Mein neuer Science-Slam erfährt nächste Woche gleich eine Doppelpremiere: erst in Köln am 21.10. und dann am 24.10. in Berlin-Dahlem im Rahmen des “Life Science Day 2013” ab 19.15 Uhr. Hier gibt es das Programm; es sind ein paar sehr interessante Themen dabei, unter anderem spricht Nikolaus Rajewski über “Zirkuläre RNAs” :-). Es gibt sogar noch zwei weitere Vorträge über RNA, was mich natürlich freut, zeigt es doch, daß die RNA längst aus dem Schatten der DNA, die ja dieses Jahr 60 wurde, heraus getreten ist.

slam card

Ich weiß nicht genau, ob man zum Slam kommen kann, wenn man nicht auch bei der Tagung angemeldet ist, aber falls ja, freue ich mich natürlich über jede(n), der/die kommt. Vielleicht sind ja einige ohnehin beim Kongress dabei… Ich jedenfalls bin gespannt und freue mich schon drauf!

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Nachtrag: Wie war’s denn in Berlin?

Hier ein kleiner Bericht darüber, wie es in Berlin so war. Ich muß aber vorher ansetzen, denn um überhaupt nach Berlin zu kommen, hatte ich einen jener Alpträume durchzustehen, aus denen zu erwachen man gewöhnlich froh ist.
Der Slam sollte um 19 Uhr losgehen, die Slammer waren gebeten, sich um 18 Uhr im Hörsaal im Henry-Ford-Gebäude der FU in Berlin Dahlem einzufinden. Mein Flieger sollte um 15 Uhr starten, ein bequemes Zeitpolster also und ich hatte bereits online eingecheckt und nur Handgepäck dabei, hätte also einfach “durchgehen” können bis zum Gate. Dennoch hatte ich einen kleinen Puffer eingeplant und wollte den Bus ab Bonn Hbf (direkt zum Flughafen in 26 min) um 13 Uhr irgendwas nehmen. Der Bus kam pünktlich, doch der schwitzende, rotgesichtige Fahrer winkte schon wütend ab, bevor sich überhaupt die Türen geöffnet hatten und verkündete dann, daß wegen eines Unfalls die Autobahn gesperrt sei und er jetzt “übber de Dörfer” fahren müsse. Auf die Frage, wie lange das denn dauere, hieß es “Normal vichzisch Minuten”, man ahnt das dann auch kommende: “ABER die anderen Autofahrer machen das jetzt auch alle, da jibbet jetz Stau und dat kann dauern. Sie können ja ene Taxi nemme!” Auf meine Frage, ob denn das Taxi nicht “übber de Dörfer” würde fahren müssen, gab der Gemütsmensch ein “Ach ja! Höhöhöhö!” zurück. Ich begann, innerlich zu fluchen. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß ich EIN EINZIGES Mal von Bonn aus zum Flughafen muß und genau dann die Autobahn gesperrt wird und weder Bus noch Taxi durchkommen?! Hastig bemühte ich Freund Smartphone und seine “Bahn App” um Vorschläge für eine alternative Anreise zu erhalten. Die App sagte, ich solle mich nach Bonn Beuel auf der anderen Rheinseite begeben, von dort um 14.18 Uhr mit dem Zug, der laut App keine Verspätung habe, nach Troisdorf fahren und dort, dafür hätte ich 5 min, in die S-Bahn zum Flughafen umzusteigen, die mich um 14.43 Uhr dort aussteigen ließe. Ich hätte also 17 min. um das Flugzeug zu erreichen. “Wird knapp”, dachte ich, doch ich kannte den Weg, würde rennen und am Sicherheitsschalter einfach flehen und betteln, daß man mich vorließe.
Also rannte ich zu Fuß zurück zur Haltestelle der Straßenbahn, die mich nach Beuel bringen sollte, erwischte sie, schon leicht schwitzend und außer Atem und erreichte Beuel bequem vor Zugabfahrt, der Zug war schon angekündigt, keine Verspätungsmeldung. Gut, ich nahm Platz und atmete durch. Als 3 min vor Abfahrt der Lautsprecher knackste, ahnte ich übles: “Sehr geehrte Fahrgäste, aufgrund einer technischen Störung…” NEIN!!!, das DARF nicht wahr sein “verspätet sich der Zug nach Troisdorf um wenige Minuten.” Schwitzen und Fluchen setzten wieder ein. Um 14.20 Uhr: “Sehr geehrte Fahrgäste […] verspätet sich der Zug um 5 Minuten”. Ich verfluchte die Bahn, hatte aber noch ein wenig Hoffnung, denn zum Umsteigen würde ich einfach nur am gleichen Gleis bleiben müssen, es konnte noch klappen! Als um 14.23 Uhr verkündet wurde, daß die Verspätung nun 10 min betrage (es wurden