Tja, wie die Zeit vergeht – heute vor 10 Jahren habe ich meinen ersten Blog-Artikel freigeschaltet und hier auf Scienceblogs gestartet.Ich war ziemlich aufgeregt – immerhin war es mein erster Blog (ja, ich sage “der Blog”) und ich war mir gar nicht sicher, wie das ablaufen würde. Würde ich genügend Themen haben oder wäre nach 20 oder 30 Artikeln Schluss? Würde Schreiben überhaupt auf die Dauer Spaß machen? Würden mich die bösen Kommentatorinnen und Kommentatoren zerfetzen?
10 Jahre lässt sich wohl sagen, dass das Experiment ein Erfolg war. Inzwischen habe ich über 600 Beiträge geschrieben. Meistens ging es dabei um Wissenschaft, aber nicht immer.
Schwerpunktthemen waren meist doch die Grundlagen der Physik, vor allem Quantenmechanik und Relativitätstheorie. Obwohl eine der ersten Artikelserien, die ich geschrieben habe, sich mir der Allgemeinen Relativitätstheorie befasst hat, hätte ich mir damals nie träumen lassen, dass ich mal ein Buch zum Thema schreiben würde. Ohne den Blog hätte ich mich nie so tief in die ART hineinvertieft, dass das möglich gewesen wäre.
Ähnlich war es mit der Quantenfeldtheorie – ART und QFT habe ich zwar im Studium gelernt, aber richtiges Verständnis hatte ich nie wirklich, das kam erst durch den Blog. (Und der Moment, wo ich im ICE nach Köln zu einem Projekttreffen unterwegs war und plötzlich begriff, was eigentlich ein Zustand in der QFT ist, wird mir hoffentlich immer im Gedächtnis bleiben.) QFT und Quantenmechanik sind immer das zweite große Physik-Thema hier auf dem Blog gewesen; schaut einfach bei den Artikelserien, da findet ihr ziemlich viel dazu, wenn ihr euch erinnern wollt, was ich alles geschrieben habe (alternativ hilft auch die tag-Wolke). Und bevor jemand fragt, ob ich jetzt ein Buch zur QFT schreibe – nein, tue ich nicht. Ich hatte zwar eine Idee dazu, die hat aber nicht ganz so funktioniert wie ursprünglich gedacht. Ich bastle (schon seit einiger Zeit) an einem Buch zum Thema Quantenmechanik, aber das braucht noch etwas – und ob ich für eine seltsame Chimäre aus Sachbuch und Science-Fiction-Roman einen passenden Verlag finde, muss ich dann auch mal schauen, wenn es soweit ist… (Aber falls ihr euch gewundert habt, warum ich im Moment wenig schreibe – das ist ein Grund.)
Und mein zweites Hauptthema waren Dinosaurier (und andere ausgestorbene Tiere, aber die sind ja nicht soo cool). Ich habe öfter mal neu entdeckte Fossilien oder neue Interpretationen von Fossilien vorgestellt – mache ich in letzter Zeit seltener; nicht nur, weil ich generell weniger Zeit zum Bloggen habe, sondern auch, weil ich inzwischen meist schon zahlreiche Artikel in anderen Medien zu neuen Funden finde, die schneller schreiben können als ich, weil sie dafür bezahlt werden. Mit diesem Thema hing ein anderes oft zusammen – die Biomechanik. Wir haben öfter mal aufs Laufen geguckt (bei Dinos, bei Spinnen, bei Tieren allgemein), die Bisskraft von Dinos und anderen Tieren war öfter mal Thema, und um Knochen ging es auch ab und zu.
Und davon abgesehen habe ich immer mal über alles gebloggt, was mich irgendwie gerade interessiert hat – sei es das Drehen von Eiern, Landwirtschaft bei Schleimpilzen, raschelnde Chipstüten oder eine Tarnkappe.
