Viele deutsche Politiker haben heute – unter anderem in Social Networks wie Twitter und Facebook – den mehr als 16.000 Opfern des verheerenden Tōhoku-Erdbebens und des durch dieses ausgelösten Tsunamis gedacht, der genau heute vor zwei Jahren – am 11. März 2011 – weite Teile Japans verwüstete. Auch Claudia Roth, die Bundesvorsitzende der Grünen, hat sich diesem Gedenken angeschlossen, dabei jedoch einen zentralen Aspekt unterschlagen:
Diesen Text habe ich weder gekürzt noch in irgendeiner Form redigiert – tatsächlich findet die eigentliche Ursache für den Verlust von so vielen Menschenleben – der durch das Erdbeben ausgelöste Tsunami – hier nicht einmal im Ansatz Erwähnung. Statt dessen – und hier kann man sich sicher darüber streiten, ob es sich um eine bewusste oder eine unbewusste Form der Irreführung handelt – erweckt der Text ganz den Eindruck, als habe die ebenfalls durch den Tsunami verursachte Havarie in der Fukushima-Atomanlage fast 20.000 Japanern den Tod gebracht. Selbst als politikinteressierter Bürger mit etlichen Jahren an kommunalpolitischer Erfahrung kann ich mich nicht erinnern, jemals einen derart irreführenden Text zu einem Thema von solch garvierendem Ernst gelesen zu haben. Dass auch noch die Tagesschau sich heute einen nahezu ähnlich schlimmen Patzer gleistet hat – immerhin findet der Tsunami hier trotz der unmissverständlichen Aussage, 16.000 Menschen hätten durch die Fukushima-Havarie ihr Leben verloren, wenigstens noch Erwähnung – lässt mich einigermaßen fassungslos zurück.
Schade. Dabei wäre es so einfach, der Toten in Würde zu gedenken und dennoch daran zu erinnern, welche Erkenntnis wir aus der Havarie von Fukushima wirklich gewonnen haben – nämlich die, dass selbst eine nach westlichen Maßstäben sichere Atomanlage – und eben nicht nur ein schlecht gewartetes sowjetrussisches AKW – durch eine schwere Naturkatastrophe in eine Havariesituation gebracht werden kann – und dass eine Havarie auf viele Jahrzehnte hinaus schwer kontrollierbar bleiben kann. Selbst für überzeugte Atomkraft-Befürworter aus den Reihen von CDU und FDP war diese Erkenntnis vor zwei Jahren erschreckend genug, um eine gedankliche Wende im Hinblick auf die Atomkraft zu bewirken. Die Grünen, die eben genau vor solchen Extremsituationen schon längst gewarnt haben, als das Gros der deutschen Politik die europäischen AKW noch für unfehlbar sicher hielt, könnten – und sollten – dies durchaus als politischen Punkt verbuchen. Die Todesopfer der Tsunami-Katastrophe nun aber im Nachhinein der Reaktorhavarie zuzurechnen, ist instinktlos und überflüssig – und unterstreicht einmal mehr, warum immer mehr Wählerinnen und Wähler sich von der hochideologisierten deutschen Politik und ihren schrill geführten Debatten (man denke nur an die momentane Diskussion um die im Grunde selbstverständliche steuerliche Gleichstellung Homosexueller) abwendet…
Update: Auch Jürgen Trittin formuliert den Sachverhalt leider zweideutig. Ab 0:26:
“Über 19.000 Menschen starben bei Tsunami und Reaktorkatastrophe.”
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