die dem Kind die Wahlfreiheit nehmen (und zu dessem Wohl geschehen). Das muss auch so sein, sonst könnte man GG Art. 6 gleich streichen und dem Staat die Erziehung von Kindern anvertrauen (was in der Geschichte mehrfach katastrophale Folgen hatte).

    Dass Sie eine schmerzfreie Operation empfehlen ehrt Sie, aber bringt Sie in eine einsame Position, die sonst niemand teilt.

    Lesen Sie bitte den Begleittext zum neuen Gesetz. Dort wird grossen Wert auf die Schmerzvermeidung gelegt (impliziert im Gesetzestext durch die Formulierung “nach den Regeln der ärztlichen Kunst”). Ausserdem empfehle ich nicht die Beschneidung (siehe obigen Disclaimer) – ich stelle nur fest, dass sie von der Mehrheit der Fachliteratur positiv bewertet wird. Meine Position ist also gar nicht so einsam, denn die deutliche Mehrheit des Bundestages hat dem Gesetzentwurf zugestimmt – und auch laut Fachliteratur gilt: Wenn schon eine Beschneidung auf Wunsch der Eltern vorgenommen werden soll, dann hat sie wenigstens lege artis und damit so schmerzlos wie möglich zu erfolgen. Darin sind sich auch alle Ärzteverbände weltweit einig.

    Zu Ihrer Abschätzung der Komplikationsrate:
    Bevor ich Internetabstimmungen für bare Münze halte, vertraue ich da doch lieber auf vergleichende medizinische Studien (d.h. mit Referenzgruppe). So funktioniert nun mal Evidenzbasierte Medizin. Wie wollen Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren auf der einen Seite die Homöopathie genau deshalb zu kritisieren, weil sie Umfragen anstatt anerkannte wissenschaftliche Methoden verwendet; und dann auf der anderen Seite bestens durch Reviews und Studien belegte Ergebnisse (die z.T. auch von Gegnern der Beschneidung anerkannt werden) bezüglich der Beschneidung durch “Umfragen” – pardon, noch schlimmer: Internetumfragen – infrage zu stellen? Sorry, mir wäre eine solche Doppelmoral zuwider. Und um das ganz deutlich zu sagen: Ich richte diesen Vorwurf nicht an Sie! Ich halte es für unzumutbar, dass sich Laien mit den Details von randomisierten Studien beschäftigen sollen. Dieser Vorwurf richtet sich an die entsprechenden Ärzteverbände, deren ureigenste Aufgabe es ist, den Stand der Forschung zu berücksichtigen, und nicht einfach an unliebsamen Ergebnissen rumzunörgern. Stümperhafte Umfragen ohne Auswertung und ohne Publikation in Fachzeitschriften sind jedenfalls keine Methode der Evidenzbasierten Medizin – weder bei der Homöopathie noch bei der Beschneidung.

    Naja – und dass ich AIDS-Prophylaxe bei nicht geschlechtsreifen Jungen für eine abenteuerliche Begründung halte scheint ja doch bei jedem Posting aufs neue nötig zu wiederholen.

    Naja – und Sie sind ja auch immer noch nicht auf meine Gegenargumente eingegangen. Zum einen sind das die anderen verloren gegangenen gesundheitlichen Vorteile bei Aufschiebung der Beschneidung, die um eine Grössenordung höhere Komplikationsrate, die grösseren Unannehmlichkeiten und Schmerzen. Ausserdem ist es bei Prophylaxe-Massnahmen unerlässlich, dass diese vorgenommen werden, bevor das Kind sich der ersten Risikosituation aussetzt. Und da die Grenze bei der Einwilligunsfähigkeit von Kindern ungefähr bei 14 Jahren gezogen wird und es in diesem Alter durchaus auch zum ersten Geschlechtsverkehr kommen kann, ist es aus medizinischer Sicht logisch eine Beschneidung gerade vor diesem Alter durchzuführen. Sonst ist die Präventionsmassnahme vergebens bzw. weniger effektiv. Das ist bei der HPV-Impfung genauso. Kurz: Diese Prophylaxemassnahme sollte aus medizinischen Gründen vor der Geschlechtsreife stattfinden.

    Wenn teilweise berichtet wird, dass muslimische Jungen von einer Woche lang Schmerzen berichten […]

    … dann finde ich das auch nicht in Ordnung und es sollte geprüft werden, ob der Arzt wirklich lege artis vorgegangen ist.

  758. #760 Physiker
    18. Dezember 2012

    Nachtrag zu den Schmerzen:
    Am häufigsten wird ja gerade gefordert, dass die Beschneidung in einem späteren Alter stattfinden soll. Bei den Muslimen ist das ja z.T. der Fall, denn wenn die Beschneidung z.B. mit grob 7 Jahren durchgeführt wird, ist das Kind ja bereits zum Teil Einwilligungsfähig und hat zumindest schon mal ein Vetorecht, kann sich also gegen eine Beschneidung aussprechen (in einem der Ärzteblattartikel ist diese graduelle Einwilligungsfähigkeit gut erklärt). Nun ist es aber leider so, dass diese Operation umso komplizierter, schmerzhafter und unangenehmer ist, desto älter das Kind wird. Der praktisch schmerzfreie Eingriff ist laut Literatur nur im Säuglingsalter möglich, später hat das Kind dann zwar ein Mitspracherecht, muss aber dafür unausweichlich auch mehr Schmerzen/Komplikationen ertragen. Und wenn sowohl Eltern als auch Kind in eine Beschneidung einwilligen und vorher über die Schmerzen aufgeklärt wurden, dann gibt es keinen weiteren Grund für ein Eingreifen des Staates.

  759. #761 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com/2012/12/14/komikernation/ 17:01
    19. Dezember 2012

    Das muss auch so sein, sonst könnte man GG Art. 6 gleich streichen und dem Staat die Erziehung von Kindern anvertrauen (was in der Geschichte mehrfach katastrophale Folgen hatte).

    Beschneidung ist aber keine Erziehungsmaßnahme.

    Lesen Sie bitte den Begleittext zum neuen Gesetz. Dort wird grossen Wert auf die Schmerzvermeidung gelegt (impliziert im Gesetzestext durch die Formulierung “nach den Regeln der ärztlichen Kunst”).

    Wenn jüngere Forschungen zeigen, dass entgegen früheren Annahmen Babies sehr wohl ein Schmerzempfinden haben, und eine Anästhesie bei Babies wg. des hohen Risikos einerseits sich selbst verbietet, andererseits gerade bei Kindern unter 6 Monaten auf einen Arzt verzichtet werden kann, dann muss man das als das Lesen, was es ist, als eine Nebelkerze die hofft, dass sich schmerzfreiheit schon deshalb einstellt, weil man sich das wünscht und Gott ja ganz in der Nähe ist, der es in der Hand hat.

