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“Ein sehr dicker Experimentalphysiker, ein dicker Kabarettist und ein alter Professor für Theoretische Physik (…) – warum wollen sich die Menschen das anschauen?”

Weil es die Science Busters sind – und die sind einfach cool 😉 Bis jetzt hat sich das Wirken von Werner Gruber (der dicke Experimentalphysiker), Heinz Oberhummer (der alte Professor für Theoretische Physik) und Martin Puntigam (der dicke Kabarettist) mehr oder weniger auf Wien beschränkt. Über ihren Podcast konnte man aber auch bisher schon ein wenig des tollen Wissenschaftskabaretts mitbekommen und seit kurzem gibt es nun auch endlich das Science-Buster-Buch “Wer nichts weiß, muss alles glauben”.


Die Themen des Buches sind weit gestreut. Im ersten Teil werden “Universum”, “Materie”, “Leben” und “Gehirn” behandelt und im zweiten Teil geht es um “Glaube”, “Liebe”, “Hoffnung” und “Tod”. Wer die Science Busters kennt, der wird in etwa wissen, was ihn erwartet: kurze, knackige, unterhaltsame und vor allem wissenswerte Geschichten aus der Wissenschaft. Dabei wird munter von Thema zu Thema gesprungen; es werden erstaunliche Assoziationen gefunden und ehe man sichs versieht hat man das Buch schon zur Hälfte durchgelesen 😉

Das Kapitel über die Materie beginnt zum Beispiel mit dem Rezept für den perfekten Schweinebraten; kommt von dort auf die Energie zu sprechen und darüber zur dunklen Energie. Die dunkle Materie darf natürlich auch nicht fehlen und auch wenn sie die Science Busters ein bisschen über die Tendenz der Wissenschaftler lustig machen, alles “dunkel” zu taufen, dass sie noch nicht komplett verstanden haben gelingt es ihnen doch recht gut verständlich zu machen, warum es sich bei den “dunklen” Themen nicht um Hirngespinste handelt. Das wird dann gleich als Anlaß genommen um über die Fähigkeit der Wissenschaft sich selbst zu korrigieren zu sprechen und über das Wechselspiel zwischen Theorie und Experiment .

Kapitel 5, über den “Glauben” beginnt mit der – nicht stattgefundenen Marienerscheinung in Kärnten – um dann direkt die interessante Frage zu beantworten, wo im Weltall die Marienerscheinungen am besten funktionieren. So kommt man mit einem kleinen Umweg über die Lagrangepunkte und die Reliquien des Mittealters zum Blutwunder von Neapel was wiederum Anlass ist um den Unterschied zwischen thixotropen und rheotropen Flüssigkeiten zu erklären und ein Rezept zu veröffentlichen mit dem man sich sein eigenes Blutwunder basteln kann. Die Science Busters erklären dann noch, wie man übers Wasser laufen kann und rechnen vor, dass in jedem von uns etwa 20 Millionen Atome von Jesus stecken (wenn es ihn denn gegeben haben sollte). Sie erklären außerdem, wie er ganz ohne Rakete in den Himmel auffahren hätte können: durch Kontakt mit einem “Anti-Jesus” aus Antimaterie. Dann wird gezeigt, dass ein Engel eine Flügelspannweite von etwa 12 Metern haben müsste und Mohammeds fliegendes Pferd Buraq müsste gar 50 Meter lange Flügel gehabt haben. Es hätte dann aber trotzdem nicht fliegen können da die Belastungen für die Knochen des Pferds zu groß wären. Man müsste da schon auf den Zwergplaneten Ceres ausweichen; dort ist die Gravitation gering genug – allerdings fehlt da wieder die Luft zum fliegen:

Das heißt, wenn man fliegende Pferde haben will, braucht man entweder starke Rauschmittel oder einen festen Glauben. Oder sehr, sehr kleine Pferde.

Weiter gehts mit Walter Mixa und den Exorzisten der katholischen Kirche was dann eine ausführliche Erklärung von schizophrenen Psychosen nach sich zieht und in einer Erläuterung der Eigenschaften von Erdbeerjogurth mündet. Wie gesagt – wir sind immer noch bei Kapitel 5!

