Go ist statischer als Schach. Steine werden auf das Brett gelegt und dann nicht mehr bewegt (ausser wenn sie geschlagen werden). Gesichertes Territorium kann im Spiel nicht mehr wechseln. Die Rivalität findet dort statt wo weiss auf Schwarz trifft. Territorien an den Rändern sind einfacher zu sichern als zentralere auf dem Brett. Man kann sich Territorium besetzen, man spielt aber auch oft zuerst nur auf Einfluss. Man steckt sozusagen ein Gebiet ab und versucht Schritt für Schritt und durch langsame Annäherung dort so Fuss zu fassen, dass die andere Farbe nicht mehr oder nur mit Mühe dort Gebiete sichern kann. Man muss entscheiden welche Gebiete man der anderen Seite überlässt und wo sich aufreibende Kämpfe lohnen. Man kann so mit einer Leben-und-Leben-Lassen-Einstellung spielen, aber auch aggressiv vorgehen. Dies kann gar auf unterschiedlichen Schauplätzen simultan geschehen. Man kann lokale Remis-Situationen dadurch zu lösen versuchen, dass man andernorts die gegnerische Seite unter Zugzwang setzt (eine direkte Zugwiederholung ist nicht erlaubt). Auch interessant ist, dass mit Handicap gespielt werden kann. Im vorliegenden Fall würde die Ukraine wohl mit einem ziemlich grossen solchen ins Spiel starten.

Go beschreibt darum in meinen Augen die Situation viel besser als “Monopoly gegen Schach”.  Dies war auch meine spontane Antwort auf die im eingangs erwähnten Tweet gestellte Frage. Vielleicht haben Leserinnen und Leser andere und bessere Vorschläge?

P.S.: Ich bin ein miserabler Go Spieler und entschuldige mich daher schon präventiv für allfällige Fehlrepräsentationen oder Verzerrungen die ich hier diesem wunderbaren Spiel angetan habe.

 

 

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Kommentare (15)

  1. #1 Dr. Webbaer
    März 21, 2014

    Die Anmerkung mit dem Nullsummenspielen scheint wichtich, es müsste ein Brettspiel gefunden werden, in dem “Win Win”- oder “Lose Lose”-Situationen erreicht werden könnten.
    Denkbar wäre hier ein Brettspiel gegen die Bank, das zum Nutzen [1] der zwei [2] beteiligten Spieler beendet werden könnte.
    MFG
    Dr. W

    [1] und sei es nur eine Form des Erkenntnisgewinns
    [2] sofern zwei Spieler, die Ukraine und Russland “spielen”; ganz so schaut es allerdings nicht aus

  2. #2 MartinB
    März 21, 2014

    Politik ist eigentlich immer wie Nomic, oder?
    https://de.wikipedia.org/wiki/Nomic

  3. #3 ali
    März 21, 2014

    @MartinB
    Calvin Ball!

  4. #4 MartinB
    März 21, 2014

    Yeah! Ich liebe Calvin&Hobbes.

  5. #5 Adent
    März 22, 2014

    Das ist ein interessanter Gedankengang, dass beide Seiten bei einem solchen Spiel gewinnen könnten, aber wird dabei nicht die Tatsache übersehen, dass es hier um mindestens 3 Seiten (eher sogar 4, wenn man die Ukraine noch in Pro und Contra Russland einteilt) geht?

  6. #6 LarsW
    Meppen
    März 23, 2014

    Sehr interessante Analyse und Ansatz! Typisch Wissenschaftler! 😉 Vielleicht gewinnt einfach nur derjenige, der nach allen Regeln der Kunst (der korrumpierten Macht) vorgeht. Damit meine ich nach den Regeln des [url=https://de.wikipedia.org/wiki/Machiavellismus]Machiavellismus[/url], derjenige, der die meisten Hebel in Bewegung setzt und am meisten Effekt dabei erzielt (ohne allzu große Skrupel zu haben). Der Effekt ist hier Einfluss und Macht im Territorium Ukraine. Bislang scheint die USA hier am erfolgreichsten zu sein. Obwohl Russland ja auch einen gewissen (territorialen) Erfolg (?) verzeichnen konnte, der genaugenommen ja kein wirklicher Erfolg ist, sondern nur einen gewissen Status quo versucht aufrecht zu erhalten.

