[Der Mensch stammt nicht etwa vom Affen ab, sondern vermutlich von einem 4-inch langen Baumbewohner, der der Opa aller heutigen Säugetiere war.]
Hmm, nun ja. Zum einen ist natürlich der gefundene Baumbewohner nicht der Urvater aller Säugetiere (auch nicht aller heutigen), denn es gab ja in der Fort-Union-Formation schon diverse andere Säugetiere, die zu heutigen Gruppen gehörten. Zum anderen würde natürlich ein kleiner, baumbewohnender Ur-Vorfahr der Säugetiere nicht ausschließen, dass der Mensch trotzdem vom Affen abstammt – genauso wenig wie die Tatsache, dass einer meiner Ur-Ur-Ur-Ahnen vermutlich ein Homo erectus war, ausschließt, dass ich von meinem Großvater abstamme.
Die Associated Press suggeriert in dem Artikel dann weiter, dass die von Simpson entdeckten Fossilien zeigen, dass der Mensch in Amerika entstand.
Die Mitteilung der AP sorgte dann für eine Reihe neuer Artikel mit Titeln, die eigentlich nichts mehr mit der Forschung von Simpson zu tun haben:
Monkey Father of Man? Nope, a Mouse [Der Affe als Vater des Menschen? Nein, eine Maus]
4-inch Fossil Seen as Daddy of All Mammal [4-inch Fossil als Papa aller Säugetiere]
Study of Mammals Brings about New Evolution Theory [Untersuchung von Säugetieren führt zu neuer Evolutionstheorie]
Die Nachrichtenagentur United Press verbreitete ebenfalls eine Fassung der ursprünglichen Pressemitteilung. Auch darin wurde wieder von “Mäusen” gesprochen – das Mäusethema rührt dabei nur daher, dass in der ursprünglichen Mitteilung gesagt wurde, dass einige dieser Tiere etwa so groß wie Ratten oder Mäuse waren; mit Nagetieren haben die Fossilien nichts zu tun. Auch die 70 Millionen Jahre tauchten wieder auf. Ansonsten konstatiert Simpson lakonisch
The story is well written, reasonably accurate, and interesting, so that it would be ungrateful to insist too much on the fact that it has very little to do with the particular research to which it refers.
[Die Geschichte ist gut geschrieben, einigermaßen korrekt und interessant, so dass es undankbar wäre, zu sehr darauf hinzuweisen, dass sie sehr wenig mit der Forschung zu tun hat, auf die sie sich bezieht.]
Einige Zeitschriften schrieben auch ganz eigene Artikel, die vermutlich lose auf der Meldung der AP beruhten. Diese Artikel enthalten im wesentlichen nur noch Unsinn – in zweien davon entdeckt Simpson das “Missing Link” (das vielzitierte Bindeglied zwischen Mensch und Affe), in einem erklärt Simpson, dass eine “kleine Ratte” der Vorfahr des Menschen ist, während er (also Simpson) “im Stammbaum des Menschen herumklettert”.
Ein paar Monate später wurde die Geschichte noch einmal hochgekocht, nämlich in einem Artikel über eine Hundeshow, in dem Simpsons Forschung herangezogen wurde, um zu erklären, dass vor 70 Millionen Jahren (diese Zahl ist anscheinend nicht auszurotten) Hunde groß wie Kodiakbären in Montana herumliefen. (Woher diese Idee stammt ist nicht nachzuvollziehen, soweit ich es sehe, gab es damals keine so großen Raubtiere, und Hunde schon gar nicht, auch wenn einige der damaligen Tiere eine entfernte Ähnlichkeit mit Hunden hatte.) Die nächste Hundeshow wollte dann natürlich nicht zurückstehen und erfand gleich 60 Arten solcher Hunde, die Simpson angeblich entdeckt hatte.
Natürlich erhielt Simpson auch viele Briefe zu den Zeitungsartikeln. Diese beziehen sich natürlich in der einen oder anderen Weise auf den fort verbreiteten Unsinn, aber Simpson verzweifelt nicht:
This is hopeful, because-it suggests that even the truth might have interested them had the press seen fit to make it available.
[Das weckt Hoffnung, denn es lässt vermuten, dass sogar die Wahrheit diese Personen interessiert hätte, wenn die Presse sie verbreitet hätte.]
Insgesamt waren nur etwa 10 der 100 von Simpson gelesenen Zeitungsartikel halbwegs korrekt und enthielten keine groben Fehler.
[T]his is a serious matter despite its humorous side. It is fairly typical of what still happens to scientific news, and it has a moral, in fact several of them, that will be obvious to the reader.
[Trotz der amüsanten Seite ist dies eine ernste Angelegenheit. Es ist ziemlich typisch für das, was mit wissenschaftlichen Nachrichten geschieht und es hat eine Moral, tatsächlich sogar mehrere, die für den Leser offensichtlich sein dürften.]
Dem ist eigentlich wenig hinzuzufügen.
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