Der helle Stern Castor im Sternbild Zwilling ist in Wahrheit sogar ein System aus sechs einzelnen Sternen, die zu drei Paaren angeordnet sind. Castor Aa und Ab bilden ein sehr enges Doppelsternsystem, genauso wie Castor Ba und Castor Bb. Beide Doppelsterne umkreisen einander und werden ihrerseits von dem engen Doppelsternsystem bestehend aus Castor Ca und Castor Cb umkreist.

Sterne haben also gerne Gesellschaft und ein Einzelstern wie unsere Sonne ist im Universum eher die Ausnahme als die Regel. Aber vielleicht leben auch wir in einem Doppelsternsystem. In den 1980er Jahren behaupteten die beiden Paläontologen David Raup und John Sepkoski, dass die im Laufe der Erdgeschichte immer wieder auftretenden Massensterben einem gewissen Rhythmus folgen würden. Alle 26 Millionen Jahre schien irgendeine gewaltige Katastrophe stattzufinden, die einen Großteil des Lebens auf der Erde auslöschte. Der Astrophysiker Richard Muller stellte darauf die Hypothese auf, dass die Sonne in großer Entfernung von einem kleinen Stern umkreist wird, den er „Nemesis“ nannte. Alle 26 Millionen Jahre sollte Nemesis auf ihrem Weg um die Sonne den äußersten Bereichen unseres Sonnensystems sehr nahe kommen und dabei die Bahnen von Kometen und Asteroiden so verändern, dass sie am Ende auf der Erde landen und dort Katastrophen anrichten. Diese Hypothese zu bestätigen oder zu widerlegen ist nicht einfach, denn Nemesis wäre enorm weit weg; der Abstand zur Sonne würde fast 2 Lichtjahre betragen. Nemesis befände sich also auf halbem Weg zwischen Sonne und ihrem Nachbarstern Alpha Centauri und würde am Nachthimmel auch nicht anders aussehen als all die anderen Sterne. Nemesis wäre ein kleiner, schwacher Lichtpunkt unter vielen und ohne ausführliche Beobachtungen mit denen man die Entfernung aller Sterne am Himmel bestimmen kann, gäbe es keine Möglichkeit, den potentiellen Begleitstern der Sonne zu identifizieren. Solche umfangreichen Beobachtungen waren aber bis jetzt immer viel zu aufwendig und zu kompliziert. Erst die Raumsonde GAIA, die im Dezember 2013 gestartet ist wird den Himmel ausreichend genau kartografieren um Nemesis zu finden, sollte dieser Stern tatsächlich existieren.

Aber selbst wenn unsere Sonne doch kein Einzelkind ist sondern einen Begleitstern hat, ändert sich damit nichts am Anblick, den wir von der Erde aus haben. Wir können nur trotzdem nur eine Sonne zu sehen. Aber die Science-Fiction-Planeten mit der Doppelsonne am Himmel existieren tatsächlich. Dass es sie geben kann, war aber nicht immer klar. Es erscheint auf den ersten Blick ja auch tatsächlich ein wenig unwahrscheinlich. Wenn da zwei oder mehr riesige Sterne einander umkreisen: Wo soll da noch Platz für Planeten sein? Sind die gravitativen Störungen in einem Doppelsternsystem nicht viel zu groß und würde nicht jeder Planet sofort aus dem System geworfen? Diese Frage probierten Wissenschaftler schon zu beantworten, lange bevor überhaupt der erste extrasolare Planet entdeckt wurde.

Schon 1977 stellte der Amerikaner Robert Harrington Berechnungen an die zeigten, dass zumindest theoretisch stabile Planetenbahnen in Doppelsternsystemen existieren können. In den 1980er Jahren nutzte der österreichische Astronom Rudolf Dvorak Computersimulationen, um die Bahnen von Planeten in solchen Systemen detailliert untersuchen zu können. Er fand zwei Regionen, in denen kleine Himmelskörper trotz der gravitativen Störungen von zwei Sternen dauerhaft ihre Bahnen ziehen können. Ein Planet kann entweder außen um beide Sterne herum kreisen oder sich weiter innen nur um einen der beiden Sterne bewegen. Die erste Konstellation wird P-Typ („Planetarer Typ“) genannt, die zweite nennt man S-Typ („Satelliten-Typ“).