    Wenn das Spiel nach den Regeln Machiavelli laufen würde, wären die USA jedenfalls sicherlich bald der endgültige Gewinner aus meiner Sicht, weil sie die meisten Ressourcen auf diesem Gebiet haben.

    Übersehen werden dabei darf natürlich auch nicht das Verhalten der Bevölkerungen, soweit sie eine gewisse Macht besitzen.

  7. #7 Dr. Webbaer
    März 23, 2014

    Patiencen sind für mehrere Spieler möglich, die dann zusammen gewinnen oder verlieren können, Ähnliches gibt es im Online-Spielebereich, bspw. beim M$ Age of Empires, es soll auch diesbezügliche Brettspiele geben:
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Kooperatives_Spiel

  8. #8 Hobbes
    März 24, 2014

    Man kann es natürlich einfach auf 2 Seiten runter reduzieren, wenn man davon ausgeht das die anderen Mitspieler einfach zu klein sind für ein Stück vom Kuchen und sich höchstens um die Krümel streiten dürfen.
    Allerdings würde ich dann immer noch von 3 Seiten reden, da Europa und die USA meiner Meinung nach doch sehr unterschiedliche Ziele verfolgen. Während die USA hier gerne gewinnen würden scheint Europa das Spiel am liebsten gar nicht spielen zu wollen.
    Europa scheint es auch eher egal zu sein, wem die Krim nun gehört, man lehnt einfach die Art und Weise ab wie hier vorgegangen wurde. Aber spätestens wenn Russland anfangen sollte die Ostukraine zu besetzen ändern sich die Ziele wieder.
    Aber auch schon wenn die Krimtartaren ernsthaften Terrorismus betreiben haben wir einen Mitspieler mehr. Wundert mich eh das die so lange die Füße still halten wenn man sich anguckt wie die das letzte mal behandelt wurden.

    Ich glaube aber (und hoffe) das das ganze so eh schon akzeptiert wurde und es jetzt nur noch darum geht den Preis für die Krim in die Höhe zu treiben um Putin zu zeigen das er sich noch mehr solcher Aktionen nicht leisten kann.

  9. #9 ali
    März 24, 2014

    @Adent @Hobbes

    Ja, idealerweise sollte man wohl mehrere Mitspielende in das “Modell” integrieren. Ein solcher Spielevergleich ist natürlich immer eine Abstraktion, die nicht die Komplexität der Realität wirklich abbilden kann. Das Runterbrechen auf zwei Seiten kann uns durchaus ein Verständnis der strategischen Interaktion geben. Am zweifelhaftesten ist in diesem Kontext wohl das Zusammenfassen von Ukraine und den NATO Staaten.

  10. #10 Hobbes
    März 24, 2014

    @LarsW:
    Welche Regeln nach Machiavelli meinen Sie?
    Ich habe Machiavellismus bisher immer als allein auf Macht fixierte Realpolitik verstanden. Also nicht wirklich das was in “Der Fürst” beschrieben steht. (Darin wird ja z.B. sogar der Vorteil einer Republik erwähnt wenn es sich um eine halbwegs homogene Wirtschaft handelt.)

    Aus dreckigem Pragmatismus heraus betrachtet würde ich Russland bisher als eindeutig im Vorteil sehen. Allerdings auch nur, weil Russland den Eröffnungszug gemacht hat und jetzt die anderen ihre Züge machen dürfen.

  11. #11 Dr. Webbaer
    März 25, 2014

    Zurzeit wird jedenfalls ein wenig Schach gespielt, bspw. wenn Timoschenko aufgelöst wird, Victoria Nuland ebenso & der Focus ein wenig auf die real existierenden ukrainischen Faschisten gelenkt wird – vermutlich vom FSB.

  12. #13 valerie
    September 3, 2014

    Ww3 aber sowas von .Kann sich nur noch um Tage handeln bis sich die Nato und Russland bekämpfen.

  13. #14 valerie
    September 6, 2014

    Ich formuliere meine ansicht mal etwas genauer .Ich denke durch die neuerliche schnelle Nato eingreiftruppe im Osten wird es zu einem neuen Wettrüsten einem kalten Krieg oder wie gesagt zum dritten Weltkrieg kommen.

  14. #15 valerie
    September 9, 2014

    Kann man das was in der Ukraine geschieht mit der Kuba krise vergleichen?