(Dieses schöne Bild stammt von der Seite von Tom Holtz, die sich jeder Dinophile umbedingt anschauen sollte.)
In diesem Kladogramm sind die jeweiligen Synapomorphien (also die neu entwickelten Merkmale) mit eingetragen. Wie ihr seht, wurde der Begriff “Reptilien” jetzt so eingeschränkt, dass die Säugetiere und ihre Vorfahren nicht mehr dazuzählen – die Vögel aber sind natürlich enthalten, und das lässt sich bei einer monophyletischen Definition auch nicht vermeiden.
Und was wird nun aus Ordnung, Familie oder Klasse? Sie fallen in diesem Schema komplett weg. Es gibt nur Kladen, sonst nichts, und alle Kladen sind gleichwertig. Da es kein Kriterium gibt, nach dem man entscheiden könnte, ob eine Gruppe nun eine Ordnung sein soll oder nicht, wird dieser Begriff letztlich als unwissenschaftlich eingestuft und abgeschafft. Und das gilt für alle Linneschen Gruppen, mit Ausnahme der Art – die gilt nach wie vor als biologische Einheit, die definierbar ist (wenn es auch in der Biologie über 120 verschiedene Definitionen gibt, was nun genau eine Art sein soll).
“A T. rex by any other name…”
Und hier gibt es jetzt ein “kleines” Problem: Die klassische Nomenklatur nach von Linne verwendet ja das binominale Schema mit Gattung und Art. Eine “Gattung” ist aber keine wissenschaftlich definierbare Gruppe. Ein aktuelles Beispiel für die Probleme, die sich daraus ergeben können, ist die berühmte Fruchtfliege Drosophila melanogaster, das Lieblingstier der Genetiker (zusammen mit dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans). D. melanogaster ist nämlich nicht die “Typ-Species” der Gattung Drosophila, also die Species, die quasi definitionsgemäß in diese Gattung gehört (die heißt Drosophila funebris). Und genauere Untersuchungen der über 1500 Drosophila-Species und ihrer Verwandten zeigen, dass D. melanogaster eigentlich in die Gattung Sophophora gehört. Deswegen muss Drosophila melanogaster umbenannt werden, was die Genetiker natürlich in Aufruhr versetzt.
Das binominale Schema mit seiner Aristotelischen Logik passt eben nicht zur Evolution, die nur Arten als natürliche Gruppen kennt. Und viele Gattungen – wie eben Drosophila – enthalten ein Sammelsurium von Arten, die zusammen eben keine monophyletische Gruppe bilden.
Logischer wäre es, jede Art würde einen einzigen und eindeutigen Namen bekommen. Am besten wäre ein uninominales System, also eins, in dem jeder Name nur aus einem einzigen Teil besteht. Aber nachdem wir seit so etwa 250 Jahren das Linne-System benutzen, ist eine Umstellung natürlich nicht soo einfach.
Einige Leute haben vorgeschlagen, einen radikalen Schnitt zu machen und Gattungsnamen möglichst komplett wegzulassen. Aus Tyrannosaurus rex würde dann nur noch “rex” – was aber nicht funktioniert, denn es gibt zum Beispiel auch den Dino Othnielia rex, der würde dann auch “rex” heißen. Um das zu umgehen, könnte man hinter den Artnamen noch das Jahr der Benennung der Art setzen, und zusätzlich noch den benennden Autor, dann wäre die Sache eindeutig. Tyrannosaurus rex hieße dann “rex Osborne 1905”.
Nun ja – wissenschaftlich mag das ja ne Super-Idee sein. Aber zum einen wäre es nach dem Einführen des neuen Systems dann so, dass man für jede Art gleich zwei Bezeichnungen hätte (denn die alten Veröffentlichungen benennen sich ja nicht automatisch um). Zum anderen – stellt euch einen spannenden Dinofilm vor, mit dem Kommentar “Der rex Osborne 1905 lauert auf seine Beute. Vorsichtig beäugt er eine Herde horridus Marsh 1889, als plötzlich über seinem Kopf ein longiceps Marsh 1876 dahinschwebt.” Shakespeare hat zwar (sinngemäß) gesagt “A T. rex by any other name would be as cool”, aber so richtig überzeugend ist diese Lösung eher nicht.
Eine eindeutige und allgemein akzeptierte Lösung gibt es – noch – nicht, obwohl man seit Jahren am so genannten “Phylocode” arbeitet, der die Benennung von Arten und Kladen neu und eindeutig regeln soll. Die Idee des “Phylocode” wurde 1998 erfunden, und er sollte im Jahr 200n implementiert werden, wobei aber n anscheinend größer als 12 werden wird.
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