Das Staub-Bild wird typischerweise nicht verwendet, wenn man es mit der Gravitation von Massen zu tun hat, beispielsweise mit Sternen oder gar Schwarzen Löchern. Dort ist es aber eigentlich besonders nützlich, wie wir gleich sehen werden.
Am Anfang stellt sich aber erst einmal ein Problem: Stellt euch Alices Universum vor, angefüllt mit Staub, der relativ zu Alice ruht. Jetzt bringen wir (wie auch immer wir das tun) eine Masse in dieses Universum, der Einfachheit halber so, dass die Masse auch relativ zu Alices Staub in Ruhe ist. Diese Masse zieht unseren Staub jetzt an, so dass er auf die Masse zuzustürzen beginnt. Verfolgen wir den Staub über eine Weile, so sehen wir, dass die Staubteilchen, die von Außen kommen, immer weiter auf die Masse im Zentrum zustürzen – unser Bild des Staubs ist nicht zeitunabhängig. Das ist unschön, denn das Schwerefeld einer Masse ist ja zeitunabhängig immer gleich – unser Staub verdeckt das und macht die Sache so etwas unanschaulich.
Nebenbemerkung: Was genau am Anfang passiert, wenn wir die Masse ins Universum bringen, hängt ein bisschen davon ab, wie wir das machen. Die Gleichungen der ART erlauben es nicht, eine Masse einfach an einer Stelle aus dem Nichts entstehen zu lassen (in der Elektrodynamik ist das genauso – dort können Ladungen auch nicht einfach an einem Punkt auftauchen). Wir können uns vorstellen, wir würden die Staubteilchen erst einmal festhalten und dann zu irgendeinem Zeitpunkt loslassen, so dass sie ab diesem Moment frei fallen können.
Wir können aber einen Trick verwenden, um doch noch Nutzen aus den Staubkörnern zu ziehen: Wir warten. Und zwar warten wir sehr, sehr lange. Nach sehr langer Zeit sind alle Staubkörner, die dicht an unserer Masse gestartet sind, auf diese Masse draufgestürzt (da die Masse der Staubkörner beliebig klein ist, ändert das nichts am Schwerefeld). Alle Staubkörner, die wir noch sehen, sind dann vor sehr langer Zeit in sehr großer Entfernung gestartet. Im mathematischen Grenzfall unendlich langer Wartezeit sind alle Staubteilchen, die wir beobachten, mit Geschwindigkeit Null in unendlicher Entfernung gestartet. Man kann sich das auch andersherum vorstellen: Wir lassen unsere Masse Staubkörner aussenden, und zwar genau mit der Fluchtgeschwindigkeit, so dass die Körner nach außen fliegen, dabei immer langsamer werden und schließlich nach unendlich langer Zeit gerade Geschwindigkeit Null erreichen.
So sieht der Strom der Staubteilchen schließlich aus: Sie stürzen alle mit zunehmender Geschwindigkeit auf unsere Masse zu:
Bisher haben wir eher eine Newtonsche Sicht der Dinge verwendet – die Masse zieht die Staubkörner an und deswegen stürzen sie auf die Masse zu. Einstein würde die Sache anders betrachten: Nach Einstein gibt es ja keine Schwerkraft, sondern die Effekte der Schwerkraft kommen dadurch zu Stande, dass Teilchen kräftefreie Bahnen in der Raumzeit ziehen. Wenn keine Kräfte wirken, dann fliegen Teilchen einfach mit konstanter Geschwindigkeit (das ist das erste Newtonsche Axiom), die kräftefreien Bahnen (Geodäten genannt) sind also einfach Geraden, auf denen die Teilchen konstante Geschwindigkeiten haben. (Ausführlich habe ich das auch in diesem Text erklärt.) Die Masse krümmt jetzt die Raumzeit und beeinflusst so die Bahnen der Teilchen. Unsere Staubkörner fallen also nicht auf die Masse zu, weil sie von einer Kraft angezogen werden, sondern weil die Masse die Raumzeit so verändert, dass das Fallen zur Masse jetzt die kräftefreie Bewegung ist, sozusagen die geradlinigste Bewegung, die möglich ist.
So ähnlich war es ja eben auch beim expandierenden Universum: Dort veränderte sich die Raumzeit so, dass die Abstände zwischen den Staubteilchen immer weiter zunahmen – jedes Staubteilchen für sich genommen “merkt” nichts von der Ausdehnung des Universums, sondern staubt einfach so vor sich hin (oder was immer Staubteilchen tun). Allerdings war das sich ausdehnende Universum überall gleich. Bei unserer Masse im Universum merkt auch keins der Staubteilchen etwas von irgendeiner Schwerkraft oder Raumzeitkrümmung – es folgt einfach seiner kräftefreien Bahn, nur dass diese Bahn jetzt für unterschiedliche Staubkörner unterschiedlich ist.
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