Die thematische Vielfalt des Buches ist wirklich erstaunlich: schwarze Löcher, der dunkle Fluss, die Entstehung des Lebens, Bakterien und Alpakas, Liebe, Sex und Homosexualität, Gulaschrezepte, Orgasmen im Magnetresonanztomografen und Sex in der Raumstation, freier Wille und Neurophysik, Astrologie, Parabelflüge, Wasser, der Mozart-Effekt, Verschwörungen zur Mondlandung, Lichtfasten, Weltuntergang, Mord, Totschlag und Depression… eine komplette Auflistung aller Themen würde den Rahmen hier wohl sprengen. Und im Gegensatz zu den Buster-Kollegen aus Amerika, den Myth Busters, haben die Science Busters keine Hemmungen auch über Dinge wie Religion, Homöopathie, esoterische Mondeinflüsse und anderen Aberglauben zu sprechen und in klaren Worten zu sagen, wie die Realität aussieht. Besonders schön fand ich hier ihre Demontierung der “verschiedenen” Salzarten: Himalajasalz, Fleur de Sel, Meersalz, Salinensalz – es ist ja alles Salz; alles Natriumchlorid. Der Unterschied liegt nur in den Verunreinigungen und in der Produktionsmethode. Das Salz aus dem Bergwerk unterscheidet in sich in nichts vom Fleur de Sel – nur das dieses eben mit einer komplizierten und veralteten Methode gewonnen wird und deswegen auch viel teurer ist. Und das Himalajasalz (das aus Pakistan oder Polen stammt) ist ebenso nicht vom normalen Küchensalz zu unterscheiden; es hat nur mehr Verunreinigungen und enthält außerdem noch einige Eisenoxidverbindungen – darum ist es auch rötlich. Also:

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Kommentare (35)

  1. #1 Ludmila
    9. September 2010

    Beim “Fleur de Sel” muss ich allerdings widersprechen. Dieses Salz bildet nämlich eben durch die veraltete Herstellungsweise andere Kristalle als normales Kochsalz. Im normalen Herstellungsprozess bildet NaCl eher kompakte Kristalle und wird dann weiter vermahlen.

    Fleur de Sel bildet aber eher hauchfeine Salzplättchen, die beim Kauen zersplittern. Ich glaub das kommt daher, weil das Salz hier an der Wasseroberfläche trocknet und die Kristalle um einen Kondendationskeim drumherum flächig entlang der Oberflächenspannung wachsen. Sieht ein bisschen wie eine Eisblume aus. Das macht von der Textur her schon einen Unterschied. Wenn man denn empfänglich für solche feinen Details ist. Um aber in diesen Genuss zu kommen, muss man es ganz zum Schluss und nur auf relativ trockenen Speisen verwenden. Also am besten jedem so ein Töpfchen in die Hand geben und kurz vor dem im Mund schieben über den nächsten Happen streuen lassen, damit die Kristalle im Mund ankommen. Find ich persönlich sehr fein.

    Nur wenn man damit kocht, dann ist es natürlich völliger Blödsinn. Weder die leichten Verunreinigungen noch die Kristallstruktur schmeckt man da raus.

    Ähnliches mag auch für die anderen verunreinigten Salze geben. Wenn man das ganz zum Schluss drüber streut und dann den feinen Beigeschmack schmecken kann, weil man relativ neutrale Speisen als Träger verwendet, dann kann das schon was für Feinschmecker sein.

    Der Hype darum ist IMHO aber natürlich schon übertrieben.

  2. #2 cydonia
    9. September 2010

    Meine Finger schwebten schon Salzerklärend über der Tastatur, aber dank Ludmila kann ich mich jetzt wieder ausschließlich meinem Oolong-Tee widmen.
    Was lernen wir daraus? Die science-busters sind keine Gourmets und auch sie sollten hinterfragt werden.
    Der Dank für die Rezension sollte natürlich nicht fehlen!

  3. #3 Florian Freistetter
    9. September 2010

    @Ludmila: Du hast recht und im Buch wird auch erwähnt, dass die Form bzw. Kristallgröße Einfluß auf den Geschmack hat (Und das es relativ absurd ist; sich das grobkörnige Salz mit ner Salzmühle dann wieder klein gemahlen übers Essen zu streuen 😉 ).

