Mathematik ist cool! Das probiere ich nicht nur jede Woche in meiner Formelwelt-Kolumne bei Spektrum.de zu vermitteln. Das tun auch viele andere von der Mathematik begeisterte Menschen: Zum Beispiel die Leute vom Numberphile-YouTubekanal. Den habe ich schon öfter empfohlen und tue das gerne wieder. Gerade habe ich dort ein nettes Video über ein schönes mathematisches Problem gesehen.

numeri

Es geht um eine etwas obskure Arbeit des brasilianischen Mathematikers Inder Taneja. Darin (“Single Digit Representations of Natural Numbers”) zeigt er, wie man jede natürliche Zahl zwischen 0 und 1000 aus einer beliebigen (und immer der selben) Ziffer konstruieren kann. Will man “287” nur mit der Ziffer 1 darstellen, sieht das zum Beispiel so aus: 287 = (1 + 1)×(11 + 1)^(1+1)−1. Mit der 5 kann man die 287 so konstruieren: 5×55 + (55 + 5)/5. Und so weiter. In der Arbeit von Taneja findet man für jede dreistellige Zahl jede Konstruktion mit jeder Ziffer. Er hat aber auch noch eine zweite Arbeit veröffentlicht (“Crazy Sequential Representation: Numbers from 0 to 11111 in terms of Increasing and Decreasing Orders of 1 to 9”) und zeigt darin wie man jede natürliche Zahl zwischen 0 und 11.111 durch eine entweder absteigende oder aufsteigende Sequenz der Ziffern von 1 bis 9 darstellen kann.

Die Zahl “3141” kann man zum Beispiel so berechnen: 9×8 + 765×4 + 3^2×1. Oder aber durch 3141 = 1 + 2345 + 6 + 789. Matt Parker von Numberphile erklärt das in seinem Video noch einmal genau und ausführlich:

Das “10.958-Problem” besteht also in der Tatsache, dass das die einzige Zahl (kleiner als 11.111) ist, für die man im aufsteigenden Fall noch keine Lösung gefunden hat. Das hat Matt Parker keine Ruhe gelassen, wie man im zweiten Teil des Videos sehen kann:

Ich finde das, wie schon gesagt, cool! Ja gut – es ist nicht unbedingt sofort eine praktische Anwendung für diese Zahlenspielerei ersichtlich. Aber muss es die unbedingt geben? Es gibt auch keine unmittelbare praktische Anwendung für die Forschung die wir zum Beispiel über die Entstehung von Sternen oder die Existenz extrasolarer Planeten machen. Und trotzdem ist es das enorm faszinierende Forschung! Forschung, die die Menschen inspiriert, begeistert und befriedigt. Und damit genau so viel (oder so wenig, wenn man unbedingt will) “praktischen” Wert besitzt wie ein Theaterstück, eine Oper, ein Gemälde oder ein Buch.

In der Arbeit von Taneja geht es um die natürlichen Zahlen. Und um die Ziffern von 1 bis 9. Das ist das Fundament unserer Mathematik; eigentlich das Fundament der gesamten Naturwissenschaft. Die Beziehungen die Taneja zwischen den Bausteinen dieses Fundament gefunden hat, mögen nur eine faszinierende Spielerei sein. Es würde mich aber nicht wundern, wenn sie irgendwann in der Zukunft einmal irgendwo in einem ganz anderen Kontext auftauchen. Es ist immer gut, mehr zu wissen. Ganz besonders wenn es um die Grundlagen geht.

Kommentare (21)

  1. #1 Findus23
    Österreich
    26. April 2017

    Was mich interessieren würde, ist wie er auf die “Konstruktionen” gekommen ist. Ich vermute mal, dass er sie nicht händisch probiert hat.
    Vielleicht Vereinfachungen durch Symmetrien und den Rest mit Computern durchprobieren?
    (Sorry, falls das in den Videos erklärt wird)

  2. #2 Frantischek
    26. April 2017

    Händisch wohl nicht. Eher mit einem Computer und Brute Force.

    Ich wüsste nicht wie er sonst die gesamte Liste erstellen könnte.
    Hier zu finden:
    https://www.researchgate.net/publication/272194363_Single_Digit_Representations_of_Natural_Numbers

  3. #3 Pilot Pirx
    26. April 2017

    Erinnert mich irgendwie an Radosophie.

  4. #4 Gerhard
    26. April 2017

    Ich finde das spannend!
    Hoffe, das folgende ist interessant in diesem Zusammenhang (coole Mathematik):
    Kleine mathematische Probleme gibt es auch rund ums Schachbrett.
    Etwa: N Damen schlagfrei auf einem nxn-Brett aufzustellen. Vor knapp 40 Jahren meinte jemand aus meinem Mathematiker Bekanntenkreis, daß die Anzahl der echten Lösungen mit Zunahme von n irgendwann abnehmen würde.
    Dem ist aber definitiv nicht so. Gut, damals konnte man das mutmassen, weil eine entspr. Rechnerleistung nicht zur Verfügung stand.
    Wen’s interessiert:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Damenproblem

  5. #5 Alderamin
    26. April 2017

    @Pilot Pirx

    Ist eigentlich der beste Gegenbeweis zur Radosophie: man kann offenbar für jede Zahl (außer 10958?) irgendeinen abstrusen Zusammenhang konstruieren.

  6. #6 tomtoo
    26. April 2017

    Der Matt Parker ist halt imho auch klasse. Wie der live die Leute mitnimmt das ist schon Talent.

