Dies ist eine Rezension eines Kapitels aus dem Buch “Der große Entwurf” von Stephen Hawking und Leonard Mlodinow. Die Rezensionen der anderen Kapitel können hier gefunden werden.
Wir können unser Universum deswegen verstehen, weil es von Naturgesetzen geregelt wird. Wir können Modelle aufstellen und so die Kräfte, die im Universum herrschen beschreiben. Das fand Albert Einstein übrigens sehr überraschend. Er sagt:
“Das Unverständlichste am Universum ist, dass es verständlich ist.”
Die erste der Naturkräfte die mathematisch beschrieben wurden, war die Gravitation. Nachdem Newton so den Anfang gemacht hatte, folgte als nächstes eine Beschreibung von Elektrizität und Magnetismus. An ihrer Erforschung war vor allem Michael Faraday maßgeblich beteiligt. Er führte das Konzept der “Feldlinien” bzw. des “Kraftfeldes” ein. Die Kräfte von Elektrizität und Magnetismus wirken durch den leeren hindurch und das fand Faraday unbefriedigend. Er stellte sich vor, dass der Raum zwischen den Objekten von unsichtbaren “Röhren” gefüllt ist, die die Kraft zwischen ihnen vermitteln. Diese Feldlinien hat sicher schon jeder Mal im Physikunterricht gesehen; man erkennt sie deutlich, wenn man Eisenspäne um einen Magneten herum streut. Oder auch in diesem Bild, in dem eine magnetische Flüssigkeit auf einen Magneten zufließt:
Faraday (seine Forschung wird übrigens sehr schön im Buch “Am Anfang war das Licht” beschrieben) und seine Kollegen fanden immer mehr über Magnete und Strom heraus – und vor allem merkten sie, dass diese beiden Phänomene verwandt zu sein schienen. Der große James Clerk Maxwell fand dann schließlich Ende des 19. Jahrhunderts die berühmten “Maxwell-Gleichung” die besagen, dass Elektrizität und Magnetismus tatsächlich auf die gleiche Grundkraft zurückzuführen sind: den Elektromagnetismus. Auch Licht stellte sich als elektromagnetische Welle heraus und aus seinen Gleichungen konnte Maxwell auch dessen Geschwindigkeit ableiten: fast 300000 Kilometer pro Sekunde. Aber wenn wir eine Geschwindigkeit angeben, müssen wir auch sagen, relativ zu was die Geschwindigkeit gemessen wird. Hier halfen die Maxwell-Gleichungen nicht mehr. Die sagten einfach, dass das Licht eben 300000 km/s schnell wäre und aus. Man postulierte deswegen einen allesdurchdringenden Stoff der überall im Universum vorhanden ist und der als Träger der Lichtwellen und als Bezugssystem dienen sollte: den Äther. Dessen Existenz hätte sich aber im Experiment bemerkbar machen sollen – tat sie aber nicht.
Wir alle kennen die Lösung dieses Widerspruchs: 1905 formulierte Albert Einstein seine spezielle Relativitätstheorie und zeigte, dass genau das stimmte, was Maxwells-Gleichungen aussagen: Licht bewegt sich immer mit 300000 km/s; egal aus welchen Bezugssystem man misst. Der speziellen Relativitätstheorie folgte 10 Jahre später die allgemeine Relativiätstheorie in der Einstein nun auch den Einfluss der Gravitation berücksichtigte. Auch wenn die Einsteinschen Formeln in den meisten Fällen das gleiche Ergebnis lieferten wie das von Newton (nur bei großen Geschwindigkeiten und Massen gibt es Abweichungen) war die zugrunde liegende Erklärung doch völlig neu. Einstein beschrieb einen Raum, der nicht mehr unabhängig von der Zeit existiert. Diese kombinierte “Raumzeit” wird unter dem Einfluss von massiven Körpern gekrümmt und Objekte folgen auf ihrer Bahn durch die Raumzeit diesen Krümmungen was uns dann als Einwirkung einer Kraft erscheint: der Gravitation.
