Gerade einmal sieben “sternenparktaugliche” Gebiete – darunter erfreulicherweise auch der Harz – werden auf der Webseite der Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternenfreunde (VdS) aufgelistet. Nur sieben Gegenden in ganz Deutschland, in denen nachts noch so natürlich dunkle Lichtverhältnisse herrschen, dass sie zumindest die messtechnischen Voraussetzungen für die Auszeichnung mit einer “Sternenpark”-Designation durch die International Dark Sky Association (IDA) erfüllen würden. In drei dieser Gegenden – im Biosphärenreservat Rhön, im Harz und auf der Schwäbischen Alb – laufen gegenwärtig von lokalen Amateurastronomen und Umweltschützern initiierte Dark Sky-Projekte mit dem Ziel, diese Designation zu erhalten – und damit den ersten Sternenpark auf deutschem Boden zu schaffen. Besonders internetaffin geht dabei die Projektgruppe “Sternenpark Schwäbische Alb” vor, die nicht nur eine exzellent gepflegte Internetseite betreut, sondern auch stark bei Facebook engagiert ist.

Einer der Initiatoren dieses Projekts, Dipl.-Ing. Matthias Engel aus Stuttgart, war so freundlich, mir für den “Frischen Wind” einige Fragen zum aktuellen Projektstand sowie zu den Projektzielen zu beantworten.

Schwäbische Alb

Frage: Im Biosphärengebiet Schwäbische Alb in Baden-Württemberg arbeitet eine wachsende Gruppe von Hobby-Astronomen seit etwa einem Jahr an dem Ziel, die natürliche Nachtlandschaft auf der Alb zu erhalten und die Bedingungen mit Hilfe umweltgerechter Beleuchtung zu verbessern. Längerfristig möchten sie die Gegend um den ehemaligen Truppenübungsplatz bei Münsingen sowie Gebiete im Süden der Alb zu einem Dark Sky Park zertifizieren lassen. Warum eignet sich diese Gegend in besonderer Weise für astronomische Beobachtungen?

Die Schwäbische Alb ist eines der wenigen Gebiete in der dicht besiedelten Industrieregion im Südwesten, in denen es noch Orte mit annähernd natürlichem Nachthimmel gibt. Dadurch und wegen der Höhe von bis knapp über 1000 m über dem Meeresspiegel ergeben sich sehr gute astronomische Beobachtungsbedingungen – sofern das Wetter passt. So fand in diesem Jahr schon zum vierten Mal auf der Alb das Deep Sky Meeting in Indelhausen statt, das von einem jetzigen Sternenpark-Teammitglied gegründet wurde. Die dunklen Gebiete auf der Alb sind leider durch die zunehmende Beleuchtung gefährdet, besonders wenn auf Grund mangelnder Sensibilisierung für das Thema Lichtverschmutzung falsche Beleuchtung installiert wird. Hier wollten wir handeln und haben das Sternenpark-Projekt gegründet. Seitdem informieren wir breit und mit viel Engagement über das Thema Lichtverschmutzung und umweltgerechte Beleuchtung.

Gerade die derzeitige Umrüstung in vielen Gemeinden ist eine Chance, das Thema Lichtsmog einzubringen. Wir halten es für wichtig, dass der Umweltschutz nicht mit der Abenddämmerung endet und nicht bei den Baumwipfeln aufhört. In Kombination mit dem bereits etablierten UNESCO-Biosphärenreservat bietet sich nach unserer Meinung eine interessante Möglichkeit, mit der Region auch nachts eine Vorreiterrolle zu übernehmen und zu zeigen, dass sich Vermeidung von Lichtverschmutzung und wirtschaftliche Stärke in einer Region nicht ausschließen. Dabei geht unsere Aktivität inzwischen auch über das Biosphärengebiet hinaus. Die dichte Besiedlung hat zudem den Vorteil, dass es viele Besucher nicht weit in einen Dark Sky Park Schwäbische Alb hätten, um einen natürlichen Nachhimmel zu erleben. Dieser kommt zwar nicht an La Palma oder Namibia heran, aber man muss das immer im Vergleich zum Umfeld sehen, und da wären Dark Sky Parks – wo auch immer in Deutschland – wichtige Einrichtungen.

