Beim dritten Feature hapert es dagegen noch: Bei Last.fm gab es irgendwann für so gut wie jeden Song eine eigene Unterseite, auf der man nicht nur Hörerzahlen und Bewertungen einsehen, sondern auch über die Musik und die Texte diskutieren und sehen konnte, wer sich ein Stück noch gerade anhört. Darauf haben wir bei Mendeley bislang mit Blick auf die Privatsphäre unserer Nutzer verzichtet – schließlich lässt sich aus der Literatur, die man als Wissenschaftler nutzt leicht herauslesen, an was man selbst gerade forscht – und das möchte nun mal (verständlicherweise) nicht jeder veröffentlicht sehen. Trotzdem ist es nach wie vor unser Wunsch, irgendwann einmal eine Subseite für so gut wie jedes Paper auf mendeley.com zu haben, auf der dann bewertet und diskutiert werden kann. Dabei wollen wir den Nutzern natürlich die Möglichkeit lassen, ihre eigenen Daten weiter geheim zu halten – insofern wird es wohl auf ein Opt-In-Modell hinauslaufen, bei dem dann jeder entscheiden kann, ob er auch an diesem erweiterten Community-Erlebnis teilhaben möchte oder nicht.
Vorher sind natürlich noch Fragen zu klären, wie etwa die, inwieweit wir Diskussionen moderieren müssen – beispielsweise dann, wenn ein rufschädigender Plagiats-Vorwurf erhoben wird – und wie wir die Autoren auf Fragen aufmerksam machen könnten, die zu ihren Veröffentlichungen gestellt werden. Alles in allem setzen wir aber auch hier auf die Selbstregulierung von Communities, wie man sie etwa bei der Wikipedia beobachten kann. Wissenschaftliche Communities dürften in dieser Hinsicht sicher kein Sonderfall sein.
Zum Schluss noch eine persönliche Frage. Der Blick in Ihren Lebenslauf weist viele typische akademische Stationen auf – Master-Studium, Promotion, Auszeichnungen etc. In einem Online-Lebenslauf habe ich aber auch die Angabe „Gründer und Manager der Korova-Bar“ gefunden. Ist das korrekt – und falls ja, was hat es damit auf sich?
Die Angabe stimmt. Mein Mendeley-Mitgründer Jan (Reichelt) und ich waren damals noch Studenten an der WHU, wo wir den eingeschlafenen Verein für Entrepreneuship wiederbeleben wollten, um Kontakte zwischen Unternehmen und Studierenden aufzubauen und gründungswillige Studenten auf die Selbständigkeit vorzubereiten. Eines der von diesem Verein gestarteten Projekte bestand darin, Studenten einmal einen „Übungs-Businessplan“ schreiben zu lassen. Und da sich damals viele Studenten darüber beklagt hatten, dass es in Vallendar keine „studententaugliche“ Bar gab, entstand auch ein solcher Businessplan.
Die Geschäftsidee, eine Studentenbar in Vallendar zu gründen, entpuppte sich dann als so interessant, dass einige von uns den Versuch starteten, den Businessplan tatsächlich Realität werden zu lassen. Durch viele kleinere Investitionen von etwa 70 Studenten und Mitarbeitern der Universität kam eine für die Gründung ausreichend große Summe zusammen, so dass wir das Projekt in Angriff nehmen konnten. Ich erinnere mich noch daran, wie ich damals tagsüber an meiner Masterarbeit geschrieben und abends die Bar hergerichtet habe. Der Stress hat sich allerdings gelohnt – die Korova-Bar wurde von den Studenten gut angenommen und existiert noch heute.
Dr. Victor Henning ist Mitgründer & CEO von Mendeley sowie Vice President of Strategy bei Elsevier, dem weltgrößten Wissenschaftsverlag. Mendeley wuchs nach seiner Gründung 2009 zu einer globalen Platform für wissenschaftliche Kollaborationen, Daten, und Applikationen heran und wurde 2013 von Elsevier übernommen. Für seine Arbeit an Mendeley wurde Dr. Henning zu einem Fellow der britischen Royal Society of Arts gewählt. Er forschte zuvor an der Bauhaus-Universität Weimar zum Thema Emotionen bei Konsumentscheidungen und war beruflich in der Strategieberatung, Filmproduktion und Musikbranche tätig. Eine Übersicht seiner wissenschaftlichen Publikationen findet sich – natürlich – auf mendeley.com.
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