Beim P-Typ befindet sich der Planet weit von beiden Sternen entfernt. Aus seiner Sicht macht es keinen Unterschied, ob er nur einen oder mehrere Himmelskörper umkreist. Die Gravitationskraft, die auf ihn wirkt ist die gesamte Kraft beider Sterne und der Planet verhält sich so, als würde sich im Zentrum seiner Bahn nur ein einzelner Stern mit einer Masse befinden, die der Gesamtmasse beider Sterne entspricht. Ein Planet vom S-Typ dagegen ist einem Stern sehr nahe. Für ihn spielt die Gravitationskraft des anderen, weiter entfernten Sterns so gut wie keine Rolle und er umkreist seinen Stern so, als wäre es der einzige.

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Kommentare (21)

  1. #1 Alderamin
    23. Juni 2014

    @Florian

    Wenn so eine Wolke kollabiert und sich das Gas zusammenballt, dann hat man Ende meistens eine ganze Gruppe junger Sterne, die sich gegenseitig durch ihre Gravitationskraft beeinflussen. Je nachdem wie nahe bei einander sie entstanden sind, können sich zwei Sterne dann auch umkreisen.

    Nach meinem bisherigen Verständnis entstehen (zumindest die engen) Doppelsterne, wenn die protoplanetare Scheibe so schnell rotiert, dass sie zwei große Akkretionszentren ausbildet, um Drehimpuls loszuwerden. Bei der gemeinsamen Entstehung von Sternen aus der gleichen Gaswolke bilden sich die Sterne im allgemeinen unabhängig voneinander mit eigenen protoplanetaren Wolken in verschiedenen Globulen. So entstehen dann offene Sternhaufen und vielleicht ein paar sehr weite Doppelsterne. War meine bisherige Vorstellung da unkorrekt?

  2. #2 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Alderamin: “So entstehen dann offene Sternhaufen und vielleicht ein paar sehr weite Doppelsterne. War meine bisherige Vorstellung da unkorrekt?”

    Nein – ich spreche die sehr weiten Doppelstern ja im Text auch direkt an. Wäre das Kapitel ins endgültige Buch übernommen worden, hätte ich aber sicher auch noch einen Absatz/eine Fussnote zur Entstehung enger Doppelsterne eingefügt.

  3. #3 Christian
    23. Juni 2014

    Nach Deinen Erfahrungen im Magazinbereich… hätte es da nicht “Das geheime Kapitel…” heißen müssen? 😉

  4. #4 Zhar The Mad
    23. Juni 2014

    Danke für diesen “Bonus-Content!!”
    Ich bin auch immer dafür, Dinge die noch gut sind nicht wegzuschmeißen, der Nachhaltigkeit zu liebe 😉
    Und so bekommen wir (die noch keins deiner Bücher haben – oh diese schande!) eine vortreffliche Leseprobe 🙂
    Danke sehr

  5. #5 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Zhar: “eine vortreffliche Leseprobe”

    Naja, als Leseprobe würde ich das nicht nutzen (ich glaube, es gibt bei amazon eine “offizielle”). Der Text hier ist ja noch auf Manuskriptniveau und hätte vor Veröffentlichung im Buch noch mal überarbeitet und an den Rest des Buches angepasst werden müssen; der Lektor hätte nochmal die diversen sprachlichen Fehler korrigiert; ich hätte noch ein paar Bezüge zum Rest des Buches hergestellt, usw.

  6. #6 Till
    23. Juni 2014

    Von den Daten her klingt so ein potentieller Mond um den Planeten von Kepler-16 ja auch gar nicht so ungemütlich. Die Sterne sind beide kleiner als die Sonne und der Planet ist etwas näher dran. Zumindest die Strahlungsmenge steht flüssigem Wasser und potentiellem Leben also nicht entgegen. Jetzt muss es den Mond nur noch geben und all die anderen (bekannten und unbekannten) Parameter (Masse, Vulkanismus, Atmosphäre, etc.) müssen stimmen aber dann könnte es dort noch cooler als bei Pandora aus Avatar aussehen – nicht nur ein großer Gasplanet am Himmel sondern auch noch zwei Sonnen ;-).

