Nehmen wir an, die beiden Enden der Stange sind zwei Meter auseinander, bevor die Gravitationswelle auftrifft. Ich mache jetzt mal eine ganz grobe Näherung, um die Zahlen abzuschätzen. Ich tue so, als bestünde die Stange aus zwei Teilen, die gegeneinander beschleunigt werden. Die jeweiligen Kräfte müssen dann in der Mitte der Stange übertragen werden, dabei darf die Stange nicht zerreißen.
Die Beschleunigung der beiden Teilmassen gegeneinander ist gegeben durch die Frequenz der GW und ihre Amplitude. Nennen wir die Dehnungsamplitude der Welle mal e. (Oben war also e=0,1%=0,001.) Wenn die beiden Massen-Punkte, mit denen ich die Stange grob beschreibe, eine Entfernung von 1 Meter haben, dann entfernen sie sich bei einer Dehnung von e um genau e Meter (also bei z.B. 1% um einen Zentimeter). Bei einer Stange der Länge L ist die Amplitude entsprechend L⋅e
Um die Beschleunigung der beiden Massen auszurechnen, muss ich auch noch die Frequenz der Welle kennen. Bei einer Welle mit Kreisfrequenz ω und Amplitude A ist die maximale Beschleunigung, wenn ich mich nicht vertue, a=A⋅ω². (Achtung, ich nehme hier bei dieser Abschätzung an, dass die Frequenz klein genug ist, dass die “Verformungsinformation” von einem Ende der Stange zum anderen kommt. Bei sehr hohen Frequenzen würden die beiden Enden der Stange beschleunigt werden, ohne dass auch nur ne Schallwelle bis in die Mitte kommt, dann wir die Sache komplizierter.)
Die Kraft, die auf jede Hälfte der Stange wirkt, ist dann nach dem zweiten Newtonschen Gesetz F=m⋅a=m⋅A⋅ω².
Um das mit der Materialfestigkeit in Beziehung zu setzen, brauche ich den Querschnitt der Stange. Nehmen wir an, der ist S (zahlenwert egal, der kürzt sich gleich eh raus), dann ist die Masse jeder Hälfte m=ρS L/2 (hier steht L/2, weil die ganze Stange ja zwei Meter lang war, jede Hälfte dann einen Meter.) Dabei ist das ρ die Dichte des Materials.
Die Spannung die durch unsere bewegten Massen hervorgerufen wird, ist gleich Kraft pro Fläche (ihr seht, das S kürzt sich wieder raus). Also ist die Spannung
ρ ⋅A⋅ω²L/2.
Ein Material zerreißt dann, wenn die Spannung zu groß wird. Die maximale Spannung, die ein Stück Eisen oder Stahl ertragen kann, ist (je nach genauer Art der Legierung) irgendwo zwischen 300 und 1500 Megapascal (ein Megapascal ist ein Newton pro Quadratmillimeter). Nennen wir diese Spannung σ. Dann haben wir insgesamt als Bedingung dafür, dass das Material durch die GW zerreißt:
σ < ρ ⋅A⋅ω² L/2
Die Amplitude A war ja wiederum e⋅L, insgesamt bekommen wir also
σ < ρ ⋅e⋅ω² L²/2
Setzen wir ein paar Zahlen ein. Die maximale Spannung sei 500MPa, die Dichte von Stahl ist etwa 8000kg/m³, und die Stange sei einen Meter lang. Dann bekommen wir als kritische Grenze e⋅ω² > 125000. Das Signal des binären Schwarzen Lochs hatte ne Frequenz von 250 Hertz, um unsere Stange zu zerreißen bräuchten wir also eine Dehnungsamplitude von 200%. Das ist dann schon so viel, dass die Rechnung hier nicht mehr passt, weil man so starke Gravitationsfelder nicht ohne weiteres mit ner einfachen Wellengleichung beschreiben kann.
Aber das ganze geht ja mit dem Quadrat der Länge. Wenn wir ne Stange nehmen, die einen Kilometer lang ist, dann genügt nach dieser Schätzung eine Amplitude von 2 mal 10^-6. Das ist ziemlich wenig – und auch nicht relevant, denn so kleine Dehnungen kann unser Material zum einen problemlos elastisch abfedern, zum anderen gilt bei einer so langen Stange die Bedingung nicht mehr, dass die Frequenz hinreichend klein sein muss, damit die beiden Seiten des Materials überhaupt von der gegenseitigen Beschleunigung etwas merken (die Schallgeschwindigkeit in Stahl ist etwa 5000m/s).
Hier noch eine etwas andere Rechnung, die zum selben Ergebnis kommt: Ich nehme An, dass mein Stab die Länge L hat, dann erstreckt er sich z.B. von -L/2 bis +L/2. Ich betrachte den Punkt in der Mitte des Stabs als in Ruhe befindlich. Die rechte Seite des Stabs erfährt eine Beschleunigung von a=e⋅ω² L/2 gegenüber dem Mittelpunkt. Ein Element des Stabs im Abstand x (zwischen 0 und L/2) hat eine Beschleunigung a(x) = 2 a x/L. (Sie ist linear mit dem Abstand und bei L/2 gleich a.)
Die Kraft auf dieses Stück ist F=ma(x)=ρ S dx 2 x a/L. (ρ S dx ist die Masse.)
Alle diese Kräfte werden auf das Stück in der Mitte übertragen, also ist die Kraft dort
F0= ∫0L/2 ρ S dx 2 x a/L = ρ S a L = ρ S e⋅ω² L²/2.
Für die Spannung kommt also exakt dasselbe raus wie oben.
Kommentare (236)