Eure bessere Hälfte möchte euch mit einem romantischen Stelldichein am Ziel überraschen und versucht, denselben Weg auf einer anderen Strecke zurückzulegen (in blau), nämlich erst die 5001km nach Süden, danach 3546km nach Osten. In Afrika am Viktoriasee ist es natürlich viel schöner als mitten im indischen Ozean, aber aus der Romanze wird wohl nichts.
Wenn ihr auf den Globus oben guckt, seht ihr, dass natürlich die Erdkrümmung Schuld an der Misere ist, aber wie die Grafik zeigt, kann man den Effekt auch direkt nur mit Hilfe der rein zweidimensionalen Karte verstehen – man muss sich eben nur an den von Ort zu Ort wechselnden Maßstab auf der Karte gewöhnen.
Dieser wechselnde Maßstab hat auch einen Namen: Die Metrik. Mit Hilfe der Metrik kann man alles über die Krümmung des Raumes herausfinden, in dem man lebt, ohne sich dabei irgendeinen Hyperraum vorstellen zu müssen. Wenn ich es richtig verstehe, hat Carl Friedrich Gauß als erster erkannt, dass man keine höheren Dimensionen braucht, um eine gekrümmte Fläche zu beschreiben – der zugehörige mathematische Satz trägt den schönen Namen theorema egregium (frei übersetzt bedeutet das wohl soviel wie “voll cooler Satz”).
Wir krümmen die Raumzeit
Und, seid ihr bereit, jetzt die Raumzeit zu krümmen? Mit dem Bild von hier können wir jetzt ein erstes Beispiel für die Krümmung der Raumzeit verstehen.
Eine der Aussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) ist ja, dass Uhren in einem Schwerefeld langsamer gehen. Eine Uhr auf Meeresspiegel geht also langsamer als die an der Spitze eines Turmes, wenn auch nur seeehr wenig. Dass das so ist, wird in der ART aus den Gleichungen für die Raumzeit-Metrik abgeleitet, die also sagen, welchen Maßstab man verwenden muss, wenn man von einem Raumzeitpunkt zum anderen geht.
Warum das bedeutet, dass die Raumzeit gekrümmt ist, sehen wir, wenn wir im Bild oben die Ost-West-Richtung durch die Zeit ersetzen, die Nord-Süd-Richtung durch die Höhe. Oben im Bild ist die Schwerkraft höher als unten (normal würde man es sicher andersrum zeichnen, aber so herum passt es besser zu unserer Landkarte). Oben im Bild (also bei der höheren Schwerkraft) vergeht die Zeit langsamer als unten, beispielsweise könnten “oben” 10 Sekunden vergehen, wenn es unten 14 Sekunden sind (diese Werte sind frei aus der Luft gegriffen, auf der Erde ist der Effekt wesentlich kleiner; auch die Gradzahlen sind hier völlig willkürlich):
Ein Punkt in diesem Diagramm entspricht also einem bestimmten Raumzeitpunkt, das heißt einem Ort zu einer bestimmten Zeit. Was wir jetzt in das Bild einzeichnen, sind so genannte “Weltlinien”, also Linien, die den Ort eines Objekts zu jedem Zeitpunkt in einem Ort-Zeit-Diagramm eintragen.
Stellt euch vor, ihr spielt dasselbe Spiel wie eben und versucht, denselben Weg auf zwei verschiedenen Weisen zu gehen. Einmal wartet ihr 30 Sekunden und entfernt euch dann (sehr schnell, so dass die Linie praktisch senkrecht verläuft)
um eine bestimmte Strecke von der Schwerkraftquelle, eure bessere Hälfte dagegen entfernt sich erst von der Schwerkraftquelle und wartet dann 30 Sekunden.
Kommt ihr beide zur selben Zeit am selben Ort an? (Nur dann wäre der Weg geschlossen.) Nein, treffen werdet ihr euch erst nach weiteren etwa 10 Sekunden, eure bessere Hälfte muss auf euch warten, denn für sie vergeht (weiter weg von der hohen Schwerkraft) die Zeit schneller als für euch. Der scheinbar geschlossene Weg ist also nicht geschlossen und daraus könnt ihr schließen, dass die Raumzeit gekrümmt ist.
Und wieder einmal wird dieser Text länger, als ursprünglich gedacht – eigentlich wollte ich nur ganz kurz erklären, warum man in der ART keinen Hyperraum braucht. Aber es gibt noch so viele Interessante Dinge zu diskutieren – Kreise und Dreiecke zum Beispiel. Also gibt’s demnächst Teil II, und Teil III (mit negativ gekrümmten Räumen) wird wohl auch noch kommen müssen…
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