Ab und zu habe ich auch über die Wissenschaft selbst nachgedacht, habe versucht, zu definieren, was Wissenschaft eigentlich ist, ob man Angst vor der Wissenschaft haben muss und wo solche Ängste herkommen und ob und wie sie sich von anderen Ideen, die Welt zu verstehen, unterscheiden lässt (das ist tatsächlich der mit Abstand älteste Blogartikel, denn den Text habe ich irgendwann Anfang der 90er Jahre für die Erstsemester-Einführung geschrieben).
Und manchmal ging es auch um ganz andere Dinge und ich habe den Papst kritisiert oder – immer das kontroverseste Thema – etwas zu Sexismus im Alltag oder in der Grammatik geschrieben. (Falls jemand sich wundert, dass ich in letzter Zeit nicht mehr ausschließlich feminine Formen verwende; das hat seinen Grund, aber den erkläre ich wann anders, wenn ich genügend Kraft für den daraus garantiert resultierenden Shitstorm habe.) Laut Statistik hat dieser Blog inzwischen knapp 33000 Kommentare eingesammelt (über 10 Jahre a 365 Tage also knapp 10 am Tag), und sicherlich ein Drittel davon entfällt auf Artikel zu diesen Themen. (Die zur speziellen Relativitätstheorie ziehen auch immer viele Kommentare an, weil es ja seltsamerweise immer noch Leute gibt, die damit Probleme haben…)
Spaß hat’s das Bloggen natürlich auch gemacht, und ich habe auch ab und zu Späße gemacht – es gab Aprilscherze (das war vor den Zeiten von Fake news) über die Abstammung des Menschen oder über quietschende Eisenbahnbremsen, ich habe gegen Literaturwissenschaftler polemisiert über typische Dinosaurier-Dokus gelästert oder ein wenig auch mich selbst und meine Art zu bloggen auf die Schippe genommen. Auch einer der meistgelesenen Artikel des Blogs, der einen Monat mit um das dreifache angestiegenen Klickzahlen bescherte, war eher humorvoll (wenn auch mit traurig-wahrem Kern): das kleine Troll-Handbuch.
Ach ja, dieses Frühjahr habe ich auch noch knapp 40 Kapitel eines Kinderbuchs veröffentlicht; zumindest einige hatten anscheinend ja Spaß damit.
Und auch wenn ich inzwischen nicht mehr mit so viel Feuereifer blogge wie am Anfang (in den ersten Wochen gab es jeden Tag einen neuen Artikel!), ist das Bloggen immer noch eine tolle Sache. Und das liegt natürlich auch daran, dass ich ja nicht einfach nur schreibe, sondern dass Ihr hier fleißig kommentiert, diskutiert und manchmal auch kritisiert. Ohne ein solches Feedback wäre das Schreiben nur halb so interessant und ohne viele kluge Kommentare hätte ich manches auch nie gelernt, manchen Irrtum nie korrigiert und mich ohne das oft positive Echo auch vermutlich nie getraut, ein Buch zur Relativitätstheorie zu schreiben (merkt man, dass ich manchmal immer noch nicht so ganz glauben kann, dass es das Buch wirklich gibt?).
Und deshalb – das hat ja schon Tradition bei Artikeln zu diesem Blog – ein ganz herzliches Dankeschön an euch alle als treue Leserinnen und Leser des Blogs, wie üblich vorgetragen von der Drachenbande:
PS: Eigentlich wollte ich zu diesem Anlass ja noch einen etwas längeren und auch mehr reflektierenden Rückblick schreiben, aber mitten in meinem Urlaub machte mir heute morgen der Instituts-Backup-Server einen Strich durch die Rechnung, der plötzlich trotz RAID 6 mit einer defekten Festplatte nicht mehr klar kam. (Hat jemand Tipps, wie man einen QNAP mit vermutlich defekten Superblocks auf den Festplatten wieder dazu bringt, die Platten zu mounten? Nehmen wir gern…) So war ich dann heute morgen etwas anders beschäftigt.
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