Das ganze nennt sich Casimir-Effekt und im Prinzip läuft es darauf hinaus, dass die Vakuumfluktuationen zwischen zwei sehr nahe benachtbarten Platten im Vakuum geringer sind als außerhalb. Die stärkeren äußeren Fluktuationen drücken die Platten zusammen. Das ist so erstaunlich, dass man es nochmal wiederholen sollte: stellt man im leeren Raum, einem Vakuum, zwei Platten (oder andere Objekte) nahe beieinander auf, dann erwarten wir eigentlich, die sie genauso bleiben, wie sie sind. Im leeren Raum ist ja nichts, weder Materie noch Kraftfeld, dass daran was ändern könnte. Das ist aber nicht so – das Vakuum selbst fluktuiert und übt eine Kraft aus! Dieser Effekt wurde tatsächlich gemessen – zum Beispiel an dieser winzigen Kugel, die sich wegen der Vakuumfluktuationen bewegt anstatt ruhig liegen zu bleiben:
(Kurze Anmerkung: Diese realen Vakuumfluktuationen werden von Pseudowissenschaftler gerne als Beleg bzw. Mechanismus für diverse Perpetuum Mobiles genannt. Das ganze läuft dann unter dem weniger verfänglichen Label “Freie Energie” – funktioniert aber trotzdem nicht. Vielleicht kann man irgendwann einmal tatsächlich Energie gewinnen – heute hat aber niemand noch nicht einmal theoretisch eine vernünftige Ahnung, wie man das anstellen sollte).
Diese Fluktuationen gibt es auch im Gravitationsfeld und das ist ja nichts anderes als die Beschreibung der Form des Raumes selbst. Die Quantenmechanik sagt uns also, dass der Raum selbst, wenn man ihn auf sehr kleinen Skalen betrachtet, wild fluktuiert. Das bedeutet aber wiederrum, dass die Relativitätstheorie nicht mehr funktioniert – denn die setzt einen gleichmäßigen Raum vorraus, der sich nur stetig ändert aber nicht so abrupt wie es die Quantenmechanik fordern würde. Bei sehr kleinen Längen (kleiner als die Planck-Länge; das sind unvorstellbar winzige 10-35 Meter) kann man also Relativitätstheorie und Quantenmechanik nicht mehr gleichzeitig anwenden. Man braucht eine neue Theorie.
Alles ist String
Die hat vielleicht Gabriele Veneziano gefunden, als er 1968 – gerade mal 26 Jahre alt – am CERN über die starke Kernkraft geforscht hatte. Er fand damals, dass er diese Kraft mit der Eulerschen Betafunktion beschreiben konnte – hatte aber keine Ahnung, warum das so sein sollte. 1970 fanden dann Leonard Susskind, Holger Nielsen und Yoichiro Nambu eine spannende Interpretation: wenn die Teilchen, die die starke Kernkraft vermitteln keine punktförmigen Objekte sind, sondern dünne, gummibandartige “Schnüre”, dann könnte man sie genau so wie Veneziano gefunden hatte, mit der Eulerschen Betafunktion beschreiben. Aber ihre Arbeit konnte sich nie wirklich durchsetzen, sie wurde vorerst nichtmal zur Veröffentlichung angenommen. Neue Entwicklungen in der Teilchenphysik (z.B. die Quantenchromodynamik) zeigten dann auch, dass die Strings die starke Kernkraft nicht wirklich gut beschreiben könnten. Kaum einer interessierte sich noch für die Theorie – bis auf John Schwarz. Er fand heraus, dass die Gleichungen der Stringtheorie ein Teilchen vorhersagte, dass einen Spin mit dem Wert “2” hat. Das war bemerkenswert – denn so ein Teilchen könnte das Graviton sein – ein (noch nicht nachgewiesenes) Teilchen das die Gravitationskraft überträgt (so wie z.B. das Photon die elektromagnetische Kraft überträgt). Man hatte also eine quantenmechanische Theorie – die Stringtheorie – die außerdem die Gravition beschreiben konnte! Genau das, was man brauchte… Allerdings zeigte sich schnell, dass diese Strings ziemlich klein sein müssten. Kleiner, als in der ursprünglichen Theorie gedacht. Sehr viel kleiner. Die Strings müssten in etwa so klein sein wie die Planck-Länge und sind daher auf absehbare Zeit unvorstellbar weit außerhalb jeder Meßmöglichkeit.
Trotzdem wurde die Theorie immer populärer. Anfang der 1980er fand die erste “String-Revolution” statt. Schwarz konnte zeigen, dass die Stringtheorie mathematisch tatsächlich Sinn macht und frei von sg. “Anomalien” ist. Und je mehr man daran arbeitete, desto verführerischer wurden die Resultate. Die Stringtheorie könnte erstmals erklären, warum es unterschiedliche Teilchen (und Teilchenfamilien) gibt und warum sie genau die Parameter haben, die sie aufweisen. Im aktuellen Standardmodell muss man diese Werte einfach voraussetzen – die Stringtheorie könnte sie tatsächlich direkt ableiten. Denn hier gibt es keine unterschiedlichen Teilchen mehr. Es gibt nur noch den String – ein “dünnes Band”, das schwingt. Und je nachdem wie es schwingt, erscheint es uns als unterschiedliches Teilchen. Denn je nach Art der Schwingung steckt im String unterschiedlich viel Energie und (da E=mc²) das entspricht einer unterschiedlichen Teilchenmasse. Außerdem löst die Stringtheorie das weiter oben genannte Problem des fluktuierenden Raums: wir haben nun keine punktförmigen Elementarteilchen ohne räumliche Ausdehnung mehr sondern eindimensionale Strings. Der Raum kann also nicht mehr auf beliebig kleinen Skalen betrachtet werden – sobald man kleiner wird, als die kleinsten Bausteine der Materie (die Strings) verliert das Wort “kleiner” jede Bedeutung. Die Strings stellen quasi eine Barriere dar, die verbieten, dass man die Skalen unterhalb der Planck-Länge betrachtet, die uns bei der Vereinigung von Quantenmechanik und Relativitätstheorie solche Probleme bereitet haben. Ob der Raum tatsächlich auf diese Art und Weise irgendwie “quantisiert” ist (wie es z.B. die Schleifenquantengravitation postuliert) oder ob auf diesen kleinen Skalen “Raum” und “Zeit” jede Bedeutung verlieren und durch andere, neue Konzepte ersetzt werden müssen, ist noch unklar.
Kommentare (50)