Am 21.12.2012 soll angeblich die Welt untergehen. Wie das passieren soll, darüber herrscht noch Uneinigkeit. Eine beliebte Theorie ist die Kollision mit einem bisher unbekannten Planeten – Nibiru oder Planet X.
Aber auch die Sonne scheint als Weltuntergangsursache beliebt zu sein: Bücher und Internet sind voll von düsteren Prognosen, die einen gewaltigen “Sonnensturm” für das Jahr 2012 in Aussicht stellen – mit katastrophalen Folgen. Und das alles soll auf waschechter Wissenschaft und Berechnungen der NASA basieren…
Was ist davon zu halten?
Auf der Sonne gehts rund
Es ist vielleicht hilfreich, zuerst einmal ein wenig über die Vorgänge auf der Sonne zu erklären. Dort geht es ganz schön rund. Von der Erde aus mag die Sonne wie eine makellose Kugel aussehen – in Wahrheit geht es drunter und drüber: Protuberanzen werfen Material der Sonne weit über ihre Oberfläche hinaus und in einem weiten Bogen fällt es wieder zurück. Bei koronalen Massenauswürfen wird Material überhaupt gleich ins All geschleudert. Dunkle Sonnenflecken zeigen sich auf der Oberfläche der Sonne.
Das klingt doch alles irgendwie gefährlich. Ist es aber nicht wirklich. Wie “wild” sich die Sonne verhält, hängt vom Magnetfeld der Sonne ab. Das ist nämlich nicht konstant sondern unterliegt zyklischen Änderungen.
Alle 11 Jahren polt sich das Feld der Sonne um; der magnetische Nordpol wird zum Südpol und umgekehrt. Genau zu erklären, warum das so ist, ist knifflig (und die letzten Details werden immer noch erforscht). Man kann sich das ganze aber so vorstellen.
Beginnt ein Zyklus, dann sind die magnetischen Feldinien “gerade” und verlaufen von Pol zu Pol über den Äquator der Sonne. Die Sonne ist jetzt aber keine feste Kugel so wie die Erde sondern gasförmig bzw. ein Plasma. Verschiedene Teile der Sonne drehen sich verschieden schnell – je näher man zum Äquator kommt, desto langsamer wird die Rotation. Außerdem hängen die Magnetfeldlinien quasi an der Materie der Sonne fest (das genau zu erklären würde hier zu weit führen – wer Ahnung von Physik hat, dem hilft vielleicht dieses Bild hier weiter). Die Magnetfeldlinien werden während der Rotation also quasi aufgewickelt:
Im Gegensatz zum Anfang des Zyklus (im Bild oben), wo die Feldlinien von Pol zu Pol verliefen, laufen die Feldlinien (im Bild unten) nun fast parallel zum Äquator. Die Feldlinien werden dabei noch weiter verdrillt und gestaucht und ragen teilweise aus der Oberfläche heraus. Dadurch können sich Protuberanzen und Sonnenflecken bildern. Ist das Feld zu stark “verdreht” bricht es irgendwann quasi zusammen und ein neues Magnetfeld umgekehrter Polarität entsteht. Dann geht der ganze Zyklus wieder von neuem los.
Vom Anfang des Zyklus bis zur Umpolung dauert es etwa 11 Jahre – und deswegen kommt es auch alle 11 Jahre zu einem Maxium an Sonnenaktivität.
Was passiert 2012?
Im Internet kursieren zur Zeit jede Menge Gerüchte, die behaupten, im Jahr 2012 würde es zu einem gewaltigen Maximum an Sonnenaktivität kommen; ein enormer “Sonnensturm” würde die Erde heimsuchen und dabei schlimmste Katastrophen auslösen. Und angeblich hätten das nicht irgendwelche Esoterik-Spinner behauptet, sondern die NASA!
Diese Geschichte aufzudröseln ist ein wenig kompliziert. Wieder einmal sind hier seriöse wissenschaftliche Ergebnisse aufs Schlimmste mißverstanden worden.
Ein Artikel der NASA, der in diesem Zusammenhang oft zitiert wird, stammt aus dem Jahr 2006. Unter dem Titel Solar Storm Warning, wird Mausumi Dikpati vom National Center for Atmospheric Research (NCAR) zitiert. Sie sagt:
“Der nächste Sonnenfleckenzyklus wird 30% bis 50% stärker als der vorhergehende sein.”
Und dieses Aktivitätsmaxium soll im Jahr 2012 stattfinden!
Dann gibt es noch eine ausführliche Studie der amerikanischen nationalen Akademie der Wissenschaften aus dem Jahr 2008, die sich detailliert mit dem “Weltraumwetter” (also der Aktivität der Sonne) und den möglichen Folgen für die Erde beschäftigt.
Diese Studie hat die Medien ausführlich beschäftigt; besonders populär ist ein Artikel von FOX-News mit dem Titel “Powerful Solar Storm Could Shut Down U.S. for Months“. Darin wird aus der Studie zitiert und der schlimmstmögliche Fall präsentiert – der dann auftreten kann, wenn durch starke Sonnenstürme und die geladenen Teilchen, die dann auf die Erdatmosphäre treffen, sehr starke Magnetfelder entstehen. Die können in Stromleitungen starke Ströme induzieren was zu deren Ausfall führen kann. Wenn dann in einer Kettenreaktion auch andere Stromleitungen ausfallen, könnte das ganze Land ohne Strom dastehen – mit allen unangenehmen Folgen…
Protuberanz (Bild: NASA)
Diese Studie wird auch in einem zweiten Artikel der NASA vom Januar 2009 erwähnt.
