Ich sitze in einem Hotel in Jena. Genau so wie vor 15 Jahren, als ich das erste Mal nach Jena gekommen bin. Damals hab ich nicht damit gerechnet, dass meine Zeit in Thüringen so lange dauern wird. Ich hab mit 2 Jahren gerechnet – geworden sind es 15. Meine Wohnung habe ich heute leergeräumt und zurückgegeben. Und morgen bin auch ich dann wieder zurück; in Österreich.
Dass ich Jena sehr toll finde und in dieser Stadt extrem gerne gelebt habe, habe ich ja schon vor 5 Jahren sehr ausführlich erklärt. Dem, was ich damals über die Vorzüge von Jena geschrieben habe, habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich kann Jena immer noch sehr empfehlen. Es ist eine junge, lebendige, offene, internationale und lebenswerte Stadt. Die Uni und die Fachhochschule prägen Jena; genau so wie die optische Astronomie und die lange wissenschaftliche Tradition. Die Natur in und um Jena herum ist immer noch enorm schön; nicht umsonst heißt der große Park mitten in der Stadt “Paradies”.
Aber so gern ich hier auch gelebt habe: Jetzt ist es Zeit, die Stadt zu verlassen. Gekommen bin ich damals im Jahr 2005 um als Astronom an der Universitätssternwarte zu arbeiten. Was ich dann auch 3 Jahre gemacht habe. Danach bin ich geblieben; jetzt als freier Wissenschaftsautor. Dieser Job hat wesentlich mehr Reisen nötig gemacht als davor – was aber kein Problem war. Meine Lesungen und Vorträge habe ich hauptsächlich in Deutschland gemacht und da kann man kaum zentraler wohnen als in Thüringen. Seit 5 Jahren aber bin ich auch mit den Science Busters unterwegs. Das hat nicht nur sehr viel mehr Reisen nötig gemacht sondern auch sehr viel mehr Reisen außerhalb von Deutschland. Ich war in den letzten Jahren beruflich viel öfter in Österreich unterwegs als in Deutschland. Und habe vermutlich mehr Zeit außerhalb von Jena verbracht als zuhause. In den letzten beiden Jahren war ich nie länger als ein bis zwei Wochen am Stück zuhause und die ganze Reiserei wurde nicht einfacher, da Jena seit ein paar Jahren vom Fernverkehr der Deutschen Bahn abgekoppelt worden ist.
Ich habe also schon länger überlegt, Jena zu verlassen und nach Österreich zu ziehen. Aber einerseits habe ich Jena wirklich gern und wollte nicht weg, auch wenn ich nur so wenig Zeit in der Stadt verbracht habe. Andererseits ist so ein internationaler Umzug als Freiberufler ja auch ein enormer vor allem bürokratischer Aufwand. Und ich hab auch nicht wirklich gewusst, wohin ich übersiedeln soll. Wien wäre die logische Wahl gewesen; da habe ich vor meiner Zeit in Jena ja schon sehr gerne gewohnt und da ist auch der Schwerpunkt meiner Science-Busters-Arbeit.
Aber genau so wie es mit damals bei meinem Umzug von Wien nach Jena schwer gefallen ist, mich nach der Großstadt mit den fast 2 Millionen Einwohnern auf das kleine Jena mit seinen 100.000 Menschen zu gewöhnen, war es jetzt wieder; nur umgekehrt. Nach 15 Jahren in Jena wo die Natur überall gleich in der Nähe ist, hatte ich keine Lust mehr auf große Metropole. Andere Städte in Österreich (Linz, Graz, Innsbruck, Bregenz) wären in der Hinsicht viel netter gewesen; aber damit hätte ich mein Reiseproblem kaum verbessert.
Im Sommer des letzten Jahres habe ich dann aber die Kleinstadt Baden kennengelernt. Im Süden von Wien gelegen, inmitten schöner Weinberge und Hügel mit 25.000 Einwohnern: Da war jede Menge Natur; eine schöne Stadt; jede Menge Kultur und Infrastruktur – und mit der Bahn bin ich in 20 Minuten mitten in Wien. Baden hat sich als idealer Ort für meine Rückkehr nach Österreich erwiesen. Was den Umzug nicht weniger stressig gemacht hat, aber immerhin ist er jetzt zum größten Teil durch. Die Wohnung in Baden ist zwar eher noch mit IKEA-Kartons anstatt mit Möbeln eingerichtet und es wird noch ein wenig dauern bis mich die deutsche Bürokratie endgültig entlassen und die österreichische endgültig akzeptiert hat. Aber zumindest der Teil in Jena ist mit diesem Tag beendet.
Es wird noch ein wenig dauern bis ich in Baden heimisch werde. Die Stadt hat jede Menge Geschichte; auch wenn sie nicht so astronomielastig wie die Geschichte Jenas. Ich werde mit Sicherheit immer wieder mal traurig darüber sein, dass ich nicht mehr in Jena wohne. Aber es ist auch schön, eine ganz neue Stadt kennenzulernen. Ich bin gespannt, was die Zukunft bringt. Jenenser konnte ich nie werden, aber ich bin sehr froh darüber, dass ich 15 Jahre lang Jenaer war!
P.S. Der Artikel ist auch die Begründung, warum es in den letzten Monaten hier im Blog wirklich deutlich ruhiger war als sonst. Und auch in den nächsten Wochen noch ruhiger bleiben wird. Aber wenn alles mal wieder läuft, dann sollte auch mehr Zeit für schöne Astronomie-Artikel sein..
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