    Wenn schon eine Beschneidung auf Wunsch der Eltern vorgenommen werden soll, dann hat sie wenigstens lege artis und damit so schmerzlos wie möglich zu erfolgen.

    ‘So schmerzlos wie möglich’ ist eine Contradictio in adjecto. Wenn es nicht schmerzlos ist, dann ist es allenfalls schmerzarm. Oder die Schmerzen dauern kurz. Wahrscheinlich sind ja die Internetvideos die Beschneidungen und die schreienden Kinder zeigen gefälscht, oder das Schreien ist eines der Begeisterung, jetzt endlich zur Religionsgemeinschaft dazugehören zu dürfen. Als Gegenbeweis reicht ja leider ein einzelner Fall aus.

    Oder wir sollen glauben, dass der Gesetzgeber die 6monatsklausel deswegen ins Gesetz geschrieben hat, damit die Mohel erkennen, dass sie, wenn sie lege artis Babies verstümmeln wollen von sich einen Anästhesisten hinzuziehen, denn ihre geforderte Ausbildung, die der eines Arztes nahe kommen soll, erlaubt ihnen festzustellen, dass es anders nicht möglich ist.

    Nun ist es aber leider so, dass diese Operation umso komplizierter, schmerzhafter und unangenehmer ist, desto älter das Kind wird.

    Interessant. Wie stellt man das fest?

    Ausserdem ist es bei Prophylaxe-Massnahmen unerlässlich, dass diese vorgenommen werden, bevor das Kind sich der ersten Risikosituation aussetzt. Und da die Grenze bei der Einwilligunsfähigkeit von Kindern ungefähr bei 14 Jahren gezogen wird und es in diesem Alter durchaus auch zum ersten Geschlechtsverkehr kommen kann, ist es aus medizinischer Sicht logisch eine Beschneidung

    … mit 6 Monaten vorzunehmen oder 8 Tagen? Wieso ist es so eminent wichtig die Prophylaxe vor dem ersten Verkehr durchzuführen? Ist das eine magische Zahl? Naiv wie ich bin hätte ich gedacht, dass das Risiko bei jedem GV gleich groß ist, den Schaden könnte man dann als höher einstufen, je früher man davon betroffen ist. Man würde also das Risiko nur minimal erhöhen, wenn man nach dem ersten GV beschneidet und könnte ohne weiteres bis zum Alter von 14 warten, da nahezu kein Junge vorher schon Verkehr hat.

    Der angebliche Nebennutzen besteht ja wieder daraus, dass man eine potentielle Phimose so heilt. Das zählt aber natürlich nicht, denn wenn man eine Phimose erst behandelt, wenn sie da ist, und dann wirklich operieren muss, dann hat der Betroffene ja die angebliche AIDS-Prävention trotzdem. Es wird also niemand dadurch besser gestellt, dass er früher beschnitten wird.

    Wir haben auf der einen Seite massig Jungs, die wirklich schmerzfrei 14 und 18 werden, weil sie nicht beschnitten werden und es sich dann frei aussuchen könnten, wenn sie Wert darauf legen würden, und eine Vorhaut haben, die sie, wenn sie sie gering schätzen, aus eigenem Antrieb opfern können.

    Ich denke da werden so viele junge Männer dankend Abstand von der Amputation der Vorhaut nehmen, dass netto schon alleine deshalb eine geringere Komplikationsrate zu erwarten ist.

    Dass die Regierung nicht abwarten wollte und selbst eine Studie in Auftrag gegeben hat zeigt, neben dem geringen Stellenwert den all die medizinischen Argumente in der Debatte gespielt haben, dass es den Häuptlingen der konfliktscheuen Komikernation überhaupt nicht um Prophylaxe, Schmerzen, Lustverlust und Kindeswohl geht, sondern nur um eine möglichst rasche und leise Vermeidung eines Disputs.

  760. #762 Physiker
    20. Dezember 2012

    @Stefan W.:

    “Das muss auch so sein, sonst könnte man GG Art. 6 gleich streichen und dem Staat die Erziehung von Kindern anvertrauen (was in der Geschichte mehrfach katastrophale Folgen hatte).”
    Beschneidung ist aber keine Erziehungsmaßnahme.

    “Erziehungsmassnahmen” sind nicht definiert. Die Beschneidung fällt genauso unter GG Art. 6 wie auch das Verordnen von Zahnspangen, die Entscheidung ob und wenn ja gegen was geimpft werden soll und alle anderen Gesundheitsmassnahmen. Wenn Sie wollen, dass Eltern nicht mehr über gesundheitliche Belange ihrer Kinder entscheiden sollen, dann müssen Sie sich schon trauen und gegen das Grundgesetz Stellung beziehen.

    Wenn jüngere Forschungen zeigen, dass entgegen früheren Annahmen Babies sehr wohl ein Schmerzempfinden haben, und eine Anästhesie bei Babies wg. des hohen Risikos einerseits sich selbst verbietet, andererseits gerade bei Kindern unter 6 Monaten auf einen Arzt verzichtet werden kann, dann muss man das als das Lesen, was es ist, als eine Nebelkerze die hofft, dass sich schmerzfreiheit schon deshalb einstellt, weil man sich das wünscht und Gott ja ganz in der Nähe ist, der es in der Hand hat.

    Die “jüngere” Forschung von der Sie sprechen war bereits in den 1980er Jahren etabliert. Den Entsprechenden Link auf die hervorragende medizinhistorische Publikation zu diesem Thema habe ich auch schon gepostet. Ihr Informationsstand ist komplett veraltet und hinkt um ein bis zwei Paradigmenwechsel auf diesem Gebiet hinterher. Als man nämlich in den 1980er Jahren erkannte, dass Säuglinge sehr wohl ein Scherzempfinden haben, ging man dazu über, tendentiell zu viele Schmerzmittel zu verschreiben. Später stellte man dann fest, dass eine übertriebene Schmerzmittelgabe wegen der Nebenwirkungen ebenfalls ungesund ist – das Pendel schlug also wieder in die andere Richtung aus. Heute dreht sich die medizinische Forschung genau darum die optimale Schmerzminderungsstrategie zu finden. Dazu gibt es zahlreiche Studien, die allesamt zum Ergebnis kommen, dass man mit einer geeigneten Strategie die Schmerzen der Beschneidung bei Säuglingen vollständig vermeiden kann: This study shows that painless circumcision is possible in almost all newborns if it is performed during the first week after birth. (B. Banieghbal, 2009)
    Fazit: Die Fachpublikationen schlagen effiziente Schmerztherapien vor, und dass diese nebenwirkungsarm und hochwirksam sind, ist bestens durch Studien belegt. Nehmen Sie das doch bitte zur Kenntnis.