Dort findet man u.a. folgenden Absatz:
“Das Weltraumwetter kann durch Sonnenstürme verursachte elektromagentische Felder produzieren, die starke Ströme induzieren können. Dadurch können Stromleitungen reissen; großflächige Stromausfälle entstehen; Kommunikationsleitungen sind betrfoffen. Starke Sonnenstürme können auch die Strahlungsgürtel der Erde verformen was zur Beschädigung von Satelliten führen kann.”
Und sowohl bei Fox-News als auch im NASA-Artikel, wird angemerkt, dass das nächste Maximum 2012 zu erwarten ist.
Was passiert 2012 wirklich?
Diese Meldungen scheinen von der 2012-Community gewandelt falsch verstanden worden zu sein. Dort glaubt man nun, 2012 würde ein gewaltiger Sonnensturm stattfinden, der die Erde katastrophal beeinflusst und dass dieser Sonnensturm von der NASA vorhergesagt wurde.
Aber das stimmt nicht wirklich. Folgende Punkte sind hier wichtig:
Der erste Artikel, der ein starkes Sonnenfleckenmaximum für das Jahr 2012 prognostiziert, stammt aus dem Jahr 2006! Der 11-jährige Sonnenfleckenzyklus ist kein Uhrwerk und exakte Vorhersagen sind immer noch unmöglich. Im Mai 2009 wurde die Prognose für den aktuellen Sonnenfleckenzyklus aktualisiert: das Maximum wird nun im Frühjahr 2013 erwartet und die Intensität des Maximums wird vermutlich geringer sein als der Durchschnitt!
Die Studie der nationalen Akademie der Wissenschaften beschreibt den schlimmstmöglichen Fall. Sonnenstürme können tatsächlich gravierende Folgen haben. Stromausfälle, kaputte Satelliten, Einschränkungen im Flugverkehr liegen im Bereich des möglichen. Es ist daher gut, dass diese Thematik erforscht wird. Mittlerweile steht die Sonne auch ständig unter Beobachtung und vor gefährlichen Sonnenstürmen kann gewarnt werden, bevor sie stattfinden.
Und nur, weil wir darüber Bescheid wissen, was im schlimmstmöglichen Fall passieren wird, heisst das nicht, dass er auch eintreten wird. Schon gar nicht im Jahr 2012!
Selbst wenn der schlimmstmögliche Fall eintritt, ist das kein Weltuntergang! Großflächige Stromausfälle sind schlimm und können schlimme Folgen haben. Menschen können dabei sterben. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Sonnenstürme nicht von anderen potentiell gefährlichen Naturkatastrophen. Aber: die Welt wird davon nicht untergehen und die Menschheit nicht ausgerottet! So etwas kann kein Sonnensturm schaffen. Immerhin gibt es Sonnenfleckenmaxima ja alle 11 Jahre – wenn sie wirklich so gefährlich für die Erde wären, dann wäre sie im Laufe der Jahrmilliarden längst zerstört worden…
Aber die Magnetfelder!
Neben diesen falsch verstandenen wissenschaftlichen Ergebnissen gibt es auch noch die, die behaupten, das Magnetfeld der Erde und die durch das Weltraumwetter verursachten Änderungen hätten einen direkten Einfluß auf das Bewusstsein der Menschen. Und wegen diesem Monster-Sonnensturms, der 2012 kommen soll, wird sich dann auch das menschliche Bewusstsein entsprechend verändern.
Über diesen im deutschen Sprachraum hauptsächlich von Dieter Broers verbreiteten Unsinn hab ich ja schon anderswo ein wenig geschrieben.
Der Mensch hat keine entsprechenden Sinnensorgane um elektrische oder magnetische Felder direkt wahrzunehmen. Ein irgendwie gearteter Einfluss elektromagnetischer Felder auf die menschliche Psyche in der Art, wie sie von den Esoterikern um Broers postuliert werden, konnte bis jetzt noch nie nachgewiesen werden.
Und wenn man sich die Fakten genauer ansieht, dann sieht man schnell, dass diese Behauptungen äußerst fragwürdig sind. Das Magnetfeld der Erde beträgt am Äquator etwa 30000 nT (Nano-Tesla). An den Polen ist es allerdings schon doppelt so stark! (60000 nT). In Europa liegt die Stärke in etwa bei 48000 nT. Reist man also von Mitteleuropa in den Norden, ändert sich das Magnetfeld, dem man ausgesetzt ist schon um einige 10000 nT.
Wie stark ist nun dazu im Vergleich die Änderung, die im Erdmagnetfeld durch einen Sonnensturm verursacht wird? Die liegt zwischen 100 und 1000 nT – ist also viel geringer als die natürlichen Unterschiede im Erdmagnetfeld.
Aber was ist, wenn der Sonnensturm wirklich stark ist? Nun, selbst dann werden die Änderungen im Erdmagnetfeld kaum größer werden können, als die lokalen Änderungen, denen man in der Anwesenheit von industriell erzeugten Magneten (Kühlschrankmagneten, Magneten in Lautsprechern, etc) ist. Die können noch durchaus einige Tesla (ohne Nano!) haben – das heisst, die sind einige Millionen mal stärker als das Erdmagnetfeld!
Nein, vor Magneten brauchen wir keine Angst zu haben. Auch nicht vor Sonnenstürmen. Die können zwar tatsächlich unangenehme Folgen für die Infrastruktur auf der Erde haben – sind aber auch nicht gefährlicher als andere Naturkatastrophen.
Aber dafür treten sie viel seltener auf, denn im Normalfall schützen uns die Erdatmosphäre und das Erdmagnetfeld vor den Auswirkungen der Sonnenstürme. Alles, was wir dann davon mitbekommen, ist ein wunderbares Naturphänomen: das Nordlicht!
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