    Zu schade dass Kepler-16 200 Lichtjahre entfernt ist – da werden wir wohl in absehbarer Zukunft nicht selbst vorbei schauen können…

  7. #7 Till
    23. Juni 2014

    @Florian: Naja, als Leseprobe würde ich das nicht nutzen (ich glaube, es gibt bei amazon eine “offizielle”). Der Text hier ist ja noch auf Manuskriptniveau und hätte vor Veröffentlichung im Buch noch mal überarbeitet und an den Rest des Buches angepasst werden müssen; der Lektor hätte nochmal die diversen sprachlichen Fehler korrigiert; ich hätte noch ein paar Bezüge zum Rest des Buches hergestellt, usw.

    Ja, der Unterschied zwischen Buch und diesem Kapitel ist mir aufgefallen. Damit will ich nicht sagen, dass dieses Kapitel schlecht geschrieben ist (ganz im Gegenteil es hat mir sehr gut gefallen) aber man merkt die ganze zusätzliche Arbeit die noch in das Buch eingeflossen ist schon (es hat sich also gelohnt 🙂 ).

  8. #8 Zhar The Mad
    23. Juni 2014

    @Florian Freistetter

    Nun, das war mir bewusst (ist sogar lesbar, dass es noch ungeschliffen ist). ich war nur etwas euphorisch und gespannt einen längeren Text mal zu lesen. Vielleicht zeigt mir das auch, dass es wirklich mal an der zeit ist, mal wieder ein ordentliches Buch zu lesen 😉

  9. #9 Batti1896
    23. Juni 2014

    Macht auf jedenfall Lust auf mehr das Kapitel. Bin leider erst bei deinem “Weltuntergangsbuch”von 2012 😉 und hab vorher das Buch (weiß den Namen jetzt gerade nicht, da wo du leider nur einen recht kurzen Text beigetragen hast von Anfang des Jahres) … gelesen was bis auf das erste Kapitel und deinem kurzen Kapitel aber mir nicht so zugesagt hat.
    Werde mich aber nach dem 2012 Buch Chronologisch durch deine Bücher Arbeiten weil ich deinen Schreibstil sehr mag.
    Also danke nochmal für dieses zusätzliche Kapitel.

  10. #10 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Till: Naja, so ein Mond wäre bei Kepler-16 nicht unbedingt das, was man lebensfreundlich nennt: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/09/15/entdeckt-der-sciencefictionplanet-mit-den-zwei-sonnen/ Dort hätte es wenigstens -70 Grad…

  11. #11 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Batti1896: “weiß den Namen jetzt gerade nicht, da wo du leider nur einen recht kurzen Text beigetragen hast von Anfang des Jahres”

    ? Von so einem Buch weiß ich nix. Entweder das ist etwas, was schon länger her ist und ich vergessen habe – oder jemand hat einen meiner Texte ungefragt kopiert.

  12. #12 bikerdet
    23. Juni 2014

    @ Florian :
    Zuerst einmal vielen Dank, das Du uns noch in den Genuss des Zusatzkapitels kommen lässt ! Auch wenn es es nicht in’s Buch geschafft hat, ist es mMn doch ganz toll von solchen ‘Exoten’ zu lesen.

    Und welch epische (SF-) Geschichten lassen sich daraus machen. Doppelsysteme mit getrennten Zivilisationen. Um wieviel ausgeprägter wäre der Wunsch in’s All zu fliegen, wenn man in relativ kurzer Zeit die Anderen besuchen könnte. Im ‘Sperling’ sitzen die Aliens ja auf Alpha Centaurie. Aber eine Sonne in ein paar 1000 AU wäre dagegen ja ein nur Katzensprung…