schließlich 12) sah ich meine Felle bzw. Bahn davonschwimmen bzw. fahren. So war es auch, in Troisdorf mußte ich die nächste Bahn nehmen, die im Gegensatz zur – natürlich – pünktlichen Vorgängerin, verspätet war. Meinen Flieger konnte ich also vergessen, aber laut Webseite des Flughafens würde um 15.35 Uhr noch ein Flug nach Berlin Tegel gehen. Ich kam um 15.10 Uhr am Flughafen an und rannte wie ein Irrer Richtung Schalter, wo ich ja noch ein Ticket würde erwerben müssen. Keuchend und prustend kam ich am Germwanwingsschalter an und fragte, ob es noch ein Ticket für den Flug, der in 2 min starten sollte, gebe. Und, tatsächlich, die Dame sagte, daß vor 1 min noch eine Ticket für diesen Flug verkauft worden und das Gate also noch geöffnet sei. Sie tippte schnell etwas ein, sagte, ja, es gebe noch ein Ticket, sie schaute, mausklickte und exakt während sich ihr Finger von der Maus zur Enter-Taste bewegte, schloss das Gate: “Sorry, Fehlermeldung.” tipp tipp, klick klick “nee, tut mir leid, das Gate ist zu.”
Nach einigen nicht jugendfreien aber lediglich mental durchgeführten Fluchexzessen zog ich erneut die Website des Flughafen zu Rate und sah, daß der nächste Flug nach Tegel um 16.45 Uhr starten werde. Knapp. Sehr knapp. Ich rief die Organisatorin des Science Slam an, klagte mein Leid und fragte, ob ich den nächsten Flug nehmen sollte. Ich sollte, buchte zu einem obszönen Preis ein Ticket und begab mich zum Gate, wo das Boarding um 16.15 Uhr beginnen sollte. Ich war nervös und stellte schon einmal die kompletten Bus- und Bahnverbindungen zusammen, über die ich von Tegel zur FU kommen sollte. Es wurde 16.15 Uhr, 16.20 Uhr, 16.23 Uhr – keine Anstalten von Boarding. Ich begann wieder zu schwitzen und der Blutdruck stieg. Ich ging zur Stewardess und fragte, warum nicht eingestiegen werde. Man habe, so die Dame, als sei das das Natürlichste der Welt, “vergessen zu tanken”. Lächeln. Ich: “Ach soooo! Ich hoffe, die tanken jetzt aber auch den richtigen Sprit. Nicht daß über Braunschweig der Motor ausgeht.” Sie, völlig ironieresistent: “Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, das kann nicht passieren.” Lächeln. Ich wutentbrannt zurück zum Sitzplatz, wo Schweißproduktion und Blutdruck weiter stiegen. Es wurde 16.30, 40, 45. Ich ging schon längst auf und ab, ungehalten und innerlich Gift und Galle spuckend (weiß jetzt aber wenigstens, daß ich kein Aneurysma im Kopf habe, denn das wäre bei meinem Blutdruck von geschätzten 4000 Atü sicher explodiert). Wieder fragte ich mich, wie wahrscheinlich es war, daß genau DIESES Flugzeug soviel Verspätung hatte, nachdem ja die zwei vorher auf die Minute pünktlich abgeflogen waren. Um 16.50 Uhr dann hatte man zuende getankt und ließ uns endlich einsteigen und die Dame vor mir in der Schlange, die, als beim Scannen Ihres Tickets eine Fehlermeldung auftrat, auf die Frage, ob sie denn eingecheckt habe, erstaunt fragte “Ach! Man muß sich hier einchecken?!” darf sich glücklich schätzen, sich außerhalb meiner Würgereichweite befunden zu haben. Ich schwitze unterdessen Blut und Wasser, hatte bereits geistig abgehakt, noch um 18 Uhr an der FU sein zu können, inzwischen bangte ich, ob ich es überhaupt noch zum Slam schaffen würde.
Um 17.20 Uhr dann, 35 min verspätet, hoben wir ab und ich “genoß” den in meinem Nepp-Ticketpreis inkludierten “Snack”, bestehend aus einer trockenen Stulle, belegt mit geschmacklosem Schinken und einem billigen Puffreisriegel. Landung um 18.10 Uhr. Alle Regeln der Höflichkeit grob mißachtend drängte und quetschte ich mich aus dem Jet und rannte, mich auf dem Flughafen nicht auskennenderweise den Schildern mit Bussymbol folgend nach draußen. Dort war er bereits dunkel und ein Chaos aus Bussen, Taxis, Autos und Menschen erwartete mich. Ich orientierte mich und fand irgendwann die Haltstelle des Busses, den ich zu nehmen hatte und sah, daß der nächste erst in 15 min kommen sollte, was mich kurz vor