i-33aa2019bbb945e0bc75e8db9a07936e-entwurf-thumb-50x65.jpg

Dies ist eine Rezension eines Kapitels aus dem Buch “Der große Entwurf” von Stephen Hawking und Leonard Mlodinow. Die Rezensionen der anderen Kapitel können hier gefunden werden.


Folgt die Natur bestimmten Gesetzen? Und wenn ja, können wir sie verstehen? Das zweite Kapitel des Buches beschäftigt sich mit den Naturgesetzen. Hawking und Mlodinow erzählen von den alten Mythen der Menschen; von früher, als man zum Beispiel glaubte bei einer Sonnenfinsternis würde ein großer Wolf die Sonne fressen den man mit Rufen und Schreien vertreiben müsste. Aber schon bald hat man bemerkt, dass die Sonne so oder so wieder erscheint – und das die Finsternisse gewissen Regeln folgten. Die Babylonier konnten die Finsternisse recht gut vorhersagen und haben so zumindest schon eine gewisse Regelmäßigkeit in der Natur entdeckt. Aber bis sich unser heutiger Begriff des “Naturgesetzes” herausgebildet hatte, musste noch eine lange Zeit vergehen.

Die Menschen früherer Zeiten (und sogar teilweise noch einige von heute) haben die Götter benötigt, um das Wirken der Natur zu erklären. Die Sonne und die Meere, Regen und Vulkane, Wind und Wetter, Liebe und Krieg: all das zu regeln war die Aufgabe der Götter. Die Menschen verstanden die Gesetzmäßigkeiten in der Natur und die Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung nicht und waren daher dem Handeln der Götter ausgeliefert. Erst im antiken Griechenland wurden Ideen entwickelt, die die Natur ohne Götter sondern durch das Wirken von gleichbleibenden und prinzipiell verstehbaren Gesetzmäßigkeiten erklärten. Thales von Milet, der vor knapp 2600 Jahren lebte soll der Erste gewesen sein, der von solchen dezidiert nicht mythischen Prinzipien ausgegangen sein soll. Auch die erste mathematische Formulierung eines solchen Naturgesetzes stammt aus Griechenland: Pythagoras fand heraus, dass die Frequenz einer Saite eines Musikinstruments umgekehrt proportional zur Länge der Saite ist. Man kannte damals auch noch drei weitere physikalische Gesetze: das Hebelgesetz, das Auftriebsgesetz und das Reflexionsgesetz. Damals verstand man diese physikalischen Beziehungen aber nicht als Gesetze sondern eher so wie die mathematischen Axiome des Euklid.

i-7326030099c540826d0b32798c1c38ad-Aristarchus_working-thumb-500x332.jpg
Skizze von Aristarch von Samos’ Berechnung zur Größe von Erde und Mond (Kopie aus dem 10. Jahrhundert)

Im 3. Jahrhundert v.u.Z. war Aristarch von Samos der erste, der die Sonderstellung des Menschen und der Erde anzweifelte. Durch die Beobachtung einer Mondfinsternis konnte er berechnen, dass die Erde sehr viel kleiner als die Sonne sein musste – und das es daher logischer wäre, wenn die kleine Erde die große Sonne umkreist und nicht umgekehrt. Und auch die Sonne hielt Aristarch nicht für außergewöhnlich – sondern für einen Stern von vielen; so wie man sie am Nachthimmel sehen konnte. Dieses erste heliozentrische Weltbild konnte aber nicht wirklich Fuß fassen und auch von der heutigen Vorstellung von Naturgesetzen war man noch weit entfernt. Den Griechen fehlte noch die wissenschaftliche Methode; die Theorien wurden nicht entwickelt um experimentell überprüft zu werden und es war daher nicht möglich, zwischen zwei konkurrierenden Theorien zu unterscheiden. Man machte außerdem keinen wirklichen Unterschied zwischen Naturgesetzen und menschlichen Gesetzen. Auch “Gottesfurcht” wurde beispielsweise zu den “Naturgesetzen” gezählt und unbelebten Objekten wurden animistische Aspekte und ein “Gehorsam” vor den Gesetzen zugesprochen. Aristoteles vertrat zum Beispiel die Theorie, dass schwere Körper mit einer konstanten Geschwindigkeit fallen die ihrem Gewicht proportional ist. Nun werden aber Objekte offensichtlich immer schneller je länger sie fallen. Aristoteles behauptete deswegen dass Körper um so mehr Freude empfinden, je näher sie ihrem natürlichen Ruheort (dem Erdboden) kommen und sie deswegen beschleunigen.

Auch später konnte sich vor allem die Kirche nicht mit den Naturgesetzen anfreunden. 1277 veröffentlichte der Pariser Bischof Étienne Tempier im Auftrag von Papst Johannes XXI. eine Liste von 219 häretischen Thesen, darunter auch die, dass die Natur Gesetzen folgt. Denn das wäre ein Widerspruch zu Gottes Allmacht. Das Universum hat einen seltsamen Humor; nur wenige Wochen später fiel dem Papst das Dach seines Palastes auf den Kopf und das Gravitationsgesetz sorgte für seinen frühzeitige Abgang vom Papststuhl.

Die Naturgesetze tauchen so richtig erst mit Galileo Galileo und René Descartes auf. Descartes meinte, dass Gott zwar die Natugesetze bestimmt hatte – diese aber nicht ändern konnte da sie sein inneres, unveränderliches Wesen widerspiegeln. Isaac Newton, dessen Gravitationsgesetz der Inbegriff des Naturgesetzes ist, dachte anders; er meinte, Gott könne sich über die Naturgesetze hinweg setzen. Denn aus seinem Gravitationsgesetz meinte er ablesen zu können dass die Planetenbahnen eigentlich instabil sein müssten wenn Gott nicht ab und zu korrigierenden eingreifen würde. Der große Himmelsmechaniker Pierre-Simon Marquis de Laplace hat dann allerdings herausgefunden, dass unser Sonnensystem nicht wirklich jemanden braucht, der ab und zu nach dem Rechten sieht. Er vertrat einen radikalen Determinismus: Wenn wir den Zustand des Universums zu einem bestimmten Zeitpunkt kennen, dann werden Zukunft und Vergangenheit vollkommen durch die Naturgesetze bestimmt. Gott spielt keine Rolle und kann daran nichts ändern.

i-b2380cad1054ba66efcdc5755e7c976c-funny-pictures-laws-do-not-apply-to-kitten.jpg
Nein, auch für niedliche Katzen gibts keine Ausnahme von den Naturgesetzen!