    ‘So schmerzlos wie möglich’ ist eine Contradictio in adjecto. Wenn es nicht schmerzlos ist, dann ist es allenfalls schmerzarm. Oder die Schmerzen dauern kurz. Wahrscheinlich sind ja die Internetvideos die Beschneidungen und die schreienden Kinder zeigen gefälscht, oder das Schreien ist eines der Begeisterung, jetzt endlich zur Religionsgemeinschaft dazugehören zu dürfen. Als Gegenbeweis reicht ja leider ein einzelner Fall aus.

    Bitte stellen Sie sich nicht dümmer als Sie sind. Was mit “so schmerzlos wie möglich” gemeint ist, versteht jedes Kind. Laut obiger Publikation ist die Beschneidung in fast allen Fällen auch komplett schmerzlos möglich (“painless circumcision is possible”). Dass Rechtsradikale, Antisemiten und Islamophobiker ein Interesse daran haben, Hass-/Propaganda-Videos ins Netz zu stellen ist doch unbestreitbar. Ich halte solche Video-Clips für keine gute Informationsquelle und vertraue deshalb der Fachliteratur (die übrigens ebenfalls Videos zur Verfügung stellt). Ausserdem halte ich mich sowieso nicht für kompetent genug anhand eines Operationsvideos darüber zu Urteilen ob ein solcher Eingriff erlaubt werden soll oder nicht. Ich denke selbst wenn ein Video über eine stinknormale Blinddarm-OP oder einen Kaiserschnitt im Internet kursieren würde, wäre wohl die “normale” Reaktion nach einem Verbot solcher Operationen zu rufen. Oder stehen Sie wirklich so sehr über der Sache und halten Sie sich wirklich für so kompetent, ausgerechnet beim umstrittenen Thema Beschneidung ein objektives Urteil anhand von OP-Videos zu fällen? Ich bin dafür, derartige Beurteilungen Experten/der Fachliteratur zu überlassen… Dunning-Kruger lassen sonst nämlich Grüssen.

    Oder wir sollen glauben, dass der Gesetzgeber die 6monatsklausel deswegen ins Gesetz geschrieben hat, […]

    Die 6-Monatsklausel ist doch offensichtlich ein “Zugeständnis” an das Judentum (siehe auch Begleittext zum Gesetz). Dass innerhalb dieser Frist auch Personen zugelassen werden, die “für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind”, ist gerade auch aus medizinischer Sicht sinnvoll. Denn alle existierenden Studien belgen, dass gerade die in Israel traditionell von Mohel durchgeführten Beschneidungen besonders komplikationsarm sind. Die WHO begründet das auch damit, dass dieser medizinische Eingriff besser von routinierten Personen durchgeführt werden sollte. Das ist wie bei der Blutabnahme: besser eine routinierte Krankenschwester, die die Vene beim ersten Stich trifft, als ein Chefarzt, der wegen mangelnder Übung wild herumstochert.

    Nun ist es aber leider so, dass diese Operation umso komplizierter, schmerzhafter und unangenehmer ist, desto älter das Kind wird.
    Interessant. Wie stellt man das fest?

    Mit Hilfe von Studien. Die Komplikationsrate bei Neugeborenen liegt bei ca. 0,3% und die bei älteren Kindern bei ca. 3%. Zur Schmerzdiagnose gibt es auch sehr viele Methoden (über das Schreien/Weinen, über Blutwerte, Puls, etc.) – es gibt Dutzende Studien zu diesem Thema, deren Ergebnisse alle feinsäuberlich in den genannten Reviews aufgelistet werden.

    Naiv wie ich bin hätte ich gedacht, dass das Risiko bei jedem GV gleich groß ist, den Schaden könnte man dann als höher einstufen, je früher man davon betroffen ist. Man würde also das Risiko nur minimal erhöhen, wenn man nach dem ersten GV beschneidet und könnte ohne weiteres bis zum Alter von 14 warten, da nahezu kein Junge vorher schon Verkehr hat.

    Das ist im Prinzip richtig. Trotzdem führt genau eine solche Abwägung des Präventionsnutzens in Abhängigkeit vom Alter dazu, dass z.B. von einer HPV-Impfung über 17 Jahren abgeraten wird. Prävention funktioniert eben am besten, solange es zu einer Risikositutation noch nicht gekommen ist – deswegen heisst es ja “Prä”-vention. Abgesehen davon ist Ihre Vorstellung von abstinenten Jugendlichen nicht mehr zeitgemäss… man muss wirklich nicht lange googeln um herauszufinden, dass jeder dritte deutsche Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren regelmässig Sex hat. Sinnvolle Prävention startet also vorher. Darüber hinaus finde ich Ihre Haltung arrogant, Ihre eigene Risikobewertung anderen Eltern aufzuwingen – welche Risiken Eltern Ihren Kindern zumuten ist laut Grundgesetz ganz klar Sache der Eltern. Und wenn Ihnen das nicht passt, dann sollten Sie sich für eine Verfassungsänderung aussprechen.

    Der angebliche Nebennutzen besteht ja wieder daraus, dass man eine potentielle Phimose so heilt. Das zählt aber natürlich nicht, denn wenn man eine Phimose erst behandelt, wenn sie da ist, und dann wirklich operieren muss, dann hat der Betroffene ja die angebliche AIDS-Prävention trotzdem. Es wird also niemand dadurch besser gestellt, dass er früher beschnitten wird.

    Doch. Die 10x selteneren Komplikationen der frühen Beschneidung zähle ich genauso zu den Vorteilen wie die bereits diskutierten Schmerzen bis zur Behandlung der Phimose selbst, den vermiedenen Harnwegs-infektionen/-entzündungen und den zahlreichen anderen in den Reviews aufgelisteten Vorteilen. Nochmal: warum ignorieren Sie die altersabhängigen Komplikationen bei der Beschneidung? Eltern haben das Recht, einen medizinischen Eingriff genau dann ausführen zu lassen, wenn er besonders komplikationsarm ist – alles andere wäre doch zum gesundheitlichen Nachteil des Kindes.

