die Freiheit der Rede, der Kunst und der Gedanken, wie nichts anderes. Freiheit und (monotheistische) Religionen waren schon immer Antipoden.
Anlass für die in diesem Post angestellten Überlegungen ist der aktuelle Bericht eines religionskritischen Bloggers, demzufolge er im Jahre 2011 in Deutschland wegen „Gotteslästerung” verfolgt wird.
Obacht: es geht hier nicht darum, ob Wortwahl und Stil des Bloggerkollegen gut oder geschmackvoll gefunden werden, sondern um die Frage, ob es in unserem Land (oder einem Land wie unserem) möglich sein sollte, jemanden dafür, was er über Religionen, deren Kleriker und Praktiken sagt und damit denkt, zu belangen.
Zuerst kommt die Freiheit der Gedanken.
Sie ist die gefährlichste, denn durch sie entsteht der Zweifel, der Widerstand, sie ermöglicht es, jeden Standpunkt einzunehmen und unvoreingenommen zu prüfen, sie gestattet es, die mächtigsten Werkzeuge des menschlichen Geistes, die Vernunft und die Logik gegen Dogmata und ideologische Paradigmen einzusetzen. Sie ist aber auch die am schwersten zu bekämpfende. Wenn es aber gelingt, sie in Ketten zu legen, ist alle Gefahr gebannt. In der voraufgeklärten Zeit gelang das lange Zeit durch die systematische Konstruktion einer auf Furcht und Abhängigkeit gegründeten Vorstellungswelt, in der selbst unkeusche oder ketzerische Gedanken als Sünde und die Verdammnis besiegelnd galten. Das Prinzip funktionierte so, daß der Klerus sich zum Bühnenbildner und Regisseur einer bunt mit Fabelwesen bevölkerten Jenseitswelt aufschwang, die zwar von den Lebenden nicht empirisch erfahrbar war, aber durch biblische Überlieferung und deren konkurrenzlose Interpretation durch die des Lesens Kundigen so plastisch und detailreich ausstaffiert war, daß sie und die in ihr und für sie angeblich geltenden Regularien und besonders Zugangsbeschränkungen eine völlig weltliche Größe darstellten, an der sich der reale Alltag stets mit ausrichtete. Solange eine unaufgeklärte Bevölkerung durch instrumentalisierte Jenseitsfurcht in geistige Fesseln geschlagen war, gab es also kein Problem.
Mit der Aufklärung änderte sich das jedoch, Buchdruck, bessere Bildung, Bibeln in der Landessprache und revolutionäre Philosophie befreiten den Geist und ließen Zweifel am Joch der religiösen Nutzfurcht aufkommen. Als die Kirche verstand, daß der Zweifel und damit die Freiheit in der Welt des Geistes angelangt und durch sie nicht mehr zu bannen war, änderte sie ihre Strategie und wählte als neues Feindbild die Freiheit der Meinung und der Rede. Sollten die Ketzer denken, was sie mochten, solange sie schwiegen! Die Unterdrückung von Rede- und Meinungsfreiheit ist seit jeher ein Merkmal des autoritären Totalitarismus, denn revolutionäre Gedanken und Ideen schaden erst und nur dann, wenn sie außer ihrem Denker noch andere kennenlernen.
Natürlich ist jeder Versuch, die Äußerung von Gedanken und Meinungen zu unterdrücken, ein profundes Zeugnis der Schwäche. Wenn man von der Tragfähigkeit und absoluten (weil ja angeblich offenbarten) Wahrheit und Unerschütterlichkeit der eigenen Position überzeugt ist, was ja gerade dann der Fall sein sollte, wenn man sich vorgeblich im Auftrage der höchsten Macht weiß, so kann doch eine abweichende Meinung, so kann geäußerter Zweifel und Kritik ihr nicht nur nicht schaden, sondern wird sie – im Gegenteil – stärken.
In den Führungskadern der organisierten Religionen ist man aber offenbar selbsterkenntnisreich genug, zu wissen, daß man sich auf die Überzeugungskraft und Standhaftigkeit der eigenen Doktrinen besser nicht mehr verlassen sollte und hat es sich zur lieben Übung gemacht, immer wieder gegen das Grund- und Menschenrecht der Meinungs- und Kunstfreiheit anzurennen, um all den Freidenkern, Zweiflern, Satirikern und Scharfzüngigen Wort und Spott und Feder zu verbieten.
Einige Zeit vor dem diesen Beitrag auslösenden Vorfall versuchte ja und dabei zugegebenermaßen vor allem von Spott statt Erfolg gekrönt der sprachmächtige Edmund Stoiber, den Blasphemikern Einhalt zu gebieten, als er forderte, daß “Gotteslästerung” (nebenbei: ein interessanter Begriff, da er ja die Möglichkeit einräumt, daß ein Mensch einen (jetzt mal angenommenen und als allmächtig angesehenen) Gott überhaupt nennenswert lästern kann) stärker bestraft werden müsse. In Deutschland ist es tatsächlich verboten (§166 StGB), sich über Religionen und deren Doktrinen lustig zu machen und sie zu verspotten, allerdings und glücklicherweise nur insoweit solches Betreiben geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu gefährden:
§ 166
Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
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