Und mit Asteroiden hat die Geschichte ja auch nichts zu tun – aber ich mag sie und mag auch das Bild, deswegen erzähle ich sie gerne (das war auch das Thema, mit dem ich meine allererste Vorlesung als Dozent begonnen habe). Sehr wohl mit Asteroiden hat dagegen das zu tun, was fünf Mönche aus Canterbury 50 Jahre später beobachtet haben. Am 18. Juni 1178, so berichtet Gervase von Canterbury, geschah ein “fantastisches Ereignis”:

“Wie immer zur Zeit kurz nach Neumond zeigten die Enden der Sichel nach Osten, als sich das obere Ende mit einem Mal in zwei Teile spaltete. Aus dem Spalt entsprang eine flammende Fackel und versprühte über eine große Entfernung Feuer, heiße Kohlen und Funken. Währenddessen bebte der Mond wie in großer Furcht und, um es mit den Worten derjenigen zu sagen, die dies mit eigenen Augen sahen, der Mond wand sich wie eine verwundete Schlange. Danach nahm er seinen gewohnten Zustand ein. Das Schauspiel wiederholte sich einige Dutzend mal, die Flamme nahm ohne Regel verschiedene Formen an und beruhigte sich. Danach erschien die Sichel in einem dunklen Licht. Der Schreiber bekam diesen Bericht von Leuten, die dies mit ihren eigenen Augen gesehen haben und bereit sind mit ihrem Eid zu bezeugen, dass sie in obiger Beschreibung keinerlei Zusätze oder Fälschungen gemacht haben.”

(“Now there was a bright new moon, and as usual in that phase its horns were tilted toward the east; and suddenly the upper horn split in two. From the midpoint of this division a flaming torch sprang up, spewing out, over a considerable distance, fire, hot coals, and sparks. Meanwhile the body of the moon which was below writhed, as it were, in anxiety, and, to put it in the words of those who reported it to me and saw it with their own eyes, the moon throbbed like a wounded snake. Afterwards, it returned to its proper state. This phenomenon was repeated a dozen times or more, the flame assuming various twisting shapes at random and then returning to normal. Then after these transformations the moon from horn to horn, that is along its whole length, took on a blackish appearance. The present writer was given this report by men who saw it with their own eyes, and are prepared to stake their honor on an oath that they have made no addition or falsification in the above narrative.”)

Das klingt tatsächlich nach einem ziemlich dramatischen Ereignis. Ich kann euch nur empfehlen, euch die Episode “Heaven and Hell” der originalen “Cosmos”-Serie mit Carl Sagan aus dem Jahr 1980 anzusehen, in dem diese Geschichte nacherzählt und mit Schauspielern nachgespielt wird. Das, was die Mönche da beschreiben klingt ziemlich genau so wie das, was man sehen würde, wenn ein Asteroid auf dem Mond einschlägt.

Und tatsächlich gibt es einen Krater auf dem Mond, der noch recht jung ist. Sein Alter passt ziemlich gut zu einer Entstehung im 12. Jahrhundert und er befindet sich in etwa dort, wo die Mönche das Ereignis gesehen haben. Es ist der (passenderweise auch nach einem Mönch benannte) Giordano-Bruno-Krater:

Bild: NASA

Bild: NASA

Der Krater hat einen Durchmesser von 22 Kilometern und man erkennt gut die “Strahlen” die von ihm ausgehen und zeigen, dass er noch recht jung sein muss. Beim Einschlag wurde jede Menge “frisches” Gestein aufgewirbelt und strahlenförmig in alle Richtungen geschleudert. Im Laufe der Zeit sorgt die Erosion durch Sonnenwind und Mikrometeoriten dafür, dass dieses Auswurfmaterial nachdunkelt – bei Giordano Bruno sind die Strahlen aber noch recht frisch und hell. Wie alt der Krater wirklich ist, lässt sich aus der Entfernung schwer sagen. Aber er ist auf jeden Fall jung genug, um als Resultat eines Einschlags im Jahr 1178 in Frage zu kommen.