  4. #4 soph
    9. September 2010

    Apropos Salz…

    Es gäbe inzwischen auch ein mitteleuropäisches “Himalayasalz” mit einschlägigen Verunreinigungen, also ebenso rötlich-braun. Das wird extra bergmännisch mit der Hand gefördert…

    Bei einem Urlaubs-Ausflug in das Salzbergwerk Altaussee bekamen Kinder je einen ca. 5 cm^3-großen Salzkristall in die Hand gedrückt und durften ihn dann zu Hause mit dem Hammer zu “rieselfähigem” 😉 Salz zerbröseln. Sehr frühwissenschaftlich unterhaltsam 🙂 Dass ihnen die Lehrerin das nicht glaubte und sich weigerte, an dem Bröckerl zu lecken, weil es “nur ein normaler Stein wäre” hat dann auch dem Abbau der Autoritätengläubigkeit gedient…

    Kurz danach sah ich dann ein einschlägiges Packerl der österreichischen Salinen AG im heimischen Lebensmittelhandel, erfuhr aber kurz danach, dass es rückgerufen wurde, weil “Kunden sich daran verletzt hatten”. Jetzt wird es mit dem Hinweis versehen, dass es nur für Salzmühlen geeignet wäre. Die Konsumentenwelt verblödet leider immer noch.

    Für die, die Verunreinigungen aus dem Salz herausschmecken wäre das immerhin eine Alternative mit geringeren Transportwegen als das aus dem Punjab.

  5. #5 Florian Freistetter
    9. September 2010

    @cydonia: “Die science-busters sind keine Gourmets”

    Wie ich schon sagte – auf den Unterschied dank unterschiedlicher Textur wird im Buch schon eingegangen. Und zumindest Werner Gruber würde ich schon als Gourmet bezeichnen. Der hat immerhin ein Buch über kulinarische Physik geschrieben. Aber klar, gerade wenn man versucht Wissenschaft so locker-flockig und unterhaltsam zu präsentieren, ist die Gefahr groß, zu sehr zu vereinfachen. Mir wären da aber – zumindest im Buch – keine wirklich großen Schnitzer aufgefallen (wobei ich das natürlich nur für die astronomischen Themen wirklich 100%ig beurteilen kann).

  6. #6 beka
    9. September 2010

    Vor einigen Jahren kam im Fernsehen eine Sendung mit einem gewissen Herrn Gruber, seines Zeichens Physiker und Koch. In dieser Sendung wurde – mit immerwiederkehrenden Hinweisen auf die Physik – die Zubereitung einer Gans demonstriert. Nur so, und nur so wie er es vorführte, würde man die “perfekte Gans” erhalten. Ich habe die Geschichte jedenfalls so in Erinnerung, dass er nichts anderes gelten lässt.

    In diese Reihe passen dann auch seine Auslassungen über diverse Salzarten. Dass die Geschmäcker verschieden sind, scheint den Mann überhaupt nicht zu interessieren.

    Mit der Einstellung kann man gleich jeden Wein aus Wasser und leicht entzündlichem Ethanol zusammenkippen (nachzuckern geht immer), auf Räuchern und Grillen über Feuer verzichten (Temperofen reicht) und seinen Salat mit Salzsäure anmachen (Vorschlag von meinem ehemaligen Chemielehrer). Auf der Strecke bleibt der Geschmack.

    Der Mann scheint ein leicht übersteigertes Selbstwertgefühl zu haben.

  7. #7 Thomas J
    9. September 2010

    @beka

    liest du auch die kommentare? oder gleich losmuffeln?

  8. #8 Florian Freistetter
    9. September 2010

    @beka: “Ich habe die Geschichte jedenfalls so in Erinnerung, dass er nichts anderes gelten lässt.”

    Meinst du? Und wie unterscheidet sich das von jedem anderen (Hobby)koch, der meint, die Dinge müssten jetzt genau so gemacht werden, damit sie richtig gut sind? Den Leuten, die meinen man können nur Bier aus der Stadt X trinken während Bier aus Stadt Y grauenhaft ist. Menschen haben verschiedene Geschmäcker und jeder ist natürlich von seinem eigenen Geschmack überzeugt. Das Werner Gruber nichts anderes gelten lässt, ist mir noch nicht aufgefallen – aber ich hab auch noch nicht allzuviele Videos gesehen.

    Meine Güte.. wenn ich gewusst hätte, dass jetzt wieder eine Diskussion los geht wie damals beim Wein hätte ich das mit dem Salz nicht geschrieben und ein anderes Beispiel rausgesucht.