Das ist im Prinzip immer noch die in der Wissenschaft vorherrschende Meinung: es gibt keine Ausnahmen von den Naturgesetzen; es gibt keine “Wunder”. Dieser Meinung sind auch Hawking und Mlodinow. Allerdings stellt sich dann eine weitere Frage. Wenn alles den Naturgesetzen unterworfen ist: gilt das auch für uns Menschen? Wir haben doch einen freien Willen; wir müssen von der Dominanz der Naturgesetze doch ausgenommen sein? Oder vielleicht doch nicht? Hawking und Mlodinow erklären diese knifflige Frage recht gut. Denn wo fängt der freie Wille, so es ihn den gibt, an? Menschen haben einen; sicher auch andere Menschenaffen und die Säugetiere. Aber wie sieht es mit Fadenwürmern, Einzellern und Bakterien aus? Haben die auch einen freien Willen oder sind das nur biologische Maschinen? Wann genau hat sich der freie Wille im Laufe der Evolution entwickelt?

Andererseits sind die physikalischen und chemischen Prozesse im menschlichen Körper alle genauso deterministisch wie die Bewegung der Himmelskörper – es ist also gut möglich, dass wir auch nur biologische Maschinen sind die nur meinen, sie hätten einen freien Willen. Hawking und Mlodinow verwenden hier den Begriff der “effektiven Theorie”: Wir können zum Beispiel nicht exakt berechnen, wie sich die Schwerkraft der Erde auf all die Atome des Körpers auswirkt – das ist viel zu kompliziert und aufwändig. Wenn wir aber einfach mit der Gesamtmasse rechnen, kommen wir zu guten Ergebnissen. Auch die exakte Berechnung des Verhaltens von Atomen und Molekülen ist oft zu komplex – aber die Chemie ist eine starke effektive Theorie die uns die chemischen Reaktionen erklärt ohne das wir auf die tieferen Ebenen hinabsteigen müssen. Und genauso könnten wir theoretisch das Verhalten des Menschen bestimmen, wenn wir das Wechselspiel all seiner einzelnen Atome mit den Atomen der Umgebung berechnen könnten. Das können wir aber nicht – also verwenden wir die effektive Theorie das wir einen freien Willen haben und benutzen die Psychologie um diesen Willen zu beschreiben…

Hawking und Mlodinow sind also überzeugt davon, dass die Naturgesetz wirklich alles im Universum beschreiben. Ausnahmen gibt es nicht; nichtmal wir Menschen können uns ganz davon lösen und unser freier Wille ist nur eine Illusion. Es bleiben aber trotzdem noch einige Fragen übrig. Wo kommen die Naturgesetze her? Und sind unsere Gesetze die einzig möglichen? Oder hätten sie theoretisch auch anders ausfallen können? Die Antworten darauf gibt es in den nächsten Kapiteln.


Flattr this


Noch mehr Buchrezensionen auf ScienceBlogs:
02_Sciencebooks_550.jpg

Kommentare (32)

  1. #1 nausel
    10. Oktober 2010

    Hallo,

    danke erst einmal für die oft interessanten Artikel. Was den Artikel angeht:

    Wenn das Universum also vollständig deterministisch ist – was irgendwie sehr
    einleuchtend ist – dann ist mein Kommentar hier (genauso wie dieser Artikel)
    nur eine logische Folge des Universums. D.h. natürlich auch dass Dinge wie
    Verantwortung, Schuld etc. nur menschliche “Erfindungen” sind, da es den freien Willen
    im Prinzip gar nicht gibt. Oder?

  2. #2 Bjoern
    10. Oktober 2010

    Ich habe auch eine ganze Weile sehr gut mit diesem deterministischen Weltbild gelebt. Doch irgendwann hatte ich das Gefühl, die Quantenmechanik macht einem dabei einen Strich durch die Rechnung. Diese hat probabilistische Komponenten und ist insbesondere (zumindest in den Messergebnissen) nicht deterministisch. Wäre das nicht für die, die es glauben wollen, eine Möglichkeit, ihren Gott zu implementieren? Dieser würde dann auf quantenphysikalischer Ebene die Entscheidungen treffen und hielte sich zwar an Wahrscheinlichkeitsaussagen, nicht aber an einen Determinismus.

  3. #3 verquer
    10. Oktober 2010

    @nausel

    Du scheinst mir Willensunfreiheit mit Fatalismus zu verwechseln. Wenn wir keinen freien Willen haben, dann hätte sich zwar ein Mörder nicht anders entscheiden können, wir können aber darauf hinwirken, dass er es nicht nochmal tut. Es gibt zwar im naiven Sinne keine Schuld mehr, aber trotzdem Verantwortung. Denn in einer Welt ohne Willensfreiheit beeinflusse ich ja mit meinen Handlungen und Aussagen meine Mitmenschen – und zwar immer! Mit allem!

    In einer Welt ohne Willensfreiheit gibt es nichts vergleichbares. Eigentlich ist gibt es dort überhaupt nichts, was wir machen könnten, um unsere Mitmenschen in Ihrem Wollen und damit in Ihrem Tun zu beeinflussen. Schließlich soll der freie Wille gerade frei von solchen Einflüssen sein.

    PS: Partielle Willensfreiheit ist übrigens ein Widerspruch in sich.

  4. #4 Georg Hoffmann
    10. Oktober 2010

    @Florian
    Ich merke gerade zum ersten Mal, dass du bei deinen Rezensionen tatsächlich das ganze Buch nacherzaehlst. Ist ja witzig.
    Ich denke nicht, dass “die Kirche” (also konkret die katholische Kirche des Mittelalters) Probleme mit dem Konzept von Naturgesetzen an sich hatte. Das Erkennen des Ewigen, Gleichmaeszigen in der Natur wurde als ein Blick auf Gottes Werk und Willen interpretiert. Auch war weder die eine Seite (Kopernikus, Galilei) atheistisch (absolut nicht) noch die “andere Seite” Gesetzlichem in der Natur feindlich eingestellt. Da Kirche praktisch der einzige Ort war, in der Bildung bzw wenn man so will “Forschung” stattfand, waren diese Auseinadersetzungen immer eher innerkirchliche Prozesse.