    Wir haben auf der einen Seite massig Jungs, die wirklich schmerzfrei 14 und 18 werden, […]

    Das ist doch gerade laut Fachliteratur falsch. Harnwegsinfektionen sind schmerzvoll, unbehandelte Phimosen bereiten Schmerzen, Geschlechtskrankheiten sind auf dem Vormarsch und tun auch weh. Sie argumentieren genau wie diejenigen, die Angst vor einer Impfung haben, weil der Piekser auch weh tut.

    Dass die Regierung nicht abwarten wollte und selbst eine Studie in Auftrag gegeben hat zeigt, neben dem geringen Stellenwert den all die medizinischen Argumente in der Debatte gespielt haben, dass es den Häuptlingen der konfliktscheuen Komikernation überhaupt nicht um Prophylaxe, Schmerzen, Lustverlust und Kindeswohl geht, sondern nur um eine möglichst rasche und leise Vermeidung eines Disputs.

    Habe ich nicht oben im Arkel genau das kritisiert – nämlich dass in der Debatte momentan medizinische Argumente ignoriert werden? Aber Sie reihen Sich ja bereitwillig hinter den Häuptlingen der konfliktscheuen Komikernation ein, indem Sie die konkreten Zahlen zu den altersabhängien Vor- und Nachteilen der Beschneidung konsequent ignorieren.

  761. #763 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom/beschneidung 6:58
    21. Dezember 2012

    “Erziehungsmassnahmen” sind nicht definiert. Die Beschneidung fällt genauso unter GG Art. 6 wie auch das Verordnen von Zahnspangen, die Entscheidung ob und wenn ja gegen was geimpft werden soll und alle anderen Gesundheitsmassnahmen.

    Ob “Erziehungsmaßnahme” durch Rechtsprechung nicht inzwischen doch definiert ist, da wäre ich mir nicht so sicher. Fakt ist, dass eine religiös motivierte Vorhautamputation, bei der weder Mohel oder Eltern die medizinischen Vor- und Nachteile erwägen kaum mit Impfungen verglichen werden kann. Weder ist das mit dem Verlust eines Organs verbunden, noch vergleichsweise schmerzhaft.

    Die zahlreichen Studien kommen also zu dem Schluss

    if it is performed during the first week after birth.

    (sieht mehr aus wie eine Studie), und passt ja nicht, weil die jüdische Beschneidung am 8. Tag vorgenommen werden soll, also nach der ersten Woche. Die Muslime beschneiden gleich noch viel später. Aber Sie plädieren ja für medizinisch, nicht religiös motivierte Beschneidungen – ich hätts fast vergessen, womöglich wegen dieses netten Hinweises:

    Dass Rechtsradikale, Antisemiten und Islamophobiker ein Interesse daran haben, Hass-/Propaganda-Videos ins Netz zu stellen ist doch unbestreitbar.

    Haben Sie da jemand speziellen im Auge, dem Sie das vorwerfen wollen im Zusammenhang mit einem bestimmten Video? Was ich sah sah aus wie von Leuten gemacht, die an dem Brauch teilnehmen und nicht als von Rechtsradikalen, Antisemiten oder Islamophobikern und – haben Sie vergessen: Impfverweigereren.

    Ich denke selbst wenn ein Video über eine stinknormale Blinddarm-OP oder einen Kaiserschnitt im Internet kursieren würde, wäre wohl die “normale” Reaktion nach einem Verbot solcher Operationen zu rufen.

    Mein Bedarf mir OPs im Internet anzuschauen ist in der Tat ganz generell sehr gering, und zwar unabhängig davon, ob diese im Ruf steht oft überflüssig zu sein oder nicht. Ein Verbot würde ich darauf natürlich nicht gründen, wenn die Operation mit (Vorsicht, Überraschung!) Einwilligung des Betroffenen passiert, oder bei konkreter Indikation. Also nicht so Larifariprophylaxen, wo harmlosere Therapien (Antibiotika) möglich sind, die zudem nur Betroffenen verabreicht werden müssen – < 5% aller Jungs, wenn ich richtig gelesen habe, bis zum Alter von 2.

    Abgesehen davon ist Ihre Vorstellung von abstinenten Jugendlichen nicht mehr zeitgemäss

    Habe ich keine geäußert, oder zählen sie unter 14jährige dazu? Ihre Zahlen beginnen ja auch mit 14. Wieso sollte man die mit 12 beschneiden?

    Darüber hinaus finde ich Ihre Haltung arrogant, Ihre eigene Risikobewertung anderen Eltern aufzuwingen

    Aber dem Kind kann man aufzwingen. Das ist natürlich nicht arrogant.

    Denn alle existierenden Studien belgen, dass gerade die in Israel traditionell von Mohel durchgeführten Beschneidungen besonders komplikationsarm sind.

    Würde mich, ehrlich gesagt wundern, wenn es anders wäre. Und was sagen alle existierende Studien über die Praktiken der Mohels in der Schmerzprävention? Ist das nichts, was in Deutschland – wir reden ja nicht über Israel – nur ein Arzt machen darf?

    Übrigens darf m.W. in Deutschland auch nur ein Arzt Blut abnehmen, keine Schwester und auch kein Polizist.

    Die 10x selteneren Komplikationen

    10x ist häufiger, nicht seltener. Sie meinen 1/10tel so häufige, nehme ich an.

    Dass man eine Phimose nicht behandeln soll habe ich auch nie gesagt.

    Sie argumentieren genau wie diejenigen, die Angst vor einer Impfung haben, weil der Piekser auch weh tut.

    Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch, und das wissen Sie auch.

    Die fixe Idee, die Debatte aufs medizinische zu verlegen hat für die Politik nicht verfangen und wird nicht verfangen, weil man dann von der medizinischen Forschung abhängig wäre, und Gefahr läuft die Scheinargumente zu verlieren.

  762. #764 Physiker
    21. Dezember 2012

    @Stefan W.: (Teil I)

    Ob “Erziehungsmaßnahme” durch Rechtsprechung nicht inzwischen doch definiert ist, da wäre ich mir nicht so sicher.

    Das ist irrelevant, denn in Art. 6 steht “Pflege und Erziehung der Kinder” – und das schliesst Gesundheitsmassnahmen selbstverständlich mit ein. Nochmal: Wenn Sie etwas gegen Art. 6 des Grundgesetzes einwenden wollen, dann formulieren Sie das bitte auch als Kritik am Grundgesetz. Für mich steht dieses Grundgesetz (Art. 6), das sowohl in den Menschen- als auch in den Kinderrechten veranktert ist, nicht zur Debatte.

    Fakt ist, dass eine religiös motivierte Vorhautamputation, bei der weder Mohel oder Eltern die medizinischen Vor- und Nachteile erwägen kaum mit Impfungen verglichen werden kann.