Frage: Für ein (leider gefährdetes) Sternenpark-Projekt hier im Harz führt der Verein Sternwarte Sankt Andreasberg e.V. seit zwei Jahren Messungen der Himmelshintergrundhelligkeit durch. Gibt es auch auf der Schwäbischen Alb feste Messstationen bzw. werden regelmäßige “Handmessungen” mit dem SQM durchgeführt? Und falls ja – wie sehen die Messwerte aus?

Es ist bedauerlich, dass das Sternenpark-Projekt im Harz gefährdet ist und dort in eine überholt scheinende Flutlichtanlage investiert werden soll. Auch wenn diese nur einen Teil des Jahres im Einsatz sein wird, zeigt sie, dass das Thema Lichtverschmutzung im Harz noch nicht die breite Anerkennung hat, die es benötigt. Auf der Alb hat es auch kleinere Liftanlagen mit Flutlicht, aber diese werden früh abgeschaltet und erreichen nicht die Dimensionen wie im Harz.

Wir haben über das Jahr hinweg Handmessungen mit einem SQM durchgeführt und sind seit kurzem im Besitz eines SQM “Road Runner”-Systems, mit dem wir vom Fahrzeug aus großflächige, GPS-verknüpfte Messungen durchführen können. Erste Fahrten haben wir unternommen. Stationäre Messungen per Datenlogger ermöglicht unser SQM-Gerät auch. Die Werte unserer bisherigen Messungen gehen von 21,3 mag/arcsec² bis hin zu 21,75 mag/arcsec² bei Ittenhausen. Probleme machen hauptsächlich die Lichtglocken von Stuttgart und Reutlingen, aber auch hier haben wir schon Kontakt aufgenommen.

Winterhimmel

Der Winterhimmel über der Schwäbischen Alb – eine von vielen wirklich gelungenen Aufnahmen des Astrofotografen Till Credner, der ebenfalls Mitglied des Sternenpark-Projektteams ist.

 

Zum einen steht die Vermeidung von Lichtverschmutzung im grün-roten Koalitionsvertrag und zum anderen hat Stuttgart inzwischen ja sogar einen grünen Oberbürgermeister. Auch wenn die Reaktion der Grünen bisher unter den Erwartungen geblieben ist, hoffen wir hier auf ein Handeln in der Landeshauptstadt. Die bisher besten und konkretesten Erfolge bei der Vermeidung von Lichtverschmutzung haben wir aber in CDU- und SPD-geführten Gemeinden. Dies zeigt uns, dass die Vermeidung von Lichtverschmutzung kein Öko-Thema, sondern schon allein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vernünftig ist.

Frage: Auf der Webseite des Sternenpark-Projekts Schwäbische Alb finden sich ein äußerst umfangreiches Informationsangebot zu lichtverschmutzungsarmer Beleuchtung sowie zur Umrüstung kommunaler Beleuchtungsanlagen. Berät das Sternenpark-Team auch Kommunen in der Umgebung – und konnten hier bereits Erfolge erzielt werden?

Unser Ziel ist es, die Entscheidungsträger in den Gemeinden für das Thema Lichtverschmutzung zu sensibilisieren. Letzlich spart die Vermeidung von Lichtverschmutzung Energie und damit bares Geld, allein schon deshalb lohnt sich die Beschäftigung mit diesem Thema, unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Dazu haben wir die leicht zu merkenden Beleuchtungsgrundsätze “abgeschirmt, warmweiß, maßvoll, energieeffizient” aufgestellt, unterstützt mit prägnantem Info-Material. Als ehrenamtliche und unabhängige Initiative ohne Verbindungen zu Herstellern, Leuchtenparks und Energieversorgern, können wir den Gemeinden hilfreiche Hinweise geben.

Richtige Beleuchtung

Wie beleuchte ich möglichst umweltgerecht? Mit solchen Schaubildern versucht das Sternenpark-Projektteam die grundlegenden Anforderungen lichtverschmutzungsarmer Beleuchtung zu vermitteln.