    Auch ist unterhalb der Ptolomaeischen neunten Schale (der Primum Mobile) alles streng gesetzlich geregelt, waehrend dort eine zugegeben etwas unklare Vermischung aus Mythologie und göttlichen Willen herrschte (Ptolomaeus hatte sie eingefuehrt um die in seinem Modell der rotierenden Kreise nicht erklaerbare Praezessionsbewegung “plausibel” zu machen). Scienceblogs Autor Ernst Peter Fischer zitiert in seiner Geschichte der Astronomie (die kosmische Hintertreppe) die göttliche Komödie:

    “Das Weltgetrieb, das in der Mitte stillhält,
    und alles andere um sich her bewegt,
    beginnt von hier aus, hier ist seine Grenze,
    und dieser Himmel schwebt in keinem Raum;
    in Gottes Geist, da flammt ihm Kraft und Liebe,
    dass er im Kreise schwingt und Einfluss spendet.
    Von Licht und Liebe ist er rings umhegt,
    wie er die anderen Himmel hegt, und seine
    Umfassung weiss allein der Allumfasser.
    Sein Umschwung hängt von keinem anderen ab,
    die anderen aber regeln sich nach ihm,
    wie sich die Zehn aus Zwei und Fünf ergibt.”

    Diese Interpretation Ptolomaeus durch Dante wuerde man in heutigen Worten
    vielleicht so deuten, dass es eine letzte Spaehre gibt, in der Gottes Wille herrscht, doch unterhalb dieser Spaere gelten die Naturgesetze, die aus strenger Mathematik vollstaendig erklärbar ist.

  5. #5 nausel
    10. Oktober 2010

    @verquer

    “Wenn wir keinen freien Willen haben, dann hätte sich zwar ein Mörder nicht anders entscheiden können, wir können aber darauf hinwirken, dass er es nicht nochmal tut.”

    Das setzt aber voraus dass diejenigen die darauf hinwirken dass der Mörder nicht nochmal mordet einen freien Willen besitzen. Ansonsten tun sie mit dem Fangen / Laufenlassen des Mörders nur das was durch Naturgesetze “vorherbestimmt” ist.

  6. #6 Marco
    10. Oktober 2010

    Ich denke das unser Handeln und Denken und damit unser Wille genauso den Gesetzmäßigkeiten der Kausalität unterworfen ist wie alles anderem im Universum auch. Soll heißen, für all unser gewolltes Handeln gibt es eine Ursache. Diese Ursache, z B. eine Erfahrung die wir gemacht haben, führt letztendlich dazu dass wir wollen was wir tun – wir tun aber nicht was wir wollen. Unter diesem Gesichtspunkt ist der freie Wille nur eine Illusion, wir folgen letztendlich den Gesetzen der Kausalität, das was wir wollen, resultiert aus dem was wir erfahren.
    Unsere Lebenserfahrung und Eindrücke geben uns im Prinzip unser Handeln, Denken und somit unseren Willen vor.

    Denkt man diesen Aspekt noch weiter kommt man zu dem Schluss dass alles was wir tun, wie wir mit unserem Umfeld umgehen, letztendlich Einfluss darauf haben wird wie dieses Umfeld sich in Zukunft entwickelt und handeln wird. Die Verantwortung für unser Handeln und Denken fällt somit dennoch auf uns zurück denn letztendlich sind es ja wir selber (und die Natur mit all ihren Facetten und Ereignissen) die die Ursachen für künftiges Handeln und Denken mitbestimmen.

    Unser “freier” Wille wird uns somit zwar vorgegeben, die Verantwortung und Selbstbestimmung, liegt aber dennoch bei uns.
    Das ist zumindest meine Ansicht zu diesem Thema 😉

  7. #7 Lichtecho
    10. Oktober 2010

    @Georg: “Ich denke nicht, dass “die Kirche” (also konkret die katholische Kirche des Mittelalters) Probleme mit dem Konzept von Naturgesetzen an sich hatte.”
    Nein, das wohl nicht, sondern vielmehr mit der Frage, wer diese Gesetze deuten darf. Der Kampf gegen Galilei war kein Kampf gegen Naturgesetze, sondern der Versuch zu verhindern, dass nichtkatholische Institutionen und nichtklerikale Denker die Gesetze erforschen und so die Kirche die Deutungshoheit über die Natur verliert.

  8. #8 Georg Hoffmann
    10. Oktober 2010

    @Lichtecho
    Ja, denke ich auch. Aus heutiger Zeit werden diese Kaempfe leicht umgedeutet in einen Kampf zwischen Fortschritt und Aberglaube mit klar definierten Grenzen, die denen meinethalben zwischen dem MIT und dem Vatikan heute aehneln. Im Wirklichkeit ging es eben auch ganz klassisch um Macht, Deutungshoheit (wie du sagst) etc.
    Ich bin mir nicht sicher, ob es ueberhaupt irgendeine Erkenntnis/”wissenschaftliche Arbeit” von sagen wir Kopernikus bis Newton gab, dass grundsätzlich und strukturell wirklich der kirchlichen Meinung widersprochen haette. Bei irgendeiner anderen aktuellen Gemengelage und Machtverteilung haetten sie Galileo vielleicht befördert und mit Pensionsansprueche ausgestattet. Er ist eher wegen einer gewissen Halsstarrigkeit in Konflikt mit der Kirche geraten als dass eine bestimmte seiner Erkenntnisse wirklich so gestoert haette.

  9. #9 verquer
    10. Oktober 2010

    @nausel

    Das setzt aber voraus dass diejenigen die darauf hinwirken dass der Mörder nicht nochmal mordet einen freien Willen besitzen. Ansonsten tun sie mit dem Fangen / Laufenlassen des Mörders nur das was durch Naturgesetze “vorherbestimmt” ist.

    Und genau hier siehst Du einen Widerspruch, wo keiner ist. Warum braucht man Willensfreiheit, um darauf hinzuwirken, dass ein Mörder nicht nochmal mordet? Ich will in der Zukunft nicht ermordet werden und werden dementsprechend handeln – vollkommen unabhängig davon, ob ich mich nun frei dazu entschieden habe, diese Willen zu haben oder nicht.

    Dem einen oder anderen mag es nicht gefallen, dass alles was wir tun und denken, “vorherbestimmt” ist. Aber deswegen wird ein Wunsch noch lange keine Realität.