    Hmm – ob jemand ein Glas Salinensalzwasser von einem Glas Fleur-de-Sel-Salzwasser am Geschmack unterscheiden kann? Würde ich bezweifeln… Aber gut; jeder soll salzen wie er will – es ist trotzdem immer NaCl 😉

  9. #9 Bullet
    9. September 2010

    naja, also mich würde das auch befremden, wenn ich von einem Koch zu hören bekäme, wie ein Gericht “perfekt” ist. Ich eß auch gern gepimpte Tütensuppen – und laß mir sehr ungern erzählen, was mir zu schmecken hat.

  10. #10 Thomas J
    9. September 2010

    @bullet

    Mann, schau dir den Mann an, DER weiss, was die perfekte Gans ist!
    Aber im ernst, ohne die besagte Sendung gesehen zu haben, wird er wohl eher auf den perfekten Garpunkt angespielt haben als auf die Gewürzmischung und Füllung, denn das ist ja wirklich Geschmackssache, während das Garen halt Physik ist… mmmh, ich krieg Hunger.

  11. #11 cydonia
    9. September 2010

    @Florian
    Hab die Wein-Geschichte gerade quergelesen….Du hast Dich aber auch verdammt weit aus dem Fenster gelehnt.
    Vorschlag meinerseits: Der Wein im Karton ist für Dich, alle Spitzenbordeaux für mich! Dann sind wir beide zufrieden.
    Aber ja, wie Ludmila auch schon einschränkend schloss, wird das Salzgedöns auch wirklich maßlos übertrieben, und darum gings ja auch im Buch.
    Aber Thomas, wetten dass man die Statur auch mit Aldi-Koteletten hinkriegt?

  12. #12 Thomas J
    9. September 2010

    @cydonia

    das ist sogar wahrscheinlich…. so grosses Übergewicht futtert man sich nicht mit ein paar Gourmethäppchen an.
    Für den Bordeaux meld ich mich aber auch!

  13. #13 rolak
    9. September 2010

    Meinst Du solche, cydonia? Ja ist denn schon wieder Karneval^^

    Zwischen Mastgans und Gourmethäppchen liegen aber Größenordnungen, Thomas J; zumindest in den Menubeispielen, die ich vor Augen habe…

    Zu dem Salz: Den buchlichen Kontext kenne ich ja nicht, aber die wünschenswerte (und von Ludmila ‘geforderte’) Darreichungsform scheint unter vielen Anwendern eher unbekannt, da gibt es dann groß angekündigt ein mit seit dem Urlaub vor zwei Jahren vor sich hintrocknendem supitollem Fleur de Sel gesalzenes Süppchen, eine Verschwendung, ja geradezu eine Ermordung der schönen Bitternote. Dabei ists dann auch wirklich ziemlich egal, welches Salz verwertet wurde.

  14. #14 Basilius
    9. September 2010

    Hei!
    Ein Artikel ganz nach meinem Geschmack. Danke an Florian für die Rezi. Das Buch muss wohl auf meine Wunschliste.
    Florian, Deine Ausführungen zur Sinnlosdiskussion um den Geschmack kann ich nur unterstreichen. Und natürlich hat jeder Koch so seine ureigenen Ansichten, wie ein Gericht denn nun “richtig” zubereitet gehört. Da streite ich mich ja schon mit meiner anderen Hälfte oft genug drüber. Aber da das Kochen doch meine Arbeit im Haushalt ist gibt’s eben Essen meist so, wie ich es für richtig halte. Bei der leidigen Weindiskussion von damals bin ich in weiten Teilen ja Deiner Ansicht gewesen, aber daß Du da stärksten Gegenwind bekommen würdest hätte Dir schon vorher klar sein müssen! Keine Frage, wer über Ästhetische Fragen sich gegenseitig zerfleischt hat wohl kein vernünftigeres Hobby. Natürlich wird eine geübte Zunge eines (selbsternannten?) Kenners auch den Unterschied zwischen Sojasauce nach chinesischer oder japanischer Art recht gut erkennen. Aber ansonsten sehe ich das wie auch Cydonia: Da wird gerne auch mal maßlos übertrieben und viel Hui-Buh gemacht.

    @Ludmila
    Anfangs beim Lesen dachte ich schon, was erzählt denn die auf einmal für eine Sch…
    Aber Du hast schon Recht. Die Textur (so man sie nicht gänzlich in H2;0 auflöst) kann natürlich einen Unterschied ausmachen. Siehe auch die vielen Nudelformen der Italiener. Die sind ja beileibe nicht sinnlos. Mir gefällt auf Salaten am Tisch auch gerade deshalb noch meine liebe Peugeot-Salzmühle. Auch wenn ich da die Brocken selber wieder kleiner knirschen muss, obwohl ich die vorher extra so groß gekauft habe.