 

Unsere Internetseite soll verdeutlichen, dass lichtverschmutzungsarme Beleuchtung erhältlich, nicht schwer zu realisieren und durchaus auch vom Design her passend ist. Die Erfolge in den Gemeinden sind unterschiedlich ausgeprägt. So hat etwa Bürgermeister Michael Donth aus der Biosphärengemeinde Römerstein schnell das Potential erkannt, das sich durch die Vermeidung von Lichtverschmutzung ergibt. In einem Gespräch haben wir die Möglichkeiten für den Tourismus ebenso erörtert wie die Einsparung von Energie und Geld. Letztlich spricht eigentlich alles für eine lichtverschmutzungsarme Beleuchtung. So konnte er auch seine Gemeinderäte überzeugen. Inzwischen sind alle drei Teilorte umgerüstet und wir hören viele positive Meinungen zur neuen abgeschirmten, warmweißen Beleuchtung.

Auch Münsingens Bürgermeister Mike Münzing hat das Thema aufgegriffen, auch wenn eine solche Stadt nicht von einem Tag auf den anderen umgerüstet werden kann. Das gleiche gilt für Reutlingen, aber auch hier wurde die Problematik erkannt. Wichtig ist es, dass das Thema bei Planern und Entscheidern ankommt und beachtet wird, denn Straßenbeleuchtung ist ein langfristige Sache. Man muss die Vermeidung von Lichtverschmutzung wollen und als Zielsetzung festlegen und kommunzieren.

Leider haben wir aber auch Bürgermeister und Firmen erlebt, die entweder gar nicht reagieren oder wichtigeres zu tun haben, als auf ein solches vermeintliches Öko-Thema einzugehen. Hier müssen wir noch Überzeugungsarbeit leisten und hoffen, dass sich die Vorteile lichtsmogarmer Beleuchtung herumsprechen. Falsche Beleuchtung ist letztlich im seltensten Fall absichtlich installiert worden, sondern war eine Folge fehlender Information. Wer aber nun entgegen besseren Wissens lichtverschmutzende Beleuchtung installiert, investiert in falsche Technologie und muss vielleicht bald teuer nachrüsten, wenn entsprechende Lichtverschmutzungs-Richtlinien verabschiedet werden, wie z.B. gerade in Südtirol oder auch in Slowenien.

Frage: Für einen erfolgreichen Dark Sky-Antrag ist nicht nur die Qualität des Nachthimmels entscheidend – auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Wichtig sind insbesondere Aktivitäten, die der Öffentlichkeit die Schönheit des Sternenhimmels näherbringen. Engagiert sich die Sternenpark-Projektgruppe auch in diesem Bereich?

Veranstaltungen für die Bevölkerung spielen bei unserem Sternenpark-Projekt eine wichtige Rolle. Es sind nämlich nicht nur die paar Sterngucker, die einen dunklen Himmel haben möchten. Mit unserer Ausstellung, den Sternenführungen und den Vorträgen wollen wir die Bevölkerung für den Sternenhimmel und das Thema Lichtverschmutzung sensibilisieren. Die Veranstaltungen machen viel Spaß und lassen uns und die Gäste die Nachtlandschaft der Alb erleben, wie man sie selten sieht. Nicht nur der Sternenhimmel, auch die Landschaft fasziniert, sei es auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz oder auf einer der Burgen.

Die Presseberichte zu unseren Veranstaltungen helfen letztlich auch, das Thema Lichtverschmutzung und Sternenpark nach außen zu tragen. Andererseits dienen uns die Veranstaltungen auch als Anknüpfungspunkt in den Gemeinden, denn eine Ausstellung, ein Vortrag oder eine Sternenführung ist viel wirkungsvoller als ein Brief oder eine E-Mail.

Frage: Das Sternenpark-Projekt wurde durch den Landkreis Reutlingen mit dem “Umweltpreis 2012” ausgezeichnet. Kann man daraus ableiten, dass die Kommunalpolitik – im Gegensatz vielleicht zu Sternenpark-Projekten in anderen Regionen – hinter dem Vorhaben steht? Welche politische Unterstützung erfährt das Projekt?

Über den Umweltpreis des Landkreises Reutlingen und der Kreissparkasse Reutlingen haben wir uns sehr gefreut. Er hat uns gezeigt, dass das Thema ernstgenommen wird und sich unser ehrenamtliches Engagement zu lohnen scheint. Mit dem Preis hoffen wir nun, besser wahrgenommen zu werden und er zeigt auch, dass die Lichtverschmutzung eben nicht nur ein Thema einer kleinen Gruppe von Hobbyastronomen ist. Wir würden uns wünschen, dass das Biosphärengebiet verstärkt hinter dem Sternenpark-Projekt steht. Wir sind mit dem Thema Sternenpark und Lichtverschmutzung zwar im Rahmenkonzept, aber dies ist nicht in diesem Sinne verbindlich, wie es eine Leitlinie oder gar ein Gesetz wäre. Wir sind aber mit dem Umweltministerium in Kontakt, um Perspektiven für die Vermeidung von Lichtverschmutzung zu erörtern. Auch wenn wir natürlich versuchen, mit schlüssigen Argumenten zu überzeugen, scheint man allein mit Freiwilligkeit bei diesem Thema leider nicht genug zu erreichen.