  10. #10 kommentarabo
    10. Oktober 2010

  11. #11 ingo
    12. Oktober 2010

    Ich habe damit schon irgendwie ein Problem. Wenn es keinen freien Willen gäbe und wir uns dessen bewusst wären, hätte möglicherweise den vollständigen Verlust der moralischen Verantwortlichkeit zur Folge. Mal ehrlich: wer würde in so einer Welt, wo er gefangener der Naturgesetze wäre, sich dessen bewusst wäre und selbst quasi keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten hätte gerne Leben? Ich nicht.

    Sobald ich mit Sicherheit wissen würde, dass ich keinen freien willen habe, würde ich mich für nichts mehr verantwortlich fühlen und könnte niemanden für etwas verantwortlich machen. Irgendwie erschreckend und gefühllos – man ist plötzlich ein Bioroboter unter vielen anderen.

    Es geht jetzt nicht um bestrafen oder nicht sondern wie man selbst damit umgeht, wenn man plötzlich für sein eigenes Handeln nicht mehr verantwortlich ist.

  12. #12 togibu
    12. Oktober 2010

    @verquer
    Ich sehe den Widerspruch schon darin, das es keinen Mord (= Tötung aus niederem Beweggrund) gibt, wenn kein freier Wille (hier: Entscheidung zum Töten aus niederem Beweggrund) da ist. Weiterhin wirst Du einen Mörder mangels freiem Willen (und damit mangels Entscheidungsfreiheit) niemals dazu bringen können, sich dazu zu entscheiden, nicht zu morden. Er wird dann weiter morden, oder auch nicht, ohne dass er sich frei für eine Veriante entscheiden könnte.

  13. #13 verquer
    12. Oktober 2010

    Ich sehe den Widerspruch schon darin, das es keinen Mord (= Tötung aus niederem Beweggrund) gibt, wenn kein freier Wille (hier: Entscheidung zum Töten aus niederem Beweggrund) da ist.

    Und immer noch siehst Du einen Widerspruch, wo keiner ist. Auch ohne Willensfreiheiten muessen Entscheidungen gefaellt werden, nur dass in diesem Fall die Gesamtheit aller Einfluesse die Entscheidung festlegt.

    Du scheinst hier implizit von einem falschem Modell der Entscheidungsfindung in einer Welt ohne Willensfreiheit auszugehen. Offenbar glaubst Du, dass wir ohne Willensfreiheit aehnlich einem unveraenderbaren Programm waeren und genau das ist der Fehler. Unser Programm ist veraenderbar und genau das (u.a.) versucht man ja mit einer Bestrafung zu erreichen.

    Aber erklaer mir doch bitte mal, wie wir einen Moerder mit Willensfreiheit dazu bringen koennten, in Zukunft nicht zu morden. Beeinflussen koennen wir ihn ja nicht, da er sich voellig frei entscheiden kann…

  14. #14 ingo
    12. Oktober 2010

    @ verquer

    Im Großen und Ganzen ist aber dann das Gesamtprogramm trotzdem unveränderbar. Das heißt, alle Ereignisse sind vorherbestimmt, deterministisch und wir haben keine Möglichkeit in dieses System einzugreifen und alternative Entscheidungen zu treffen.

    Bezüglich Bestrafung: auch durch eine Bestrafung kann man niemanden daran hindern einen Mord zu begehen, egal ob freier Wille oder nicht, es sei denn durch die Todesstrafe oder lebenslange Haft.

    Aber wie will man letztlich einen Täter für etwas verantwortlich machen, für das er ja nichts kann? Er kann sich ja nicht frei entscheiden, ob er mordet oder nicht. Juristisch gesehen wäre das durchaus problematisch. Man könnte ihn nur noch einsperren, damit er künftig keine Morde mehr begehen kann. Da wir aber nicht wissen, ob jemand jemals wieder jemanden umbringt oder nicht und da prinzipiell jeder zum Mörder werden könnte stünden wir vor einem moralischen Dilemma.

  15. #15 verquer
    12. Oktober 2010

    @ingo

    Im Großen und Ganzen ist aber dann das Gesamtprogramm trotzdem unveränderbar. Das heißt, alle Ereignisse sind vorherbestimmt, deterministisch und wir haben keine Möglichkeit in dieses System einzugreifen und alternative Entscheidungen zu treffen.

    Ich kann gerade nur vermuten, was Du mit “Gesamtprogramm” meinst. Das gesamte Universum oder nur den einzelnen Menschen?

    Ich kann Dir allerdings sagen, dass Du hier die beiden zur Diskussion stehenden Willensbilder unzulaessigerweise mischst. Wen meinst Du denn mit “wir”? Offenbar betrachtest Du “uns” als ausserhalb des Determinstischen stehend und eine solche Beschreibung ist nur in der Welt mit Willensfreiheit sinnvoll. Du willst hier aber eine Welt ohne Willensfreiheit beschreiben und dann kommt natuerlich so was raus. In der Welt ohne Willensfreiheit sind “wir” Teil des deterministischen Geschehens und unsere Handlungen haben sehr wohl einen Einfluss auf die Zukunft.

    Bezüglich Bestrafung: auch durch eine Bestrafung kann man niemanden daran hindern einen Mord zu begehen, egal ob freier Wille oder nicht, es sei denn durch die Todesstrafe oder lebenslange Haft.

    Stimmt. In einer Welt ohne Willensfreiheit kannst Du niemanden mit absoluter Sicherheit von der naechsten Uebeltat abhalten. In einer Welt mit Willensfreiheit kannst Du aber mit absoluter Sicherheit ueberhaupt nichts ausrichten.

    Aber wie will man letztlich einen Täter für etwas verantwortlich machen, für das er ja nichts kann? Er kann sich ja nicht frei entscheiden, ob er mordet oder nicht. Juristisch gesehen wäre das durchaus problematisch.

    In der Tat wird meines Wissens nach, in der Juristerei ein freier Wille zu Grunde gelegt. Ich denke aber, das man rein ueberhaupt nichts aendern muss, wenn man sich von dieser Grundlage verabschiedet. Warum sollte man einen Moerder nicht fuer seine Tat bestrafen koennen? Es ist sogar gesellschaftlich notwendig diesen zu bestrafen, weil eine “wie-du-mir-so-ich-dir” Gesellschaft wesentlich stabiler ist als eine “kannst-doch-nichts-dafuer” Gesellschaft.

    Man könnte ihn nur noch einsperren, damit er künftig keine Morde mehr begehen kann. Da wir aber nicht wissen, ob jemand jemals wieder jemanden umbringt oder nicht und da prinzipiell jeder zum Mörder werden könnte stünden wir vor einem moralischen Dilemma.

