Das Wort “Dimension” ist hier in meinem Blog schon öfters aufgetaucht. Bis jetzt meistens im Zusammenhang mit diversen esoterischen Vorstellungen: “Aufstieg in die vierte Dimension“, “Übergang in die fünfte Dimension“, usw.
In der esoterischen Szene wird “Dimension” genauso gerne verwendet wie z.B. die Wörter “Energie“, “Frequenz” oder “Schwingung“. Und genauso wie diese Wörter hat auch “Dimension” in der Wissenschaft eine völlig andere Bedeutung.
Esoteriker scheinen “Dimension” als Synonym für irgendwelche magischen Welten oder Zustände zu verwenden, in die wir Menschen uns begebene können bzw. in denen auch andere, “höhere” Lichtwesen leben. Das hat natürlich mit der korrekten Verwendung des Wortes nichts zu tun.
Physik
In der Wissenschaft trifft man das Wort “Dimension” entweder in einer physikalischen oder mathematischen Verwendung. In der Physik gibt die Dimension einer Größe immer eine qualitative Eigenschaft an.
Der Ausdruck “10 Meter” besteht aus einer Zahl (“10”) und einer Einheit (“Meter”) und hat die Dimension einer Länge. “10 Sekunden” hat die Dimension einer Zeit; “10 Kilogramm” die Dimension einer Masse. Dann gibt es auch noch dimensionlose Größe – dazu gehören z.B. Winkel – “90 Grad” hat zwar eine Einheit (“Grad”) aber keine Dimension (bzw. die Dimension “eins”). Gleiches gilt für Prozentangaben oder Wahrscheinlichkeiten.
Mathematik
Viel häufiger trifft man aber auf den Dimensionsbegriff im mathematischen Sinn. Hier existieren, je nach Gebiet, verschiedene Definitionen. Aber für den meistgebrauchten, “Alltagsbegriff” kann man Dimension wohl am besten als “Anzahl der Freiheitsgrade der Bewegung” definieren. Mathematisch genauer könnte man z.B. als Anzahl der Basisvektoren in einem Vektorraum beschreiben.
Das klingt komplizierter als es ist. Wenn ich beispielsweise die Position eines beliebigen Ortes auf der Erde angeben will, brauche ich genau 3 Zahlen: Längengrad, Breitengrad und Höhe über bzw. Tiefe unter dem Boden. Das entspricht auch den drei grundlegenden Richtungen, in die man sich bewegen kann: “vorwärts/rückwärts”, “links/rechts” und “hoch/runter”.
Der Raum, der uns umgibt und in dem wir Leben, hat also 3 räumliche Dimensionen (hinzu kommt dann noch eine vierte Dimension, die Zeit). Man kann sich eine Dimension auch einfach als “Richtung” vorstellen. In einem eindimensionalen Raum (das wäre eine Linie) existiert nur eine Richtung: vorwärts oder rückwärts. Im zweidimensionalen Raum – z.B. eine Ebene oder die Oberfläche einer Kugel – habe ich eine zusätzliche Richtung in die ich mich bewegen kann. Usw.
Wenn die Esoteriker also von einem “Aufstieg in die 5. Dimension” sprechen, macht das absolut keinen Sinn. Eine “fünfte Dimension” ist nichts anderes als eine “erste Dimension”, eine “zweite Dimension” oder eine “siebzehnte Dimension”. “In” eine Dimension kann man nicht eintreten – und selbst wenn, wäre es dort ziemlich ungemütlich. Zumindest dann, wenn es nur eine ist 😉 Denn, wie schon gesagt, in einem eindimensionalen Raum gibt es nur vorne und hinten; keine anderen Richtungen.