einen Nervenzusammenbruch führte. Dann rief auch noch die Organisatorin an (überflüssig zu sagen, daß mein Mobiltelephon kaum noch Akku hatte), fragte, wo ich denn sei und bleibe und auf meine Auskunft hin darauf drängend, daß ich doch ein Taxi nehmen solle. Wollte ich ja, aber 20 Leute (ich habe sie gezählt) waren vor mir auf diese Idee gekommen und standen Schlange vor einem leeren Taxistand. Toll! Da wollte ich aufgeben, sah keine Chance mehr, rechtzeitig anzukommen aber dann… passierte zum ersten Mal etwas Gutes an diesem Tag: ein Bus kam (der auf der Anzeigetafel nicht angekündigt war). Ich sprang hinein, löste ein Ticket (“Watt? Wohin woll’nse?”, “Zum Thielplatz!”, “Kennick nich!”, “Ich weiß, wie ich fahren muß, da muß man zweimal umsteigen!”, “Na, wennse ditt wissen, sinntet zwosechzich!”) und wir fuhren los. Einen Beinaheherzinfarkt (der Bus blieb stehen, ich hörte eine Martinshorn und befürchtete, ein Unfall vor uns werde mir nun endgültig den Garaus machen, war dann aber doch die andere Straßenseite) später erreichten wir die Bahnstation und was nun folgte, hätte auch in Mission Impossible zu sehen sein können: ich hechtete, rempelte, sprang und rutschte über Menschen, Tiere, Treppen und Türschwellen zum richtigen Gleis und schlüpfte zwischen den sich gerade schließenden Türen der U-Bahn noch ins Abteil. Durchschnaufen, Kurznachricht schreiben und um Abholung an der Station bitten. Absage und stattdessen Wegbeschreibung bekommen. Dann wieder umsteigen: das gleiche nochmal (im Kopf hörte ich neben dem Rauschen meines Blutes das Mission Impossible Thema) und wieder gerade so in die U-Bahn gelangt. Fahrt zum Thielplatz. Aussteigen und dann, mit einer Hand das sterbende Mobiltelephon haltend, Straßenschilder lesend, rennend und immer wieder stehen bleibend, erreichte ich das Henry-Ford-Gebäude und den Hörsaal darin, schwitzend, dampfend, mit zu Berge stehenden Haaren, völlig am Ende und exakt 1 Minute vor 19 Uhr! Als ich mich an den dort schon schon Schlange stehenden, mitleidig schauenden Studenten vorbeidrängte, war ich nur froh, daß mir niemand eine Obdachlosenzeitung abkaufen wollte.Man hatte meinen Slam als drittes angesetzt, so daß ich während der sehr guten Slams meiner Vorredner etwas runterkommen konnte. Alle drei Slams sollten, hinsichtlich des Anlasses, irgendwie und im weitesten Sinne mit DNA zu tun haben. Der erste Slammer sprach daher über virusvermittelten Gentransfer zur Therapie von Krankheiten, ein sehr interessantes Thema, an dem ich selber auch schon geforscht habe. Die zweite Slammerin (endlich mal eine Frau dabei) berichtete von ihrem Projekt, in dem es um die “Umprogrammierung” von Stammzellen z.B. von Leber- zu Pankreaszellen geht. Sie gewann am Ende auch. Mein eigener Slam, der die Robustheit und forensische Einsatzmöglichkeit von DNA thematisierte, lief den Umständen entsprechend ok (auch wenn meine Soundfiles nicht abgespielt werden konnten). Das Publikum war eher slamuntypisch, da nicht, wie sonst, vornehmlich junge Leute anwesend waren, sondern eben auch viele Besucher des Life Science Days, die keine Ahnung hatten, was sie erwartete und etwas zurückhaltend waren. Mir war’s letztlich egal, da ich froh war, überhaupt mitgeslammt zu haben. Mein Slam hieß “Deutsch – Waffe, Waffe – Deutsch. Oder wie ich lernte, mit Waffen zu sprechen” und bahndelte mein zweites (und inzwischen DFG-gefördertes) Schwerpunktprojekt, nämlich die molekulare Ballsitik. Anhand eines “Dialoges” mit einer Schußwaffe erkläre ich darin, was Backspatter ist, wie er entsteht, welche Informationen man nur von einer Waffe, die man an einem Tatort findet, bekommen kann und wie Schußwaffen sogar ein DNA-Gedächtnis aufbauen können, anhand dessen man selbst Jahre zurückliegende Cold Cases noch lösen kann.Der Rest des Abends war dann entspannter und auch die Rückreise verlief reibungslos, aber so etwas wie die Hinreise möchte ich nicht noch einmal erleben.