    Vor moralischen Dilemmata stehen wir immer, weil sich Ethik leider nicht in ein formales System pressen laesst. Man kann allerdings weiterhin von Grundsatz “Im Zweifel fuer den Angeklagten” ausgehen und ihn erst einsperren, wenn hinreichend dargelegt wurde, dass er tatsaechlich gemordet hat. Und wenn jemand einmal gemordet hat, ist die Wahrscheinlichkeit groesser, dass er ein zweites Mal mordet. Seine Inhaftierung waere damit auch gerechtfertigt.

    Die Verabschiedung vom freien Willen bedeutet nur, dass wir den Blick nicht mehr in die Vergangenheit richten sondern in die Zukunft.

  16. #16 togibu
    12. Oktober 2010

    @verquer
    Wenn ich keinen freien Willen habe, kann ich auch keine Entscheidungen treffen. Eine Entscheidung setzt ja mehrere Möglichkeiten, zwischen denen ich (mehr oder weniger) frei wählen kann, voraus. Wenn “die Gesamtheit der Einflüsse” die Entscheidung festlegt, dann ist mir unmöglich, eine eigene Entscheidung zu treffen, da ich ja nicht frei bin, mich für eine der gebotenen Alternativen zu entscheiden. Entscheidungsmöglichkeit setzt immer (zumindest eine gewisse) Freiheit voraus.

    Insoweit sehe ich aus Gründen der Logik keine Möglichkeit, Dir zuzustimmen.

  17. #17 verquer
    12. Oktober 2010

    @togibu

    Ich moechte Dich nochmals fragen, wie Du einen Moerder mit Willensfreiheit so beeinflussen kannst, dass er in Zukunft nicht mehr mordet. Wie kannst Du ueberhaupt irgendeinen Menschen mit Willensfreiheit irgendwie in seinen Entscheidungen beeinflussen?

    Wenn ich keinen freien Willen habe, kann ich auch keine Entscheidungen treffen. Eine Entscheidung setzt ja mehrere Möglichkeiten, zwischen denen ich (mehr oder weniger) frei wählen kann, voraus. Wenn “die Gesamtheit der Einflüsse” die Entscheidung festlegt, dann ist mir unmöglich, eine eigene Entscheidung zu treffen, da ich ja nicht frei bin, mich für eine der gebotenen Alternativen zu entscheiden. Entscheidungsmöglichkeit setzt immer (zumindest eine gewisse) Freiheit voraus.

    Wenn Du das Wort “Entscheidung” so definierst, dass diese mehrere Moeglichkeiten, zwischen denen Du Dich (mehr oder minder) frei waehlen kannst, voraussetzt, dann hast Du kannst Du Dich ohne Willensfreiheit natuerlich nicht entscheiden. Das ist allerdings wenig ueberraschend, weil Du die Willensfreiheit ja zur Voraussetzung gemacht hast. Insofern ist dieses Argument zirkulaer und wenig erleuchtend.

    Lass mich erklaeren, was ich mit “Entscheidung” meine. In einer gewissen Situation (in der Wahlkabine) hast Du verschiedene Optionen (Parteien) und eine Entscheidung ist nun die Realisation einer dieser Optionen (Kreuz bei Partei A).

    Setzt man nun Willensfreiheit voraus, dann wird Deine Entscheidung durch keinen aeusseren Einfluss beeintraechtigt (sonst waere sie ja nicht mehr frei). Insbesondere haben weder die Politiker, noch ihr Handeln, noch ihre Anschauungen, noch der Wahlkampf einen Einfluss auf Deine Entscheidung. Deine sogenannte Entscheidung wird schlicht grundlos, sogar willkuerlich.

    Setzt man nun Willensunfreiheit voraus, so determiniert der Gesamteinfluss Deiner Erfahrungen (inkl. Wahlkampf, die zu waehlenden Politker, Tageslaune), wo Du Dein Kreuz setzt. Entschieden werden – im Sinne der Realisierung einer Option – muss auch hier.

    Offenbar bist Du allerdings ein Verfechter des eingeschraenkten, freien Willens (“mehr oder weniger”, “zumindest eine gewisse”) und das ist nun wirklich ein Widerspruch in sich. Ein bisschen freier Wille? Man kann Dich also in Deinen Entscheidungen beeinflussen, aber trotzdem kannst Du Dich frei von solchen Einfluessen entscheiden?

  18. #18 ingo
    12. Oktober 2010

    @ verquer

    Ich mische gar nichts. Entweder ist die gesamte Welt deterministisch ( also auch wir ) oder sie ist es nicht. Ich nehme uns hier nicht aus und wie kommst du genau darauf, dass ich irgendwas mische?

    Es stehen eigentlich zwei Weltbilder zur Debatte: ein deterministisches und ein nicht deterministisches Weltbild. Im ersten wäre so etwas wie ein freier Wille nicht möglich, in zweitem schon aber auch nicht zwingend. Das nichtdeterministische könnte zwar nicht vorherbestimmbar sein, unsere Entscheidungen könnten aber immer noch dem Zufall unterliegen.

    Wenn aber alles deterministisch ist, dann ist unser “freier Wille” ein Trugbild und jede Handlung eben in einem Programm vorherbestimmt. Das heißt, dass ich diese Zeilen hier schreibe und das du mir antwortest bestimme nicht ich sondern ist einfach eine Folge von physikalischen Gesetzen. Und irgendwie ist diese Vorstellung unbehaglich.

    Aber abgesehen davon glaube ich sehr wohl, dass man einen Mörder mit Willensfreiheit beeinflussen kann. Wieso auch nicht? Wenn jemand einen freien willen hat und ich ihn überzeugen kann, dass er moralisch für seine Handlungen verantwortlich ist, hat er immer noch die Möglichkeit sich zu entscheiden. Oder anders formuliert: setzen wir einmal Wahlen und einen freien Willen voraus. Wenn ich Wahlwerbung betreibe und jemand entscheidet sich aufgrund dieser für meine Partei, habe ich ihn zwar beeinflusst aber seine Entscheidung war trotzdem frei. Die Entscheidung kann frei und trotzdem nicht grundlos sein. Eine unfreie Entscheidung ist aber keine Entscheidung mehr sondern einfach eine Folge physikalischer Gesetze.

  19. #19 togibu
    12. Oktober 2010

    @verquer
    1. Ging es mir nicht um die Frage, wie ich einen Mörder zu irgendwas bringen kann, sondern um die Frage, ob dieser Mörder einen freien Willen hat, sich für oder gegen einen weiteren Mord zu entscheiden. Und da behaupte ich weiterhin: Ja, den hat er.

