Das Standardmodell der Teilchenphysik beschreibt also, wie die 12 Fermionen und 5 Bosonen miteinander interagieren. Was passiert, wenn ein W-Boson auf ein Elektron trifft? Welche Teilchen tauschen sie miteinander aus und welche Teilchen sind nach dem Treffen vorhanden. Was passiert wenn ein Elektron auf ein Myon trifft? Oder ein Higgs-Boson auf ein anderes Higgs-Boson? Und so weiter. Die Formel auf dem T-Shirt ist eine sehr kompakte Form der kompletten Theorie, die genau diese Fragen beantworten kann.
Wollte man sie komplett aufdröseln und jedes einzelne Symbol erklären, dann erfordert das mehr mathematische Kenntnisse als ich besitze. Mit der normalen Schulmathematik kommt man da nicht weiter und selbst grundlegenden Mathekurse die man als Nicht-Mathematiker an der Uni belegt sind meistens nicht so speziell. Um zu verstehen, was da abgeht, muss man zum Beispiel Ahnung haben, was ein Tensor ist und wie die Einsteinsche Summationskonvention funktioniert. Allein das zu erklären würde lange dauern, wenn man keine Ahnung vom Thema hat. Und eine kurze Erklärung würde zum Beispiel lauten: “Ein Tensor ist ein höherdimensionaler Vektor; also zum Beispiel eine Matrix und die Summationskonvetion sagt einem, wie man die Indizes behandelt wenn man unterschiedliche Tensoren mathematisch miteinander verknüpft” und würde Leuten ohne mathematische Kenntnisse auch nicht wirklich weiterhelfen. Mein Wissen über die Tensorrechnung stammt aus einer Vorlesung, die ich im ersten Semester meines Studiums gehört habe und das ist mittlerweile schon 18 Jahre her. Ich beherrsche das nicht mehr wirklich; schaffe es aber immerhin noch, einen Tensor zu erkennen, wenn ich einen sehe (zum Beispiel die beiden “F”s in der ersten Zeile der Formel auf dem T-Shirt).
Um die Formel zu verstehen, muss man auch mehr als nur die vier Grundrechenarten beherrschen und zum Beispiel wissen, was ein Operator ist (das durchgestrichene “D” in der zweiten Zeile ist zum Beispiel einer). Die Symbole in der Formel sind auch nicht einfach nur simple Variablen die einfache Zahlen bezeichnen wie es zum Beispiel bei a²+b²=c² oder E=mc² der Fall ist. In der Teilchenphysik wimmelt es von Feldern. Es gibt zum Beispiel ein Fermionenfeld, das die oben aufgelisteten Materieteilchen beschreibt. Ein normales Feld beschreibt, welchen Wert eine gewisse Größe an verschiedenen Orten hat. Das Gravitationsfeld der Erde sagt uns, wie stark die Gravitation an verschiedenen Punkten ist. Ein Feld in der Teilchenphysik ist nicht mehr so anschaulich; hier hat man es mit Quantenfeldern zu tun. In der Quantenfeldtheorie werden nicht nur Kräfte durch Felder beschrieben, sondern auch die Teilchen selbst.
Die Formel auf dem T-Shirt beschreibt also, wie sich Felder verhalten und das einsame “L” auf der linken Seite des Gleichheitszeichens ist die Lagrange-Dichte, die mit der Dichte der Lagrange-Funktion zusammenhängt; einer ziemlichen wichtigen Größe, aus der sich die ganze Dynamik eines Systems ableiten lässt (die Lagrange-Funktion existiert auch in der klassischen Physik). Wer Lust hat, mehr über die ganze Mathematik zu erfahren, die hinter dem Standardmodell steckt, kann auf dieser englischsprachigen Wikipediaseite anfangen – aber wie gesagt: Mit Schulmathematik wird man da nicht weit kommen; man sollte die höhere Mathematik einigermaßen beherrschen; die quantenmechanischen Operatoren kennen und ein bisschen Ahnung von Eichtheorien haben. Ich erinnere mich noch genau an die Vorbereitung für eine Prüfung im 5. Semester. Ich habe dazu jede Menge Literatur über die grundlegende Quantenmechanik und Teilchenphysik gelesen und da gab es einen Moment in dem ich mir dachte: “Hey! Endlich hab ich verstanden was eine Eichtheorie ist, wie sie funktioniert und was das alles mit Elementarteilchen zu tun hat!”. Leider ist diese Erkenntnis aber im Laufe der Jahre wieder verschwunden… das Gehirn ist ein äußerst unzuverlässiger Datenspeicher…
Aber zurück zum T-Shirt. Wenn ich mein gesamtes verbleibendes Wissen über Mathematik und Teilchenphysik zusammenkratze, dann müsste die erste Zeile die Bosonen beschreiben und erklären, wie die drei Kräfte funktionieren. “F”s haben in der Physik so gut wie immer mit Kräften zu tun. In der zweiten Zeile sollte die Wechselwirkung der Bosonen und der Fermionen enthalten sein; also die Interaktion zwischen den Kräften und den Teilchen. Zumindest taucht hier ein ψ auf und das ist meistens das Symbol mit dem Fermionenfelder beschrieben werden. Die dritte und die vierte Zeile enthalten ein Φ und das ist normalerweise das Symbol für das Higgs-Feld. Die dritte Zeile der Formel müsste die Interaktion zwischen Higgs-Feld und den restlichen Teilchen beschreiben, denn hier taucht ein ψ und ein Φ auf und die letzte Zeile sollte eine Beschreibung des Higgs-Boson bzw. das Higgs-Feld selbst sein.
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