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Kommentare (7)

  1. #1 znEp
    twitter.com/znep82
    23/10/2013

    Hi.
    Weißt du inzwischen ob ich mir den Science Slam auch ohne Tagung angucken kann?
    Ich hab grad mal nachgeguckt, aber auf der Seite nichts dazu gefunden.
    Und wenn ja, dann bis Donnerstag.

  2. #2 Cornelius Courts
    24/10/2013

    @znEp: nein, leider weiß ich das auch nicht. Vielleicht fragst Du mal hier nach https://www.scienceslam.de/kontakt
    Sollte es klappen: bis heute abend 🙂

  3. #3 Cornelius Courts
    24/10/2013

    @znEp: habe gerade erfahren, daß der Slam offen für alle ist

  4. #4 roel
    *****
    31/10/2013

    @Cornelius Courts Gibt es ein Video oder eine Transskription ihres neuien Science-Slams (Köln oder Berlin)?

  5. #5 Cornelius Courts
    12/11/2013

    Oben gibt es jetzt noch einen kleinen Nachtrag….

  6. #6 rolak
    12/11/2013

    24.10.

    Oha, herzliches Beileid (und Glückwunsch zum letztendlichen, filmreifen Gelingen) – dieser Termin war für mich der allerletzte für eine Besorgung, dringende Bestellung zum Wochenende in der Eifel. Es wäre auch schon am Mittwoch gegangen, doch der Herr war ja aus irgendeinem Impuls heraus an dem Tag nicht willig. Von Braunsfeld zum Handelshof und dann Richtung Mayen, bei dem Verkehr war das auch nicht so prickelnd…

    Puffreis auf Schinken auf Brot? Das gilt in manchen Gegenden der Welt als schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte^^ HachJa 😉

  7. #7 Bloody Mary
    12/11/2013

    Der Klügere gibt Nachtrag 🙂
    Danke, Cornelius *freu* Wieder hast Du’s mit Lemmy gehalten: „Langweilen gilt nicht. Das gilt.“

    Mit Dir bin ich gestorben und habe mich wieder aus der Asche erhoben auf dem Weg zum Life Science Day 2013-Slam nach Börlinn. Bei Mischen Impossibel denk ich ja immer an Einarmige beim Kartenspielen, aber es ging um Waffen, die DNA-Gedächtnis aufbauen können, anhand dessen auch Cold Cases noch gelöst werden können. Am heißesten finde ich, dass Deine Forschung DFG-Förderkriterien wie Relevanz, Innovativität, zu erwartenden Erkenntnisfortschritt und Klarheit der Fragestellungen erfüllt. Auch hier gilt wieder eindeutig Lemmy: „Wahres Gerücht, dass Sie Ihre Konkurrenten bei Duellen im Mondschein zu erledigen pflegen?“ – „Nein. Ich habe keine Konkurrenten.“

    Danke fürs Plaisir und meine Verehrung an the captaine of your heart.