    2. Behaupte ich weiterhin, dass es genauso ist, wie Du beschreibst: Wir treffen unsere Entscheidungen immer mehr oder weniger willkürlich, auch wenn wir meinen, wir wägen alle uns bekannten Fakten genau ab. Das sieht man schon an der Art und Weise, wie Gerichtsurteile aufgebaut sind, nämlich: Zuerst kommt der Ausspruch wie z.B. “Der A. wird zu… verurteilt”, erst dann folgt die Begründung warum das so ist. Und genau in dieser Reihenfolge entsteht auch das Urteil. Das wird Dir jeder, der mit Juristerei schon mal befasst hat, bestätigen.

    3. Wenn ich Dich recht verstehe, dann meinst Du, dass wir keinen freien Willen haben, weil wir ja immer äußeren Einflüssen ausgesetzt sind, die auf unsere Entscheidungsfindung einwirken. Ich meine aber, das kann man erst sagen, wenn ich diesen Einflüssen so ausgesetzt bin, dass meine Entscheidung sozusagen von vorneherein fest steht. Und das ist nach meiner Meinung (hier und jetzt, wohlgemerkt) eben nicht der Fall. Ich kann mich im genannten Beispiel immer noch dafür entscheiden, Partei B statt A oder C zu wählen, weil ich bei C so ein komisches Gefühl habe, und A blöd finde, oder noch besser: Weil ich ein unverbesserlicher Querulant bin, der Freude dabei empfindet, den Erwartungen anderer nicht zu genügen, auch wenn ich mir dabei u.U. sogar selbst schade. Das ist es, was ich als freien Willen definiere: Die Möglichkeit, mich (auch unter äußeren Einflüssen stehend) unter mehreren Möglichkeiten frei für eine entscheiden zu können.

    3. Da ein Mitglied der menschlichen Rasse immer und überall äußeren Einflüssen ausgesetzt ist, kann natürlich ein freier Wille, wie du ihn definierst, schlichtweg nicht existieren. Insoweit stimme ich Dir zu.

  20. #20 HalloWach!
    12. Oktober 2010

    Das Universum hat einen seltsamen Humor; nur wenige Wochen später fiel dem Papst das Dach seines Palastes auf den Kopf und das Gravitationsgesetz sorgte für seinen frühzeitige Abgang vom Papststuhl.

    Unser österreichischer Kämpfer gegen das Irrationale lebt mal wieder im Akademiker-la-la-land. Wenn überhaupt, trug die Gravitation zum Ableben des Papstes bei, nicht irgendeine Beschreibung, die alberne Menschen “Gesetz”, statt beim Namen nennen. Schwache Leistung, wie immer…

    @ Bjoern
    Klasse Kommentar

  21. #21 Aragorn
    12. Oktober 2010

    @HalloWach!
    Lol, muß wohl was dran sein, daß gottesgläubige Menschen dümmer als der Durchschnitt sind. Sonst würden die sich nicht bei Bjoern bedanken.

  22. #22 verquer
    13. Oktober 2010

    @ingo

    Ich mische gar nichts. Entweder ist die gesamte Welt deterministisch ( also auch wir ) oder sie ist es nicht. Ich nehme uns hier nicht aus und wie kommst du genau darauf, dass ich irgendwas mische?

    Wenn man sich von der Vorstellung der Willensfreiheit verabschiedet, nehmen viele Woerter eine etwas andere Bedeutung an. So wird aus dem Ich im Sinne eines unbeeinflussbaren ersten Beweger im Kopf ein Ich im Sinne von Prozessen in Neuronen. Diese Unterscheidung triffst Du nicht, wenn du schreibst:

    Wenn aber alles deterministisch ist, dann ist unser “freier Wille” ein Trugbild und jede Handlung eben in einem Programm vorherbestimmt. Das heißt, dass ich diese Zeilen hier schreibe und das du mir antwortest bestimme nicht ich sondern ist einfach eine Folge von physikalischen Gesetzen. Und irgendwie ist diese Vorstellung unbehaglich.

    Und zwar genau beim Ausdruck “bestimme nicht ich”. Doch, Du bestimmst auch weiterhin, nur bist Du eben die Summe (oder das Epiphaenomen) der Neuronenwechselwirkungen. Diese Vorstellung mag Dir unbehaglich erscheinen, aber es duerfte klar sein, dass das kein Argument fuer oder gegen die Willensfreiheit ist.

    Es stehen eigentlich zwei Weltbilder zur Debatte: ein deterministisches und ein nicht deterministisches Weltbild. Im ersten wäre so etwas wie ein freier Wille nicht möglich, in zweitem schon aber auch nicht zwingend. Das nichtdeterministische könnte zwar nicht vorherbestimmbar sein, unsere Entscheidungen könnten aber immer noch dem Zufall unterliegen.

    Genau diese Ueberlegung hat mich dazu gebracht, den Glauben an die Willensfreiheit zu verwerfen. Wenn das System “Wir” weder deterministisch noch rein zufaellig sein darf, damit wir Willensfreiheit haben koennen, wie sollte das System denn beschreibbar sein? Was bleibt neben Determinismus und Zufall noch uebrig? Einen liebgewonnenen Mechanismus (Willensfreiheit) nur deswegen nicht zu verwerfen, weil es doch noch irgendwas geben koennte, dass vielleicht als Basis fuer diesen Mechanismus dienen koennte, scheint mir ungerechtfertigt zu sein. Willensfreiheit gehoert fuer mich aus diesen Gruenden in die gleiche Kategorie wie Astrologie.

    Aber abgesehen davon glaube ich sehr wohl, dass man einen Mörder mit Willensfreiheit beeinflussen kann. Wieso auch nicht? Wenn jemand einen freien willen hat und ich ihn überzeugen kann, dass er moralisch für seine Handlungen verantwortlich ist, hat er immer noch die Möglichkeit sich zu entscheiden.

    Du kannst seine Entscheidung eben nicht beeinflussen, weil er ja frei von solchen Einfluessen entscheiden kann. Die partielle Willensfreiheit, fuer die Du hier offenbar argumentieren moechtest, ist schlicht ein Widerspruch in sich. So wie halbschwanger.

    Wenn ich Wahlwerbung betreibe und jemand entscheidet sich aufgrund dieser für meine Partei, habe ich ihn zwar beeinflusst aber seine Entscheidung war trotzdem frei.