    @Cydonia
    Den Wein kannst behalten. Aber ein Oolong als Abwechslung zum Sen Cha ist schon auch ganz nett.

    @Bullet
    Ja, auch wenn ich bei uns im Haushalt der Chef cuisinier bin, so verachte ich deswegen sogenanntes Junkfood noch lange nicht. Im Falle Tütensuppen allerdings bei mir eher standesgemäßes Ramen.
    Mahlzeit!

  15. #15 Pete
    9. September 2010

    @cydonia,
    darf ich vorher den Kartonwein in die Spitzenbordeauxflasche fuellen und diese dann Dir geben?

    Es gab da naemlich mal so ein Experiment….

    Pete

  16. #16 rod
    9. September 2010

    habe heute das neue Buch von Steven Hawking bekommen. Mal lesen jetzt im Urlaub.

  17. #17 cydonia
    9. September 2010

    Pete, ich rede von einem Spitzenbordeaux, und nicht von dem Mist, der auch als Bordeaux verkauft werden darf!
    Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass das Experiment bei einem echten Weinliebhaber funktioniert, oder?
    Wenn doch, dann schlage ich Dir folgendes vor: Du besorgst 3 verschiedene Flaschen StEmilion grand cru classé und 3 gepanschte. Ich komme sofort, und sage Dir dann, welche die gepanschten Flaschen sind. Den echten trinke ich natürlich aus.
    @basilius
    Eigentlich passt Oolong besser zu Bordeaux als zu sen cha, das nur so am Rande..

  18. #18 MartinS
    9. September 2010

    Ich habe eben auch den Weinartikel und die Kommentare gelesen, und ich bedauere es zutiefst, dass ich daran nicht teilnehmen konnte. Und Florian, Du hast zu 99% Recht, dass die schwurbelige Wein-Fachsprache ziemlicher Unsinn ist! (das 1% bezieht sich auf die Farbe und die Restsüße). Leider gehört das alles hier nicht hin 🙁

  19. #19 cydonia
    9. September 2010

    Martin, das musst Du gerade sagen!
    Ok, stellen wir den Bezug wieder her: Dass Wein-Fachsprache ziemlicher Unsinn ist, könnte man genau dann glauben, wenn man immer nur Angeber Blödsinn hat erzählen hören. Es können sich aber anhand eines großen Weines ganz tolle Gespräche entwickeln, nicht nur über den Wein selbst.
    Wer aber vom guten Wein nichts weiß, muss glauben, dass nur Unsinn erzählt wird.

  20. #20 MartinS
    9. September 2010

    @cydonia
    Doch, auch ‘echte’ Weinliebhaber und Kenner lassen sich täuschen! Auch im hochklassigen und hochpreisigen Bereich, wenn der ‘preiswerte’ Wein ein ‘Geheimtipp’ ist. Selbst wenn man ihn nicht vor der Verkostung ‘hochjubelt’!
    Ein Grand Cru kann selbstverständlich niemals gegen einen Discounter-Wein verlieren (unter Kennern!), aber die meisten ‘Durchschnitts-Weintrinker’ werden den Discounter-Wein vorziehen, weil sie mit den Tanninen, dem Potential und der Vielschichtigkeit überhaupt nichts anfangen können. Wein trinken muss man lernen.
    Und versuch mal einen großen Pomerol! Die sanfte Kraft ist fast nicht zu überbieten (Comtesse de Lalande).

  21. #21 cydonia
    9. September 2010

    Tja, heute darf ich leider nicht, und ein großer Pomerol wäre mir gerade zu hart.
    Ich werde mir aber vielleicht am Wochenende einen nicht klassifizierten Lalande de Pomerol (liegt gleich neben Pomerol) gönnen, der sich als unglaublich gut erwiesen hat.

