In letzter Zeit war ja öfter mal von negativen Temperaturen die Rede. Also nicht die negativen Temperaturen draußen, wo es aus irgendeinem Grund immer noch kalt ist und schneit, sondern negative absolute Temperaturen. Und merkwürdigerweise sollen die in Wahrheit gar nicht kalt sein, sondern heiß. Um zu verstehen, wie so etwas auf den ersten Blick absurdes gemeint sein kann, müssen wir uns erst einmal eine ganz grundlegende Frage stellen: Was ist überhaupt eine Temperatur?
Ich fange ganz fundamental an, nämlich mit den berühmten Hauptsätzen der Thermodynamik. Bekannt und viel zitiert ist der erste Hauptsatz der Thermodynamik, der sagt, dass die Energie in einem abgeschlossenen System konstant ist. Ebenfalls oft zitiert wird der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, den es in verschiedenen Formulierungen gibt. Ich verwende heute die, die mit dem Entropiebegriff hantiert: “Die Entropie eines abgeschlossenen Systems erreicht im thermischen Gleichgewicht ihr Maximum.” (Für den Moment braucht ihr gar nicht genau zu wissen, was die Entropie ist, aber ich habe das na klar auch mal ausführlich erklärt (vielleicht sollte der Blog lieber “Hier wohnt der Erklärbär” heißen?) – klickt rechts auf Artikelserien und dort findet ihr eine mehrteilige Serie zum Thema (und inzwischen sollten die Links sogar wieder funktionieren…).)
Heute fange ich aber mit dem – wenig beachteten, weil für trivial gehaltenen – Nullten Hautpsatz an. den klaue ich wörtlich von Wikipedia:
Stehen zwei Systeme jeweils mit einem dritten im thermodynamischen Gleichgewicht, so stehen sie auch untereinander im Gleichgewicht. Diejenige Zustandsgröße, die bei diesen Systemen übereinstimmt, ist die Temperatur.
Der Satz sagt uns Folgendes: Systeme (unter einem System könnt ihr euch alles vorstellen, was eine Temperatur haben kann; Physikerinnen bevorzugen meist einfache Dinge wie Gase oder einigermaßen simpel aufgebaute Festkörper; gut ist auch immer ne Flasche mit Wasser oder eine Badewanne voll davon) – also: Systeme können im thermodynamischem Gleichgewicht sein. Das ist grob gesagt dann der Fall, wenn sie durch bestimmte Größen (beispielsweise den Druck in einem Gas oder sein Volumen) beschrieben werden können und wenn die sich zeitlich nicht mehr ändern. (Man kann das auch noch axiomatischer formulieren, aber die Physik ist ja keine axiomatische Wissenschaft, für mich reicht heute diese einfache Definition für den Hausgebrauch.)
Wenn ich zwei Systeme miteinander in Kontakt bringe, so dass sie Energie austauschen können, dann erreichen sie irgendwann ein thermodynamisches Gleichgewicht miteinander. Das erkenne ich daran, dass sie netto keine Energie mehr austauschen (obwohl statistisch durchaus mal ein bisschen Energie von einem zum anderen fließen kann, aber im Mittel gleicht sich das immer aus). Der Nullte Hauptsatz sagt mir nun, dass Wenn A mit B im Gleichgewicht ist und B mit C, dann ist auch A mit C im Gleichgewicht. Das bedeutet, dass es eine einzige Größe geben muss, mit der ich ein thermodynamisches Gleichgewicht kennzeichnen kann, und diese Größe ist gerade die Temperatur.
Klingt ein bisschen abstrakt, ist aber eigentlich ganz logisch. Bei der Körpergröße ist es zum Beispiel genauso: Wenn A genauso groß ist wie B und B so groß wie C, dann ist auch A so groß wie C. Es gibt deshalb eine Zahl, die die Körpergröße kennzeichnet. Bei anderen Dingen ist es aber nicht so: Wenn zum Beispiel A und B beim Schach immer remis spielen und B und C auch, dann heißt das nicht, dass A und C auch immer remis spielen müssen – die Spielstärke im Schach lässt sich nicht durch eine einzige Zahl kennzeichnen (auch wenn es natürlich ELO-Zahlen gibt).
Es gibt also eine Größe, die wir Temperatur nennen und die dazu dient, festzustellen, ob zwei Systeme im thermischen Gleichgewicht sind oder nicht. Wäre natürlich toll, man hätte eine Idee, was diese Größe eigentlich ist, oder? (Klar, aus dem Alltag könnte man – analog zu Einstein – sagen “Temperatur ist das, was ein Thermometer anzeigt”, aber hier schauen wir genauer hin…)
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