    Vergleiche sind gar nicht nötig, die einzige relevante Frage ist die, ob die NNHs gösser oder kleiner sind als die NNTs. Genau daran muss sich jeder medizinische Eingriff messen lassen – und zwar völlig egal wie invasiv er ist. Die Kriterien der Evidenzbasierten Medizin gelten ganz genauso für Impfungen, Medikamentengaben, Operationen wie auch für Amputationen oder Implantate. Wenn Sie die Beschneidung nicht für vergleichbar halten und deshalb die Kriterien der Evidenzbasierten Medizin für nicht anwendbar halten, dann argumentieren Sie genauso wie die Homöopathiebefürworter. Und “religiöse Motive von Eltern oder Mohel” werden auch nichts an der evidenzbasierten Abwägung der NNHs gegen die NNTs ändern: Wir diskutieren hier die Frage ob eine Operation verboten werden soll oder nicht, da sind die Motive bestenfalls zweitrangig. Denn wenn die Eltern aus falschen Motiven heraus ihrem Kind etwas Gutes tun, dann kann es doch nicht die Aufgabe des Staates sein, dort einzugreifen und dem Kind diesen Vorteil zu verwehren nur weil die Motive der Eltern Ihnen nicht passen.

    sieht mehr aus wie eine Studie

    Hier eine Zusammenstellung einiger Zitate:
    “Our analysis finds MC [male circumcision] is beneficial, safe and cost-effective, and should optimally be performed in infancy.” (B. Morris, Review, 2012)
    “This study shows that painless circumcision is possible in almost all newborns if it is performed during the first week after birth.” (B. Banieghbal, Studie, 2009)
    “[…] the fact that the procedure has the least surgical risk and the greatest accumulated health benefits if performed during the newborn period.” (AAP, Review, 2012)
    “Child circumcision by medical providers tended to be associated with more complications […] than for neonates and infants.” (H. A. Weiss, Studie, 2010)
    Die wissenschaftliche Beweislast zur höheren Komplikationsrate bei älteren Kindern ist erdrückend, die Zahlen sind konsistent und es gibt keine gegenteiligen Aussagen in der Fachliteratur. Was wollen Sie mehr?

    […] und passt ja nicht, weil die jüdische Beschneidung am 8. Tag vorgenommen werden soll, also nach der ersten Woche.

    Diese Erbsenzählerei ist jetzt aber nicht Ihr Ernst?

    Die Muslime beschneiden gleich noch viel später.

    Ja. Und zu diesem Zeitpunkt hat das Kind gemäss gängiger Rechtsauslegung bereits ein Mitspracherecht. Und zwar genau das Mitspracherecht, das von Ihnen gefordert wird. Wie ich bereits schrieb wird dieses Mitspracherecht allerdings durch medizinische Nachteile erkauft die umso grösser werden je länger der Eingriff hinausgezögert wird. Das geht sogar bis dahin, dass im Erwachsenenalter der gesundheitliche Nutzen durch die Risikoreduktion bei einigen Geschlechtskrankheiten zeitweise in einen Nachteil umschlägt (siehe AAP-Review). Das führt zum Dilemma, dass man sich zwischen dem Mitspracherecht und einen Teil der gesundheitlichen Vorteilen entscheiden muss. Meiner Meinung nach ist sowohl die Entscheidung zugunsten des Mitspracherechts als auch die Entscheidung für die gesundheitlichen Vorteile vom Grundgesetz gedeckt.

    Aber Sie plädieren ja für medizinisch, nicht religiös motivierte Beschneidungen

    Ich verstehe nicht, wie Sie zwischen beiden unterscheiden könnten oder was der Sinn einer solchen Unterscheidung wäre. Profitieren die aus religiösen Gründen Beschnittenen etwa nicht von den gesundheitlichen Vorteilen? Die Versteifung auf die Motive der Eltern läuft unweigerlich auf eine grundgesetzeswidrige Diskriminierung hinaus.

    Mein Bedarf mir OPs im Internet anzuschauen ist in der Tat ganz generell sehr gering, […]

    Ich fasse zusammen: Sie schauen normalerweise keine OPs im Internet an, Sie vermuten dass das/die von Ihnen angesehenen Beschneidungs-Video(s) autentisch ist/sind, würden normalerweise Ihr Urteil auch nicht auf solche Quellen begründen, machen aber ausgerechnet bei der Beschneidung eine Ausnahme. Und Sie begründen diese Ausnahme damit, dass die OP angeblich nicht indiziert sei, was ich ja genau bezweifle. Für mich klingt diese Argumentation ziemlich überheblich und zirkulär. Noch dazu vor dem Hintergrund, dass bereits ein Video weiter oben in der Diskussion als Propaganda entlarvt wurde.

  763. #765 Physiker
    21. Dezember 2012

    @ Stefan W.: (Teil II)

    Also nicht so Larifariprophylaxen, wo harmlosere Therapien (Antibiotika) möglich sind, die zudem nur Betroffenen verabreicht werden müssen – [kleiner] 5% aller Jungs, wenn ich richtig gelesen habe, bis zum Alter von 2

    Das klingt für mich nach Impfverweigerer- und Antroposophen-Geschwätz mit dem man jede beliebige Prophylaxe kleinreden und das Durchmachen von Krankheiten als “Abhärtung” glorifizieren kann.
    1. ist eine Antibiotika-Gabe gerade keine “harmlose Therapie” mehr. Antibiotika sollten nur als letztes Mittel zum Einsatz kommen (was natürlich durch den momentan verschwenderischen Umgang untergraben wird).
    2. sind einige der genannten Krankheiten eben nicht durch Antibiotika behandelbar (Phimosen, nicht-bakterielle Harnwegsinfektionen, z.T. Balanitis und Candidiasis – ganz zu schweigen von den Geschlechtskrankheiten, die Sie explizit ausgeklammert haben wollen, da Sie das Kindeswohl wörtlich interpretieren)
    3. zeigen gerade vergleichende Studien, dass diese von Ihnen verharmlosten Krankheiten durchaus zu Todesfällen führen. Hier wurden 136 086 Jungs in den USA untersucht von denen 100 157 beschnitten wurden (74%). Und trotzdem befanden sich die zwei Todesfälle in der sehr viel kleineren Gruppe der unbeschnittenen.

    “Abgesehen davon ist Ihre Vorstellung von abstinenten Jugendlichen nicht mehr zeitgemäss”
    Habe ich keine geäußert, oder zählen sie unter 14jährige dazu?

    Mit 14 ist keine sprunghafte Änderung zu erwarten – oder muss ich jetzt wirklich Zahlen verlinken, die belegen, dass auch einige unter 14-jährige Sex haben.

