Obwohl die Geschichte schon am Montag in den Sozialen Netzwerken sowie auf diversen Medienplattformen die Runde gemacht hat, da die Presseabteilung des Brandenburger Umweltministeriums der Verlautbarung der International Dark Sky Association (IDA) wohl etwas vorgreifen musste, wollte ich die für heute angekündigte, offizielle IDA-Pressemitteilung noch abwarten, bevor ich diesen Satz verblogge: Deutschland hat – endlich – seinen ersten Sternenpark: Westhavelland International Dark Sky Reserve!
Für alle, die nicht regelmäßig beim “Frischen Wind” mitlesen, kurz ein wenig Kontext: Aufgrund der stetig zunehmenden Lichtverschmutzung – der übermäßigen und oft wenig zielgerichteten nächtlichen Beleuchtung – kann man in vielen Gegenden unseres Landes kaum noch einen natürlich dunklen Nachthimmel erleben – ein großer Verlust, nicht nur für Hobby-Astronomen. Tatsächlich gibt es in ganz Deutschland gerade mal noch acht Gebiete – darunter auch eine Ecke des Oberharzes ganz in meiner Nähe – in der man etwa den Anblick der Milchstraße nahezu uneingeschränkt genießen kann. Für diese Gegenden besteht – bei Vorliegen einer ganzen Reihe anderer Voraussetzungen, die ich hier schon einmal im Detail erläutert hatte – grundsätzlich die Möglichkeit einer Zertifizierung zu einem Dark Sky Park – einem Sternenpark – durch die IDA. Eine IDA-Zertifizierung stellt gewissermaßen den astronomischen “Ritterschlag” für eine dunkle Region dar. Bis dato gab es in ganz Europa lediglich vier solcher Sternenparks – darunter keinen einzigen in Deutschland. Mit der Ernennung des Naturparks Westhavelland zur International Dark Sky Reserve in der Silber-Kategorie hat sich dies heute endlich geändert.
Der Naturpark Westhavelland ist das größte Naturschutzgebiet Brandenburgs und gilt zudem als größtes europäisches Rast- und Brutgebiet für Watt- und Wasservögel im Binnenland. Obwohl es nur rund 70 Kilometer von Berlin entfernt ist, verfügt die Gegend über einen faszinierend dunklen Nachthimmel – auch wenn man die Berliner Lichtglocke natürlich ebenso erkennen kann, wie wir hier im Oberharz die Lichtglocken von Nordhausen und Halberstadt wahrnehmen. Dennoch ist das Westhavelland eine der dunkelsten Areale (wenn nicht sogar das dunkelste), die Deutschland noch zu bieten hat – wovon man sich dank dieser tollen Zeitrafferaufnahme des Astronomen Harald Bardenhagen (der selbst maßgeblich am erfolgreichen IDA-Antrag beteiligt gewesen ist) auch leicht selbst überzeugen kann.
Dank seiner Nähe zu Berlin ist der Sternenpark Westhavelland übrigens der weltweit einzige Sternenpark, der in unmittelbarer Nähe eines Bevölkerungszentrums liegt – und damit von besonders großem pädagogischem und hobbyastronomischen Wert, da von vielen Menschen leicht und schnell zu erreichen. Ich selbst durfte mich erst letztes Jahr während eines Urlaubs mit Frau und Tochter im schönen Klosterort Lehnin (etwa 30 Kilometer außerhalb des Sternenpark-Kerngebietes) vom tollen brandenburger Nachthimmel überzeugen und dort – dem passend gelegten Urlaubstermin sei dank – unter anderem die Perseiden genießen. Ich kann jeden, der in der Nähe wohnt und die Erfahrung selbst noch nicht gemacht hat wirklich nur dazu ermuntern, einfach mal eine Übernachtung in einem der kleinen Orte in oder um den Naturpark zu buchen und sich das abendliche Schauspiel mit eigenen Augen anzusehen.
Eine Fisheye-Aufnahme des Sternenhimmels über dem Naturpark Westhavelland mit vier deutlich erkennbaren Lichtglocken am Horizont und einem wundervoll klaren Blick auf die Milchstraße (Foto: Dr. Andreas Hänel).
Dieser große Erfolg für die deutsche Astro-Szene hat viele Mütter und Väter: Die Verwaltung des Naturparks, das Brandenburger Umweltministerium und die Kommunalpolitiker, die dafür gesorgt haben, dass ein Großteil der Beleuchtung in den Orten in und am Naturpark in den letzten Jahren lichtverschmutzungsarm umgerüstet wurde – aber auch zahlreiche Astronomen und Umwelt-Aktivisten wie Harald Bardenhagen oder die Betreiber der Kreativ-Oase in Gülpe. Vor allem ist sicherlich Dr. Andreas Hänel zu danken, der als Leiter der Fachgruppe Dark Sky im VdS den Antrag begleitet und auch nach der ersten Ablehnung vor drei Jahren nicht aufgegeben hat. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich dafür gedankt, dass es nun endlich auch in Deutschland einen Sternenpark gibt, dem hoffentlich noch einige weitere folgen werden. Die besten Chancen dürfte hier vermutlich die Schwäbische Alb haben – und auch im Harz haben wir die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es irgendwann einmal einen Dark Sky Park Harz geben könnte.
Ich bin jedenfalls schon auf die Übernachtungsstatistik des Westhavellands für 2014 gespannt, auch wenn ich mich da natürlich noch etliche Monate gedulden muss. Da Parkverwaltung und Umweltministerium bereits angekündigt haben, nun neue touristische Angebote für Hobby-Astronomen und andere Dark Sky-Interessierte schaffen zu wollen, und auch die Astro-Vereine in der Region diesen Riesenerfolg sicher bestmöglich ausschlachten werden, ergibt sich endlich eine Gelegenheit zu beobachten, ob sich mit dem Astro-Tourismus auch innerhalb Europas bzw. innerhalb Deutschlands tatsächlich Geld verdienen lässt. Falls dem nämlich so sein sollte, wird der Schutz des Nachthimmels zukünftig sicher auch für andere Gegenden interessanter…
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