Umweltpreis 2012

Frage: Auf der Webseite des Sternenpark-Projekts sammelt das Projektteam Unterstützerunterschriften. Welches Ziel soll damit erreicht werden?

Die Unterschriftenliste soll den Bürgern die Möglichkeit geben, ihre Unterstützung kundzutun, und soll nach außen zeigen, dass das Sternenpark-Projekt Rückhalt in der Bevölkerung hat. Allerdings finden nicht alle Unterstützer den Weg auf die Liste oder wollen nicht mit ihrem Namen im Internet sichtbar sein, was bedauerlich ist. Das Thema Lichtverschmutzung ist ja schon lange bekannt, aber leider blieb es bei den meisten Betroffenen nur bei dem Vorsatz, etwas dagegen zu tun. Wir handeln konkret vor Ort, informieren ausführlich und plakativ zur Lichtverschmutzung, und das möglichst mit professioneller Außendarstellung. Wer auf unsere Seite schaut, bekommt Informationen in großer Breite, mit anschaulicher grafischer Aufmachung.

Dies ist sicher wirkungsvoller als irgendein schneller Brief an irgendeinen Bürgermeister, mit wenig fundierten Argumenten und vielleicht noch unfreundlich. So etwas bewirkt dann eher das Gegenteil. Ein Sternenpark-Projekt in unserer Form ehrenamtlich am Laufen zu halten erfordert allerdings auch viel Engagement und Begeisterung für das Thema.

Wir bleiben dran!

Sternenpark-Team

Das Sternenpark-Team vor seinem Stützpunkt, dem Gasthaus zum Engel in Römerstein-Zainingen: Gerd Huissel, Matthias Pagano, Hans-Jürgen Merk, Carsten Przygoda, Michael Altvater, Matthias Engel und Till Credner.

 

Weitere Informationen zum Projekt “Sternenpark Schwäbische Alb”

Kommentare (4)

  1. #1 Alderamin
    4. März 2013

    Schön, das der Nationalpark Eifel mit auf der Liste steht (was mich ein wenig wundert, da er sich nur über die Nordeifel erstreckt, die im Lichtglockenbereich von Aachen, Köln, Bonn und Düsseldorf liegt; die Südeifel ist m.E. dunkler, aber relativ abgelegen und nur von wenigen schnell erreichbar, vielleicht ist das der Grund).

    Bei den Beleuchtungsrichtlinien missfällt mir ein wenig, dass das Licht warmweiß und LED sein darf. Monochromatisch und Natriumdampf schiene mir sinnvoller. Meine Lichtverschmutzungsfilter (LHC, Hutech IDAS V2) beißen sich an den bei uns installierten Weißlicht-LEDs die Zähne aus. LED ermuntert, mehr Beleuchtungsstärke für’s gleiche Geld zu installieren und dann auch noch breitbandig Weißlicht zu erzeugen. Ich kann diesen LEDs nicht viel abgewinnen, seit ich sie vor der Haustüre habe.

  2. […] ein. Eine Initiative, in den den letzten Jahren ganz besonders aktiv gewesen ist, ist die Gruppe “Sternenpark Schwäbische Alb”, die sich dafür einsetzt, dass das Biosphärenreservat Schwäbische Alb zum Sternenpark erklärt […]

  3. […] bei ScienceBlogs.de schon einmal über das Projekt “Sternenpark Schwäbischer Alb” unterhalten. Welche Fortschritte – oder auch Rückschritte – hat es seitdem auf dem Weg zum […]

  4. […] ein. Eine Initiative, in den den letzten Jahren ganz besonders aktiv gewesen ist, ist die Gruppe Sternenpark Schwäbische Alb, die sich dafür einsetzt, dass das Biosphärenreservat Schwäbische Alb zum Sternenpark erklärt […]