  22. #22 Basilius
    9. September 2010

    @MartinS & Cydonia
    Hmmm? Ich schrieb schon vorher, daß ich Florians Meinung beim Weinartikel in weiten Teilen teile. Nachdem ich mal noch in Ruhe so weitergelesen habe möchte ich aber doch genauer werden (v.a. nach Cydonias Einwürfen) und meine Zustimmung auf ca. 90% beschränken. Vor allem Cydonias Satz:

    könnte man genau dann glauben, wenn man immer nur Angeber Blödsinn hat erzählen hören.

    bringt mich dazu auch diesem zuzustimmen. Ich kann beim Wein nicht wirklich mitsprechen, aber Analogien halte ich für möglich und sinnvoll. In der Musik haben wir beim Jazz (nur ein Beispiel!) doch eine ganz ähnliche Situation: Die Menschen sind aufgeteilt in drei Lager:
    1. Uninformierte und Uninteressierte, welche den ganzen Zinnober für SchwurbelDieBurbel halten
    2. Halbinformierte oder Hochstapler, die mitreden möchten aber dies besser nicht tun sollten.
    3 Wahre Kenner.
    Bezeichnend ist natürlich, daß alle aus 2. nach 3. drängen und beide von denen aus 1. ausgelacht werden. Zumal man die aus 3. so verdammt schlecht von denen aus 2. unterscheiden kann. Jedenfalls, solange man nicht selber 3. ist, gell?

    Nee, Ich glaube Cydonia an der Stelle schon, daß man mit genügend Einarbeitung in die Materie auch hier zu Erlebnissen kommen kann, welche sich einem so sonst nicht erschließen würden. Das kenne ich aus anderen Bereichen durchaus. Gerade auch beim Kochen gibt es durchaus ähnliches. Musik, Literatur (eigentlich ging es in diesem Artikel ja auch um ein Buch, gell?)… Die Liste kann man beliebig erweitern.

  23. #23 Thomas J
    9. September 2010

    @Basilius

    Zwar nich Jazz… aber auch manchmal ne ziemliche Schwurbelei… zumindest für Ungeübte 🙂
    https://www.drs2.ch/www/de/drs2/sendungen/top/diskothek-im-zwei.html

  24. #24 KlausK
    9. September 2010

    Ich bin mir nicht ganz sicher, aber müsste es nicht “Unterschied zwischen thixotropen und rheopexen Flüssigkeiten” (statt “rheotropen”) heißen?

  25. #25 MartinS
    9. September 2010

    @cydonia

    Martin, das musst Du gerade sagen!

    Worauf bezieht sich die Bemerkung? Mein letzter Satz?
    Muss ich mich schon wieder outen: Ich habe 12 Jahre in einer der renommiertesten Weinhandlungen in Deutschland gearbeitet (als Berater/Verkäufer). Ich war auf etlichen Degustationen und bei unseren jährlichen Weinproben waren die ganz Großen aus Burgund und Bordeaux persönlich vertreten. Das nur als Hintergrund.
    Ich hatte das große Glück, dass ich viele Kunden hatte, die mir geradezu blind vertrauten, weil ich mich standhaft geweigert habe die Fachsprache zu benutzen, weil ich sie nicht überfordert habe mit irgendwelchem ‚Gesülze’ und weil ich oft gesagt habe „Lassen Sie den Wein weg, ich kenne Sie und Sie sind noch nicht so weit!“ Erstmalig trug mir das hochgezogene Augenbrauen ein, aber die Erklärung, dass man nicht von einem Käfer auf ein Formel 1 Geschoss umsteigen sollte, fand dann Verständnis.
    Natürlich gehört eine Beschreibung dazu, wenn man einen Wein anbietet, aber viele Fachtermini sind einfach überzogen! Es gibt Freaks, die jeden Weinstock ihres Lieblings-Châteaus persönlich kennen, die sich dann auch an der Fachterminologie ‚ergötzen’ (riecht nach nasser Fuchsrute! (Ich habe mich gefragt woran die Leute riechen).
    Nachdem ich gerade gesehen habe, dass es hier schon rasant weiter gegangen ist, während ich aufgehalten wurde, schicke ich diesen Teil schon mal ab.

