Bisher habe ich angenommen, dass die Lochquote eine feste Zahl ist. Wer selbst irgendeinen Sport betreibt, weiß, dass sich das zumindest anders anfühlt: es gibt Tage, da gelingt scheinbar alles, und andere, wo man an der einfachsten Aufgabe scheitert. Gerade beim Snooker, wo es ja sehr auf die Konzentration ankommt, merkt man selbst schnell, dass man sich leicht selbst runterziehen kann: Wenn ein paar einfache Bälle nicht gelingen, wird man unsicher, ärgert sich, und dann geht erst recht nix. Andersrum gibt es Tage, da gelingt einem so ziemlich alles und selbst ich loche ein paar Kugeln hintereinander. Beim Basketball (nicht meine Sportart, aber statistisch gut untersucht) nennt man so was einen “hot streak” oder eine “hot hand”. Frühere statistische Untersuchungen haben diesen Effekt nicht nachweisen können – danach hatte jede Spielerin ihre persönliche Quote, und manchmal ist eben einfach eine Glückssträhne dabei, so wie man beim Würfeln auch mal mehrere 6en (oder 20en für Rollenspielerinnen) hintereinander würfeln kann. Neuere Untersuchungen zeigen beim Basketball allerdings anscheinend doch einen kleinen Effekt.
Snooker wäre für Untersuchungen dieser Art eigentlich super geeignet, weil man da leicht sehr genau Buch über jeden Ball führen und sehen kann, welche Erfolgsquote es jeweils gibt. (Die werden im Match auch gern eingeblendet, so wie der oben zitierte Locherfolg.) Ich vermute, dass man dan tatsächlich einen Effekt sehen würde – denn ich kann mich an mehrere fantastische Serien erinnern, wo eine Spielerin extrem viele Punkte hintereinander erreicht hat. Habe dazu gerade diese Seite hier gefunden. Danach gab es schon mehrfach in der Geschichte Spielerinnen, die 5 century breaks hintereinander gespielt haben. (Allerdings nicht direkt in einem match.) Die Wahrscheinlichkeit dafür wäre nicht 1:10000 – das ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass 5 centuries hintereinander gespielt werden, aber nicht alle von derselben Spielerin, die tatsächliche Wahrscheinlichkeit ist also noch kleiner, so etwa ein Faktor 16 (jedes der nachfolgenden centuries hat ne 50%-Wahrscheinlichkeit, von derselben Spielerin gemacht zu werden.) Higgins hat mal 4 centuries in Folge gespielt.
Es gibt also schon einige sehr extreme Leistungen – allerdings auch über die letzten 20-30 Jahre verteilt. Ob sich da wirklich ein statistischer Effekt nachweisen lässt, weiß ich nicht, das herauszurechnen würde erfordern, sich Gedanken darüber zu machen, wie viele Snookerframes pro Jahr von wie vielen unterschiedlichen Spielerinnen gespielt werden und und und.
Auf jeden Fall ist aber klar, dass es für einen selbst und die Zuschauerinnen so aussieht, als hätte man gerade einen “Lauf” oder “hot streak”. Und das bringt mich schließlich zu Homer.
Dass ich die Ilias sehr mag, habe ich ja schon mal anderweitig deutlich gemacht. In der Ilias gibt es das Konzept der “Aristie” (aristos= der beste)- exemplarisch im 5. Gesang, wo Diomedes von Athene quasi gesegnet wird und dann plötzlich im Kampf wahre Wunder verbringt, am Ende bekommt sogar Ares gründlich eins auf die Mütze, wobei der Speer von Athene gelenkt wird. (Eine modernere Variante gibt es im Herrn der Ringe, als Theoden vor Minas Tirith kämpft.) Dramaturgisch dient das laut Wikipedia dazu, auch Nebenfiguren hervorzuheben, die danach nicht mehr so prominent auftreten. Ich halte es aber zumindest für plausibel (ist natürlich reine und unwissenschaftliche Spekulation) dass dahinter eine ähnliche Beobachtung steht, wie wir sie deutlich entspannter und weniger blutig beim Sport sehen: Auch im Kampf mag es vorkommen, dass eine Kriegerin einen “hot streak” hat und plötzlich ungewöhnlich gut zu kämpfen scheint. (Und auch da wird es nicht einfach sein zu sehen, ob das statistisch wirklich haltbar ist.) Und wer das von Außen beobachtet hat, hat eben vermutlich nicht über Statistiken nachgedacht (das Konzept der Wahrscheinlichkeit war der handelsüblichen Kriegerin damals vermutlich eher fremd), sondern hat es als etwas besonderes gesehen, eben als einen göttlichen Einfluss.
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