[Das hier ist eine Rezension eines Kapitels des Buches “Der Drache in meiner Garage” von Carl Sagan. Links zu den Rezensionen der anderen Kapitel finden sich hier.]
Kapitel 12 trägt den Titel “The fine art of baloney detection” und beschäftigt sich damit, wie man Unsinn erkennt (Zu diesem Thema gibt es übrigens ein tolles Video).
Carl Sagan beginnt wieder mit einer sehr persönlichen Geschichte. Seit dem Tod seiner Eltern macht er sich immer wieder Gedanken darüber, wie es ihnen “jetzt” geht:
I long to believe that their essence, their personalities, what I loved so much about them, are – really and truly – still in existence somewhere. [,,,] There’s a part of me – no matter how childish it sounds – that wonders how they are.
Natürlich weiß Sagan, dass es sich hier um eine nicht realisierbare Wunschvorstellung handelt. Die Realität interessiert sich aber leider nicht für unsere Wünsche. Das hindert aber manche Menschen nicht daran, Geschäfte mit der Trauer und den Wünschen anderer zu machen und zu behaupten, dass sie mit den Toten sprechen könnten.
Heutzutage wird das “channeln” genannt und das Thema ist auch schon in den früheren Kapiteln bei den Aliens aufgetaucht. Das irgendwas dabei nicht so ganz zu stimmen scheint, erkennt man allerdings daran, dass die gechannelten Wesen nie mehr zu wissen scheinen, als die Person, durch die sie sprechen. Sagan fragt
How is it, I ask myself, that channelers never give us verifiable information otherwise unavailable? Why does Alexander the Great never tell us about the exact location of his tomb, Fermat about his Last Theorem, John Wilkes Booth about the Lincoln assasination conspiracy, Hermann Göring about the Reichstag fire? Why don’t Sophocles, Democritus, and Aristarchus dictate their lost books? Don’t they wish future generations to have access to their masterpieces?
Das ist eine wirklich interessante Frage! Angenommen, man könnte wirklich mit den Toten sprechen – warum haben die dann nichts interessantes zu sagen? Bernhard Riemann ärgert sich (angenommen, er “existiert” noch irgendwo) sicherlich wahnsinng, dass seine Haushälterin nach seinem Tod seine Notizen großteils vernichtet hat. Die dort enthaltenen Informationen könnten helfen, die Riemann-Hypothese zu beweisen – etwas, was Riemann sicherlich wollen würde. Hat Einstein im “Jenseits” vielleicht neue Ideen über Raum und Zeit entwickelt, die er uns sagen will? Wo sind die Botschaften der Könige und Herrscher aus der Vergangenheit, die von der Geschichte falsch verstanden wurden und die uns nun die Wahrheit erzählen wollen? Usw. Die Toten könnten uns wahnsinnig spannende Geschichten erzählen – aber alles, was man in den gechannelten Texten nachlesen kann, ist esoterisches Blabla ohne konkreten Inhalt.
Ebenfalls interessant sind Sagans Ausführungen über das “Jenseits” nach J.B.S. Haldane – ein schottischer Biologe. Haldane stellte sich ein Universum in fernster Zukunft vor, in dem es keine Sterne und Planeten mehr gibt und das nur noch von einem dünnen, kalten Gas erfüllt ist. Wartet man lange genug (und wenn man annimmt, dass das Universum unendlich lange existieren wird dann hat man ja genug Zeit), dann sorgen statistische Fluktuationen in dem Gas dafür, dass sich alle Teilchen irgendwann zufällig genau so anordnen, dass wieder “unser” Universum entsteht. Und das passiert nicht nur einmal, sondern unendlich oft. Vorausgesetzt, diese These stimmt, würden wir also irgendwann in fernster Zukunft tatsächlich wieder alle “wiederauferstehen” und gemeinsam mit unseren Liebsten wieder auf Erden wandeln. Und wenn die Fluktuation gerade passend ist (was auch unendlich oft passieren wird), werden wir uns an unser früheres Leben erinnern können. Natürlich werden wir auch unendlich oft in irgendwelchen grauenhaften Alptraumwelten “wiedergeboren”.
Eine faszinierende These – allerdings auch etwas hypothetisch. Sagan meint
Those with a deep longing for life after death might, it seems, devote themselves to cosmology, quantum gravity, elementary particle physics and transfinite arithemtic.
Sagan spricht nun allgemein darüber, wie man es vermeiden kann, auf (betrügerischen) Unsinn wie Channelings und ähnliches hereinzufallen. Es geht hier nicht nur um esoterische und pseudowissenschaftliche Behauptungen. Auch z.B. in der Werbung wird oft probiert, uns Unsinn einzureden:
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