Edwin A. Abbott hat 1884 ein wunderbares Buch geschrieben: “Flatland: A Romance of Many Dimensions” – zu deutsch: “Flächenland“. Es beschreibt die Geschichte einer zweidmensionalen Welt und ihrer Bewohner (die alle geometrische Figuren sind). Der Erzähler – ein Quadrat – trifft dabei unter anderem auf eine Kugel aus einer dreidimensionalen Welt und hat große Schwierigkeiten, dieses Konzept zu verstehen bzw. dann an seine Mitbwohner zu vermitteln. Hier gibt es eine illustrierte Online-Version zu lesen und sogar ein Film wurde darüber gedreht.
Ein Universum mit 11 Dimensionen
Aus mathematischer Sicht gibt es über Dimensionen noch viel zu sagen. Ich werde in weiteren Artikel sicher noch etwas genauer darüber schreiben – ich möchte nämlich auch gerne das interessante Thema der “fraktalen Dimensionen” erläutern (darüber hab ich damals sogar meine Diplomarbeit geschrieben).
Aber fürs erste will ich noch kurz etwas über die mysteriösen zusätzlichen Dimensionen erzählen, die manche modernen physikalischen Theorien postulieren. Glaubt man der String-Theorie, dann hat unser Universum nicht, so wie oben beschrieben, 3 Raumdimensionen, sondern 10! Das klingt absurd – denn wo sind die ganzen restlichen Dimensionen? Wo sind die ganzen zusätzlichen Richtungen?
Die Stringtheorie, sagt, diese Dimensionen wären aufgerollt. Wie soll man sich eine aufgerollte Dimension vorstellen? Man kann dazu beispielsweise sehr großes Blatt Papier betrachten auf dem eine Ameise und ein Eichhörnchen leben. Das Papier ist zweidimensional und es gibt zwei Richtungen, in die Ameise und Eichhörnchen laufen können. Die beiden Dimensionen sind in diesem Fall also sehr groß und werden beide wahrgenommen.
Nun kommt über Nacht ein böser Mensch und rollt das Blatt Papier auf. Als das Eichhörnchen erwacht, sieht es vor sich keine Ebene mehr, sondern nur einen langen, dünnen Strich. Wenn es das Papier nicht verlassen will, kann es sich nun nur mehr in einer Richtung bewegen: vor oder zurück. Wenn ihm die Ameise entgegen kommt, hat es keine Möglichkeit, in eine andere Richtung auszuweichen – diese Dimension existiert aus der Sicht des Eichhörnchens nicht. Aber natürlich ist das Blatt Papier immer noch zweidimensional – die zweite Dimension ist eben nur nicht mehr ausgedehnt, sondern aufgerollt. Und die Ameise ist klein genug, um auch die zweite Dimension noch wahrzunehmen. Sie kann dem Eichhörnchen ausweisen – in dem sie um das aufgerollte Stück Papier herumläuft. Der Ameise stehen weiterhin zwei verschiedene Richtungen zur Verfügung.
Genau so stellt man es sich auch in der String-Theorie vor. Die zusätzlichen Raumdimensionen sollen enorm klein sein, so klein, dass wir sie nicht wahrnehmen können. Nur durch sehr ausgeklügelte physikalische Experimente (die im Moment aber auch noch außerhalb unserer technischen Möglichkeiten liegen), könnten wir ihnen auf die Spur kommen. Es gibt sogar Ansätze von kosmologischen Theorien, die erklären, warum genau drei der 10 Raumdimensionen sich ausgedehnt haben und die restlichen nicht (aber das würde jetzt zu weit führen; außerdem hab ich die auch noch nicht wirklich verstanden 😉 Ich empfehle dazu die Bücher von Brian Greene). Die kleinen Dimensionen sind auch nicht einfach nur aufgerollt sondern haben eine Form, die man als “Calabi-Yau-Mannigfaltigkeit” bezeichnet.
Ob das aber alles wirklich so ist, werden wir wohl erst in Zukunft herausfinden (hoffentlich!). Eines ist jedenfalls sicher: die Esoteriker, die von “Dimensionen” sprechen, haben vermutlich keine Ahnung, wovon sie sprechen…
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