Wenn man an Leichtbau denkt, dann fällt einem Stahl sicher nicht als erstes Material ein – sondern eher Aluminium, Titan oder faserverstärkte Kunststoffe. Ein neu entwickelter Stahl allerdings könnte diesen Materialien bald Konkurrenz machen.
Bevor wir uns das im Detail angucken, erst mal ein paar allgemeine Überlegungen: Für Leichtbau entscheidend ist natürlich erst einmal die Dichte eines Materials – Wenn ich ein bestimmtes Bauteil (beispielsweise eine Schraube) bauen will, dann wiegt sie natürlich weniger, wenn ich sie aus Aluminium (Dichte 2,7 Gramm pro Kubikzentimeter, also das 2,7-fache von Wasser) als aus Stahl (Dichte etwa 7,8g/cm³) baue.
Aber das ist natürlich etwas arg vereinfacht – denn ein normales Bauteil hat ja nicht eine feste Größe, sondern wird so ausgelegt, dass es eine bestimmte Last ertragen kann. Denkt zum Beispiel an einen Fahrradrahmen. Heute macht man die ja (im Normalpreis-bereich) meist aus Aluminium. Wenn ihr ein Aluminium-Rad mit einem alten aus Stahl vergleicht, dann merkt ihr schnell, dass das Alu-rad nicht dreimal leichter ist, obwohl die Dichte ja viel kleiner ist. Das liegt daran, dass Stahl auch eine höhere Festigkeit (und Steifigkeit) hat als Alu – der Alu-Rahmen hat deswegen wesentlich dickere Rohre als der Stahl-Rahmen. (Trotzdem hat Alu Vorteile, beispielsweise ist es weniger korrosionsanfällig.)
Ach so – Festigkeit und Steifigkeit sollte ich vielleicht auch noch kurz erklären: Die Festigkeit ist ein Maß dafür, wie viel Last ein Stück eines Materials ertragen kann, ohne sich dauerhaft (in der Fachsprache “plastisch”) zu verformen. Plastische Verformung ist im Betrieb ja nicht so erwünscht – ihr wollt, dass euer Fahrrad-Rahmen die Form behält, die er beim Kauf hatte, und nicht nach jeder Fahrt ein bisschen anders aussieht. Solange ihr mit der Last unterhalb der Festigkeit bleibt, verformt sich das Bauteil aber auch – allerdings nur wenig – diese Verformung geht aber wieder zurück, wenn ihr die Last wegnehmt. Je weniger sich etwas verformt, desto steifer ist es.
Konzentrieren wir uns auf die Festigkeit, weil das meist die entscheidende Größe für die Auslegung ist (hinzu kommt noch die Ermüdung, aber dazu steht in dem paper, um das es hier geht, nichts, dazu am Ende noch ein paar Anmerkungen). Wenn ich ein Bauteil habe, das ich in seiner Längsrichtung belaste und das diese Last aushalten soll, dann ist die entscheidende Größe für den Leichtbau die spezifische Festigkeit, also die Festigkeit geteilt durch die Dichte. Schaut man sich die an, so schneiden handelsübliche Stähle und Aluminium-Legierungen ähnlich gut ab (die Aluminium-Legierungen sind etwas besser, aber nicht gigantisch überlegen). Alu hat zwar eine niedrigere Dichte, aber eben auch deutlich kleinere Festigkeiten.
Etwas anders sieht die Sache aus, wenn ich das Bauteil auf Biegung belaste (wer’s genauer wissen will: Wikipedia erklärt das). Dann ist es – weil die Last anders verläuft – die Wurzel aus der Festigkeit, die ich durch die Dichte teilen muss. Und da erreichen Alu-Legierungen in der Tat bessere Werte als Stähle, auch wenn der Unterschied nach wie vor nicht so drastisch ist, wie man an Hand der Dichte allein vermuten würde.
Stähle sind also im Leichtbau nicht ganz so hoffnungslos, wie man vielleicht meinen könnte, aber sie schneiden schlechter ab als Aluminium (oder auch Titan, das in der Luftfahrt gern verwendet wird – meist in einer Legierung mit Aluminium und Vanadium). Da Stähle aber viele Vorteile haben (insbesondere sind sie auch kostengünstig), ist es natürlich durchaus interessant, sie auch für Leichtbau-Anwendungen “fit” zu machen.
Eine Möglichkeit dazu besteht darin, an der Dichte der Stähle zu drehen. Das kann man tun, indem man “leichte” Elemente zulegiert, beispielsweise eben Aluminium. In dem neu entwickelten Stahl um den es hier geht, hat man 10% Alu und 16% Mangan zulegiert – damit sinkt die Dichte auf 6,82g/cm³. Immer noch viel, aber ein Gewinn von mehr als 10%.
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