Über diesen Sketch bin ich gestern bei CNet gestolpert und wollte ihn euch nicht vorenthalten…

Wer selbst schon häufiger in solchen Meetings gesessen hat, weiß was gemeint ist. Für diejenigen, denen dieses Schicksal bislang erspart geblieben ist: Ganz genau so läuft das manchmal ab, wenn man Verkäufer oder Kreativleute auf der einen und Ingenieure oder Informatiker auf der anderen Seite sitzen hat. Tatsächlich hatte ich vor nicht einmal zwei Jahren ein Meeting, das fast identisch verlaufen ist. Der Auftraggeber wollte damals das arithmetische Mittel “als Median berechnet” haben, was mich zu der fatalen Korrektur reizte, dass sicher die Berechnung des Medians anstelle des arithmetischen Mittels gemeint sei. Das war ein Fehler, denn gemeint war leider in der Tat die Berechnung des arithmetischen Mittels “als Median”. Man habe das arithmetische Mittel sonst immer “als Durchschnitt” berechnet, wolle es zukünftig aber lieber “als Median” berechnet haben. Wegen der statistischen Genauigkeit.

Sämtliche Versuche der Aufklärung über den Umstand, dass es schlicht verschiedene statistische Mittelwerte gibt, von denen einer das arithmetische Mittel und ein anderer eben der Median ist, liefen in die Irre. Als ich irgendwann am Whiteboard stand und anhand der Zahlen von 1 bis 5 den Unterschied zwischen arithmetischem Mittel und Median erklären wollte (“…die 3 liegt hier genau in der Mitte. Wenn man jetzt aber das arithmetische Mittel berechnet…”), meinte schließlich einer der Teilnehmer leicht frustriert, dass diese Diskussion nun doch zu nichts führe und fragte mich, ob man nicht einfach den Median berechnen und in die Spalten eintragen könne, in denen zuvor das arithmetische Mittel gestanden habe. Meine Erwiderung, dass man diesen Wechsel auf ein anderes Mittel dann aber kenntlich machen müsse, führte – ungelogen – zu folgender sich x-fach wiederholender Formulierung im Abschlussbericht: “Arithmetisches Mittel: XXX (als Median)”.

Kommentare (19)

  1. #1 Ketzer
    28. April 2014

    In solchen Situationen hilft es manchmal, aus der Expertenrolle (“Ich weiß alles und erkläre es.”) zu treten und Fragen zu stellen: Was das Gegenüber denn zu erreichen hoffe, was an den Lösungsvorschlägen gut oder schlecht sei, welche Gestaltungsspielräume es gebe, und so weiter. Das bringt nicht nur den anderen in Zugzwang und das Gespräch unter Kontrolle (Wer fragt, der führt.), sondern führt oft auch zu Einsichten. Immer schön hartnäckig nachbohren, bis sich alle Antworten mehrfach wiederholt haben. Dann abbrechen und die Problemlösung vertagen.

  2. #2 Karl Mistelberger
    29. April 2014

    Sieben Minuten vemitteln die Erfahrung eines ganzen Berufslebens, ohne was Wesentliches auszulassen. Ich habe diesen Beitrag zu meinen Lesezeichen hinzugefügt, Das geschieht mit den Beiträgen von ScienceBlogs nur sehr selten.

    @Ketzer: Sie haben entweder nichts begriffen oder sich nie in einer ähnlichen Situation befunden.

  3. #3 Elvin
    29. April 2014

    Dem der die Dilbert Comics kennt weiss das dort diese Problematik auch bereits bis zum erbrechen karikiert wurde.