  13. #13 Batti1896
    23. Juni 2014

    @Florian na das wollen wir mal nicht hoffen.
    Kann dir leider keinen Link schicken weil ich nur mit dem Handy online bin aber hab gerade in meine Kindle app geschaut. Das Buch heißt Astacus Astacus und kostet im Kindle Shop 0,89 cent. Kannst es auch unter deinem Namen im Kindle Shop oder bei Amazon direkt finden. Ich bin der Meinung da stand als Erscheinungsdatum irgend was von Februar 2014. Ist eine Ansammlung von Gesellschaftskritischen Texten von verschiedenen Wissenschaftlern/Autoren.
    Falls ich da was aufgedeckt habe kannst ja gerne mal schreibenwwas bei raus gekommen ist 😉
    Hoffe aber das es nur bei dir in vergessenheit geraten ist ^^

  14. #14 rolak
    23. Juni 2014

    keinen Link

    Kein Thema, Batti1896, Dein Wunsch soll in Erfüllung gehen: Hier gehts zum Edelkrebs.

  15. #15 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Batti: ” Das Buch heißt Astacus Astacus “

    Ach so, das. Das ist aber schon wesentlich älter und nicht erst Anfang des Jahres erschienen, oder? Ja, da hat irgendwann mal wer nen Text von mir aus dem Blog (mit meiner Erlaubnis) übernommen. K.A. was da sonst noch so in dem Buch drin steht…

  16. #16 Batti1896
    23. Juni 2014

    Achso na dann ist ja gut. Ja wie gesagt ich fand es jetzt nicht wirklich lesenswert und wenn dein Text auch noch aus dem Blog ist dann kann man nur den ersten Autor noch empfehlen. Der rest war ziemlicher Schrott 😉

  17. #17 Till
    24. Juni 2014

    @FF: Zitat aus Deinem Verlinkten Artikel: “Aber es wäre wohl auf ein jeden Fall ein ziemlich cooler Anblick und ich bin sicher, dass die NASA bald passende Simulationen dazu veröffentlichen wird.”

    Weißt Du ob diese Simulationen inzwischen veröffentlicht sind?

    Was ich dazu gefunden habe ist dieser national geographic Artikel in dem es Simulationen gibt, die andeuten Kepler-16 AB b könnte einen Erdgroßen Gesteinsplaneten eingefangen haben und laut deren Daten läge dieser Mond am äußeren Rand der habitablen Zone (Ähnlich wie der Mars in unserem Sonnensystem)… Zugegeben, das klingt ziemlich weit hergeholt, und ob sich ein großer Mond um den Planeten bilden könnte war sich die entsprechende Gruppe laut dem Artikel noch nicht sicher.

    Bezüglich der angegebenen Oberflächentemperaturen: Wie werden die eigentlich berechnet? Wir wissen ja von der Erde, der Venus und dem Mars, dass die Temperaturen stark von der Atmosphäre abhängen. Was nimmt man denn da für eine Atmosphäre an um die Temperaturen zu berechnen?

  18. #18 Florian Freistetter
    24. Juni 2014

    @Till: “Weißt Du ob diese Simulationen inzwischen veröffentlicht sind?”

    Nein, da weiß ich leider nichts.

  19. #19 Christian Berger
    26. Juni 2014

    Ich möchte mich dafür bedanken, dass Du hier diesen Text hier für uns alle gratis zugänglich machst. Vielleicht wäre das auch mal eine Option für Deine Bücher falls sie mal nicht mehr aufgelegt werden und der Verlag die Rechte nicht mehr haben möchte. Auch wenn “Die Neuentdeckung des Himmels” sicherlich mal veraltet sein wird, so ist es doch eine Momentaufnahme einer spannenden Zeit.

  20. #20 Positron
    2. Juli 2014

    Mal nen kleinen Aufreger zwischen durch: https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/ndr/2014/raumfahrt-100.html

    Offenbar will man sich aus der bemanten Raumfahrt zurückziehen. Angeblich werden Kostengründe vorgeschoben, um zu verschleiern, dass die Russen damit gedroht hätten die ISS Abstürzen zu lassen. Glaub zumindest mein Vater.

  21. […] ich dann zum Beispiel vom gigantisch großen Stern VV Cephei im Sternbild Cepheus erzähle, von den faszinierenden Planeten des Doppelsterns “Gamma Cephei” oder meine Instagram-Serie zu Sternbildern fortführe, dann steckt die bedrohliche Assoziation mit […]