Trotz aller Seltsamkeiten ist die Relativitätstheorie aber doch immer noch eine klassische Theorien. Sie geht davon aus, dass das Universum nur eine einzige Vergangenheit; eine einzige Geschichte hat. In der Welt der subatomaren Teilchen ist das aber nicht mehr so. Man braucht dort sogenannte “Quantentheorien”. Die erste klassische Theorie, von der eine Quantenversion geschaffen wurde, war der Elektromagnetismus: Richard Feynman und andere Physiker schufen in den 1940ern die “Quantenelektrodynamik“. Als nächstes versuchte man es bei der schwachen Kernkraft – eine der vier Grundkräfte der Physik die beim radioaktiven Zerfall eine wichtige Rolle spielt. Hier war man aber weniger erfolgreich. Quantenversionen der Theorie der schwachen Kraft funktionierten nie (sie konnte nicht renormiert werden). Aber, wie Abdus Salam und Steve Weinberg Ende der 1960ern herausfinden, es war möglich, die elektromagnetische Kraft und die schwache Kraft zu einer einzigen, sogenannten elektroschwachen Kraft zusammenzufassen und diese Kraft dann erfolgreich mit einer Quantentheorie zu beschreiben. Diese Theorie sagte die Existenz einiger bisher unbekannter Teilchen voraus die 1973 dann tatsächlich gefunden wurden. Diese Vereinheitlichung zweier Grundkräfte ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Unterteilung der Naturkräfte künstlich ist und nur aus unserem mangelhaften Verständnis folgt. Die Physiker bemühten sich also, auch noch die anderen Kräfte zusammenzuführen. Da wäre erstmal die starke Kernkraft. Sie wurde im Rahmen der Quantenchromodynamik erfolgreich quantenfeldtheoretisch beschrieben und beschreibt die Wechselwirkung zwischen den Quarks, also den Bausteinen der Protonen und Neutronen.
Es gibt auch viele Theorien, die die elektroschwache Kraft und die starke Kraft vereinheitlichen. Diese “Grand Unified Theories” oder GUTs sagen allerdings voraus, dass das Proton nicht stabil ist, sondern nach einer gewissen – sehr, sehr langen Zeit – zerfallen muss. Es wurden viele Experimente gemacht, um diese Vorhersagen nachzuweisen. Allerdings ohne Erfolg. Statt der GUTs benutzt man in der Teilchenphysik also heute immer noch das Standardmodell. Die Theoretiker haben sich aber nicht entmutigen lassen und heute gibt es eine Theorie, die nicht nur elektroschwache und starke Kraft vereinigt sondern auch die Gravitation mit inkludiert. Es handelt sich hier um die M-Theorie, die selbst wieder eine Sammlung aus verschiedenen Stringtheorien ist. Die fundamentalen Bausteine der M-Theorie sind “p-Branen”. Dazu gehören die “klassischen” eindimensionalen Strings deren verschiedene Schwingungen verschiedene Elementarteilchen erzeugen – aber auch andere, höherdimensionalen Objekte. Denn die M-Theorie besagt, dass unser Universum viel mehr Dimensionen hat als die drei Raumdimensionen und die eine Zeitdimension die wir wahrnehmen könne. Laut M-Theorie gibt es 11 Dimensionen der Raumzeit – aber 7 davon sind enorm klein und deswegen bemerken wir nichts davon (ich habe das hier genauer beschrieben). Es gibt nun aber jede Menge verschiedene Möglichkeiten, wie diese 7 Dimensionen aussehen können. Sehr viele Möglichkeiten. Etwa 10500. Das ist eine 1 gefolgt von 500 Nullen. Ich spare mir jeden Versuch, die Größe dieser Zahl zu beschreiben. Stellt euch einfach die allergrößte Zahl vor die ihr könnt. 10500 ist dann immer noch wahnsinnig viel größer.
Und jede dieser wahnsinnig vielen Möglichkeiten führt zu einer anderen Beschreibung des Universums; mit anderen Naturkonstanten und anderen Naturgesetzen… Hawking und Mlodinow schreiben:
“Was bedeutet das für uns? Wenn die M-Theorie 10500 Sätze scheinbarer Gesetze zulässt, wie sind wir dann zu diesem Universum und den uns sich darbietenden Gesetzen gekommen? Und was ist mit den anderen möglichen Welten?”
Gute Frage! Die Antwort darauf gibt es im nächsten Kapitel.
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