  4. #4 Karl Mistelberger
    29. April 2014

    > #3 Elvin, 29. April 2014

    Du scheinst einen überempfindlichen Magen zu besitzen. Ich lese nur selten die Comics und finde nichts, das auch nur im Entferntesten bei mir Erbrechen auslösen könnte: https://search.dilbert.com/search?w=expert

  5. #5 CM
    29. April 2014

    Dazu fällt mir nur ein: “Sie haben einfach nicht das rechte Vertrauen in unsere Produkte…”

    Leider glauben Marketingleute ohne Realitätsabgleich irgendwann ihren größten Nonsens …

  6. #6 Heino
    29. April 2014

    … ein sehr schöner Sketch :))

    #In solchen Situationen hilft es manchmal, aus der Expertenrolle (“Ich weiß alles und erkläre es.”) zu treten und Fragen zu stellen: #

    Das ist ein bisschen riskant. Dann will man die andere Seite quasi auf dem Gebiet schlagen, wo sie selbst Experte ist. Aber versuchen kann man es natürlich.

    Man kann auch versuchen die Widersprüche so hinschreiben dass man es sich aussuchen kann. Zb. a transparent red line, but drawn without ink. And a green red line, which might look differently, but still has the function of a red line.

    Jaa, ich weiss, es tut eigentlich weh, aber es gibt nichts schmerzfreies.

  7. #7 rolak
    29. April 2014

    Na endlich habe ich den richtigen Filter für die Suche gegriffen: War mir doch direkt so, als ob dieser clip bei SB schon mal verblogt worden wäre. Hat er aber verdient 😉

  8. #8 gurkenpflicht
    29. April 2014

    Ja das kenn ich.
    Ich hab in einer Besprechung überhaupt nichts gesagt, und wurde am Ende gefragt warum ich als einziger dagegen bin. Dabei habe ich nur die Kaffeeküche gesucht und bin dabei in diesen Besprechungsraum gestolpert. Ich habe dann vorgeschlagen den Caterer der den Kaffee liefert zu wechseln. Der Vorschlag wurde angenommen (aber nicht umgesetzt). Es war aber trotzdem ein netter Nachmittag, und das wichtigste, der Kaffee war gratis.

  9. #9 rentzsch
    29. April 2014

    ruft ein ingeneur seinen Kollegen an- bitte hilf mir , der nagel geht nicht in die wand.
    Wie machst du es ? Ich nehme Hammer in die Rechte und lehne ein Nagelende gegen die Wand. dann hole ich aucs mit dem Hammer undschlage mit der viereckigen Fläche des Hammers auf die Nagelspitze. Aber der Nagel geht nicht rein!
    Kurz darauf nach gründlicher Analyse kam die Antwort , du hast den falschen Nagel , das war ein Nagel für die gegenüberliegende wand.

  10. #10 jochen
    29. April 2014

    Also ich sehe das hier überaus positiv. Immerhin reden die Verkäufer mit dem Ingenieur.

    Richtig spannend wird es doch eigentlich immer dann, wenn die etwas verkaufen, ohne vorher mit dem Ingenieur zu reden.

    “Wie, wir haben noch kein fertiges Produkt. Wir haben doch ein Prototypen.”

  11. #11 Hobbes
    29. April 2014

    Oder
    Ingenieur zum Verkäufer:
    “Was Sie dem Kunden versprochen haben können wir niemals bauen. Das verstößt sogar gegen die Naturgesetze! Wissen Sie was das heißt?”
    Verkäufer:
    “Das ich ein guter Verkäufer bin und Sie ein schlechter Ingenieur.”

  12. #12 BreitSide
    29. April 2014

    Wo liegt das Problem? Warum soll der rote Faden, der sich durch die Geschichte zieht, nicht grün sein? Und zweidimensional gesehen: Ein grüner Stoff kann doch auch ein rotes Tuch sein? Und dreidimensional: Eine Rot(z)nase ist doch auch – zumindestens innen – grün?

