Nein, eigentlich wollte ich nicht mehr über Homöopathie schreiben. Ist einfach nicht mein Themenfeld. Aber diesen kleinen Lacher zum Wochenende wollte ich euch dann doch nicht vorenthalten: Die agrarpolitische Sprecherin der FDP hält den Einsatz von Homöopathie in der Schweinemast für “nicht begründbar” – obgleich sich der gesundheitspolitische Experte der gleichen Partei explizit für deren Einsatz beim Menschen ausspricht.
Stein des Anstoßes ist ein von Prof. Dr. Gerold Rahmann vom Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI) verfasster Artikel über den Nutzen von Homöopathie in der ökologischen Tierhaltung, der irgendwie auf dem Schreibtisch der agrarpolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Christel Happach-Kasan, gelandet ist. Die Abgeordnete, der ganz offenbar nicht bewusst war, dass am vTI auch an homöopathischen Mitteln geforscht wird, beschwerte sich aufgrund des Artikels bei der Institutsleitung über die von ihr vermutete Verschwendung öffentlicher Geldmittel. Da die Homöopathie “wissenschaftlich nicht zu begründen” ist, sei ihr Einsatz in der Nutztierhaltung sinnlos. Und die Abgeordnete legt richtig vor, stellt kritische Fragen und sieht sogar den Fortbestand des vTI gefährdet:
Happach-Kasan bemängelte, dass Rahmann Antworten auf ihre konkreten Nachfragen zu seinen Ausführungen schuldig geblieben sei. Sie hatte sich bei ihm unter anderem danach erkundigt, für welche Tiererkrankungen und bei welchen Nutztierarten eine erfolgreiche Therapie mit homöopathischen Präparaten nachgewiesen und wo dies veröffentlicht worden sei, ferner bei welchen Tierarten und welchen Krankheiten im Institut Tiere mit homöopathischen Präparaten behandelt würden und ob in Trenthorst Grundlagenforschung zur Anwendung der Homöopathie in der Tierheilkunde durchgeführt werde und, wenn ja, mit welchen Ergebnissen.
Wohl wahr – so ein Schwein hat immerhin einen gewissen Marktwert, da kann man nicht so einfach mit wissenschaftlich unbewiesenen Mitteln ran. So weit, so nachvollziehbar. Kurios wird es dagegen, wenn man die Aussagen von Frau Happach-Kasan einmal neben die von Dr. Konrad Schily legt, der die FDP im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages vertritt und Ende 2009 auf eine Anfrage des Deutschen Zentralvereins homöpathischer Ärzte zum Standpunkt der Partei zur Homöopathie in der Humanmedizin dies zu Protokoll gab:
Zur Wirksamkeit von Homöopathie:
Nur weil ich jetzt kein Modell habe, nach der ich die Homöopathie ganz verstehen kann, ist sie ja deswegen nicht unwirksam.
Zum Einsatz von Homöopathie in kritischen Situationen:
Man muss eine der Situation adäquate Therapie machen und es obliegt dem Arzt, ob er beispielsweise in der Intensivmedizin auch die Homöopathie einsetzt.
Zu Doppelblind-Studien in der Medizin:
Ein Wirksamkeitsnachweis ist heute nicht gegeben, wenn er nicht zufallsverteilt und doppelblind durchgeführt wird. Damit machen wir die Patienten zu Versuchsobjekten und grenzen den ärztlichen Heilerwillen bewusst aus. Die Ergebnisse sind durch diese Fragestellung vorgegeben. Wirkliche klinische Beobachtungen gelten nichts mehr.
Ob sich die gesundheitspolitischen und die agrarpolitischen Experten der FDP eigentlich auch untereinander austauschen? Oder wie ist es zu erklären, dass man sich auf der einen Seite gegen den Einsatz “wissenschaftlich unbewiesener” Heilmethoden bei Nutzvieh positioniert, auf der anderen Seite aber den Einsatz der gleichen Methoden beim Menschen für sinnvoll hält, da eine Methode trotz fehlendem Wirkmodell ja “nicht unwirksam” sein muss…?
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