    Ihre Zahlen beginnen ja auch mit 14. Wieso sollte man die mit 12 beschneiden?

    Mögliche Gründe habe ich bereits sehr viele genannt. Der Präventionsgrund ist dabei z.T. analog zur HPV-Impfung die z.B. ab 12 angeboten wird. Abwägungen, für welches Alter medizinische Massnahmen sinnvoll sind, sind wie ich bereits dargestellt habe kompliziert, vielschichtig und höchst rational. Wenn die medizinische Fachliteratur zweifelsfrei feststellt, dass Beschneidungen umso vorteilhafter sind, desto früher sie durchgeführt werden, dann sollte man das nicht ignorieren.

    “Darüber hinaus finde ich Ihre Haltung arrogant, Ihre eigene Risikobewertung anderen Eltern aufzuwingen”
    Aber dem Kind kann man aufzwingen. Das ist natürlich nicht arrogant.

    Natürlich nicht. Denn es ist vom Grundgesetz vorgesehen, dass Eltern über medizinische Eingriffe entscheiden dürfen (und sogar müssen!) die zum (gesundheitlichen) Vorteil ihres Kindes sind.

    Würde mich, ehrlich gesagt wundern, wenn es anders wäre. Und was sagen alle existierende Studien über die Praktiken der Mohels in der Schmerzprävention?

    Solche Studien gibt es auch, gehen Sie einfach den Verweisen in den verlinkten Reviews nach, wenn Sie daran interessiert sind – was ich inzwischen aber bezweifle.

    Ist das nichts, was in Deutschland – wir reden ja nicht über Israel – nur ein Arzt machen darf?
    Übrigens darf m.W. in Deutschland auch nur ein Arzt Blut abnehmen, keine Schwester und auch kein Polizist.

    Abgesehen davon, dass Sie das wohl mit der Zwangsblutentnahme bei Polizeikontrollen verwechseln, ändert das nichts an meiner evidenzbasierten Argumentation: Warum sollen ausgerechnet Mohel-Beschneidungen verboten werden, wenn diese nachgewiesenermassen besonders komplikationsarm sind?

    “Die 10x selteneren Komplikationen”
    10x ist häufiger, nicht seltener. Sie meinen 1/10tel so häufige, nehme ich an.

    Also wenn Sie jetzt nur noch an meinem Sprachgebrauch meckern, dann bin ich zufrieden.

    Dass man eine Phimose nicht behandeln soll habe ich auch nie gesagt.

    Deshalb sprach ich ja auch von den “Schmerzen bis zur Behandlung der Phimose”. Bei Prophylaxemassnahmen geht es ja genau darum die Krankheit zu vermeiden um sich genau solche Schmerzen und Unannehmlichkeiten zu ersparen, die bei einer Phimose ja bereits laut Definition vorhanden sind.

    “Sie argumentieren genau wie diejenigen, die Angst vor einer Impfung haben, weil der Piekser auch weh tut.”
    Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch, und das wissen Sie auch.

    Die Analogie ist insofern treffend als dass Sie absolute Schmerzfreiheit fordern, die natürlich bei keinem medizinischen Eingriff zugesichert werden kann.

    Die fixe Idee, die Debatte aufs medizinische zu verlegen hat für die Politik nicht verfangen und wird nicht verfangen, weil man dann von der medizinischen Forschung abhängig wäre, und Gefahr läuft die Scheinargumente zu verlieren.

    Ich mag es nicht, wenn Sie mir indirekt (da ich ja die Debatte aufs medizinische verlege) “Scheinargumente” und damit Verlogenheit unterstellen. Der Grund, warum “die Politik” keine medizinische Debatte führt ist trivial: Die Politik hat wenigstens verstanden, dass ihre Kompetenz wo anders liegt. Das wird auch in der Begründung des Gesetzestextes deutlich. Die Politik kann die medizinischen Aspekte nur zur Kenntniss nehmen (und muss auch berücksichtigen dass diese sich im Laufe der Zeit ändern). Darüber hinaus muss die Politik aber auch noch die gesellschaftlichen Konsequenzen berücksichtigen.

  764. #766 Stefan W.
    https://home.arcor.de/hirnstrom/beschneidung 1:28
    22. Dezember 2012

    Ich unterstelle nicht Verlogenheit, sondern Irrelevanz.

    Aber in der Tat würde mich interessieren, wie viele HIV-positive Frauen oder Mädchen mit unter 14jährigen Geschlechtsverkehr haben. Wenn Sie dazu Zahlen haben… – für unseren Kulturkreis bitte.

    Die Bedeutung, ob die Beschneidung von den Eltern religiös oder medizinisch motiviert ist, liegt darin, dass eine medizinische Aufklärung, die über 2000 Jahre nicht als notwendig erachtet wurde, und Fragen der Schmerzbehandlung, die auch den religiösen Medizinmännern neu aufgetragen wird. von der religiösen Gemeinde als lästiges, leeres Zeremoniell betrachtet werden kann, so dass das, was in Art. 2 GG, der Ihrer Aufmerksamkeit immer wieder entgeht, steht, und von den werten Politikern notdürftig adressiert wurde, womöglich zu schwach ist.

    Würden die Eltern aus medizinischen Gründen die Kinder beschneiden lassen, dann wären sie einer medizinischen Aufklärung über die Risiken sicher aufgeschlossen. Insofern glaube ich schon, dass jüdische und muslimische Eltern von christlichen oder ungläubigen in der Kinderliebe nicht unterscheidbar sind.

    Und eine nüchterne Abwägung der Möglichkeiten und der Angemessenheit einer Schmerzbehandlung würde ich dann auch erwarten.

    Aber Priester, die laut tönten, dass das Ritual so wichtig sei, dass es nicht aufgegeben werden darf, dass die Auswanderung die einzig mögliche Konsequenz sei, erfüllen mich nicht mit Zuversicht.

    Inwiefern ein Video als Propaganda entlarvt wurde, das muss ich übersehen oder anders verstanden haben. Welches Video meinen Sie? Wie wurde es entlavt?

    Und Summa summarum – wieviele Jungen schätzen Sie denn jetzt, werden im Schnitt operiert, ohne dass ihnen die Behandlung nutzt? 5 von 6, oder?

  765. #767 diego
    Fellbach
    30. Dezember 2012

    Niemand darf wegen seines Geschlechts ….. benachteilt oder bevorzugt werden.
    Die Frage, warum bei Jungen die Beschneidung erlaubt werden, bei Mädchen aber verboten bleiben soll, ist zwar gelegentlich aufgeworfen aber nicht schlüssig beantwortet worden.
    §2 GG enthält den Widerspruch von Geschlecht und Glauben/religiösen Anschauungen.