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Kommentare (10)

  1. #1
    6. Juni 2014

    Ach, du weißt schon: “Zwischen Krems und Und und Und und Stein…”

  2. #2 Florian Freistetter
    7. Juni 2014

    Ok – ich merke, dass die Asteroiden anscheinend nicht so der Bringer sind. So wenig Kommentare wie während dieser Asteroidenserie hatte ich schon sehr lange nicht mehr im Blog. Schade – denn ich finde sie wirklich interessant, auch wenn sie nicht gerade dabei sin, mit der Erde zu kollidieren.. Aber momentan wollen alle wieder nur wissen, ob “das Biest” mit der Erde kollidiert (dazu schreib ich am Nachmittag eh noch was)…

  3. #3 Mafl
    7. Juni 2014

    Seit die Regentage vorbei sind, liegen alle wohl schon im Pfingstkoma. Da geht’s doch auch um “Geist”! Also lese ich weiter und lasse meinen Geist erhellen.
    Schöne Weiterfahrt!

  4. #4 bikerdet
    7. Juni 2014

    @ Florian :
    Okay, ich lese alle Berichte. Aber außer zum radfahren kann ich nichts beitragen. Kometen sind für mich ‘Neuland’. Das allermeiste was Du über die Kometen schreibst war mir bisher unbekannt.

  5. #5 Florian Freistetter
    7. Juni 2014

    @Mafl: “Seit die Regentage vorbei sind, liegen alle wohl schon im Pfingstkoma. Da geht’s doch auch um “Geist”!”

    Das hast du sicherlich recht. Und wahrscheinlich waren auch meine Erwartungen überzogen. Aber wenn man sich solche Mühe mit ner Serie gibt (während ner Radtour täglich bloggen ist ja nochmal extra aufwendig), dann wünscht man sich natürlich besonders viel Resonanz. Aber klar – die Leute lesen und kommentieren was sie wollen und nicht das, was ich gerne hätte…

  6. #6 Maximilian
    7. Juni 2014

    Also, ich fand deine Artikel während der Radtour sehr lesenswert und es ist auch eine sehr beachtenswerte Leistung, quasi nebenher noch zu bloggen. Leider konnte ich fachlich nichts zu den Asteroiden kommentieren, weil ich mich da (noch) nicht auskenne.

    Es muss aber auch nicht so sein, dass die Anzahl der Kommentare positiv korreliert mit der Qualität der Artikel.

  7. #7 Christian der 1.
    7. Juni 2014

    die leut snd alle am rätseln und wollen das rätsel lösen, da bleibt kaum zeit zum posten 😉

  8. #8 Dampier
    8. Juni 2014

    Ich lese die ganze Serie mit : )

  9. #9 Karl432
    9. Juni 2014

    Wenn schon Originaltext … das Zitat in der englischen Wikipedia ist auch nur eine Übersetzung. Der lateinische Originaltext, zitiert nach der bei Google Books zu findenden Londoner Ausgabe von 1879:

    Nam nova luna lucida erat, novitatis suæ more cornua protendens ad orientem; et ecce subito superius cornu in duo divisum est. Ex hujus divisionis medio prosilivit fax ardens, flammam, carbones et scintillas longius proiciens. Corpus interim lunæ quod inferius erat torquebatur quasi anxie, et, ut eorum verbis utar, qui hoc michi retulerunt et oculis viderunt propriis, ut percussus coluber luna palpitabat. Post hoc rediit in proprium statum. Hanc vicissitudinem duodecies et eo amplius repetiit, videlicet ut ignis tormenta varia sicut prælibatum est sustineret, iterumque in statum rediret priorem, Post has itaque vicissitudines, a cornu usque in cornu scilicet per longum seminigra facta est. Hæc michi qiu hæc scribo retulerunt viri illi qui suis hoc viderunt oculis, fidem suam vel jusjurandum dare parati, quod in supradietis nichil addiderunt falsitatis.

  10. #10 Florian Freistetter
    9. Juni 2014

    @Karl432: “Wenn schon Originaltext “

    Nur werden leider die wenigstens etwas mit Latein anfangen können – weswegen ich den deutschen Text genommen habe. Aber wenn der lateinische Text etwas grob anderes aussagt als meine Übersetzung, dann korrigiere ich das natürlich gerne!