Das Alter von Säugetieren hängt meist mit ihrer Größe zusammen: Große Tiere wie Elefanten werden etwa 70 Jahre alt, Löwen etwa 12-15, kleine Tiere wie Mäuse nur wenige Jahre. Allerdings haben größere Säugetiere auch einen langsameren Stoffwechsel. Die Zahl der Herzschläge im Leben eines Säugetiers ist ungefähr eine Konstante: Egal ob Maus, Löwe oder Elefant, alle leben etwa eine Milliarde Herzschläge lang. Danach müssten wir Menschen mit etwa 20 Jahren sterben, die meisten Menschen, die das Erwachsenenalter erreichen, werden aber wesentlich älter als das.
Hier eine Grafik, die das sehr schön deutlich macht:
(Grafik aus European Heart Journal Supplements)
Wir Menschen leben also ungewöhnlich lange, auch wesentlich länger als zum Beispiel Gorillas, die schwerer sind als wir, aber typischerweise nicht älter als 35-40 Jahre werden. Warum ist das so? Eine mögliche Antwort: Das verdanken wir unseren Großmüttern (oder besser, denen unserer Vorfahren).
Bevor wir uns das genauer angucken, hier gleich vorweg ein Hinweis, um möglicher Verwirrung vorzubeugen: Der Begriff “Lebenserwartung” ist ein bisschen problematisch. Man liest ja z.B. oft, dass die Lebenserwartung im Mittelalter nur bei etwa 30 Jahren lag – das heißt aber nicht, dass es damals nahezu keine Leute gab, die 40 oder 60 wurden, sondern ist einfach der sehr hohe Kindersterblichkeit geschuldet. (Wenn die Hälfte aller Menschen als Kind/Säugling stirbt und die andere Hälfte 60 wird, dann ist die Lebenserwartung eben nur 30 Jahre.) In dem Modell, das ich gleich erkläre, ist dieser Effekt allerdings nicht drin – dort wird eine konstante Sterblichkeit angenommen.
Die Idee der Großmutter-Hypothese (ein Pluspunkt für die Person, die sich das Wort ausgedacht und es korrekt als “Hypothese” bezeichnet hat) besteht darin, dass Menschen ja erst mal eine lange Zeit brauchen, um erwachsen zu werden, dann aber nur eine begrenzte Zeit lang Kinder bekommen können. Solange sich Frauen noch um sehr kleine Kinder kümmern müssen, bekommen sie häufig keine weiteren. Können sie die Pflege der Kinder an andere abgeben, können Frauen früher wieder schwanger werden und so mehr Kinder bekommen. Insgesamt mag es also günstig sein, wenn Frauen insgesamt länger leben und zunächst eigene Kinder bekommen und später dann ihre Enkel großziehen.
Diese Idee kann man durch Computermodelle prüfen, von denen ich hier eins vorstellen will (es gibt noch andere, die zum Teil andere Annahmen machen, aber zu ähnlichen Ergebnissen kommen).
Das Modell nimmt vereinfachend eine konstante Sterblichkeitsrate an. So sieht (wenn ich die Formel richtig umgerechnet habe) die Überlebenswahrscheinlichkeit aus:
Wenn man also mit 1000 Neugeborenen anfängt, dann bleiben nach 20 Jahren nur etwa 250 übrig, wenn die Lebenserwartung 15 Jahre beträgt (rote Kurve), und etwa 600, wenn die Lebenserwartung 35 Jahre beträgt. Ihr seht, dass die Kurve etwas unrealistisch ist, weil zum einen die hohe Säuglingssterblichkeit nicht berücksichtigt wird und zum anderen einige Menschen sehr alt werden können. In der Arbeit werden diese Aspekte auch diskutiert – sie dürften an der zentralen Aussage aber nichts ändern.
Als nächstes muss man sich Gedanken machen, wie das Leben eines einzelnen Menschen (in diesem Fall einer Frau, Männer sind hier nicht so wichtig…) aussieht: Zunächst einmal startet sie als Säugling. Säuglinge sind (weil sie gestillt werden) von der Mutter abhängig und können nicht an Großmütter weitergereicht werden. Danach kommt eine abhängige Kindheitsphase, in der sie gepflegt werden müssen. In dieser Zeit kann eine Frau, die ein solches Kind pflegt, kein weiteres pflegen. (Bei Schimpansenmüttern vergehen z.B. 4 oder 5 Jahre zwischen zwei Geburten – wer mehr darüber wissen will, möge den zeitlosen Klassiker “Wilde Schimpansen” von Jane Goodall lesen.) Es folgt eine unabhängige Jugend, in der noch keine Fortpflanzung möglich ist. Schließlich dann der Eintritt ins Fortpflanzungsfähige Alter, das für Frauen (das ist ein fixer Wert) mit 45 Jahren endet. In dieser Zeit können Frauen Kinder bekommen, wobei die Zeit zwischen möglicher Empfängnis und Geburt auf 1 Jahr festgelegt wurde. (Das umfasst die Zeit, bis die Frau schwanger wird und die Zeit der Schwangerschaft selbst und passt vom Zahlenwert her zu Menschen und Menschenaffen.)
Kommentare (15)