In meiner kleiner Serie “Astronomisches Grundlagenwissen gegen 2012–Unsinn” habe ich in den letzten Tagen schon über Planet X und die angeblich besondere Planetenstellung im Jahr 2012 geschrieben.
Heute kommt ein weiterer populärer Mythos an die Reihe: eine mysteriöse “Synchronisationsstrahlung”, die uns aus dem Zentrum der Milchstrasse der erreicht und mit uns allerhand seltsame Dinge anstellt.
Ich habe mal probiert herauszufinden, auf wessen Mist dieser “Synchronisationsstrahl” denn gewachsen ist. Sucht man danach, so findet man fast ausschließlich Quellen, die sich auf den “Biophysiker” Dieter Broers beziehen. Der wird zwar oft als “Dr.” und “Wissenschaftler” tituliert – sein wissenschaftlicher Werdegang ist aber etwas zweifelhaft und Broers hat, was Astronomie und Physik angeht, keinerlei relevanten Forschungsergebnisse veröffentlicht. Er ist natürlich auch kein Maya-Experte. Trotzdem finden sich von ihm Aussagen wie die folgende:
“Das mittelamerikanische Volk der Maya hinterließ uns hierzu die Information, dass diese “letzte Epoche” der Zeitlichkeit” durch “die kosmische Absicht” gelenkt würde. Ein sogenannter Synchronisationsstrahl würde – vom Zentrum unserer Milchstraße ausgehend – unsere Erde und damit uns Menschen neu ausrichten.”
Manchmal sagt er (unter seinem Pseudonym “Morpheus”) auch sowas:
“Diesen Kenntnisse zufolge ist „unsere Sonne” nur eine letzte von weiteren Sonnen, welche hierarchisch angeordnet sind. Von unseren Astrophysikern wissen wir heute, dass der Sirius, unserer Zentralsonne entspricht. Der Maya-Code beschreibt noch eine weitere, eine Art Haupt-Zentral-Sonne unseres Universums. Der Maya-Code beschreibt im Zusammenhand von Wandlungszyklen einen „galaktischen Synchronisationsstrahl”, der von der Ur-Zentral-Sonne aus, zu bestimmten Zeiten auf das BewusstSein der Menschen einwirkt.”
Ich habe wirklich probiert, herauszufinden, wo denn die Maya irgendwas über einen “Synchronisationsstrahl” geschrieben hätte. Ich bin natürlich kein Experte für Mesoamerikanistik – aber gefunden habe ich nichts (wenn jemand mehr weiß: ich bin für alle Informationen dankbar).
Aber wenn in alten Maya-Texten tatsächlich über sowas geschrieben worden wäre, dann wäre es äußerst unwahrscheinlich, wenn nur der Herr Broers davon wüsste und sonst niemand davon spricht. Ich stelle als hier mal die Hypothese auf, dass dieser “Synchronistationsstrahl” eine reine Erfindung von Herrn Broers ist (Nachtrag: Anscheinend hat Broers diese Idee vom Esoterik-Autor Jose Arguelles übernommen; siehe dazu die Informationen im Kommentarteil)
Aber was soll das denn eigentlich sein? Unsere Milchstrasse ist eine sogenannte Spiralgalaxie und könnte man sie von außen ansehen, dann würde sie in etwa so aussehen (anklicken für eine größere Version):
Wir sitzen aber natürlich in der Milchstrasse und sehen ein ganz anderes Bild. Die Sonne befindet sich am Rand der Galaxie, in einem der Spiralarme. Schauen wir in Richtung der zentralen Scheibe, dann sehen wir ein helles Band aus Sternen, dass sich über den Himmel zieht:
Hier gibt es ein fantastisch-großes zoombares Bild der Milchstrasse.
Das Zentrum der Milchstrasse liegt von uns aus gesehen im Sternbild Schütze. Wir können es nicht sehen: dort sind jede Menge Gaswolken, die kein Licht durchlassen.
Diese Aufnahme des Satelliten 2MASS zeigt das zentrale Gebiet. Vergrößert man das Bild (anklicken), dann sieht man erst, wie viele Sterne es dort gibt:
Und aus diesem Zentrum soll jetzt irgendeine fiese Strahlung zu uns kommen? Nein, nicht wirklich…
Also Licht kommt vom Zentrum schonmal nicht zu uns – das blocken die Gaswolken dort ab. Aber Infrarotstrahlung (also Wärme) können wir messen – das Bild oben wurde im Infrarot-Bereich aufgenommen. Und dann kommt noch jede Menge Radiostrahlung aus dem Zentrum der Galaxie! Natürlich keine Radiosendungen oder ähnliches 😉 Radiostrahlung ist auch nur elektromagnetische Strahlung; so wie Licht oder Röntgenstrahlung. Und auch sie kann auf natürlich Art und Weise entstehen.
Im Zentrum der Milchstrasse wird diese Strahlung hauptsächlich von einem besonderen Objekt hervorgerufen: dem zentralen schwarzen Loch. Wir gehen heute davon aus, dass im Zentrum jeder Galaxie ein supermassives schwarzes Loch sitzt. In unserer Milchstrasse konnte dessen Existenz mittlerweile auch nachgewiesen werden. Diese Radiostrahlung entsteht unter anderem dann, wenn sich geladene Teilchen spiralförmig durch ein Magnetfeld bewegen – z.B. Teilchen aus Gaswolken, die in ein schwarzes Loch fallen. Das schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstrasse erzeugt also auch diese spezielle Art der Radiostrahlung, die man Synchrotronstrahlung nennt!
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