  766. #768 Physiker
    3. Januar 2013

    @Stefan W.:
    22. Dezember 2012

    Ich unterstelle nicht Verlogenheit, sondern Irrelevanz.

    In rationalen Diskussionen kommt man ganz ohne Unterstellungen aus und entscheidet am Ende des Austauschs von Argumenten über deren Relevanz. Stattdessen habe ich den Eindruck, dass die medizinischen Argumente bereits im Vorraus als irrelevant abqualifiziert werden, ohne sie sich genauer anzusehen.

    Aber in der Tat würde mich interessieren, wie viele HIV-positive Frauen oder Mädchen mit unter 14jährigen Geschlechtsverkehr haben. Wenn Sie dazu Zahlen haben… – für unseren Kulturkreis bitte.

    Ein Eckpfeiler der HIV-Aufklärung bestand gerade darin den Mythos auszumerzen, dass das Alter der Sexualpartner eine Rolle spielt. Der Grund ist wieder ein medizinischer: HIV kann auch bei der Geburt übertragen werden. Deshalb (und auch durch Berücksichtigung anderer Übertragungswege) gibt es auch HIV-positive unter 14-Jährige. Daten über die Altersstruktur von HIV-Positiven gibt es aus nachvollziehbaren Gründen nicht. Dafür gibt es aber altersaufgeschlüsselte Statistiken zu den HIV-Neudiagnosen. Und dort (“Neu diagnostizierte Infektionen/Alter zum Zeitpunkt der Diagnose (1993-2012)”) kann man sehr deutlich zwei Peaks erkennen: den einen grossen bei ca. 30 Jahren (wo sehr häufig getestet wird) und den anderen bei 0 Jahren (wo nur auf Verdacht getestet wird). Es gibt also HIV-positive unter 14-Jährige. Und genau deshalb gibt es auch die Präventionskampagnen, die schon bei Kindern und Jugendlichen für den Gebrauch von Kondomen werben. Dass auch 14-Jährige und Jüngere (ungeschützten) Geschlechtsverkehr haben, können Sie alleine schon daran ablesen, dass ganze 0,5% der Schwangerschaftsabbrüche auf diese Altersgruppe entfallen.

    Die Bedeutung, ob die Beschneidung von den Eltern religiös oder medizinisch motiviert ist, liegt darin, dass eine medizinische Aufklärung, die über 2000 Jahre nicht als notwendig erachtet wurde, und Fragen der Schmerzbehandlung, die auch den religiösen Medizinmännern neu aufgetragen wird. von der religiösen Gemeinde als lästiges, leeres Zeremoniell betrachtet werden kann, so dass das, was in Art. 2 GG, der Ihrer Aufmerksamkeit immer wieder entgeht, steht, und von den werten Politikern notdürftig adressiert wurde, womöglich zu schwach ist.

    Sorry, der Satz ist unverständlich. Dabei warte ich seit mehr als 700 Kommentaren auf eine verständliche und nachvollziehbare Begründung dafür, dass die Motivation der Eltern von grösserer Bedeutung sein soll als die objektiven medizinischen Argumente. Stattdessen werfen Sie mir nur verklausulierte Argumentationsbruchstücke hin. Wenn Sie Art. 2 GG für zu schwach halten und Änderungen des Grundgesetzes fordern, dann formulieren Sie das bitte entsprechend deutlich. Und bitte begründen Sie dann aber auch, warum Sie ausgerechnet die Beschneidungsdebatte als Anlass nehmen, das Grundgesetz zu kritisieren. Für mich klingt das nämlich nach einer Sonderbehandlung.

    Würden die Eltern aus medizinischen Gründen die Kinder beschneiden lassen, dann wären sie einer medizinischen Aufklärung über die Risiken sicher aufgeschlossen. Insofern glaube ich schon, dass jüdische und muslimische Eltern von christlichen oder ungläubigen in der Kinderliebe nicht unterscheidbar sind.
    Und eine nüchterne Abwägung der Möglichkeiten und der Angemessenheit einer Schmerzbehandlung würde ich dann auch erwarten.

    Sie unterstellen dabei pauschal, dass jüdische und muslimische Eltern medizinischen Argumenten und Bedenken (zwangsweise) unaufgeschlossen wären – das ist Diskriminierung.

    Aber Priester, die laut tönten, dass das Ritual so wichtig sei, dass es nicht aufgegeben werden darf, dass die Auswanderung die einzig mögliche Konsequenz sei, erfüllen mich nicht mit Zuversicht.

    Wenn Fundamentalisten soetwas behaupten – und Priester, die willentlich die Gesundheit von Kindern geringschätzen sind zweifellos Fundamentalisten – warum werfen Sie dann alle jüdischen und muslimischen Eltern mit solchen Fundamentalisten in einen Topf? Dieser Punkt ist mir sehr wichtig, und das ist es auch, was ich an den Diskussionsrunden in den Medien so kritisiere: Wo blieb die Religionskritik? Wie kann es sein, dass Religionsgelehrte ihre Argumentation nicht von der medizinischen Abwägung abhängig machen?
    Das ist aber wie gesagt Religionskritik, und diese darf nicht jüdischen und muslimischen Eltern (indirekt) zur Last gelegt werden. Denn egal was Religionsführer sagen, die Verantwortung bleibt immer noch bei den Eltern. Und es wäre ein Fehlschluss den Eltern irgendetwas zu unterstellen (wie z.B. Unaufgeschlossenheit, Irrationalität), nur weil in Diskussionsrunden nun mal gerne besonders radikale Meinungen zu Wort kommen.

    Inwiefern ein Video als Propaganda entlarvt wurde, das muss ich übersehen oder anders verstanden haben. Welches Video meinen Sie? Wie wurde es entlavt?

    Ich vermute, dass dieser Kommentar (in dem explizit die Herkunft eines Videos zurückverfolgt wurde) bei der Umstellung der Blogsoftware verlorengegangen ist.

    Und Summa summarum – wieviele Jungen schätzen Sie denn jetzt, werden im Schnitt operiert, ohne dass ihnen die Behandlung nutzt? 5 von 6, oder?

    Das steht doch im Morris-Review: ca. 1 von 2. Zum Vergleich: bei der in Risikogebieten empfohlenen FSME-Impfung werden ca. 999999 von 1000000 Menschen nutzlos geimpft. Prophylaxe nützt halt nicht jedem und ist trotzdem wichtig.