  26. #26 MartinS
    9. September 2010

    Fortsetzung
    Ich habe wirklich einen eigenen Weinkeller gehabt mit allen 1er Grand Cru’s (incl. 89er + 90er Petrus). Leider habe ich mich 2000 verspekuliert und musste nahezu alles Verkaufen. Jetzt habe ich nur noch eine Sammlung edelsüßer Raritäten zur Foie Gras 🙁
    Basilius und cydonia, ihr habt sicherlich Recht, dass Wein großartige Erlebnisse bieten können, aber es ist in gewisser Weise ein Fachgebiet in das man sich eintrinken muss, mit langsamen Steigerungen um überhaupt einen Wein in seiner Gesamtheit würdigen zu können. Das klingt etwas elitär, aber es soll den Unterschied klar machen zwischen jemandem, der einfach weil es schmeckt, oder Freude macht seinen Wein trinkt und jemandem der seine Passion darin sieht. Beide sind mir gleichermaßen lieb, solange sie nicht vorgeben ‚etwas Besseres’ zu sein und einen mit aufgeschnappten Bonmots zuschwallen.
    Vielleicht nur interessant für cydonia: ich habe das wirklich große Glück gehabt an einer privaten Blindverkostung teilzunehmen mit 78er Cheval Blanc, 69er Petrus Mgn, 28er Montrose, 45er Margaux und noch ein paar weitere ‚Kleckerkram-Flaschen’. Bei jedem Wein wurde diskutiert, was es seien könnte – nur als der 45er Margaux kam, war sehr lange Stille am Tisch, bis sich jemand zaghaft, ehrfürchtig meldete und fragte: „ Mein Gott, was ist das denn?“ Das war ein perfekter Wein, dessen Geschmack ich nie vergessen werde (während ich das schreibe, habe ich eine Gänsehaut!)
    Erstaunlicherweise wurde am Tisch während der gesamten Probe keine Fachterminologie benutzt – obwohl die Probenteilnehmer durchaus zur Creme de la Creme gehörten).
    Von daher meine ich, dass viel Geschwurbel in den Formulierungen steck, dass bei einer ehrlichen Beschreibung des Weines überhaupt nicht notwendig ist.

    Kurz und knackig: Wein ist eine Geschmacksfrage – und sonst nichts. Ich kann mit einem 8€-Wein einen herrlichen Abend haben und ich kann es auch genießen einen großen Bordeaux am Kamin zu trinken – beides macht glücklich und zufrieden, wenn man bereit ist zu genießen.

  27. #27 MartinS
    9. September 2010

    @Florian
    Der lange OT-Text tut mir leid!

  28. #28 Quengler
    9. September 2010

    Der Link am Ende des Artikels auf https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/02/sciencebooks.php ist ein 404er

  29. #29 rolak
    10. September 2010

    Quengel nicht, nimm solange ⇒den 😉 ..der bei mir auch unter dem icon liegt.

  30. #30 Kuchlbacher Rudolf
    10. September 2010

    Ich bin jetzt halb durch mit dem buch und muß sagen, dass es echt leiwand(1) ist! Sehr unterhaltend, informativ und mit vielen lustigen bonmonts versehen – empfehlenswert!

    (1) leiwand: cool, super

  31. #31 cydonia
    10. September 2010

    @Basilius
    Danke für den Jazz-Vergleich!
    @MartinS
    Ich beneide Dich, nicht nur für den 45er Margaux!
    Und ich stimme durchaus zu, was die aufgeblasene Pseudokennersprache betrifft.
    Den gut umgesetzten Jazz-Vergleich von Basilius werde ich kapern, und ihn bei nächster Gelegenheit(deren gibts genug) anbringen.
    “Wer nichts weiß, glaubt alle zuschwurbeln zu müssen” wäre meine persönliche Ergänzung.

  32. #32 Olli F.
    10. September 2010

    @Cydonia

    “Du besorgst 3 verschiedene Flaschen StEmilion grand cru classé und 3 gepanschte. Ich komme sofort, und sage Dir dann, welche die gepanschten Flaschen sind. Den echten trinke ich natürlich aus.”