  7. #7 Joselb
    26. April 2017

    Das erinnert mich an eine kleine Zahlenspielerei: Wenn man den Bruch ((b-1)*(b-1) – 1) / ((b-1)*(b-1)) als Kommazahl mit der Basis b darstellt, bekommt man als Ziffern endlose, absteigende Folgen ohne 1.
    bei b=10: 80/81 = 0,98765432098765…
    bei b=16: hE0 / hE1 = h0,FEDCBA987654320FEDCBA9…

  8. #8 Yeti
    26. April 2017

    Seine Lösung ist genauso genial, wie die aktuelle Aero-Dynamik der Formel 1 Ferraris. Klasse. Ich finde es herrlich, sich mit solchen Sachen zu beschäftigen.

    @joselb:
    Auch schön, die erste Zahlenspielerei, die ich kenne, die sich gleich über mehrere Basen erstreckt.

    Kenn jemand eigentlich den Grund, warum es (mir) nicht möglich ist, mir ein Zahlensystem mit *nicht* ganzzahliger Basis zu basteln?

  9. #10 Yeti
    26. April 2017

    @PDP10:
    Danke, das wird mich ein oder zwei Tage beschäftigen.

  10. #11 Gono
    Berlin
    26. April 2017

    @Alderamin
    Warum ein Gegenbeweis? Die Radosophie wurde doch genau aus dem Grunde “erfunden”… um aufzuzeigen, dass man aus 5 beliebigen Zahlen allen möglichen (unzusammenhängenden) Kram berechnen kann. Im Fall der Radosophie eben aus einem holländischen Damenfahrrad 🙂

  11. #12 Hannes
    Hamburg
    26. April 2017

    Sehr interessant!

  12. #13 anderer Michael
    27. April 2017

    Himmel , Gesäß und Zwirn.
    Mathematik kann wirklich interessant und spannend sein. Warum nur nicht in der Schule ?
    Liebe Mathelehrerinnen, sofern mitlesend, ändert bitte den Unterricht.

  13. #14 anderer Michael
    27. April 2017

    Zur ersten Arbeit

    Ich habe es mit 100 ausprobiert. Eigentlich ganz einfach. 1, 2, 4 und 5 sind Teiler von 100. Also addiert man solange bis 100 erreicht ist. Bei den Nichtteilern wie z.B. 7 addiert man 14 mal jeweils die Zahl 7 und dann +7/7 +7/7. Ergebnis 100. Mit anderen Nichtteilern genauso. Das ist nicht sehr elegant bzw umständlich und würde bei 1000 eine Heftseite füllen.
    Aber das geht doch für jede natürliche Zahl und nicht nur bis 1000, oder verstehe ich etwas falsch?

    Zum Verständnis: Vor Mathematik stehe ich außer Kopfrechnen ziemlich ratlos da.

  14. #15 Norbert
    27. April 2017

    @anderer Michael:
    Völlig richtig. Matt Parker erwähnt das auch im ersten Video – Taneja hat die jeweils kürzeste Lösung angeben, wobei laut Parker die Frage offenbleibt, ob es die bewiesenermaßen kürzesten Lösungen sind, oder “nur” die kürzesten, die Taneja finden konnte.

    Solche Zahlenspielereien sind alt. Ich erinnere mich, schon als Kind ein Buch von Martin Gardner gelesen zu haben, in welchem er seinen “Dr. Matrix” ähnliche Rechnungen durchführen lässt.

    Wäre doch nur das Fakultätszeichen auch erlaubt!
    -1 x 2 + (3 + 4 – 5) x 6! + 7! + 8! / 9 = 10958

  15. #16 HF
    27. April 2017

    @#5: Das wirft sofort die Frage nach der Menge der Zahlen auf, für die sich kein abstruser Zusammenhang finden lässt. Sie ist nicht etwa leer, sondern im Gegenteil verdammt groß.

  16. #17 Vortex
    27. April 2017

    Bei allen solchen Mathe-Fragen konsultiere ich immer Wolfram|Alpha und
    experimentiere online so lange herum bis der Server abstürzt :).

    Wolfram|Alpha Beispiele: [1], [2], [3]

    P.S.: Dies waren nur Versuche die Grenzen von Wolfram|Alpha etwas auszuloten mit dem Ergebnis, daß Wolfram hier die Eingabemöglichkeit etwas reduziert hatte, denn letzteres [3] funktioniert online nicht mehr, nur mehr auf den langsamen Raspberry Pi 3 inkl. Mathematica.

  17. #18 Yeti
    27. April 2017

    Lieber @anderer Michael, werde Mathematiklehrer!

  18. #19 tomtoo
    28. April 2017

    @anderer Michael

    Achte mal auf die Kinder im Publikum.

    https://m.youtube.com/watch?v=1wAaI_6b9JE

    Natürlich auch die erwachsenen
    Kinder.

    ; )

  19. #20 tomtoo
    28. April 2017

    @FF

    Bei dir landen Dinge in der Mod. da gibts zumindest für mich absolut keine Erklärung für.

  20. #21 anderer Michael
    1. Mai 2017

    Yeti
    Ich ,als Mathelehrer? Könnte für die Kinder unterhaltsam sein ( oder sehr sehr langweilig laut meinen Kindern), aber richtig schlau würden meine potentiellen Schülerinnen nicht ( zumindestens nicht wegen mir).