  767. #769 Physiker
    9. Januar 2013

    @diego (30. Dezember 2012):

    Niemand darf wegen seines Geschlechts ….. benachteilt oder bevorzugt werden.
    Die Frage, warum bei Jungen die Beschneidung erlaubt werden, bei Mädchen aber verboten bleiben soll, ist zwar gelegentlich aufgeworfen aber nicht schlüssig beantwortet worden.

    Es herrscht grosse Einigkeit in der Fachliteratur darüber, dass die weibliche Genitalverstümmelung (FGM) keine gesundheitlichen Vorteile bringt, sondern im Gegenteil mit äusserst gravierenden Nachteilen verbunden ist. Das ist z.B. gut nachzulesen in WHO-Dokumenten wie z.B. diesem hier (siehe z.B. Anhang 5). Deshalb gibt es ja die ganzen Kampagnen gegen die FGM, denn sie schadet in absolut jeder Hinsicht dem Kind. Anders, die männliche Beschneidung:

    In contrast to female genital mutilation, male circumcision has significant health benefits that outweigh the very low risk of complications when performed by adequately-equipped and welltrained providers in hygienic settings Circumcision has been shown to lower men’s risk for HIV acquisition by about 60% (Auvert et al., 2005; Bailey et al., 2007; Gray et al., 2007) and is now recognized as an additional intervention to reduce infection in men in settings where there is a high prevalence of HIV (UNAIDS, 2007).

  768. #770 HaWeHa
    Düsseldorf
    21. Januar 2013

    Physiker, Du kannst mit noch so viel schlauen Worten die Bedeutenden Vorteile der Männlichen Intim-Chirurgie beschwören. Ich brauche diese Dämlichen Vorteile aber nicht, weil ich einen ANSTÄNDIGEN Lebenswandel pflege, und MONOGAM bin. Du kannst Rhetorische Handstände machen und Purzelbäume schlagen, alle Angeblichen Vorteile kann sich bitteschön jeder selber zu Gemüte führen und für SEINEN eigenen Heiligen Tempel der Kreation entscheiden, ob und wieviel er von seiner Wurst entfernen lässt. Du bist ein Raubtier-Mensch, der allen Ernstes dafür eintritt, und geradezu sein Leben widmet Gründe zu erfinden, um gnadenlos dem Wehrlosen Baby was abzuschneiden. DU vetrtrittst die Perversion des Menschenrechtes, dass Eltern G-D spielen und Kleinen Kindern ein Menschenrecht entziehen, um sie im Intimen Belang zu bestehlen. Deine Ganze Pseudomedizinische Argumentation bricht angesichts einfachster Wahrheit zusammen, das das Praeputium eben KEIN lebensbedrohlicher Zustand ist, der zum “Sofortigen Handeln zwingt”.

  769. #772 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com/2012/12/14/komikernation/ 01:33 Uhr
    19. März 2013

    Danke, Herr Termin, für diesen Beitrag.

    Sehr erholsam, nach dem blödsinnigen Vorwurf des Abhärtens, und männlicher Schwangerschaftsabbrüche. Das besonders vor dem Hintergrund, dass die Schmerzen der Beschneidung für das Zeremoniell vielen Eltern wichtig erscheinen, also dass es eine derartig chauvinistische Abhärtungsideologie gibt, aber auf Ihrer Seite, Herr Physiker, der Barrikade, wie man so nett sagt. 🙂

  770. #773 Positron
    1. Juli 2014

    Muss ich mich jetzt beschneiden lassen?
    Ich würde das kleine Stück Haut sehr gern behalten.

    Auf der anderen Seite, würde ich doch gerne einmal wissen, welchen Sinn/Nutzen die männliche Vorhaut hat, wenn ihre Entfernung so viele Vorteile hat?

  771. #774 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2012/11/23/beschneidungsdebatte-im-dt-bundestag/
    25. Juli 2014

    Am 6. Mai fand ein Symposium Genitale Autonomie statt. Jetzt sind mir die Videoaufzeichnungen davon über den Weg gelaufen, 11 Stück, die ich der geneigten Aufmerksamkeit der Leser empfehlen will.

    Darin insbesondere zum hier diskutierten Thema passend der Beitrag 2: Angebliche Medizinische Vorteile der Beschneidung https://www.youtube.com/watch?v=6uPibcokpUs

    Der längste Vortrag ist rd. 45 min., die anderen 30, 20, teils 10 Minuten, einer nur 2 Minuten lang.

    Ungeklärte Fragen warf bei mir Beitrag 6/11 auf: Dr. Christoph Kupferschmid; Symposium: Genitale Autonomie
    https://www.youtube.com/watch?v=9kNUhRtX4EM

    Der Vortragende referiert über Beschneidungen, die weder medizinisch indiziert sind, noch religiös und vergleicht die Zahl mit den religiös motivierten Beschneidungen.

    Dabei wird mir nicht ganz klar, was unnötige Beschneiden dieser Definition nach sind. Sind das Therapien von physiologischer Phimose, die man viel sanfter hätte heilen können? Oder sind das kosmetische Beschneidungen oder solche der Masturbationsprävention?

    Sehr unklar in diesem Zusammenhang auch die Kategorie “türkische Kinder”. Sind das wirklich türkische Kinder oder sind darin auch deutsche Kinder türkischer Migranten und deren Nachkommen?

    Bei einer Beschneidung die als Überreaktion betrachtet wird, weil ein minderer Eingriff hier auch geholfen hätte, kann man kaum sagen sie sei grundlos durchgeführt worden, aber irgendeinen Grund müssen die Leute ja haben zu beschneiden. Versteht jemand mehr?

    Interessant daran für mich ist, dass ich in Zukunft Religionskritik und Kritik an der Beschneidungspraxis trennen werde, wenn rd. 90% der Beschneidungen nicht religiös motiviert sind. Auch spannend ist, dass in der Bundestagsdebatte eine solch wichtige Information nicht bekannt wurde – ein Zeichen entweder für eine Schwäche des demokratischen Systems selbst oder zumindest der überhasteten Gesetzesverabschiedund.

  772. #775 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/07/25/symposium-genitale-autonomie/
    25. Juli 2014

    Link zur Playlist insgesamt, also allen 11 Videos vergessen – hier der Nachtrag: https://www.youtube.com/user/GenitaleAutonomie

  773. #776 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/07/25/symposium-genitale-autonomie/
    23. September 2015

    3 Jahre später, ein ernüchternder Bericht über die Folgen der Studie zur HIV-Prävention mittels Beschneidung: https://www.obert.de/fileadmin/user_upload/text/pdf/Sambia.pdf