    Es gilt exakt das gleiche wie ich schon oben gesagt habe. Lies Dir doch Deine Aussage nochmal durch. Er kann sich frei von Einfluessen entscheiden, aber Du hast ihn in seiner Entscheidung beeinflusst?

    Die Entscheidung kann frei und trotzdem nicht grundlos sein.

    Das wage ich aus den dargelegten Gruenden zu bezweifeln.

    Eine unfreie Entscheidung ist aber keine Entscheidung mehr sondern einfach eine Folge physikalischer Gesetze.

    Wie ich am Anfang dieser Antwort schon andeutete, bekommen einige Woerter in einer Welt ohne Willensfreiheit eine etwas andere Bedeutung. Eine Entscheidung waere in einer solchen, die Realisierung einer von mehreren vorstellbaren Optionen. Auch hier wendest Du Wortdefinitionen aus der Welt mit Willensfreiheit auf eine Welt ohne Willensfreiheit an und dabei ist es wenig verwunderlich, dass Du zu solchen Schluessen kommst.

  23. #23 HalloWach!
    13. Oktober 2010

    @ Aragorn ***gg prust***

    Dümmer als der Durchschnitt mag sein, aber nicht so dumm wie die möchte-gern-Wissenschaftler die nicht mal merken, daß sie für den Pabst arbeiten. Hast Du Dir schon mal die Frage gestellt warum die medienbeachteten Protagonisten des Atheismus immer so schwach argumentierende Unsympathen wie Dawkings sind? Wenn von uns beiden einer an Gott glaubt, dann Du.

    Nimm nur Deinen Nick, zeigt doch deutlich genug, daß Du entweder ein Vasall oder ein ignoranter Sklave bist: “Stand, men of the west!” das Kreuz des Schwertes erhoben.

    Werd erwachsen, kleiner…

  24. #24 Bullet
    13. Oktober 2010

    @HalloWach:

    Hast Du Dir schon mal die Frage gestellt warum die medienbeachteten Protagonisten des Atheismus immer so schwach argumentierende Unsympathen wie Dawkings sind?

    Deine Meinung (und das ist deine Meinung) juckt niemanden.

    Nimm nur Deinen Nick, zeigt doch deutlich genug, daß Du …

    Genau. Der Nick “zeigt” etwas. Weia. Heute ist wieder Tag der Hochbegabten.

  25. #25 Aragorn
    13. Oktober 2010

    @HalloWach
    Besser als du dich hier selbst zum Affen machst, kann ich das auch nicht erledigen. Danke dafür 🙂
    Das erspart Schreibarbeit 🙂

  26. #26 verquer
    13. Oktober 2010

    @togibu

    1. Ging es mir nicht um die Frage, wie ich einen Mörder zu irgendwas bringen kann, sondern um die Frage, ob dieser Mörder einen freien Willen hat, sich für oder gegen einen weiteren Mord zu entscheiden. Und da behaupte ich weiterhin: Ja, den hat er.

    Selbstverstaendlich kannst Du, freien Willen vorausgesetzt, diesen einem Moerder nicht schlicht weg absprechen. Ich moechte Dich aber trotzdem fragen, wie Du einen Moerder mit Willensfreiheit ueberhaupt beeinflussen kannst? Ich sehe keine Moeglichkeit, die nicht im Widerspruch zur Praemisse steht. Aber vielleicht faellt Dir ja was ein.

    2. Behaupte ich weiterhin, dass es genauso ist, wie Du beschreibst: Wir treffen unsere Entscheidungen immer mehr oder weniger willkürlich, […]

    Diese Aussage verwirrt mich, weil Du hier fuer meine und gegen Deine Seite zu argumentieren scheinst. Wenn unsere Entscheidungen unterbewusst (?) gefaellt werden und wir diese nur posteriori rationalisieren, wo bleibt dann noch die Willensfreiheit? Ist die im Unterbewusstsein versteckt?

    3. Wenn ich Dich recht verstehe, dann meinst Du, dass wir keinen freien Willen haben, weil wir ja immer äußeren Einflüssen ausgesetzt sind, die auf unsere Entscheidungsfindung einwirken.

    Nicht ganz. Wir haben deswegen keine Willensfreiheit, weil die Gesamtheit aller Einfluesse (inkl. genetische und in der Vergangenheit liegende) unsere Entscheidungen festlegen. Was uebrigens nicht sofort heisst, dass diese Entscheidungen vorhersehbar sind, denn es gibt zwar deterministische, nicht chaotische aber trotzdem nicht berechenbare Systeme.

    Ich meine aber, das kann man erst sagen, wenn ich diesen Einflüssen so ausgesetzt bin, dass meine Entscheidung sozusagen von vorneherein fest steht. Und das ist nach meiner Meinung (hier und jetzt, wohlgemerkt) eben nicht der Fall. Ich kann mich im genannten Beispiel immer noch dafür entscheiden, Partei B statt A oder C zu wählen, weil ich bei C so ein komisches Gefühl habe, und A blöd finde, oder noch besser: Weil ich ein unverbesserlicher Querulant bin, der Freude dabei empfindet, den Erwartungen anderer nicht zu genügen, auch wenn ich mir dabei u.U. sogar selbst schade.

    Hier beschreibst Du genau das Gegenteil eines freien Willens. Kannst Du Dein komisches Gefuehl bei Partei C willentlich aendern? Vermutlich nicht. Mir scheint als wuerdest Du das Vorhandenensein verschiedener Optionen mit der Freiheit sich beliebig fuer eine zu entscheiden verwechseln.

    Uebrigens verordne ich genau hier die Illusion der Willensfreiheit, die wir unbestritten haben. Wir koennen uns verschiedene Optionen vorstellen und deren Konsequenzen geistig erkunden. Diese Freiheit haben wir. Wir koennen uns allerdings nicht frei von Einfluessen fuer eine solche Option entscheiden.

    Das ist es, was ich als freien Willen definiere: Die Möglichkeit, mich (auch unter äußeren Einflüssen stehend) unter mehreren Möglichkeiten frei für eine entscheiden zu können.

    Hier muss ich notgedrungen ein wenig pedantisch werden. Diese Definition ist, so wie sie da steht, zirkulaer. Du beschreibst die Willensfreiheit mit dem Wort “frei”. Frei wovon eigentlich? Wenn Du frei von aeusseren Einfluessen meinst, dann wirst Du niemals irgendjemanden von irgendwas ueberzeugen koennen.

