Denn Staub heißt auch: Es kann dort Planeten geben. Staub ist ja nicht nur das, was entsteht wenn Asteroiden kollidieren. Staub ist auch das, aus dem Asteroiden erst entstehen und die Grundlage für die Entstehung aller Himmelskörper in einem Planetensystem. Zuerst ist da nur Staub der sich im Laufe der Zeit langsam zu Asteroiden zusammenballt, die dann wiederum die Planeten bilden. Die ursprünglichen Staubscheibe um einen Stern nennt man daher die protoplanetaren Scheibe. Sind die Planeten dann entstanden und ist nur noch der Staub übrig, der von den Asteroiden stammt, hat man eine Trümmerscheibe. Und der Staub ist wirklich ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass dort noch mehr sein muss. Denn normalerweise würde die Strahlung des Sterns den Staub im Laufe der Zeit aus dem System pusten. Wenn noch Staub vorhanden ist, dann muss er stetig nachgeliefert werden und der einzige Prozess bei dem das vernünftigerweise in dem Ausmaß möglich ist, sind kollidierende Asteroiden.

Noch mehr kann man lernen, wenn man nicht nur den Infrarotexzess beobachten kann, sondern die Trümmerscheibe direkt sieht. Das gelang das erste Mal im Jahr 1984 beim Stern Beta Pictoris. Wenn man die Scheibe direkt sieht, kann man auch nachsehen, ob sich der Staub dort irgendwie seltsam verhält. Zum Beispiel, ob es dort “Klumpen” in der Scheibe gibt oder Regionen, in denen kein Staub mehr ist. Das ist ein ziemlich sicheres Anzeichen für die Existenz von Planeten, die durch ihre Gravitationskraft die Bahnen der Asteroiden beeinflussen die ja die Quelle des Staubs sind. Genau solche Unregelmäßigkeiten hat man in der Scheibe von Beta Pictoris beobachtet und ich habe das vor Jahren mal benutzt um daraus die Existenz von Planeten vorherzusagen – und 2008 hat man dort auch tatsächlich einen Planeten gefunden.

Trümmerscheiben sind eine wunderbare Sache wenn man verstehen will, wie sich andere Planetensystem verhalten; wie Planeten entstehen und sich entwickeln; wie das alles von den Eigenschaften des Sterns, der Menge an Staub, usw abhängt und wie sich unser eigenes Sonnensystem entwickelt hat. Im Laufe der Zeit hat man deswegen natürlich probiert, möglichst viele dieser Scheiben zu finden und zu analysieren. Aber das ist schwierig. Das Hubble-Weltraumteleskop hat zwischen 1999 und 2006 nach Trümmerscheiben gesucht und nichts gefunden. Insgesamt haben wir seit 1984 nur 18 dieser Scheiben direkt beobachten können. Aber Rémi Soummer und seine Kollegen haben sich nun nochmal durch die alten Hubble-Daten gewühlt und dabei gleich 5 neue Scheiben entdeckt, die man damals übersehen hat (“Five Debris Disks Newly Revealed in Scattered Light from the HST NICMOS Archive”).

Das mag ein wenig komisch klingen. Denn entweder da ist ein Bild von einer Trümmerscheibe oder nicht – oder? Na ja, so einfach ist es leider nicht. Astronomen sind ja nicht einfach nur Fotografen die eine Kamere gen Himmel richten und abdrücken. Aus den Rohdaten alle Informationen zu extrahieren ist eine knifflige Sache. Es braucht oft ausgeklügelte Analyse-Routinen um all das sichtbar zu machen, was in den ganzen Photonen versteckt ist, die von den Detektoren registriert worden sind. Man muss das rausfiltern, was nichts mit dem Phänomen zu tun hat, an dem man interessiert ist und das ist gar nicht so einfach. Denn man fotografiert ja zum Beispiel nie nur einen einzigen Stern sondern immer einen ganzen Haufen. Das Licht all der anderen Sterne die einen nicht interessieren muss dann im Bild subtrahiert werden damit der Kontrast für den “wichtigen” Stern besser wird. Und wenn man an der schwachen Strahlung interessiert ist, die vom Staub kommt, dann stört auch das Licht des Sterns, den er umkreist und dieses Licht muss ebenfalls rausgerechnet werden. Rémi Soummer und seine Kollegen haben die Daten nun mit neuen und verbesserten Analyseroutinen untersucht die damals noch nicht zur Verfügung standen. Und konnten nun eindeutig 5 Trümmerscheiben in den Daten sehen. Hier sind sie:

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Kommentare (6)

  1. #1 Karsten
    26. Mai 2014

    “Das mag ein wenig kosmisch klingen” – ist da nicht ein “s” zuviel? 😉

  2. #2 Chemiker
    26. Mai 2014

    So ein Infrarotexzeß wird ja nicht von den Asteroiden, sondern vom Staub produziert.

    Produzieren Asteroiden immer genug Staub? Je älter das System ist, desto mehr Resonanzen sollten sich ein­gestellt haben, und Kol­lisionen sollten immer seltener werden.

    Würde auch unser Sonnensystem (das ich für ziemlich alt halte) einen Infrarot­exzeß zeigen?

  3. #3 Florian Freistetter
    26. Mai 2014

    @Chemiker: “Würde auch unser Sonnensystem (das ich für ziemlich alt halte) einen Infrarot­exzeß zeigen?”

    Kaum. Staub gibts genug – aber die Sonne ist zu alt zu klein und zu kühl um den Staub ausreichend aufzuheizen.

  4. #4 kryptonoob
    27. Mai 2014

    Ich finde, das klingt nicht nur ein wenig kosmisch 🙂
    Freud läßt grüßen!
    Danke, Florian, wieder ein gelungener Artikel mehr!

  5. #5 Andreas Morlok
    28. Mai 2014

    Das mit den Daten ist in der Tat ein Problem – an alte IR Spektren aus den 90ern kommt man zum Teil gar nicht mehr ran.

  6. #6 Franz
    28. Mai 2014

    Demnach ist der Strahlendruck der Teilchen höher als die Gravitationskraft ? Sonst müssten der Staub ja eher in die Sonne stürzen. Gibt’s da eine ‘break even ‘ Grenze ?