    Außerdem hätte der gutste Experte einfach ein siebendimensionales Flipchart benutzt, dann wäre das doch ohne Probleme gegangen, sieben Linien rechtwinklig aufzuzeichnen, oder? Manche sind einfach nicht bereit, ausgetretene Pfade zu verlassen…

  13. #13 Wizzy
    30. April 2014

    @Christian Reinboth: Ich muss zugeben, für mich ist die geschilderte Situation eine absolute Gruselstory. Mich schaudert es jetzt noch *brrr*
    Ich finde es auch nur schwer zu begreifen, dass es Leute gibt die eine gewisse, marginale Korrektheit anscheinend so gar nicht kümmert. Das ist ja so, als würde ich zu einem Übersetzer gehen und sagen “Übersetzen Sie bitte ‘grodingbolg’ vom Englischen ins Deutsche” “Das Wort gibt’s nicht!” “Jetzt übersetzen Sie doch! Na los, englisch grodingbolg!”
    Oder zu einem Mathematiker: “Beweisen Sie doch bitte für unser Unternehmen, dass 0=1.”
    Oder zu einem BWLer: “Jetzt setzen Sie doch hier an die Vermögensachse die Beschriftung ‘Einkommen’!”
    Da müsste doch zumindest beim Forderer ein wenig Reflexion einsetzen. Selbst wenn man zu den Aufgaben Workarounds fände, wäre die Erfüllung derlei Aufträge mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in keiner Weise sinnvoll – allermindestens für das Ansehen des Unternehmens bzw. intern des Unsinn-Auftraggebers.

  14. #14 Dr. Webbaer
    30. April 2014

    Trockene Lösung: Mittelwert und Median liefern.

    Man habe das arithmetische Mittel sonst immer “als Durchschnitt” berechnet, wolle es zukünftig aber lieber “als Median” berechnet haben. Wegen der statistischen Genauigkeit.

    Vermutung: denen gehts um Nachkommastellen.
    MFG
    Dr. W

  15. #15 ADHSapiens
    30. April 2014

    @Christian Reinboth
    Muss zugeben, ich habs nicht ganz verstanden.
    Wieso verwenden sie zum erklären des Unterschieds zwischen Median und arithmetischen Mittel ein Beispiel, wo beides 3 ist?

  16. #16 ADHSapiens
    2. Mai 2014

    @Christian Reinboth

    Ganz versteh ichs nicht.
    Ist bei deinem Beispiel nicht beides 3?

  17. #17 Wizzy
    2. Mai 2014

    @Dr. Webbaer
    Wenn man sich den Artikel so durchliest, wollten die Leute aber ausdrücklich den Median berechnet haben _und_ in einer Spalte mit der Überschrift “Arithmetisches Mittel” eingetragen haben. Das macht dann schon etwas ratlos.

  18. #18 Dr. Webbaer
    2. Mai 2014

    Dann liefert man drei Werte: Mittelwert, Median und “Arithmetisches Mittel: XXX (als Median)” – LOL.

    Da haben wohl Abnehmer Probleme mit dem Fachbegriff “Arithmetisches Mittel”, die Arithmetik meint ja die Zahlenkunst und es sollte dem zahlenden Abnehmer erlaubt sein ein vom o.g. Fachbegriff abweichendes “Arithmetisches Mittel” anzufordern.

    Dilbert-Leser wissen mehr.

    MFG
    Dr. W

  19. #19 Christian Reinboth
    8. Mai 2014

    @ADHSapiens: Weil man an so einer Kurzzahlenreihe gut erklären kann, worin der Unterschied bei der Berechnung (Summierung und Division vs. Suche nach dem in der Mitte der geordneten Reihe gelegenen Wert) liegt. Dass man bei einer Reihe ungerader und aufeinanderfolgender Zahlen zum gleichen Ergebnis gelangt, erleichtert im nächsten Schritt das Verständnis dafür, dass dies bei einer Reihe von Zahlen, die nicht unmittelbar aufeinanderfolgen, dann schon nicht mehr der Fall ist – und warum. Habe das in meinen Vorlesungen immer als guten Einstieg ins Thema “Mittelwerte” empfunden.