    3. Da ein Mitglied der menschlichen Rasse immer und überall äußeren Einflüssen ausgesetzt ist, kann natürlich ein freier Wille, wie du ihn definierst, schlichtweg nicht existieren. Insoweit stimme ich Dir zu.

    So habe ich die Willensfreiheit nicht definiert. S.o.

  27. #27 togibu
    13. Oktober 2010

    @verquer
    Wir reden hier anscheinend von verschiedenen Konzepten:
    Während für mich “Willensfreiheit” und “freier Wille” im Rahmen dieser Diskussion dasselbe ist, scheinst Du einen Unterschied zu machen?
    Außerdem willst Du immer, dass ich irgendjemanden von irgendwas überzeugen wollen und können soll. Davon bin ich nie ausgegangen.
    Schließlich liegt das von Dir monierte zirkuläre Element m.E. im menschlichen Wesen als Teil einer Umwelt verankert. Deshalb schrieb ich auch, unter dieser Voraussetzung können eine Willensfreiheit nie existieren. In meiner dargestellte Definition von Willensfreiheit bzw. freiem Willen hat dieses zirkuläre Element deshalb keine entscheidende Bedeutung.

    Zum Wahlbeispiel: Ich behaupte nicht, dass ich mein komisches Gefühl bei C willentlich ändern kann, aber ich kann C trotz meines komischen Gefühls wählen.

    M.E. ist z.B. der diesjährige Friedensnobelpreisträger das beste Beispiel für freien Willen nach meiner Definition, da er ihn trotz heftiger gegensätzlich wirkender äußerer Einflüsse nachhaltig auslebt. Nach deiner Definition ist das dagegen wohl nicht so zu sehen, weil er ja auch nur durch die Gesamtheit aller auf ihn einwirkenden Einflüsse zu seinem Verhalten bewogen wurde. Oder verstehe ich da was falsch?

  28. #28 ingo
    14. Oktober 2010

    @ verquer

    Ok, lassen wir das, du scheinst nicht verstehen zu wollen.

    Aber nur noch wenige Fragen:

    Wo stehe ich für eine “partielle Willensfreiheit” ein?

    Warum wäre eine “partielle Willensfreiheit” ein Widerspruch in sich? Bitte zeig hier den Widerspruch auf.

    Kann es sein, dass du dir den Determinismus zum Glaubensinhalt gemacht hast?

  29. #29 verquer
    15. Oktober 2010

    @togibu

    Während für mich “Willensfreiheit” und “freier Wille” im Rahmen dieser Diskussion dasselbe ist, scheinst Du einen Unterschied zu machen?

    Ich verwende diese Begriffe synonym und machen keinen Unterschied. Allerdings weiss ich immer noch nicht, was Du unter freien Willen verstehst, weil Du bisher nur eine zirkulare Definition gegeben hast. Was meinst Du mit freien Willen?

    Außerdem willst Du immer, dass ich irgendjemanden von irgendwas überzeugen wollen und können soll. Davon bin ich nie ausgegangen.

    Ich moechte nicht mehr als Dir vor Augen zu fuehren, dass ein freier Wille die Konsequenz haette, dass Du niemals irgend jemanden von irgendwas ueberzeugen wirst koennen. Wenn Du dieser Konsequenz nicht zu stimmst (und ich sehe beim besten Willen nicht, wie Du es koenntest), dann hast Du bereits selbst die Willensfreiheit widerlegt.

    Schließlich liegt das von Dir monierte zirkuläre Element m.E. im menschlichen Wesen als Teil einer Umwelt verankert. Deshalb schrieb ich auch, unter dieser Voraussetzung können eine Willensfreiheit nie existieren. In meiner dargestellte Definition von Willensfreiheit bzw. freiem Willen hat dieses zirkuläre Element deshalb keine entscheidende Bedeutung.

    Ich weiss nicht, was Du mir damit sagen willst. Deine Definition der Willensfreiheit ist zirkulaer und spiegelt damit die Natur des Menschen wider? Das klaert gar nichts.

    Zum Wahlbeispiel: Ich behaupte nicht, dass ich mein komisches Gefühl bei C willentlich ändern kann, aber ich kann C trotz meines komischen Gefühls wählen.

    Kannst Du das wirklich oder gibt es diese Option nur als Vorstellung? Deine Argumentation ist hier zirkular, weil Du die Willensfreiheit voraussetzt, um zu zeigen, dass es diese gibt.

    M.E. ist z.B. der diesjährige Friedensnobelpreisträger das beste Beispiel für freien Willen nach meiner Definition, da er ihn trotz heftiger gegensätzlich wirkender äußerer Einflüsse nachhaltig auslebt. Nach deiner Definition ist das dagegen wohl nicht so zu sehen, weil er ja auch nur durch die Gesamtheit aller auf ihn einwirkenden Einflüsse zu seinem Verhalten bewogen wurde. Oder verstehe ich da was falsch?

    Willst Du tatsaechlich behaupten, dass Du die Gesamtheit der Einfluesse, die auf Liu Xiaobo wirken, kennst? Inklusive seiner Persoenlichkeitsstruktur, seiner Geschichte und seiner Gene? Das wage ich doch arg zu bezweifeln. Auch Xiaobos Verhalten wird durch die Gesamtheit aller Einfluesse bestimmt und Du kannst seine Willensfreiheit nicht dadurch in die Existenz retten, wenn Du bewusst Einfluesse weglaesst.

  30. #30 Bullet
    15. Oktober 2010

    Ihr beide solltet euch vielleicht mal wirklich über die hier verwendeten Definitionen von “frei” UND von “Wille” einigen.

  31. #31 verquer
    15. Oktober 2010

    @ingo

    Ok, lassen wir das, du scheinst nicht verstehen zu wollen.

    Wer hier nicht verstehen will, lasse ich die vielleicht noch Mitlesenden entscheiden. Ich kann Dir allerdings garantieren, dass Dein Auslassen eines jeglichen Arguments durchaus gegen die sprechen wird.

    Aber nur noch wenige Fragen:

    Na, was denn nun? Ich dachte, dass Du es sein lassen wolltest. Warum sollte ich dann noch Deine Fragen beantworten?

  32. #32 verquer
    15. Oktober 2010

    @Bullet.

    Ihr beide solltet euch vielleicht mal wirklich über die hier verwendeten Definitionen von “frei” UND von “Wille” einigen.

    Deswegen frage ich ja.