The career of a young theoretical physicist consists of treating the harmonic oscillator in ever-increasing levels of abstraction. (Sidney Coleman)
Der harmonische Oszillator ist eins der Lieblingskinder aller PhysikerInnen – zum einen ist es ein Problem, das mit vertretbarem Aufwand exakt lösbar ist, zum anderen hat er viele Anwendungen.
Ein harmonischer Oszillator ist nicht etwa etwas, dass durch seine Schwingungen ganz viel Harmonie verbreitet, sondern einfach die simpelste Form eines schwingenden Systems, das man auch in der klassischen Physik oft betrachtet – ich habe ihn beispielsweise mal verwendet, um Resonanz zu erklären.
Betrachtet einfach eine kleine Masse, die sich am Ende einer Feder befindet. Wir idealisieren das System so weit, dass die Feder ideal ist, also unendlich lange weiterschwingt, wenn ihr die Masse einmal auslenkt.
In so einem System ist die Kraft auf den Massenpunkt proportional zu seiner Entfernung von seiner Gleichgewichtsposition – das ist genau der Grund, warum dieses System so einfach ist. Die Kraft ist also F=-kx; dabei ist in der Mitte bei der Ruhelage x=0. Das Minuszeichen sorgt dafür, dass die Kraft negativ ist, wenn die Auslenkung positiv ist und umgekehrt – damit ist sichergestellt, dass es wirklich eine rückstellende Kraft ist.
Wenn ihr die Masse auslenkt und dann schwingen lasst, dann schwingt sie an der Feder hin und her (die Resonanz). Die Schwingfrequenz, mit der sie das tut (wie oft sie also pro Sekunde hin- und herschwingt) ist eine wichtige Größe. Wie PhysikerInnen so sind, arbeiten wir meist aber nicht direkt mit dieser Frequenz, sondern multiplizieren den Wert der Frequenz mit 2 π und nennen das Ergebnis ω. Haben wir also zwei Schwingungen pro Sekunde, dann haben wir eine Frequenz (manchmal dann auch Kreisfrequenz genannt, das wird aber aus Schlamperei meist weggelassen) von ω=12,28 pro Sekunde. Dieses ω wird später noch wichtig werden.
In der Quantenmechanik arbeitet man ja nicht so gern mit Kräften, sondern lieber mit Energien (die steckt man ja auch in die Lagrange-Funktion rein). Die Energie eines harmonischen Oszillators hängt quadratisch vom Abstand von der Ruhelage ab. (Was übrigens auch logisch ist: Arbeit ist Kraft mal Weg, für eine größere Auslenkung brauche ich zum einen einen längeren Weg, zum anderen wächst ja auch die Kraft.) Wenn unser Massenpunkt also bei x=0 genau in der Gleichgewichtslage ist, dann ist die Energie gegeben durch
E = k x2/2
Die Proportionalitätskonstante ist wieder die Federkonstante k, geteilt durch 2. Die Energiefunktion ist oben im Bild als rote Linie eingezeichnet.
Nun hängen Elektronen normalerweise nicht an Federn dran (so kleine Federn sind schwer zu bauen) – aber man kann Elektronen (und oft auch Atome) trotzdem in vielen Fällen als harmonische Oszillatoren betrachten. Der Grund ist ganz einfach: Ein Elektron, das sich in einem Gleichgewichtszustand befindet, hat ja hier ein Minimum der Energie. Und in der Nähe eines Minimums lässt sich so ziemlich jede Funktion prima durch eine Parabel – also eine quadratische Funktion – annähern, das habt ihr vielleicht mal in der Schule gelernt, als ihr mit der beliebten “Kurvendiskussion” traktiert wurdet. (Die Steigung im Minimum ist Null, also verschwindet die erste Ableitung.)
Wir können jetzt diesen Ausdruck für die Energie in die Grundgleichung der Quantenmechanik (die Schrödingergleichung – ausführlich erklärt auf eurem Lieblingsblog unter “Artikelserien”) reinstopfen, einmal an der mathematischen Kurbel drehen, und schauen, was da für mögliche Zustände herauskommen. Diese Zustände werden durch Wellenfunktionen beschrieben, die ich im letzten Teil eingeführt habe.
Die mathematische Herleitung hinzuschreiben erspare ich mir, die steht in absolut jedem QM-Buch dieser Welt. Außerdem geht’s mir hier eh nicht um die Mathematik, sondern um die Physik dabei. Wir ärgern uns also nicht lange mit der Rechnung herum (denken aber mitleidig an all die armen Studis, die sich hier mit Hermite’schen Polynomen herumschlagen müssen), und schauen lieber gleich auf die Lösungen.
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