    3 Flaschen? Respekt *g*!

  33. #33 Basilius
    10. September 2010

    @Cydonia
    Gern geschehen und viel Erfolg mit dem gekaperten Jazz.
    Wobei ich noch hinzufügen möchte, daß ich mich definitv nicht als Kenner des Jazz betrachte. Allenfalls als interessierter Laie mit vielen Jahren Musikerfahrung (auch als aktiver Musiker). Den Jazz nehme ich hier gerne als plakativstes Beispiel. Aber letztlich kann man selbstredend jegliche Stilrichtung mit der gleichen Argumentation verknüpfen. Zudem auch ein Koch z.B. ein Essen oder einen Wein sicherlich aufgrund anderer/zusätzlicher Kriterien bewerten wird, ähnlich einem Musiker in der Betrachtung von Musik.
    Wichtig ist mir in dieser ganzen Thematik, daß man das grundlegende Prinzip verstanden und vor allem auch akzeptiert hat (was bei Cydonia wohl schon lang der Fall war). In der Musik kenne ich durchaus so manches Stück, welches sich mir erst zu voller Pracht erschlossen hat, als ich es quasi komplett mit jeder Note auswendig konnte. Zuvor klang es mehr nach beliebiger Kakophonie. Ein Urteil das dem unvorbereitenten Hörer sich bei vielen Stücken von Frank Zappa oder z.B. Yes (um den Jazz etwas zu verlassen) unweigerlich aufdrängt. Aber zu erkennen, daß da doch sehr viel mehr dahinter sein kann, man sich diesen “Genuß” aber hart erarbeiten muss, um ihn würdigen zu können, ist für mich immer wieder ein schöne Erfahrung. Deshalb denke ich, daß man dasselbe Prinzip auch auf den Wein übertragen kann. Letztlich bleibt hier dann nur noch die Frage an einen jeden selbst, ob man in die Materie so tief einsteigen möchte. Beim Wein muss ich passen. Aber das ist nur eine Frage des persönlichen Geschmacks und des Interesses. Darüber streiten dann nur noch infantile Kleingeister.

  34. #34 knorke
    21. September 2010

    @ cydonia
    Das mit dem St. Emilion, da kann ich womöglich gegenhalten. Ich mag ihn auch ausgesprochen gern, habe da aber auch so ein oder zwei Schnäppchenweine vor Augen, die ich genauso gut finde.

    Qualitätsunterschiede gibt es trotzdem drastisch. Als Student früher habe ich öfters mal Dornfelder in mich reingekübelt, aber heute wäre mir der zu einsilbig und fad. Ob allerdings die Qualitätsunterschiede (zu verstehen als Fülle von Aromen) durch eine Demarkationslinie beim Preisschild erkennbar sind, wage ich zu bezweifeln. Eine Freundin hat den Hauswein ihrer Familie aus Frankreich mitgebracht (den gibts dort für ein wahrscheinlich ein zehntel der hiesigen Preise direkt beim Erzeuger im Hof), und der hat mich ehrlich gesagt überhaupt nicht begeistert.

    Also wer meint, dass da mal eine standardisierte und randomisierte Doppelblindstudie gemacht werden sollte, kann ja mal nen Spendenkonto einrichten. Ich leiere gerne bei der FH in der Nähe einen entsprechenden Degustationstest an. Die freuen sich über die Drittmittel 🙂

  35. #35 Jens der andere
    22. September 2010

    Als jemand, der selbst im Weinhandel arbeitete (einem ziiiemlich großen gleich neben Hamburg), erinnere ich mich noch an einen wunderschönen Bericht, hier stark verkürzt dargestellt: Sechs Rotweine wurden einem Fachpublikum in Blindverkostung präsentiert. Von den meisten wurden massive Unterschiede herausgeschmeckt. Pech nur, daß es sich um sechs Gläser mit identischem Inhalt handelte.

    Weingeschmack ist subjektiv – davon lassen sich auch Profis bluffen.

    Auf einer Messe bei uns einmal einen wirklich schlechten Jahrgang eines hier ungenannt bleibenden ersten Gewächses aus Pauillac in die Hand bekommen. Eher mäßig. verkaufte sich aber trotzdem gut, auch an Einkäufer bekannter Restaurants hier im Norden. Und die haben ihn vorher probiert…

    Ansonsten stellte ich fest, daß mein Weingeschmack bei fortlaufender Beschäftigung mit der Materie teurer und teurer wurde. Nicht, daß es nicht preiswerte, gute Weine gäbe, nur ist das Risiko, Jauche zu kaufen, bei den teureren Weinen etwas geringer. (Und wer das deutsche Weinrecht kennt, wird nicht freiwillig etwas unter Kabinett trinken wollen, wenn er denn reinen Wein will.)

    Inzwischen trinke ich weniger Wein, lebe ganz gut mit der unteren Hälfte zweistellier Flaschenpreise und trinke teurerem Wein den Mehrpreis nicht ab. (Mir schmeckt auch ein Monbazaillac zu Entenbestandteilen nicht schlechter als ein Sauternes, muß ihn nur länger suchen.).

    Aber: Wein ist Geschmachssache. Da gibt es keine absoluten Wahrheiten.